März 2015 (DE)

Eastern European
Outlook
Economic Research – März 2015
Die baltischen Länder und
Zentraleuropa verkraften den
Ukraine-Konflikt sowie die tiefe
Rezession in Russland recht gut
Thema: Die finanziellen Ressourcen
Russlands
Inhalt
Auf einen Blick
5
Die Weltwirtschaft
6
Estland
7
Lettland
9
Litauen
11
Polen
13
Russland
16
Thema: Die finanziellen Reserven Russlands
20
Ukraine
22
Wirtschaftsdaten und -prognosen
24
Kasten
Polen:
”CHF-Schock” nicht allzu groß
15
Eastern European Outlook – März 2015 | 3
SEB Economic Research
Die Publikation Eastern European Outlook erscheint zweimal pro Jahr. Dieser Report wurde am 25. März 2015 fertiggestellt.
Die Analysen stammen von Mikael Johansson (Chefredakteur), Andreas Johnson, Dainis Gaspuitis und Vilija Tauraite.
Robert Bergqvist
Chief Economist
+ 46 8 506 230 16
Elisabet Kopelman
Head of Economic Research
+ 46 8 506 230 17
Håkan Frisén
Head of Economic Forecasting
Schweden
+ 46 8 763 80 67
Daniel Bergvall
Economist
Eurozone, Finnland
+46 8 763 85 94
Mattias Bruér
Economist
USA, Japan, Großbritannien
+ 46 8 763 85 06
Ann Enshagen Lavebrink
Editorial Assistant
+ 46 8 763 80 77
Mikael Johansson
Economist
Head of CEE Research, Baltikum, Polen
+ 46 8 763 80 93
Andreas Johnson
Economist
China, Indien, Ukraine, Russland
+46 8 763 80 32
Dainis Gaspuitis
SEB Riga
Lettland
+ 371 67779994
Vilija Tauraite
SEB Vilnius
Litauen
+ 370 52682521
SEB Economic Research, K-A3, SE-106 40 Stockholm, Schweden
Verantwortlich für die deutsche Ausgabe: Thomas Köbel, Merchant Banking Frankfurt/Main
Siehe auch Disclaimer auf Seite 26
4 | Eastern European Outlook – März 2015
Auf einen Blick
Die baltischen Staaten und Mitteleuropa widerstehen dem Russland-Ukraine-Konflikt, Moskaus Sanktionen gegen Lebensmitteleinfuhren
und dem wirtschaftlichen Abschwung Russlands weiterhin recht gut. Dies haben sie vor allem günstigen wirtschaftlichen Bedingungen zu
verdanken, u. a. starken realen Haushaltseinkommen (insbesondere im Baltikum), die kräftigen Konsum ermöglichen; die Aussicht auf mehr
Exporte nach Deutschland hilft gleichfalls. In den nächsten zwei Jahren fällt das Wachstum jedoch bescheiden aus, denn die Ausfuhren nach
Russland sind rückläufig und die schwache Investitionstätigkeit der Unternehmen belebt sich wegen der geopolitischen Unruhe in der Region nur langsam. Wie im Rest Europas bleibt die Inflation in den baltischen Staaten und Mitteleuropa sehr niedrig, insbesondere wegen der
niedrigen Energiepreise. In Estland steigt sie jedoch relativ rasch wieder an; Grund ist der zunehmend angespannte Arbeitsmarkt, denn die
anhaltende Abwanderung trägt zu immer stärkerer Arbeitskräfteknappheit und weiterhin hohem Lohn- und Gehaltswachstum bei. Alle drei
baltischen Länder haben mit dem Problem der Abwanderung von Arbeitskräften und einem allgemein schwachen demografischen Trend
zu kämpfen.
Wir gehen weiterhin davon aus, dass der Russland-Ukraine-Konflikt lang andauern wird und die Waffenruhe brüchig bleibt. Wie es mit den
Sanktionen weitergeht ist zunehmend schwer einzuschätzen, weil es innerhalb der Europäischen Union wachsende Uneinigkeit bezüglich
der gemeinsamen Haltung gegenüber Russland gibt. Unser Hauptszenario unterstellt, dass die Sanktionen des Westens zumindest im Jahr
2015 aufrecht erhalten werden.
Russland sieht in diesem Jahr wegen des Ölpreisverfalls, dem von der Rubel-Abwertung verursachten Inflationsschock und anhaltenden
Finanzsanktionen des Westens einem tiefen Einbruch seiner Wirtschaftsleistung entgegen. Die starken staatlichen Finanzreserven bieten in
den nächsten zwei Jahren Schutz, doch diese Reserven schmelzen und die ohnehin von großen strukturellen Problemen geplagte russische
Volkswirtschaft wird 2017 sehr geschwächt aus der Rezession hervorgehen.
Die Ukraine steckt in einer akuten Wirtschaftskrise mit beinahe erschöpften Zentralbankreserven. Die jüngst beschlossene Ausweitung der
internationalen Rettungskredite und ein anstehender Forderungsnachlass seitens privater Anleihegläubiger dürften dem Land helfen, einem
Staatsbankrott zu entgehen.
Nachfolgend unsere BIP-Prognosen für die sechs im Eastern European Outlook betrachteten Länder. Die Prognosen der SEB für 2015 und
2016 liegen insgesamt etwas unter den allgemeinen Annahmen.
ƒƒ D
as BIP Russlands sinkt 2015 um 5,0 % und 2016 um 1,0 %. Ein leichter Ölpreisanstieg hilft, die Wirtschaft zu stabilisieren. Der Rubel
ist geschwächt, erholt sich aber allmählich.
ƒƒ D
ie Wirtschaftsleistung der Ukraine verringert sich in diesem Jahr um insgesamt 6,0 %. Die geschwächte Landeswährung (die sich
erholen und wieder leicht aufwerten dürfte) trägt 2016 zu einem exportgetriebenen Wachstum von 1,0 % bei.
ƒƒ P
olen hat relativ solide Fundamentaldaten und verzeichnet 2015 und 2016 ein BIP-Wachstum von 3,4 % bzw. 3,6 %; damit ist Polen
die am schnellsten wachsende Volkswirtschaft in Mittel- und Osteuropa. Die negativen Auswirkungen der Aufwertung des Schweizer
Franken auf viele polnische Hypothekenkredite bleiben relativ gering.
ƒƒ D
ie stark exportorientierte Wirtschaft Estlands arbeitet sich langsam aus der vergleichsweise tiefen Wachstumsdelle von 2013/2014
heraus. Das BIP wächst in diesem Jahr um 2,2 % und 2016 um 2,7 %.
ƒƒ L ettlands Wirtschaftsleistung steigert sich in diesem Jahr ein weiteres Mal um 2,4 %; 2016 zieht das Wachstum auf 2,7 % an. Die
anstehende Präsidentschaftswahl könnte zu politischer Instabilität führen, doch die Konjunktur ist robust.
ƒƒ I n Litauen schwächt sich das Wachstum in diesem Jahr leicht auf 2,6 % ab, zieht jedoch 2016 auf solide 3,5 % an. Die wichtige Energiebranche kommt in sichereres Fahrwasser, denn ein neues Flüssiggasterminal und Strombrücken mit anderen Ländern verringern die
Abhängigkeit Litauens von importierter russischer Energie radikal.
Eastern European Outlook – März 2015 | 5
Die Weltwirtschaft
Erholung der Weltwirtschaft setzt sich fort,
doch weiterhin Rezessionsgefahr
ƒƒ
USA führen die Erholung der Weltwirtschaft an
ƒƒ
Bislang keine großen Auswirkungen
der Ukraine-Krise auf Mitteleuropa
ƒƒ
Wirkung der Sanktionen schwer zu beurteilen
Die Weltwirtschaft ist weiter auf Erholungskurs, gestützt auf den
Aufschwung in den USA, niedrige Energiepreise, die auch in nächster
Zukunft nur geringfügig anziehen dürften, eine nach wie vor sehr lokkere Geldpolitik und steigende Vermögenspreise. Nach den jüngsten,
überwiegend enttäuschenden Wirtschaftsdaten erwarten wir nun jedoch eine in allen Bereichen kräftig wachsende US-Wirtschaft. Die
Lage in Westeuropa und der Eurozone hellt sich dank der auf recht
robusten Fundamentaldaten aufbauenden Konjunkturbelebung in
Deutschland und der sich wiederbelebenden Wirtschaft im krisengebeutelten Spanien etwas auf. Großbritanniens Wirtschaft legt
weiterhin ein recht ordentliches Wachstumstempo vor. Japan schlägt
sich dank höherer Exporte, vor allem in die USA, so durch und in China versucht das Regime der nachlassenden Wachstumsdynamik mit
mehr Wirtschaftsstimuli zu begegnen. Nach 3,4 % im vergangenen
Jahr dürfte sich das Wachstum der Weltwirtschaft allmählich
auf 3,6 % in diesem und 3,9 % im nächsten Jahr beschleunigen.
Schlüsseldaten
BIP weltweit, Veränderung zum Vorjahr in %
2013
2014
2015
USA
2,2
2,4
3,1
Eurozone
-0,5
1,1
1,3
Welt
3,2
3,4
3,6
Öl, USD/Barrel
108,7
99,6
60,0
EUR/USD, Dez.
1,38
1,21
1,00
2016
3,2
1,7
3,9
70,0
1,00
Quelle: SEB
Aufgrund der weiterhin vielerorts vorhandenen ungenutzten Ressourcen herrscht nur schwacher Lohndruck; allerdings ist davon auszugehen, dass die Entgelte in den USA infolge des knapper werdenden
Arbeitskräfteangebots jetzt rascher anziehen. Die Preise für Rohstoffe
und Lebensmittel steigen leicht, der Durchschnittspreis für Rohöl der
Sorte Brent erhöht sich von 60 USD/Barrel in diesem Jahr auf 70 USD
im nächsten. Vieles deutet darauf hin, dass die Inflation niedrig
bleibt; infolge des Energiepreiseffekts dürften deflationäre Trends
in der näheren Zukunft überwiegen. Grundinflation und Inflationserwartungen bleiben deutlich hinter dem Zielwert der Zentralbanken
zurück. Die Europäische Zentralbank setzt ihre expansive Geldpolitik
fort, plant aber keine weiteren Aktionen. Die US Federal Reserve und
die Bank of England fangen im September 2015 bzw. Februar 2016 an,
ihre Leitzinsen schrittweise anzuheben. Der Euro schwächt im Laufe
des Jahres gegenüber dem USD weiter in Richtung Parität ab.
6 | Eastern European Outlook – März 2015
Der Ukraine-Konflikt und die Rezession in Russland zeigen wenig negativen Einfluss auf die Entwicklung der Weltwirtschaft. Die bilateralen Handelsbeziehungen mit Russland sind eher schwach, ausgenommen in den baltischen Staaten, Finnland und den angrenzenden ehemaligen Sowjetrepubliken. Allerdings wird die Investitionsbereitschaft
der Unternehmen nachlassen, nicht nur im näheren Umfeld der Krise,
sondern in ganz Europa.
Wir rechnen weiterhin nicht mit einem raschen Ende des Konfliktes. Die Waffenruhe in der Ostukraine bleibt brüchig. Es ist schwer
einzuschätzen, welche Wirkung die Sanktionen des Westens und
die Gegenreaktionen Russlands tatsächlich haben. Seit Verhängung
der Sanktionen kurz nach der Annexion der Krim durch Russland vor
einem Jahr schlagen die USA gegenüber Moskau eine härtere Gangart
und einen schärferen Ton an als die Europäische Union, was auch darin
begründet sein dürfte, dass sie deutlich weniger wirtschaftliche Beziehungen zu Russland pflegen als die EU. Die EU wägt permanent ab, ob
sie die Sanktionen gegen Russland ausdehnen oder verschärfen soll.
Die internen Meinungsunterschiede in Bezug auf die Frage, wie man sich
gegenüber Russland verhalten soll, nehmen zu. Dahinter standen zunächst überwiegend wirtschaftliche Motive. Doch in jüngerer Zeit geht
es einigen Ländern darum, Moskau nicht zu provozieren, um die Waffenruhe in der Ostukraine nicht zu gefährden. Mit dem Erstarken nationalistischer aber pro-russischer Parteien (z. B. in Frankreich und Ungarn) in der EU wird eine Einigung auf einen einheitlichen Standpunkt
noch komplizierter. Unser Hauptszenario ist, dass der Westen die
Sanktionen mindestens bis Ende 2015 aufrecht hält.
Wie von der SEB prognostiziert, zeigt sich das Wachstum im mittleren und südlichen Teil Osteuropas wenig beeindruckt von der
Ukraine-Krise und der schwachen Nachfrage aus Russland; dies
ist in erster Linie der kräftigen Binnennachfrage zu verdanken.
Relativ hohe Entgeltzuwächse, niedrige Inflation und sinkende Arbeitslosigkeit steigern die Konsumlaune. Zudem sinken die Zinsen z. B. in
Westeuropa. Die Stimmung der Verbraucher in Mitteleuropa ist so gut
wie selten, in Tschechien nähert sich das entsprechende Barometer
einem Rekordwert. Die Ausfuhren nach Russland halten sich in Grenzen. Deutschland – für das wir unsere Wachstumsprognose im Februar und März angehoben haben – spielt offenkundig eine bedeutendere Rolle. Insgesamt hielten sich die Unternehmen in Mitteleuropa mit
Investitionen zurück. Die geopolitischen Verwerfungen im näheren
Umfeld hemmen die Investitionsbereitschaft, dennoch dürfte wieder
mehr investiert werden. Die meisten Länder Mitteleuropas verzeichneten im 2. Halbjahr 2014 einen leichten Rückgang des BIP. Gegenüber
letztem Herbst revidierte die SEB ihre Wachstumsprognosen trotz der
offenkundigen Verschlechterung der Aussichten für die russische Wirtschaft nur leicht nach unten – für Polen wurde sie sogar etwas angehoben. Das größte Risiko für unsere Prognosen sehen wir in einer Abschwächung der Investitionstätigkeit.
Estland
Trotz schwacher Erholung droht lohngetriebene Inflation
ƒƒ
Ordentliche Realeinkommen = kräftiger Konsum
ƒƒ
Russland beeinträchtigt Ausfuhren,
aber kein Einbruch
ƒƒ
Kein wirtschaftspolitischer Kurswechsel
nach der Wahl
Estland lässt die vergleichweise tiefe, durch schwache Auslandsnachfrage und rückläufige staatliche Investitionen verursachte
Wachstumsdelle von 2013/2014 allmählich hinter sich, obwohl
Russland, einer seiner wichtigsten Handelspartner, in einer
Rezession steckt. Verbesserte Exportaussichten in Westeuropa,
anhaltend starker Privatkonsum und leicht steigende Investitionsausgaben gleichen die wegfallenden Ausfuhren nach Russland und
das weiterhin magere Wachstum der finnischen Wirtschaft aus,
doch die Erholung verläuft insgesamt schleppend. Zudem hemmen
zunehmend problematische Engpässe beim Arbeitskräfteangebot das Wachstum. Wir erwarten, dass das BIP 2015 um 2,2 %
sowie 2016 um 2,7 % zulegt, nach einem Plus von 2,1 % im vergangenen Jahr.
Das Wachstum zog 2014 schrittweise von fast Null im 1. Quartal auf
3,0 % im 4. Quartal an, obwohl die Ausfuhren nach Russland immer
stärker zurückgingen. Die Besserung im 2. Halbjahr kam durch
einen Aufschwung in der verarbeitenden Industrie, besonders
in wichtigen exportorientierten Branchen wie Elektronik und Holzprodukte, zustande, die höhere Umsätze in Schweden und anderswo meldeten. Auch positive Basiseffekte trugen dazu bei. Die Einzelhandelsumsätze wuchsen im Jahresvergleich stetig um 5-6 %, doch
im Bau- und im Transportgewerbe verlief die Entwicklung gedämpft.
Die Flaute am Bau wird weithin als vorübergehende Schwäche nach
einem starken Jahresanfang betrachtet, während die Probleme der
Transportbranche vor allem mit dem rückläufigen russischen Transitverkehr zu tun haben und somit länger andauern dürften.
Wachstum erholt sich langsam von der Flaute
2013/2014
BIP, Veränderung zum Vorjahr in %
Die Stimmungsbarometer stützen die Annahme, dass die estnische
Wirtschaft größtenteils die Talsohle durchschritten hat und dass
der Aufschwung zögerlich verläuft. Dem Monatsindikator der Europäischen Kommission zufolge hat sich die Stimmung in der verarbeitenden Industrie seit dem Sommer nur minimal verbessert, nach
einer deutlichen Eintrübung bei Ausbruch des Russland-UkraineKonflikts Anfang 2014. Das Verbrauchervertrauen ist seit Ende 2013
auf historisch hohem Stand stabil, nachdem es zuvor zugenommen
hatte. In diesem Bereich hat die Ukrainekrise keine negativen Auswirkungen gezeigt.
Der Außenhandel spielt für die estnische Volkswirtschaft eine wichtige Rolle, denn das Land hat mit 75-80 % des BIP eine außergewöhnlich hohe Exportquote. Seine wichtigsten Absatzmärkte sind
Schweden (18 % der Gesamtausfuhren), Finnland (15), Lettland
(11) und Russland (10). Die Warenexporte gingen im letzten Jahr zu
aktuellen Preisen um 2 % zurück, wobei der Umsatz in Schweden
und Lettland stieg, in Finnland und Russland jedoch sank, im letzteren Fall um 15 %. Schwache Ausfuhren nach Russland sind
jedoch nichts Neues. Bereits Ende 2012 bremsten sie drastisch
ab und sind seitdem schwach und volatil, mit einem stärkeren Einbruch 2014. Für dieses Jahr erwarten wir dank des etwas schnelleren Wachstums in Westeuropa einen schwachen Zuwachs der
Gesamtausfuhren, erst 2016 ziehen die Exporte etwas rascher an.
Die Hinwendung zu neuen Märkten mindert die negativen Effekte
aus Russland, darunter die Sanktionen auf Agrarerzeugnisse. Auch
eine weitere Euro-Abwertung wirkt unterstützend, denn rund 60 %
der estnischen Exporte gehen in Länder außerhalb der Eurozone.
Der russische Tourismus nach Estland ist in Folge des Rubel-Verfalls um 10 % zurückgegangen, doch insgesamt nahm der Fremdenverkehr um 2 % zu.
Die Investitionstätigkeit ist seit zwei Jahren schwach und zieht
nur allmählich an; sie wird gestützt durch EU-Strukturfonds und
eine Erholung der Bauwirtschaft, die nach einer Flaute im 2. Halb-
Exporte nach Schweden steigend,
nach Russland rückläufig
in aktuellen Preisen, EUR, Veränderung zum Vorjahr in %, gleitender 3-Monats-Durchschnitt
Eastern European Outlook – März 2015 | 7
Estland
jahr 2014 von der Nachfrage nach Wohnimmobilien getrieben wird.
Ein vergrößertes Angebot an Wohnraum dürfte den raschen Auftrieb der Wohnungspreise bremsen; er war im 1. Halbjahr 2014 der
höchste in der EU, im 3. Quartal der zweithöchste nach Irland. Die
geopolitische Ungewissheit in der Nachbarschaft und die unsicheren Exportaussichten dämpfen die Investitionsbereitschaft der Unternehmen.
Der Privatkonsum bleibt der Motor der Wirtschaft. Die Haushalte kommen weiter in den Genuss günstiger Bedingungen,
insbesondere in diesem Jahr, bevor die Inflation dauerhaft ansteigt.
Starke Realeinkommen und niedrige Zinsen kurbeln Einzelhandelsund Kfz-Umsätze an. Eine sinkende Arbeitslosenquote, anhaltend
5-6 % an nominalen Entgeltsteigerungen und weiterhin niedrige
Inflation sorgen in diesem Jahr für starken Konsum. Auch die Senkung der Einkommensteuer von 21 auf 20 %, höhere Sozialleistungen für Familien und höhere Mindestlöhne tragen dazu bei.
Rasches Lohn- und Gehaltswachstum
kurbelt Konsum an
Veränderung zum Vorjahr in %, gleitender 3-Monats-Durchschnitt
Preisdruck ist weiterhin nicht vorhanden. Im Januar sank die am
harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) gemessene Inflation
im Jahresvergleich vor allem wegen der Energiekomponenten auf
0,5 %. Die gesunkenen Energiepreise waren auch der Hauptgrund für die im Gesamtjahr 2014 niedrige Inflation von 0,5 % – ein
drastischer Rückgang seit den 3,2 % im Jahr 2013. Der Energiepreisverfall war umfassend und der tiefste seit 20 Jahren. Die Preissteigerungen bei Lebensmitteln und anderen Agrarerzeugnissen waren
extrem schwach und wurden in gewissem Umfang noch von dem
vorhandenen Überangebot infolge des russischen Importverbots
gedrückt, das im August für mindestens ein Jahr verhängt wurde.
Auch die Kerninflation sank 2014 trotz raschen Lohn- und Gehaltswachstums. Ein Rückgang der Unternehmensgewinne trug dazu
bei. Die Inflation bleibt in diesem Jahr niedrig, denn der ÖlpreisEffekt drückt die 12-Monats-Rate zumindest im 1. Halbjahr drastisch.
Für 2016 gehen wir von einem Anstieg des Ölpreises um 10 USD/
Barrel aus. Des Weiteren sind neue Erhöhungen von Verbrauchsteuern und Gebühren (z. B. auf Gas) sowie staatlich festgelegter
Preise zu erwarten. Zudem erwarten wir, dass der kumulierte hohe
Lohndruck sich auf die Verbraucherpreise auswirkt, denn die Unternehmen versuchen ihre Gewinne zu steigern. Zusammengenommen deutet dies auf einen erheblichen Anstieg der Inflation auf
durchschnittlich 2,3 % im nächsten Jahr hin.
Arbeitslosigkeit unter dem Gleichgewichtsniveau
von 8-10 % = Inflationsgefahr
in % und Veränderung zum Vorjahr in %
Seit ihrem Höchststand von 19,8 % während einer Depression im
1. Quartal 2010 sinkt die Arbeitslosigkeit. Das schrumpfende
Arbeitskräfteangebot hat diesen Rückgang beschleunigt – eine
Folge anhaltender Netto-Auswanderung (die allerdings in den letzten Jahren abzunehmen scheint) und niedriger Geburtenraten. 2014
sank die Arbeitslosenquote auf 7,4 % und die Beschäftigung stieg
leicht an; im 4. Quartal betrug die Quote 6,8 %, der niedrigste Stand
seit 2008. Unsere Prognose für dieses Jahr ist 6,5 % sowie 5,8 % für
2016. Beide Werte liegen deutlich unter dem geschätzten Gleichgewichtsniveau von 8-10 %. Nach der Überhitzung der Wirtschaft
2006/2007 wurde 2008 eine Arbeitslosigkeit von ca. 4 % gemessen, und die lohngetriebene Inflation schnellte auf über 10 % hoch.
Natürlich herrschen heute mit derzeit mäßigem BIP-Wachstum, niedrigem äußeren Preisdruck und kurzfristiger Energiepreisdeflation
völlig andere wirtschaftliche Rahmenbedingungen vor. Estland hat
zudem aus den Folgen von exzessiver Inlandsnachfrage und Kreditwachstum gelernt. Dennoch besteht die Gefahr, dass der immer
angespanntere Arbeitsmarkt innerhalb der nächsten zwei
Jahre die Inflation anheizt. Im Januar 2015 zeigte eine Umfrage,
dass eines von fünf Unternehmen in der Dienstleistungsbranche
und eines von zehn in der verarbeitenden Industrie die Arbeitskräfteknappheit als sein größtes Produktionshindernis ansieht. Ein weiteres Warnsignal ist die internationale Lohnstückkostenstatistik, der
zufolge Estland, Island und Norwegen in den letzten drei Jahren
(2014 wurde die Prognose der OECD im November angefertigt)
unter den OECD-Ländern abnorm hohe Zuwachsraten aufweisen –
in Estland in den letzten zwei Jahren rund 6 %.
8 | Eastern European Outlook – März 2015
Die Staatsfinanzen sind solide. Estland hat mit rund 10 % des
BIP nach wie vor den EU-weit niedrigsten Staatsschuldenstand. Wir
erwarten weiterhin Haushaltsdefizite von ca. 0,5 % des BIP; dieses
Jahr könnte es allerdings auf 0,75 % steigen, denn die Finanzpolitik
ist wegen höherer Ausgaben und Steuersenkungen leicht expansiv.
Hierzu gehören höhere Sozialleistungen für Haushalte, eine Rentenerhöhung von ca. 6 % sowie höhere Verteidigungs- und Sicherheitsausgaben im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise.
Estland übt sich schon lange in fiskalischer Disziplin, seit dem Haushaltsgesetz von 1999, das im letzten Jahr novelliert wurde. Seit 2010
ist der Haushalt nahezu ausgeglichen. Wir erwarten nach der Parlamentswahl am 1. März keine wesentlichen Änderungen der
Wirtschaftspolitik. Die regierende liberal-konservative Reformpartei war seit 1999 an mehreren Koalitionsregierungen beteiligt
und wurde bei der Wahl 2007 erstmals stärkste parlamentarische
Kraft. Noch ist es zu früh, um detailliert die Politik der neuen Regierungskoalition vorherzusagen. Jedoch ist anzumerken, dass Ministerpräsident Taavi Rõivas im letzten Winter erklärte, in den nächsten
Jahren sollten die Lohnsteuer gesenkt und die Steuerlast der Geringverdiener verringert werden.
Lettland
Privater Konsum treibt Wachstum weiterhin an
ƒƒ
Kräftige Reallohnzuwächse
ƒƒ
Export angeschlagen,
Investitionstätigkeit schwach
ƒƒ
Arbeitslosigkeit nahe dem strukturellen Niveau
Die Wirtschaftsleistung Lettlands wuchs 2014 um 2,4 %; das ist
die niedrigste Wachstumsrate nach der Krise. In der verarbeitenden Industrie und bei den Immobilien schwächte sich die Konjunktur ab, die kräftigsten Zuwächse waren in der Baubranche zu
verzeichnen. Auch der Einzelhandel und die Dienstleistungsbranche entwickelten sich positiv. Den Sorgen um den russischen Transithandel zum Trotz entwickelte sich der Bereich Transport und Lagerung weiterhin günstig, wenngleich die Aussichten für dieses Jahr
ungewiss sind. Der private Konsum lieferte 2014 mit 1,5 % Prozentpunkten den stärksten Wachstumsbeitrag. Die Ausgaben der öffentlichen Hand trugen 0,6 Prozentpunkte bei, die Nettoexporte 0,2 Prozentpunkte. Die Investitionsausgaben machten magere 1,6 % aus.
Inflation und BIP
Veränderung zum Vorjahr in %
Der private Konsum bleibt auch in diesem Jahr wichtigster
Konjunkturtreiber. Es liegen alle Voraussetzungen für Konsumwachstum vor, doch die Verbraucher werden das Tempo bestimmen. Wie sich die Konsumlaune der Privathaushalte entwickelt und
welchem Umfang das Wachstum erreichen wird, hängt in großem
Maß von der Investitionstätigkeit ab. Aktuelle Umfragen bestätigen,
dass die Unternehmen bei Expansionsplänen große Vorsicht
an den Tag legen. Daher sind die Verfügbarkeit von EU-Mitteln und
die Flexibilität der dazugehörigen Verfahren von sehr großer Bedeutung. Dank verbesserter Aussichten in der Eurozone besteht Potenzial für wachsende Warenausfuhren, was die Investitionstätigkeit
der Unternehmen anregen könnte. Die Ausfuhr von Dienstleistungen dürfte sich wohl schwieriger gestalten. Somit gehen wir von
einem BIP-Wachstum von 2,4 % in diesem und 2,7 % im nächsten Jahr aus.
Trotz komplexer äußerer Umstände, u. a. die Sanktionen Russlands,
der fallende Rubel und die Sekundärfolgen für benachbarte Märkte
sowie die schleppende Erholung der Eurozone, konnten die lettischen Ausfuhren 2014 um 2,2 % zulegen. Hingegen waren die Einfuhren um 0,4 % rückläufig. Die Exporte dürften dieses Jahr
leicht wachsen. Russland und Litauen sind mit jeweils rund 16 %
des Exportumsatzes 2013 die größten Absatzmärkte Lettlands. Viele
Unternehmen, besonders diejenigen die sich auf Russland und angrenzende Märkte konzentrieren, werden ihr Risiko weiter senken
und sich nach neuen Märkten umschauen. Für viele wird der russische Markt verschwinden. Am deutlichsten ist dies derzeit im Bereich
der Ausfuhren von Milchprodukten zu sehen. Das geringere Exportvolumen nach Russland schlägt sich auf die Ausfuhren nach
Litauen nieder. Wer früh auf die russischen Sanktionen reagierte,
ist jetzt im Vorteil. Es hat einige Fortschritte bei der Erschließung
von Märkten in Asien und im Mittleren Osten gegeben, so dass wir
eine vorsichtig optimistische Exportprognose stellen. Die Geschichte zeigt, dass der russische Faktor sich immer erheblich, aber
nicht in kritischem Umfang auswirkt. Die positiven Entwicklungen in der Eurozone werden diese negativen Auswirkungen teilweise
ausgleichen.
Im letzten Jahr stiegen die Einzelhandelsumsätze um 3,6 %. Ein
Aufschwung ergab sich im Januar 2015, als die Umsätze im Jahresvergleich um 6,7 % anstiegen, was Anlass zu der Annahme gibt,
dass die Verbraucher die günstigen Bedingungen – u. a. die negative Teuerung – nutzen. Wegen der anhaltenden Unsicherheit wächst
der Einzelhandelsumsatz in den nächsten Monaten etwas langsamer. Wir erwarten, dass sich die Aktivität rund um die Renovierung
und Modernisierung bestehender Wohnimmobilien stärker belebt.
Langfristig wird das Wachstum des privaten Konsums der Entwicklung der Arbeitsmarktes und der Sicherheitslage in der Region folgen. Trotz der günstigen Bedingungen wächst der Konsum mäßig.
Die Menschen haben weiterhin Bedenken, was den langfristigen
Konjunkturausblick angeht, und verhalten sich am Immobilienmarkt
relativ passiv. Auch ist die Sparquote gestiegen.
Im letzten Jahr sank die Arbeitslosenquote auf durchschnittlich
10,8 %, 1,1 Prozentpunkte weniger als 2013. Im 4. Quartal ging sie
sogar auf 10,2 % zurück. In diesem Jahr sinkt die Arbeitslosigkeit weiter, z. T. wegen der anhaltenden Abwanderung von
Arbeitskräften und eines negativen demografischen Trends.
Folglich stieg die Beschäftigungsquote 2014 um 0,9 Prozentpunkte,
doch die Zahl der Stellen sank um 9.200. In Branchen wie Transport, Lagerung und Bau stieg die Zahl der Beschäftigten, in den
Bereichen Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei, Bildung und
verarbeitende Industrie sank sie hingegen. Lettland nähert sich
allmählich seiner natürlichen Arbeitslosenquote von 9-10 %,
was mittelfristig ein Inflationsrisiko darstellt. Gleichzeitig macht
der Fachkräftemangel weiterhin Sorgen. In bestimmten Regionen
steigt die Arbeitslosigkeit aufgrund der Krise in Russland. Die Er-
Eastern European Outlook – März 2015 | 9
Lettland
Schrumpfende Bevölkerung
beeinflusst den Arbeitsmarkt
Millionen Menschen, %
im kommenden Herbst hochtreiben könnte. Derweil werden Vorstöße unternommen, um die Preise für Versorgungsleistungen zu
erhöhen. Wegen der Ölpreisentwicklung ist die Inflationsrate im
1. Halbjahr negativ, doch im 2. Halbjahr steigt sie wieder. Wenn
die Ölpreise sich weiterhin nur schleppend erholen, könnte die Inflation niedriger ausfallen als unsere aktuelle Prognose von 0,7 %
im Jahr 2015. Im kommenden Jahr zieht die Teuerung auf 2,1 % an.
2014 betrug das konsolidierte Haushaltsdefizit des Staates 313 Millionen Euro, doch das Defizit der kommunalen Haushalte war 86
Millionen Euro hoch. Schätzungen nach der Methode des Europäischen Systems Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen zufolge
machte das allgemeine staatliche Defizit 1,4 % des BIP aus. Wir
erwarten, dass dieses Defizit niedrig bleibt.
werbsbevölkerung altert zunehmend. Dieses Jahr sinkt die durchschnittliche Arbeitslosenquote leicht auf 9,9 %, im nächsten Jahr
auf 9,4 %.
Trotz der Konjunkturabschwächung wuchsen im letzten Jahr die
Löhne im Schnitt so schnell wie seit der Krise nicht. Die Bruttoentgelte stiegen im Schnitt um 6,8 %. Die Entgelte in der Privatwirtschaft legten zwar kräftiger zu als im öffentlichen Sektor, lagen jedoch insgesamt niedriger. Ein wichtiger Faktor für die Entgeltsteigerungen war die Erhöhung des Mindestlohns. Dank Steuersenkungen und niedriger Inflation sind die Nettoentgelte 2014 um 8 %
gestiegen. 2015 wachsen sie weiter kräftig, wenngleich vermutlich
ein wenig langsamer. Ab diesem Jahr steigt der Mindest-Monatslohn von 320 auf 360 Euro, und die Einkommensteuer wurde von
24 auf 23 % gesenkt, um die Besteuerung der Arbeit zu verringern.
Wie im letzten Jahr werden die Entgelte vorrangig dort steigen, wo
wichtige Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern belohnt werden sollen.
Entgeltwachstum nach Boom und Einbruch wieder stark
Veränderung zum Vorjahr in %
Die sinkenden Energie- und Lebensmittelpreise wirken sich am
stärksten auf die Teuerungsrate aus; diese drehte kürzlich vorübergehend in den negativen Bereich. Im Februar 2015 lagen die Verbraucherpreise 0,1 % niedriger als im Vorjahreszeitraum. Die Warenpreise sanken um 1 %, während sich Dienstleistungen um 2,4 %
verteuerten. Die Zeichen stehen weiterhin auf schwache Inflation, vor allem dank niedriger Energie- und Lebensmittelpreise.
Letztere steigen erst wieder, wenn sich die Lebensmittelausfuhren
erholen. Möglicherweise kann die Aussaat in Russland wegen Finanzierungsschwierigkeiten nicht im vollen gewohnten Umfang
stattfinden, was die Ernte schmälern und die Preise in der Region
10 | Eastern European Outlook – März 2015
Vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2015 hat Lettland die Präsidentschaft
des Rates der Europäischen Union, was die politische Stabilität gefördert hat. Ende Mai oder Anfang Juni steht in Lettland die Präsidentschaftswahl an. Der amtierende Präsident Andris Berzins hat
sich noch nicht dazu geäußert, ob er eine zweite Amtszeit anstrebt.
Seine Entscheidung könnte davon abhängen, ob er mit der nötigen
Unterstützung für eine Wiederwahl rechnen kann. Bislang ist unklar,
welche anderen Kandidaten antreten. Die Situation bleibt wahrscheinlich bis zum letzten Moment ungewiss. Abhängig vom Ergebnis können wir ein Szenario nicht ausschließen, in dem das Wahlergebnis zu politischer Instabilität oder sogar zum Scheitern der
Regierung führen könnte. Die Präsidentschaftswahl könnte verschiedene Parteien dazu veranlassen, ihre derzeitige Position bei
Schlüsselfragen zu ändern.
Am 4. Oktober 2014 fanden in Lettland Parlamentswahlen statt.
Die liberalkonservative Koalition von Ministerpräsidentin
Laimdota Straujuma errang eine komfortable Mehrheit. Die
Koalition aus den Parteien Einigkeit, Bündnis der Grünen und Bauern
und der Nationalen Allianz bekam 61 von 100 Parlamentssitzen,
nach 47 in der Wahl 2011. Der Wahlkampf war vom Ukraine-Konflikt überschattet. In seiner Folge verlor die größte Oppositionsgruppierung, die linke, prorussische Partei „Harmonie“, sieben Sitze.
Zwei neue Parteien, die Lettische Regionale Allianz und Von Herzen
für Lettland, errangen sieben bzw. acht Sitze und sind erstmals im
Parlament vertreten. Die größte Herausforderung für die Regierung
ist es nun, die Staatsfinanzen stabil zu halten, Forderungen nach
höheren Ausgaben zu beantworten und zu versuchen, die Verteidigungsausgaben auf 2 % des BIP zu steigern. Eine weitere Herausforderung wird sein, dem Dritten Energiepaket der EU folgend den
Gasmarkt zu liberalisieren, denn es gibt eine riesige Lobby, die sich
dagegen stemmt.
Litauen
Wachstum behauptet sich trotz unsicheren Umfeldes
ƒƒ
Konsum trägt das Wachstum
ƒƒ
Schwache Investitionen sind ein Risikofaktor
ƒƒ
Begrenzte Auswirkungen
der russischen Sanktionen
Das Wirtschaftswachstum blieb während des gesamten Jahres
2014 trotz der geopolitischen Spannungen im Zusammenhang
mit dem Russland-Ukraine-Konflikt und des schwachen Wachstums in der Eurozone beständig. Das BIP legte vor allem dank kräftiger Inlandsnachfrage um 3 % zu. Das wirtschaftliche Umfeld ist
auch in diesem Jahr von Unsicherheit geprägt, das Wachstum wird
von der Rezession in Russland und anhaltend schwacher Investitionstätigkeit gedämpft. Wir prognostizieren für 2015 ein BIPWachstum von 2,6 % sowie für 2016 von 3,0 %. Wie andernorts
in Europa bleibt die Inflation sehr niedrig, vor allem aufgrund
der gesunkenen Energiepreise. Die durchschnittliche HVPI-Inflation beträgt 2015 0,4 % und 2016 0,3 %.
Der private Konsum zog im vergangenen Jahr um 5,6 % an, so
rasch wie seit 2007 nicht. Dahinter steckten solide Fundamentaldaten: Die Reallöhne waren Ende 2014 im Jahresvergleich um 5,7 %
höher. Auch andere Einkommensarten legten zu. Im letzten Jahr
begann die Regierung, die Renten wieder in voller Höhe auszuzahlen, nachdem sie in der Krise vorübergehend gekürzt worden waren. Die Überweisungen der im Ausland lebenden Litauer nahmen
in den ersten drei Quartalen 2014 um 13 % zu. Die Beschäftigung
stieg im letzten Jahr um 2 %. Zudem sanken die Preise für Heizung,
Strom, Kraftstoff und einige Lebensmittel, so dass mehr Geld für
andere Waren und Dienstleistungen verfügbar war. Mitte 2014
wurde die Verbraucherstimmung von der geopolitischen Spannung
getrübt, erholte sich jedoch Anfang 2015. Die litauische Wirtschaft
verkraftet die russischen Handelssanktionen gut, was die Wirkung
der geopolitischen Spannungen auf die Stimmung der Haushalte
gemildert haben dürfte. Auch die Deflation hat zu wachsender Zuversicht beigetragen. Die Verbraucherstimmung könnte in den
nächsten Jahren schwanken und der private Konsum etwas an
Schwung verlieren. Andererseits wird der Konsum durch einen
Anstieg der Reallöhne um 4,5 % in den Jahren 2015 und 2016 und
höhere Beschäftigung gestützt. Wir gehen davon aus, dass der
private Konsum 2015/2016 um jeweils 4-5 % zulegt.
Die Arbeitslosenquote blieb im letzten Jahr beharrlich hoch, was auf
anhaltende strukturelle Arbeitslosigkeit hindeutet. 2014 ging die
Quote im Vergleich zu 2013 um 1,1 Prozentpunkte zurück, lag im
Schnitt aber dennoch bei 10,7 %. Unserer Ansicht nach sinkt die
Arbeitslosenquote 2015 allmählich auf 10,0 % und 2016 auf
9,5 %. Ausländische Investoren fordern immer wieder eine flexiblere und unternehmerfreundlichere Ausgestaltung der rigiden
Arbeitsgesetzgebung, doch in der näheren Zukunft dürfte die Politik dem eher nicht nachkommen.
Starkes Reallohnwachstum stützt Konsum
Jährliche Veränderung in %, real
Die Investitionsentwicklung war 2014 wenig beeindruckend; im
Schnitt betrug die Zuwachsrate (preisbereinigt) 6 %, im letzten
Quartal 2014 waren es nur 0,9 %. Die anhaltende Unsicherheit
war der wichtigste Grund für die Investitionszurückhaltung. Trotz
sehr niedriger Zinsen stagnierte die Kreditnachfrage der Unternehmen 2014. Die geopolitische Unsicherheit hemmt die Investitionsbereitschaft auch weiterhin. Die Kapazitätsauslastung in der verarbeitenden Industrie geht bereits zurück und sank im Februar 2015
auf ein 2-Jahres-Tief. Diese beiden Faktoren deuten auf schwaches
Investitionswachstum in der nahen Zukunft.
Schwaches Investitionswachstum
Veränderung zum Vorjahr in %
Der Immobilienmarkt zeigte 2014 keinen einheitlichen Trend. Im
1. Halbjahr nahm die Zahl der Verkäufe von Wohnimmobilien im
Jahresvergleich um 27 % zu, ging jedoch im 2. Halbjahr um 2 %
zurück. Insgesamt stiegen im letzten Jahr die Preise für Wohnimmobilien im Schnitt um 3,7 %. 2015 wird der Immobilienmarkt
weiterhin von Unsicherheit belastet und kann somit trotz sich
bessernder fundamentaler Faktoren mit keinem nennenswerten
Wachstum aufwarten.
Für die Exportwirtschaft war 2014 ein schwieriges Jahr. Die Güterexporte gingen insgesamt um 0,6 % zurück. Im Gegensatz zu dem,
Eastern European Outlook – März 2015 | 11
Litauen
was man erwarten könnte, legten die Exporte nach Russland
um 4,4 % zu, weil es mehr Re-Exporte von Anlagen und Ausrüstungsgütern gab. Der wichtigste Grund für die schleppende Exportentwicklung 2014 war ein massiver Rückgang des Auslandsabsatzes von Mineralölerzeugissen, der größten Exportbranche
Litauens. Dies drückte das Exportwachstum um 5,7 Prozentpunkte.
Die Wirkung des russischen Einfuhrstopps für Agrarerzeugnisse
und Lebensmittel war fast fünfmal geringer und machte insgesamt
1,2 Prozentpunkte aus.
Schwache Exporte
Veränderung zum Vorjahr in %
Litauen reagierte auf die russischen Sanktionen mit geographischer Diversifizierung seiner Ausfuhren und dem Erschließen
neuer Absatzmärkte. Diese Strategie erwies sich als recht erfolgreich. Während die Ausfuhren von Agrarerzeugnissen und Lebensmitteln nach Russland zurückgingen, nahmen sie in andere Länder
zu, was die Folgen des russischen Embargos minimierte. Die Regierung bemüht sich im Rahmen der Außenpolitik um neue Handelsbeziehungen mit den USA, Kanada und Ländern in Lateinamerika
und im Mittleren Osten. Des Weiteren verabschiedete Vilnius ein
Gesetz, das den Boden für Fleischexporte an muslimische und
jüdische Verbraucher bereitete.
Die Exportzahlen im Januar 2015 waren dennoch nicht ermutigend,
vor allem aufgrund der rückläufigen Umsätze bei Mineralölerzeugnissen und Transportfahrzeugen. Ohne Mineralölerzeugnisse waren
die Ausfuhren im Jahresvergleich erstmals seit 5 Jahren rückläufig.
Im ganzen Jahr 2015 werden die Exporte von der Rezession in Russland und einigen anderen osteuropäischen Märkten sowie deren
schwächelnden Währungen belastet sein. Andererseits dürften bessere Wachstumsaussichten in der Eurozone die litauischen Exporterlöse beflügeln. Niedrige Ölpreise auf dem Weltmarkt begünstigen
die Ausfuhr litauischer Mineralölerzeugnisse, denn sie werden gegenüber amerikanischen Produkten wettbewerbsfähiger. Alles in
allem erwarten wir 2015 ein moderates Exportwachstum.
Das Transportwesen verkraftet die russischen Sanktionen besser
als erwartet. So nahm z. B. der Frachttransport auf der Schiene
2014 um 2 % gegenüber 2013 zu. Die günstige Entwicklung der
Kraftstoffpreise kommt dem Transportgewerbe in naher Zukunft
ebenfalls zugute.
Anfang 2015 trat Litauen der Eurozone bei. Aufgrund des sehr
unsicheren globalen Umfeldes und des nur moderaten Wachstums
der Weltwirtschaft erwarten wir für die nächsten zwei Jahre nur
geringfügige positive Wachstumseffekte aus dem Eurobeitritt.
Die ausländischen Investitionen dürften etwas zulegen. Den jüngs-
12 | Eastern European Outlook – März 2015
ten Umfragen zufolge stieg die Zustimmung der Bevölkerung
zur Euroeinführung Anfang Februar 2015 auf 68 %. Die vorherrschenden deflationären Tendenzen helfen Vilnius, Befürchtungen
zu begegnen, der Euro sorge für Inflation. Die weltweit niedrigen
Ölpreise und somit billigere Kraftstoffe drückten die Teuerungsrate
im Februar 2015 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf 1,8 %,
was die Wirkung von Preisaufrundungen im Zuge der Euroeinführung kaschierte.
Nachdem Litauen im letzten Frühjahr alle Voraussetzungen für den
Beitritt zur Eurozone 2015 erfüllt hat, gehört es heute zu den wenigen EU-Ländern, die den Stabilitätspakt einhalten. In den ersten
drei Quartalen 2014 entsprach das Defizit des Staathaushalts 2,6 %
des BIP und die Staatsverschuldung entspricht 40 % der Wirtschaftsleistung. 2015, 2016 und 2018 werden EUR-Anleihen fällig,
die Vilnius zurückzahlen will, so dass die Staatsverschuldung Litauens mittelfristig weiter sinken dürfte. 2015 bleibt das Haushaltsdefizit unter 3 % des BIP. Ziel der Regierung wäre ein Defizit von
1,2 %, allerdings ist fraglich, ob dies zu schaffen ist, da es auf recht
optimistischen Wachstumsprognosen beruht.
Das vergangene Jahr stellt einen Meilenstein für die Energieversorgung Litauens dar, denn eine Reihe von Projekten dürfte für
eine größere Diversifizierung der Energieeinfuhren sorgen. Im
Dezember 2014 ging das Flüssiggas-Terminal in Klaipedia in Betrieb.
Das ermöglichte es der litauischen Regierung schon im Mai 2014,
mit dem russischen Energieriesen Gazprom über niedrigere Erdgaspreise zu verhandeln. Im Januar 2015 zahlte Litauen für Flüssigerdgas zwar einen um 9,5 % höheren Preis als der reduzierte Preis für
Erdgas von Gazprom, doch das Land war nicht mehr zu 100 % von
den Einfuhren von Gazprom abhängig. Ende 2015 eröffnet Litauen
eine 700-MW-Strombrücke mit Schweden sowie eine 500-MWStrombrücke mit Polen; dies wird den Strompreis sinken lassen
und mehr Einfuhrmöglichkeiten schaffen. Litgrid AB, der litauische
Stromnetzbetreiber, prognostiziert für die Zeit nach Inbetriebnahme der Verbindung nach Schweden einen Rückgang des Marktpreises für Strom um 15 %.
Polen
Ukraine-Krise und CHF-Schock werden gut verkraftet
ƒƒ
Binnennachfrage trägt ordentliches Wachstum
ƒƒ
Inflation steigt ab 2016 leicht
ƒƒ
Leitzins weiterhin auf Rekordtief
Wie erwartet scheint der Russland-Ukraine-Konflikt Polens Wirtschaft kaum zu tangieren. Dies hat sie vor allem der wachsenden Binnennachfrage zu verdanken. Positiv wirken auch die expansive Geldpolitik und die relativ soliden Fundamentaldaten der Wirtschaft und der Banken. Auch 2015-2016 werden Privatkonsum und
Investitionen der Unternehmen und der öffentlichen Hand das wirtschaftliche Wachstum antreiben. Ein leichter Anstieg der Ausfuhren
ist zu erwarten, denn die Nachfrage aus dem großen Markt Deutschland nimmt zu, was die sinkende Nachfrage aus Russland und der
Ukraine wegen des sich beschleunigenden wirtschaftlichen Abschwungs in diesen beiden Ländern wettmacht. Die Ausfuhren nach
Russland zu laufenden Preisen gingen 2014 um 14 % zurück. Wir
erwarten nach einem BIP-Wachstum von 3,3 % im vergangenen
Jahr für 2015 eine Steigerung des BIP um 3,4 % und 2016 um
3,6 %. Polen dürfte dann die am kräftigsten wachsende Volkwirtschaft in ganz Ost- und Mitteleuropa sein (2014 lag Ungarn mit einer Differenz von 0,1 % in Führung). Die Wachstumsrate entspricht
allerdings gerade einmal dem Potenzial von 3-3,5 %; dies lässt vermuten, dass der derzeit nicht vorhandene Preisdruck nur leicht zunehmen wird.
heit in der Anfangsphase der Ukraine-Krise. Am stärksten wirkte
sich aber offenbar die Abkühlung der Konjunktur in Deutschland aus; das Stimmungsbarometer der polnischen Einkaufsmanager (EMI) folgt seit Jahren dem deutschen EMI und beide sind im
letzten Frühjahr und Sommer deutlich gefallen. Der Zusammenhang
scheint logisch, denn ein Viertel aller polnischen Ausfuhren – überwiegend aus der verarbeitenden Industrie – gehen nach Deutschland, aber nur 5 % nach Russland. Im vergangenen August erreichte der EMI für die verarbeitende Industrie – ein kurzfristiger
vorlaufender Konjunkturindikator – mit 49 Punkten einen Tiefstand, doch er erholte sich und lag im Februar wieder bei 55 Punkten (50 ist die wachstumsanzeigende Schwelle). Bemerkenswerterweise stieg der polnische Index stärker als der deutsche; dieser verbesserte sich im gleichen Zeitraum auf schwache 51 Punkte. Insgesamt deutet sich aber eine breit angelegte Erholung der Industrieproduktion an.
Stimmung in der verarbeitenden Industrie hat sich
gebessert und das Konsumklima ist gut
Index, Netto-Veränderung
57,5
-12,5
55,0
-17,5
52,5
50,0
-22,5
47,5
-27,5
45,0
-32,5
42,5
Solides Wirtschaftswachstum ohne Inflation
Veränderung zum Vorjahr in %, Monatszahlen
EMI SA verarbeitende Industrie, Polen (li. Skala)
EMI SA verarbeitende Industrie, Deutschland (re. Skala)
Konsumklima, Polen (re. Skala)
Quelle: Macrobond, SEB, zentrales Statistikamt Polen
Die Wirtschaft entwickelt sich seit Mitte 2013 relativ gut und beständig, abgesehen von einer Wachstumsdelle in der verarbeitenden
Industrie im 2. Halbjahr 2014. In der Oktober-Ausgabe des Eastern
European Outlook vertraten wir die Ansicht, dass diese Delle nur
vorübergehend sei; dies scheint sich zu bestätigen. Der Grund für
die kurzzeitige Schwäche ist vermutlich in Deutschland zu suchen,
dessen Konjunktur vorübergehend lahmte, sowie im wirtschaftlichen Abschwung in Russland und dem zeitweise Rückgang der Unternehmensinvestitionen wegen erhöhter geopolitischer Unsicher-
Der Ausblick für die Inlandsnachfrage ist gut. Das real verfügbare
Einkommen der Haushalte steigt und hebt die Konsumlaune.
In Anbetracht der niedrigen Inflationsprognose dürfte der Entgeltzuwachs 2015 real über 3,5 % betragen; 2016 steigen die Löhne
und Gehälter um 2,5 %. Die Renten und das Kindergeld wurden
dieses Jahr erhöht, Familien mit Kindern werden darüber hinaus
steuerlich entlastet. Es entstehen weiterhin neue Stellen, allerdings
erfolgt der Jobaufbau langsam. Die Arbeitslosigkeit sinkt von 9,1 %
2014 auf einen Durchschnitt von 8,0 % 2016. Anhaltend niedrige
Zinsen beleben nach und nach das verhaltene Kreditwachstum.
Die strengen Kreditvergaberegeln der Banken wurden in den vergangenen 18 Monaten gelockert, außer für Hypothekendarlehen;
letztere wurden jüngst etwas verschärft Die massive Verteuerung von Hypothekenkrediten in Schweizer Franken dürfte
das Konsumklima relativ wenig beeinträchtigen, obwohl viele
Haushalte CHF-Kredite haben (s. Kasten).
Eastern European Outlook – März 2015 | 13
Polen
Die Investitionstätigkeit belebte sich 2014 nach zwei mauen Jahren
merklich, was darauf hindeutet, dass die Ukraine-Krise sich nur minimal auswirkt. Mehrere Faktoren weisen auf ein anhaltend positives Investitionsklima hin: die bisher relativ niedrige Investitionsquote, die Tatsache, dass Polen der größte Empfänger von Mitteln
der EU-Strukturfonds ist, deutlich gesunkene Finanzierungskosten
und die höhere Kapazitätsauslastung in der verarbeitenden Industrie (75-78 % im vergangenen Jahr, nach einer jahrelangen Quote
von 70-75 %). Letztere ist im langjährigen Vergleich hoch und nähert
sich dem Höchstwert von 80 % zu Beginn des Jahres 2008. Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen dem Grad der Kapazitätsauslastung und der tatsächlichen Investitionstätigkeit.
Hohe Kapazitätsauslastung = mehr Investitionen
in %, Veränderung zum Vorjahr in %
Die Inflationsrate bleibt zumindest im 1. Halbjahr 2015 negativ
(im Jahresvergleich -1,3 % im Januar) denn der Preisrückgang bei
Energie und Lebensmitteln spiegelt sich in der 12-Monats-Rate wider und die Grundinflation ist niedrig. In 1-2 Jahren nimmt die Teuerung wieder zu, denn die Energiepreise werden steigen, die Wirtschaft wird sich beleben und der Lohndruck infolge der zunehmenden Anspannung am Arbeitsmarkt steigen (die Arbeitslosigkeit fiel
letztes Jahr unter das Gleichgewichtsniveau von 10 %). Die Jahresinflationsrate beträgt auch 2016 maximal bescheidene 1,5 %.
Bis zum Ende unseres Prognosezeitraums sehen wir die Inflationsrate deutlich unter dem Ziel der polnischen Zentralbank von 2,5 %.
Demnach bleibt die Geldpolitik locker. Nach einem deutlichen
Schnitt von 50 Basispunkten im Oktober 2014 und einem weiteren
in gleicher Höhe Anfang März 2015 belässt die Zentralbank den
Leitzins vermutlich während unseres gesamten Prognosezeitraums
unverändert auf dem Rekordtief von 1,5 %. Die Bank erklärt den
jüngsten Zinsschnitt mit einer wahrscheinlich länger anhaltenden
Deflationsphase und dem deutlich gestiegenen Risiko, dass die
Teuerungsrate mittelfristig unterhalb des Inflationsziels bleibt. Bemerkenswert ist, dass die Zentralbank ihre Erklärung mit der Bemerkung abschloss, diese Senkung sei die letzte in diesem Zinszyklus gewesen. In Anbetracht des kurzfristigen Deflationsdrucks und
der sehr niedrigen Inflationserwartungen bei Unternehmen und
Haushalten schließen wir eine weitere Herabsetzung des Leitzinses
auf 1,0 % allerdings nicht aus. Nachdem er im Winter relativ stark
aufgewertet hat, könnte der Zloty (PLN) in nächster Zeit etwas abschwächen. Mit der Zeit gewinnt er jedoch weiter an Stärke, u. a.
wegen der relativen Wachstumsvorteile in Osteuropa, doch die
Aufwertung bleibt im Rahmen.
14 | Eastern European Outlook – März 2015
Fiskalpolitisch sehen wir in diesem Jahr eine gewisse Lockerung – nach einem moderaten Anziehen der Zügel in der Vergangenheit – teilweise aus taktischen Gründen, denn im Herbst stehen Parlamentswahlen an. Die regierende Mitte-Rechts Koalition
aus der großen liberalkonservativen, EU-freundlichen Bürgerlichen
Plattform und der kleineren gemäßigten Bauernpartei hofft auf
eine dritte Amtszeit in Folge. Mit ihr konkurriert die nationalkonservative Partei Recht und Gerechtigkeit, die in Umfragen deutlich
zugelegt hat. Nach der Wahl könnte es zu einer leichten Straffung
der Haushaltspolitik kommen, denn die neue Regierung wird sich
– unter dem Druck der EU-Regelungen – bemühen, das Haushaltsdefizit dauerhaft unter die zulässige Obergrenze von 3 % des BIP
zu senken; 2014 lag es noch bei 3,5 %. Die Staatsschuldenquote
bleibt unverändert, die Verschuldung des Staates bezogen auf das
BIP beträgt 50 %.
Polen
„CHF-Schock” nicht allzu groß
Auf dem Papier trifft die Verteuerung der CHF-Kredite die Polen
unter allen Kreditnehmern Ost- und Mitteleuropas am härtesten.
Nachdem die Schweizer Nationalbank den Mindestwechselkurs
des Franken gegenüber dem Euro am 15. Januar 2015 aufhob, wertete die Schweizer Landeswährung auf und die Kosten für in CHF
denominierte Hypothekendarlehen erhöhten sich schlagartig. Ca.
565.000 polnische Haushalte haben Franken-Kredite i. H. v. insgesamt 34 Mrd. USD (ca. 7 % von Polens BIP) abgeschlossen. 54 %
aller in Polen vergebenen Hypothekenkredite lauten auf PLN, 37 %
auf CHF und 9 % auf andere Währungen. Das in Fremdwährungskrediten enthaltene Wechselkursrisiko ist schon seit einiger Zeit
Gegenstand heftiger Debatten unter Volkswirten, Bankern und Politikern; die Aufwertung des Franken neun Monate vor den anstehenden Parlamentswahlen in Polen heizte die Debatte noch an.
Daten der Zentralbank handelt es sich bei Inhabern von Fremdwährungskrediten in der Regel um Besserverdienende. Diese
Gruppe zählt nicht zu den konsumfreudigsten. 5. Die Regierung
bereitet Hilfsmaßnahmen vor. Anfang März präsentierte die polnische Bankenvereinigung einen Entwurf für die Einrichtung eines
„Stabilisierungsfonds“, aus dem Schuldner, die nicht mehr in der
Lage sind ihre Fremdwährungskredite zu bedienen, unter bestimmten Voraussetzungen Hilfe erhalten können. Das Papier sieht u. a.
vor, CHF-Kredite auf PLN umzustellen. Als Beispiel dient Ungarn;
dort werden seit November 2014 – also schon vor dem „Schweizer Franken-Schock“ – alle an Ungarn vergebenen CHF-Kredite
auf die Landeswährung HUF umgestellt.
CHF wertet zum PLN nicht mehr so stark auf
CHF/PLN
Wir glauben allerdings, dass der „Franken-Schock“ die polnische
Volkswirtschaft nicht allzu hart treffen wird, und zwar aus folgenden Gründen:
1. Die Wechselkursausschläge sind abgeflacht. Die höchste Aufwertung des CHF zum PLN wurde eine Woche nach Freigabe des
Wechselkurses verzeichnet und betrug ca. 20 %; seither ist sie
rückläufig und beträgt aktuell 9 %. 2. Die Verzinsung vieler Kredite erfolgt auf der Basis variabler CHF-Zinsen und diese drehten
im Januar ins Negative, als die Schweizer Nationalbank die Leitzinsen unter null senkte. 3. Für Kreditnehmer, die Fremdwährungskredite aufnehmen möchten, gelten strengere Vorgaben. 4. Laut
Eastern European Outlook – März 2015 | 15
Russland
Massiver Wirtschaftseinbruch 2015
ƒƒ
Fallender Ölpreis drückt den Rubel
ƒƒ
Inflation beschleunigt sich stark
ƒƒ
Russland entgeht einer Finanzkrise
Russland stürzt 2015 in eine tiefe Rezession. Der Verfall der Ölpreise trifft die strukturell schwache, nach wie vor stark von Energieausfuhren abhängige Wirtschaft hart. Seit dem Herbst korrigierte
die SEB ihre Ölpreisprognose drastisch nach unten, auf 60 USD/
Barrel 2015 und 70 USD/Barrel 2016; im Eastern European Outlook vom Oktober 2014 lag die Erwartung noch bei 85-90 USD/
Barrel. Ende 2014 sanken die Ölpreise erneut und zogen den Rubel
in die Tiefe, was zu rasch steigender Inflation, Kapitalabflüssen im
großen Stil und zu einem drastischen Anstieg der Zinsen führte.
Und für eine expansive Finanzpolitik, die das Wachstum fördern
könnte, fehlen der Regierung wegen des ölpreisbedingten Rückgangs der Staatseinnahmen nun die Mittel. Berechnungen u. a. des
IWF zufolge bewirkt ein über das Jahr um 10 USD niedrigerer Ölpreis
einen Negativeffekt von 1-1,5 % auf das BIP.
Zudem entfalten die Sanktionen des Westens gegen Einzelpersonen und ausgewählte Unternehmen der Finanz- und Energiebranche zunehmend Wirkung. Den mit Sanktionen belegten Unternehmen fällt es schwer, sich im Ausland zu finanzieren. Der Zugang
zum europäischen und US-amerikanischen Kapitalmarkt ist ihnen
praktisch verwehrt, was die Finanzierung großer Investitionsprojekte erheblich erschwert. Eine weitere Folge der Sanktionen ist
eine allgemeine Verunsicherung der Unternehmen, was die schon
lange verhaltene Investitionsbereitschaft weiter dämpft. Unser
Hauptszenario ist, dass die nach der Krim-Annexion vor einem
Jahr verhängten und in der Folge schrittweise erweiterten Sanktionen 2015 aufrecht erhalten, aber nicht verschärft werden. Wie
es weitergeht, ist schwer abzuschätzen; entscheidend wird sein,
wie sich der Ukraine-Konflikt entwickelt. Ungeachtet der Sanktionen hält auch die deutliche Verschlechterung des Verhältnisses
zwischen Moskau und dem Westen ausländische Unternehmen
davon ab, in Russland zu investieren.
Insgesamt wird die Wirtschaftsleistung Russlands deutlich sinken.
Ein positiver BIP-Beitrag ist 2015 dank Rubel-Verfall allein von den
Netto-Ausfuhren zu erwarten. Nach einem schwachen BIP-Zuwachs von 0,6 % 2014 erwarten wir 2015 ein drastisches Minus
von 5,0 %. Nur eine kräftige Erholung der Ölpreise könnte dies
verhindern, oder eine Lösung im Ukraine-Konflikt mit anschließender Aufhebung der Sanktionen und deutlicher Verbesserung der
Beziehungen zum Westen. Wir halten beides für wenig wahrscheinlich. Leicht steigende Ölpreise und Ausfuhren aufgrund stärkerer
internationaler Nachfrage reduzieren das Negativwachstum
des BIP 2016 auf 1,0 %.
16 | Eastern European Outlook – März 2015
BIP geht 2015 und 2016 zurück
BIP, Jahresdaten, Veränderung zum Vorjahr in %
Wir erwarten auch über unseren Prognosezeitraum hinaus keine
kraftvolle Erholung. Die Ressourcen der russischen Wirtschaft sind
im Wesentlichen ausgelastet. Dies gilt sowohl für die Kapazitäten
der Unternehmen als auch für den Arbeitsmarkt; die Arbeitslosigkeit beginnt zwar zu steigen, liegt aber immer noch unter ihrem
langfristigen Gleichgewichtsniveau. Um die russische Wirtschaft
wieder auf Wachstumskurs zu bringen, sind Reformen unumgänglich; zahlreiche strukturelle Probleme stehen zur Lösung an,
hierauf haben wir bereits in früheren Berichten hingewiesen (z. B.
im Eastern European Outlook vom März 2014). Die Folgen des Versäumnisses, Russlands Wirtschaft von Energieexporten unabhängiger zu machen – Öl macht 60 % des gesamten Exportaufkommens aus – wurden mit dem Einbruch der Ölpreise überdeutlich.
Doch dies ist nicht die einzige Schwäche, an der Russlands Wirtschaft krankt; neben vielen anderen sind auch das schlechte Geschäftsklima, eine ungünstige demografische Entwicklung und
schwache Institutionen zu nennen.
In Sachen Reformen sieht es weiterhin düster aus. In den vergangenen Jahren wurden zwar einige Reformen angegangen, z. B. der
Antrag auf Aufnahme in die Welthandelsorganisation, die Festsetzung einer Defizitobergrenze und einige Privatisierungen, doch
nicht genug, um die Lage maßgeblich zu verbessern. Eine weitere
Erklärung für den verhaltenen Reformeifer sind fehlende Alternativen zum gegenwärtigen politischen System. Selbst die massive
Verschlechterung der Wirtschaftslage löst keine nennenswerten
Reforminitiativen aus. Ende Januar veröffentlichte Moskau einen
einjährigen „Anti-Krisen-Plan“; dieser beschränkt sich jedoch auf
die Lösung akuter Probleme und beinhaltet im Prinzip keinerlei
Maßnahmen zur Beseitigung der strukturellen Probleme. Der Plan
hat einen Umfang von 35 Mrd. USD (ca. 1,5 % des BIP); finanziert
wird er zum Teil aus dem Reservefonds und dem Nationalen Wohlstandsfonds. Der Themenartikel „Russlands Finanzreserven“ befasst sich mit den russischen Staatsfinanzen und den Instrumenten
– z. B. der Währungsreserve – die Moskau zur Verfügung stehen,
Russland
um den aktuellen Herausforderungen zu begegnen. Zwei Drittel des
Geldes fließt in die Banken, für Unternehmen und Landwirtschaft
gibt es einige Subventionen und Steuererleichterungen. Angesichts
geringer Aussicht auf Reformen, hoher Ressourcenauslastung und
struktureller Probleme erwarten wir mittelfristig ein BIP-Wachstum von ca. 2 %.
samt sich die Teuerung auf 9,0 %, dank Basiseffekten und einer
Stabilisierung des Rubel. Die Zentralbank geht davon aus, dass das
Inflationsziel von 4 % nicht vor 2017 erreicht wird.
Rubel-Abwertung und Einfuhrstopp heizen Inflation an
Veränderung zum Vorjahr in %
Die Stimmungsbarometer weisen auf einen Abschwung hin. Der
Einkaufsmanagerindex (EMI) für das verarbeitende Gewerbe ging
zum Ende des Jahres drastisch zurück, erreichte im Februar aber
wieder 49,7 Punkte. Der Stimmungsaufschwung dürfte jedoch nur
vorübergehend sein, denn er basierte auf einer leichten Erholung
der Ölpreise und des Rubels. Die Stimmung der Verbraucher trübte sich Ende 2014 ebenfalls spürbar ein und die Frühindikatoren
sind gesunken.
Der Rubel befindet sich seit Mitte 2011 auf Talfahrt. Diese beschleunigte sich im 2. Halbjahr 2014; seit Mitte Dezember steht der Rubel
zum USD auf Rekordtief. Ölpreis und Rubel-Kurs hängen eng
zusammen; deshalb ist der Wertverlust des Rubel überwiegend
dem Verfall der Ölpreise im vergangenen Herbst anzulasten. Die
Abwertung fiel wesentlich höher aus als 2008, als der Ölpreis ebenfalls sank. Im Februar 2015 ließen steigende Ölpreise und die Erwartung, dass der Westen auf eine weitere Verschärfung der Sanktionen verzichtet, den Rubel erstarken. Russlands Währung bleibt jedoch anfällig gegenüber Ölpreisschwankungen und der Bedrohung
einer möglichen Ausweitung der Wirtschaftssanktionen des Westens. Basierend auf der Ölpreis-Prognose der SEB und der Annahme, dass es 2015 bei den verhängten Sanktionen bleibt, diese aber
nicht verschärft werden, erwarten wir, dass der Rubel allmählich
Stärke zurückgewinnt. Ende 2015 dürfte der Rubel zum USD bei
55,0 stehen und Ende 2016 bei 50,0.
Fallende Ölpreise sorgten für Rubel-Absturz
Die massive Rubel-Abschwächung beschleunigte die Teuerung dramatisch. Im Februar lag die Inflation 16,7 % über dem Vorjahresniveau: der massivste Anstieg seit 2002. Der Einfuhrstopp für
Lebensmittel und Agrarprodukte aus westlichen Ländern, die sich
an den Wirtschaftssanktionen gegen Moskau beteiligen – er wurde
im August für zunächst ein Jahr verhängt – spielte ebenfalls eine
Rolle, denn er trieb die Preise für Lebensmittel in die Höhe. Über
den weiteren Inflationsverlauf entscheidet die Entwicklung
des Rubel-Kurses. Da wir von einer allmählichen Aufwertung ausgehen, erwarten wir, dass die Inflation den Scheitelpunkt mit einem
Wert knapp unter 20 % im 2. Quartal erreicht und im 2. Halbjahr
beginnt, langsam zu sinken. Im Jahresdurchschnitt 2015 dürfte
die Inflationsrate 16,0 % betragen. Im kommenden Jahr verlang-
Rubel-Abwertung, galoppierende Inflation und rückläufiges Wirtschaftswachstum stellen Russlands Zentralbank vor große Herausforderungen. Turbulenzen am Finanzmarkt und der Kursverlust des
Rubel veranlassten sie im Dezember 2014, ihren Leitzins von 9,5 %
auf 17 % anzuheben, um die Währung zu stabilisieren und Kapitalabflüsse zu verhindern. Im Januar senkte sie den Leitzins jedoch wieder auf 15,0 %. Im März folgte eine weitere Senkung auf den aktuellen Stand von 14,0 %. In Presseaussendungen begründet die Bank
diese Schritte damit, dass das Aufflammen der Inflation nur vorübergehend sei, die drastische Anhebung des Leitzinses im Dezember
ihren Zweck erreicht und die Finanzmärkte stabilisiert habe und
man sich um das Wachstum sorge.
Die Zinspolitik bleibt für die Zentralbank auf absehbare Zeit
ein Balanceakt. Einerseits sind hohe Zinsen schlecht für das Wachstum, denn sie verteuern die Finanzierung von Investitionen und
bremsen die Nachfrage nach Verbraucherkrediten. Andererseits
kann ein zu schnelles Absenken der Leitzinsen den Rubel schwächen, was zu noch höherer Inflation und beschleunigtem Abfluss
von Kapital führen könnte (2014 floss bereits eine Rekordsumme
von über 150 Mrd. USD aus dem Land). Seit dem Beschluss vom
Herbst, sich künftig an einem festen Inflationsziel zu orientieren,
verzichtete die Zentralbank darauf, am Devisenmarkt zu intervenieren, doch sie behält sich vor, erneut einzugreifen, sollte die Stabilität des Finanzmarktes gefährdet sein. Nach der Zinssenkung im
Januar schwächte der Rubel zunächst ab; im Zuge steigender Erdölpreise erholte er sich jedoch wieder. Unserer Einschätzung nach
ist eine schrittweise Senkung des Leitzinses möglich, vorausgesetzt der Ölpreis – und in seinem Fahrwasser der Rubel – fällt
nicht wieder. Die Zentralbank wird diese Möglichkeit nutzen, um
das Wirtschaftswachstum zu stützen. Doch sie wird behutsam vorgehen. Ende 2015 erwarten wir einen Leitzins knapp unter 10 %.
2016 bleibt die Geldpolitik vorsichtig expansiv.
Sanktionen, Rubel-Abwertung und schwaches Wirtschaftswachstum bringen das Bankensystem unter großen Druck. Während
der Unruhe an den Finanzmärkten im Dezember 2014 stiegen vor
allem die Interbankenzinsen, aber auch die Renditen für Staatsanleihen rasant. In jüngster Zeit sehen wir Anzeichen einer Stabilisierung; die Marktzinsen fallen wieder, allerdings sind sie weiterhin sehr hoch und behindern die Wirtschaftstätigkeit. Die Banken
sind recht stabil, der Anteil an faulen Krediten in ihren Bilanzen ist
Eastern European Outlook – März 2015 | 17
Russland
mit knapp unter 7 % relativ niedrig, wird aber deutlich zunehmen.
Umfangreiche Kapitalaufstockungen werden unvermeidbar sein;
die von der Regierung in ihrem Anti-Krisen-Plan hierfür vorgesehen
Mittel reichen wahrscheinlich nicht aus, was die Staatsfinanzen weiter belasten wird. Unser Hauptszenario beruht jedoch auf der Annahme, dass es in Russland keine Bankenkrise im großen Stil
geben wird.
Anhaltend schwacher Investitionstrend
Veränderung zum Vorjahr in %, Monatsdaten
Zinsen und Renditen bleiben hoch
in %
In den vergangenen Monaten wurde Russlands Kreditrating auf
Ramschniveau herabgestuft. Ende Februar senkte z. B. Moody’s die
Kreditwürdigkeit Russlands auf Ba1, Ausblick negativ. Die Ratingagentur begründete ihre Entscheidung mit schlechteren Wachstumsaussichten, schwächeren Staatsfinanzen und sinkenden Reserven sowie Fragen hinsichtlich der Bereitschaft Moskaus, seine Schulden angesichts der anhaltenden Krise in der Ukraine, niedriger Ölpreise und der starken Rubel-Abwertung zurückzuzahlen. Die Herabstufung kam nicht unerwartet, wirft aber dennoch ernsthafte
Fragen auf, inwieweit die russischen Staatsfinanzen dem Verfall der Rohölpreise und dem finanziellen Stress standhalten. Ein
gewisses Maß an Schutz bieten die nach wie vor hohen – gleich
wohl schmelzenden – Währungsreserven und die niedrige Staatsverschuldung. Berücksichtigt man ferner das Vorhandensein zweier großer Reservefonds und die Rekapitalisierungspläne für den
Bankensektor, kommen wir zu dem Schluss, dass Russland keine
Staatsschuldenkrise droht.
Hauptgrund für die deutliche Abschwächung der Wirtschaft in den
vergangenen Jahren ist die infolge struktureller Probleme anhaltend schwache Investitionstätigkeit. Der Konflikt mit der Ukraine
verschärft die Lage. Die Sanktionen des Westens schaffen Unsicherheit und unterminieren die Investitionsbereitschaft der russischen
Unternehmen. Das Geschäftsklima hat sich weiter verschlechtert
und zahlreiche ausländische Firmen (z. B. Banken, aber auch Unternehmen wie die dänische Großbrauerei Carlsberg) ziehen sich angesichts der zunehmend harscheren Bedingungen für ausländische
Unternehmen bereits aus Russland zurück oder haben ihre Expansionspläne auf Eis gelegt. Im wichtigen Energiesektor zeigen Sanktionen und die Aufkündigung der Zusammenarbeit mit ausländischen Partnerunternehmen (z. B. Rosneft und Exxon Mobil) eindeutig negative Wirkung. Wir gehen davon aus, dass die Investitionstätigkeit 2015 weiter abnimmt.
Der Umsatz im Einzelhandel zog im Dezember stark an, ging im Januar und Februar aber wieder zurück. Die kräftige Zunahme am Jahresende war eine Folge der massiven Rubel-Abwertung und der
daraus resultierenden Erwartung unmittelbar bevorstehender Preis-
18 | Eastern European Outlook – März 2015
erhöhungen für Produkte wie Haushaltsgeräte, Autos und Computer. Doch wie vermutet handelte es sich nur um ein vorübergehendes Phänomen. Der Konsumausblick für 2015 ist düster. Die
Haushalte leiden unter der hohen Inflation, die sich auf die Realeinkommen auswirkt. Diese stiegen schon seit 2012 immer langsamer,
jetzt gehen sie im Jahresvergleich drastisch zurück, im Februar 2015
um 9,9 %. Weitere Einbußen sind wahrscheinlich, denn die Teuerung beschleunigt sich, während die Nominallöhne stagnieren. Die
Arbeitslosigkeit beginnt zu steigen, allerdings ausgehend von einem
historisch niedrigen Niveau. Auch dieser Trend dürfte sich fortsetzen, wenngleich die Arbeitslosenquote bis zum Ende unseres Prognosezeitraums bei knapp über 6 % verharren wird. Der plötzlich
Abbruch der seit einigen Jahren stetig wachsenden Kreditvergabe
an Private infolge strengerer Regelungen der Zentralbank, steigender Zinsen und Finanzstress im Bankensystem erweist sich als weitere Konsumbremse. Der private Konsum ist nicht länger Wachstumsmotor; sein Beitrag zum BIP dürfte 2015 deutlich negativ
sein.
Deutlich sinkende Realeinkommen
dämpfen den Konsum
Veränderung zum Vorjahr in %,
Starker Rückhalt für Putin, schwache Opposition
Russlands innenpolitische Szene wird nach wie vor von Präsident
Wladimir Putin beherrscht. Nichts weist darauf hin, dass sein Ansehen in der Bevölkerung in irgendeiner Form abnimmt, im Gegenteil:
die Annexion der Krim, sein Umgang mit der Ukraine-Krise und seine
aggressive Haltung gegenüber dem Westen haben seine Popularität noch gesteigert. Umfragen zufolge betragen Putins Zustimmungswerte unverändert 85 %. Seit den großen prodemokrati-
Russland
schen Demonstrationen von 2011-2012 (ausgelöst durch die Ankündigung Putins, damals Ministerpräsident, er werde erneut für das
Amt des Präsidenten kandidieren), ist die Opposition deutlich
schwächer geworden. Nach Putins Wiederwahl zum Präsidenten
2012 wurde der Umgang mit oppositionellen Kräften und Kritikern
der Regierung härter. Die Kontrolle der Medien wurde verschärft.
Diese stützen nun Präsident und Regierung und werden dazu benutzt, oppositionelle Gruppen und Dissidenten zu diskreditieren
und anti-westliche Stimmung zu schüren.
In den vergangenen Jahren haben viele Oppositionelle und PutinKritiker das Land verlassen, oder sie wurden inhaftiert, unter Hausarrest gestellt oder auf andere Weise kaltgestellt. Ein Beispiel für
den Umgang des Regimes mit Kritikern liefert der Fall des Aktivisten Alexei Nawalny; ihm wurde der Prozess gemacht, nach seiner
Verurteilung kam er ins Gefängnis und wurde kurz danach freigelassen. Ende Februar wurde Boris Nemzow, einer der bekanntesten Kritiker Putins und seiner Ukrainepolitik, ermordet. Ganz gleich
wer hinter diesem Mord steht, der Tod Nemzows vergrößert die
Angst der Regimekritiker und teilt die ohnehin gespaltene und
schlecht organisierte Opposition noch mehr. Derzeit sind keine
Hinweise auf gravierende Veränderungen der innenpolitischen
Verhältnisse erkennbar. Deshalb sehen wir für die nahe Zukunft
nach wie vor kaum innenpolitische Risiken.
Wir gehen jedoch davon aus, dass Putins überaus großer Rückhalt in der Bevölkerung infolge zunehmender wirtschaftlicher
Probleme und stagnierender Lebensstandards langfristig erodiert,
doch wie rasch dies geschieht, ist schwer vorhersehbar. Die von der
Regierung beherrschten Medien machen den Westen für Russlands
Wirtschaftsprobleme verantwortlich. Die weitere Entwicklung der
Außenpolitik und des Verhältnisses Moskaus zur Ukraine und zum
Westen wird ebenfalls starken Einfluss auf Putins Popularität haben.
Die nächsten Wahlen zur Staatsduma, dem russischen Parlament,
stehen Ende 2016 an und 2018 wird ein neuer Präsident gewählt.
Die derzeit zu beobachtende gravierende Verschlechterung der
wirtschaftlichen Lage verbessert die Ausgangslage für eine aktivere
Oppositionstätigkeit. Doch der Opposition bleibt nicht viel Zeit,
um ihre Zersplitterung zu überwinden und bei der kommenden
Wahl als echte Alternative zur aktuellen Regierung anzutreten. Unser Hauptszenario ist daher, dass Putins Partei Einiges Russland die Parlamentswahl 2016 für sich entscheidet, auch wenn
sie nicht den gleichen Zuspruch hat wie Putin selbst. Derzeit ist kein
Herausforderer Putins um das Präsidentenamt in Sicht. Deshalb
wird Putin die Präsidentenwahl 2018 höchstwahrscheinlich gewinnen und seine vierte Amtszeit bis 2024 antreten.
sucht auch die Einbindung der Ukraine in die EU und den Westen
zu hintertreiben oder sie durch große Hindernisse zu erschweren.
Die Ukraine strebt an, 2020 einen Antrag auf Aufnahme in die EU
zu stellen.
Im Ukraine-Konflikt liegt der Hauptgrund für die drastische Verschlechterung der Beziehungen Moskaus mit dem Westen. Um weiterhin Einfluss auf die Ukraine zu haben ist Russland offenbar bereit, harte Maßnahmen des Westens hinzunehmen. Allerdings hatte
sich das Verhältnis zwischen Moskau und dem Westen, insbesondere Washington, schon vor Ausbruch der Ukraine-Krise eingetrübt.
Der Fall Magnitsky, die Gewährung von Asyl für den US-amerikanischen Whistleblower Edward Snowden und die Kontroversen um
den Bürgerkrieg in Syrien sind einige Beispiele für einen seit einigen Jahren zunehmend konfrontativen Kurs der russischen
Außenpolitik.
Russland versucht nicht nur auf die Ukraine mehr Einfluss zu gewinnen, sondern auch auf andere angrenzende Staaten. Dazu setzt
es auf Demonstrationen seiner militärischen Stärke und vor allem
auf diplomatischen und wirtschaftlichen Druck. Mit diesem Thema
befasste sich auch ein Artikel zur Eurasischen Wirtschaftsunion im
Eastern European Outlook vom Oktober 2014. Außerdem versucht
Moskau einen Keil zwischen die EU-Mitglieder zu treiben. Wahrscheinlich hofft es, durch Beeinflussung europäischer Parteien die
Chancen auf Aufhebung der Sanktionen zu erhöhen. Moskau unterhält Verbindungen zu mehreren europäischen politischen Parteien
am linken und rechten Rand, darunter Syriza in Griechenland, Jobbik in Ungarn – beide sind eindeutig prorussisch – und in Frankreich der offen Putin-freundliche Front National.
In den nächsten beiden Jahren besteht kaum Aussicht auf eine
wesentliche Verbesserung der Beziehungen zwischen Russland und dem Westen. Die in den vergangenen 15-20 Jahren erreichte Annäherung wurde rapide zerstört und in der russischen
Bevölkerung und der politischen Führung Russlands herrscht tiefes
Misstrauen gegen die USA und Europa. Die staatlich kontrollierten
Medien verstärken diese negative Einstellung. Russland sucht die
Zusammenarbeit mit anderen Schwellenländern, insbesondere
China. Im Mai 2014 unterzeichneten beide Länder einen Gas-Liefervertrag und im Dezember eine Währungs-Swap-Vereinbarung.
Was diese Ausweitung der Zusammenarbeit Russland tatsächlich
bringt, ist jedoch offen. Beide Länder konkurrieren um mehr Einfluss in Asien. Aufgrund seines wirtschaftlichen und politischen Gewichts kann China mittlerweile die Bedingungen der Zusammenarbeit mit Russland bestimmen. Dies zeigt sich klar an dem vereinbarten Gas-Lieferabkommen, das China begünstigt.
Keine Anzeichen
einer konzilianteren Außenpolitik
Das zunehmend angespannte innenpolitische Klima findet seinen
Niederschlag in einer aggressiven Außenpolitik. Unsere Annahme,
Russland strebe eine Föderalisierung der Ukraine an, um die Anbindung Kiews an den Westen zu verhindern, scheint sich zu bestätigen. Das Minsk II-Abkommen über einen Waffenstillstand in der
Ostukraine beinhaltet auch eine Änderung der ukrainischen Verfassung, die den Regionen Donezk und Lugansk erweiterte Autonomie zusichert. Damit hätte Russland ständigen Einfluss auf die
Entwicklungen in der Ukraine. Moskaus Hauptanliegen sind seine eigenen sicherheitspolitischen Interessen; daher ist es bestrebt,
einen Beitritt der Ukraine zur NATO zu unterbinden. Moskau ver-
Eastern European Outlook – März 2015 | 19
Thema: Russlands Finanzreserven
Die Ukraine durchkreuzt Russlands Pläne
für eine Eurasische Wirtschaftsunion
ƒƒ
Russlands Staatsfinanzen geraten von
mehreren Seiten unter Druck
ƒƒ
Währungsreserve fungiert als Puffer…
ƒƒ
...schmilzt aber dahin
hend sinkende Steuereinnahmen. Die Regierung reagiert mit Ausgabenkürzungen. Die Zahl der Bundesbediensteten wird um 10 %
reduziert und ihre Gehälter werden um ebenfalls 10 % gekürzt.
Der massive Rückgang der Erdölpreise wirft Fragen bezüglich der
Finanzierung des nach wie vor stark von Einnahmen aus Energieexporten abhängigen russischen Staatshaushaltes auf. Die vom
Westen verhängten Sanktionen verschärfen die wirtschaftliche
Lage und führten 2014 zu einer Kapitalflucht ungekannten Ausmaßes. Moody’s und andere Ratingagenturen stuften Russlands
Kreditwürdigkeit in den letzten Monaten auf Ramschniveau hinab.
Dank niedriger Staatsschulden und enormer Währungsreserven
steht Russland dennoch gut da, doch das Downgrading offenbart,
welche Herausforderungen auf den Staatshaushalt zukommen.
Mehrere Faktoren belasten die Staatskasse, allen voran der Verfall
des Rohölpreises. Seit seinem Höchststand im Juni 2014 fiel er im
internationalen Handel um fast die Hälfte; zugleich wertete der Rubel massiv ab. Letzteres bläht die staatlichen Öl-Einnahmen in Landeswährung auf. Ein Barrel Rohöl der Sorte Brent kostete zeitweise
bis zu 3.940 Rubel. Seither verfielen Ölpreis und Rubel, doch der
Ölpreis mehr als der Rubel. Zurzeit kostet ein Barrel der Sorte Brent
ca. 3.300 Rubel, ca. 16 % weniger als im Juni. Die Abwertung des
Rubel mildert also die Einkommenseinbußen des Staates, kann den
Verfall des Rohölpreises aber nicht in vollem Umfang ausgleichen.
Zudem erfordert die Stützung des Bankensektors viel Geld
vom Staat. Das Zusammenspiel von Sanktionen, Rubel-Abwertung und schwindendem Wirtschaftswachstum trifft die Banken
hart; umfangreiche Rekapitalisierungsmaßnahmen sind nötig. Der
Ende Januar 2015 vorgestellte „Anti-Krisen-Plan” sieht hierfür Mittel im Umfang von ca. 1 % des BIP vor. Wie hoch der Kapitalbedarf
tatsächlich sein wird, hängt größtenteils davon ab, wie sich der
Anteil notleidender Kredite entwickelt. Wir halten einen Kapitalisierungsbedarf in der Größenordnung von mindestens 2 % des
BIP für realistisch. Neben der Hilfe für den Bankensektor sieht der
Anti-Krisen-Plan auch finanzielle Unterstützung für Unternehmen
bei Begleichung ihrer Fremdwährungsverbindlichkeiten vor.
Im Eastern European Outlook vom Oktober 2014 prognostizierten
wir für 2015 ein Haushaltsdefizit von 1 % des BIP. Die kumulative
Wirkung des drastisch gesunkenen Ölpreises und der erwartete
Rückgang der Wirtschaftsleistung um 5 % – mit den daraus
resultierenden Steuermindereinnahmen – sowie die Stützung der
Banken weisen jedoch auf ein wesentlich höheres Defizit hin. Wir
erwarten 2015 ein Haushaltsdefizit von ca. 3,5 % des BIP;
2016 verringert sich das Defizit aufgrund sich erholender Ölpreise und besserer Wirtschaftsaussichten auf 2,0 %.
Riesige doch schrumpfende Währungsreserven
Mrd. USD
Rubel-Abwertung
kann Ölpreisverfall nicht kompensieren
Preis für ein Barrel Rohöl in Rubel
Quelle: Zentralbank der Russischen Föderation
Jan
April
Juli
Okt
Jan
April
Juli
Okt
Jan
Quelle: Macrobond, SEB
Doch der Ölpreis ist nicht der einzige belastende Faktor. Der Rückgang der Wirtschaftleistung schmälert die Staatseinnahmen ebenfalls. Hinzu kommen der rückläufige Konsum und damit einherge-
20 | Eastern European Outlook – März 2015
Die niedrige Staatsverschuldung bietet Russland soliden
Schutz. Zudem verfügt das Land über riesige Währungsreserven
– im Umfang von aktuell ca.17 % des BIP – die als Puffer gegen
den schwächeren Haushalt und Kapitalabwanderung dienen. 2014
schmolz jedoch ein Teil dieser Reserven dahin: sie verringerten sich
von 510 auf 385 Mrd. USD. Ein Großteil davon geht auf das Konto
Thema: Russlands Finanzreserven
von Interventionen der Zentralbank an den Devisenmärkten, mit
denen sie den Rubel stützte. Im Februar und im März reduzierte
sich die Währungsreserve erneut, obwohl die Bank seit Januar nicht
mehr direkt am Devisenmarkt intervenierte. Ein möglicher Grund
für das weitere Abschmelzen könnten Repo-Transaktionen der Zentralbank mit Unternehmen sein. Die Zentralbank stellt Euro und
Dollar gegen in Rubel denominierte Papiere bereit. Diese Transaktionen sollen russischen Unternehmen helfen, denen der Zugang
zum internationalen Kapitalmarkt wegen der Sanktionen des Westens de facto versperrt ist. Die Sberbank, Russlands größtes Geldinstitut, beziffert den Finanzierungsbedarf russischer Unternehmen in ausländischer Valuta für 2015 auf über 100 Mrd. USD.
40 % der Währungsreserven stecken in zwei Staatsfonds: dem Reservefonds und dem Nationalen Wohlfahrtsfonds (NWF). Sie
entstanden 2008 durch Aufspaltung des 2004 gegründeten Stabilisierungsfonds. Nach der Finanzkrise von 1998 begann Russland
mit dem Aufbau von Sicherheitspolstern. Die rasch wachsende
Wirtschaft und steigende Ölpreise erwiesen sich dabei als sehr hilfreich. In den beiden Fonds sollen Überschüsse aus dem Staatshaushalt angelegt werden. Diese fließen zunächst in den Reservefonds, der zur Deckung etwaiger Haushaltsdefizite herangezogen
werden kann. Übersteigt das Vermögen im Reservefonds 7% des
BIP, fließt das Geld in den NWF. Der NWF unterliegt strengeren
Regeln als der Reservefonds. Die darin enthaltenen Mittel sind für
langfristige sozialpolitische Verpflichtungen, Investitionen und für
die Absicherung des Pensionssystems bestimmt.
Staatsverschuldung niedrig ist kann eine Krise der Staatsfinanzen
verhindert werden.
In Zeiten hoher Ölpreise war es möglich, diese Fonds zu alimentieren, doch inzwischen haben sich die Bedingungen verändert. Es
dürfte schwer sein, den Fonds neue Mittel zuzuführen, denn derzeit
muss man davon ausgehen, dass der Ölpreis deutlich unter seinem
früheren Niveau und der Staatshaushalt defizitär bleiben. Russlands Sicherheitspolster schmilzt auf mittlere Sicht dahin. Zwar kann
ein Kollaps des Staatshaushalts vermieden werden, doch der
Preis dafür ist ein deutlicher Verlust an langfristiger Stabilität.
Ein weiteres Problem liegt in der Tatsache, dass die Fonds benutzt
werden, um strukturell bedingte Probleme aufzufangen. Dies
wird dazu führen, dass man notwendige Reformen aufschiebt.
Die Regierung greift bereits auf beide Fonds zu, um Haushaltslücken und Kapitalabwanderung auszugleichen und Unternehmen
unter die Arme zu greifen, die aufgrund der westlichen Sanktionen
Schwierigkeiten beim Bedienen ihrer Kredite haben. Der große Erdgasproduzent Nowatek zum Beispiel hat bereits Mittel aus dem
NWF erhalten und die beiden führenden Mineralölunternehmen
Rosneft und Lukoil haben Hilfe zur Finanzierung umfangreicher
Investitionsprojekte beantragt. Dementsprechend sind die Fondsvermögen schon beträchtlich abgeschmolzen.
Staatsfonds gegen Wirtschaftsabschwung
92,5
92,5
90,0
90,0
87,5
87,5
85,0
85,0
82,5
82,5
80,0
80,0
77,5
77,5
75,0
75,0
72,5
72,5
Jan
April
Juli
Okt
Jan
Nationaler Wohlfahrtsfonds (NWF)
April
Juli
Okt
Jan
Reservefonds
Quelle: Finanzministerium der Russischen Föderation
Dieser Trend dürfte sich fortsetzen. Laut Finanzminister Anton
Siluanow beabsichtigt die Regierung einen Großteil des Reservefonds 2015 und 2016 zu verwenden. Dies würde bedeuten, dass
der Reservefonds Ende 2016 so weit aufgebraucht ist, dass er seine
Funktion als Sicherheitspolster nicht mehr erfüllt. Unser Hauptszenario ist, dass Russland 2015 und 2016 einen großen Teil des
Reservefonds und des NWF aufbraucht. Damit und weil die
Eastern European Outlook – März 2015 | 21
Ukraine
Hilfskredite verhindern Finanzkollaps
ƒƒ
BIP sinkt 2015 weiter
ƒƒ
Brüchige Waffenruhe, eingefrorener Konflikt?
ƒƒ
Inflationsschock drückt den Konsum
Die Ukraine steckt in einer tiefen Rezession. Im 4. Quartal 2014 lag
die Wirtschaftsleistung fast 15 % unter dem Niveau des Vorjahresquartals. Im Gesamtjahr 2014 betrug der Rückgang 6,5 %.
Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass sich der massive Wirtschaftseinbruch 2015 fortsetzt. Die Kämpfe in der Ostukraine, dem industriellen Herzen des Landes, haben gravierende Folgen für die Wirtschaft. Fabriken und Infrastruktur sind zerstört, Produktion und
Handel stark beeinträchtigt. Im Januar produzierte die Industrie
über 20 % weniger als im Vorjahr. Der Export leidet zusätzlich unter
den wirtschaftlichen Problemen Russlands und die vom Wertverlust der Hrywnja angetriebene galoppierende Inflation schwächt
das Konsumklima erheblich. Der staatliche Konsum lahmt ebenfalls; Schuld daran sind die sinkenden Steuereinnahmen und Anstrengungen zur Eindämmung des Haushaltsdefizits. Die Ukraine
steht kurz vor dem Staatsbankrott. Kiew wird seine Auslandsschulden in den nächsten Jahren dennoch bedienen können, dank der
Verlängerung und Ausweitung internationaler Hilfsprogramme
verbunden mit Umschuldung.
Massiver Rückgang des BIP im 4. Quartal 2014
BIP, Quartalszahlen, Veränderung zum Vorjahr in %
Der Abschwung betrifft alle Bereiche der Wirtschaft. Wir rechnen
2015 mit einem Negativwachstum von 6 %. Diese Einschätzung
enthält zwei deutliche Risiken nach unten: erstens die Möglichkeit eines Wiederaufflammens der Kämpfe in der Ostukraine und
zweitens die Gefahr, dass die Verhandlungen mit den Gläubigern
nicht das gewünschte Ergebnis bringen. Tritt keines von beiden ein,
besteht die Chance auf Erholung; in diesem Fall prognostizieren wir
für 2016 einen BIP-Zuwachs von 1,0 %. Der Export wird die Erholung der Wirtschaft tragen, dank der billigeren Hrywnja und der
22 | Eastern European Outlook – März 2015
steigenden internationalen Nachfrage, doch der Weg zurück ist lang.
Unumgängliche Reformen hemmen das Wachstum kurzfristig.
Mitte Februar wurde das „Minsk II”-Abkommen unterzeichnet,
Grundlage für die Waffenruhe in der Ostukraine. Ein Waffenstillstand bedeutet jedoch noch nicht Frieden. Auch wenn die Kämpfe
abflauen und schlussendlich eingestellt werden, ist der Konflikt damit noch nicht gelöst. Ein Streitpunkt ist z. B. die Frage, wer für die
russischen Gaslieferungen in die Ostukraine aufkommt. Nichts deutet darauf hin, dass Kiew die Kontrolle über die von den Separatisten beherrschten Gebiete zurück erlangt. Minsk II sieht auch Änderungen an der ukrainischen Verfassung im Sinne einer „Dezentralisierung“ vor. Konkret bedeutet das mehr Autonomie für die Regionen Donezk und Lugansk. Unser Hauptszenario ist, dass Minsk II
hält, Russland aber Donezk und Lugansk nutzt, um weiterhin
Einfluss auf die Ukraine zu haben, und versucht, die Annäherung
Kiews an den Westen zu unterbinden. Dies spricht für ein „Einfrieren“ des Ostukraine-Konflikts, vergleichbar mit der Situation in Südossetien oder Transnistrien. Dies ist vermutlich das „beste“ Szenario. Tragischer wäre es, wenn Minsk II nicht eingehalten wird, die
Waffenruhe – wie frühere – bricht und die Separatisten versuchen,
ihre Kontrolle auf weitere Territorien auszudehnen, z. B. indem sie
eine Offensive gegen die Hafenstadt Mariupol starten.
Am Tag der Unterzeichnung von Minsk II kündigte der Internationale Währungsfonds an, der im April 2014 gewährte zweijährige Hilfskredit für die Ukraine werde durch eine erweiterte Fondsfazilität
(EFF) mit vier Jahren Laufzeit ersetzt. Diese EFF wurde Mitte März
genehmigt. Sie beläuft sich einschließlich des alten Kredits auf insgesamt 22 Mrd. USD. Die erweiterte Fazilität des IWF ist nicht dramatisch höher als der frühere Kredit von 17,5 Mrd. USD. Neben den
IWF-Krediten erhält Kiew auch von anderer Seite erweiterte Finanzhilfen, insbesondere von der EU, den USA und der Weltbank. Insgesamt dürfte das Bail-Out-Programm ein Volumen von 40 Mrd. USD
haben; darin ist allerdings ein erwarteter Forderungsverzicht im
Umfang von 17 Mrd. USD enthalten.
Die massive Abwertung der Hrywnja hat einen dramatischen Anstieg der Staatsverschuldung in Relation zum BIP zur Folge; derzeit
beträgt die Schuldenquote fast 100 %, Ende 2014 waren es noch
knapp über 70 %. Kiew verhandelt bereits mit seinen Gläubigern,
um die Schuldenquote auf ein erträgliches Niveau zu drücken, die
Verhandlungen dürften aber langwierig sein. Wie das gewünschte
Ergebnis erreicht werden kann, ist offen, doch einige Optionen
sind wahrscheinlich. Vermutlich geht es nur um Forderungen in
fremden Währungen, denn Schulden in Landeswährung können
weginflationiert werden. Ein nicht unerheblicher Teil der Forderungen in Fremdwährung sind Kredite des IWF oder anderer internationaler Institutionen; es ist unwahrscheinlich, dass diese Kredite
umgeschuldet werden müssen. Übrig bleiben Fremdwährungskredite von insgesamt 17 Mrd. USD: 3 Mrd. USD von Russland, 8 Mrd.
Ukraine
USD von Franklin Templeton Investments, 3 Mrd. USD von ausländischen Banken und 3 Mrd. USD von ausländischen Regierungen.
Wie umgeschuldet werden wird, kann derzeit niemand sagen, doch
den Gläubigern bieten sich vermutlich mehrere Alternativen an:
direkter Forderungsverzicht, niedrigere Zinsen oder eine Verlängerung der Laufzeiten.
Die vierjährige EFF verschafft Kiew mehr Zeit, um die umfassenden Reformauflagen des IWF zu erfüllen. Dringendstes Ziel ist
es, die Wirtschaft in naher Zukunft mittels Gewährleistung der
Finanzstabilität und Stärkung der öffentlichen Finanzen zu stabilisieren. Die Geldpolitik wird auf einem flexiblen Wechselkurssystem mit frei schwankenden Wechselkursen basieren, was helfen
dürfte, Schocks von außen besser abzufedern. Die Inflationsrate
sinkt bis 2018 auf einen einstelligen Wert. Die Banken stehen unter
großem Druck und brauchen frisches Kapital; der Grund dafür ist
der hohe Fremdwährungsanteil (Kredite und Assets) in ihren Bilanzen verbunden mit dem starken Wertverlust der Hrywnja. Das hohe
Haushaltsdefizit – fast 7 % des BIP 2014 – ist ein weiteres Problem,
das dringend nach Lösung ruft. Es soll hauptsächlich durch Kürzung
von Ausgaben auf 3,0 % 2018 zurückgeführt werden. Kiew hat bereits damit begonnen, teure Gassubventionen zu streichen; bis
April 2017 sollen sie vollständig abgeschafft sein. Die Kosten für
Entgelte und Pensionen im öffentlichen Dienst werden gesenkt
und die Einkommensteuern stärker gestaffelt. Ziel ist es, die Schuldenquote bis 2020 auf 71 % des BIP zurückzuführen. Die genannten Maßnahmen sind nötig, tragen jedoch 2015 zu Negativwachstum bei.
Das Reformprogramm hat nicht nur die aktuell drängendsten Probleme im Visier; mittels struktureller Reformen soll auch die Grundlage für eine langfristig positive Entwicklung und gutes Wachstum
gelegt werden. Dazu gehören auch die Bekämpfung von Korruption und die Reform staatseigener Betriebe. So soll beispielsweise
die Energieeffizienz gesteigert und der staatliche Energiekonzern
umstrukturiert werden.
Neben den gravierenden Auswirkungen der Kämpfe für Industrieproduktion und Ausfuhren leidet die ukrainische Wirtschaft besonders unter einer massiven Abwertung der Hrywnja. Nicht nur
Banken, auch Haushalte und Unternehmen außerhalb des Finanzsektors haben hohe Verbindlichkeiten in fremden Währungen. Die
Finanzierungskosten für Fremdwährungskredite sind signifikant
gestiegen, mit negativen Auswirkungen auf den Konsum und die
Investitionstätigkeit.
Massive Abwertung der Hrywnja befeuert Inflation
Die Abschwächung der Hrywnja bewirkte auch einen massiven Anstieg der Inflation. Zwei Jahre lang lag die Inflationsrate bei 0 %,
doch ab Februar 2014 explodierten die Preise. Dieser Trend setzt
sich 2015 fort. Im Februar erreichte die Inflation im Jahresvergleich über 34 %. Dazu trug u. a. auch der Abbau der Gaspreissubventionen bei, Hauptgrund war jedoch die Abwertung der Hrywnja.
Deren Entwicklung wird auch zukünftig die Höhe der Inflation bestimmen. Im Gesamtjahr 2015 erwarten wir eine Inflationsrate
von 31,0 %. 2016 verringert sich die Teuerung auf 17,0 %. Die hohe
Inflation hat gravierende Folgen für die Haushalte: die Realeinkommen sinken und das verfügbare Einkommen schrumpft. Die Arbeitslosigkeit stieg an, im 3. Quartal erreichte sie 8,9 %. Auch die Sparanstrengungen der öffentlichen Hand schlagen sich negativ auf die
Haushalte nieder, besonders deutlich erkennbar am drastischen
Rückgang der Einzelhandelsumsätze.
Infolge der Währungsabwertung verringerten sich die Einfuhren
spürbar. Das hohe Defizit in der Leistungsbilanz, das jahrelang
ein Problem darstellte, ist deutlich gesunken; 2015 dürfte es noch
2,0 % des BIP entsprechen. Die Ausfuhren profitieren kaum von
der schwächeren Währung; im Januar wurden 32 % weniger Güter
exportiert als ein Jahr zuvor. Die Gründe dafür sind vielfältig: die
Zerstörung der Infrastruktur in der Ostukraine, Schwierigkeiten bei
der Exportfinanzierung und –absicherung und der wirtschaftliche
Abschwung in Russland, dem mit annähernd 25 % der Gesamtausfuhren wichtigsten Exportmarkt der Ukraine. Ein weiterer Grund
liegt in der weltweit schwachen Nachfrage nach Stahl, dem wichtigsten Exportgut der Ukraine.
Die Hrywnja verlor 2014 dramatisch an Wert, bedingt durch die Ereignisse in der Ostukraine, schwächere Staatsfinanzen und die daraus resultierende erhöhte Gefahr einer Zahlungsbilanzkrise. Seit
Jahresbeginn 2015 hat sie bei hoher Volatilität noch mehr abgewertet. Die Zentralbank sah sich zu drastischen Maßnahmen gezwungen, um zu versuchen, die Währung zu stabilisieren. Die kritisch
niedrigen Währungsreserven der Ukraine sind auf ein Niveau gesunken, das keine Interventionen am Devisenmarkt mehr erlaubt.
Deshalb entschloss sich die Zentralbank, den Leitzins drastisch anzuheben: von 14 % Ende 2014 auf aktuell 30 %. Außerdem führte
sie Kapitalverkehrskontrollen ein. Das erweiterte Bail-Out-Programm
dürfte die Landeswährung im Zusammenspiel mit der Umstrukturierung von Schulden auf mittlere Sicht stützen. Wir gehen davon
aus, dass die Hrywnja zum USD Ende 2015 bei 30.0 steht und
Ende 2016 bei 20,0. Den Leitzins sehen wir Ende 2015 bei 20 %.
Eastern European Outlook – März 2015 | 23
Wirtschaftsdaten und –prognosen
ESTLAND
BIP, %
Inflation, HVPI, Durchschnitt, %
Arbeitslosigkeit, %
Leistungsbilanz, % des BIP
Finanzierungssaldo öffentl. Hand, % des BIP
Staatsverschuldung, % des BIP
3-Monatszinssatz, Jahresende 2009 -14,7
-0,1
13,6
2,5
-2,0
7,1
3,3
2010 2,5
3,0
16,7
1,7
0,2
6,6
1,1
2011 8,3
5,1
12,3
1,4
1,0
6,0
1,4
2012 4,7
4,2
10,0
-2,4
-0,3
9,7
0,2
2013
1,6
3,2
8,6
-0,4
-0,5
10,1
0,3
2014(e) 2015(e) 2016(e)
2,1
2,2
2,7
0,5
0,5
2,3
7,4
6,5
5,8
-0,1
-0,8
-1,5
-0,4
-0,7
-0,5
10,0
9,8
9,6
0,1
0,0
0,0
2009 -14,2
3,3
17,5
8,0
-8,9
36,4
7,38
2010 -2,9
-1,2
19,5
2,3
-8,2
46,8
0,85
2011 5,0
4,2
16,2
-2,8
-3,4
42,7
1,85
2012 4,8
2,3
15,0
-3,3
-0,8
40,9
0,53
2013
4,2
0,0
11,9
-2,3
-0,9
38,2
0,26
2014(e) 2015(e) 2016(e)
2,4
2,4
2,7
0,7
0,7
2,1
10,8
9,9
9,4
-3,1
-3,3
-3,6
-1,4
-1,3
-1,3
40,3
38,5
36,2
0,08
0,0
0,0
2009 -14,9
4,2
13,7
3,7
-9,3
29,0
3,90
6,60
2010 1,7
1,2
17,8
0,1
-6,9
36,3
1,50
4,60
2011 6,1
4,1
15,4
-3,7
-9,0
37,3
1,66
5,40
2012 3,9
3,2
13,4
-0,2
-3,2
39,9
0,68
2,40
2013
3,2
1,2
11,8
1,6
-2,6
39,0
0,41
2,40
2014(e) 2015(e) 2016(e)
3,0
2,6
3,5
0,2
-0,4
0,3
10,7
10,0
9,5
1,5
-1,0
-2,0
-2,0
-1,5
-0,5
41,0
41,0
37,0
0,18
0,0
0,0
1,15
0,30
0,60
LETTLAND
BIP, %
Inflation, HVPI, Durchschnitt, %
Arbeitslosigkeit, %
Leistungsbilanz, % des BIP
Finanzierungssaldo öffentl. Hand, % des BIP
Staatsverschuldung, % des BIP
3-Monatszinssatz, Jahresende LITAUEN
BIP, %
Inflation, HVPI, Durchschnitt, %
Arbeitslosigkeit, %
Leistungsbilanz, % des BIP
Finanzierungssaldo öffentl. Hand, % des BIP
Staatsverschuldung, % des BIP
3-Monatszinssatz, Jahresende
Staatsanleihe 5 Jahre, Jahresende
(e) = erwartet
24 | Eastern European Outlook – März 2015
Wirtschaftsdaten und –prognosen
POLEN
BIP, %
Inflation, HVPI, Durchschnitt, %
Arbeitslosigkeit, %
Leistungsbilanz, % des BIP
Finanzierungssaldo öffentl. Hand, % des BIP
Staatsverschuldung, % des BIP
EUR/PLN, Jahresende
Leitzins, Jahresende
Staatsanleihe 5 Jahre, Jahresende
2009 2,6
4,0
8,1
-3,9
-7,5
50,9
4,1
3,50
5,91
2010 3,7
2,7
9,7
-5,1
-7,6
53,6
4,0
3,75
5,52
2011 4,8
3,9
9,7
-5,0
-4,9
54,8
4,5
4,50
5,34
2012 1,8
3,7
10,1
-3,8
-3,7
54,4
4,1
4,25
3,21
2013
1,7
0,8
10,3
-1,5
-4,0
55,7
4,1
2,50
3,78
2014(e) 2015(e) 2016(e)
3,3
3,4
3,6
0,1
0,0
1,5
9,1
8,7
8,2
-1,0
-1,5
-2,0
-3,5
-2,9
-2,8
49,5
50,0
50,0
4,3
4,1
3,9
2,0
1,5
1,5
2,1
2,4
2,9
2009 -7,8
11,7
8,4
4,1
-6,3
10,6
30,10
2010 4,5
6,9
7,3
4,6
-3,4
11,3
30,50
2011 4,3
8,4
6,6
5,2
1,5
11,6
32,08
2012 3,4
5,1
5,7
4,0
0,4
12,7
30,36
2013
1,3
6,8
5,5
2,2
-1,3
13,9
32,85
2014(e) 2015(e) 2016(e)
0,6
-5,0
-1,0
7,8
16,0
9,0
5,2
6,1
6,3
2,4
3,2
2,5
-0,5
-3,5
-2,0
15,8
16,9
17,5
58,06
55,00 50,00
2009 -14,8
16,0
9,0
-1,5
-6,3
35,4
8,00
2010 4,1
9,4
8,4
-2,2
-5,8
40,5
7,97
2011 5,2
8,0
8,2
-6,3
-3,5
36,8
8,00
2012 0,2
0,6
7,8
-8,1
-5,5
37,4
8,05
2013
0,1
-0,3
8,3
-9,1
-6,5
41,7
8,23
2014(e) 2015(e) 2016(e)
-6,5
-6,0
1,0
12,1
31,0
17,0
8,9
9,3
9,0
-2,5
-2,0
-2,6
-6,8
-6,1
-4,7
72,7
102,0 107,0
15,77
30,00 20,00
RUSSLAND
BIP, %
Inflation, Durchschnitt, %
Arbeitslosigkeit, %
Leistungsbilanz, % des BIP
Finanzierungssaldo öffentl. Hand, % des BIP
Staatsverschuldung, % des BIP
USD/RUB, Jahresende
UKRAINE
BIP, %
Inflation, Durchschnitt, %
Arbeitslosigkeit, %
Leistungsbilanz, % des BIP
Finanzierungssaldo öffentl. Hand, % des BIP
Staatsverschuldung, % des BIP
USD/UAH, Jahresende
(e) = erwartet
Eastern European Outlook – März 2015 | 25
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26 | Eastern European Outlook – März 2015
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in Schweden und den baltischen Staaten an. In Dänemark, Finnland, Norwegen und Deutschland
konzentrieren sich die Geschäftsaktivitäten der Bank auf das Geschäft mit Firmen und institutionellen Kunden, denen die Bank eine umfassende Produktpalette anbietet. Die internationale Ausrichtung der SEB zeigt sich in der Präsenz in 20 Ländern weltweit. Am 31. Dezember 2015 betrug
die Bilanzsumme des Konzerns 2.641 Mrd. SEK, das Gesamtvolumen des verwalteten Vermögens
betrug zum gleichen Stichtag 1.708 Mrd. SEK. Der Konzern beschäftigt etwa 16.000 Mitarbeiter.
Weitere Informationen unter www.seb.de.
Mit Kapital, Fachwissen und Erfahrung betreiben wir Wertschöpfung für unsere Kunden. Dabei
werden wir von unserer effizienten Research Abteilung unterstützt.
Unsre Abteilung Economic Research erstellt für uns makroökonomische Analysen und Bewertungen. Basierend auf der Auswertung aktueller Marktkonditionen, politischer Maßnahmen und der
langfristigen Performance der Finanzmärkte erstellt sie Prognosen zur Entwicklung der Wirtschaft
auf der internationalen, nationalen und lokalen Ebene.
Eine der wichtigsten Publikationen der Economic Research Unit ist der vierteljährlich erscheinende
Nordic Outlook. Er bietet Analysen zur Weltwirtschaft sowie der Wirtschaft in Europa und Schweden.
Der Eastern European Outlook befasst sich mit dem Baltikum, Polen, Russland sowie der Ukraine
und erscheint zweimal jährlich.
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