Merkblatt zu Notfallregelungen wenn der Chef ausfällt

Die Betriebsberatung informiert zum Thema
Notfallregelungen
Rechtlicher Hinweis: Dieses Merkblatt gibt als Serviceleistung Ihrer Kammer nur erste Hinweise und erhebt daher keinen Anspruch auf
Vollständigkeit. Obwohl dieses Merkblatt mit größter Sorgfalt erstellt wurde, kann keine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit
übernommen werden.
Stand: April 2015
Es kann jedem von uns passieren!!!
Ein Verkehrsunfall oder ein Arbeitsunfall, Schlaganfall, Herzinfarkt oder eine notwendige Operation
führen zu einem plötzlichen Ausfall des Betriebsinhabers, eines leitenden Mitarbeiters oder des technischen Betriebsleiters, der sich ganz schnell zum „Super-GAU“ entwickeln kann: Für das Unternehmen, Eigentümer und die Mitarbeiter.
Damit Ihr Betrieb in einer solchen Notsituation weiter arbeiten kann ohne in eine existentielle Krise zu
geraten, sollten Sie unbedingt Vorsorge treffen. Der von der Betriebsberatung der Handwerkskammer
Koblenz erstellte Notfallordner hilft Ihnen dabei. Dieser sollte alle notwendigen Informationen, zu denen meistens nur Sie als Chef Zugang haben sowie die Kopien wichtiger privater und betrieblicher
Dokumente, beinhalten.
Ein besonders wichtiger Punkt bei der Anlage des Notfallordners ist die Bestimmung Ihres Stellvertreters oder vielleicht sogar Ihres künftigen Betriebsnachfolgers. Spätestens mit Erreichen des 55. Lebensjahres sollten Sie sich mit der Nachfolgeregelung beschäftigen. Gerade für Banken ist zum Beispiel die frühzeitige Regelung der Betriebsnachfolge ein entscheidendes Kriterium bei der Kreditvergabe.
Wird Ihr Handwerksbetrieb als Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft mit mehreren Gesellschaftern geführt, so ist es wichtig, zu prüfen, ob der aktuelle Gesellschaftsvertrag und ihre erbrechtlichen Regelungen (zum Beispiel Testament) dem Notfall auch „standhalten“, d.h. Ihr eigentlicher
Wille tatsächlich umgesetzt werden kann. Die Berater der Handwerkskammer unterstützen Sie gerne
bei der Prüfung dieser Problematik.
Die Betriebsberatung der HwK Koblenz hat deinen Notfallordner entwickelt; dieser soll dafür Sorge
tragen, dass Betriebe in einer solchen Notsituation weiterarbeiten können, ohne in eine existenzielle
Krise zu geraten. Der umfangreiche Inhalt des Notfallordners berücksichtigt auch weiterführende
Themen wie beispielsweise die IT-Sicherheit, Unternehmerpflichten im Arbeitsschutz und eine Unterstützung durch das Projekt „Trauerbegleitung“.
Die Betriebsberater helfen im Rahmen einer individuellen Beratung bei der erstmaligen Anlage des
Notfallordners sowie bei allen Fragen zur Nachfolgeregelung. Dieser Service ist für Sie kostenlos.
Rufen Sie uns an (Telefon 0261/398-251) und wir vereinbaren gerne zeitnah einen Beratungstermin
in Ihrem Betrieb.
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Vorsorge treffen für den Notfall
Sie sollten sich über folgende Punkte einen Überblick verschaffen:
Aktuelle finanzielle Situation
Welche Konten gibt es bei welchen Banken?
Wer ist zeichnungsberechtigt?
Wer hat Bankvollmacht?
Kontakt zu Hausbanken aufnehmen!
Aktuelle Vermögenslage
Welche Darlehen, Hypotheken bestehen?
Welche Besitzstände (z. B. Betriebsimmobilien) gibt es?
Aktuelle Versorgungslage
Kranken-, Renten-, Berufsunfähigkeits-, Unfall- und Lebensversicherungen
Betriebliche Personalstruktur
Wer hat welche Kenntnisse? Wer erfüllt welche Aufgaben?
Wer hat welche Kompetenzen?
Aktuelle Auftragslage
Wie ist der Stand der Auftragsabwicklungen?
Welche Vertragsverhandlungen werden geführt?
Welche Zahlungen sind wann fällig?
Wann müssen Löhne gezahlt werden?
Wann sind Meldungen und Zahlungen fürs Finanzamt fällig?
Kontakt zu Steuerberater aufnehmen!
Geschäftspartner und Mitgliedschaften
Geschäftsverbindung zu Lieferanten, Leasinggesellschaften, Bürgschaftsbank, etc.
Versicherungsgesellschaften (Betriebshaftpflicht, Gebäudeversicherung, Betriebsausfall, etc.)
Kooperationen mit befreundeten Unternehmern
Mitgliedschaften bei HwK, Innung, Berufsverband und Vereinen
Bedienercodes, Geheimzahlen
Kenne ich den Code für den Firmencomputer?
Ist mir die Geheimnummer der EC-Karte bekannt?
Ehevertrag, Testament, Erbvertrag
Wer soll das Unternehmen weiterführen?
Welche steuerlichen Aspekte sind zu berücksichtigen?
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Frühzeitig Notfallordner erstellen!
Private Regeln (Was ist wo?)
Wo sind die Adressen der Familienangehörigen/ Kinder?
Wer ist Ihr Hausarzt (besondere Krankheiten, Medikamente)? Welche Krankenkasse?
Wo sind Geburts-, Heirats- und Familienurkunden?
Wo befindet sich Ehevertrag und das Testament, kennen die Erben den Aufbewahrungsort?
Haben Sie eine Auflistung des gesamten Vermögens gemacht?
Welche Ansprüche haben Sie aus Versicherungen?
Bei welchen Kreditinstituten haben Sie Ihre Konten?
Welche Schulden haben Sie oder sind Bürgschaften eingetragen?
Haben Sie ein Bankschließfach? Wer hat hier Zugang?
Besitzen Sie Wertpapiere und wertvolle Sammlungen?
Wo sind die Dokumente über Ihr Haus und Ihren Grundbesitz?
Welche laufenden Verpflichtungen haben Sie?
Wie ist die Versorgung geregelt?
Haben Sie eine Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung gemacht?
Gibt es einen Code für Ihren privaten Computer?
Betriebliche Inhalte (Wer darf was?)
Welchen Tätigkeiten obliegen derzeit allein der Geschäftsführung?
Wer kann und wird sie im Notfall reibungslos übernehmen können?
Existieren entsprechende Vollmachten?
Wer ist Ansprechpartner bei den verschiedenen Zulieferern?
Existieren ungeschriebene Gesetze über Abnahmemengen, Lieferbedingungen u. ä.?
Wo gibt es Information über Nachlässe und Rabatte bei den Hauptlieferanten?
Bei welchen Banken existieren Konten?
Ist eine Notprokura schriftlich fixiert?
Wer hat Bankvollmachten und wer ist Ansprechpartner bei der Bank?
Gibt es eine Geheimnummer für die EC-Karte?
Gibt es betriebsindividuelle Regelungen, die für den laufenden Betrieb wichtig sind?
Wer kennt den Code für Firmencomputer, das Internet oder das Online-Banking?
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Passwortsicherheit
Sie können sowohl für den Alltag die IT-Sicherheit erhöhen und gleichzeitig für den Notfall vorsorgen.
Nutzen Sie einen digitalen Passwortsafe, z. B. das freie, kostenlose und offene Programm Keepass 2
(siehe: www.keepass.info) oder das ebenfalls freie, kostenlose und offene Programm Password Safe
(siehe: /passwordsafe.sourceforge.net). Beide Programme sind in deutscher Sprache verfügbar.
Mit diesen Programmen ist es möglich, Ihre digitalen Zugänge und Passwörter verschlüsselt auf Ihrer
Festplatte sowie zur mobilen Nutzung parallel auf einem USB-Speicher zu sichern. Der Zugang zu
diesem Safe erfolgt über ein einziges Hauptpasswort, dass Sie selbst vergeben und sich merken
müssen. Eine Kopie des Programms (z. B. auf einem weiteren USB-Speicher) und der verschlüsselten Daten deponieren Sie an einem für Ihren Stellvertreter im Notfall zugänglichen Ort oder händigen
ihm die Kopie zur Verwendung im Notfall direkt aus. Mit dem passenden Hauptpasswort verfahren
Sie ebenso.
Als weitere Option können Sie die verschlüsselten Daten und das Programm auch bei einem externen Speicherdienstleister (Cloud: über das Internet zugängliche Datenspeicher) abspeichern, um
dann auf diese Sicherheitskopie notfalls selbst zugreifen zu können und diesen Zugriff in Vorbeugung
für den Notfall Ihrem Stellvertreter auch zugänglich zu machen.
Auszug aus der Handwerksordnung § 4 (1)
Nach dem Tod des Inhabers eines Betriebes dürfen Ehegatte, der Lebenspartner, der Erbe, der Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter, Nachlassinsolvenzverwalter oder Nachlasspfleger den Betrieb fortführen, ohne die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle zu erfüllen. Sie
haben dafür Sorge zu tragen, dass unverzüglich ein Betriebsleiter (§ 7 Abs. 1) bestellt wird. Die
Handwerkskammer kann in Härtefällen eine angemessene Frist setzen, wenn eine ordnungsgemäße
Führung des Betriebs gewährleistet ist.
Mit einer Vollmacht vorsorgen
Die gesetzliche Erbfolge stellt oft aus unterschiedlichen Gründen keine gute Lösung für die erfolgreiche Fortführung des Unternehmens dar:
Erbengemeinschaft erzwingt Auseinandersetzung
freie Veräußerbarkeit eines Erbteils
finanzielle Belastungen des Betriebes durch Pflichtteile und Auszahlungen an weichende Erben
Entscheidungsflexibilität gehemmt
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Zusätzlich ist die Übergabe des Betriebs auf einen Nachfolger immer auch mit Kosten verbunden:
Pflichtteilsansprüche, die von Familienmitgliedern erhoben werden, die von der Erbfolge ausgeschlossen sind
Abfindungsansprüche an Kinder und Ehefrau, die nicht Unternehmensnachfolger werden (Dies
sind freiwillige Leistungen, die über die Pflichtteilsansprüche hinausgehen, um z.B. den Familienfrieden zu sichern.)
Zugewinnausgleich des überlebenden Ehepartners beim gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft
Ansprüche des Staates in Form von Steuern
Wirtschaftliche Absicherung des Seniors und seiner Familie
Empfehlung
Frühzeitig, am besten bereits nach der Startphase der Existenzgründung, Nachlassregelung mit fachkundiger Beratung selbst gestalten. Mit Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung und Patientenverfügung kann jeder schon in gesunden Tagen vorausschauend für die Wechselfälle des Lebens entscheiden:
Mit der Vorsorgevollmacht kann man einer anderen Person die Wahrnehmung einzelner oder
aller Angelegenheiten für den Fall übertragen, dass man die Fähigkeit selbst zu entscheiden, einbüßt. Der Bevollmächtigte kann dann handeln, ohne dass es weiterer Maßnahmen bedarf. Das
Gericht wird nur eingeschaltet, wenn es zur Kontrolle des Bevollmächtigten erforderlich ist. Die
Vorsorgevollmacht ermöglicht so ein hohes Maß an Eigenverantwortlichkeit.
Mit der Betreuungsverfügung kann jeder schon im Voraus festlegen, wen das Gericht als Betreuer bestellen soll, wenn es ohne rechtliche Betreuung nicht mehr weitergeht. Genauso kann
bestimmt werden, wer auf keinen Fall als Betreuer in Frage kommt. Möglich sind auch inhaltliche
Vorgaben für den Betreuer, etwa welche Wünsche und Gewohnheiten respektiert werden sollen
oder ob im Pflegefall eine Betreuung zu Hause oder im Pflegeheim gewünscht wird.
In der Patientenverfügung kann man vorab über das Ob und Wie medizinischer Maßnahmen
entscheiden. Wer nicht möchte, dass andere über die medizinische Behandlung entscheiden,
wenn man selbst dazu nicht mehr in der Lage ist, kann durch Patientenverfügung festlegen, ob
bei konkret beschriebenen Krankheitszuständen bestimmte medizinische Maßnahmen gewünscht
oder nicht gewünscht sind.
Weitere Informationen und Muster stellen sowohl das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) sowie das rheinland-pfälzische Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
auf ihren Internetseiten zur Verfügung:
www.bmjv.de <Themen> <Gesellschaft> < Betreuungsrecht / Patientenverfügung / Vorsorgevollmacht>
oder
www.mjv.rlp.de <Service> <Broschueren> <Vorsorgevollmacht>
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Absichern kann man sich beispielsweise auch durch einen notariellen Erbvertrag. Folgende Punkte
sind dabei zu berücksichtigen:
regelmäßige Überprüfung des Testamentes (alle 3-5 Jahre)
Abstimmung von Gesellschaftsvertrag und Testament
Ansammlung von Privatvermögen zwecks gerechter Erbteilung
frühzeitige Planung der Unternehmensnachfolge
Vermeidung kurzfristig fälliger Barforderungen (Pflichtteil, Abfindung)
Bewahrung der Handlungsfähigkeit des Betriebes
Wahl des passenden Güterstandes
Vermeidung von Veräußerungsgewinnen im Rahmen von Erbteilungen
Testamentsvollstrecker
Die Mustervorlagen enthalten nur Beispiele für typische Regelungsinhalte und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit in Bezug auf die getroffenen Regelungen. Eine individuelle Beratung und
die stets notwendige individuelle Ausgestaltung an die tatsächlichen Gegebenheiten kann durch die
Mustervorlagen nicht ersetzt werden.
Haben Sie Fragen zum Thema oder benötigen Sie weitere Informationen?
Wir beraten Sie gerne!
Handwerkskammer Koblenz
Betriebsberatung
Rizzastraße 24-26, 56068 Koblenz
Tel. 0261/398-251, Fax -994
[email protected], www.hwk-koblenz.de
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Die Betriebsberatung der HwK Koblenz bietet Informationen
zu folgenden Themen an:
Erfolgsfaktor Marketing
Rechtsformen im Überblick
Basel III und Rating
Scheinselbstständigkeit
Mitarbeiterführung
Liquidität
Franchise im Handwerk
Mitarbeiterbeteiligung
Mein Betrieb im Internet
Existenzgründung im Nebenberuf
Beschäftigung von Mitarbeitern
Impressumspflicht
Kooperationen im Handwerk
Notfallregelungen
Internet im Handwerk
Internetglossar
Alternative Finanzierungsinstrumente
Unsere Betriebsbörse unter www.hwk-koblenz.de/betriebsbörse bietet Übergebern und Übernehmern eine
gute Plattform um miteinander in Kontakt zu kommen. Außerdem vermittelt sie Betriebsleiterstellen und Gewerbeflächen/Räumlichkeiten. Für die Übergabe eines Betriebes gibt es keine Standardlösung. Jeder einzelne Fall muss individuell und ganzheitlich betrachtet werden. Wichtig ist vor allem, dass eine Übergabe
rechtzeitig vorbereitet wird.
Ich habe Interesse an einer Aufnahme in die Betriebsbörse. Bitte informieren Sie mich.
Darüber hinaus steht Ihnen die Betriebsberatung der HwK in allen Fragen zur Existenzgründung, Übernahme eines Betriebes, Existenzsicherung sowie allgemeiner Unternehmensführung gerne zur Verfügung.
Telefon 0261/398-251, [email protected]
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oder senden Sie uns eine E-Mail an [email protected]
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