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Handel
Klick und Kauf
Gebrauchtwagen E Wie sieht die
GW-Börse der Zukunft aus?
von Eric Friebel und Christian Schubert*
In England ging die erste ganzheitliche internetbasierte GW-Börse an den Start, die vom
Auffinden des Fahrzeugs bis hin zur Auslieferung den gesamten Verkaufsprozess online
­anbietet. Auch in Deutschland denkbar?
D
er klassische Zweck der OnlineBörsen ist die Verkaufsanbahnung. In der Regel werden Fahrzeuge angeboten und es wird gewartet, bis
sich ein Käufer findet. Die etablierten
Gebrauchtfahrzeug-Suchmaschinen (wie
z. B. Autoscout24, mobile, gebrauchtwagen.de) verfügen über anwenderfreundliche Suchmöglichkeiten, mit denen auch
der nicht internetaffine Anwender in vier
bis fünf Mausklicks zu seinem Suchergebnis geführt wird.
Nach dieser Verkaufsanbahnung aber
ist in den heutigen Online-Börsen oft
Schluss. Nach dem Auffinden des neuen
Wunschfahrzeuges und des dazugehörenden Anbieters wird der Kaufprozess
nicht mehr elektronisch unterstützt. Mit
der telefonischen Kontaktaufnahme oder
mit Besichtigung des Fahrzeugs vor Ort
wird der elektronische Kaufprozess abgebrochen, oft ist die Kontaktanfrage per
E-Mail der letzte Schritt im Verkaufsanbahnungsprozess der Online-Börsen. Und
obwohl man also heute so ziemlich jeden
Artikel im Internet käuflich erwerben
kann, stellt sich die Situation bei den
Kraftfahrzeugen bislang anders dar.
Neue Verkaufschancen
Natürlich wollen viele Kunden das Fahrzeug vorher sehen oder Probe fahren.
Dennoch stellt sich die Frage, ob sich
nicht viele Kunden von zusätzlichen, vertrauensfördernden Informationen wie
Detailbildern, 360-Grad-Aufnahmen,
einem Video und/oder einer glaubwür38
Autohaus
digen Gutachtendokumentation mit Garantie zu einem direkten Online-Kauf per
„Sofort-Kauf-Button“ überzeugen ließen.
Welche Verkaufschancen ließen sich für
Hersteller bzw. Kfz-Betriebe im OnlineBereich erschließen, wenn der Kunde die
Möglichkeit hätte, sich sein Traumfahrzeug im Internet zu bestellen und es kurz
darauf „schlüsselfertig“ geliefert zu bekommen?
Den durch Amazon etablierten „Kauf “Button vermisst man bisher ­sowohl im
Neuwagen- als auch im Gebrauchtwagenmarkt. Ein derartiger, durchgängiger
Online-Vertriebsweg würde weitere
Dienst­leistungen mit einbinden: Neben
der Abwicklung der Zahlungsmodalitäten
bzw. der Finanzierung des Fahrzeugs gehören die Spedition, Zulassung und Versicherungseindeckung zum klassischen
Fahrzeugvertrieb. Weiter gedacht würde
man sogar die Inzahlungnahme des Altfahrzeuges – inklusive Abtransport bei
Lieferung des Neufahrzeuges – integrieren können. Bisher werden diese Leis­
tungen in den heutigen, herstellerübergreifenden Börsen nur ausschnittweise
an­geboten. So gibt es zwar Finanzierungs­
angebote und verlinkte Versicherungs­
kalkulationen, aber der Kunde bleibt bei
Wahl und Abwicklung sich selbst über­
lassen.
Fahrzeugkauf von A bis Z
Ein solcher Komplettservice böte Herstellern oder klassischen Kfz-Betrieben die
Möglichkeit, sich mit ihren Angeboten in
den Online-Börsen zu differenzieren. Für
die fachliche und technische Umsetzung
kann auf die Expertise der Berater ITUnternehmen Cirquent zurückgegriffen
werden. Cirquent verfügt über die notwendigen Branchen- und Retail-Kompetenzen, um entsprechende Prozesse in den
Systemen abzubilden – inklusive Komfortfunktionen wie Statusmeldungen für
die Käufer und Sicherheitslösungen für
den Zahlungsverkehr.
England macht‘s vor
Was bei uns noch nicht den Durchbruch
gefunden hat, wird momentan in England
ausprobiert. Von dort stammt die erste
ganzheitliche internetbasierte Gebrauchtfahrzeugbörse, die vom Auffinden des
Fahrzeuges bis hin zur Auslieferung den
umfassenden Fahrzeugkaufprozess online
anbietet. Der Anbieter ist jedoch überraschenderweise kein Kfz-Handelsbetrieb
oder eine bekannte Gebrauchtwagen­
börse, sondern eine Supermarktkette
(www.tescocars.com). Der Kunde kann
das Fahrzeug auffinden und es sich bis zur
Haustüre liefern lassen.
Mit Spannung und Skepsis zugleich
wird der englische Versuch hierzulande
beobachtet. Eine zusätzliche Besonderheit
in Deutschland stellen die Bestimmungen
des Widerrufsrechts und die Pflichten im
elektronischen Geschäftsverkehr mit seinem fast bedingungslosen Rückgaberecht
dar. Es bleibt abzuwarten, ob einer der
Hersteller oder die großen unabhängigen
Börsen den ganzheitlichen Vertriebs­
ansatz wagen, oder ob sogar ein Handelsbetrieb demnächst mit dem Kundenversprechen „schlüsselfertig frei Haus“ einen
weiteren Schritt in der Online-Gebrauchtfahrzeugvermarktung gehen wird. z
*Die Verfasser des Artikels sind beide in
der Funktion als Managing Consultant
mit dem Themenschwerpunkt Used Car
Remarketing bei Cirquent tätig.
5/2012
Bild: Fotolia
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