26 how to spend it Achtung, jetzt Macht’S pieks! Wenn die Zornesfalte wächst und das Dekolleté Falten wirft, ist der Cremetopf keine Lösung mehr. Minimalinvasive Kosmetik heißt die Zauberformel: verjüngen ohne Skalpell. Vier Mutige haben vier Methoden getestet. Illustration: Daniel Matzenbacher Mesotherapie D er kleine rosa Gummiball mit dem Smiley-Gesicht hätte mir zu denken geben können. Die behandelnde Dermatologin Doktor Melanie Hartmann drückt ihn mir in die Hand mit der Erklärung: „Es gab mal eine Patientin, die hat mir vor Schreck so in den Oberschenkel gekniffen, dass ich noch tagelang einen blauen Fleck hatte.“ Ganz klar, für Spritzenphobiker ist die Mesotherapie nichts. Mehr als 100-mal sticht die Hamburger Ärztin in mein Dekolleté. Es ist ihr persönlicher Feldzug gegen sogenannte Liegefältchen, die sich morgens ganz ohne mein Zutun fächerförmig in meiner Haut verewigt haben. Wie ein Flussdelta, das sich zum Meer hin verzweigt. „Quaddeln setzen“ nennt sie die Behandlung, das hört sich irgendwie nach Nesselsucht an und nicht schön. Die Quaddeln, das sind kleine Depots aus unvernetzter Hyaluronsäure – Zuckermoleküle, die ohnehin im Körper vorkommen, aber im Laufe der Jahre immer weniger produziert werden. Hyaluronsäure bindet Feuchtigkeit, soll die Kollagenproduk tion anregen und Fältchen nach und nach aufpolstern. Zack, zack, zack piekt Doktor Hartmann in die Haut wie ein Specht, der in Rekordzeit sein Häusle tackern will. Ich knautsche das Smiley-Gesicht, auch wenn meine Haut dank einer Creme oberflächlich betäubt ist und sich der Schmerz deutlich unter einer Augenbrauen-Epilation bewegt. Trotzdem, meine Atmung stockt, die Hände werden feucht. Die Mesotherapie fördert vor allem zunächst die Adrenalinproduktion, mein Körper will ganz offensichtlich keine Spechtunterkunft sein. Rund 180 Hyaluronprodukte sind in Deutschland zugelassen, einige werden zusätzlich mit Vitaminen und Antioxidantien angereichert. Doktor Hartmann setzt für ihre Therapie auf reine Hyaluronsäure, etwa drei Patienten lassen sich in ihrer Praxis pro Tag damit behandeln. Sie empfiehlt drei Sitzungen im Abstand von etwa zwei Wochen. Längst kommen nicht nur Frauen. Zwar sorgen sich Männer weniger um die Jugendlichkeit ihres Dekolletés, doch die Mesotherapie glättet auch Fältchen um die Augen. how to spend it „Schön“, sagt Doktor Hartmann nach zehn Minuten und reicht mir den Spiegel. Schön??? Dutzende etwa zwei Millimeter hohe Hügelchen thronen auf der Haut, als hätte sich ein Maulwurf unter ihr durchgefräst. Neun Tage drapiere ich weite Tücher über mein Streuseldekolleté. Nach der dritten Behandlung endlich kann ich tücherlos und faltenfrei in die Öffentlichkeit und fahre ins 40 Grad heiße Jordanien. An der Passkontrolle bei der Ausreise nach Deutschland stoppt mich der Beamte. „Dies ist nicht Ihr Pass“, sagt er und verhandelt mit einem Kollegen. Das macht mich nervös, ich denke an karge U-HaftZellen und diplomatische Hilfe. Doch der Beamte lächelt und reicht mir den Pass. „Sie sind auf keinen Fall so alt, wie da beim Geburtsdatum steht.“ Ob ich ihm von Flussdeltas, Spechtaktivitäten und Maulwurfshügeln erzählen soll? Vanessa Oelcker Dermocosmetic Center Hamburg, Poststraße 2, 20354 Hamburg, Tel. 040/328 07 88 30, www.dermocosmetic-center-hamburg.de; empfohlen werden drei Sitzungen; Kosten pro Sitzung: rund 200 Euro Thermage A ls ich mich auf Doktor Fatemis Liege begebe, warnt mich der Dermatologe: „Das ist keine besonders angenehme Prozedur.“ Ich atme durch, stelle mir vor, wie es wäre, aufzuspringen und zu flüchten. Auch der Apparat, der neben der Liege steht, verheißt nichts Gutes. Er erinnert an Zahnarztstationen mit Bohrer und Absauger. Doch an diesem Schlauch hängt ein Handstück mit einem flachen Behandlungskopf aus Metall, etwa so groß wie eine 10-CentMünze. Ob das besser ist, werde ich gleich heraus finden. Ich habe beschlossen, mutig zu sein und zu bleiben. Zunächst misst Doktor Fatemi meinen Hautwiderstand, sprich: testet, wie straff das Gewebe noch ist. Dann reinigt er mein Gesicht mit Alkohol und bedruckt es mit einem aufklebbaren Gitternetz, einer Art abwaschbarem Tattoo, das die Quadranten markiert, auf die er das Gerät aufsetzt. Jeder dieser Quadranten wird nun mit hochfrequenten Radiowellen behandelt. Die sollen das tie- 27 fer liegende Bindegewebe auf etwa 65 Grad erhitzen, während die Hautoberfläche zeitgleich mit einem Gas auf minus vier Grad gekühlt wird, um Verbrennungen zu vermeiden. Diese Methode verspricht zwei Erfolge: Durch die Hitze sollen sich die Kollagenstränge zusammenziehen, wodurch die Haut sofort nach der Anwendung gestrafft wirken kann. Gleichzeitig soll die Erwärmung die Fibroblasten wachkitzeln. Fibroblasten sind Zellen im Binde gewebe, die Kollagen produzieren. Mit dem Alter lässt ihr Arbeitseifer und damit auch die Festigkeit der Haut nach. Das Therma-Lifting will die müden Zellen an die Arbeit schicken. Und nach vier bis sechs Monaten soll man der Haut das frisch produzierte Kollagen ansehen. Der straffende Effekt halte bis zu zwei Jahre an, sagt Doktor Fatemi. „Viele Patienten kommen ab 40 Jahren zu uns, allerdings empfehle ich, eher anzufangen, um vorzubeugen“, sagt er. Mit Ende 30 bin ich im richtigen Alter – und in guter Gesellschaft. Aus der Wartezimmerlektüre nehme ich mit, dass Modellegende Linda Evange lista auf Thermage setzt. Die Prozedur beginnt. Doktor Fatemi beschießt jeden Quadranten für eine Zehntelsekunde mit einem Radiowellenimpuls. Etwa 300 Schuss benötigt der Hautarzt für den Bereich zwischen Kinnlinie und Jochbein. Der erste Impuls an der Wange erzeugt eine diffuse Wärme. Nicht schlimm, denke ich, doch da setzt der Doktor den Metallkopf am Kinn an, mich durchfährt ein Schmerz, der zwischen Wurzelbehandlung und Tattoo-Stechen liegt. Merke: Wo der Knochen direkt unter der Haut liegt, wird es unangenehm. Leider sind das die Stellen, denen Doktor Fatemi sich besonders widmet. Ich beiße die Zähne zusammen. Nach einer halben Stunde ist alles vorbei, ich atme durch. Ich kann die Praxis verlassen, ohne eine Faschingsmaske aufsetzen zu müssen. Mein Gesicht ist leicht gerötet und wirkt sogar angenehm erfrischt. Zwei Monate später sehe ich zwar nicht aus wie Linda Evangelista, aber ich will fair sein: Die Fibroblasten haben schließlich erst Halbzeit. Anne MeyerMinnemann S-Thetik Clinic in Hamburg, Düsseldorf und München, www.s-thetic.de; Kosten für eine Behandlung: etwa 1500 Euro; weitere Anbieter über www.thermage.com Botox W ieder werde ich es tun. Dabei rang ich diesmal wie Mickey Rourke in „The Wrestler“ mit meiner Eitelkeit. Doch die Eitelkeit war besser trainiert, als ich erwartet hatte, sie legte mich mit links auf die Matte. Weshalb ich nun im Behandlungssessel von Doktor Timm Golüke über der Maximilianstraße in München sitze. Und der prominente Dermatologe gerade eine winzige Menge klarer Flüssigkeit durch eine hauchfeine Nadel aufzieht und meine Stirn anschließend mit einer Desinfek tionslösung benetzt. Acht bis zehn mikroskopisch kleine Injektionspunkte wird er entlang meiner Gesichtsmuskulatur setzen. Ebenso oft wird es ein wenig pieksen, aber wirklich nur ein wenig. Über der Nasenwurzel, zur Zähmung der Zornesfalten. Rechts und links von der Stirnmitte und an den Seiten. Das Botox wird die Mimikbewegungen, die meine feinen Stirnfalten in unschöne Furchen verwandeln, verlangsamen und zum Teil sogar ausschalten. Damit sich nicht jedes Runzeln tief und tiefer in meine Haut gräbt. Schon 20 Minuten nach den Stichen sind keine verräterischen Spuren der Behandlung mehr zu entdecken. Nach gut zwei Wochen spüre ich eine angenehme Kühle unter der Haut, ein Zeichen, dass sich die Muskelfasern entspannen. Und schließlich glättet sich meine Stirn nach und nach. 28 Nicht jede Falte verschwindet, aber ihre Intensität lässt nach. Und mehr war auch gar nicht erwünscht. Doch trotz der wohl dosierten Maßnahme muss ich in meinem Bekanntenkreis einige Fragen zu Botox beantworten und noch mehr Nicole-Kidman-Witze ertragen. Die Schauspielerin hat ihr Gesicht in den letzten Jahren in ein glattes Puppenantlitz verwandelt und hält damit das hart näckige Vorurteil am Leben, Botox-Injektionen führten zwangsläufig zum „Frozen Face“, einer vereisten Mimik. Gern zusammen erzählt mit der Mär von der Überdosis Nervengift, die von der Stirn bis in die Mundwinkel wandern kann und aus Anti-Aging-Aspiranten hilflose Opfer des Jugendwahns macht, die sich füttern lassen müssen. Für mich steht allerdings fest: Was Botox vermag, kann keine Creme der Welt. Vorausgesetzt man vertraut sich einem Könner an. So herzchirurgisch präzise wie Doktor Golücke hat mir noch kein Arzt die Injektion gesetzt. Was mir nebenbei ein gutes Gefühl gibt: Golücke sieht aus wie eine reale und sehr gesunde Version von Barbies Freund Ken. Ob er operiert ist oder nicht, kann ich nicht beurteilen, aber der Mann macht den Eindruck, als sei er vom Genpool reich beschenkt worden. Und das könnte ich jedem, der einen Experten sucht, als weiteren Tipp mitgeben: Es ist schon mal gut, wenn ein Schönheitsdoktor nicht aussieht, als hätte er seine eigenen Künste am dringendsten nötig. Das wäre doch wie ein Metzger, der Vegetarier ist und seine eigenen Produkte verschmäht, oder ein Autohändler, der nur noch Fahrrad fährt. Siems Luckwaldt Doktor Timm Golüke, Maximilianstraße 30, 80539 München, Tel. 089/212 66 40, www.drgolueke.de, Kosten pro Sitzung: 300 Euro, Dauer der Wirkung: circa drei bis neun Monate Sculptra G enau 1350 Euro plus Mehrwertsteuer – diese Summe bringt mich näher an Hollywoods Alterslosenliga. Was ich habe „machen lassen“? Wangen aufpolstern. Im Neudeutsch der künstlichen Jugendlichkeit auch „minimalinvasiver Eingriff mit Sculptra“ genannt. So heißt die Behandlung, der Wirkstoff dahinter ist Poly-L-Milchsäure. Diese biotechnologisch hergestellten Polymere wurden meinem Gesicht injiziert, wo es nicht mehr einfach nur müde, sondern für meinen Geschmack „über den Zenit“ aussah. Dort soll die Substanz die Kollagenproduktion ankurbeln. In meinem Fall über den Daumen gepeilt zwei Ampullen für die rechte Wange, etwas mehr als eine für die linke, das Ganze verteilt auf zwei Sitzungen über einen Zeitraum von zwei Monaten. Der versprochene Effekt: ein frischeres, harmonischeres Gesamtbild. Und das ging so: Doktor Hartmut Meyer, Facharzt für plastische Chirurgie in Hamburg, malt ein Markernetz auf meine von Gewebeschwund – wie der Experte es uncharmant ausdrückt – betroffenen Wangen. Er betäubt oberflächlich, desinfiziert, piekst die Nadel mehrmals ins Gewebe und injiziert den tags zuvor angesetzten Filler. Die Substanz erzeugt ein leichtes Brennen. Obwohl der Wirkstoff tief unter die Hautschichten transportiert wurde, ist er gut modellierbar. Ein künstliches Polster, das der Arzt wie ein Skulpteur in Perfektform bringen muss. Sein Handwerk bleibt allerdings nie ohne Blutergüsse. Routinierte Patienten nehmen deshalb eine vorbereitende Portion Arnika-Globuli, um das Blut zu verdünnen. Weil ich die Kügelchen vergessen habe, muss ich zwei Wochen lang lustige Geschichten für mein Klitschko-Gesicht erfinden. Trotzdem würde ich die Behandlung als ideal verlaufen bezeichnen: Doktor Meyer ist mit dem Produkt vertraut und weiß, was er tut. Einige Wochen später – Sculptra braucht Zeit, um durch die Reaktion des Gewebes auf das Präparat zum gewünschten Resultat zu kommen – sehe ich mich um Jahre verjüngt. Sollte die Gesichtsharmonie nach einigen Wochen allerdings um den kleinsten Millimeter gestört wirken, kann ich nachbessern lassen. Und so ist es: Bei meinem zweiten Besuch werden die Unregelmäßigkeiten geringfügig ausgeglichen. Und da ist es, das Zauberwort: geringfügig! Niemand wünscht den geschwollenen Kugelfisch-Look, wie ihn sich Isabelle Adjani oder Monica Bellucci zugelegt haben (die englischsprachige Welt nennt es überdeutlich „Pillowface“). Ich gebe zu, ich hatte meine Zweifel. Doch der Moment absoluter Sicherheit kam nach der Behandlung: Ein fünf Jahre altes Foto bestätigt, wie richtig meine Entscheidung war. Nicht eine Sekunde bereue ich die kleine Korrektur. Letzte Bedenken, ob ich jetzt Dauergast werde, weil der Abbau des Wirkstoffs mein Gesicht verändert, zerstreut Doktor Meyer: „Der Sculptra-Abbau geschieht gleichmäßig, Unebenheiten der Oberfläche sind nicht zu befürchten.“ Wie lang mich das Resultat erfreuen wird? Das kann selbst der Experte nicht genau sagen. Nur so viel: Ich rauche nicht und trinke kaum, meide Sonne und Sauna, und statt Kreislaufkollaps-Workout mache ich Yoga. Alle diese Faktoren haben für die Verweildauer jedes Fillers Relevanz. Auch könne niemand vorhersagen, wie viel Kollagen die Haut als Reaktion auf Sculptra neu bilden werde, erklärt Doktor Meyer. Zwar sagt niemand unverblümt: „Du hast was machen lassen.“ Doch ganz unbemerkt bleibt der Eingriff nicht. Egal, ich verrate es sowieso jedem. Wir sind hier schließlich nicht in Hollywood. Alke von Kruszynski Dr. med. Hartmut Meyer, Brahmsallee 9, 20144 Hamburg, Tel. 040/46 25 56, www.praxisklinik-brahmsallee.de; Kosten: circa 450 Euro pro Ampulle; weitere Fachärzte über Clinic im Centrum, www. clinic-im-centrum.de; weitere Infos zu Sculptra: www.sculptra.de how to spend it
© Copyright 2024