3424 - PL zu Kap3: Dunckel & Resch - Arbeitsanalyse! 1 1. Einleitung • Anfänge der wiss. und systemat. Beschäftigung mit Arbeit in Verbindung mit Taylor und Gilbreth (gelten als Begründer der Zeit- und Bewegungsstudien), Münsterberg (Psychotechnik) • Ansätze wiss. Studiums der Arbeit reichen bis in die Mitte 17. Jh zurück • Arbeitsanalyse: systematische Erfassung und Bewertung von Informationen über die Interaktionen von Mensch und Arbeitsbedingungen • Einsatz der AA: Arbeits- & Organisationsgestaltung, Personalentwicklung, Arbeits- & Gesundheitsschutz, Technikfolgenabschätzung, Festsetzung von Lohn & Entgeld, Überprüfung wiss. Theorien 2. Gegenstand der AA • es geht bei AA um: Analyse und Bewertung der Arbeitsaufgabe(n) und Arbeitsbedingungen als anforderungeen an die psychische Regulation des Handelns sowie ausgeführten Arbeitstätigkeiten • Gegenstand AA: konkrete Arbeitstätigkeit als psychisch regulierte Tätigkeit • Begriff und Bewertungen von Arbeit unterliegen Wandel in Abhängigkeit gesellschaftlicher Verhältnisse und geschichtlicher Epochen • wesentliches Merkmal für Arbeit: In der Arbeit werden die materiellen & immateriellen Grundlagen geschaffen, um das Überleben und Wohlergehen der Menschen sicher zu stellen. • Beschränkungen von Arbeit in Industriegesellschaften = Partialisierung • Partialisierung: • Herausbildung unterschiedlicher Berufe/ Tätigkeitsarten • Abtrennung der Entscheidungen über das Ziel der Arbeitstätigkeit und das herzustellende Produkt von der eigentlichen Ausführung > Trennung Kopf-/ Handarbeit • spezifische Partialisierung: • arbeitende Individuum ist bei der Bewältigung seiner Aufgaben von höheren Ebenen der Regulation des eigenen Handelns (Zielbildung, Planerzeugung, Realisierungskontrolle...) abgeschnitten • je stärker Zergliederung umso gleichförmiger und sinnentleerter werden einzelne Arbeitsvollzüge • Ausmaß der Partialisierung drückt sich aus in: Einschränkungen in Möglichkeiten .... • ... zur eigenen Zielsetzung • ... zur Entwicklung geeigneter Vorgehensweisen & deren Korrektur • Partialisierung führt zu • beschränktem Umgang mit Störungen und Abweichungen • Behinderungen der Regulation des Arbeitshandelns durch die Arbeitsbedingungen • Funktionen der AA • Aufdeckung von Folgen konkreter Arbeitstätigkeiten für den Arbeitenden • bieten von Grundlagen für eine am Menschen & seiner Entwicklung orientierten Bewertung & Gestaltung von Arbeit (humanisierungsrelevante AA) 3424 - PL zu Kap3: Dunckel & Resch - Arbeitsanalyse! 2 • Arbeitspsycholog. Aussagen beziehen sich überwiegend auf Erwerbsarbeit > Bereich unbezahlte Arbeit (Haus-/Familienarbeit, Ehrenamt...) ist unterbelichtet = besteht theoretisch wie empirisch großer Forschungsbedarf 3. Theoretische Fundierung der AA • Verfahren der AA unterscheiden sich je nach theoretischer Fundierung, welche Merkmale auf welcher Ebene erhoben werden und wie die zugeordnete Analyseeinheit bestimmt wird. • psycholog. Perspektive = Bedeutung des jeweiligen Menschenbildes in Form von Annahmen über die Besonderheiten des menschlichen Handelns (vor diesem Hintergrund kann die Entwicklungsförderlichkeit von Arbeitsaufgaben & -bedingungen erst bewertet werden) handlungsregulations-/ tätigkeitstheoretische Ansätze • es werden Anforderungen an die psych. Regulation einer arbeitenden Person gestellt • Vordergrund: Fragen der Angemessenheit der Arbeitsbedingungen für menschl. Handeln • Kriterien zur Bewertung ergeben sich aus Annahmen zu menschlichem Handeln z.B. der Mensch verfolgt bewusst geplante bzw. selbst erzeugte Ziele; er verfolgt Ziele in Abstimmung mit anderen Menschen (soziale Eingebundenheit); menschliches Handeln ist gegenständlich (Wechselwirkung zwischen Mensch und Umwelt) (Hacker, Dunckel) • Konzept der „vollständigen Tätigkeit“: innerer Zusammenhang von Vorbereitungs-, Organisations-, Ausführungs- und Kontrollkomponenten einer Handlung => zyklische und hierarchische Vollständigkeit • Humankriterien als relevante Dimensionen zur Beurteilung von Arbeitsaufgaben (nach Dunckel): Entscheidungsspielraum, Zeitspielraum, Strukturierbarkeit, Belastungen, körperliche Aktivität, Kontakt zu materiellen & sozialen Bedingungen des Arbeitshandelns, Variabilität, Kooperation und Kommunikation soziotechnische Systemgestaltung • Einbettung der Analyse konkreter Tätigkeiten in umfassende Vorgehensmodelle • geht auf Londoner Tavistock Institute for Human Relation zurück • Arbeitstätigkeit findet überwiegend in Arbeitssystemen -bestehend aus technischem & sozialem Teilsystem- statt > Wechselwirkungen zwischen den beiden Komponenten sind zu berücksichtigen und Ansätze für gemeinsame Optimierung zu finden • Bsp. MTO-Analyse (Mensch Technik Organisation, Strohm & Ulich) = ganzheitliche Betriebsanalyse > basierend auf soziotechnischem System mit handlungstheoretischen Verfahren verknüpft motivationstheoretische Ansätze • Hypothesen über motivationsfördernde Bedingungen von Arbeit formuliert = „Job Characteristics Model“ (Hackman & Oldham) • drei Bedingungen als „kritische Zustände“ - Schlüsselrolle bei Beurteilung der eigenen Arbeit/ Tätigkeit: erlebte Sinnhaftigkeit/Bedeutsamkeit, erlebte Verantwortung für die Ergebnisse, Wissen über aktuelle Resultate 3424 - PL zu Kap3: Dunckel & Resch - Arbeitsanalyse! 3 • Produkt der drei Zustände ergibt Motivationspotential (Job Diagnostic Survey - JDS) verhaltensorientierte Verfahren • Orientierung am äußeren Bewegungsablauf und dessen Zergliederung in einzelne Arbeits- und Verhaltenselemente • frühe Vertreter Taylor und Gilbreth (1911) - additives Bewegungsmodell • Herangehensweise: sichtbare Merkmale der Arbeitssituation, unabhängig vom Kontext oder konkretem Arbeitsinhalt = sie rufen immer bestimmtes Arbeitsverhalten hervor • Vergleich zwischen Arbeitsplätzen möglich • Bsp. Fragebogen zur Arbeitsanalyse (FAA - dt. Übersetzung des Position Analysis Questionaire PAQ) Belastungs- Beanspruchungs-Konzept • Schwerpunkt auf der Analyse von Belastungen bspw. „Arbeitswissenschaftliche Erhebungsverfahren zur Tätigkeitsanalyse“ (AET - ebenfalls basierend auf PAQ) > Bewertung der Arbeitsschwere > Fokus Entlohnungsfragen • Belastungen = Gesamtheit der Einflüsse, die von aussen auf den Menschen einwirken und mit der Aufgabe verbunden sind >> im Gegensatz zu Beanspruchungen = unmittelbare, nicht langfristige Auswirkungen der Belastungen • Grundgedanke: das Ausmaß der Beanspruchungen wird durch die Höhe der Belastung sowie durch individuelle Eigenheiten des arbeitenden Menschen bestimmt stresspsychologisch orientierte Ansätze • ebenfalls Analyse von Belastungen • bspw. „Instrument zur stressbezogenene Tätigkeitsanalyse“ (ISTA) - Belastungsschwerpunkte unterschiedlicher Tätigkeitsbereiche (im Produktions- & Bürobereich) abschätzen • Grundlage: psychologische Stressmodelle und Handlungsregulationstheorie • Annahme: durch Ungleichgewicht zwischen Person und Umwelt entsteht Stress (Anforderungen der Umwelt übersteigen Ressourcen der Person) • Ungleichgewicht führt zu Stress(reaktionen), wenn es als subjektiv bedeutsam und aversiv erlebt wird gesundheits-/ salutogenetisch orientierte Ansätze • Erfassung von Ressourcen - Bedingungen, die dazu beitragen, dass Menschen trotz hoher Belastungen gesund bleiben (Grundlage: Antonovsky) • Ressourcen im Umgang mit Stress heraus filtern - innere (personale) und äußere (organisationale) Faktoren • Bsp. für innere Ressource: Konzept Kohärenzgefühl (Außmaß der Zuversicht -Aspekte der Verstehbarkeit, Bewältigbarkeit & Sinnnhaftigkeit der Anforderungen/Ereignisse- gegenüber den Lebensumständen) 4.Hauptfragestellungen der AA 4.1 Primat der Aufgabe 3424 - PL zu Kap3: Dunckel & Resch - Arbeitsanalyse! 4 • Eingebundenheit der Arbeitstätigkeit in übergeordnete betriebliche Zusammenhänge, in Prozess der Erstellung von Produkten/Dienstleistungen und in Gesamtheit der darauf gerichteten Arbeitsaufgaben • Aufgabe = Schnittpunkt zwischen Organisation und Individuum = psychologisch relevantester Teil der vorgegebenen Arbeitsbedingungen • Arbeitsaufgaben = bestimmter Typ von Handlungsanforderungen, entsprechende Handlungsstrukturen müssen durch das Individuum entwickelt werden unter Berücksichtigung bestimmter äußerer Gegebenheiten • Arbeitsaufgaben sind sozial eingebettet und von einem übergeordneten sozialen Zusammenhang bestimmt (im Vergleich zu „natürlichen“ Handlungsanforderungen) => Arbeitsaufgaben existieren nur mit Bezug auf gesellschaftliche und soziale Zusammenhänge • Abgrenzung von Aufgaben ist daher wichtiger Schritt und erste Aufgabe der AA • Arbeitsaufgaben => zentraler Ansatzpunkt arbeitspsychologischer Gestaltungsbemühungen: Beeinflussung der psychischen Struktur der Arbeitstätigkeit über die Aufgabe = Primat der Aufgabe (Ulich) 4.2 Dimensionen der Analyse • Auswahl der untersuchten Merkmale ist abhängig von theoretischem Hintergrund; dennoch einige zentrale Dimensionen • verschiedene Ebenen der Bewertung und Gestaltung von Arbeit (Hacker, Richter) • Ebene der Ausführbarkeit ! Ist zuverlässiges, forderungsgerechtes & langfristiges Ausführen der Tätigkeit mög-! ! lich? • Ebene der Schädigungslosigkeit ! Liegen physische und psychologische Schädigungen vor? • Ebene (3) der Beeinträchtigungsfreiheit ! Gibt es Beeinträchtigungen des psychosozialen Wohlbefindens? • Ebene (4) mit dem Kriterium Persönlichkeitsförderlichkeit ! Wird die lebenslange Entwicklung der Persönlichkeit durch inhaltsreiche, vielfältige ! ! und soziale Arbeitsbedingungen ermöglicht und inwieweit? • Arbeitspsychologie für Ebene beeinträchtigungsfreie und persönlichkeitsfördernde Arbeit • Ergänzung durch Ulich bzgl. Ebene 3+4 um Kriterium Zumutbarkeit ! in welchem Umfang entspricht eine Arbeitstätigkeit den Bedürfnissen und Qualifikati-! ! onen der Beschäftigten? • Bewertungsebenen unterscheiden sich bzgl. der Wirkungen der bezeichneten Aspekte • Ebene 4 betrifft positive Merkmale z.B. Einflussnahme auf die eigene Arbeitstätigkeit, die die spezifischen menschlichen Fähigkeiten fordern und fördern wie: • eigenständiges Denken, Planen, Entscheiden • Möglichkeiten der Kommunikation und Kooperation • große Tätigkeitsspielräume • vollständige Aufgaben 3424 - PL zu Kap3: Dunckel & Resch - Arbeitsanalyse! 5 • Ebene 3 betrifft negative Merkmale, die mit Einschränkungen des Wohlbefindens, psychosomatischen Beschwerden, oder manifesten Krankheiten einhergehen; belastende Arbeitsbedingungen können sich ergeben aus: • arbeitsorganisatorischen Problemen (häufige Unterbrechungen, fehlende Rückmeldungen, unklare/widersprüchliche Anweisungen) • andere Bedingungen, die auf Dauer zu Überforderungen führen: Zeitdruck, Monotonie, Vigilanz, soziale Aspekte (Mängel bei Aufgabenstellung & der Arbeitsorganisation) • empirische Belege der Dimensionen: Forschungen zum Demand/Controll-Modell von Karasek, Untersuchungen zum Konzept Anforderung/Belastung 4.3 Bedingungs- und personenbezogene Fragestellung • bedingungsbezogen: • ermittelt Merkmale der Arbeitstätigkeit und ihrer Bedingungen unabhängig von persönlichen Wahrnehmungen und individuellem Vorgehen • Großteil der entwickelten Verfahren - Beitrag zur Veränderung der technischen, organisatorischen und sozialen Bedingungen von Arbeit leisten • personenbezogen: • untersucht individuelle Vorgehensweisen, Leistungen, Qualifikationen sowie persönliche Bewertungen der Arbeitsweisen • personenbezogene Verfahren setzen bedingungsbezogene V. voraus: zuerst Kenntnis der Arbeitsbedingungen wichtig, bevor personenbezogene Analysen greifen • Unterscheidung zwischen objektiven und subjektiven Verfahren abgelöst, zu viele Missverständnisse ob der Begrifflichkeiten • es gibt häufig Überschneidungen bzgl. Unterteilung bedingungs- und personenbezogener Fragestellungen, besonders im Dienstleistungsbereich und bei Nicht-Erwerbstätigkeit Vorschlag Auffassung der Dichotomie bedingugnsbezogener und personenbezogener AA weniger streng verstehen 5. Anliegen der AA • Ziele und Anwendungsmöglichkeiten: • Veränderungen und Projektierung der Arbeitssituation und Arbeitsorganisation • Ermittlung von Qualitätserfordernissen und -inhalten • Bestimmungen von Eignungsanforderungen • Vergleich von Arbeitstätigkeiten • Technikfolgenabschätzung • Arbeits- und Gesundheitsschutz • Lohnfindung • Fragen der Interessenbindung und Verantwortung müssen geklärt werden • Praxiszusammenhänge: AA meist als Methode gesehen, um betriebliche Probleme zu lösen > soll konkrete Hinweise zur Arbeits- und Technikorganisation, zu Qualifikationen und Einstellungen der Arbeitenden liefern > angestrebte Anwendungsbereich ist eingeschränkt 3424 - PL zu Kap3: Dunckel & Resch - Arbeitsanalyse! 6 • Sicht der Forschung: Überprüfung wiss. Theorien mittels Datenerhebung, Bezug zu anderen Ergebnissen, Erkenntnisse zur Auswirkung bestimmter Merkmale auf Arbeitstätigkeit bzw. den arbeitenden Menschen > Anwendungsbereich ist möglichst breit, Nachweis allgemeiner Gültigkeit/ Gesetzmäßigkeiten 6.Erhebungsmethoden • zu einem „Verfahren der AA“ gehören Anwendungszweck, theoretische Grundlagen, Anleitung zum Vorgehen, genutzte Erhebungs- und Auswertungstechniken & Angaben zu den Gütekriterien • Erhebungsmethode: Art und Weise der Sammlung & Auswertung der arbeitsanalytischen Informationen • sinnvoll Verfahren zu entwickeln, die mehrere Erhebungsmethoden vereinen 6.1 Analyse betrieblicher Daten und Dokumente • insbesondere zu Beginn der Untersuchung, ermöglicht in effizienter Weise eine Orientierung über das Untersuchungsfeld • Datenquellen: Berufsbeschreibungen, Arbeitsplatzbeschreibungen, Personaldaten, Leistungsdaten, Daten über Qualifizierungsprozesse, Krankenstandsdaten, Unfallstatistiken, Fluktuatinsdaten... 6.2 Befragungsmethoden • bevorzugte Erhebungsmethode (Interview, Fragebogen), Arbeitende sind Experten ihrer Arbeit • unerlässlich bei subjektiver Einschätzung von Arbeit, Beurteilung psychischer Prozesse (da nur der Introspektion zugänglich) • verhältnismäßig leicht zu entwickeln und anzuwenden • Schwierigkeiten: Mehrdeutigkeit der Alltagssprache, mangelnde Verbalisierbarkeit vieler Aspekte psy. Regulationsvorgänge, objektive Selbsteinschätzung von Arbeitsbedingungen scheint unmöglich (viele persönliche Einflüsse - Fremdeinschätzung empirisch überlegen) 6.3 Beobachtungsmethoden • in der Regel eingesetzt, wenn Fehlerquellen der Befragungsmethoden bzw. Einflüsse durch Bewertungs- und Interpretationsprozesse der Arbeitenden vermieden werden sollen • auch Einsatz im Rahmen einer präventiven oder prospektiven Arbeitsgestaltung (noch keine Arbeitsplätze vorhanden) • unterliegen ähnlichen Problemen wie Befragungsmethoden - durch Training reduzierbar 6.4 Beobachtungsinterview • Befragung und Beobachtung kombiniert • basiert auf strukturierter Beobachtung des Arbeitsablaufs an einem Arbeitsplatz und eines darauf bezogenen Interviews mit der arbeitenden Person • Untersucher muss theoriekundig sein • freier Dialog und Befragung (Manual) 3424 - PL zu Kap3: Dunckel & Resch - Arbeitsanalyse! 7 • mit Beobachtungsinterview gewonnene Daten sind den Ergebnissen, die durch Fragebogen erhoben wurden, überlegen (empirisch belegt: Methodenvergleich & Metaanalyse) 6.5 Physikalische Methoden • Arbeitsumgebung mit exakten physikalischen Methoden erfassen (Lärm, Beleuchtung), um diese subjektiv erhobenen Beanspruchungen gegenüber stellen zu können 6.6 Physiologische Methoden • überwiegend zur Messung der Beanspruchungsfolgen von Belastungssituationen • Stressforschung - biochemische Indikatoren zur Beurteilung der Beanspruchung • keine Einigkeit über Angemessenheit dieser Parameter 7. Einbettung und Ablauf der psychologischen AA • AA könne in umfassende Vorgehensmodelle eingebettet sein • integrierter Einsatz verschiedener Verfahren auf unterschiedlichen Ebenen der Organisation - gleichzeitig mit Analyse und Bewertung von Auftragsdurchläufen, Arbeitssystemen und/oder Arbeitsgruppen verbinden ! Bsp. MTO-Analyse • umfasst sieben Schritte 3424 - PL zu Kap3: Dunckel & Resch - Arbeitsanalyse! 8 • zur Analyse der Arbeitstätigkeiten wird auf die Verfahren RHIVA/VERA & KABA zurück gegriffen • im Folgenden RHIA/VERA Verfahren (bedingungsbezogen) vorgestellt - gibt es für Produktions- und Bürobereich • Überarbeitung und Integration zweier Verfahren: • VERA - Erfassung von Entscheidungsspielraum (Zuordnung einem 10-Stufenmodell der Regulationserfordernisse, detaillierte Arbeitstätigkeitsbeschreibung) • RHIA - Erfassung aufgabenbezogener psych. Belastungen - zwei Behinderungsformen: Hindernisse (Erschwerungen, erfordern zusätzlichen Aufwand) & Überforderungen (ergeben sich aus ungünstigen Bedingungen, die auf Dauer die Leistungsvoraussetzung überfordern z.B. monotone Bedienungen, Zeitdruck) • zur RHIA/VERA Analyse gehören Beobachtungsinterviews, folgender Ablauf (Manual) • A: allgemeine Orientierung über den Arbeitsplatz (Aufgabenabgrenzung) • B: Kennzeichnung der einzelnen Arbeitsaufgabe (Ablauf Arbeitseinheiten einer Aufgabe und organisatorische Einbettung, genaues Verständnis der Aufgabe) • C: Ermittlung der Regulationserfordernisse (10-Stufen-Modell, Fragealgorithmus) • D: Erfassung und Bewertung von Regulationshindernissen (D1) und -überforderungen (D2) (zunächst Hindernisse klassifiziert und überprüft, dann Zusatzaufwand quantifiziert sowie Verbesserungsvorschläge für konkrete Aufgabe formuliert; Prüfung von Überforderungen) • zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse sowie direkte Ableitung von Arbeitsgestaltungsmassnahmen • RHIA/VERA Verfahren allein reicht nicht, für die Planung von Gestaltungsmassnahmen 3424 - PL zu Kap3: Dunckel & Resch - Arbeitsanalyse! 9 8.Gütekriterien • Objektivität ist Sonderfall der Reliabilität (durch Schätzung der Reliabilität beurteilt), daher nicht separat aufgeführt • mit Reliabilität soll geprüft werden, inwieweit Verfahren stabile, zuverlässige oder replizierbare Ergebnisse erreichen, besonders wiederholte Messungen sollten wenig voneinander abweichen • Unterscheidung für AA wichtig: Interrater- und Intrarater-Reliabilität • Interrater Reliabilität (Beobachterübereinstimmung) • Intrarater- Reliabilität (in welchem Maß ein Rater einen Arbeitsplatz konsistent beurteilt) • Validität (Gültigkeit) - inwieweit misst ein Verfahren tatsächlich das, was es messen soll • Gütekriterien sind in ihrem Verständnis aus der Diagnostik 1:1 übertragbar bei personenbezogenen Verfahren • Durchführung, Auswertung, Interpretation ist unabhängig vom Anwender (Objektivität) • mit welcher Genauigkeit misst das Verfahren Personen/Verhaltensmerkmale (Reliabilität) • inwieweit wird das Personen/Verhaltensmerkmal tatsächlich gemessen (Validität) • für bedingungsbezogene Verfahren müssen die Kriterien und Vorgehensweisen angepasst werden: Überprüfung der Reliabilität • Beurteilung der Interrater-Reliabilitä: Methoden von Oesterreich • 1. unabhängige Doppelanalyse = sehr strenges Vorgehen, methodisch aber angemessen (mind. zwei Untersucher beobachten und befragen unabhängig voneinander verschiedene Arbeiter bei gleicher Tätigkeit; Ausmass Übereinstimmung zeugt davon wie robust Verfahren ist gegenüber: Einsatz versch. Untersucher, versch. Arbeitsaufträgen, & versch. Arbeitenden) • 2. unabhängige Wiederholungsanalyse = noch angemessene Aussage zur Güte (Arbeitstätigkeit derselben Person durch verschiedene Untersucher wiederholt analysiert; Robustheit gegenüber versch. Arbeitenden nicht mehr prüfbar) • 3. nur noch beschränkter Wert unter methodischen Gesichtspunkten • a) abhängige Doppelanaysen (Tätigkeit derselben Person durch versch. Untersucher gleichzeitig analysiert; Robustheit gg Arbeitsaufträgen und Arbeitenden NICHT mehr möglich, auch unwahrscheinlich, dass Untersucher sich nicht beeinflussen) • b) abhängige Wiederholungsanalyse (gleiche Arbeitstätigkeit derselben Person durch denselben Untersucher wiederholt analysiert) • c) simulierte Doppelanalyse (verschiedene Untersucher analysieren Darstellungen von Fallbeispielen; kann nicht mehr als Prüfung der Reliabilität gelten) • d) simulierte Wiederholungsanalyse („Konsistenzanalysen“ - mehrere Untersucher beantworten eine Reihe von Fragen zum selben Merkmal - in welchem Maß korrelieren die Fragen miteinander 3424 - PL zu Kap3: Dunckel & Resch - Arbeitsanalyse! 10 Überprüfung der Validität • vier unterschiedlich anspruchsvolle Arten der Validität > absteigendes Anspruchsniveau: • experimentell oder Längsschnittstudie (Ursache-Wirkung möglich) • Querschnittsstudien, hohe Zusammenhänge von Merkmalen mit Auswirkungen der Tätigkeit • Zusammenhänge zu ähnlichen Verfahren (eingeschränkt valide) • Expertenurteile (sehr eingeschränkt valide) • Deutsche Norm DIN EN ISO 10075-3 - seit 2004 - Grundsätze und Anforderungen an Verfahren zur Messung und Erfassung psychischer Arbeitsbelastung: Kriterien und Maßstäbe zur Beurteilung wiss. Güte von AA-Verfahren, neben den Hauptgütekriterien weitere psychometrische Kriterien benannt, sowie quantitative Anforderungen an diese • kontroverser Diskurs über Teil3 der Norm: Thema Standards für Verfahren und Erhebungsmethoden - erhebliche Fehler (vor allem: nicht repräsentativer Stand der fachlichen Diskussion zur Norm erhoben) 9.Verfahren und Instrumente • Vielzahl von Verfahren für unterschiedliche Zwecke • bis Mitte 1980er Jahr Schwerpunkt industriell-gewerblicher Bereich, seitdem Anwendungsbereiche erweitert um Büro/Verwaltung, Dienstleistung, Gesundheitswesen, aber auch für spezielle Berufsgruppen bzw. Nicht-Erwerbsarbeit • ebenso spezifische Verfahren für verschiedene Fragestellungen wie: Gefährdungsbeurteilung, Analyse Gruppenarbeit, Analyse & Gestaltung von Softwaresystemen, Analyse geistiger Arbeit • Tabelle im Anhang zeigt Überblick der Verfahren; mit Ausnahme von SAA/SALSA und JDS sind alle dort angegebenen Verfahren bedingungsbezogen ! nicht berücksichtigt wurden Verfahren anderer Wissenschaftsdisziplinen (wie organi-! ! sationstheoretische BWL, Arbeits-/Zeitwirtschaft, Informatik & Ingenieurwissenschaf-! ! ten) 10. Ausblick 10.1 Weiterentwicklung der Forschung im Bereich AA • sich den bislang wenig untersuchten Bereichen öffnen z.B. Dienstleistungstätigkeiten (Lehrer, Pfleger, Betreuung, Erziehung, Emotionsarbeit...) • auf Veränderungsdynamik in der Arbeitswelt reagieren (sich wandelnde Arbeitsformen, Einsatz Inter-/Intranet, Zunahme prekärer Beschäftigungsverhältnisse incl. Belastungen, zeitliche/ örtliche flexibilisierte „entgrenzte“ Arbeitsverhältnisse, Nicht-Erwerbsarbeit) • AA mehr in umfassende Vorgehensmodelle einbetten, Anpassen/Neuentwicklung von Verfahren • Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Unterschiede zu Belastungen und Anforderungen 3424 - PL zu Kap3: Dunckel & Resch - Arbeitsanalyse! 11 10.2 Anwendung der AA in der Praxis • Notwendigkeit genauer Problemanalysen • vermehrte Aufmerksamkeit für Konzepte wie „Konzept der qualifizierten Arbeitsgestaltung“ (Beteiligung an und Befähigung zur Schaffung von persönlichkeitsförderlichen Arbeitstätigkeiten) • AA Verfahren in großer Abhängigkeit zu Tätigkeits- und Branchenbezug - je spezieller Instrument, desto leichter einsetzbar • Arbeits- & Gesundheitsschutz mehr im Fokus von AA 10.3 Ausbildung professioneller arbeitsanalytischer Kompe- tenz • Einarbeitung in AA -Verfahren sehr zeitaufwendig • Vermittlung arbeitsanalytischer Kenntnisse im Rahmen universitärer Lehre notwendig (Methodik, Bewertung) • Nutzung medial unterstützer Lehr-Lernmethoden zum Selbststudium möglich (bspw. Lermodul Psychologische ARbeits Analyse) • verstärkt Ausbildung betrieblicher Experten (Qualifizierung in gesundheitsförderlicher Arbeitsgestaltung) durch LARA es folgt der Anhang: Tabelle „Überblick Verfahren der psychologischen AA“ Fußnoten:! ! ! 1 - Ausdrücke in Klammern bedeutet: eingeschränkte Gültigkeit 2 - „Beobachtung“ steht i.d.R. für Beobachtungsinterview 3424 - PL zu Kap3: Dunckel & Resch - Arbeitsanalyse! 12 3424 - PL zu Kap3: Dunckel & Resch - Arbeitsanalyse! 13
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