ATAXIE BEIM PFERD Der medizinische Terminus `Ataxie` leitet sich von dem griechischen Begriff „ataxia“ (die Unordnung) ab und bezeichnet im Allgemeinen "das Auftreten unzweckmäßiger Bewegungen und Koordinationsstörungen ohne Beeinträchtigung der eigentlichen Muskelfunktionen". Man versteht also darunter eine Störung der geregelten Bewegungsabläufe des Organismus. Beim Pferd taucht dieser Begriff "Ataxie" immer wieder im Zusammenhang mit Berichten über oftmals tragische Krankheitsfälle auf. In der Tiermedizin werden Tiere, die Anzeichen einer Ataxie, einer Rückenschwäche oder einen spastisch gestörten Bewegungsablauf zeigen, als "Wobbler" bezeichnet. - KOORDINATIONSSTÖRUNG Dieser Begriff steht bei einer Ataxie im Mittelpunkt und betrifft vor allem die Hinterhand, denn ataktische Pferde zeigen oftmals Schwierigkeiten, insofern der Bewegungsablauf besondere Anforderungen an die Koordination stellt. In diesem Fall zeigen Pferde oft schon beim Führen einen breitbeinigen, auffällig schwankenden Gang und wirken betrunken, neigen oftmals zum Stolpern und Hinfallen v.a. auch bei engen Wendungen. Zudem gehen Pferde mit solchen Auffälligkeiten ungerne bergab und lassen sich nicht rückwärtsrichten. Insofern das klappt, geschieht dies jedoch nur unter Schwierigkeiten. Es ist jedoch zu erwähnen, dass Ataxien an sich nicht direkt IM Gliedmaßenbereich entstehen! Es sind Schädigungen des Zentralnervensystems (ZNS) also des Gehirns und Rückenmarks oder andere Beeinträchtigungen in diesem Bereich, was dazu führt, dass eingehende Reize der Sinnesorgane (Auge, Ohr, Tastsinn oder Gleichgewichtssinn) fehlerhaft verschaltet werden, was letztendlich auch in gestörten Efferenzen zu den Muskeln resultiert, weswegen die Bewegungen der Tiere dann auch als „unkoordiniert“ erscheinen. Bei der Ataxie gibt es 3 unterschiedliche Erkrankungsformen beim Pferd: die spinale Ataxie, die zerebrale Ataxie und die zerebellare Ataxie Auslösende Faktoren können verschiedenartig sein: SPINALE ATAXIE: Der spinalen Ataxie liegt eine Schädigung des Rückenmarks und damit eine Schädigung der empfindlichen Nervenbahnen zugrunde. Diese kann zum Beispiel durch Verletzungen hervorgerufen werden, bei denen Blutergüsse auf den Wirbelkanal drücken. Auch feine Risse in der Knochensubstanz können später zu arthritischen Veränderungen der Wirbel führen, die diese anschwellen und so das Rückenmark verletzen lassen. Als sehr häufiges Problem werden Subluxationen an Gelenken im Bereich der Halswirbelsäule beobachtet (Wobbler-Syndrom). Auch eine falsche Fütterung bei Jungtieren kann die Ursache für eine später auftretende Ataxie sein. Zu eiweiß- und energiehaltiges Futter führt zu einem zu schnellen Wachstum. Die langsamer wachsenden Weichteile können später dann Auslöser für die Ataxie sein. Auch Störungen der Blutversorgung des Rückenmarks durch eine Fibrokartilaginöse Embolie oder Thrombosen können eine spinale Ataxie verursachen. Solche Tiere zeigen oftmals vermehrte Stürze oder andere Traumen – die Symptome treten plötzlich auf. Es kommt folglich zu einer Irritation der Nervenbahnen, da das Gewebe anschwillt – eine geordnete Impulsübertragung sowie Weiterleitung an das Effektororgan ist letztendlich somit beeinträchtigt. Zerebrale Ataxie (Erkrankungen des Groß- (Cerebrum), Zwischen- oder Mittelhirns) und Zerebellare Ataxie (Schädigung des Kleinhirns): Meist die Folge einer schweren Virusinfektion: a) Equine-Herpes-I-Infektion (EHV-1): Dieses Virus kann neben der bekannten Rhinopneumonitis auch Ursache von Hirn- und Rückenmarksentzündungen sein. Diese führen zu teilweise dramatisch verlaufenden, hoch fieberhaften Erkrankungen und Ataxien. b) Borna: viral bedingte Erkrankung welche schnell zum Tod des Tieres führt c) Borreliose: Die Bakterien (Borrelia burgdorferi) werden durch Zeckenbisse übertragen und verursachen eine fiebrige Allgemeininfektion. Es kann teils zu Hirnhauterkrankungen kommen wo sie neben Gehirn auch das Rückenmark befallen und so zu einer Ataxie führen können. Bei adäquater Therapie ist die Prognose für solche Pferde günstig. d) Equine Protozäre Meningoencephalitis: durch Einzeller ausgelöste nichteitrige Entzündung des Rückenmarkes sowie des Hirnstammes. e) Spinale Nematodiasis: Hervorgerufen durch Parasiten, die ins RM einwandern. Im ZNS des Pferdes sind Strongylus vulgaris, Micronema deletrix, Drachia megastoma, Setarien und Hypodermaarten gefunden worden. Ein deutlicher Hinweis für eine spinale Nematodiasis ist gegeben, wenn eosinophile Granulozyten im Liquor cerebrospinalis gefunden werden, wobei zu erwähnen ist, dass diese auch bei bei der Equinen Protozoären Meningoencephalitis gelegentlich feststellbar sind. f) Schwere Kopfverletzungen g) Vergiftungen Des Weiteren gibt es auch Ataxieerkrankungen mit teils idiopathischem Hintergrund bzw. auch anderer Genese auf die hier jedoch der Kürze wegen nicht eingegangen wird. Aufgrund der Unterschiedlichen Faktoren, die zu einer Ataxie führen können sollte vor Therapiebeginn eine exakte Diagnose gestellt werden: 1) Detaillierter Vorbericht: welche Symptome wurden wann beobachtet, wie ist der bisherige Verlauf, vorausgehende Traumatische Einflüsse, Fieberhafte Erkrankungen, Impfstatus 2) Allgemeinuntersuchung 3) Neurologische Untersuchung: Diese dient in erster Linie der Lokalisation der Erkrankung und kann bereits eindeutige Erkenntnisse über die Krankheitsursache geben. 4.1) Weitere Standarduntersuchungen: Je nach Verdacht Blutuntersuchung, Röntgen, etc. 4.2) Weitere aufwendige Spezialuntersuchungen: Entnahme Rückenmarksflüssigkeit, Szintigraphie, Computertomographie oder röntgenologische Kontrastdarstellung des Wirbelkanals in Vollnarkose von die 5) Therapie: Die vielfältigen Krankheitsursachen, die zur Entstehung einer Ataxie führen, haben folglich keine Standardtherapie zur Folge. Es muss bei jedem Patient nach entsprechender Diagnosestellung ein Therapieplan aufgestellt werden. Eine Therapie sollte aber nur dann erfolgen, wenn sie sinnvoll und dem Pferd zumutbar erscheint, denn ataxiekranke Pferde haben, abhängig vom Grund der Erkrankung teils langjährige, oftmals tragische Krankheitsgeschichten. Der Pferdebesitzer bzw. –halter muss sich durch eine konkrete tierärztliche Aufklärung des Aufwandes (sowohl finanziell als auch zeitlich) und des reell zu erwartenden Heilungserfolges (Chance zu überleben, bleibende Folgeschäden, generelle Nutzbarkeit des Pferdes) voll bewusst sein! Je nach Grundleiden: - Gabe von Entzündungshemmern und Entwässerungsmitteln v.a. bei traumatischen Erkrankungen Antibiotika, Antiparasitika Immunseren und –stimulantien (bei den infektiös bedingten Ataxien) unterstützende physiotherapeutische Anwendungen Quellen: Suter, P.F., Kohn, B. (2006): Praktikum der Hundeklinik, 10. Auflage, Enke Verlag Ted S. Stashak (2008): Adams‘ Lahmheit bei Tieren, 4. Auflage, Schaper Verlag http://www.pferdedoctor.de/ataxie.htm http://de.wikipedia.org/wiki/Ataxie_%28Pferd%29
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