20. M ÄRZ 2015, N R . 1 Infomaterial Greenkeeping Greenkeeping 2014 in Gütersloh Das Jahr 2014 war ein schwieriges Jahr für das Greenkeeping. Sehr heiße Perioden gepaart mit einem sehr nassen Sommer bilden die idealen Voraussetzungen für die Ausbildung von Rasenkrankheiten. Die Grüns waren daher nicht in dem Zustand, den sich viele gewünscht hätten. Krankheitsverlauf 2014: Dollar Spot Ende Juli, Anthracnose im August, Schneeschimmel ab September, Anthracnose parallel mit Schneeschimmel aktiv, zeitgleich mit temporärer Trockenwelke. Das Resultat waren holprige oder langsame Grüns, die nur kurze Zeit von guter Qualität waren. Anmerkung: bei Pilzerkrankungen von Rasengräsern liegen häufig Mischinfektionen vor, die rein optisch mit bloßem Auge schwer zu erkennen sind — Michael Meerkamp Warum kranke Grüns? Die starke Belastung unserer Grüns führt zu einer direkten Schädigung des Pflanzenbestands Die Gräser auf den Grüns werden extrem gestresst (Tiefschnitt auf 4 mm d.h. diese Höhe entspricht < 5% dessen was für die poa annua normal ist [ca. 100-150 mm]). Daher treten die meisten Rasenkrankheiten auf den Grüns auf und nicht auf den Vorgrüns oder Fairways. Krankheitsfördernde Faktoren: 1. Zu schwacher Gasaustausch führt dazu, dass unter Sauerstoffabschluss die Wurzel zu „modern“ beginnen. 2. Schwaches Wurzelwachstum, d.h. Nährstoffe können schlechter aufgenommen werden, die Westfälischer Golf-Club Gütersloh e.V. m golf-gt.de T +49 (0) 5244 - 2340 Gräser sind also nicht so vital und erlauben nur ein geringes Regenerationswachstum 3. Durch Bodenverdichtung ist die Wasserableitung in den Untergrund (unterhalb des Wurzelhorizonts) nicht mehr gegeben d.h. die Wurzeln „ertrinken“ Kindergarten. Der Gesetzgeber erlaubt nur die 6 Flanzenschutzmittel: Rovral WG gegen Schneeschimmel, Rizoctonia und Scierotinia in Rasen im Freiland, Aliette WG gegen Anthracnose in Sportrasen im Freiland, Cercobin FL gegen Schneeschimmel und Pilzerkrankung in Golfrasen im Freiland, Sportak 45 EW gegen pilzliche Blattfleckenerreger in Sportrasen im Freiland, CARAMBA gegen pilzliche Blattfleckenerreger in Golfrasen im Freiland und Bravo 500 gegen pilzliche Blattfleckenerreger in Golfrasen im Freiland. Es stellt den Golfrasen auf eine Stufe mit anderen öffentlichen zugänglichen Rasenflächen. Fazit: Dauerhafte Feuchtigkeit schadet der Grasnarbe und dem Wurzelhorizont, aber sie ist auch ein idealer Nährboden für Pilzsporen und die Ausbreitung von Blaualgen. Was dürfen wir denn überhaupt? Seit 2012 gilt das Pflanzenschutzmittelgesetz und das hat auch nichts mit Golf & Natur zu tun. Es stellt den Golfrasen auf eine Stufe mit ande- Diese 6 PSM dürfen lt. Gesetz max. ren öffentlichen zugänglichen Ra- 2 – 3 mal pro Jahr angewendet senflächen wie z.B. Freibad oder werden B [email protected] Seite 1 Fakt: durch häufige PSM-Anwendung in der Vergangen- Fakt: die chemische Keule gibt es nicht mehr! Dies gilt heit haben sich bei einigen Pilzsporen Resistenzen gegen- jedoch nur für deutsche Golfplätze. Fazit: Wir müssen so über den eingesetzten Wirkstoffen ausgebildet. pflegen, das die Gräser erst gar nicht krank werden. Einflussfaktoren im Greenkeeping Rasenfilz Wenn in der Grasnarbe die Zunahme an organischem Material (Wachstum) größer als der Abbau ist entsteht Rasenfilz. Der Abbau von Rasenfilz erfolgt auf natürlichem Wege im Zuge der mikrobakterielle Zersetzung und durch oberflächennahe bodenmechanische Arbeiten wie Aerifizieren, Vertikutieren und TopDressing. Rasenfilz dient als Speicherschicht für Wasser: 2cm Rasen- Westfälischer Golf-Club Gütersloh e.V. m golf-gt.de T +49 (0) 5244 - 2340 filz kann bis zu 20 Liter Wasser pro m2 speichern. Die dadurch entstehende Staunässe verhindert, dass das Wasser nach unten drainiert. Man spricht davon, dass die Grasnarbe „im Wasser steht“. Dichter Rasenfilz bildet die ideale Überdauerungsmöglichkeit für Krankheitserreger und Pilzsporen d.h. erhöhte Infektionsgefahr für die Grüns. Dichter Rasenfilz verhindert den Gasaustausch in der Rasentragschicht, der Sauerstoffgehalt im Boden nimmt ab, Gefahr B [email protected] des Vermoderns des Wurzelhorizonts (Entstehung von black layer). Nur eine gesunde Wurzel kann dem Boden die benötigten Nährstoffe entziehen. Fakt: der Anteil an Rasenfilz in unseren Grüns ist laut Aussage mehrerer Experten gering. Fazit: Filz muss regelmäßig bearbeitet und beseitigt werden (aerifizieren, vertikutieren und Top-Dressing [Abmagerung der Filzschicht]) Seite 2 Aufbau Grüns kurzfristig nichts ändern. Fazit: „radikaler“ Baumschnitt im Winter 2014 nötig, um mehr Luft, Licht und Sonne an die Grüns und Abschläge zu bringen von T HORSTEN B ALTRUSCH Unsere Grüns: Pflegehorizont und Rasentragschicht sind ca. 120 – 150 mm dick und liegen direkt über Mutterboden und Lehmschicht. Der relativ dünne Pflegehorizont ist sehr anfällig für Verdichtungen (speziell bei Nässe) und Ausbildung von Staunässe. Das Fehlen einer Drainage Schicht resultiert in schlechter Wasserdurchlässigkeit. Wo führt das hin? USGA Aufbau Was können wir tun? von T HORSTEN B ALTRUSCH Unsere Grüns in Gütersloh USGA Grüns: Sandiger Pflegehorizont und Rasentragschicht (RootZone) sind ca. 300 mm dick. Auf Blinding Layer (Der Blinding Layer soll ein Durchrutschen des sandigen Root-Zone Materials in die Kiesschicht verhindern) wird teilweise verzichtet. Kiesschicht als Drainage mit eingebauten Drainage Rohren (Ø 150 mm). Hohe Wasserdurchlässigkeit (bis 150 mm/Std.). Im Pflegehorizont kann sich durch den „luftigen“ Aufbau ein optimales Verhältnis zwischen eingeschlossener Luft und zurückgehaltener Feuchtigkeit ausbilden, um das Pflanzenwachstum zu unterstützen. Das ist bei uns leider nicht möglich. Westfälischer Golf-Club Gütersloh e.V. m golf-gt.de T +49 (0) 5244 - 2340 Aufbau der Grüns Bisher werden 4 x p.a. mit HohlSpoons (unser normales Aerifizieren und Besanden) durchgeführt, dies ist auch weiterhin nötig. Ab 2015 wollen wir zusätzlich alle 2 – 3 Wochen mit dünnen Voll-Spoons und Kreuzspoons aerifizieren, um die Belüftung der Grüns zu verbessern und den Sauerstoffanteil im Boden zu erhöhen. Umfeld der Grüns und Abschläge Bisher wurde moderater Baumschnitt betrieben, da um jeden Ast und jeden Baum gefeilscht werden musste. In Zukunft soll ein Radikaler Baumschnitt durchgeführt werden, um wenigstens die Rahmenbedingungen für gesunde Grüns zu schaffen. Auch müssen einige Abschläge „freigeschnitten“ werden. von M ICHAEL M EERKAMP Durch besseren Grünsaufbau und modernerer Mähtechnik können immer schnellere Grünsgeschwindigkeiten erreicht werden. Mitte der 70er Jahre (Befragung von 1.500 Golfplätze durch USGA) betrug die Grüngeschwindigkeit ca. 200 cm (6 7"). Die Grüngeschwindigkeit während der PGA Tour beträgt mehr als 300 cm (> 10"). Während des Ryder Cups 2004 in Oakland Hills betrug die Grüngeschwindigkeit 335 cm (11"). Für unsere Grüns ist ein Wert von 230 – 260 cm realistisch (7 - 8"). Fakt: unsere Grüns wurden zwischen 1969 und 1978 gebaut. Damals waren Geschwindigkeiten von 6 - 7"üblich (200 -230 cm). Alles über 8 wurde als schnell angesehen. Fazit: eine 1969 S-Klasse (damals ein sehr gutes Auto) kann man nicht mit einer neueren S-Klasse vergleichen. Bei unseren Grüns wird dies aber gemacht. Fazit: andere Clubs mit modernen Fakt: nur das Umfeld der Grüns und Grünsaufbau haben uns überholt Abschläge können wir aktiv beein- und können das Jahr über gesehen flussen. Am Grünsaufbau können wir schnellere Grüns anbieten! B [email protected] Seite 3 Was machen wir? von M ICHAEL M EERKAMP In 2014 haben wir ein Pflegekonzept erarbeitet, welches einen Kompromiss zwischen guter Bespielbarkeit des Platzes für die Golfer und den Anforderungen an eine effiziente Platzpflege herstellen soll. Sinn und Zweck des Pflegekonzepts ist es zu erläutern, was wird gemacht und warum. Hauptfokus des Pflegekonzepts vor dem Hintergrund, dass viele Grünskrankheiten mittlerweile eine Resistenz gegenüber Pflanzenschutzmittel ausgebildet haben, sind gesunde Grüns und eine hohe Vitalität der Grasnarbe. Daraus resultiert, dass unser Greenkeeper-Team extrem flexibel arbeiten muss, da Witterungseinflüsse, Krankheitsdruck und der Spielplan bzw. die Platzbelegung im Auge gehalten werden müssen. Je nach Witterung und Jahreszeit soll die Schnitthöhe der Grüns zwischen 3,8 mm (absolutes Minimum) und 5,5 mm im Herbst (um die Gräser mit möglichst großer Länge in den Winterschlaf zu verabschieden) betragen. Wichtig ist dafür ein täglicher Schnitt in der Saison (Dauer ca. Westfälischer Golf-Club Gütersloh e.V. m golf-gt.de T +49 (0) 5244 - 2340 4 Stunden). Bei extremer Witterung kenn jedoch davon abgewichen werden (Bei Starkregen, da die Grüns zu nass und weich sind oder während extreme Hitze, da kein Wachstum stattfindet). Aus optischen Gründen wird, wenn nicht geschnitten wurde, ein smooth rolling durchgeführt (auch bei starker Nässe). Die Ausnahmen legt allein der Headgreenkeeper nach Rücksprache mit dem Platzwart fest. In der Saison werden jeden Freitag die Grünsgeschwindigkeit und das true rolling Verhalten gemessen und dokumentiert. Die Tauentfernung erfolgt ganzjährig. Das häufige Aerifizieren „light“ dient in erster Linie dazu die Pflanzen und Wurzeln durch einen regelmäßigen Gasaustausch zu vitalisieren. Termine für das Aerifizieren (mit Hohl-Spoons) werden am Anfang des Jahres geplant. Der genaue Termin wird jedoch nach aktueller Wetterlage und geplantem Spielbetrieb vom Head-Greenkeeper festgelegt. Über die Größe der Spoons und Stachel entscheidet allein der Head-Greenkeeper. Auch trifft dieser in Abhängigkeit des Graswuchses die Entscheidung, wann nach dem Einbringen des Sandes, die Grüns wieder geschnitten werden können. Aerifizieren der Grüns: Die Grüns Der grobe Richtwert dafür beträgt im müssen mindestens 4 mal pro Jahr Frühjar und Herbst 8 bis 10 Tage, im aerifiziert werden, um die jetzige Sommer 6 bis 8 Tage. Dies gilt nur Qualität zu halten. Dies wurde uns bei normaler Witterung. von mehreren Grüns-Experten (Dr. Hardt [DGV], Dr. Müller-Beck, D. Anmerkung: ein zu frühes SchneiAndrews) bestätigt. Vor dem Aerifi- den nach dem Besanden hat zur Folzieren werden die Grüns gemäht und ge, dass durch die schnell stumpf vertikutiert. Ab 2015 werden sämt- werdenden Spindeln die Gräser nicht liche Grüns alle 2 bis 3 Wochen mit mehr sauber geschnitten werden, Kreuz-Spoons bearbeitet und danach sondern „abgerissen werden. Dageschnitten und ein „smooth rolling“ durch vergrößert sich die Verletzung durchgeführt, um innerhalb von 1 bis des Blattes und macht die Pflanzen 2 Tagen wieder eine gut bespielbare anfälliger für Krankheiten. Dies muss Oberfläche herzustellen. unbedingt vermieden werden. B [email protected] Seite 4
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