M. C. Truß C. G. Stief S. Machtens T. Wagner U. Jonas Pharmakotherapie in der Urologie 2., vollständig überarbeitete Auflage M. C. Truß C. G. Stief S. Machtens T. Wagner U. Jonas Pharmakotherapie in der Urologie 2., vollständig überarbeitete Auflage 123 Prof. Dr. med. Michael C. Truß Direktor der Urologischen Klinik, Klinikum Dortmund gGmbH, Klinikzentrum Nord, Münsterstr. 240, 44145 Dortmund Prof. Dr. med. Christian G. Stief Direktor der Urologischen Klinik und Poliklinik, Klinikum Großhadern, Ludwig-Maximilians Universität München, Marchioninistr. 15, 81377 München Dr. med. Stefan Machtens Klinik und Poliklinik für Urologie und Kinderurologie, Medizinische Hochschule Hannover, Carl-Neuberg-Str. 1, 30625 Hannover Dr. med. Till Wagner Leitender Arzt der Klinik für Schmerztherapie, Medizinisches Zentrum Kreis Aachen, Mauerfeldchen 25, 52146 Würselen Prof. Dr. med. Udo Jonas Direktor der Urologischen Klinik und Poliklinik, Medizinische Hochschule Hannover, Carl-Neuberg-Str. 1, 30625 Hannover ISBN 3-540-23449-7 Springer Medizin Verlag Heidelberg Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer Medizin Verlag Ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2005 Printed in The Netherlands Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutzgesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Planung: Dr. Fritz Kraemer, Dr. Lars Rüttinger Projektmanagement: Ina Conrad, Dr. Lars Rüttinger Einbandgestaltung: deblik Berlin Satz und Reproduktion der Abbildungen: Fotosatz-Service Köhler GmbH, Würzburg Druck und Bindearbeiten: Krips, Meppel, Niederlande Gedruckt auf säurefreiem Papier SPIN 11009849 2111/Rü – 5 4 3 2 1 0 V Vorwort zur 2. vollständig überarbeiteten und ergänzten Ausgabe Die 1. Auflage von »Pharmakotherapie in der Urologie« war schon kurz nach ihrem Erscheinen vergriffen und wurde seitdem mehrfach nachgedruckt. Offenbar wurde hier eine Marktlücke in der urologischen Literatur getroffen. Dieser Erfolg und die vielfältige, positive Resonanz hat uns sehr gefreut und war Anlass zu einer grundlegenden Überarbeitung. Viele neue Substanzen erfuhren zwischenzeitlich eine Markteinführung bzw. stehen kurz davor und werden in der 2. Auflage ausführlich diskutiert. Die vorliegende, vollständig überarbeitete und ergänzte Auflage wurde wesentlich erweitert und geht ausführlich auf die neuen Therapieoptionen ein. Neben dieser sorgfältigen Überarbeitung der einzelnen Kapitel wurden die folgenden Themen neu aufgenommen: Therapie mit BCG beim oberflächlichen Harnblasenkarzinom, topische Therapie beim oberflächlichen Urothelkarzinom der Harnblase, Therapieoptionen des hormonrefraktären Prostatakarzinoms, Komplementärmedizin in der urologischen Onkologie, neue Aspekte der Sepsisbehandlung, Therapie der interstitiellen Zystitis, Management der akuten Kontrastmittelallergie, medikamentöse Therapie der Induratio Penis plastica, sexuelle Funktionsstörungen bei Frauen und Möglichkeiten der Pharmakotherapie sowie ein Addendum Akupunktur in der Urologie. Das Buch richtet sich wiederum an Kollegen am Anfang ihrer Ausbildung und an erfahrene Fachärzte. Es soll sowohl ein schnelles Nachschlagen (»quick reference«) als auch eine vertiefte Auffrischung von wesentlichen Aspekten der urologischen Pharmakotherapie ermöglichen. Die Gliederung in vier Hauptabschnitte hat sich aus unserer Sicht bewährt und wurde bewusst beibehalten. Die Liste der Autoren und Ko-Autoren, sämtlich ausgewiesene Experten, wurde wesentlich erweitert. Unser Dank gilt den Autoren, die mit ihrem Fachwissen, ihrem Enthusiasmus und ihrer Disziplin eine zeitgerechte Realisierung dieses Buchprojektes erst ermöglicht haben. Die vielfältigen Anregungen von Kollegen haben uns sehr geholfen und direkten Eingang in die 2. Auflage erfahren. Für weitere Kommentare, Kritik und Anregungen sind wir auch in Zukunft dankbar. Unser besonderer Dank gilt auch dem Springer-Verlag und seinen Mitarbeitern für die professionelle und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Hannover, im März 2005 Die Herausgeber VII Inhaltsverzeichnis 4.3 I Urologische Onkologie S. Machtens 1 Supportive Therapie und Begleitmaßnahmen beim Einsatz von Zytostatika . . . . . . . . . . . . . 3 4.4 4.5 4.6 4.7 H.-P. Lipp, C Bokemeyer 1.1 1.2 1.3 1.4 Einführung . . . . . . . . . . . . Toxizitätsprofil der Zytostatika Gastrointestinale Toxizität . . . Organprotektive Maßnahmen Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 4 5 22 28 2 Therapie mit BCG beim oberflächlichen Harnblasenkarzinom . . . . . . . . . . 33 A. Böhle 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 3 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Historische Entwicklung der intravesikalen BCG-Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verabreichung von BCG . . . . . . . . . . . Induktionszyklus . . . . . . . . . . . . . . . . Nebenwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . Stellenwert der BCG-Therapie . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Topische Therapie beim oberflächlichen Urothelkarzinom der Harnblase. . . . . . . . . . . . . . . 34 34 35 35 38 39 40 4 Zum Thema . . . . . . . . . . . . . . . . . . Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neue Medikamente . . . . . . . . . . . . . Strategien zur Verbesserung der Effektivität der topischen Therapie . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 . . . 44 44 47 . . 47 48 Pharmakologische Therapie des fortgeschrittenen und metastasierten Urothelkarzinoms . . 51 O. Bolte, S. Machtens 4.1 4.2 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Operative Therapie des fortgeschrittenen Harnblasenkarzinoms. . . . . . . . . . . . . 53 57 58 58 61 68 Vakzination und Immunchemotherapie zur adjuvanten oder palliativen Therapie des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms: Stand der Evidenz im März 2004 . . . . . . . . . . . . . . . 73 D. Rohde 5.1 5.2 5.3 6 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Adjuvante Therapie des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms . . . . . . . . . . . . . Palliative Therapie des metastasierten . . Nierenzellkarzinoms . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Adjuvante medikamentöse Therapie des Prostatakarzinoms . . . . . . . . . 74 74 75 83 85 A. S. Merseburger, A. G. Anastasiadis, A. Stenzl, M. A. Kuczyk M. G. Friedrich 3.1 3.2 3.3 3.4 5 Neoadjuvante, adjuvante und palliative Chemotherapie des lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Urothelkarzinoms der Harnblase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Polychemotherapie mit 2 Substanzen . . Polychemotherapie mit 3 Substanzen . . Polychemotherapie mit 4 Substanzen . . Einsatz hämatopoetischer Wachstumsfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 52 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 6.6 6.7 6.8 6.9 6.10 6.11 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hormontherapie nach primärer Radiatio Bilaterale Orchiektomie . . . . . . . . . . . Östrogene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . LHRH-Analoga . . . . . . . . . . . . . . . . . Antiandrogene . . . . . . . . . . . . . . . . . Maximale Androgenblockade . . . . . . . Androgen-withdrawal-Syndrom . . . . . . Sonstige Therapieformen . . . . . . . . . . Intermittierende Androgendeprivation . Nebenwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 86 87 87 87 88 90 90 90 91 91 92 VIII 7 Inhaltsverzeichnis Therapieoptionen des hormonrefraktären Prostatakarzinoms . . . . 95 A. Heidenreich, C. H. Ohlmann 7.1 7.2 7.3 7.4 Einleitung . . . . . . . . Definition des HRPCA . Glukokortikoide . . . . Chemotherapie. . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Chemotherapie metastasierter Keimzelltumoren des Hodens . . . . 107 9.5 9.6 9.7 . 96 . 96 . 98 . 98 . 103 8.3 8.4 8.5 8.6 8.7 8.8 8.9 8.10 8.11 8.12 8.13 8.14 9 9.1 9.2 9.3 9.4 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einteilung von Patienten mit fortgeschrittener Metastasierung . . . . . Therapiedurchführung . . . . . . . . . . . . Primärtherapie fortgeschrittener Seminome (Stadium IIC/D und Stadium III) . . Einfluss der behandelnden Institution auf das Therapieergebnis . . . . . . . . . . Management von Patienten mit Hirnmetastasierung . . . . . . . . . . . Management von Patienten mit Lebermetastasen . . . . . . . . . . . . . Behandlung von Residuen nach erfolgter Chemotherapie. . . . . . . . . . . . . . . . . Behandlung von Rezidiven nach Chemotherapie . . . . . . . . . . . . . Konventionell dosierte Salvage-Chemotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spätrezidive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neue Substanzen in der Behandlung von testikulären Keimzelltumoren. . . . . Chemotherapieassoziierte Toxizität . . . . Keimzelltumoren extragonadalen Ursprungs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 . 145 M. C. Truß 108 109 109 110 116 10 Diagnostik urologischer Infektionen 149 10.1 10.2 10.3 10.4 Allgemeine Logistik der Diagnostik . Einteilung urologischer Infektionen . Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . Krankheitsbilder . . . . . . . . . . . . . Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Therapie von Harnwegsinfektionen und Rezidivprophylaxe. . . . . . . . . 163 11.1 Epidemiologie, Definitionen und Infektionswege . . . . . . . . . . . Akute, unkomplizierte Harnwegsinfektionen . . . . . . . . . . . . . . . . Komplizierte Harnwegsinfektionen . Sonderformen . . . . . . . . . . . . . . Antibiotikaauswahl . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . M. Menninger 116 117 117 120 11.2 120 125 125 126 128 131 11.3 11.4 11.5 150 150 152 157 162 162 . . . 164 . . . . . . . . . . . . . . . 164 165 165 165 174 12.1 Grundlagen der perioperativen Antibiotikaprophylaxe . . . . . . . . . Antibiotikaprophylaxe bei offenen Operationen . . . . . . . . . . . . . . . Antibiotikaprophylaxe bei endourologischen Operationen . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . N. Schlote 12.3 . . 143 . . . . . . Perioperative Antibiotikaprophylaxe 175 B. J. Schmitz-Dräger, G. Lümmen, T. Klotz, J. E. Altwein . . 140 . . 140 . . . . . . 12 12.2 . . 140 . . . . . . F. Imkamp, M. C. Truß Komplementärmedizin in der urologischen Onkologie . . . . 139 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . Bedeutung der komplementären und alternativen Medizin . . . . . . . . Ernährung und Nahrungsergänzung . Unkonventionelle (medikamentöse) Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 . 144 II Infektionen, interstitielle Zystitis und Kontrastmittelallergie J. T. Hartmann, M. A. Kuczyk, C. Bokemeyer 8.1 8.2 Sport und Bewegung . . . . . . . . . . . . Magnetfeldtherapie . . . . . . . . . . . . . Psychologische und andere alternative Behandlungsverfahren . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 . . . 179 . . . 181 . . . 183 IX Inhaltsverzeichnis 13 Urogenitaltuberkulose und Urogenitalmykosen . . . . . . . . 185 17 Pharmakotherapie der interstitiellen Zystitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 17.1 17.2 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Oralsystemische Therapie der interstitiellen Zystitis . . . . . . . . . . Intravesikale Therapie der interstitiellen Zystitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . W. Vahlensieck, S. Lenk 13.1 13.2 A. van Ophoven, L. Hertle Urogenitaltuberkulose . . . . . . . . . . . . 186 Urogenitalmykosen . . . . . . . . . . . . . . 191 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 17.3 14 Harnwegsinfektionen im Rahmen von Systemerkrankungen (Diabetes mellitus, Niereninsuffizienz, Hämatoonkologie, Aids) und nach Nierentransplantation . . . 203 17.4 Einleitung . . . . . . . . Diabetes mellitus . . . Niereninsuffizienz . . . Nierentransplantation Hämatoonkologie . . . Aids . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 210 212 213 216 216 218 15 Sexuell übertragbare Erkrankungen und andere andrologisch bedeutsame Infektionen . . . . . . . . . . . . . . . . 221 15.1 15.2 15.3 15.4 15.5 15.6 15.7 Zum Thema . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klassische Geschlechtskrankheiten . . . Nichtgonorrhoische Urethritis . . . . . . Prostatitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Epididymitis und Orchitis . . . . . . . . . Sexuell übertragbare Virusinfektionen . Protozoonosen des Genitaltraktes. . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . K. Krämer-Schultheiss, D. Schultheiss 16 . . . . . . . . 222 223 227 228 230 231 232 233 Neue Aspekte der Sepsisbehandlung 235 T. Schürholz, H. Ruschulte 16.1 16.2 16.3 16.4 16.5 16.6 16.7 Einführung . . . . Definitionen. . . . Letalität. . . . . . . Pathogenese . . . Pathophysiologie Therapie . . . . . . Neue Aspekte . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 236 237 237 237 238 238 241 . 245 . 248 . 253 . 255 18 Therapie der retroperitonealen Fibrose (M. Ormond) . . . . . . . . . . 259 18.1 18.2 Zum Thema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 M. Burg, V. Kliem 14.1 14.2 14.3 14.4 14.5 14.6 . 244 E. Waldkirch, J. H. Hagemann, M. C. Truß 19 Die Fournier-Gangrän . . . . . . . . . 265 J. H. Hagemann, E. Waldkirch, M. C. Truß 19.1 19.2 19.3 19.4 19.5 19.6 19.7 Pathogenese . . . . . . . . . Klinische Symptomatik . . . Diagnostik . . . . . . . . . . . Chirurgische Therapie . . . Antibiotische Therapie . . . Weitere Therapieoptionen . Prognose. . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 267 267 268 268 269 269 270 20 Management der akuten Kontrastmittelallergie . . . . . . . . . 271 20.1 20.2 20.3 Pharmakologie . Klinik . . . . . . . Therapie . . . . . Literatur . . . . . S. Linde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 272 274 279 X Inhaltsverzeichnis 25 Medikamentöse Therapie der Induratio penis plastica . . . . . . 359 25.1 25.2 25.3 25.4 25.5 25.6 Induratio penis plastica. . . . . . . . . . . . Probleme der medikamentösen Therapie Orale Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . Intraläsionale Therapie . . . . . . . . . . . . Transdermale Therapie . . . . . . . . . . . . Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Therapie von Ejakulationsstörungen 367 26.1 26.2 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 Klassifikation der Ejakulationsstörungen 368 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 27 Substitutionstherapie mit Androgenen . . . . . . . . . . . . . 381 27.1 27.2 Physiologie der Androgene . . . . . . . . . Klassifikationen des Testosteronmangels und differenzialdiagnostische Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Diagnostik des Androgenmangels . . . . Indikationen für eine Androgensubstitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Applikationsformen von Testosteron . . . Nebenwirkungen und Risiken . . . . . . . DHEA und Östrogene . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III Funktionelle Störungen C. G. Stief E. W. Hauck, W. Weidner 21 Pharmakologische Therapie von neurogenen Harnblasenfunktionsstörungen und Harninkontinenz . . . . . . . . . . . . . . . . 283 21.1 Klassifikation und klinische Manifestation neurogener Funktionsstörungen des unteren Harntraktes . . . . . . . . . . . Pharmakotherapeutische Ansatzpunkte zur Beeinflussung einer neurogenen Fehlfunktion des unteren Harntraktes . . Funktionell orientierte Pharmakotherapie neurogener Funktionsstörungen des unteren Harntraktes . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Grünewald 21.2 21.3 285 O. Heuer, S. Machtens 286 288 306 22 Pharmakologische Therapie des benignen Prostatasyndroms . . . 313 22.1 22.2 22.3 22.4 22.5 22.6 Zum Thema . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie mit α1-Rezeptorenblockern . Therapie mit 5α-Reduktasehemmern. Therapie mit Pflanzenextrakten . . . . Kombinationstherapie . . . . . . . . . . MTOPS-Studie . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Therapie der erektilen Dysfunktion . 341 D. Schultheiss, N. Schlote, F. M. Köhn M. Oelke, R. R. Berges, J. J. de la Rosette . . . . . . . . . . . . . . 314 317 325 331 332 333 337 27.3 27.4 27.5 27.6 27.7 24 Zum Thema . . . . . . . . . . . . . First-line-Therapieoptionen . . . Second-line-Therapieoptionen . Third-line-Therapieoptionen . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 342 348 350 350 Die Behandlung der prolongierten Erektion/Priapismus . . . . . . . . . . 353 J. H. Hagemann, E. Waldkirch, M. C. Truß 24.1 24.2 Zum Thema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 382 382 383 385 386 390 390 392 28 Sexuelle Funktionsstörungen bei Frauen und Möglichkeiten der Pharmakotherapie . . . . . . . . . 395 28.1 28.2 Physiologie von Clitoris und Vagina . . . . Sexuelle Funktionsstörungen bei Frauen – Klassifikation und mögliche Ursachen . Optionen der Pharmakotherapie sexueller Funktionsstörungen bei Frauen Sexuelle Funktionsstörungen bei Frauen – Fakt oder Fiktion? . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Waldkirch, D. Schultheiss, S. Ückert, J.-U. Stolzenburg, M. C. Truß, C. G. Stief 23.1 23.2 23.3 23.4 360 360 361 363 364 364 365 S. Ückert, M. C. Truß 28.3 28.4 396 397 399 400 402 XI Inhaltsverzeichnis 29 29.1 29.2 29.3 29.4 Pharmakologische Prophylaxe und Therapie von Blutungen im ableitenden Harntrakt . . . . . . . 405 33 Therapie chronischer Schmerzen und Tumorschmerztherapie . . . . . 461 W. Vahlensieck 33.1 33.2 Therapie chronischer Schmerzen . . . . . 462 Tumorschmerztherapie . . . . . . . . . . . 464 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467 34 Addendum: Akupunktur in der Urologie . . . . . . 469 34.1 Akupunktur in der traditionellen chinesischen Medizin . . . . . . . . . . . . Akupunktur in der westlichen Medizin . . Neurophysiologische Grundlagen der Akupunktur . . . . . . . . . . . . . . . . Klinische Akupunkturforschung . . . . . . Akupunktur bei urologischen Störungen Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einleitung . . . . . . . Ursachen . . . . . . . . Symptomatik . . . . . Therapiemodalitäten Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 406 406 408 417 M. Karst, T. Wagner M. Karst IV Schmerztherapie 30 T. Wagner 34.2 34.3 Grundlagen der Schmerztherapie . . 423 34.4 34.5 T. Wagner 30.1 30.2 30.3 30.4 30.5 30.6 30.7 30.8 Einführung, Einteilung und Epidemiologie des Schmerzes . . . . . . . . . . . . . . . . . Physiologie und Pathophysiologie des Schmerzes . . . . . . . . . . . . . . . . . Schmerzentstehung. . . . . . . . . . . . . . Schmerzleitung und Schmerzwahrnehmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nozizeptorschmerz . . . . . . . . . . . . . . Nervenschmerz. . . . . . . . . . . . . . . . . Schmerzmessung . . . . . . . . . . . . . . . Grundregeln der medikamentösen Schmerztherapie. . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 425 425 426 428 428 428 429 431 31 Medikamente in der Schmerztherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 31.1 Medikamentöse Schmerztherapie in der Urologie . . . . . . . . . . . . . . . . . 434 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 32 Therapie akuter Schmerzen in der Urologie . . . . . . . . . . . . . . 449 32.1 32.2 Therapie akuter Schmerzen . . . . . . . . . Systemische Pharmakotherapie postoperativer Schmerzzustände . . . . . Spezielle lokalanästhesiologische Verfahren bei urologischen Operationen Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M. Karst T. Wagner 32.3 450 452 457 460 470 470 471 472 474 475 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 477 XIII Autorenverzeichnis Altwein, Jens E., Prof. Dr. med. Burg, Michael, Priv.-Doz. Dr. med. Heidenreich, Axel, Prof. Dr. med. Urologische Klinik, Krankenhaus der Barmherzigen Brüder, Romanstr., 80639 München Nephrologisches Zentrum Niedersachsen, Abteilung Innere Medizin/Nephrologie, Am Vogelsang 105, 34346 Hannoversch Münden Leiter der Sektion für klinische und experimentelle urologische Onkologie, Klinik und Poliklinik für Urologie, Medizinische Einrichtungen der Universität zu Köln, Joseph-Stelzmann-Str. 9, 50931 Köln Anastasiadis, Aristotelis G., Priv.-Doz. Dr. med. Abteilung für Urologie, Eberhard-Karls-Universität Tübingen, Hoppe-Seyler-Str. 3, 72076 Tübingen Friedrich, Martin G., Dr. med. Klinik und Poliklinik für Urologie, Universitätsklinikum HamburgEppendorf, Universität Hamburg, Martinistraße 52, 20246 Hamburg Berges, Richard R., Priv.-Doz. Dr. med. Venloer Str. 288, 50823 Köln Grünewald, Volker, Dr. med. HELIOS Agnes-Karll Krankenhaus, Am Hochkamp 21, 23611 Bad Schwartau Klinik und Poliklinik für Urologie und Kinderurologie, Medizinische Hochschule Hannover, Carl-Neuberg-Str. 1, 30625 Hannover Bokemeyer, Carsten, Prof. Dr. med. Hagemann, Jörn, Dr. med. Leiter der medizinischen Klinik und Poliklinik II, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Universität Hamburg, Martinistr. 52, 20246 Hamburg vormals: Universitätsklinikum der Eberhard-Karls-Universität, Medizinische Klinik II, Abteilung Hämatologie, Onkologie, Immunologie, Rheumatologie, Otfried-Müller-Str. 10, 72076 Tübingen Klinik und Poliklinik für Urologie und Kinderurologie, Medizinische Hochschule Hannover, Carl-Neuberg-Str. 1, 30625 Hannover Böhle, Andreas, Prof. Dr. med. Bolte, Oliver, Dr. med. Medizinische Hochschule Hannover, Zentrum Innere Medizin, Oberarzt der Abt. VIII Hämatologie und Onkologie, Carl-Neuberg-Str. 1, 30625 Hannover Hartmann, Jörg, Priv.-Doz. Dr. med. Bereichsleitung Internistische Onkologie, Medizinische Klinik II, Abteilung Hämatologie, Onkologie, Immunologie, Rheumatologie, Universitätsklinikum der Eberhard-Karls-Universität, Otfried-Müller-Str. 10, 72076 Tübingen Hauck, Ekkehardt, Dr. med. Klinik und Poliklinik für Urologie und Kinderurologie, Universität Gießen, Rudolf-Buchheim-Str. 7, 35392 Gießen Hertle, Lothar, Prof. Dr. med. Direktor der Klinik und Poliklinik für Urologie, Universitätsklinikum Münster, Albert-Schweitzer Str. 33, 48149 Münster Heuer, Olaf, Dr. med. Klinik und Poliklinik für Urologie und Kinderurologie, Medizinische Hochschule Hannover, Carl-Neuberg-Str. 1, 30625 Hannover Imkamp, Florian, Dr. med. Klinik und Poliklinik für Urologie und Kinderurologie, Medizinische Hochschule Hannover, Carl-Neuberg-Str. 1, 30625 Hannover Karst, Matthias, Priv.-Doz. Dr. med. Zentrum Anästhesiologie der Medizinischen Hochschule Hannover, Carl-Neuberg-Str. 1, 30625 Hannover Kliem, Volker, Priv.-Doz. Dr. med. Nephrologisches Zentrum Niedersachsen, Abteilung Innere Medizin/Nephrologie, Am Vogelsang 105, 34346 Hannoversch Münden XIV Autorenverzeichnis Klotz, Theodor, Priv.-Doz. Dr. med. Lümmen, Gerd, Priv.-Doz. Dr. med. Rosette de la, Jean, Prof. Dr. med. Klinik für Urologie und Kinderurologie, Klinikum Weiden, Söllnerstr. 17, 92637 Weiden Urologische Klinik und Poliklinik, Medizinische Einrichtungen der Universität Essen, Hufelandstr. 55, 45122 Essen Köhn, Frank-Michael, Prof. Dr. med. Machtens, Stefan, Dr. med. Director of the Department of Urology, Academic Medical Center, University of Amsterdam, Meibergdreef 9, 1105 AZ Amsterdam, The Netherlands Leitender Oberarzt, Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie, Technische Universität München, Biedersteiner Str. 29, 80802 München Medizinische Hochschule Hannover, Klinik und Poliklinik für Urologie und Kinderurologie, Carl-Neuberg-Str. 1, 30625 Hannover Ruschulte, Heiner, Dr. med. Zentrum Anästhesiologie der Medizinischen Hochschule Hannover, Carl-Neuberg-Str. 1, 30625 Hannover Menninger, Manfred, Dr. med. Krämer-Schultheiss, Katja S., Dr. med. Hautklinik, Klinikum Minden, Portastr. 7–9, 32423 Minden Klinikum Oberallgäu, Robert-Weixler-Str. 56, 87439 Kempten Merseburger, Axel, Dr. med. Kuczyk, Markus A., Prof. Dr. med. Abteilung für Urologie, Eberhard-Karls-Universität Tübingen, Hoppe-Seyler-Str. 3, 72076 Tübingen Abteilung für Urologie, Eberhard-Karls-Universität Tübingen, Hoppe-Seyler-Str. 3, 72076 Tübingen Oelke, Matthias, Dr. med. Schlote, Norbert, Dr. med. Klinik und Poliklinik für Urologie und Kinderurologie, Medizinische Hochschule Hannover, Carl-Neuberg-Str. 1, 30625 Hannover Schmitz-Dräger, Bernd, Prof. Dr. med. EuroMed Clinic, Europa-Allee 1, 90763 Fürth Urologische Klinik und Poliklinik, Universitätsklinikum der Humboldt Universität, Campus Charité, Schumannstr. 20–21, 10117 Berlin Department of Urology, Academic Medical Center, University of Amsterdam, Meibergdreef 9, 1105 AZ Amsterdam, The Netherlands Linde, Sylvia, Dr. med. Ohlmann, Carsten H., Dr. med. Zentrum Anästhesiologie der Medizinischen Hochschule Hannover, Carl-Neuberg-Str. 1, 30625 Hannover Klinik und Poliklinik für Urologie, Medizinische Einrichtungen der Universität zu Köln, Joseph-Stelzmann-Str. 9, 50931 Köln Schürholz, Tobias, Dr. med. Ophoven, Arndt van, Dr. med. Stenzl, Arnulf, Prof. Dr. med. Klinik und Poliklinik für Urologie, Universitätsklinikum Münster, 48129 Münster Direktor der Abteilung für Urologie, Eberhard-KarlsUniversität Tübingen, Hoppe-Seyler-Str. 3, 72076 Tübingen Lenk, Volker Severin, Prof. Dr. med. Schultheiss, Dirk, Priv.-Doz. Dr. med. Klinik und Poliklinik für Urologie und Kinderurologie, Medizinische Hochschule Hannover, Carl-Neuberg-Str. 1, 30625 Hannover Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie, Universitätsklinikum Jena, Erlanger Allee 101, 07747 Jena Lipp, Hans-Peter, Dr. rer. nat. Chefapotheker, Universitätsapotheke, EberhardKarls-Universität Tübingen, Röntgenweg 9, 72076 Tübingen Rohde, Detlef, Priv.-Doz. Dr. med., Dr. Urologische Klinik des Klinikums Darmstadt, Grafenstr. 9, 64380 Darmstadt XV Autorenverzeichnis Stief, Christian G., Prof. Dr. med. Wagner, Till, Dr. med. Direktor der Urologischen Klinik und Poliklinik, Klinikum Großhadern, Ludwig-Maximilians-Universität München, Marchioninistr. 15, 81377 München Leitender Arzt der Klinik für Schmerztherapie, Medizinisches Zentrum Kreis Aachen, Mauerfeldchen 25, 52146 Würselen Waldkirch, Eginhard, Dr. med. Stolzenburg, Jens-Uwe, Priv.-Doz. Dr. med. Leitender Oberarzt, Universitätsklinikum Leipzig, Klinik und Poliklinik für Urologie, Liebigstr. 21, 04103 Leipzig Klinik und Poliklinik für Urologie und Kinderurologie, Medizinische Hochschule Hannover, Carl-Neuberg-Str. 1, 30625 Hannover Weidner, Wolfgang, Prof. Dr. med. Truß, Michael C., Prof. Dr. med. Direktor der Urologischen Klinik, Klinikum Dortmund gGmbH, Klinikzentrum Nord, Münsterstr. 240, 44145 Dortmund vormals: Leitender Oberarzt, MHM®, Klinik und Poliklinik für Urologie und Kinderurologie, Medizinische Hochschule Hannover, Carl-Neuberg-Str. 1, 30625 Hannover Ückert, Stefan, Dr. rer. biol. hum. Klinik und Poliklinik für Urologie und Kinderurologie, Medizinische Hochschule Hannover, Carl-Neuberg-Str. 1, 30625 Hannover Vahlensieck Jr., Winfried, Priv.-Doz. Dr. med. Chefarzt der Urologischen Abteilung, Ärztlicher Direktor der Klinik Wildetal, Mühlenstr. 8, 34537 Bad Wildungen-Reinhardshausen Direktor der Klinik und Poliklinik für Urologie und Kinderurologie, Universität Gießen, RudolfBuchheim-Str. 7, 35392 Gießen I Urologische Onkologie S. Machtens 1 Supportive Therapie und Begleitmaßnahmen beim Einsatz von Zytostatika – 3 H.-P. Lipp, C. Bokemeyer 2 Therapie mit BCG beim oberflächlichen Harnblasenkarzinom – 33 A. Böhle 3 Topische Therapie beim oberflächlichen Urothelkarzinom der Harnblase – 43 M. G. Friedrich 4 Pharmakologische Therapie des fortgeschrittenen und metastasierten Urothelkarzinoms – 51 O. Bolte, S. Machtens 5 Vakzination und Immunchemotherapie zur adjuvanten oder palliativen Therapie des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms: Stand der Evidenz im März 2004 – 73 D. Rohde 6 Adjuvante medikamentöse Therapie des Prostatakarzinoms – 85 A. S. Merseburger, A. G. Anastasiadis, A. Stenzl, M. A. Kuczyk 7 Therapieoptionen des hormonrefraktären Prostatakarzinoms – 95 A. Heidenreich, C. H. Ohlmann 8 Chemotherapie metastasierter Keimzelltumoren des Hodens – 107 J. T. Hartmann, M. A. Kuczyk, C. Bokemeyer 9 Komplementärmedizin in der urologischen Onkologie B. J. Schmitz-Dräger, G. Lümmen, T. Klotz, J. E. Altwein – 139 1 Supportive Therapie und Begleitmaßnahmen beim Einsatz von Zytostatika H.-P. Lipp, C. Bokemeyer 1.1 Einführung –4 1.2 Toxizitätsprofil der Zytostatika 1.3 Gastrointestinale Toxizität 1.3.1 1.3.2 1.3.3 1.3.4 1.3.5 1.3.6 1.3.7 1.3.8 1.3.9 1.3.10 1.3.11 1.3.12 1.3.13 Übelkeit und Erbrechen – 6 Mukositis – 10 Xerostomie – 13 Gastrointestinale Motilitätsstörungen – 13 Die chemotherapieinduzierte Obstipation – 14 Myelosuppression – 14 Neutropenie – 15 Fieber unbekannter Genese – 16 Thrombozytopenie – 17 Anämie – 18 Alopezie – 19 Extra- und Paravasation – 20 Überempfindlichkeitsreaktionen – 21 –5 1.4 Organprotektive Maßnahmen 1.4.1 1.4.2 1.4.3 Mesna – 23 Dexrazoxan (ICRF-187) Amifostin – 26 Literatur – 28 – 23 –4 – 22 I 4 Kapitel 1 · Supportive Therapie und Begleitmaßnahmen beim Einsatz von Zytostatika 1.1 Einführung Zytostatika zählen zu den Arzneistoffen mit der geringsten therapeutischen Breite. Aufgrund des geringen Spielraums zwischen therapeutischer Effektivität und dem Spektrum unerwünschter Begleiterscheinungen ist es für alle an der Therapie beteiligten Personen sehr wichtig, das Auftreten substanzspezifischer Nebenwirkungen abschätzen und darauf rechtzeitig, wenn möglich prophylaktisch reagieren zu können. Viele Begleiterscheinungen ergeben sich aufgrund der Toxizität der Verbindungen auf rasch proliferierendes normales Gewebe, z. B. wie dem Knochenmark, den Schleimhäuten oder der Haare. Hingegen stehen Beeinträchtigungen der Organfunktionen, z. B. Nephrooder Neurotoxizität, sehr stark mit der Pharmakokinetik der eingesetzten Wirkstoffe und teilweise gebildeten toxischen Metaboliten in Zusammenhang. Unter diesen Gesichtspunkten erfordert der Umgang mit den verschiedenen Zytostatika und den darauf abgestimmten Supportivtherapien nicht nur ein hohes Maß an Erfahrung, sondern auch eine enge interdisziplinäre Einbindung des behandelnden Arztes [85]. In den letzten 20 Jahren wurden erhebliche Fortschritte bei der Aufklärung von Pathomechanismen und der Entwicklung darauf abgestimmter Supportivtherapien erzielt. Eines der bekanntesten Beispiele ist das zytostatikainduzierte Erbrechen und die bahnbrechende Entwicklung der Serotoninantagonisten (»setrone«). Allerdings dürfen solche medizinischen Fortschritte nicht darüber hinweg täuschen, dass eine Reihe von Toxizitäten wie z. B. die Mukositis, die Thrombozytopenie oder die Ototoxizität noch nicht zufriedenstellend prophylaktisch angegangen werden können, so dass derzeit primär die Erkennung und Vermeidung von Risikofaktoren im Vordergrund steht [16, 85]. Die zunehmend häufiger notwendige Steigerung von Einzeldosen oder kumulativen Gesamtdosen zur Verbesserung des therapeutischen Ergebnisses lassen aber auch die Toxizität auf bestimmte Organe immer mehr in den Mittelpunkt des Interesses rücken. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass außer dem blasenschützenden Mesna im Rahmen einer Therapie mit Oxazaphosphorinen, außer dem Dexrazoxan im Rahmen einer The- rapie mit Anthrazyklinen und dem Amifostin zur Verminderung cisplatininduzierter Nephrotoxizität sonstige Möglichkeiten der supportiven Therapie zur Organprotektion noch relativ begrenzt sind. 1.2 Toxizitätsprofil der Zytostatika Zytostatika können je nach Dosis und Art der verwendeten Substanz ein breites Spektrum von Nebenwirkungen auslösen ( s. nachfolgende Übersicht). So ist die Toxizität auf sich rasch teilendes, normales Gewebe hinsichtlich des Ausmaßes und der Schwere der Funktionsstörung nicht nur von der gewählten Dosis, sondern auch von der jeweils eingesetzten Substanz abhängig: Während z. B. der konventionelle Einsatz der Taxane mit einer relativ Spektrum der Nebenwirkungen einer Zytostatikatherapie 1. Überempfindlichkeitsreaktionen 2. Extra- und Paravasation 3. Dosisabhängige Toxizität auf rasch proliferierendes, normales Gewebe 3.1 Hauttoxizität (Alopezie, Erytheme, Pigmentierungsstörungen) 3.2 Gastrointestinale Toxizität (Mukositis, Diarrhoen, Emesis) 3.3 Myelosuppression (Leukozytopenie, Thrombozytopenie, Anämie) 4. Dosis- und wirkstoffabhängige Organtoxizität (akut, subchronisch und chronisch) 4.1 Nephro- und Urotoxizität 4.2 Hepatotoxizität 4.3 Kardiotoxizität 4.4 Lungentoxizität 4.5 Neurotoxizität 5. Spätfolgen einer Chemotherapie 5.1 Infertilität 5.2 Teratogenität 5.3 Sekundärmalignome 5 1.3 · Gastrointestinale Toxizität hohen Inzidenz (>70%) einer Alopezie verbunden ist, tritt Haarausfall unter Einsatz von Gemcitabin nur bei etwa 10% der Patienten auf. Die Entstehung einer allergischen Reaktion, die schließlich in einen anaphylaktischen Schock münden kann, ist primär mit der Art der gewählten Verbindung (z. B. Asparaginase, Melphalan, Platinverbindungen) oder dem Einsatz bestimmter Hilfsstoffe (z. B. Cremophor EL) in Zusammenhang zu sehen. Das Risiko für schwerwiegende Ulzerationen nach Extra- oder Paravasation eines Zytostatikums ist stark an die Verwendung bestimmter Zytostatika-Klassen (z. B. Vinca-Alkaloide, konventionelle Anthrazykline) gebunden. Nebenwirkungen auf Organe wie z. B. Lunge, Herz, Leber, Nervensystem, Nieren und Blase sind zu einem großen Teil durch die Pharmakokinetik der Wirkstoffe vorbestimmt. So ist seit langem bekannt, dass durch die Entstehung von Acrolein während der Biotransformation der Oxazaphosphorine Cyclophosphamid und Ifosfamid ein stark urotoxischer Metabolit entsteht. Angesichts dieser 1 Kenntnis konnte wiederum mit dem Uroprotektivum Mesna diese Toxizität in den letzten 20 Jahren weitgehend vermieden werden. Eine große Herausforderung bleibt auch in Zukunft die Risikominimierung bestimmter zytostatikainduzierter Spättoxizitäten wie z. B. von Infertilität oder therapieinduzierten Sekundärmalignomen. Gerade in Hinsicht auf eine umfassende Aufklärung des Patienten über mögliche Risiken einer Chemotherapie ist den verbesserten Heilungschancen auch das erhöhte Risiko für bestimmte Organ- und Spättoxizitäten gegenüberzustellen. 1.3 Gastrointestinale Toxizität Unter dem Komplex gastrointestinale Toxizität lassen sich die zytostatikainduzierte Nausea und Emesis, die Mukositis und therapieinduzierte Motilitätsstörungen zusammenfassen. Zur systematischen Einteilung der Schweregrade (⊡ Tabelle 1.1) und der damit verbundenen, besseren Vergleich- ⊡ Tabelle 1.1. Einteilung der gastrointestinalen Toxizität nach den »Common Toxicity Criteria« Parameter Grad I Grad II Grad III Grad IV Übelkeit Gering Mäßig; Nahrungsaufnahme vermindert Stark; keine Nahrungsaufnahme möglich Unstillbar Erbrechen Gering (1-mal/Tag) Mäßig (2- bis 5-mal/Tag) Stark (6- bis10-mal/Tag) Bedrohlich (>10-mal/Tag) Diarrhoen Gering vermehrt (2–3 Stühle/Tag) Mäßig vermehrt (4–6 Stühle/Tag) Stark vermehrt (7–9 Stühle/Tag) Oft blutig (>10 Stühle/Tag) Stomatitis Geringes Wundsein, Erythem Mäßig schmerzhaft Erythem; feste/breiige Nahrung Stark schmerzhaft Ödeme oder Ulzera; Flüssignahrung Keine orale Nahrungsaufnahme mehr möglich Obstipation Gering Mäßig Ausgeprägt (Subileus) Kompletter Ileus Xerostomie Gering; zäher Speichel; leichte Geschmacksstörungen Mäßig; sehr zäher Speichel; mäßige Geschmacksstörungen Komplett; Geschmacksverlust; Flüssignahrung Akute Nekrosen, tiefe Ulzera; orale Nahrungsaufnahme nicht mehr möglich 6 I Kapitel 1 · Supportive Therapie und Begleitmaßnahmen beim Einsatz von Zytostatika barkeit von Studienergebnissen haben sich die »Common Toxicity Criteria« (CTC) inzwischen bewährt. Sie wurden ursprünglich vom National Cancer Institute entwickelt und von nationalen Arbeitsgemeinschaften noch erweitert. Wenig wünschenswert ist das Auftreten einer Grad-III-(IV-)Toxizität, da sie meist die Einleitung einer intensiven medizinischen Intervention erforderlich macht und eine Unterbrechung bzw. Modifikation der Therapie erzwingen kann. 1.3.1 Übelkeit und Erbrechen Je nach Wahl des Zytostatikums ist – wie am Beispiel des Dacarbazin – bei über 90% der behandelten Patienten mit Übelkeit und Erbrechen unter der Therapie zu rechnen, während eine Therapie mit Vincristin keinen prophylaktischen Einsatz eines Antiemetikums erforderlich werden lässt (⊡ Tabelle 1.2) [58]. Pathophysiologisch ist von Bedeutung, dass durch Chemo-/Radiotherapie eine verstärkte Freisetzung von Serotonin aus den enterochromaffinen Zellen des Darmes beobachtet werden kann. Diesem Neurotransmitter kommt eine entscheidende Bedeutung bei der Entstehung des akuten Erbrechens zu, da er über die Stimulierung entsprechender Rezeptoren im Nucleus tractus solitarus und in der Area postrema zentral Übelkeit und Erbrechen auslöst. Die Markteinführung des ersten Serotoninantagonisten Ondansetron Ende der 80er-Jahre war zweifelsohne ein Durchbruch in der Prophylaxe der zytostatikainduzierten Nausea und Emesis. Inzwischen stehen mit Dolasetron (Anemet), Granisetron (Kevatril), Ondansetron (Zofran) und Tropisetron (Navoban) bereits vier verschiedene 5-HT3-Antagonisten (»setrone«) in Deutschland zur Verfügung. Ihre Eigenschaften sind in ⊡ Tabelle 1.3 zusammengefasst [37, 49, 83]. Mit Palonosetron (Aloxi) ist inzwischen ein weiterer Serotoninantagonist außerhalb Deutschlands zugelassen worden, der vor allem durch seine sehr lange Halbwertszeit (ca. 40 h), seine Einmalgabe in sehr geringer Dosis (0,25 mg i. v.) und der überlegenen Wirksamkeit im direkten Vergleich mit Ondansetron (1-mal 32 mg i. v.) bei moderat eme- togenen Chemotherapien imponiert. Möglicherweise ist es die außerordentlich hohe Rezeptorbindungsaffinität der Verbindung, die etwa 100fach höher liegt als die herkömmlicher »setrone« [47]. Viele Studien haben inzwischen die Wirksamkeit der »setrone« zur Verhinderung des akuten Erbrechens eindrucksvoll herausgearbeitet. Hingegen ist ihre Wirksamkeit zur Vermeidung des verzögerten Erbrechens, das definitonsgemäß erst 24 h nach Abschluss der Chemotherapie auftritt, umstritten [43, 45]. Da die »setrone« beim verzögerten Erbrechen bei weitem nicht so effektiv sind wie beim akuten Erbrechen, müssen andere, serotoninunabhängige Prozesse bei der Pathogenese des verzögerten Erbrechens eine wichtige Rolle spielen. Am effektivsten galten lange Zeit für diese Phase des Erbrechens und der Übelkeit das Glucocorticoid Dexamethason (z. B. Fortecortin 2-mal tägl. 4 mg über 3–4 Tage) und das substituierte Benzamid Metoclopramid (z. B. 0,5 mg/kg p. o. alle 6 h über 3 Tage) [37, 43, 67]. Mit großem Interesse wurden deshalb Studienergebnisse verfolgt, die zeigten, dass durch den Einsatz der Neurokininantagonisten die antiemetische Wirksamkeit der Kombination aus 5-HT3Antagonist und Dexamethason sowohl beim akuten als auch beim verzögerten Erbrechen deutlich gesteigert werden konnte [97]. Ausgangspunkt für die Entwicklung dieser Verbindungen war die Beobachtung, dass das körpereigene Peptid Substanz P emetogene Eigenschaften aufweist. Daraus wurde abgeleitet, dass ein möglichst spezifischer Antagonist an den entsprechenden Rezeptoren (Neurokinin-1) vorteilhaft bei der Vermeidung des akuten bzw. verzögerten Erbrechens sein müsste. Unter diesen Gesichstpunkten eröffnen die Neurokininantagonisten wichtige Perspektiven für eine noch weiter optimierbare Prophylaxe des zytostatikainduzierten Erbrechens. Inzwischen ist der erste Vertreter dieser Gruppe, das Aprepitant (Emend), für die Prophylaxe des Erbrechens in Verbindung mit hochemetogener, cisplatinhaltiger Chemotherapie zugelassen worden. Sein Einsatz ist mit einer Verbesserung der Abdeckung der akuten und verzögerten Nausea und Emesis verbunden (⊡ Tabelle 1.4), so dass die NCCN diese Substanz bereits in ihre aktuellen Leitlinien aufge- 1 7 1.3 · Gastrointestinale Toxizität ⊡ Tabelle 1.2. Emetogene Potenz verschiedener Zytostatika. (Mod. nach [58]) Schweregrad Inzidenz des Erbrechens (ohne Prophylaxe) Wirkstoff 5 >90% Carmustin >250 mg/m2, Cisplatin >50 mg/m2, Cyclophosphamid >1,5 g/m2, Dacarbazin, Streptozocin 4 60–90% Carboplatin, Carmustin (bis 250 mg/m2), Cisplatin <50 mg/m2, Cyclophosphamid >750 mg/m2, Cytarabin >1 g/m2, Doxorubicin >60 mg/m2, Melpahlan >50 mg/m2, Methotrexat >1.000 mg/m2, Procarbazin p. o. 3 30–60% Arsentrioxid, Cyclophosphamid <750 mg/m2 (oder oral), Doxorubicin 20–60 mg/m2, Epirubicin ≤90 mg/m2, Idarubicin, Ifosfamid, Irinotecan (CPT-11), Lomustin, Methotrexat 0,25–1 g/m2, Mitoxantron <15 mg/m2, Oxaliplatin >75 mg/m2, Temozolomid 2 10–30% Cytarabin 100–200 mg/m2, Docetaxel, Doxorubicin (liposomal), Etoposid, 5-Fluorouracil <1.000 mg/m2, Gemcitabin, Methotrexat <250 mg/m2, Mitomycin C, Paclitaxel, Topotecan 1 <10% Asparaginase, Bleomycin, Capecitabin, Chlorambucil, Cladribin, Fludarabin, Hydroxyharnstoff, Imatinib, Melphalan, Methotrexat <50 mg/m2, Pentostatin, Thioguanin, Vinblastin, Vincristin, Vinorelbin ⊡ Tabelle 1.3. Pharmakokinetische und physikochemische Eigenschaften der 5-HT3-Antagonisten. (Mod. nach [43]) Parameter Dolasteron (ANEMET) Granisetron (KEVATRIL) Ondansetron (ZOFRAN) Tropisetron (NAVOBAN) Dosierungen beim akuten Erbrechen 1-mal 100 mg (oder 1,8 mg/kg KG) intravenös; 1-mal 200 mg p. o. 1-mal tägl. 1–3 mg; 1-mal 2 mg oral 1- bis 4-mal tägl. 8 mg i. v.; 1- bis 2-mal 8 mg p. o. 1-mal tägl. 5 mg i. v. oder oral Dissoziationskonstante a 4–20 nM b 0,6 nM 2,9 nM 3,1 nM Clearance 109 l 154–228 l 160 l 554 l Halbwertszeit 7–9 h 9–11,6 h 3,9 h 7,3 h Metabolisierung Carbonylreduktase; Cyp 2D6 Cyp 3A4 über Cyp 3A4, Cyp 1A2 und 2D6 über Cyp 2D6 a b Werte sind über Rezeptorbindungsstudien mit radioaktiv markierten Liganden ermittelt worden. Dolasetron: 20 nM; aktiver Metabolit: 4 Hydrodolasetron: 4 nM. 8 I Kapitel 1 · Supportive Therapie und Begleitmaßnahmen beim Einsatz von Zytostatika ⊡ Tabelle 1.4. Zusätzlicher Schutz vor Nausea und Emesis bei hochemetogener, cisplatin-haltiger Chemotherapie durch den Einsatz des Neurokinin-Antagonisten Aprepitant. (Mod. nach [60]) Regime I Regime II Tag 1: Ondansetron 32 mg i. v. und Dexamethason 20 mg p. o. Tag 1: Ondansetron 32 mg i. v. und Dexamethason 12 mg p. o. und Aprepitant 125 mg p. o. Tag 2–4: Dexamethason, 2-mal tägl. 8 mg p. o. Tag 2+3: Dexamethason 1-mal tägl. 8 mg, Aprepitant 80 mg p. o. Tag 4: Dexamethason 1-mal tägl. 8 mg Kein Erbrechen Tag 1 79,3% 90,0% Tag 2–5 58,8% 80,8% Tag 1–5 55,0% 77,7% Tag 1 69,1% 72,3% Tag 2–5 47,7% 51,0% Tag 1–5 44,2% 47,5% Tag 1 74,6% 84,8% Tag 2–5 51,5% 66,4% Tag 1–5 49,2% 63,4% Keine Übelkeit Kompletter Schutz nommen hat und sie bereits bei moderat emetogenen Protokollen in der Prophylaxe gemeinsam mit einem 5-HT3-Antagonisten und Dexamethason vorsieht (⊡ Tabelle 1.5). Inwieweit Aprepitant noch wirkt, wenn bereits eine Therapierefraktärität eingetreten ist, ist Gegenstand aktueller Untersuchungen. Allerdings müssen noch einige Fragen geklärt werden, insbesondere, wie stark die potenziell Cytochrom-P450 3A4-hemmenden Eigenschaften unter Aprepitant zu beurteilen sind. Die NCCN kommt unter Berücksichtigung der aktuellen Studienergebnisse zu dem Ergebnis, dass keine Dosismodifikationen der Wirkstoffe Docetaxel, Paclita- xel, Ifosfamid oder Vinorelbin beim Einsatz von Aprepitant in der Antiemese vorzusehen sind [27, 57, 60, 97]. In der Zwischenzeit steht eine fast unüberschaubare Zahl an Publikationen zur Verfügung, die den Einsatz verschiedener Antiemetika in der klinischen Onkologie untersuchten. Aus diesem Grund war es nötig, nach den Kriterien der evidenzbasierten Medizin (EBM) indikationsabhängige Empfehlungen für verschiedene Antiemetika zu etablieren [36, 43]. Im Folgenden sind die in diesem Zusammenhang wichtigsten Kernaussagen zusammengefasst ( s. nachfolgende Übersicht): 9 1.3 · Gastrointestinale Toxizität ⊡ Tabelle 1.5. Risikoadaptierter Einsatz von Antiemetika nach den aktuell gültigen NCCN-Leitlinien. <www.NCCN.org> Häufigkeit des akuten Erbrechens NCCN-Leitlinien 2004 Grad III–IV (hochemetogen) Aprepitant 125 mg p. o. (Tag 1; 60 min vor CTX) und Aprepitant 80 mg p. o. (Tag 2+3) und 5-HT3-Antagonist und Dexamethason (8 mg–12 mg i. v.). Folgetage: Tag 2–4: Dexamethason 1 × 8 mg p. o. oder i. v.; Grad III-IV: Aprepitant fakultativa Grad II Dexamethason 8–12 mg p. o. (Tag 1); Alternativ: Prochlorperazin oder Thiethylperazin 10 mg p. o. (alle 4–6 h), Metoclopramid 20–40 mg (alle 4–6 h) und Diphenhydramin 25 mg p. o. (alle 4–6 h) Grad I (gering emetogen) Keine Antiemetika erforderlich Bei Bedarf: Lorazepam 1 mg oral stündlich; a Alternative Dosisvorschläge finden sich im Text Wichtige Eckpunkte, die es beim Einsatz von Antiemetika zur Vermeidung chemotherapieinduzierter Nausea und Emesis zu berücksichtigen gilt [6, 32, 37, 48, 88] Einsatz der 5-HT3-Antagonisten bei mittelund hochemetogenen Chemotherapieprotokollen – Zur Vermeidung des akuten, d. h. innerhalb der ersten 24 h nach Chemotherapie-Gabe, auftretenden Erbrechens erwiesen sich die »setrone« als sehr potent und sowohl bei hoch- als auch bei moderat emetogenen Chemotherapie-Protokollen den hochdosierten, substituierten Benzamiden vor allem hinsichtlich der Verträglichkeit als überlegen (z. B. Metoclopramid 2–3 mg/kg i. v. kurz vor und 2 h nach der Chemotherapie). Die Auswahl der entsprechenden Antiemetika richtet sich nach der emetogenen Potenz des Protokolls und innerhalb einer Wirkstoffgruppe nach dem Preis der zu verwendenden Menge. Die parenterale Gabe des »setrons« erfolgt üblicherweise 20–30 min vor Beginn der Chemotherapie. Grundsätzlich kann die Gabe des »setrons« auch oral erfolgen, da diese Applikationsart mit der gleichen Effektivität und Verträg▼ lichkeit verbunden ist. Die orale Gabe sollte etwa 60 min vor Applikation des Zytostatikums erfolgen [11, 41, 59]. Synergistischer Effekt des Dexamethason – Mit einer Kombination aus einem »setron« und einem Glucocorticoid, vorzugsweise Dexamethason, kommt es zu einem signifikanten Synergismus. Dabei ist eine Einmalgabe von 20 mg i. v. bzw. 8 mg i. v. pro Tag (gemeinsam mit dem »setron«) bei Cisplatin bzw. Non-Cisplatin-Protokollen vorzusehen. Nach den Untersuchungen von Roila et al. sind bei Non-Cisplatin-Protokollen mit 1-mal 8 mg i. v. gleiche Ergebnisse in der Vermeidung des akuten Erbrechens zu erzielen wie mit 8 mg i. v. gefolgt von 4 mg p. o. alle 6 h oder höheren Dosen von 1-mal 24 mg i. v. [106]. Vermeidung des verzögerten Erbrechens – Beim verzögert auftretenden Erbrechen ist die klinische Wirksamkeit der »setrone« weit weniger gut belegt als beim akuten Erbrechen. Als Mittel der Wahl wird das Glucocorticoid Dexamethason verwendet (z. B. 2-mal 4 mg oral Tag 2–5). Teilweise war die Kombination aus Metoclopramid und Dexamethason bei cisplatinbehandelten Patien- 1 Kapitel 1 · Supportive Therapie und Begleitmaßnahmen beim Einsatz von Zytostatika 10 I ten der Monotherapie mit Dexamethason überlegen. Die gewählte Dosis des MCP liegt bei 2- bis 4-mal täglich 20(–40) mg oral. Ganz entscheidend ist eine optimale Prophylaxe des akuten Erbrechens, da sich dadurch auch das Ausmaß des verzögerten Erbrechens nachhaltig beeinflussen lässt. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass der Einsatz des Neurokinin-Antagonisten Aprepitant auch nachhaltigen Einfluss auf das verzögerte Erbrechen nimmt. Einsatz des Neurokinin-Antagonisten Aprepitant – Der inzwischen verfügbare Neurokinin-Antagonist Aprepitant erlaubt eine bessere Kontrolle des akuten und verzögerten Erbrechens. Die empfohlene Dosierung des Neurokinin-Antagonisten liegt bei 125 mg p. o. am Tag der Chemotherapie (Einnahme 60 min vor der Gabe des Zytostatikums) und jeweils 80 mg p. o. an den Folgetagen 2 und 3 [60]. Bei einer Kombination mit Dexamethason ist die Dosis des Glucocorticoids anzupassen. 1.3.2 Mukositis Etwa 1–2 Wochen nach Gabe einer Chemotherapie kann je nach Dosis und Art des Zytostatikums eine mehr oder weniger schwere Ulzeration im Mundbereich auftreten. Zum einen beruht diese unerwünschte Begleiterscheinung auf der antiproliferativen Wirkung der Zytostatika auf das Mundschleimhaut-Epithel, zum anderen werden durch die Chemotherapie verschiedene Zytokine, wie z. B. der Tumornekrosefaktor, lokal stärker freigesetzt, der seinerseits die Gewebeschädigung vorantreibt und über eine Steigerung der Schleimhautdurchblutung das Zytostatikum noch besser an das betroffene Gewebe heranführt (⊡ Abb. 1.1). Die dabei entstehenden Läsionen und Ulzerationen in der Mundschleimhaut sind in mehrerer Therapierefraktäres und antizipatorisches Erbrechen – Bei Patienten, die bereits vor Gabe des Zytostatikums über Übelkeit klagen oder die diesbezüglich negativ konditioniert sind, ist zur Vermeidung des antizipatorischen Erbrechens ein Anxiolytikum (z. B. Lorazepam) vorzuziehen, wenn die Gabe eines Medikaments erfolgen soll. In therapierefraktären Situationen, in denen trotz einer optimalen Abdeckung mit Serotoninantagonisten und Dexamethason keine ausreichende Kontrolle des akuten und verzögerten Erbrechens erreicht werden kann, erscheint der Einsatz ausgewählter Neuroleptika mit anticholinerger, antihistaminischer und dopaminantagonistischer Wirkung sinnvoll zu sein (z. B. Levomepromazin 2-mal tägl. 6,25 mg p. o.) Individuelle Risikofaktoren – Zu den wichtigsten Risikofaktoren, die das Auftreten eines zytostatikainduzierten Erbrechens begünstigen, zählen: junges Alter, weibliches Geschlecht, geringer Alkoholkonsum in der Vergangenheit, Anfälligkeit für z. B. Reiseübelkeit, ängstlich-depressives Verhalten und schlechte Erfahrungen mit dieser Nebenwirkung in den vorangegangen Zyklen. Hinsicht als sehr ernstzunehmende Komplikation einer Chemotherapie aufzufassen: schmerzhafte Ulzerationen schränken die Lebensqualität des Patienten erheblich ein, sie erschweren die orale Aufnahme von Nahrungsmitteln oder Medikamenten und sie bilden eine ideale Eintrittspforte für Mikroorganismen wie z. B. den koagulase-negativen Staphylokokken [91, 100, 101, 122]. Auf keinem anderen Gebiet der Supportivtherapie der klinischen Onkolgie ist nach einer Vielzahl von Studien so viel Ernüchterung eingetreten wie in der Mukositisprophylaxe. Waren noch Mitte und Ende der 80er-Jahre zahlreiche Empfehlungen zum lokalen Einsatz des Prostaglandinderivats Misoprostol, zu Sucralfat, zu pflanzlichen Extrakten mit 1.3 · Gastrointestinale Toxizität 11 1 ⊡ Abb. 1.1. Zeitlicher Verlauf einer chemo- bzw. strahlentherapieinduzierten Mukositis: (Tag 0) Kurz nach der Behandlung wird eine Vielzahl von Zytokinen aus den Schleimhautepithelien freigesetzt. Durch die therapieinduzierte Proliferationshemmung wird die natürliche Regeneration von Epithelzellen beeinträchtigt. (Tag 6–12) Im Rahmen der ulzerativen Phase entstehen tiefe Erosionen mit fibrösen pseudomembranösen Belägen. In dieser Phase besteht die höchste Gefahr für eine systemische Streuung von Keimen über die geschädigte Schleimhaut. (Ab Tag 12) In der Regenerationsphase wird die Wiederherstellung des natürlichen Epithels mit seiner physiologischen Barrierefunktion allmählich wieder erreicht. (Mod. nach [91]) Kamille, zu einem bei Bedarf hergestellten Allopurinol-Gel oder zu einigen desinfizierenden Lösungen mit z. B. Chlorhexidin im Umlauf, so wurde in den 90er-Jahren in Studien nach Kriterien der EBM die mangelnde Überlegenheit dieser Maßnahmen gegenüber Placebo sukzessive herausgearbeitet [34, 39, 42, 72, 80, 91, 101]. Unbestritten ist der Vorteil einer Calciumfolinatgabe (z. B. Leucovorin) in Verbindung mit einer mittel- bis hochdosierten Methotrexattherapie oder das Lutschen von Eiswürfeln im Rahmen der Bolusgabe von 5-Fluorouracil. Grundsätzlich empfohlen wird eine regelmäßige und gründliche Mundhygiene (z. B. Spülungen mit macrogolhaltigen Lösungen, wie z. B. Glandomed) und ein intermittierender Einsatz von Antiseptika mit einer Wirkung gegen grampositive Bakterien, z. B. auf der Basis von 0,05% Cetylpyridiniumchlorid (z. B. Dobendan). Ein ähnliches Konzept wird mit dem Produkt en3247 verfolgt, das sich derzeit noch in der klinischen Prüfung befindet und 0,1% Triclosan enhält, einem Stoff mit entzündungshemmender, antimikrobieller und leicht analgetischer Wirkung [46, 103]. Generell ist darauf zu achten, dass definierte, präventiv wirksame Ess- und Trinkgewohnheiten eingehalten werden (⊡ Tabelle 1.6) [127]. Darüber hinaus wird intensiv nach weiteren Strategien zur Mukositisprophylaxe gesucht. So gelang es z. B. mit dem Parasympatholytikum Propanthelin (Gabe beginnend kurz vor der Infusion von hochdosiertem Etoposid) die Inzidenz der Mukositis signifikant zu reduzieren. Dabei dürfte die Reduktion des Speichelflusses und die damit verbundene reduzierte Verteilung des Zytostatikums in die Mundschleimhaut von entscheidender Bedeutung gewesen sein. Wie kontrovers allerdings Studienergebnisse in diesem Zusammenhang sein können, zeigen die Ergebnisse von Awidi et al., die auch mit dem Parasympathomimetikum Pilocarpin – also dem genau entgegengesetzten Prinzip des Propanthelin – eine signifikante Reduktion der Mukositisausbreitung erreichen konnten [7, 18, 98]. Die Problematik uneinheitlicher Studienergebnisse zur Mukositisprophylaxe zieht sich in der wissenschaftlichen Literatur fort. So existieren kontroverse Ergebnisse sowohl zum Einsatz von gluatminhaltigen Darreichungsformen [4, 5, 23, 69, 102] als auch zum lokalen Einsatz von zytokinhaltigen Mundspüllösungen auf der Basis von G-CSF oder GM-CSF [71, 121], so dass es derzeit schwer fällt, eine entsprechende Anwendung zu empfehlen. 12 I Kapitel 1 · Supportive Therapie und Begleitmaßnahmen beim Einsatz von Zytostatika ⊡ Tabelle 1.6. Diätetische Maßnahmen, deren Vernachlässigung zu einer Verstärkung der Mukositis führen. (Mod. nach [127]) Allgemeine Maßnahmen Nahrungsmittel so lange kochen, bis sie zart und leicht zu kauen sind; Nahrungsmittel in möglichst kleine Stücke schneiden und mit Flüssigkeit versetzen; Benutzen eines Strohhalms beim Trinken von Flüssigkeiten Hilfreich kann der Einsatz enteraler Zusatznahrung (z. B. BIOSORB ENERGIE 200 ml) sein Art der Nahrung Einsatz von pürierten Speisen, Pudding, Milkshakes, weichen Früchten mit niedrigem Säuregehalt (z. B. Bananen, Wassermelonen, Pfirsichen, Hüttenkäse, Rühreiern, Eis am Stiel Vermeiden Grobe oder trockene Nahrungsmittel (z. B. Toast, Rohgemüse, Biscuits), stark gewürzte und gesalzene, heiße Speisen; Zitrusfrüchte (z. B. Orangen, Grapefruits, Mandarinen); Alkohol; Zigarettenrauchen Bezüglich der Anwendung von Zytokinen wird in den letzten Jahren dem Palifermin (KGF, »Keratinocyte Growth Factor«) große Aufmerksamkeit im Rahmen der Mukositisprophylaxe geschenkt. Dieses Zytokin stimuliert das Wachstum von Epithelzellen und wird insbesondere in der Wundheilung in hohem Maß neu gebildet. Erste Untersuchungen zur Anwendung von KGF (z. B. 40 µg/kg/ Tag i. v. über 3 Tage) hatten zum Ergebnis, dass eine prophylaktische Anwendung eine niedrigere Rate der Mukositis Grad 2–4 bei Patienten mit kolorektalem Karzinom zur Folge hatte. Mittlerweise liegen auch Phase-III-Studienergebnisse vor, die belegen, dass Palifermin eine beachtliche Wirksamkeit bei Lymphompatienten aufweist, die das HD-Beam-Protokoll erhalten hatten [95]. Wird im Rahmen der Tumortherapie (z. B. bei Kopf-Hals-Tumoren) auch etwa ein Drittel der Mundhöhle bestrahlt, so bestehen mit der lokalen Anwendung von Sucralfat oder einer AntiinfektivaKombination (z. B. PTA-Lutschtabletten mit 20 mg Polymyxin E, 1,8 mg Tobramycin und 10 mg Amphotercicin B) weitere Möglichkeiten zur Senkung des Mukositisrisikos. Allerdings kommt die Arbeitsgruppe um El-Fayed et al. im Rahmen ihrer groß angelegten Phase-III-Studie zu dem Schluss, dass diese Lutschtabletten keinen signifikanten Einflus auf den Schweregrad der Mukositis haben. Damit ist die klinische Bedeutung solcher Lutschtabletten wieder völlig offen [33, 99]. Die ge- nannten Beispiele machen deutlich, dass die Reduktion des Mukositisrisikos weiterhin eine große Herausforderung darstellt und derzeit noch nicht zufrieden stellend gelöst ist [85]. Kommt es trotz Prophylaxe zu einer mehr oder weniger schweren Mukositis, so gilt es zuerst, die damit verbundene Schmerzsituation zu beheben und die individuelle Gefahr für systemische Infektionen abzuschätzen. Folglich wird generell der Einsatz von lokal wirksamen Antiseptika bei manifester Mukositis intensiviert. Zur lokalen Schmerzbehandlung ist die Anwendung von Lokalanästhetika empfehlenswert (z. B. 100 mg Tetracain-HCl, 50 mg Aminoquinurid-HCl in 10 ml Glycerol 85%; Zusammensetzung des früher handelsüblichen Herviros), in dem z. B. einige Tropfen in den Mund gegeben und mit der Zunge verteilt werden. Bei Bedarf kann diese Lösung rezepturmäßig von Apotheken hergestellt werden. In die gleiche Richtung geht die Zusammensetzung des »Magic Mouthwash« auf der Basis von z. B. AluminiumhydroxidSuspension (z. B. Maalox 5 mL), DiphenhydraminLösung (z. B. Benadryl 5 mL [12,5 mg]) und viskösem Lidocain (z. B. Xylocain viskös 2% 5 ml), der 6-mal am Tag alle 3 h angewendet wird [122, 127]. Eine weitere interessante Alternative zur lokalen symptomatischen Schmerzlinderung wurde von Cerchietti et al. [21] vorgestellt. Sie empfahlen den Patienten die lokale Anwendung einer Morphinlösung (15 ml 2%) 6-mal am Tag im Abstand von 3 h 13 1.3 · Gastrointestinale Toxizität für etwa 2 min im Mund zu belassen und anschließend zu schlucken. Die genannten Strategien machen deutlich, dass bei manifester Mukositis die orale Mundhygiene, der angemessene Einsatz von Anästhetika und Analgetika und die Behandlung von Infektionen die wichtigsten Eckpunkte der Therapie darstellen [28]. 1.3.3 Xerostomie Eine abnorme Trockenheit der Mundhöhle (Xerostomie) ist relativ häufig nach der fraktionierten Bestrahlung des Kopf-Hals-Bereiches zu beobachten. Während die akute Xerostomie vor allem mit der lokalen Entzündungsreaktion in Zusammenhang steht, beruht die etwa ein Jahr später auftretende Xerostomie auf der allmählichen Fibrose von Speicheldrüsen. Für den Patienten ist nicht nur die starke, schmerzhafte Mundtrockenheit, sondern sind auch die damit verbundenen Sprach-, Essund Geschmacksstörungen sehr unangenehm. Gleichzeitig ist die Xerostomie auch Wegbereiter für eine höhere Infektionsgefahr im Mundbereich (z. B. Karies). Zur symptomatischen Behandlung stehen u. a. elektrolythaltige, künstliche Mundspeichellösungen auf der Basis von Carmellose (z. B. Glandosane), Lösungen mit Mucinen tierischen Ursprungs (z. B. Saliva Medac) oder enzymhaltige Lösungen zur Verfügung. Oft stellt sich allerdings in der klinischen Praxis das Problem, dass die Compliance mit zunehmender Anwendungsdauer für SpeichelSubstitutionsmittel immer schlechter wird. Hilfreich kann bei Patienten mit einer Restspeichelbildung der Einsatz des Parasympathomimetikums Pilocarpin sein. So ließ sich mit 3- bis 4-mal täglich 5 mg Pilocarpin (z. B. Salagen) eine signifikante Verbesserung der Speichelbildung erreichen, wobei die als Nebenwirkung zu erwartende, übermäßige Schweißbildung von den Patienten gut toleriert wurde [70, 119, 123]. Was die Prophylaxe der Xerostomie betrifft, so zeigen mehrere Studien, dass der begleitende Einsatz des Aminothiolderivats Amifostin während der Strahlentherapie die Inzidenz der akut und spät auftretenden Xerostomie bei Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren signifikant um etwa 15–20% 1 reduzieren kann. Die American Society of Clinical Oncology (ASCO) kommt deshalb zu dem Schluss, dass Amifostin für diese Indikation eingesetzt werden kann. 1.3.4 Gastrointestinale Motilitätsstörungen Neben verschiedenen Tumoren, wie z. B. den Vipomen oder den Gastrinomen, neben strahlentherapeutischen Interventionen oder einer »Graft-vs.Host-Disease« sind auch bestimmte Zytostatika, wie z. B. Irinotecan (CPT-11), 5-Fluorouracil und seine Derivate oder Cisplatin, in der Lage, Diarrhoen unterschiedlichen Schweregrades zu induzieren [19]. Mittel der ersten Wahl zur Behandlung von Diarrhoen ist der Wirkstoff Loperamid, der über die Bindung an intestinale Endorphinrezeptoren zu einer Motilitätshemmung führt. Da Loperamid die Blut-Hirn-Schranke kaum überwinden kann, sind im Gegensatz zu strukturverwandten Verbindungen, wie z. B. Diphenoxylat, weniger ZNS-Nebenwirkungen zu erwarten. Je nach Schweregrad kann die Loperamidgabe auf bis zu 2 mg alle 2 h intensiviert werden [19]. Insbesondere bei therapierefraktären Situationen hat sich die Anwendung des Somatostatinderivats Octreotid (z. B. Sandostatin) bewährt, welches hierzu – je nach Schweregrad – in Dosen von 2- bis 3-mal täglich 50–500 µg s. c. eingesetzt wird [20, 25]. In der Studie von Wasserman et al. reichte in etwa der Hälfte der Fälle eine Gabe von 3-mal 100 µg/Tag aus [125]. Ob neben der Loperamidgabe und der Injektion von Octreotid auch die Gabe von Opiumtinktur (z. B. 4-mal tägl. 0,3–1 ml p. o.) hilfreich sein kann, wurde bisher in klinischen Studien nicht untersucht. Werden ausschließlich motilitätshemmende Maßnahmen eingeleitet, so ist selbstverständlich auszuschließen, dass Infektionserreger, wie z. B. Salmonella spp., E. coli oder Clostridium difficile an dieser Begleiterscheinung beteiligt sind [62]. Insbesondere bei dem Topoisomerase-IHemmstoff Irinotecan (CPT-11) ist zu berücksichtigen, dass bis zu 90% der behandelten Patienten im Laufe der Therapie subakute Diarrhoen entwickeln, die meistens zwischen dem 14 I Kapitel 1 · Supportive Therapie und Begleitmaßnahmen beim Einsatz von Zytostatika 4. und 10. Behandlungstag auftreten. Diese Diarrhoen sind von denjenigen zu unterscheiden, die bereits am Tag der Chemotherapie auftreten (akute Diarrhoen), da letztere vom Pathomechanismus mit einer vorübergehenden CPT-11-induzierten Hyperaktivität des Parasympathikus in Zusammenhang stehen und sehr gut prophylaktisch mit z. B. 0,4 mg Atropin verhindert werden können. Die subakuten Diarrhoen hingegen hängen mit einer wirkstoffinduzierten Hypersekretion des Darmes zusammen, wie sie in ähnlicher Form bei Cholera-Erkrankungen beobachtet werden kann. Kommt es unter CPT-11 zu subakuten Diarrhoen, die sich mit einer intensivierten Loperamidgabe nicht beherrschen lassen, so werden inzwischen verschiedene therapeutische Optionen, wie z. B. Budesonid, oral anzuwendende Aminoglykoside, alkalisierende Lösungen oder der Enkephalinase-Hemmstoff Racecadodril (z. B. Tiorfan), angeboten. Immer wieder ist allerdings die Gabe von Octreotid unvermeidlich [66, 113]. Generell ist zur Vorbeugung chemotherapieinduzierter Diarrhoen darauf zu achten, dass der Patient auf würzige Speisen, Alkohol, coffeinhaltige Nahrungsmittel, zu fetthaltige Speisen, zu ballaststoffreiches Essen und motilitätsfördernde Medikamente verzichtet. Zum Einsatz von L-Glutamin (z. B. 3-mal täglich 6 g oral) zur Reduktion der Inzidenz und Schwere der Diarrhoen sind die Daten immer noch widersprüchlich, so dass es derzeit schwer fällt, hierzu eine endgültige Empfehlung abzugeben [78, 96]. Akute Enteropathien sind auch bei Patienten nach Strahlentherapie nicht selten. Diese strahleninduzierte Beeinträchtigung der Darmepithelzellen hat u. a. zur Folge, dass es zu Diarrhoen, Veränderungen der Darmflora und einem Malabsorptionssyndrom kommen kann. Neben verschiedenen antiphlogistischen Interventionen (z. B. Steroide, 5-Aminosalicylsäurederivate) und einigen Adsorbentien (z. B.: Smektit, Bolus alba) wird dem Einsatz von Sucralfat (z. B. 6-mal 1 g/Tag über mehrere Wochen) in diesem Bereich eine immer größere Bedeutung eingeräumt [19, 54, 92, 124]. Möglicherweise ist dieser Komplex aus Aluminiumhydroxid und sulfatierter Sucrose in der Lage, ähnlich wie im Bereich des Magens auch auf der strahlengeschädigten Mucosa einen Schutzfilm zu bilden, der weitere Irritationen durch Gallensäuren oder Nahrungsbestandteile unterbinden kann. Derselbe Wirkstoff wurde in den letzten Jahren immer wieder auch mit Erfolg bei chronischen, strahlentherapieinduzierten Proktitiden verwendet, insbesondere dann, wenn andere Strategien versagten [93]. 1.3.5 Die chemotherapieinduzierte Obstipation Im Gegensatz zu den Diarrhoen spielt die Obstipation als gastrointestinale Nebenwirkung einer Strahlen-/Chemotherapie eine eher untergeordnete Rolle. Sie ist oft die Folge einer anderen Medikamentenanwendung, wie z. B. von Opioiden, trizyklischen Antidepressiva, aluminiumhaltigen Antazida, Diuretika oder Folge unausgewogener Ernährung. Unter den Zytostatika sind es vor allem die Vinca-Alkaloide, die mit einer wirkstoffinduzierten Obstipation in Verbindung zu bringen sind, da sie toxisch auf das autonome Nervensystem wirken. Es erscheint deshalb ratsam, bei entsprechend behandelten Patienten einen prophylaktischen Einsatz eines Gleitmittels, wie z. B. Lactulose, vorzusehen, und im Bedarfsfall Metoclopramid als motilitätsfördernde Verbindung zu verwenden. Bei Patienten, die über 70 Jahre alt sind, wird in den meisten Fällen die maximale Vincristindosis auf 1 mg absolut begrenzt, um das neurotoxische Risiko so gering wie möglich zu halten [44]. 1.3.6 Myelosuppression Im Rahmen der zytostatikainduzierten Knochenmarkstoxizität kommt es je nach Dosis und Art des Zytostatikums zu einem mehr oder weniger starken Abfall der neutrophilen Granulozyten (Neutropenie, Granulozytopenie), der Lymphozyten (Lymphozytopenie) und der Blutplättchen (Thrombozytopenie). Ist auch die Biosysnthese der Erythrozyten betroffen, so wird dies mit zeitlicher Verzögerung an einem Abfall des Hämoglobinwerts sichtbar (⊡ Tabelle 1.7). 1 15 1.3 · Gastrointestinale Toxizität ⊡ Tabelle 1.7. Klassifikation der zytostatikainduzierten Myelosuppression in die Schweregrade I–IV. (Nach den Common Toxicity Criteria, CTC) Parameter im Blut Norm Grad I Grad II Grad III Grad IV Leukozyten/µl ≥4.000 <4.000–3.000 <3.000–2.000 <2.000–1.000 <1.000 Thrombozyten/µl×1.000 ≥100 <100–75 <75–50 <50–25 <25 Granulozyten/µl ≥2.000 <2.000–1.500 <1.500–1.000 <1.000–500 <500 Lymphozyten/µl ≥2.000 <2.000–1.500 <1.500–1.000 <1.000–500 <500 Hämoglobin (g/100 ml) ≥11,0 <11,0–10,0 <10,0–8,0 <8,0–6,5 <6,5 1.3.7 Neutropenie Der Einsatz intensivierter Chemotherapien in Verbindung mit einer Transplantation von Knochenmark oder peripheren Stammzellen zählt heute zu einer etablierten kurativen Strategie bei der Behandlung verschiedener Tumoren. Allerdings sind solche Protokolle mit einer schweren und teilweise über Tage und Wochen andauernden Neutropenie mit Neutrophilenwerten unter 100–500/µl verbunden. Da durch den Einsatz von Wachstumsfaktoren, z. B. G-CSF, Dauer und Schwere der Neutropenie signifikant reduziert werden kann, sind solche Wachstumsfaktoren heute aus der hochdosierten Chemotherapie überhaupt nicht mehr wegzudenken. Die derzeit handelsüblichen Zytokine Filgrastim und Lenograstim sind hinsichtlich ihrer physikochemischen Eigenschaften nicht völlig identisch (⊡ Tabelle 1.8). Das gilt auch für das rekombinante GM-CSF (INN: Molgramostim), das inzwischen in Deutschland nicht mehr verfügbar ist, da es u. a. Verträglichkeitsnachteile gegenüber G-CSF-haltigen Präparaten aufweist [68, 112]. Ein analoges Präparat befindet sich allerdings noch in den USA mit dem Wirkstoffnamen Sargramostim (Leukine) auf dem Markt. Aufgrund der relativ hohen Kosten, die für den prophylaktischen Einsatz von G-CSF aufzubringen sind, ist es wichtig, dass mit Hilfe von Leitlinien der Gebrauch dieser Faktoren auf ein pharmakoökonomisch sinnvolles Maß eingeschränkt wird. Eine gesicherte Indikation, G-CSF primär prophylaktisch bereits im ersten Chemotherapie-Zyklus zu geben, besteht dann, wenn ein neutropenisches Fieber zu erwarten ist, das bei mindestens 40% der behandelten Patienten auftritt. Für die meisten konventionell dosierten Chemotherapie-Protokolle, wie sie zur Behandlung solider Tumoren vorgesehen sind, kommt deshalb ein routinemäßige Einsatz von G-CSF nach diesen Vorgaben nicht in Frage [8, 9, 50]. Weisen die Patienten allerdings schon eine deutlich eingeschränkte Knochenmarksreserve auf, ist ihre Immunfunktion bereits eingeschränkt und ihre Gesamtverfassung schlecht, so müssen darüber hinaus auch individuelle Entscheidungen zum Einsatz von G-CSF fallen, auch wenn die Chemotherapie per se nicht mit der oben genannten Wahrscheinlichkeit der febrilen Neutropenie verbunden ist. Die Hauptindikation für den prophylaktischen Einsatz von G-CSF besteht üblicherweise dann, wenn Fieber in der Neutropenie im vorangegangenen Zyklus beobachtet wurde [8, 9, 15, 50]. In den letzten Jahren häufen sich Berichte, in denen gezeigt wurde, dass selbst nach hochdosierter Chemotherapie die G-CSF-Gabe nicht bereits 24 h nach erfolgter Zytostatikagabe erfolgen muss, sondern um 3–5 Tage verzögert werden kann, ohne dass es zu einer signifikanten Beeinträchtigung der Parameter Fieber unbekannter Genese, Antiinfektiva-Verbrauch oder Krankenhausaufenthalt kam. Allerdings darf diese erste Gabe nicht allzu lange 16 I Kapitel 1 · Supportive Therapie und Begleitmaßnahmen beim Einsatz von Zytostatika ⊡ Tabelle 1.8. Eigenschaften der Zytokine Filgrastim, Lenograstim und Pegfilgrastim im Vergleich Parameter Filgrastim Lenograstim Pegfilgrastim Pharmakologische Hersteller Amgen Chugai Amgen Art der Herstellung E. coli (ge) CHO (ge) E. coli (ge) Glykosyliert Nein Ja Nein spezifische Aktivität 30 Mio. E./300 µg 13,4 Mio. I.E./105 µg Hämatopoetische Endzellen Neutrophile Granuloyzten Neutrophile Granulozyten Neutrophile Granulozyten Dosierung s.c. I: 5 µg/kg/Tag II: 10 µg/kg/Tag I und II: 150 µg/m2/Tag I: einmal 6 mg s. c. nach Chemotherapie Halbwertszeit ca. 3,5 h 3–4 h 15–80 h Darreichungsformen 300 und 480 µg Fertigspritze 13,4 und 34 Mio. I.E. Trockensubstanz 6 mg Injektionslösung Anmerkungen: 50 U sind definiert als die Menge, mit der 50% der maximalen Stimulation der Koloniebildung bei normalen Knochenmarkszellen erreicht werden kann; Dosierungen (I) nach Chemotherapie; (II) nach myeloablativer Chemotherapie in Verbindung mit einer KMT oder PBSCT hinausgezögert werden, da ansonsten der Wiederanstieg der Neutrophilen in ungünstiger Weise verzögert wird [22, 24, 51, 118]. Hilfreich sind in diesem Zusammenhang die Empfehlungen von Baker et al., bei einem Chemotherapyiezyklus über Tag 1–3 die G-CSF 48–72 h nach Beendigung der Zytostatikagabe zu beginnen [8, 9]. Nicht empfohlen werden darf aus Kostengründen eine empirische Senkung der täglichen Dosis von 5 µg/kg/Tag auf z. B. 2 µg/ kg/Tag, da keine Studienergebnisse vorliegen, die zeigen, dass bei Patienten mit gesicherter Indikation die niedrigere Dosis zu vergleichbaren Ergebnissen führt [117]. Die G-CSF-Gabe kann dann beendet werden, wenn nach Durchlaufen des Nadirs wieder Neutrophilenwerte von mindestens 1.000/µl auf zwei aufeinanderfolgenden Tagen erreicht werden. Eine neue Möglichkeit, die täglich subkutane Gabe des G-CSF zu umgehen, besteht in der Anwendung von pegyliertem Filgrastim (Neulasta 6 mg ⊡ Tabelle 1.8). Pegfilgrastim erlaubt durch seine lange Eliminationshalbwertszeit eine ein- malige subkutane Injektion 24 h nach Abschluss der Chemotherapie, wobei durch die anhaltenden Plasmaspiegel ein Wachstumsstimulus auf das Knochenmark von 14 Tagen gewährleistet ist. Folglich sollte keine Chemotherapie innerhalb dieser 14 Tage erfolgen, da ansonsten mit einer erhöhten Myelotoxizität gerechnet werden muss. Die Gabe von Pegfilgrastim erfolgt körpergewichtsunabhängig und bietet damit pharmakoökonomisch besondere Vorteile bei Patienten, die üblicherweise täglich 480 µg Filgrastim (Neupogen 48) über einen längeren Zeitraum erhalten müssten. Hinsichtlich der Wirksamkeit und Verträglichkeit ergeben sich zwischen dem Einsatz von Pegfilgrastim und Filgrastim nach bisherigen Untersuchungen keine Unterschiede [63]. 1.3.8 Fieber unbekannter Genese Während der Neutropenie kann es selbst unter GCSF-Gabe zu einem kritischen Anstieg der Körper- 17 1.3 · Gastrointestinale Toxizität temperatur und der Entzündungsparameter (z. B. C-reaktives Protein [CRP]) kommen. Möglicherweise begünstigt eine vorangehende Lymphozytopenie das Auftreten febriler Episoden [12]. Die möglichen Ursachen eines neutropenischen Fiebers sind zwar sehr vielschichtig und möglicherweise nicht unmittelbar an eine mikrobiologisch dokumentierbare Infektion gekoppelt, jedoch kann nicht bis zum eindeutig nachweisbaren Befund eines Erregers mit der empirischen Gabe eines antiviralen, antibakteriellen oder antimykotischen Wirkstoffs gewartet werden. Wichtig für die Therapieentscheidung ist die Einstufung des Patienten als Hochrisiko- oder Niedrigrisikopatienten, um darauf die Wahl des geeigneten Antiinfektivums abzustimmen ( s. nachfolgende Übersicht). Faktoren, die bei Patienten mit hämatologischen Neoplasien ein hohes Infektionsrisiko bedeuten Höheres Alter Akute myeloische Leukämie, aplastische Anämie Organdysfunktion (z. B. Nieren- oder Leberfunktionsstörung) Begleitende Therapie mit Immunsuppressiva Lang anhaltende Neutropenie (>10 Tage) CD4-T-Zell-Zytopenie (<200/µl) Allogene Transplantation von peripheren Stammzellen oder Knochenmark Autologe Transplantation mit weniger als 2 Mio. CD34+-Zellen/kg KG Vorangegangene Therapie mit Adenosindesaminase-Hemmstoffen oder hochdosierten Steroiden (>1 mg/kg/Tag über mehr als 2 Wochen) Bei Niedrigrisikopatienten mit Fieber unbekannter Genese (FUO) erscheint die Therapie mit einem intravenös applizierbaren Drittgenerationscephalosporin (z. B. Ceftriaxon oder Cefotaxim) oder die orale Gabe einer Kombination bestehend aus einem Gyrasehemmer (z. B. 1-mal täglich 500 mg Levofloxacin) und Amoxicillin/Clavulansäure (z. B. 2-mal täglich 1.000 mg) ausreichend zu sein. Aller- 1 dings sollte bei der oralen Therapie zuvor geprüft werden, ob von einer ausreichend hohen Compliance des Patienten ausgegangen werden kann und der Gastrointestinaltrakt funktionstüchtig ist, d. h. keine Zeichen für eine Malabsorption bestehen [76]. Bei Hochrisikopatienten mit FUO während der Neutropenie sehen Empfehlungen zur Initialtherapie die Gabe von 3-mal tägl. 4,5 g Piperacillin/Tazobactam vor. Lässt sich damit das Fieber binnen 48–96 h nicht zufriedenstellend senken, so kann der Zusatz von Vancomycin oder Teicoplanin erforderlich werden. Bei weiter bestehender Therapierefraktärität wird meist die Antiinfektiva-Therapie verändert und z. B. auf eine Carbapenem-Therapie gemeinsam mit Vancomycin umgestellt. Ergeben sich Hinweise auf eine Systemmykose ist so rasch wie möglich die empirische Therapie mit einem geeigneten Antimykotikum einzuleiten [3, 64]. 1.3.9 Thrombozytopenie Kommt es nach erfolgter Chemotherapie zu einem Abfall der Blutplättchen unter 10.000–20.000/µl, so besteht für den Patienten eine sehr hohe Gefahr lebensbedrohlicher Blutungen. Ist binnen 24 h ein Abfall der Thrombozyten in diesen Bereich zu erwarten, so wird frühzeitig eine Thrombozytentransfusion eingeleitet [53, 126]. Während die bereits genannten Wachstumsfaktoren G-CSF und GM-CSF keinen signifikanten Einfluss auf die Regeneration der Thrombozyten haben, spielt das endogen gebildete Thrombopoietin (TPO) eine wichtige Rolle beim Wiederanstieg der Thrombozyten [120]. Aus diesem Grund wurde schon vor Jahren an der Entwicklung eines rekombinanten TPO geforscht, jedoch mussten die Untersuchungen zu einem modifizierten TPO-Molekül (PEG-rhMGDF) aufgrund der beobachteten Bildung von neutralisierenden Antikörpern eingestellt werden. Weiterhin in der Entwicklung befindet sich ein rekombinantes, nichtmodifiziertes Thrombopoietin. Bisherige Untersuchungen lassen den Schluss zu, dass sich durch dieses rekombinat herstellbare Zytokin (z. B. 1,2–3,6 µg/kg/Tag an verschiedenen Tagen) nicht nur die Dauer und Schwere der Thrombozy- 18 I Kapitel 1 · Supportive Therapie und Begleitmaßnahmen beim Einsatz von Zytostatika topenie signifikant reduzieren lässt, sondern auch die Zahl der notwendigen Thrombozyten-Transfusionen deutlich gesenkt werden kann [75]. In den USA und Europa ist inzwischen auch gentechnologisch gewonnenes Interleukin-11 (IL11) zur Vermeidung schwerer Thrombozytopenien nach Chemotherapie bei Patienten mit nichthämatologischen Tumoren zugelassen worden. Hintergrund dieser Zulassung ist die Tatsache, dass IL-11 (INN: Oprelvekin; Neumega 5 mg) die Produktion von Megakaryozyten-Vorläuferzellen und die Reifung der Megakaryozyten stimuliert. IL-11 wird dabei in einer Dosierung von 50 µg/kg/Tag s. c. über etwa 2–3 Wochen eingesetzt. Die erste Gabe erfolgt 6–24 h nach Abschluss der Chemotherapie, die Gabe wird bei Wiedererreichen von ca. 50.000 Plättchen/µl beendet. Nachteilig erscheint das relativ breite Nebenwirkungsspektrum nach Gabe von Oprelvekin. Aufgrund seiner plasmaexpandierenden Eigenschaften kommt es zu einer Reihe kardiovaskulärer Begleiteffekte (z. B. Arrhythmien, Palpitationen, Ödeme, dilatationsbedingte Anämie). Zu beachten sind ferner konjunktivale Infektionen, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Dyspnoe, Arthralgien und Hautreaktionen [115, 116]. 1.3.10 Anämie Die Ursachen einer Anämie bei Tumorpatienten sind multifaktoriell: (1) zum einen kann – basierend auf einer chronischen Erkrankung – ein Eisenmangelzustand eingetreten sein; (2) sie kann Folge der zytostatikainduzierten Myelosuppression oder Nephrotoxizität sein oder (3) die maligne Erkrankung löst selbst eine Dysfunktion des haematopoietischen Systems aus. Ein schlechter Ernährungszustand des Patienten mit einer damit verbundenen verminderten Aufnahme von Vitamin B12, Folsäure und Eisensalzen ist ebenfalls von klinischer Relevanz [14, 94]. Anfang der 80er-Jahre bestand ausschließlich die Möglichkeit, Erythrozyten- bzw. Bluttransfusionen einzuleiten, wenn die Hämoglobinwerte unter die kritische Marke von 8 g/dl gefallen waren. Mit rekombinantem Erythropoietin (rhEPO) besteht inzwischen eine Alternative, die im Gegensatz zur Transfusionen von Erythrozyten-Konzentraten zu keinem erhöhten Risiko immunologischer oder infektiologischer Folgekomplikationen führt [77]. Die Ansprechraten schwanken je nach Tumorart und der Art der Chemotherapie zwischen 6% und 86%. Die üblichen Dosen bei therapie- oder tumorinduzierter Anämie liegen bei wöchentlich 3mal 10.000 IU s. c. (entspr. 3-mal 150 IU/kg KG s.c.). Alternativ kann bei therapieinduzierter Anämie in Verbindung mit malignen Lymphomen auch eine einmal wöchentliche Gabe von 30.000 IU s. c. erfolgen. Insbesondere in den USA werden bei Patienten mit soliden Tumoren und dem Risiko einer schwerwiegenden Anämie auch einmal wöchentlich 40.000 IU s. c. appliziert; jedoch ist dieser Vorgehensweise in Deutschland bisher keine Zulassung erteilt worden. Die Dosierung kann nach 4 Wochen auf das Doppelte gesteigert werden (z. B. 3-mal wöchentlich 20.000 IU s. c.), falls kein Ansprechen erreicht wurde [26, 94]. Bleibt nach 4 Wochen ein Hb-Anstieg von mindestens 0,5 g/l, ein Anstieg der Retikulozyten um mindestens 40.000/µl und ein Anstieg der Transferrinwerte aus, so ist unter objektiven Gesichtspunkten von einem Nicht-Ansprechen des Patienten auszugehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn gleichzeitig die EPO-Werte im Blut über 200 IU/ml ansteigen [1]. Allerdings wird immer wieder zu beobachten sein, dass die rhEPO-Therapie zu einer signifikanten Verbesserung der Lebensqualität des Patienten und der Verbesserung eines bestehenden Fatigue-Syndroms (z. B. chronischer Müdigkeit und Antriebsarmut) beitragen kann, ohne dass sich diese Verbesserung an objektiv messbaren Parametern festmachen lässt. Inzwischen steht mit Darbepoetin alfa (Aranesp, [»Novel Erythropoiesis Stimulating Protein«]) ein neuartiger Wirkstoff zur Stimulation der Erythropoese zur Verfügung. Aufgrund seines höheren Anteils an Sialinsäureresten (Kohlenhydratanteil NESP: 52% vs. EPO: 38%) ist die Verweildauer im Serum erhöht, so dass eine einmalige Applikation des Proteins pro Woche ausreicht. Die empfohlene Anfangsdosierung liegt bei 2,25 µg/kg KG/Woche, die nach 4 Wochen, falls das Ansprechen noch nicht 19 1.3 · Gastrointestinale Toxizität in vollem Ausmaß erfolgte, auf 4,5 µg/kg KG/Woche erhöht wird. Zur Zeit wird diskutiert, ob es nicht ratsam sein könnte, ein Front-Loading-Konzept zu entwickeln. Darunter versteht man ein Konzept, bei dem die Dosissteigerung nicht erst nach 4 Wochen vorgesehen ist, sondern bereits zu Beginn der Therapie mit höheren Dosen begonnen wird. Denkbar wäre z. B. beim Darbepoetin eine Gabe von 4,5 µg/ kg/Woche bei Patienten, deren Hb-Wert bereits bei oder unter 11 g/dl liegt, um rascher den Zielbereich von 12 g/dl wieder zu erreichen. Anschließend lässt sich die Dosierung wieder auf z. B. 4,5 µg/ kg KG alle 3 Wochen senken. Darüber hinaus wird auch geprüft, inwieweit auch eine fixe Dosis verabreicht werden kann, d. h. 325 µg absolut anstelle von 4,5 µg/kg KG/Woche [61]. Diese Untersuchungen machen deutlich, dass erheblicher Diskussionsbedarf auf dem Gebiet der Behandlung der therapie- und tumorinduzierten Anämie und des Fatigue-Syndroms in Verbindung mit rhEPO und Darbepoetin entstanden ist. In der Entwicklung befindet sich derzeit noch eine weitere Verbindung, die mit CERA (»continuous erythropoiesis receptor activator«) abgekürzt wird. Hierbei handelt es sich um ein rekombinantes Protein mit sehr langer Eliminationshalbwertszeit, das zu einem raschen, dosisabhängigen Anstieg der Retikulozyten führen kann [104]. 1.3.11 Alopezie Ist mit einer zytostatikainduzierten Alopezie zu rechnen, so fallen üblicherweise etwa 2–4 Wochen nach Beginn der Chemotherapie beim Patienten die ersten Haare aus. Binnen 3 Monaten wachsen sie meist wieder nach, wobei sich Form und Farbe im Einzelfall verändern können. Ausmaß und Schwere des Haarausfalls sind dosis- und substanzabhängig ( s. nachfolgende Übersicht) [31, 86]. Üblicherweise befinden sich die meisten Haare in der anagenen Phase (Wachstumsphase), während sich nur ein Bruchteil in der katagenen (Involution) oder telogenen Phase (Rest) befindet. Bestimmte Zytostatika sind in der Lage, die anagene Phase so nachhaltig zu beeinflussen, dass es zu einem Stillstand des Haarwachstums kommt, der Haarschaft 1 enger wird, das Haar bricht und ausfällt (»anagenes Effluvium«). In einem kürzlich erschienen Fallbericht von Sofroniadou et al. wurde beobachtet, dass eine Patientin trotz taxanhaltiger Chemotherapie keine Alopezie entwickelte. Dabei wurde nachträglich festgestellt, dass die Patientin während der gesamten Chemotherapie eigenmächtig ihre zuvor regelmäßige Einnahme der Schilddrüsenhormone unterbrochen hatte und damit während der Chemotherapie hypothyroid geworden war. Da bereits Erfahrungen vorliegen, dass durch Hypothyrodismus mehr Haare in der Telogenphase vorliegen, scheint der Effekt der Taxane auf das Haarwachstum vor allem auf die Anagenphase beschränkt zu sein [107]. Das Ausmaß der Alopezie hängt nicht nur von der Dosis, sondern auch von der Art des gewählten Zytostatikums ab. (Mod. nach [31]) I. Starker Haarausfall wird induziert durch Cyclophosphamid, Daunorubicin, Docetaxel, Doxorubicin, Etoposid, Ifosfamid, Paclitaxel, Teniposid, Topotecan II. Mäßiger Haarausfall wird induziert durch Actinomycin, Amsacrin, 5-Fluorouracil, Hydroxyharnstoff, Methotrexat, Mitomycin, Mitoxantron, Procarbazin, Vinca-Alkaloide III. Geringer Haarausfall wird induziert durch L-Asparaginase, Carmustin, Bleomycin, Busulfan, Carboplatin, Lomustin, Chlorambucil, Cisplatin, Cytarabin, Dacarbazin, Gemcitabin, Melphalan, Mercaptopurin, Thioguanin, Thiotepa Auch wenn die Alopezie nicht zu den lebensbedrohlichen Nebenwirkungen einer Chemotherapie zählt, so ist sie für die Patienten dennoch mit einer enormen psychischen Belastung verbunden. Sie fühlen sich von ihrer gewohnten Umgebung zunehmend abgegrenzt, verlieren an Selbstwertgefühl und werden sichtbar mit der Vergänglichkeit des Lebens konfrontiert. Kappen, die mittels Kälte, d. h. konstante Kühlung auf 5 °C über mehrere Stunden, eine vorübergehende Vasokonstriktion im Kopfbereich indu-
© Copyright 2024