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Leipziger Internet Zeitung
l-iz.de 04.03.2015
http://www.l-iz.de/wirtschaft/metropolregion/2015/03/braunkohle-auf-reisen-oder-warum-der-leipziger-suedraum-tschechien-mitkohle-tribut-zollt-78156
Braunkohle auf Reisen – oder: Warum der Leipziger Südraum
Tschechien mit Kohle Tribut zollt
Seit Monaten lässt die MIBRAG Braunkohle vom Kohle-Misch-und Stapelplatz Peres wochentags täglich 24
Stunden zur Bahnverladestation im Tagebau Profen fahren. Doch davon will man weder bei der Regierung
Sachsens noch Sachsen-Anhalts etwas wissen. Der L-IZ liegt jedoch jetzt ein Auszug aus dem Hauptbetriebsplan
des Tagebaus Profen der MIBRAG vor. Und der ist eindeutig.
Jens Hausner ist einer der Akteure der Initiative “Pro Pödelwitz”, jenes Dorfes im Leipziger Südraum, das von der
MIBRAG abgebaggert werden soll. Sieben Familien weigern sich jedoch nach wie vor standhaft, das Dorf zu
verlassen. Hausner will nicht einsehen, dass im Südraum Dörfer weichen müssen, damit unter anderem
tschechische Kraftwerke befeuert werden können: “Es ist nicht mehr nachvollziehbar, welchen Zweck diese Kohle
aus dem Tagebau Schleenhain erfüllt, wenn genehmigungspflichtige Stellen nicht mal Kenntnis von
Braunkohlelieferungen aus dem Mitteldeutschen Revier besitzen.” Weiterhin argumentiert er: “Die Bürger von
Heuersdorf mussten ihr Dorf devastieren lassen, weil nur so, begründet im Heuersdorfgesetz, eine ausreichende
Versorgung des Kraftwerkes Lippendorf mit Braunkohle über seine gesamte Laufzeit zu gewährleisten war.”
Ist es wirtschaftlich, Kohle hunderte Kilometer zu transportieren?
Dabei wurde die von den Heuersdorfern damals angetragene Option, fehlende Kohle mit Lkw´s aus Profen
anzufahren, einst noch als unwirtschaftlich abgewiesen. Nun scheint das alles kein Problem mehr? Jens Hausner
versteht die Welt nicht mehr und fragt sich: “Warum ist es wenige Jahre danach wirtschaftlich, Kohle nicht bloß
20, sondern hunderte Kilometer zu transportieren? Das offenbart ein unverantwortliches Geschäftsgebaren der
MIBRAG gegenüber den Bürgern in unserer Region. Spenden der MIBRAG gegenüber Kommunen dienen damit
sicher nur zur Schaffung einer Abhängigkeitsloyalität.”
Einen für die Region üblen Geschmack bekämen die Braunkohlelieferungen der MIBRAG nach Tschechien
außerdem dadurch, so Hausner, dass – aufgrund eines 2012 abgeänderten tschechischen Bergbaugesetzes – in
Tschechien keine erzwungenen Grundabtretungen zum Zwecke der Braunkohleförderung mehr möglich seien.
Doch die tschechischen Braunkohlekraftwerke gehören ebenfalls den Anteilseignern der MIBRAG und haben
genehmigte Laufzeiten bis mindestens 2040. Dafür soll die Kohle also nun offenbar dauerhaft aus Sachsen
kommen. Jens Hausner weiter: “Damit werden in unserer Region weiter Dörfer und wertvolles Siedlungsgebiet mit
hochwertiger landwirtschaftlicher Nutzfläche zerstört, nur um rein wirtschaftlichen Interessen der MIBRAG gerecht
zu werden. Enteignungen, welche in Tschechien nicht mehr möglich sind, werden einfach in Mitteldeutschland
durchgeführt. Alle Entscheidungsträger müssen dazu angehalten werden, nachzudenken, was dem Wohle
unserer Region dient, auch vor dem Hintergrund, dass die Braunkohleindustrie vom deutschen Steuerzahler
exorbitant subventioniert wird.”
Tschechische Kraftwere Komorany und Opatovice als Abnehmer
Auch Stefan Schroeter befasst sich in seinem Beitrag mit genau diesem Problem. Der Energie-Journalist und
Experte für die Region Ostdeutschland sowie für Mittel- und Osteuropa: “Das LABG Landesamt für Geologie und
Bergwesen Sachsen-Anhalts wird demnächst darüber entscheiden, ob der Braunkohleförderer Mibrag seine
fragwürdigen Langstrecken-Transporte nach Niedersachsen und Tschechien fortsetzen kann oder nicht. Derzeit
läuft der bergrechtliche Zulassungsprozess für den Hauptbetriebsplan des Mibrag-Tagebaus Profen, der im
Zeitraum vom 1. April 2015 bis zum 31. März 2017 gelten soll.”
In diesem Hauptbetriebsplan wird das relativ nahe Kraftwerk Schkopau als Hauptabnehmer genannt. Als weitere
Abnehmer der Profener Braunkohle sind unter anderen das Kraftwerk Buschhaus in Niedersachsen sowie die
tschechischen Kraftwerke Komorany und Opatovice aufgeführt. Langstrecken-Transporte von Rohbraunkohle, so
der Journalist weiter, seien aus Umweltsicht fragwürdig und galten bisher auch als unwirtschaftlich. Denn diese
unverarbeitete Kohle bestehe zur Hälfte aus Wasser, so dass der Energieaufwand für den Transport in einem
ungünstigen Verhältnis zum transportierten Energieinhalt stehe.
Devastierung durch Kohle-Abbau. Foto: Matthias Weidemann
Heuersdorfer Kohle für den Export
Schroeter in seinem Beitrag weiter: “Mittlerweile verdichten sich die Anzeichen dafür, dass es nicht nur
Braunkohle aus dem Tagebau Profen ist, die mit der dortigen Bahn-Verladestation auf weite Reise geschickt wird.
Der frühere Energieberater der Gemeinde Heuersdorf, Jeffrey Michel, berichtet, dass schon seit mehreren
Monaten große Mengen Rohbraunkohle aus dem sächsischen Mibrag-Tagebau Vereinigtes Schleenhain per
Lastkraftwagen zur Bahnverladung nach Profen gefahren werden.”
Jens Hausner stößt ins gleiche Horn: “Die Schleenhainer Kohle war angeblich früher als unverzichtbar für den
Betrieb des benachbarten Kraftwerks Lippendorf. “Nicht zuletzt deshalb sei Heuersdorf nach jahrelangem
Widerstand im Jahr 2009 weggebaggert worden. Auch in diesem Zusammenhang sind die Reaktionen der
sächsischen und sachsen-anhaltischen Regierungen mehr als unverständlich. Energiewirtschaft unter diesen
Vorzeichen käme bei den betroffenen Bürgern nämlich nicht wirklich gut an. Und Transparanz, ein oft von
Politikern strapazierter Begriff, sieht wohl wirklich ganz anders aus.