Ein Lesebuch des Lebens - Behindertenhilfe Offenbach

LANGEN/EGELSBACH
Zum Gelingen des Porträt-Buchs über Langener Senioren haben viele Helfer beigetragen – Resultat ist eine hautnahe Hommage ans Alter. Die vom Langener Künstler Heinrich Umbach (stehend, links) geschaffenen Porträts im Text zeigen Werner Vogelgesang sowie Sieglinde und Udo Bohne. � Foto: Stadt
Ein Lesebuch des Lebens
Stadt veröffentlicht Porträts von Langener Senioren / Spiegelbild einer „bewegten Generation“
94 Jahren erzählen aus ihrem
Leben und vom Älterwerden.
LANGEN � Pünktlich zum 20Unter ihnen sind gebürtige
jährigen Bestehen des Senioren- Langener und „EingeplackBegegnungszentrums Haltestel- te“, Alleinstehende und Paale veröffentlicht die Stadt das
re, Menschen mit MigrationsPorträt-Buch „Wir, das Leben & hintergrund,
Behinderte,
unsere Geschichten“. Gewidmet Heimatvertriebene und und
ist es den Langener Senioren –
einer „bewegten Generation“
wie es im Untertitel heißt. Sie
erzählen in dem kleinen Werk
ihre Geschichten.
Von Holger Borchard
„Alte Menschen sind
ja nicht alle gleich,
wahrscheinlich
sind
sie das sogar noch weniger als irgendeine
andere Altersgruppe.
Denn ihr langes Leben
hat sie zu Individualisten gemacht.“
Ein Zitat der Autorin
Lily Pincus steht am Beginn
des Porträt-Buchs, das ein völlig begeisterter Bürgermeister Frieder Gebhardt als
„Hommage ans Alter“ lobt.
Die Pincus-Feststellung hat
nicht umsonst ihren Platz an
exponierter Stelle. Führt sie
doch hin zu jenen „Individualisten“, die den Leser am
Schatz ihrer Erlebnisse, Erfahrungen und Weisheiten
teilhaben lassen. Frauen und
Männer im Alter von 68 bis
und ... Sie leben in der eigenen Wohnung oder bei der
Familie, aber auch im Heim.
„Wer den Rollator erfunden hat, sollte einen Nobelpreis bekommen“, wünscht
sich Anneliese Haas, die am
Steinberg wohnt. Sie ist 93,
kein bisschen lebensmüde,
aber praktisch veranlagt: „Ich
habe mir einen Grabplatz gekauft. Ich weiß jetzt, wo ich
hinkomme.“
Sieglinde und Udo Bohne,
beide 74, haben für sich festgelegt: „Wir holen aus jedem
Tag heraus, was uns Freude
bereitet.“ Ein Lieblingsbuch
Sieglinde Bohnes, das sie
auch gerne verschenkt, ist:
„Altwerden ist nichts für
Feiglinge“ von Joachim
„Blacky“ Fuchsberger.
Zwei Aussprüche,
zwei Perspektiven
– zwei Beispiele
für die Vielschichtigkeit der
Porträtierten
und ihrer Gedankenwelt. „Die Erzählungen
sind
voller Spannung und
Emotionalität; die beeindruckenden Lebensläufe nehmen gefangen“, sagt
Marita Scheer-Schneider. Die
langjährige städtische Fachbereichsleiterin, gerade erst
selbst in den Ruhestand gegangen, entwickelte gemeinsam mit Martin Salomon, Leiter der Haltestelle, Idee und
Konzept zu dem 55 Seiten
starken Band. Für das Duo ist
er nicht zuletzt Ausdruck einer neuen Herangehensweise
an kommunale Seniorenar-
beit: „Im Band kommen die
Älteren selbst zu Wort. Sie
sind die Experten für ihre Belange, Wünsche und Vorstellungen und unterstützen die
Haltestelle bei der Weiterentwicklung des Angebots“, sagt
Martin Salomon.
„Wir haben ganz bewusst
Menschen ausgewählt, die
nicht im Mittelpunkt stehen“, betont Scheer-Schneider. „Sie haben uns mit großer Offenheit von ihrem Leben und ihrem Werdegang
erzählt – die Gespräche hat
der Langener Journalist Michael Schmidt aufgezeich-
net.“ Ohnehin ist „Wir, das
Leben & unsere Geschichten“
ein Werk vieler Helfer, die
laut Scheer-Schneider „voller
Begeisterung und zu Sonderkonditionen“ mitarbeiteten.
So liegen die Kosten pro
Exemplar unter drei Euro. Besondere Hingucker sind die
aktuellen Porträtzeichnungen aller Charakterisierten,
die von jenen zur Verfügung
gestellte historische Aufnahmen kontrastieren.
Geschaffen hat die Porträts der Langener
Künstler Heinrich Umbach. Als mit feinem
Gespür
gewählte
Dreingabe
erweisen
sich die von ScheerSchneider zusammengetragenen Zitate und Aussprüche zum Alter – von
heiter bis philosophisch-melancholisch ist alles dabei.
Layout
und
Gestaltung
schließlich gehen auf die
Kappe der Hanauer Grafikdesignerin Louise Rombach.
„Wir, das Leben & unsere Geschichten“ ist kostenlos in einer
Auflage von rund 5 000 Stück im
Rathaus, in der Haltestelle und
bei der Seniorenhilfe erhältlich.
Außerdem wird es ab sofort bei allen anstehenden Veranstaltungen
ausgelegt.