Bachelorkurs Evolutionsbiologie 2 (WS 2014/15) – Laborpraktikum Woche 3 Experiment 1: Quantitativer Enzymtest mit Alkoholdehydrogenase (Adh) aus D. melanogaster ADH (E.C. 1.1.1.1) ist für den Abbau und die Entgiftung des durch die Nahrung aufgenommenen Alkohols zuständig und gehört in D. melanogaster zu den höchstexprimierten Genen. Dies ist durch die Lebens- und Ernährungsweise der Fruchtfliege (gärendes und faulendes Obst) und die damit einhergehenden Mengen an aufgenommenen und abzubauenden Alkoholen zu erklären. Wie in der Vorlesung besprochen, wurde in der 3'UTR (untranslated region) des Adh-Gens verschiedener Fruchtfliegenarten eine hochkonservierte 8-bp-Sequenz identifiziert, deren Anwesenheit einen Teil der posttranskriptionellen Adh-Genregulation erklärt. Dabei wurde festgestellt, dass eine Deletion dieser 8-bp-Sequenz zu einer durchschnittlichen Erhöhung der ADHAktivität um den Faktor 2 führt. In natürlichen Populationen kommt ein Polymorphismus vor (Fast/Slow-Allele: ADH-F und ADHS), der ebenfalls zu einer durchschnittlichen Verdopplung der Enzymaktivität führt. In diesem Fall liegt allerdings ein Aminosäureunterschied (Threonin (ADH-F)/Lysin (ADH-S)) im dritten Exon an Nukleotid-Position 1490 von Adh vor, der die Enzymaktivität verändert, während die o.g. 8-bpSequenz die Genaktivität durch eine Veränderung der Transkriptmenge variiert. Die beobachteten Unterschiede im Phänotyp (Enzymaktivität) sind also in beiden Fällen gleich, die zugrunde liegenden genetischen Elemente unterliegen jedoch unterschiedlichen Formen der Selektion: der S/F-Polymorphismus wird durch positive Selektion aufrecht erhalten, die Konservierung der 8-bp-Sequenz deutet dagegen darauf hin, dass deren Veränderung negativ selektiert wird. Experimente zeigen nämlich, dass die Deletion der 8-bp-Sequenz (ganz oder teilweise) auch zu einer Veränderung der larvalen Entwicklungszeit führt. Dies zeigt insgesamt, dass natürliche Selektion in der Lage ist, zwischen alternativen Arten die Enzymaktivität zu erhöhen zu unterscheiden. Im ersten Experiment werden wir Fliegen (D. melanogaster) untersuchen, die unterschiedliche Allele von Adh tragen. Bei ihrer Herstellung mittels transgener Methoden wurden dabei Fliegen als Ausgangspunkt verwendet, deren endogenes Adh-Gen inaktiviert ist. Somit beruht die Messung der enzymatischen Aktivität ausschließlich auf dem Vorhandensein und der Expression der experimentell in das Genom der Fliege integrierten Allele von Adh. Hierbei werden wir die Allele aller vier möglichen Kombinationen der jeweils zwei Polymorphismen untersuchen (ADH-F, ADHS, ADH-F-Δ und ADH-S-Δ) und ihre Enzymaktivität miteinander vergleichen. Proteinextraktion 1. Zu Beginn erhalten Sie auf Eis gelegte Fliegen in 1,5ml-Eppendorfgefäßen. Halten Sie die Gefäße während der gesamten Extraktion so weit wie möglich auf Eis! 2. Pipettieren Sie nun in jedes Eppendorfgefäß 180 μl des Puffers A. 3. Homogenisieren Sie die Fliegen mit einem selbsthergestellten Pistill. Mischen Sie das Homogenat durch leichtes Schwenken/Schütteln und inkubieren Sie die Proben für mindestens 20 Minuten auf Eis. 4. Zentrifugieren Sie die Proben bei 12000 g für 15 Minuten. 5. Übertragen Sie den im Überstand befindlichen Proteinextrakt in ein neues, beschriftetes Eppendorfgefäß und halten Sie die Proben auf Eis. Mit einer Verdünnung dieses Extraktes 1 werden Sie sowohl die Messung der Gesamtproteinmenge als auch die der Enzymaktivität vornehmen. Photometrische Messung der Gesamtproteinmenge Zur Messung der Proteinmenge werden wir den Lowry-Test verwenden, der in der Vorlesung besprochen wurde. Dieser Test beruht auf einer Farbreaktion, deren Gleichgewicht, in welchem die photometrische Messung durchgeführt wird, nach etwa 2 Stunden erreicht wird. Dabei bilden Cu2+-Ionen mit den Peptidbindungen der Proteine einen quadratisch-planaren, blauvioletten Komplex. Nach Reduktion der Kupfer-Ionen durch bestimmte Aminosäurereste (vor allem Tyrosin und Tryptophan) dienen die entstandenen Cu+-Ionen als Reduktionsmittel für im sog. Folin-Ciocalteu-Phenol-Reagens (kurz: Folin-Phenol) enthaltene Molybdän- und Wolframat-Ionen. Dabei entsteht letztendlich Molybdänblau, dessen Intensität im Photometer bei 750 nm gemessen wird. Für diesen Versuch werden Sie sowohl Extinktionswerte für Ihre sechs Proben (A-F), als auch für sechs Proben einer Verdünnungsreihe für eine Eichkurve messen. Hinweise für die Auswertung im Protokoll finden Sie ab Seite 5. Gehen Sie nun wie folgt vor: 1. Bereiten Sie für die Standardkurve 6 Eppendorfgefäße mit den folgenden Verdünnungen bovinen Serumalbumins (BSA) vor: Beschriftung 0 5 10 15 20 25 Wasser ( μl) 100 95 90 85 80 75 0,5 mg/ml BSA ( μl) 0 5 10 15 20 25 2. Bereiten Sie für jede Ihrer 6 Proben (A-F) ein Eppendorfgefäß mit einer 1:20-Verdünnung aus 5 μl des Proteinextraktes und 95 μl Wasser vor. 3. Fügen Sie zu jedem der 12 Reaktionsgefäße (Proben der Standardkurve und Proben A-F) 100 μl CTC-Lösung hinzu, mischen Sie die Lösung und inkubieren Sie die Proben für 10 Minuten bei Raumtemperatur. Achtung: Nach Zugabe der CTC-Lösung sollten die Proben nicht mehr auf Eis stehen. CTC fällt sonst auch aus. Dies gilt natürlich auch für die CTC-Lösung selbst, nicht auf Eis stellen! 4. Fügen Sie unter dem Abzug 50 μl 20%iges Folin-Phenol hinzu, mischen Sie sofort die Lösung und lassen Sie sie für etwa 2 Stunden bei Raumtemperatur stehen. 5. Übertragen Sie Ihre Proben in die bereit gestellte 96-Well-Platte. Die Extinktion aller Proben für alle Gruppen werden nun gemeinsam an einem Platten-Photometer gemessen. Erstellen Sie eine Eichkurve und bestimmen Sie die Gesamtproteinkonzentrationen Ihrer Proben in der Einheit “mg/ml”. Vergessen Sie dabei den Verdünnungsfaktor der Proben nicht! 2 Photometrische Messung der Enzymaktivität Das uns interesssierende Enzym ADH ist in der Lage, Alkohole zu dehydrogenieren und damit zu oxidieren. Primäre Alkohole werden dabei zu Aldehyden (alcoholus dehydrogenatus) umgesetzt, welche weiter oxidiert werden können zu Carbonsäuren. Sekundäre Alkohole oxidieren zu Ketonen, deren weitere Oxidation zur Säure nicht möglich ist. Wir verwenden als Substrat für die Oxidation Isopropanol (syn. 2-Propanol), das durch die Reaktion zu Aceton (syn. Propanon) umgesetzt wird. Als Coenzym/-substrat dient der Reaktion NAD+ (Nicotinsäureamid-Adenin-Dinukleotid), das im Gegenzug der Oxidation von Isopropanol selbst reduziert wird (zu NADH). Der Vorteil einer Kopplung des eigentlich zu messenden Reaktionsverlaufs von Isopropanol zu Aceton mit dem NAD+/NADH-System liegt darin, dass die Umsetzung von NAD+ zu NADH einfach photometrisch mitverfolgt werden kann (Messung der Extinktion bei einer Wellenlänge von 340 nm, dem zweiten, im Vergleich zu NAD+ verschiedenen, Absorptionsmaximum von NADH). Nach dem LambertBeerschen Gesetz ist die Extinktion E – der dekadische Logarithmus aus dem Verhältnis der Intensitäten von einfallendem und transmittiertem Licht – bei konstanter Schichtdicke d direkt proportional zur Konzentration c der durchstrahlten Lösung (Eλ = ελcd), wodurch sich bei Kenntnis des molaren (dekadischen) Extinktionskoeffizienten ελ von NADH direkt auf dessen Konzentration zurück rechnen lässt. In diesem Versuch werden Sie die Enzymaktivität für alle sechs Proteinproben (A-F) messen. Gehen Sie nun wie folgt vor: 1. Bereiten Sie für jede Ihrer Proben A-F eine Plastikküvette vor, indem Sie 450 μl des ADHTestpuffers hinein pipettieren. 2. Pipettieren Sie nun 50 μl des Proteinextraktes Ihrer ersten Probe in die Küvette, warten Sie eine Minute, bis die Lösung Raumtemperatur erreicht hat, und stecken Sie die Küvette in das Photometer. Messen Sie zu Beginn den Nullwert, und schreiben Sie im Folgenden den Extinktionswert (auch optische Dichte O.D. Genannt) einer alle 10 Sekunden erfolgenden Messung auf, dies für insgesamt 2 Minuten. 3. Wiederholen Sie Schritt 2 für alle weiteren Proben. 4. Erstellen Sie mit den erhaltenen Ergebnissen einen Graphen, der den Extinktionszeitverlauf Ihrer Proben wiedergibt. 5. Führen Sie für die Messwerte jeder Probe eine lineare Regression durch (“Methode der kleinsten Quadrate”, Formeln siehe S. 5/6), um die Steigung der Regressionsgeraden zu bestimmen (Einheit: mO.D./min). 6. Berechnen Sie den Quotienten aus der Steigung der Regressionsgeraden und der Gesamtproteinkonzentration und multiplizieren Sie ihn mit dem Faktor 4,8. Das Ergebnis ist die ADH-Enzymaktivität in der Einheit “ μmol reduziertes NAD+ pro Minute und mg Gesamtprotein mal 100”. 7. Stellen Sie Ihre Ergebnisse an der Tafel tabellarisch dar und notieren Sie auch die Ergebnisse der anderen Gruppen. 8. Ermitteln Sie zum Abschluss die Mittelwerte der Enzymaktivität der 4 untersuchten ADHAllele ( Proben C-F: ADH-F, ADH-S, ADH-F-Δ und ADH-S-Δ) und führen Sie paarweise tTests auf Gleichheit der Aktivität durch. Welche Allele unterscheiden sich signifikant voneinander und welche nicht? Lassen sich mit Ihren Ergebnissen die o.g. Verhältnisse über die unterschiedlichen Enzymaktivitäten bestätigen? 3 Experiment 2: Qualitativer Enzymtest mit β-Galaktosidase (Bgal) Das Gen lacZ, das für das Enzym β-Galaktosidase (E.C. 3.2.1.23) kodiert, ist bakteriellen Ursprungs, wird jedoch in der Molekularbiologie gerne als Reportergen verwendet. Als solches kann man es durch transgene Methoden beispielsweise in das Genom von Drosophila melanogaster einschleusen, um dessen Anwesenheit durch eine einfache Farbreaktion zu verifizieren, wie in der Vorlesung besprochen. Hierbei wird dem Enzym als Substrat das farblose ONPG (o-Nitrophenyl-βD-galactopyranosid) angeboten, von welchem hydrolytisch gelbgefärbtes o-Nitrophenol abgespalten wird. Proteinextraktion und Bgal-Test 1. Wie im 1. Experiment erhalten Sie Eppendorfgefäße mit Fliegen. Halten Sie auch dieses Mal die Proben so weit wie möglich auf Eis. 2. Pipettieren Sie 40 μl des Puffers A in das Gefäß. 3. Homogenisieren Sie die Fliege möglichst vollständig mit einem Pistill. 4. Befüllen Sie für jede Probe ein 0,5ml-Eppendorfgefäß mit 25 μl des Bgal-Testpuffers. Beschriften Sie die Gefäße! 5. Pipettieren Sie dann 25 μl jeder Probe in das der Probe zugeordnete Eppendorfgefäß. Ab diesem Schritt müssen die Proben auch nicht mehr auf Eis stehen. 6. Verfolgen Sie im Verlauf der nächsten Stunde eine eventuell eintretende Gelbfärbung. Bestimmen Sie, welche Proben Bgal-positiv und welche Bgal-negativ sind. Verwendete Reagenzien: Puffer A 0,1 M Tris-HCl 1 mM EDTA 7 mM 2-Mercaptoethanol ADH-Test-Puffer Puffer A mit: 0,1 M Isopropanol 1,4 mM NAD+ Bgal-Test-Puffer 200 mM NaPO4 2 mM MgCl2 100 mM 2-Mercaptoethanol 1,33 mg/ml ONPG CTC-Lösung 0,025 % Kupfersulfat 0,025 % Kaliumtartrat 2,5 % Natriumcarbonat 0,2 N NaOH 2,5 % SDS 4 Hinweise zum Protokoll Photometrische Messung der Gesamtproteinmenge Die Extinktionswerte jeder Probe (A-F) und der Eichkurvenproben werden gemessen und im Internet bereit gestellt. Mit Hilfe dieser Werte erstellen Sie nun eine Eichkurve und bestimmen die Gesamtproteinkonzentrationen Ihrer Proben in der Einheit “mg/ml”. Dabei ist der Verdünnungsfaktor zu beachten! Allgemeiner Hinweis: Erfahrungsgemäß treten gelegentlich Fehler bei der Messung der Eichkurvenproben auf. Dies ist daran zu erkennen, dass die Werte nicht aufsteigend sind (dies sollten sie, da es sich um eine Verdünnungsreihe handelt!). Sollte dies auf Ihre Gruppe zutreffen, gehen Sie folgendermaßen vor: 1. Diskutieren Sie im Protokoll mögliche Fehlerquellen. 2. Verwenden Sie für die Eichkurve die Werte einer anderen Gruppe. Geben Sie bitte an, welche Werte verwendet wurden. Wenn die Eichkurvenproben Ihrer Gruppe in Ordnung sind, nehmen Sie natürlich auch die Werte Ihrer eigenen Gruppe. Zur Veranschaulichung finden Sie im Folgenden die einzelnen Schritte in einer Beispielrechnung (fiktive Werte). Für das Protokoll reihen Sie bitte nicht nur die Berechnungen aneinander, sondern diskutieren auch Ihre Ergebnisse! Beispiel: 1. Folgende Extinktionswerte wurden für die Eichkurvenproben gemessen: BSA BSA (mg/ml) Extinktion BSA 0 0 0 5 0,0125 0,067 10 0,025 0,194 15 0,0375 0,292 20 0,05 0,347 25 0,0625 0,39 Die BSA-Konzentrationen sind in mg/ml umzurechnen. Beachten Sie dabei den Verdünnungsfaktor: z.B. Für die Probe “5” mit Verdünnungsfaktor 1:20: 0,5mg/ml * 1/20 = 0,025 mg/ml 2. Erstellen Sie mit Hilfe dieser Werte eine Eichgerade. Mit Hilfe der Steigung dieser Geraden können Sie die Gesamtproteinmenge Ihrer Proben errechnen. Dazu führen Sie eine lineare Regression durch mit der Forderung, dass die Gerade durch den Ursprung gehen soll. Allgemeine Form einer linearen Regression: y i=a+bx i 5 Im vorliegenden Fall: a=0 n ∑ x i⋅y i b= i =1n ∑ x 2i i=1 3. Stellen Sie die Eichgerade und die Extinktionswerte für Ihre Eichproben graphisch dar (Beispiel siehe Vorlesungsfolien). 4. Berechnen Sie über die Steigung der Geraden die Proteinmenge für die verdünnten Proben und daraus die Gesamtproteinmenge und stellen Sie diese auch graphisch dar. Beachten Sie auch hier den Verdünnungsfaktor! Proben Extinktion Proteinmenge der verdünnten Proben Gesamtproteinmenge (-) 0,264 0,039 0,777 (+) 0,563 0,083 1,658 S 0,327 0,048 0,962 S- 0,372 0,055 1,096 F 0,344 0,051 1,014 F- 0,323 0,048 0,952 Photometrische Messung der Enzymaktivität 1. Sie haben für die Proben A-F den Extinktionsverlauf über 120 Sekunden gemessen. Stellen Sie diese Ergebnisse für alle Proben graphisch dar (y-Achse: Extinktion; x-Achse: O.D./sec.) 2. Führen Sie für jede Messreihe eine lineare Regression durch (siehe oben) und bestimmen Sie die Steigung der Regressionsgeraden. Hinweis: Die Steigung in [O.D./sec] ist dann noch umzurechnen in [mO.D./min]! 3. Die Enzymaktivität für jede Probe lässt sich über das Lambert-Beer'sche Gesetz (siehe Protokoll) berechnen. Der Extinktionskoeffizient für NADH ist dabei 4,8. Bestimmen Sie daher für jede Probe den Quotienten aus der Steigung der Regressionsgeraden (in [mO.D./min]) und der Gesamtproteinkonzentration und multiplizieren Sie ihn mit 4,8. Das Ergebnis ist die ADHEnzymaktivität in der Einheit “μmol reduziertes NAD+ pro Minute und mg Gesamtprotein mal 100”. 4. Führen Sie paarweise t-Tests der 4 untersuchten ADH-Allele (Proben C-F) auf Gleichheit der Aktivität durch. Welche Allele unterscheiden sich signifikant voneinander und welche nicht? Lassen sich mit Ihren Ergebnissen die in der Vorlesung besprochenen Verhältnisse über die unterschiedlichen Enzymaktivitäten bestätigen? 6 Kurswerte für die photometrische Messung der Enzymaktivität ADH-S ADH-S-Δ Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 3 Gruppe 4 Gruppe 5 Gruppe 6 Gruppe 7 Gruppe 8 Mittelwert Standardabweichung 7 ADH-F ADH-F-Δ
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