Renaissanceschloss Guhlau Fotos: Schloss Guhlau Top-Erholung im Renaissanceschloss Schloss Guhlau/Gola Dzierżoniowska südlich von Breslau beherbergt das erste Spa by L’Occitane in Polen Arne Franke W Wenige Kilometer nordwestlich der alten Stadt Nimptsch/Niemcza liegt, eingebettet in die Hügel südöstlich des Guhlwaldes, erhebt sich auf einem Hügelrücken Schloss Guhlau/ Gola Dzierżoniowska, das in den letzten dreizehn Jahren mit denkmalpflegerischer Sorgfalt wieder zu einem Glanzstück schlesischer Adelskultur wurde – und als Schlosshotel zukünftig eine wichtige touristische Funktion im näheren Umfeld Reichenbachs/Dzierżoniów einnehmen wird. In diesem prächtigen schlesischen Renaissanceschloss südlich von Breslau wurde kürzlich das erste Spa by L’Occitane in Polen eröffnet. Das neue Luxushotel Uroczysko Siedmiu Stawów (Sieben Weiher) verfügt über 33 Zimmer und Appartements, in denen sich das historische Ambiente des Schlosses mit modernem Design verbindet. Als Gola wurde das später Guhlau genannte Dorf 1201 bereits erstmals urkundlich er- 24 SCHLESIEN HEUTE 2/2014 wähnt. Über dessen Gründung ist wenig gewiss, beispielsweise wurde im beginnenden 19. Jahrhundert u. a. darüber spekuliert, ob es eine Gründung des Templerordens sei. Sicher ist, dass das Dorf im Mittelalter im Besitz der Familie von Pogarell war – und diese ihren Zehntanspruch als „finanzielle Erstausstattung“ dem durch Vinzenz von Pogarell gegründeten Augustinerkloster, dem späteren Zisterzienserkloster Kamenz/Kamieniec Ząbkowicki, übertrugen. Ursprünge im 13. Jahrhundert Danach ging der Besitz, wahrscheinlich durch Heirat, an die seit dem 13. Jahrhundert in Schlesien belegte Familie von Ronau, die ursprünglich möglicherweise im Kreis Landeshut liegenden Dorf Rohnau/ Wieściszowice stammte. Spätestens unter deren Ägide entstand schon in hochmittelalterlicher Zeit an dieser Stelle ein Gutshof, als dessen administratives und architektonisches Zentrum der vermutlich im ausgehenden 14. oder 15. Jahrhundert errichtete viergeschossige Wohnturm war, der heute noch an der Südostseite des Schlosses dessen Erscheinungsbild prägt. Letzteres ließ Leonhard von Ronau ab den 1570er Jahren errichten. Es entstand ein mit Graben und anschließender Umfassungsmauer befestigtes Schloss als zeittypische Vierseitanlage mit kleinem Innenhof. Der künstlerische Höhepunkt der Südseite ist das über eine Steinbrücke zugängliche Hauptportal, das im Zuge der jüngsten Restaurierung teilweise rekonstruiert wurde. In dessen Architrav, der mit zahlreichen, einzig in der ersten schriftlichen Erfassung des Baubestandes von 1870 überlieferten frommen Sprüchen besetzt war, bekundete der Bauherr die 1580 erfolgte Fertigstellung des Gebäudekomplexes in einer gleichfalls verlorenen Inschrift: „IN GOTTES NAMEN AMEN, DEN 29 FEBRYAR ANNO 15 IM ACHZIGSTEN IAR LEONHART VON RONAV DES BAUES ANFANG MACHT UND DIES IAR UNDERS DACH VORBRACHT. GOT SEI, DANK“. Über dieser ist ein doppelter Wappenfries als Ahnennachweis Ronaus erhalten. Während im oberen Register sich – von links nach rechts – seinem eigenen Exzellentes Restaurant mit urigem Flair Wappen die seiner Ahnen aus den Geschlechtern derer von Nassau, von Reibnitz, von Nimptsch, von Senitz auf Rudelsdorf, von Reibnitz, von Pfeil auf Kleinellguth sowie von Pogarell auf Deutsch-Jägel anschließen, sind darunter das Wappen seiner Gattin Barbara von Gfug, sodann die ihrer Ahnen aus den Familien von Porwitz auf Koitz, von Reibnitz aus dem Haus Falkenberg (bei Jauer), von Eichholz, von Wiesen auf Kaiserswalde, von Reibnitz und das der mährisch-schlesischen Familie von Tunckel zu sehen. Die Zwickel des mit Akanthusranken und Löwenmasquerons besetzten Portalbogens schmücken die Allegorien der mit einem Anker versehenen Hoffnung (links) und des Glaubens mit einem Kreuz (rechts), seitlich flankieren ihn Pilaster mit ionischer Ordnung mit kandelaberverzierten Schäften. Im Tympanon über dem Ahnennachweis weist die Personifikation des Todes mit Schädel und Stundenglas sowie der Schrifttafel „Hodie mihi, cras tibi“ („heute mir, morgen dir“) auf die Vergänglichkeit alles Irdischen hin. Leider ging die historische Farbfassung, deren Reste das gesamte Portal noch Ende des 19. Jahrhundert überzogen, infolge der früheren Restaurierungen verloren. Von dieser heißt es 1870 laut dem Kunsthistoriker Wilhelm Lübke: „das Portal ist besonders durch seine, wie es scheint, trefflich erhaltene Polychromie, von der ich in dieser Art kein zweites Beispiel kenne, bemerkenswerth“. Einzig eine historische Abbildung bezeugt heute noch den fast einmaligen damaligen Bestand. Architektonische Perle Nach dem Portal folgt die mit Stichkappen rhythmisierte, in Form eines sternförmigen Rippengewölbes ausgeführte Durchfahrt zum Innenhof. Gegenüber – im Nordflügel – befindet sich mit einer schmaleren Tordurchfahrt ein zweiter Zugang zum Innenhof. An dessen linker Außenflanke steht ein zweigeschossiger Altan, der vermutlich zwischen 1600 und 1610 entstand, als die Vierseitanlage offenbar baulich verändert wurde. Zentraler Betrachtungspunkt der polnischen Forschung, die in den 1970er Jahren sich erstmals eingehender mit dem Bau und diesem Umbaudatum beschäftigte, ist jedoch der vermeintliche Neubau des an der Südostecke angesetzten viergeschossigen Turmes. Allerdings sprechen die während der Restaurierung zeitweise sichtbaren baulichen Befunde mit großer Sicherheit lediglich für einen Umbau des offenbar bereits seit dem Mittelalter bestehenden Wohnturms in spätrenaissancezeitlichen Formen. So erhielt der mittelalterliche Wohn- und Wehrbau große gekuppelte Fenster für die zeitgemäße Nutzung. Zudem erhielten die Fassaden des gesamten Schlosses eine Putzquaderung in Sgraffitotechnik, deren Reste zum Teil noch sichtbar erhalten sind. Mit dem Aussterben der Familie von Ronau ging Guhlau 1668 an die Hände der altadeligen Familie von Hentschel von Gutschdorf über, wie ein Chronostikon an dem ebenfalls längst verlorenen Holztor des Hauptportals belegte. Käufer war vermutlich der im gleichen Jahr in den Ritterstand erhobene, in Sagan/Żagań amtierende Liechtenstein´sche Rat und spätere Kanzler des Fürstentums Breslau Johann Friedrich Casimir von Hentschel. Als dessen Enkel Johann Gottfried Joseph, der 1701 in den Reichsfreiherrenstand aufgestiegen war, kinderlos starb, erwarb die Familie von Seydlitz das Anwesen, die das Gebäude im Inneren barockisierte. So wurde im Westflügel eine doppelläufige Treppe ins Obergeschoss angelegt und zumindest HOTEL „Romantisches Hotel im Schlossgebäude aus dem 18. Jahrhundert“ 58-500 Jelenia Gora • Staniszów 100 • Tel.: 0048 75 755 84 45 Fax: 0048 75 755 85 34 • mail: [email protected] SCHLESIEN HEUTE 2/2014 25 SCHLÖSSER ein Raum mit einem reich stukkierten Kamin ausgestattet, in dessen Überbau einst zwei Adler das Wappen der Familie hielten. Verfall und Neubeginn Vor 1820 ging Guhlau in die Hände der Familie von Kossecki, die es 1827 dem „Lieutnant und Polizei-Distrikts-Kommissarius“ Moritz, Landrat und Landesältesten von Prittwitz und Gaffron, genannt „von Kreckwitz“ verkaufte. Schon ein Jahr zuvor – am 1. August 1826 kam hier sein Sohn Konrad Bernhard Karl von Prittwitz zu Welt, der sich als Lyriker und Essayist einen Namen machte. In den Jahren zwischen 1888 und 1889 erfolgte eine Modernisierung der Anlage, wobei das ältere Giebeldach über dem Südostturm durch einen neugotischen Zinnenkranz und ein Walmdach ersetzt wurde. Im Sinne einer rekonstruierenden Denkmalpflege erhielt dieser Baukörper in den späten 1930er Jahren in Anlehnung an die Giebel des Hauptgebäudes einen wohl ahistorischen, aber zur Gesamtgestalt der Anlage gut passenden gekuppelten Schweifgiebel – zudem wurde der Sgraffitoputz des gesamten Gebäudegevierts erneuert. Nach der Vertreibung des letzten Eigentümers Christian Moritz von Gaffron und Prittwitz wurde das Schloss geplündert und verwüstet – spätestens zu dieser Zeit ging auch das gesamte Mobiliar verloren, von dem es in dem von dem schlesischen Provinialkonservator Hans Lutsch 1889 veröffentlichten Denkmälerinventar heißt: „Möbel in Barockformen, zumteil mit eingelegten Founirhölzern, zumteil weiß lackirt und vergoldet, besonders ein Tischchen, dessen Platte aus Delfter Fayenceplatten (Wasserlandschaften) besteht“. Das zum Schloss gehörige Dominium wurde in ein Staatsgut umgewandelt, während der ansonsten gut erhaltene herrschaftliche Wohnsitz selbst weitgehend ungenutzt blieb und der Zerfall bald einsetzte. Historisches Renaissanceportal - Schlesiens Vorzeit in Bild und Schrift: Zeitschrift des Vereins für das Museum Schlesischer Altertümer. Band 2 (1870) Signatur: Zsn12779-2.1870/75. hier: Tafel 29 (nach S. 40) 26 SCHLESIEN HEUTE 2/2014 SCHLÖSSER Historisches Renaissanceportal heute Obwohl bereits in den späten 1970er Jahren eine denkmalpflegerische Bestandsaufnahme des mittlerweile zur völligen Ruine gewordenen Gebäudes erarbeitet und 1993 eine aufwendige Nutzungsstudie zum Wiederaufbau der Anlage publiziert wurden, dauerte es bis zum Jahr 2000, als sich mit der Firma MC DIAM Sp. z o.o z aus Warschau ein Investor fand, der unmittelbar darauf auch mit dem Wiederaufbau begann. Nach der Gründung einer Stiftung zur Revitalisierung und zukünftigen Nutzung, der „Fundacja Zamek w Goli“ im Jahre 2003 gingen die Bauarbeiten rasch voran, sodass die Anlage 2009 unter Dach war. Schließlich konnte in diesem Jahr auch der Innenausbau abgeschlossen werden. In einem 13 Jahre dauernden Einsatz wurde das gesamte Ensemble detailgetreu saniert. Detailgetreue Sanierung Denn die Wiederherstellung der ruinösen Bausubstanz erfolgte unter weitgehender Berücksichtigung der erhalten gebliebe- nen Bausubstanz und des historischen Erscheinungsbildes der Anlage. So wurden beispielsweise die zerstörten Schweifgiebel der Renaissance ebenso nach alten Ansichten neu geschaffen wie die Dächer mit ihren für das 19. Jahrhundert typischen Fledermausgauben. Rekonstruiert wurde auch der aus dem späten 19. Jahrhundert stammende Dachabschluss des Wohnturms mit einem Walmdach und einer gemauerten Attika. Dagegen wurde die reiche Sgrafittoquaderung bewusst nicht rekonstruierend vervollständigt, sondern die erhaltenen Originalbefunde restauratorisch gefestigt, gereinigt – und zeigen damit die Zeitspuren des nach 1945 ruinierten Gebäudes. Das bis in die 1980er Jahre noch weitgehend erhaltene Hauptportal, das insbesondere in den 1990er Jahren wichtiger Teile beraubt wurde, wurde ausgebaut, die Originalteile restauriert und fehlende Teile wieder nach historischen Abbildungen ergänzt. Auch im Innern wurden die vorgefundenen Reste der ursprünglichen wandfesten Aus- stattung – vor allem die renaissancezeitlichen Türgewände und einige Kamineinfassungen – im originalen Erhaltungszustand konserviert. Eine längst im Architekturmuseum in Breslau befindliche Kamineinfassung aus dem frühen 17. Jahrhundert wurde für das Schloss rekonstruiert und eingebaut. Die Wände blieben in den Gesellschaftsräumen zumeist unverputzt, wodurch der dadurch erzeugte rustikale Eindruck bemerkenswert zu der Innenausstattung in zeitgenössischen Formen kontrastiert. In Ergänzung des Schlosses wurde auch das einstige Dominium restauriert bzw. neu errichtet und für die Zwecke des Hotels adaptiert. Parkanlage Unterhalb der Westseite des Schlosses erstreckt sich im Talgrund, zu dem eine Terrassenanlage führt, ein nahezu dreizehn Hektar großer Landschaftspark mit umfangreichem historischen Baumbestand, SCHLESIEN HEUTE 2/2014 27 SCHLÖSSER Spa- und Wellness-Bereich im urigen Kellergewölbe darunter eine alte Buchenallee, deren Ursprung bis in das frühe 19. Jahrhundert zurückreicht. Durchzogen ist die Anlage von einem gewundenen Baulauf, der teilweise zu malerischen Teichen aufgestaut ist. Von einem einstigen renaissancezeitlichen Garten, der sich, barock überformt, noch in Ansätzen bis ins 19. Jahrhundert vor der Hauptfassade des Schlosses erhalten hatte, ist heute nichts mehr zu erkennen. Ein Bach versorgt die sieben Teiche, die dem Hotel seinen Namen gaben, mit frischem Wasser. Luxury Hotel & Spa by L’Occitane Sieben Weiher Nachdem die französische Kosmetikmarke L’Occitane bereits Behandlungszentren in mehreren Luxushotels weltweit eingerichtet hat, verfügt sie jetzt mit Schloss Guhlau/ Gola Dzierżoniowska über ihr erstes Spa by L’Occitane in Polen. Das Spa-Zentrum umfasst ein Studio mit vier Behandlungsräumen, einen VIP-Bereich speziell für die Behandlung von Paaren, ein Massagestudio, Sauna und Dampfbad sowie einen Wellnessbereich mit Bar und Panoramaterrasse. Im verglasten Poolbereich lockt ein 18 Meter langes Becken. Der Küchenchef des Hauses legt besonderen Wert auf regionale Produkte, kombiniert mit feinen Zutaten aus aller Welt. Den Gästen werden kulinarische Workshops angeboten. Kinder können aus einer eigenen Speisekarte wählen. Das Hotel gibt sich nicht nur bei den Gerichten kinderfreundlich, sondern bietet auch ein Spielzimmer sowie verschiedene Unterhaltungs- und Betreuungsprogramme für Kinder an. So können die Eltern entspannt die Zeit im Spa genießen. 28 SCHLESIEN HEUTE 2/2014 Guhlau/Gola Dzierżoniowska liegt etwa 50 Kilometer südlich von Breslau, nahe der Kleinstadt Nimptsch (Niemcza). Die Übernachtung für zwei Personen im Doppelzimmer mit Frühstück kann ab 490 Złoty, Schloss Guhlau umgerechnet etwa 110 Euro gebucht werden. Ein Winter-Wochenende zu zweit mit zwei Übernachtungen, zwei Abendessen, Shea Bad und -massagen gibt es für 1100 Złoty pro Person. www.uroczysko7stawow.de
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