5. MAI BIS 26. OKTOBER 2015 ABENDLAND UND HALBMOND DER OSMANISCHE ORIENT IN DER KUNST DER RENAISSANCE EIN RUNDGANG DURCH DIE SAMMLUNGEN Die Ausstellung »The Sultan's World« im Brüsseler Museum BOZAR widmet sich derzeit dem Bild des osmanischen Orients in der Kunst der Renaissance (ca. 1450 – 1600). Die Schau, die anschließend im Muzeum Narodowe in Krakau gezeigt wird, steht im Zentrum des von der Europäischen Union geförderten Projektes »Ottomans & Europeans, Reflecting on Five Centuries of Cultural Relations« (2013-2016), das unterschiedliche Facetten der 500 Jahre andauernden Beziehungen zwischen beiden Großmächten beleuchtet. Das Kunsthistorische Museum unterstützt als Partner des Projektes nicht nur die Ausstellungen in Brüssel und Krakau mit wichtigen Leihgaben, sondern präsentiert in Wien auch einen eigens konzipierten Rundgang unter dem Titel »Abendland und Halbmond. Der osmanische Orient in der Kunst der Renaissance«. Von 5. Mai bis 26. Oktober können BesucherInnen in den Schausammlungen entdecken, auf welch vielfältige Weise sich westliche Renaissancekünstler in Themen, Motiven und Stileinflüssen mit dem osmanischen Orient auseinandersetzten und welche unterschiedlichen Wertungen diese Werke vermitteln sollten. Rund 40 ausgewählte Gemälde, Medaillen, Kunstkammerobjekte und Rüstungen spiegeln beispielhaft die Beziehung des mittel- und osteuropäischen Abendlandes zum islamisch geprägten Osten wider, die zwar einerseits von langen Kriegen geprägt war, andererseits aber immer wieder auch die westliche Faszination an der andersartigen Kultur der Osmanen bezeugt. Der Rundgang führt im Kunsthistorischen Museum in die Kunstkammer, die Gemäldegalerie und ins Münzkabinett und in der Neuen Burg in die Hofjagd- und Rüstkammer. Ebenso sind die Sammlungen auf Schloss Ambras in Innsbruck Teil des Rundgangs. Sowohl die Begleitpublikation als auch der Audioguide werden neben Deutsch und Englisch erstmals auch auf Türkisch angeboten. GEMEINSAME GESCHICHTE Österreich und die Türkei, zwei relativ junge, nicht durch gemeinsame Grenzen verbundene Republiken, sind letztlich die Nachfolgestaaten zweier politischer Großmächte der europäischen Geschichte, die lange gewissermaßen Nachbarn waren. Als in Folge des verlorenen Ersten Weltkrieges sowohl die Habsburgermonarchie als auch das Osmanische Reich untergingen, konnten beide Seiten auf Jahrhunderte wechselvoller und facettenreicher Beziehungen zurückblicken. Nur ausnahmsweise standen sie jedoch, wie im Moment der Niederlage von 1918, als Verbündete zusammen, weit häufiger dagegen waren sie Gegner. Nicht zufällig sind daher gerade die beiden Belagerungen Wiens durch osmanische Heere 1529 und 1683 in der historischen Erinnerung präsent. Weit weniger bekannt ist, dass es neben diesen langen und gerade für die westliche Seite zuweilen existenzbedrohenden Konflikten eine Vielzahl von kulturellen Verflechtungen gab. Gefördert wurden sie durch die Handelsverbindungen, die sich schon früh zwischen Venedig und den Ländern in Mittel- und Ostmitteleuropa einerseits und dem osmanischen Orient andererseits entwickelt hatten, und die seit dem 16. Jahrhundert intensivierten diplomatischen Kontakte. Sie bildeten nicht zuletzt für die Künstler, die häufig als Mitglieder der Gesandtschaften an den Hof des Sultans reisten, eine wichtige Plattform des Austauschs zwischen Ost und West. Neben den Diplomaten übernahmen Reisende eine wichtige Rolle bei der Vermittlung von Informationen, aber auch von Stereotypen über das Osmanische Reich. KULTURELLER EINFLUSS Eines der bemerkenswertesten Phänomene des osmanischen Einflusses stellen orientalische bzw. orientalisierende Kostüme und Waffen dar, die seit Anfang des 16. Jahrhunderts Einzug in die Kulturen der verschiedenen Höfe Europas hielten. Gerade im Kunsthistorischen Museum Wien haben sich auf Grund der vielfältigen Beziehungen der Donaumonarchie zum Osmanischen Reich zahlreiche beeindruckende Beispiele erhalten. Im Zusammenhang mit der frühen Faszination der Habsburger durch die militärische und höfische Kultur dieser islamisch geprägten Großmacht ist insbesondere Erzherzog Ferdinand II. von Tirol (1529‒ 1595) zu nennen: Der Sohn Kaiser Ferdinands I. entwickelte nicht nur eine ausgesprochene Vorliebe für orientalisierende Militaria und Kostüme, sondern gilt auch als einer der frühesten Sammler osmanischer Kunst- und Gebrauchsgegenstände überhaupt. Viele davon sind noch heute auf Schloss Ambras in Tirol, in seiner ehemaligen Residenz, zu bewundern. Im Zuge der Rivalität um die Vormachtstellung auf dem Balkan, für die beide Seiten immer wieder auch religiöse Motive mit ins Feld führten, wurden von den Habsburgern nicht zuletzt bildkünstlerische Mittel als Medium der Propaganda benützt; aussagekräftige Beispiele finden sich besonders im Werk von Künstlern wie z.B. Adriaen de Vries, den Kaiser Rudolf II. an seinem Prager Hof beschäftigte; er konnte im Jahr 1606 mit dem Frieden von Tzitvatorok den sogenannten »Langen Türkenkrieg« beenden. Schließlich gelangten dank seiner Sammelleidenschaft und der anderer Mitglieder der Familie zahllose Meisterwerke italienischer, deutscher und niederländischer Künstler nach Wien. In ihren Motiven und Themen spiegeln sich der Einfluss osmanischer Kultur und die Präsenz dieser aufstrebenden Großmacht im Bewusstsein der Zeitgenossen wider. Dass sie sowohl als Bedrohung als auch als Faszinosum betrachtet wurde, belegen die unterschiedlichen Wertungen bzw. Instrumentalisierungen dieser Verweise: Während etwa auf Albrecht Dürers »Marter der Zehntausend« osmanische (aber auch mamlukische) Trachten zur Kennzeichnung der Feinde der standhaft gläubigen Christen dienen, können auf zahlreichen anderen Bildern mit christlichen Themen diese Kostüme als Verweise auf die Ehrwürdigkeit und Exotik ihrer Träger fungieren. Ein Beispiel dafür bilden die Heiligen Drei Könige in Darstellungen der Anbetung des Christkindes. Auch kostbare osmanische Exportgüter tauchen in Werken westlicher Künstler auf, besonders Teppiche: In Marienbildern Hans Memlings unterstreichen sie die Würde und den Rang der Muttergottes, in Porträts Lottos, Holbeins oder auch Tintorettos den Reichtum und die Weltgewandtheit der Dargestellten. PRESSEFOTOS Die Bilder sind für die aktuelle Berichterstattung kostenlos und stehen zum Download bereit unter press.khm.at Sujet des Rundgangs © KHM-Museumsverband Francesco Mazzola, gen. Parmigianino (1503-1540) Bildnis einer jungen Dame um 1530 48,5 cm x 46,5 cm Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie © KHM-Museumsverband Tizian (1488/90-1576) Ecce Homo 1543 242 x 361 cm Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie © KHM-Museumsverband Hans Memling (1435-1494) Johannesaltar um 1485/90 Mitteltafel: 69,3 cm x 47,2 cm Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie © KHM-Museumsverband Orientalische Sturmhaube Erzherzog Ferdinand II. (1529-1595), Augsburg (?) 1549, Wien Kunsthistorisches Museum Wien Hofjagd- und Rüstkammer © KHM-Museumsverband Allegorie auf den »Türkenkrieg« in Ungarn Adrian de Vries (1545-1626) um 1606 Kunsthistorisches Museum Wien, Kunstkammer © KHM-Museumsverband Automatenuhr mit reitendem Pascha Süddeutschland, um 1580/90 Kunsthistorisches Museum Wien, Kunstkammer © KHM-Museumsverband Figurenuhr mit türkischer Barke Augsburg, um 1580 Schloss Ambras, Innsbruck © KHM-Museumsverband Medaille auf Ferdinand als König von Ungarn und Böhmen, sogenannte »Medaille auf die Annäherung der Türken« (recto) Joachimsthal, Stempelschneider Hieronymus Magdeburger (nachweisbar 1507/08 – 1540) und dessen Schule zugeschrieben 1529 Kunsthistorisches Museum Wien, Münzkabinett © KHM-Museumsverband Medaille auf Ferdinand als König von Ungarn und Böhmen, sogenannte »Medaille auf die Annäherung der Türken« (verso) Joachimsthal, Stempelschneider Hieronymus Magdeburger (nachweisbar 1507/08 – 1540) und dessen Schule zugeschrieben 1529 Kunsthistorisches Museum Wien, Münzkabinett © KHM-Museumsverband PROJEKTPARTNER UND FÖRDERER Palais des Beaux-Arts (BOZAR), Brüssel Cittadellarte – Fondazione Pistoletto, Biella Foundation for Culture and Arts, Istanbul Muzeum Narodowe, Krakau Witte de With, Center for Contemporary Art, Rotterdam Gefördert vom Kulturprogramm der Europäischen Union ÖFFNUNGSZEITEN UND EINTRITTSPREISE Dienstag – Sonntag, 10 bis 18 Uhr Donnerstag 10 bis 21 Uhr Jahreskarte Erwachsene Ermäßigt Wien-Karte Gruppen ab 10 Personen Führung Jugendliche unter 19 Audioguide (deutsch, englisch, türkisch) € 34 € 14 € 11 € 13 € 11 €3 frei €4 Juni, Juli, August täglich geöffnet! Online-Tickets sind unter folgendem Link erhältlich: https://shop.khm.at/de/tickets/ PUBLIKATION Zum Rundgang ist ein Katalog auf Deutsch, Englisch und Türkisch erschienen. Abendland und Halbmond Der osmanische Orient in der Kunst der Renaissance Hg. von Sabine Haag und Guido Messling ca. 100 Seiten Preis: € 14,95 PRESSEKONTAKT Nina Auinger-Sutterlüty, MAS Leiterin Öffentlichkeitsarbeit und PR T +43 1 525 24 – 4021 F + 43 525 24 – 4098 [email protected] KHM-Museumsverband 1010 Wien, Burgring 5 www.khm.at
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