Niedriger Ölpreis – Chance für Abbau von umweltschädlichen Subventionen Fachgespräch „Niedriger Ölpreis“ der B90/Grüne Bundestagsfraktion, 22. April 2015 Referentin: Swantje Küchler Leiterin Energiepolitik (FÖS) Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) • Gemeinnütziger Verein – 1994 gegründet • Kompetenzfelder – Ökologische Steuerreform/ Steuern und Abgaben auf den Verbrauch von Energie und Ressourcen – Abbau umweltschädlicher Subventionen – Emissionshandel – Ökonomische Instrumente der Umweltpolitik in anderen Bereichen, z.B. Flächenverbrauch, Landwirtschaft, Fischerei – Finanztransaktionssteuer und Vermögenssteuer Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) • Haupttätigkeit Entwicklung und Vermarktung von Konzepten ökonomischer Umweltpolitik Studien Konzepte Vorträge Konferenzen • Auftraggeber u.a. BMUB, BMF, UBA, Länderministerien, B90/Grüne, ECF, Greenpeace Gliederung 1. Marktverzerrungen blockieren Energiewende 2. Wirkung niedriger Energiepreise auf die Energiewende 3. Politische Handlungsoptionen 4 Gliederung 1. Marktverzerrungen blockieren Energiewende 2. Wirkung niedriger Energiepreise auf die Energiewende 3. Politische Handlungsoptionen 5 1. Energiewende: Stand und Perspektiven • Ambitionierte Ziele der Bundesregierung: CO2–Emissionen bis 2020 um 40% reduzieren, PEV bis 2020 um 20% reduzieren • Großteil des PEV durch Mineralöl und Erdgas Entwicklung des Primärenergieverbrauchs nach Energieträgern Quelle: BMWi/AGEB 6 1. Energiewende: Stand und Perspektiven • Ambitioniertes Ziel der Bundesregierung: CO2–Emissionen bis 2020 um 40% reduzieren • Wärme und Verkehr „Sorgenkinder“ der Energiewende Energiebedingte Kohledioxid-Emissionen nach Sektoren Ziel 2020 Ziel 2050 Quelle: BMWi/ Umweltbundesamt 7 1. Energiewende: Sorgenkinder Wärme und Verkehr • Stimmen der Expertenkommission zum Energiewende Monitoring – – – Diese Bereiche sind besonders vom aktuellen Preisverfall betroffen „Besonders zeitkritisch sind Investitionen zur energetischen Sanierung im Gebäudebestand.“ „Es wäre eine Verdoppelung der durchschnittlichen jährlichen Reduktion des Endenergiebedarfs für Wärme von etwa 1 % (Zeitraum 2008-2013) auf 2 % (2013-2020) notwendig.“ „Aus Sicht der Expertenkommission ist eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende nicht zu erreichen ohne einen signifikanten Beitrag des Verkehrssektors, zumal dieser nahezu vollständig von fossilen Energieträgern abhängt.“ Quelle: Löschel / Erdmann / Staiß / Ziesing 2014 8 1. Marktverzerrungen durch zu billige Energie Energie ist eigentlich nicht zu teuer, sondern zu billig • Umweltschädliches Verhalten wird staatlich subventioniert • Externe Kosten werden nicht von den Verursachern getragen • Steuer- und Abgabensystem lenkt in die falsche Richtung 9 1. Marktverzerrungen: umweltschädliche Subventionen • Umweltschädliche Subvention > 50 Mrd. EUR / a – Energiebereitstellung und –Nutzung 21,6 Mrd. EUR – Verkehr 24,2 Mrd. EUR – Bau- und Wohnungswesen 5,9 Mrd. EUR – Land- und Forstwirtschaft/Fischerei 0,5 Mrd. EUR Quelle: Umweltbundesamt 2014 10 1. Marktverzerrungen: externe Kosten • Externe Kosten sind bisher kaum eingepreist: Energiesteuern Externe Kosten und Energiesteuersätze (Primärenergie) in den Bereichen Wärme und Strom Quelle: eigene Berechnung auf Grundlage UBA 2013 11 1. Marktverzerrungen: externe Kosten • Externe Kosten sind bisher kaum eingepreist: Emissionshandel Entwicklung der CO2-Preise im Rahmen des Europäischen Emissionshandels Quelle: BMWi/EEX 12 1. Marktverzerrungen: externe Kosten • Externe Kosten sind bisher 45 40 kaum eingepreist 35 • Externe Kosten Stromverbrauch 41 30 25 20 15 10 5 0 Emissionshandel 9 Stromsteuer externe Kosten Strom in Mrd. EUR 25 Kernbrennstoffsteuer Internalisierung in Mrd. EUR 23 20 15 10 5 • Externe Kosten Heizöl und Erdgas (Wärme) 4 0 externe Kosten Erdgas Internalisierung durch und Heizöl in Mrd. EUR Energiesteuer in Mrd. EUR Quelle: UBA 2013, eigene Berechnung 13 1. Marktverzerrungen: externe Kosten • Externe Kosten sind bisher kaum eingepreist Externe Kosten Straßenverkehr (Lkw u. Pkw) im Jahr 2005 120 100 80 60 108 Wegekosten (Park-)Gebühren Externe Umwelt- und Unfallkosten 50 Kfz-Steuern Energiesteuern (inkl. MwSt. und Lkw Maut) 40 20 0 externe Kosten Verkehr in Mrd. EUR Internalisierung in Mrd. EUR Quelle: UBA 2010 14 2. Marktverzerrungen: Steuerstruktur Verteilung der Steuern und Abgaben auf Faktoren • • Steuerstruktur lenkt in die falsche Richtung Der Anteil von Umweltsteuern ist in Deutschland rückläufig (durch Inflation entwertet) Quelle: FÖS 2015 15 2. Entwertung von Energiesteuern durch Inflation Entwicklung Energiesteuersätze / -aufkommen Diesel und Benzin 2002-2013 • Reale Entwertung des Aufkommens 20032014: in Summe 44 Mrd. EUR • Höherer Steuersatz bei Inflationsanpassung: Benzin + 12 Ct/l, Diesel + 9 Ct/l Quelle: eigene Berechnung 16 2. Marktverzerrungen blockieren Energiewende Kosten z.B. Nutzen z.B. Ökonomische Vorteile der Energiewende sind durch Marktverzerrungen nur teilweise sichtbar Dieser Effekt wird durch die aktuell niedrigen Energiepreise noch verstärkt 17 Gliederung 1. Marktverzerrungen blockieren Energiewende 2. Wirkung niedriger Energiepreise auf die Energiewende 3. Politische Handlungsoptionen 18 3. Energiepreisentwicklung - Prognose • Guter Grund für die Energiewende: Unabhängigkeit vom Anstieg fossiler Energiepreise Preisentwicklung Erdgas (historische Daten und Prognose) Quelle: FÖS/HBS 2013; AEE 2012 19 3. Energiepreisentwicklung: aktueller Trend Ausgaben für Primärenergie (Öl und Erdgas) in Deutschland Quelle: eigene Berechnung Importpreise im ersten Quartal 2015: Aufs Jahr 2015 bezogen ergäben sich Einsparungen von rund 30 Mrd. EUR * Auf Basis der Preise Januar-März 20 3. Energiepreisentwicklung: aktueller Trend Energiepreis privater Haushalte Die Energiepreise privater Haushalte für Heizöl und Kraftstoffe liegen wieder auf dem Niveau von 2010 Quelle: Agora Energiewende 21 3. Energiepreisentwicklung: aktueller Trend Monatliche Energiekosten eines Musterhaushalts (3.500 kWh Strom, 1.400 l Heizöl, 840 l Benzin) Einsparungen eines 3-PersonenMusterhaushalts bei aktuellen Energiepreisen ggü. 2014: 30 Euro pro Monat Quelle: AEE 2015 und eigene Berechnung 22 3. Energiepreise: „Knappheitssignal reicht nicht aus“ 2-Grad-Ziel: Welcher Teil der fossilen Reserven muss im Boden bleiben? Quelle: McGlade/Ekins 2015, Abb. von The Carbon Brief 23 3. Energiepreise: „Knappheitssignal reicht nicht aus“ Weltweite CO2-Emissionen nach Sektoren Blick in die Welt: Die aktuellen Trends des Energieverbrauchs liegen deutlich über dem 2-Grad-Szenario Quelle: BP Energy Outlook 2035 24 3. Wirkung niedriger Energiepreise auf die Energiewende preisliche Fehlanreize „verschleiern“ die ökonomischen Vorteile der Energiewende Steigende Preise für fossile Energieträger haben diesen Fehlanreizen bisher ein Stück weit entgegengewirkt (konnten sie aber nicht beseitigen) derzeit niedriges Preisniveau fossiler Energien verstärkt die Fehlanreize, schafft Unsicherheit für Investoren und verteuert die Energiewende 25 Gliederung 1. Marktverzerrungen blockieren Energiewende 2. Wirkung niedriger Energiepreise auf die Energiewende 3. Politische Handlungsoptionen 26 4. Politische Handlungsoptionen: Medienecho 27 4. Reformen in anderen Ländern weltweit • 73 Staaten und 1000 Unternehmen sprechen sich für weltweite CO2-Steuer aus - Quellen: Rede des Weltbank-Chefs Kim beim Klimagipfel in New York 2014 - Unternehmererklärung (große Finanzinvestoren mit Vermögen > 24 Billionen $) • Viele Länder nutzen die Phase niedriger Ölpreise zum Abbau von Subventionen – – – – Indonesien (Einsparung 20 Mrd. $) Indien (Einsparung 10 Mrd. $) Malaysia (Einsparung 6 Mrd. $) Ägypten (Einsparung 4,2 Mrd. $) 28 4. Politische Handlungsoptionen • Subventionen abbauen – Z.B. Ökosteuerausnahmen, Dienstwagenprivileg, Flugverkehr • Harmonisierung und Anhebung von Umweltsteuern – Leichtes Heizöl / Erdgas; Benzin / Diesel • Indexierung von Umweltsteuern – Anpassung an die Inflation / Entwertung verhindern • flexibler Steueraufschlag in Abhängigkeit von Marktpreisschwankung ? – Wirkt wie ein „Mindestpreis“ 29 4. Politische Handlungsoptionen „Die grundsätzlichen Einwände gegen eine Verteuerung des Ressourcenverbrauchs sind sicher ernst zu nehmen, aber letztlich nicht durchschlagend.“ Bild: CC-Public Domain via Wikipedia / Wolfgang Schäuble Wolfgang Schäuble, 1998 in seinem Buch „Und sie bewegt sich doch“ 30
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