9. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2015 Neue Instrumente zur visuellen Unterstützung der Netzentwicklungsplanung mittels ATLANTIS Gerald Feichtinger, Gernot Nischler, Udo Bachhiesl, Heinz Stigler TU Graz, Institut für Elektrizitätswirtschaft und Energieinnovation, Inffeldgasse 18 8010 Graz, +43 316 873 7909, [email protected], www.IEE.tugraz.at Kurzfassung: Am Institut für Elektrizitätswirtschaft und Energieinnovation (IEE) der TU Graz wird seit einigen Jahren ein Simulationsmodell der kontinentaleuropäischen Elektrizitätswirtschaft ATLANTIS entwickelt [1,2]. Dieses Modell ermöglicht eine gesamtsystemische Untersuchung unterschiedlicher elektrizitätswirtschaftlicher Fragestellungen anhand von frei definierbaren Szenariorahmen. Eine der besonderen Fähigkeiten dieses Instruments ist die Möglichkeit der Untersuchung langfristiger Planungsziele im Bereich der Netzentwicklungsplanung innerhalb des europäischen Verbundnetzes, welches – aufgrund von zukünftig sehr stark geänderten politischen Rahmenbedingungen – einem strukturellen Wandlungsprozess unterliegt [3]. Für die graphische Darstellung sowie einfachere Validierung der von ATLANTIS gelieferten Simulationsergebnisse wurde eine eigene Visualisierungsumgebung (VISU) entwickelt. Zusätzlich kann im Zuge der Ergebnisauswertung auch auf bewährte Programmpakete wie ArcGIS® oder GoogleEarth® zurückgegriffen werden. Keywords: Visualisierung, ATLANTIS, Lastfluss, Schattenpreise, Netzentwicklungsplanung 1 Motivation Das seit einigen Jahren am Institut für Elektrizitätswirtschaft und Energieinnovation (IEE) entwickelte Simulationsmodell ATLANTIS ermöglicht die Untersuchung wichtiger Fragestellungen innerhalb der kontinentaleuropäischen Elektrizitätswirtschaft. Die dabei im Vordergrund stehende zentrale Fragestellung der Versorgungssicherheit spielt insbesondere im Bereich der Netzentwicklungsplanung aufgrund des aktuellen Paradigmenwechsels von einem bedarfsgerechten und bedarfsnahen hin zu einem dargebotsabhängigen und bedarfsfernen Elektrizitätsversorgungssystem eine entscheidende Rolle. Eine großflächige Integration von erneuerbaren Energietechnologien insbesondere von Wind und Photovoltaik verursacht einen relativ stark ansteigenden Elektrizitätstransportbedarf, wodurch völlig neue Anforderungen an das europäische Übertragungsnetz entstehen. Aus diesem Grund bedarf es geeigneter Werkzeuge für eine zukunftsorientierte Planung der europäischen Elektrizitätsversorgung unter Berücksichtigung der technischen als auch wirtschaftlichen Teilaspekte der gesamten Elektrizitätsbranche. Das Simulationsmodell ATLANTIS bietet eine geeignete Simulationsumgebung für eine realitätsnahe Untersuchung geeigneter Fragestellungen von zukünftigen Entwicklungen innerhalb der europäischen Elektrizitätswirtschaft sowie der innerhalb der Branche existierenden Gesamtzusammenhänge. Ein wesentlicher Teilbereich Seite 1 von 12 9. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2015 einer europäischen Rahmenplanung ist eine zielgerichtete länder-übergreifende Netzentwicklungsplanung, deren grundlegende Herausforderung die Bewältigung einer nicht eindeutig definierbaren optimierbare Zielfunktion darstellt. Die Entscheidungsfindung im Planungsprozess basiert letztendlich auf komplexen „iterativen Lösungsansätzen“. Die in ATLANTIS integrierten Methoden und Modelle eine gute Möglichkeit einer mittel- und langfristig zielorientierten elektrizitätswirtschaftlichen Netzplanung (Stigler et al, 2012; Gutschi et al, 2012; Nischler G., 2014). Die in ATLANTIS hinterlegte Datenbasis sowie die Simulationsergebnisse umfassen große Datenmengen, deren Auswertung sehr komplex ist. Frei nach dem Motto „Ein Bild sagt mehr als 1000 Daten“ bietet die neu entwickelte Visualisierung (VISU) die Möglichkeit einer relativ einfachen graphischen Darstellung verschiedener Datensätze, um die Auswertung von Simulationsergebnisse wesentlich zu vereinfachen und deren Interpretation graphisch zu verdeutlichen. 2 VISU als Werkzeug zur Szenarien-Analyse In der neu entwickelten Visualisierungsumgebung können verschiedene Basisdatensätze sowie Ergebnisdatensätze aus ATLANTIS graphisch dargestellt werden. Die wesentlichsten Darstellungsmöglichkeiten werden in diesem Kapitel aufgezeigt. 2.1 Visualisierung von Objekten Eine sehr wichtige Aufgabe von VISU ist die Unterstützung bei der grundlegenden SzenarioDefinition und –Erstellung. In ATLANTIS werden technische und wirtschaftliche Teilbereiche wie der Kraftwerkspark (mehr als 9600 Kraftwerksblöcke), das Übertragungsnetz (mehr als 6000 Leitungen) und die Verteilung des Strombedarfs (mehr als 3800 Knoten) berücksichtigt. Abbildung 1: Darstellung eines in ATLANTIS hinterlegten Kraftwerkpark-Szenarios Seite 2 von 12 9. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2015 Diese wesentlichen Bestandteile des Simulationsmodells können in Form von Übersichtsgrafiken mittels VISU dargestellt werden. Die abgebildeten Elemente werden in Größe und Farbe nach unterschiedlichen Kriterien abgebildet. Innerhalb eines Kraftwerksparks erfolgt eine Unterscheidung nach Kraftwerkstypen (Abbildung 1), wobei der Objektradius proportional von der spezifischen Leistung der einzelnen Kraftwerke abhängt. Bei den Leitungen erfolgt eine Unterscheidung nach Leitungstypen und den Spannungsebenen. Zusätzlich ist die Breite eine Leitung proportional zur spezifischen thermischen Kapazität (Abbildung 3). Abbildung 3: Darstellung eines in ATLANTIS hinterlegten Übertragungsnetz-Szenarios Abbildung 2: Darstellung der in ATLANTIS hinterlegten Bedarfsverteilung je Knotenpunkt Seite 3 von 12 9. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2015 Abbildung 4: Darstellungen von Knoten, Kraftwerken, Leitungen und Trafos sowie deren physikalische Verbindung(en) miteinander Die Abbildung der einzelnen Knoten erfolgt wiederum in Abhängigkeit zur Spannungsebene (Abbildung 2). Der Knotendurchmesser steht in Abhängigkeit zum regionalen Strombedarf (je größer das Objekt desto größer der zugewiesene Stromverbrauch in dieser Region). Der vollständige Aufbau eines neuen Szenarios auf der technischen Seite umfasst neben Kraftwerken, Leitungen und Knoten weitere Netzelemente wie Transformatoren (Trafo), Phasenschiebertransformatoren (PST) und Kurzschlussbügel (KSB). Jedes Element wird für eine leichtere Identifizierung in seiner Form individuell dargestellt. Zusätzlich sind alle Elemente in irgendeiner Form miteinander verbunden (Abbildung 4): Kraftwerke via Einspeiseleitungen mit Knoten, Leitungen verbinden wiederum verschiedene Knoten miteinander und Trafostationen verbinden Knoten verschiedener Spannungsebenen. Unterstützend durch VISU können somit bestehende Datensätze (Stammdaten) validiert, bestehende Fehler korrigiert und Ergebnisse (beispielsweise der Kraftwerkseinsatz oder die Leitungsauslastung) abgelesen werden. 2.2 Aufbau und Definition von Szenarien Alle nachfolgenden graphischen Ausführungen basieren auf dem in diesem Abschnitt kurz vorgestellten Simulationsszenario. Der Ausbau des Kraftwerksparks basiert grundsätzlich auf dem Szenariorahmen zum Netzentwicklungsplan 2012 (Stigler und Nischler, 2014; Stigler et al, 2012) unter der Annahme eines bis ins Jahr 2030 sehr starken Ausbau der erneuerbaren Energien insbesondere bei Wind OnShore auf 50,3 GW, Wind OffShore auf 15 GW und Photovoltaik auf mehr als 56 GW. Der Fokus bei den weiteren Ausführungen bezieht sich insbesondere auf den Ausbau der Wind-Kapazitäten. Eine graphische Darstellung der Verteilung der einzelnen Windkraftanlagen in und rund um Deutschland mit Fokus auf den Bereich der Nord- und Ostsee mittels VISU bietet Abbildung 5. Die Größe der dargestellten Elemente entspricht wiederum der spezifischen Engpassleistung der einzelnen Anlagen. Die in Deutschland ab dem Jahr 2022 geplanten HGÜ-Korridore sind in den beiden Grafiken in Seite 4 von 12 9. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2015 Abbildung 6: links: HGÜ-Trassen in DE ab 2022; rechts: Gesamtnetz in DE ab 2032 Abbildung 6 dargestellt. Die Integration dieser Korridore im deutschen Übertragungsnetz ist aufgrund der farblichen Unterscheidungen gut zu erkennen. Ziel dieser Korridore ist der Transport von günstiger Windenergie vom Norden Deutschlands (Nord- und Ostsee) in die verbrauchsstärkeren Gebiete im Bereich des Ruhrlands, Baden-Württemberg und Bayern. Alle nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf dieses Entwicklungsszenario und zeigen mögliche Effekte auf umliegende mitteleuropäische Nachbarstaaten wie Österreich, Schweiz, Belgien, Niederlande (etc.). Abbildung 5: Wind-Ausbau-Szenario rund um DE im Jahr 2032 Seite 5 von 12 9. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien 2.3 IEWT 2015 Physikalischer Lastfluss (DC-OPF) Eines der bedeutendsten ATLANTIS-Ergebnisse ist die Berechnung von physikalischen Lastflüssen für die Optimierung des Kraftwerkseinsatzes unter Berücksichtigung von Netzrestriktionen. Diese Berechnungen basieren auf einem vereinfachten DC-OPF-Ansatz1, welcher für die langfristige Planungsausrichtung dieses Simulationsmodells ausreicht, um kritische Netzbereiche aufzeigen zu können. Eine detaillierte Beschreibung des in ATLANTIS integrierten DC-OPF-Ansatzes bietet Nischler (2014). Die von ATLANTIS gelieferten Lastflussergebnisse können wiederum mittels VISU schnell und einfach graphisch dargestellt werden. Abbildung 7 zeigt eine mögliche Darstellung von resultierenden Lastflussergebnissen des oben beschriebenen Szenarios in Deutschland für das Jahr 2022. Der Unterschied ist, dass (links) der Lastfluss ohne die geplanten HGÜ- Abbildung 7: links: Lastfluss ohne HGÜ-Korridore in DE im Jahr 2022; rechts: Lastfluss mit HGÜKorridore in DE im Jahr 2022 Korridore gezeigt wird, (rechts) der Lastfluss unter Berücksichtigung der geplanten Korridore abgebildet ist. Alle Leitungen werden in Form Pfeilen abgebildet, welche sich durch die Farbgebung unterscheiden. Der Pfeil liefert die Flussrichtung auf einer bestimmten Leistung, die Farbe eine in 12-Stufen abgebildete Leitungsauslastung. Bei der thermischen Leistung der einzelnen Leitungen wurde – mit Ausnahme von den HGÜ-Leitungen als voll belastbare steuerbare Übertragungskorridore – ein 70%-Kriterium2 berücksichtigt. 1 DC optimized power flow 2 Das 70%-Kriterium beruht auf dem Gedanken des (n-1)-Prinzips (Nischler, 2014, S. 35). Seite 6 von 12 9. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2015 Abbildung 8: Lastfluss-Differenzen (mit/ohne HGÜ-Korridore in Deutschland) im Jahr 2032 2.4 Lastfluss-Differenzen (DC-OPF) Aus den beiden oben gezeigten Lastfluss-Darstellungen können die Auswirkungen durch die Integration von HGÜ-Korridoren auf einzelne Leitungen darstellt und entsprechend ausgewertet werden. Eine auf diesen Ergebnissen aufbauende Weiterentwicklung in VISU ist die Berechnung und Darstellung von sogenannten Lastfluss-Differenzen. Als Lastfluss-Differenz wird in diesem Zusammenhang die Differenz der physikalischen Lastflüsse von zwei vergleichbaren Szenarien definiert. Anhand von Lastfluss-Differenzen können relativ einfach die Effekte von Netzausbaumaßnahmen im gesamten Übertragungsnetz analysiert werden. Abbildung 8 bietet eine Übersichtsgrafik der resultierenden Lastfluss-Abweichungen durch die Integration der HGÜ-Korridore in Deutschland im Jahr 2032. Die darin abgebildeten relativen Abweichungen bezeichnen die Lastfluss-Differenz (Lastfluss ohne HGÜ-Korridore abzüglich Lastfluss mit HGÜ-Korridore in Deutschland) im Verhältnis zum Lastfluss mit den geplanten HGÜ-Korridoren. Es werden dadurch insbesondere in Deutschland die Mehrbelastungen der bestehenden AC-Leitungen aufgezeigt. Zusätzlich können die Effekte auf die umliegenden Nachbarstaaten aufgezeigt und analysiert werden. Eine detaillierte Darstellung der Effekte basierend auf Lastfluss-Differenzen der HGÜKorridore innerhalb von Deutschland durch VISU bietet Abbildung 9. Darin erfolgt eine Darstellung der Effekte für die Jahre 2022 (jenes Jahr in dem die HGÜ-Korridore im Netzbetrieb integriert werden) und für das Jahr 2032. Insbesondere aufgrund des relativ starken Ausbaus der Windkapazitäten im Norden Deutschlands resultiert ein erhöhtes Transportaufkommen von Strom vom Norden in die verbrauchsstärkeren südlichen Bereiche Deutschlands. Die stark ansteigenden Mehrbelastungen der vorhandenen AC-Leitungen in diesem Zeitraum werden durch diese Darstellungen verdeutlicht. Seite 7 von 12 9. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2015 Abbildung 9: links: Lastfluss-Differenzen in DE im Jahr 2022; rechts: Lastfluss-Differenzen in DE im Jahr 2032 2.5 Schattenpreise Das aus der linearen Optimierungstheorie stammende Konzept der Schattenpreise ist ein sehr nützliches Instrument bei der Entscheidungsfindung im Bereich der Netzentwicklungsplanung. Der Begriff „Schattenpreis“ bietet in der Literatur unterschiedliche ökonomische Interpretationsmöglichkeiten, deren Bedeutungen in Nischler (2014, S. 50ff) aufgearbeitet werden. In diesem Zusammenhang unterstützen Schattenpreise die Wahl von optimalen Anschlussknoten für steuerbare HGÜ-Korridore und wurden aus diesem Grund ergänzend als Netzentwicklungsinstrument in ATLANTIS implementiert. Schattenpreise werden somit als „… die Veränderung der Zielfunktion bei einer marginale Veränderung der Nebenbedingung …“ definiert und können als „… Werte der Ressource …“ interpretiert werden. Die Zielfunktion sind in diesem Minimierungsproblem die Gesamtkosten. Die Umsetzung dieser Methode erfolgt durch eine Erweiterung des bestehenden DC-OPF-Ansatzes durch eine mit einem „penalty-weight“ versehene „overload“-Option bei allen AC-Leitungen, um mögliche Netzrestriktionen „außer Kraft“ setzen zu können. Die sich an den einzelnen Knotenpunkten einstellenden Schattenpreise ermöglichen die Bestimmung von geeigneten Anschlussknoten für geplante Netzausbaumaßnahmen. Negative (positive) Schattenpreise verdeutlichen vorhandene Stromquellen (Stromsenken) und definieren Ausspeiseknoten (Einspeiseknoten) für steuerbare HGÜ-Systeme. Eine grundsätzliche Regel bei der Verwendung von Schattenpreisen im Bereich der Netzentwicklungsplanung ist, dass jene Knoten-Cluster gewählt werden sollten, die die größte Schattenpreisdifferenz zueinander aufweisen. Die größte Differenz würde somit die größtmögliche Reduktion der Gesamtkosten bewirken3. Eine detaillierte Ausführung dieser Methode bietet Nischler (2014, S. 54ff). 3 Neben den Schattenpreisen sind bei der Netzplanung auch andere Kriterien wie das den Anschlussknoten nachstehende AC-Netz oder die Kosten zu berücksichtigen. Seite 8 von 12 9. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2015 Abbildung 11: Schattenpreise in Kontinentaleuropa im Jahr 2032 Die Ergebnisse aus dem in ATLANTIS integrierten Schattenpreismodell können mittels VISU wiederum relativ einfach dargestellt werden. Eine gute Übersichtgrafik für ein Szenario für das Jahr 2032 bietet Abbildung 11. Jeder dargestellte Punkt repräsentiert einen Knoten mit dem errechneten Schattenpreis im Gesamtsystem. In und rund um Deutschland sind klare Preisunterschiede zu erkennen, welche für eine klarte Interpretation näher untersucht werden sollten. In Abbildung 10 erfolgt eine Gegenüberstellung von Schattenpreisen für das Jahr 2022 mit HGÜ-Korridore (links) und ohne HGÜ-Korridore (rechts) in Deutschland. Aufgrund der Integration der HGÜ-Systeme ist eine Angleichung der Schattenpreise Abbildung 10: links: Schattenpreise ohne HGÜ-Korridore in DE im Jahr 2022; rechts: Schattenpreise mit HGÜ-Korridore in DE im Jahr 2022 Seite 9 von 12 9. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2015 Abbildung 12: links: Schattenpreise ohne HGÜ-Korridore in DE im Jahr 2032; rechts: Schattenpreise mit HGÜ-Korridore in DE im Jahr 2032 insbesondere im Bereich des Ruhrgebiets zu erkennen. Eine weitere Darstellung der Schattenpreise dieses Szenarios für das Jahr 2032 bietet Abbildung 12. Der stark angestiegene Preislevel (in der Legende ersichtlich) deutet auf eine verschärfte Netzsituation hin. Jene Knoten mit negativen (positiven) Preisen im Bereich der Nordsee (Bayerns) bieten sich in diesem Fall als Ausspeiseknoten (Einspeiseknoten) für steuerbare Korridore an. Die Integration der geplanten HGÜ-Korridore (rechts) verdeutlicht wiederum eine Schattenpreisangleichung im gesamten Gebiet Deutschlands und lässt somit auf eine weniger kritische Netzbelastung schließen. 2.6 Objekt-Detailinformationen mittels GoogleEarth und VISU Alle in VISU abgebildeten Objekte besitzen unterschiedlich detaillierte Informationen, die ebenfalls dargestellt werden können. Abbildung 13 bietet eine kurze Übersicht zu möglichen Darstellung von diesen objektspezifischen Informationen mittels GoogleEarth (links) und VISU (rechts). Die Daten für die GoogleEarth-Darstellung werden dazu aus VISU in ein GoogleEarth-lesbares Format exportiert. Zusätzlich wird GoogleEarth bei der Szenariodefinition für die Erstellung von Geo-Referenzen der einzelnen physikalischen Elemente verwendet. Die Darstellungen in VISU hingegen werden ausschließlich für einfache, schnelle und übersichtliche Analysen verwendet. 2.7 Nutzanwendungen von VISU Das hier gezeigte Visualisierungswerkzeug VISU kann weitgehend als visuelle Unterstützung im Bereich der Netzentwicklungsplanung eingesetzt werden. Im Zuge dessen kann VISU für die Identifikation von Stromquellen und –senken verwendet werden. Die Distanzen zwischen den Stromquellen und –senken definieren mögliche Netzausbautypen, insbesondere bei der Wahl zwischen gewöhnlichen AC-Ausbaumaßnahmen und möglichen HGÜ-Leitungen (bei längeren Distanzen). Das Konzept der Schattenpreise bietet in diesem Zusammenhang eine Seite 10 von 12 9. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2015 Abbildung 13: links: Objektinformationen in GoogleEarth als Export aus VISU rechts: Objektinformationen als direkter Bestandteil von VISU wesentliche Unterstützung bei der Entscheidungsfindung und bedingt außerdem einer hilfreichen Visualisierung für eine korrekte Interpretation. Aufgrund der graphischen Darstellung können Rechnungen zu Einzelmaßnahmen besser abgeschätzt werden. Dazu zählen beispielsweise die Auswirkungen verschiedener Netzausbaumaßnahmen (wie bereits oben erwähnt) oder die Auswirkung der Realisierung von klassischen thermischen Kraftwerken oder von erneuerbaren Energien (insbesondere Wind und PV in größerem Umfang). Eine wesentliche Erkenntnis können die Darstellungen in VISU bei der Analyse der Effekte von elektrizitätswirtschaftlichen Ausbauprojekten liefern, die in einem bestimmten Land realisiert werden, die in den umliegenden Ländern entstehen und welche Anpassungsmaßnahmen in diesen Ländern dadurch notwendig werden. 3 Zusammenfassung und Ausblick Die hier vorgestellte Visualisierungsumgebung ist eine sinnvolle Unterstützung für die Analyse von Ergebnissen aus gerechneten ATLANTIS-Szenarien. Die umfangreichen Datenmengen können sehr einfach dargestellt und sinnvoll interpretiert werden. Die in VISU integrierten Funktionen – insbesondere die Kombination aus Lastfluss, Kraftwerkseinsatz und Schattenpreisen – helfen bei einer sinnvollen und zukunftsorientierten Netzentwicklungsplanung. Die graphischen Darstellungen helfen außerdem bei der Definition neuer Ausbauszenarien für ATLANTIS. In weiterer Zukunft wird die aktuell vorhandene Umgebung schrittweise erweitert. Es sollen unter anderem ein graphischer Daten-Eingabeeditor erstellt und weitere Möglichkeiten für die Darstellung von ökonomischen Ergebnissen integriert werden. Seite 11 von 12 9. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2015 Literatur [1] Stigler H. et al (2012), Aktuelle Weiterentwicklung des Simulationsmodells ATLANTIS, Symposium Energieinnovation, Technische Universität Graz [2] Gutschi C., Huber C., Nischler G., Schüppel A., Nacht T., Feichtinger G., Jagl A., Hütter D., Bachhiesl U., Stigler H. (2012), ATLANTIS – Forschungsinstrument des Instituts für Elektrizitätswirtschaft und Energieinnovation, Symposium Energieinnovation, Technische Universität Graz [3] Nischler G. (2014), Zukunftsorientierte elektrizitätswirtschaftliche Netzentwicklung, Dissertation, Technische Universität Graz [4] Stigler H., Nischler G. (2014), Gutachten zur Ermittlung des elektrizitätswirtschaftlichen Bedarfs der 380-kV-Leitung von Bünzwangen nach Goldshöfe (EnLAG Projekt Nr. 24) [5] Stigler H, Nischler G, Renner H, Fickert L, Brandauer W, Bachhiesl U, et al (2012), Gutachten zur Ermittlung des erforderlichen Netzausbaus im deutschen Übertragungsnetz 2012, Website: http://data.netzausbau.de/Alfa/NEP/NEMO_II.pdf; Seite 12 von 12
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