Die Körperorientierte Sprachtherapie Fragen und Antworten

Aus der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie
Universitätsspital Basel
(Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Dr. h.c. H.-F. Zeilhofer)
Die Körperorientierte Sprachtherapie
Fragen und Antworten
MASTERARBEIT
zur Erlangung des akademischen Grades
Master of Advanced Studies (MAS) in Cranio Facial Kinetic Science
vorgelegt der
Medizinischen Fakultät der Universität Basel
von
Biliana Stoisin, Basel
Matrikel Nummer 11-050-846
unter der Leitung von
Prof. Dr.Dr. Hans-Florian Zeilhofer
betreut von
Beat Göpfert/Dr. J. Priller
07.02.2014
Inhaltsverzeichnis
Seite
1. Einleitung ............................................................................................... 1
2. Theoretischer Hintergrund....................................................................... 2
2.1 Orofaziale Dysfunktionen............................................................... .. 2
2.2 Logopädie.........................................................................................3
2.3 k-o-s-t® ......................................................................................... ..6
2.4 Kommunikation in k-o-s-t® .............................................................. 9
2.5 Kieferorthopädie und orofaziale Dysfunktionen……………………. 10
3. Fragestellung/Zielsetzung…………………………………………………. 13
4. Material und Methode............................................................................ 14
4.1 Methode..........................................................................................14
4.2 Interview-Fragen ............................................................................ 14
5. Ergebnisse.............................................................................................16
6. Diskussion ............................................................................................ 41
7. Schlussfolgerungen .............................................................................. 46
8. Literaturverzeichnis............................................................................... 47
9. Lebenslauf ............................................................................................ 49
10. Danksagung ....................................................................................... 51
11. Anhang……………………………………………………………………... 52
11.1 Bibliographie Susanne Codoni
11.2 Erfahrungsbericht
Selbstständigkeitserklärung
1. Einleitung
Das System k-o-s-t® ist in der Zeit seit seiner Entstehung nie systematisch
vorgestellt und beworben worden, weshalb die Personengruppe, welche nach
diesem Konzept arbeitet, relativ klein ist. Es hat keine Vermarktung stattgefunden
und das Wissen um diese Vorgehensweise ist deshalb nicht ausreichend bekannt
geworden. Die Verbindung zwischen Logopädie und Körper ist nicht sofort
erkennbar, weshalb auch bei den Fachleuten ein Mangel an Informationen betreffend
des Verständnisses und der Indikationen besteht.
Lediglich um den Bekanntheitsgrad des Konzeptes k-o-s-t® zu erhöhen, wurde in
verschiedenen Publikationen (Anhang 11.1), auf zahnärztlichen und logopädischen
Kongressen,
bei
Vorträgen
und
Workshops,
in
Berufsverbänden
und
als
Zertifizierungskurs das Konzept vorgestellt. Zur Zeit wird das Konzept k-o-s-t® in
mehreren Arbeiten des ersten
Masterstudienganges Cranio Facial Kinetic Science
aufgegriffen und thematisiert.
Ein wichtiger Teil meiner kieferorthopädischen Tätigkeit bezieht sich auf die
Prophylaxe
von
Zahn-
und
Kieferfehlstellungen.
Dieses Anliegen
ist
den
Kieferorthopäden und den Logopäden gemeinsam. Die Begründung dafür ist in der
Abhängigkeit von Form und Funktion zu finden. Viele Abweichende Stellungen der
Zähne und Kiefer haben ihren Ursprung in einer Dysfunktion der orofazialen
Muskulatur und der Zunge.
So entstand mein Wunsch die Zusammenhänge aus dem Konzept k-o-s-t® zu
verstehen, um als Kieferorthopädin, bei vorhandener Indikation, die Therapie nach
diesem Konzept empfehlen zu können. Damit kommen meine Patienten, welche
sowohl kieferorthopädische als auch logopädische Probleme aufweisen, wie das im
Fall eines Kindes mit einem seitlich offenen Biss und funktionellen Sprechstörungen
sein kann, in den Nutzen einer ganzheitlichen Behandlungsweise. Ich kann dem
Patienten das Konzept vorstellen und ihm die Therapie empfehlen.
1
2. Theoretischer Hintergrund
2.1 Orofaziale Dysfunktionen
In
der
Literatur
beschreibt
Furtenbach
(Furtenbach
2013),
wie
orofaziale
Dysfunktionen, durch eine vermehrte Zusammenarbeit zwischen Logopäden und
Kieferorthopäden, vorgebeugt werden können. Der Begriff wird definiert als
Störungen
der
Muskelfunktion,
des
Muskeltonus
und
der
physiologischen
Bewegungsabläufe, wobei dafür auch die Begriffe „Myofunktionelle Störungen im
orofazialen Bereich“, „Orale Dysfunktionen“, „Orofaziale Dyskinesien“
oder
„Orofaziale Störungen“ benutzt werden. Eine wesentliche Ursache für diese
Störungen ist in den Lutschhabits zu sehen. Das Verwenden von „Saugen“ und
„Trinken“ als Synonyme ist falsch, weil es sich dabei um zwei unterschiedliche orale
Funktionen handelt, welche in der Entwicklung aufeinander aufbauen. Gemäss
WHO/UNICEF-Stillempfehlung wird das Stillen als Training für die Muskulatur,
Anregung des Unterkieferwachstums und Entwicklung von Ober- und Unterkiefer
empfohlen.
Als exogene Störfaktoren für den Kindermund erwähnt Furtenbach den Schnuller
oder Beruhigungssauger und den Ernährungssauger zum Trinken aus der Flasche.
Die Autorin empfiehlt das Einsetzen des Schnullers ähnlich wie das Verabreichen
eines Medikamentes: nach Indikation, Dosierung, Therapiedauer und nach
Nebenwirkungen. Das Benutzen von Flasche und Ernährungssauger führt dazu,
dass der Säugling trinkt und nicht saugt. Wenn das passiert, dann hat das Kind einen
unphysiologischen
Ernährungssauger
oder
eine
Schluckfehlfunktion.
Das
Saugbedürfnis kann so nicht befriedigt werden und es wird nach anderen Formen
der Befriedigung gesucht. Dabei können orale Habits entstehen. Das Lutschen am
Schnuller dient der Beruhigung und ist aus myofunktioneller Sicht eine Parafunktion,
welche das orale Muskelgleichgewicht stört. Ebenso verhält es sich auch mit dem
habituellen Daumenlutschen, welches negative Auswirkungen auf das orofaziale
System und die sprachliche Artikulation haben kann. Prolongiertes Flaschentrinken
führt dazu, dass die Entwicklung vom viszeralen (infantilen) zum somatischen (reifen)
Schluckmuster erschwert wird.
Bei der Herstellung von Flaschensaugern, Beruhigungssaugern, Trinklerngefässen
sowie Beiss-, Kau- und Zahnungshilfen fehlen die myofunktionellen Anforderungen
2
damit bei ihrem Einsatz
das orofaziale Gleichgewicht nicht gestört wird.
Die
Prävention, Diagnostik und Therapie der primären oralen Funktionen Atmen, Saugen,
Kauen,
Schlucken und der sekundären Funktionen Phonation und
Artikulation
gehören zu den Aufgaben der myofunktionellen Therapie, welche Bestandteil der
Logopädie ist.
In diesem Kontext sei auch die grosse Rolle des Zungenbändchens erwähnt. Stark
verkürzte Formen stellen ein oft unüberbrückbares Hindernis für eine ungestörte
Zungenfunktion dar und bedürfen einer Durchtrennung, wie auch eines Trainings um
die volle Funktionalität zu erreichen. In ähnlichem Umfang kann eine abweichende
Form, wie das am Beispiel eines schmalen und hohen Gaumens zu erkennen ist, die
Lautbildung
verhindern
und
logopädische
Probleme
verursachen,
weil
der
Zungenraum eingeengt ist. So bedarf es beides, Form und Funktion, um das
Ergebnis einer kieferorthopädischen Behandlung nicht zu gefährden. Auch wenn
offene Bisse oder Zahnstellungen mit Lücken funktionellen Ursprungs mittels aktiver
kieferorthopädischer Behandlungen therapiert wurden, ist die Rezidivgefahr sehr
gross, wenn die Muskel- und Zungenfunktion nicht umgestellt wurden.
2.2 Logopädie
Die Sprachheilkunde oder auch Sprachheilwesen ist eine medizinisch-pädagogische
Disziplin und beinhaltet somit zwei Teile: den medizinisch-phoniatrischen und den
logopädisch-pädagogischen Teil welcher auch als Sprachheilpädagogik bezeichnet
wird (Becker et al. 2000).
Das Fach der Logopädie ist sehr komplex und umfasst sowohl Sprach-, Sprech-,
Hör-, Stimm-, Schluck- oder Lernstörungen als auch Dyspraxien. Somit sind die Auffälligkeiten in der Sprache und der Kommunikation im Allgemeinen durch eine grosse
Vielfalt im
Erscheinungsbild und dem Schweregrad gekennzeichnet (Grohnfeldt
2009).
Für die Ausübung dieser sehr komplexen Funktionen ist eine entsprechend grosse
Anzahl von Strukturen verantwortlich. Muskeln, Nerven, zentrales Nervensystem,
Hör- und Sehorgan spielen eine wesentliche Rolle. Ein ausgewiesenes Sprech- oder
Sprachorgan gibt es nicht und für die Stimmgebung und das Sprechen ist über die
3
Rumpfmuskulatur der gesamte Körper wichtig (Wirth 2000). Der Autor definiert die
Sprache
als
eine
seelisch-geistige
Leistung
welche
zusammen
mit
den
Sprechwerkzeugen eine untrennbare Einheit bildet.
Im
Prozess
der
Entstehung
Verständigung
ursprünglich
der
menschlichen
Gebärden,
Sprache
Gesten,
spielten
bei
der
Körperhaltungen,
Körperbewegungen und das Mienenspiel eine wichtige Rolle. Wann und wie aus dem
Aussenden und Empfangen von akustischen Signalen
die heute verbale,
menschliche Sprache entstanden ist, lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen. Es
wird vermutet, dass zunächst einsilbige Urwörter und danach lautmalerische
Wortbildungen produziert wurden. Die Kindersprache dient heute als Modell für den
Sprachwandel und die Entstehung der Sprache. Kennzeichnend für die menschliche
Sprache ist, dass sie sowohl über Tatsachen informieren kann, als auch dass sie
dazu verhilft, über den zwischenmenschlichen Kontakt Auskunft zu geben, diesen zu
lenken und über diesen Kontakt zu informieren (Wirth 2000).
Unter den kraniofazialen Fehlbildungen nehmen die Lippen-Kiefer-Gaumenspalten,
aus logopädischer Sichtweise, einen besonderen Stellenwert ein. Neben den
kieferchirurgischen
und
kieferorthopädischen
Massnahmen
spielt
auch
die
Logopädie eine tragende Rolle bei der Rehabilitation der betroffenen Patienten,
wobei die Sprachstörungen, welche bei Spaltbildungen des Kiefers und Gaumens
auftreten, therapiert werden.
Patienten, welche Träger von Lippen- Kiefer- Gaumenspalten sind, weisen abhängig
von der Grösse der Spaltfehlbildung hauptsächlich folgende Symptome auf:
Störungen in der Nahrungsaufnahme, komplexe Sprachstörung (Palatolalie),
Störungen
des
Stimmklanges
Entwicklungshemmungen
der
(Palatophonie),
Sprache,
Störung
der
Beeinträchtigung
Mimik,
des
zentrale
Mittelohres,
kompensatorische Rachenmandelhyperplasie, Nasenfehlbildungen, Beeinträchtigung
der Persönlichkeitsentwicklung und des Kommunikationsverhaltens. Nach dem
chirurgischen Verschluss der Lippenspalte und der Spalte des weichen Gaumens
kann mit der logopädischen Übungsbehandlung gestartet werden. Folgende
Hauptziele werden dabei verfolgt: Hörwahrnehmung und Atemführung schulen,
Gaumensegel und Schlundmuskulatur aktivieren, Rückverlagerung der Zunge
korrigieren, Sensibilität für Sprachbewegungen erwecken, Laute neu erlernen,
Lippensensibilität und –kraft stärken, Kieferbeweglichkeit üben, Stimmlippen
4
entspannen (Wirth 2000). Weil Spaltpatienten oft Nichtanlagen in der Region der
Schneidezähne aufweisen, haben sie auch Schwierigkeiten mit dem Erzeugen von
Zischlauten, was oft die Ursache für das Lispeln sein kann.
In der Folge werden einige Therapien vorgestellt, welche zur Zeit ergänzend in der
logopädischen Praxis eingesetzt werden:
1. PROMPT®
ist
kinästhetisches
ein
ganzheitliches
Behandlungssystem
dynamisches
vorgesehen
sensomotorisch-taktilals
Hilfe
für
die
Organisation, Planung und Ausführung von phonetischen und phonemischen
Elementen der Sprechproduktion, der Entwicklung oder dem Wiedererlangen
von Sprache mit funktionalen Interaktionsinhalten, im Gegensatz zu den
konventionellen Behandlungsmethoden, welche vorwiegend auf
einen
auditiven und visuellen Input angewiesen sind (Skript MAS CFKSc 20112013).
2. Das Castillo-Morales Konzept oder die Orofaziale Regulationstherapie betont
die Untrennbarkeit von Körper und orofazialem Komplex. Die Methode
wendet manuelle Techniken wie Berühren, Vibration, Streichen, Druck und
Zug an um auf den Muskeltonus und die Bewegungsmöglichkeiten der
Patienten einen positiven Einfluss zu nehmen (Brockmöller et al. 2012).
3. Assoziationsmethode nach McGinnis mod. Meir ist als ein systematisches
Training von Aufmerksamkeit, Gedächtnis und der Fähigkeit des willkürlichen
Abrufs zu verstehen, welches der umfassenden, optimalen und gesteuerten
Verknüpfung sämtlicher am Sprechvorgang beteiligten Wahrnehmungen dient
(Gebhard et al. 1992).
4. „Das 5 Phasen Modell der myofunktionellen Therapie“ nach Ulrike Hörstel ist
eine Therapieform, welche sich an Patienten mit myofunktionellen Störungen
im orofazialen Bereich richtet. In den 5 Phasen wird ein funktional-reguläres
Bewegungsmuster für die orale Phase des Schluckaktes erlernt (Skript MAS
CFKSc 2011-2013).
5. Die Methode der Propriozeptiven Neuromuskulären Fazilitation hat als Ziel das
Wiedererlernen und Neuintegrieren von Funktionen und Bewegungsabläufen
auf Funktions-, Aktivitäts- und Partizipationsebene. Basierend auf die taktile
5
und
propriozeptive
Rückenmark,
Wahrnehmung und die
zentrales
Nervensystem
und
Kommunikation zwischen
die
Muskulatur
werden
Bewegungen angebahnt und erleichtert (Reichel 2002)
6. Neurofeedback Methode bezeichnet einen Lernprozess bei welchem ein
bestimmtes Verhalten mittels eines Feedbackloops verstärkt wird. Die
Rückmeldung erfolgt simultan und mehrere 1000 mal pro Sitzung, sie ist
wertfrei, da sie über einen Computer erfolgt und der Computer detektiert
Hirnmuster, welche der Umgebung verborgen bleiben. Neurofeedback ist das
Feedback von Gehirnaktivität gemessen im Elektroenzephalogramm und gilt
als
Voraussetzung
für
das
Lernen,
welches
lebenslang
über
die
Neuroplastizität des Gehirns möglich ist (Haus et al. 2013).
7. Hörwahrnehmungstraining „AUDIVA“ schult das Gehör und die Wahrnehmung
durch eine besondere Darbietung von harmonischer Musik (AUDIVA 2014).
2.3 k-o-s-t®
In der logopädischen Prävention, Diagnostik und Therapie wird oft dem gesamten
Körper wenig Aufmerksamkeit geschenkt, obwohl die Muskelketten, welche am
Schädel und am Unterkiefer ansetzen und die Funktion sichern, die Verbindung zum
Rumpf und damit zum gesamten Körper herstellen.
Diesen gesamtkörperlichen Gedanken fängt das Konzept der Körperorientierten
Sprachtherapie k-o-s-t® auf und begründet damit seine am Körper orientierte
Vorgehensweise. Die französische Übersetzung „Service d'un orthophoniste utilisant
l' orthophonie corporelle (orthophonie integrant le corps)“ beschreibt sogar genauer
was den Kern des Konzeptes ausmacht: den gesamten Körper in die Therapie
integrieren, einbeziehen, einschliessen. Der Gedanke, sich den gesamten Körper zu
Hilfe zu nehmen liegt aus dieser Perspektive dann auch sehr nah. Vor über 10
Jahren wurde dies die Geburtsstunde für das Konzept k-o-s-t®.
Als Basistherapie erfüllt k-o-s-t® eine Scharnierfunktion zwischen Schulmedizin,
Komplementärmedizin und pädagogisch- therapeutischen Massnahmen. Damit wird
eine funktionelle Ausgangslage geschaffen um, darauf aufbauend, bei Menschen mit
Sprach-, Sprech- und Mehrfachbehinderungen, die Sprache und das Sprechen zu
6
fördern. Dabei wird laut Codoni (Bahr et al. 2006) der Fokus auf folgende Elemente
gerichtet:
-
Verbessertes körperliches Wohlbefinden
-
Körperaufrichtung
-
Körperliche Durchlässigkeit
-
Ausgeglichener Körpertonus
-
Ästhetik bei Hypersalivation
-
Lockerer Mundschluss
-
Antlitzgerichtetheit
-
Heitere Kommunikationsbereitschaft
-
Umwandlung von negativem Stress (=erhebliches Störungsbewusstsein) in
positiven Stress (= „umgehen“ mit der Störung)
-
Herstellen von funktionellen Grundlagen
Die Grundlagen für die Sprach- und Sprechentwicklung bilden biologische und neurophysiologische Prozesse und für die logopädische Diagnostik die Kenntnis der
sensomotorischen Entwicklungsfolge. So wird in der modernen logopädischen Praxis
die sprachliche Leistung im Verhältnis zu der gesamten körperlichen Funktion
beurteilt. Bei Kindern mit Sprachstörungen wird oft beobachtet, dass sie auch eine
abweichende Körperhaltung mit schlaffem Gesichtsausdruck, hängenden Schultern
und verändertem Gangbild aufweisen. Dabei ist die offene Mundhaltung mit nach
distal verlagertem Unterkiefer und abgesunkenem Komplex Zunge und Zungenbein
ein oft anzutreffender Befund. Die Folge davon ist, dass Sprache- und Lautbildung
verkümmern. Um eine erfolgreiche Behandlung zu ermöglichen, ist es notwendig die
Ursachen für diese Funktionsstörungen zu erkennen und den gesamten Körper in die
Behandlung miteinzubeziehen. Das Modell von Codoni basiert auf der Arbeit von
Brodie (Brodie 1952), welche durch Castillo Morales/Brondo (Brockmöller et al. 2012)
erweitert wurde und durch Codoni modifiziert wurde. Es stellt die Zusammenhänge
zwischen Form und Funktion bezogen auf den gesamten Körper dar. Das erklärt,
wieso Zahnfehlstellungen oder Beckenschiefstände die gesamte Funktion des
7
menschlichen Körpers beeinflussen können oder wieso Kinder mit Sprachstörungen
auch Auffälligkeiten in der Körperhaltung und im Bewegungsmuster aufweisen.
k-o-s-t® bildet die Basis, auf der verschiedene Fachrichtungen, moderiert durch den
Logopäden, und unter der Mitarbeit des Patienten und seines Umfeldes, ein
gemeinsames Therapieziel verfolgen. Diese Vorgehensweise gilt insbesondere in
den Fällen, in welchen die Sprachstörungen durch eine fehlerhafte Körperhaltung
begleitet werden und eine Körperstabilisierung und/oder -aufrichtung verfolgt werden.
Die Erkenntnisse aus der ganzheitlichen Diagnostik führen zu einem umfassenden
Patientenbild worauf das Behandlungskonzept aufgebaut wird. Dieses beinhaltet
sowohl schulmedizinische als auch komplementärmedizinische Aspekte und die
Therapie ist nicht defizit- sondern ressourcenorientiert. Dabei ist die Kommunikation
sehr wichtig, sowohl in der Patient-Therapeut Beziehung, als auch unter den
verschiedenen Fachdisziplinen. Der Patient wird in seiner Entwicklung beobachtet
was dazu führt, dass der Aufbauplan laufend verändert und angepasst wird. Die
manuelle Arbeit
findet
von
Fuss
zu
Kopf
statt
und
damit
werden
die
Selbstheilungskräfte, welche zu einer Tonusregulierung führen, aktiviert. Die
Erfahrung hat gezeigt, dass k-o-s-t® als Basistherapie auch ausserhalb der
Sprachtherapie eingesetzt werden kann um Behandlungen zu optimieren und zu
verkürzen.
8
2.4 Kommunikation im Konzept k-o-s-t®
Sowohl der Inhalt als auch die Gestaltung der Gespräche werden sowohl vom Patienten wie auch vom Arzt oder Therapeut kontrolliert, die Rolle der Gesprächsführung
wird von beiden übernommen, sie wechseln sich darin ab.
Es existieren diverse Modelle der Kommunikation. Der „Kommunikation im
medizinischen
Alltag. Ein Leitfaden für die Praxis“, herausgegeben von der
Schweizerischen Akademie der medizinischen Wissenschaften, sind zwei häufige zu
entnehmen. Sie werden im folgenden Abschnitt vorgestellt.
Modelle der Kommunikation:
1. Modell: Kommunikation als Prozess bei dem die Beteiligten Material in Form von
verbalen und nonverbalen Botschaften, wie bei einem Tennismatch Filzbälle, hin und
her vermitteln. Schulz von Thun erklärt wieso jede Nachricht vier Ebenen hat (Schulz
von Thun 1981). Dabei geht es um die Selbstkundgabe, den Beziehungshinweis, den
Appell und den Sachinhalt. Die Teilnehmer am Gespräch wählen ihre eigene Ebene,
welche mit der des Gegenübers nicht übereinstimmen muss, was zu Problemen
führen kann. Bei einem Gespräch wird auf der Ebene der Selbstkundgabe das
offenbart, was der Redner über sich selbst mitteilt, der Beziehungshinweis erklärt
was er von seinem Gegenüber hält und in welcher Beziehung er zu diesem steht und
der Appell verrät wozu eine Person die andere bewegen will. Von dem
österreichischen Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick stammt die
berühmte Aussage, dass es nicht möglich ist nicht zu kommunizieren (Watzlawick et
al. 2011). Zu diesem ersten Axiom gehören auch noch 4 andere dazu, wobei der
letzte für das medizinische Gespräch von Bedeutung ist. Da heisst es, auf die
Machtverhältnisse während des Gespräches hindeutend, dass die Kommunikation
symmetrisch oder komplementär ist. Im medizinischen Gespräch kann es oft
vorkommen, dass diese Verhältnisse sowohl grosse Unterschiede aufweisen als
auch, dass sie vom Kontext des Gespräches abhängig sind und sich damit auch
ändern können.
2. Modell: Kommunikation als Prozess bei welchem die Beteiligten in einer
Interaktion eingebunden sind, welche zur Bildung einer Atmosphäre führt, bei der die
eingebrachten Anteile der einzelnen nicht klar auseinander zu halten sind. Dieser
9
Prozess wird oft mit den Begriffen Beziehung und Gesprächsklima beschrieben,
wobei diese Theorien eher unbekannt sind.
Die Kommunikation zeigt sich in dem Konzept k-o-s-t® von zwei Seiten. Erstens stellt
sie im weitesten Sinne das Objekt der Therapie dar. Gleichzeitig ist ebenfalls die
Kommunikation als Therapieinstrument zu sehen weil sie als eine der vier Säulen
des Konzeptes eine wichtige Rolle spielt.
2.5 Kieferorthopädie und orofaziale Dysfunktionen
Die Arbeit des kieferorthopädisch tätigen Zahnarztes erstreckt sich von geringen
Abweichungen der Zahnstellung bis hin zu schwersten angeborenen oder
erworbenen Anomalien der Zähne und der Kiefer. Das ist einer der Gründe, weshalb
die Patienten unterschiedlichen Alters sein können: Kinder im Vorschulalter bei
denen es um das Ablegen eines Habits geht und Patienten jenseits des 40.
Lebensjahres,
bei
welchen
präprothetische
Änderungen
der
Zahnstellung
durchgeführt werden sollen, um nur einige Beispiele zu nennen.
In vielen Fällen gehen der kieferorthopädischen Behandlung andere medizinischtherapeutische Massnahmen voraus, begleiten diese oder werden im Anschluss
durchgeführt. Das stellt den Beweis für die Notwendigkeit einer verlässlichen
interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Fachrichtungen
10
dar. Je nach Situation sind Zahnarzt, Dentalhygienikerin, Kinderarzt, Hals-NasenOhrenarzt, Augenarzt, Therapeuten für myofunktionelles Training, k-o-s-t® und
Physiotherapeuten, Logopäden, Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen Partner in der
Betreuung. Prophylaktische Massnahmen oder Frühbehandlungen sichern oft einen
grossen Teil des Behandlungserfolges. Sie eröffnen die Möglichkeit, dass sich nach
dem Abstellen von Habits das funktionelle Gleichgewicht wieder einstellt. Kreuzbisse,
progene Verzahnungen oder vergrösserte sagittale Stufen können die Funktion
negativ beeinflussen. Werden diese in einer frühen Phase der Gebissentwicklung
behoben, so kann sich das Wachstumspotenzial richtig entfalten. Die Kategorie der
funktionskieferorthopädischen Geräte vom Typ Funktionsregler oder Bionator tragen
dazu bei, den Ausbau der funktionellen Matrix zu fördern.
Die kieferorthopädischen Patienten weisen nicht nur Abweichungen in der Zahn- und
Kieferstellung auf, sondern bringen häufig auch orofaziale Dysfunktionen mit sich.
Bei der Befunderhebung wird der Beurteilung von Schluckakt, Sprechen und Atmung
grosse Aufmerksamkeit gewidmet. Dabei wird auf die Zunge und die Lippen
geachtet. Beim infantilen oder viszeralen Schluckakt liegt die Zunge zwischen den
Zahnreihen und ist beim Kleinkind physiologisch. Mit fortschreitendem Alter sollte
sich das somatische Schluckmuster mit Zahnkontakt etablieren, wobei die Zunge
leicht an den Gaumen liegt. Das Persistieren des infantilen Schluckmusters gilt als
Dysfunktion und kann Fehlstellungen der Zähne und der Kiefer hervorrufen. Um dem
vorzubeugen oder auch um schon bestehende Abweichungen zu therapieren,
werden myofunktionelle Übungen empfohlen. Bei der Inspektion der Lippen wird auf
den kompetenten oder inkompetenten Lippenschluss geachtet. Kompetente Lippen
berühren
sich
im
entspannten
Zustand
und
inkompetente
kommen
ohne
Muskelkontraktion nicht in Berührung. Zahnfehlstellungen können die Ursache für
den inkompetenten Lippenschluss sein oder sie können diesen unterhalten. Nach der
Korrektur der Zahnstellung besteht die Möglichkeit, dass sich diese potentiell
kompetenten Lippen schliessen (Sander et al. 2011).
Definiert werden die orofazialen Dyskinesien als Fehlfunktionen der stomatognaten
Muskulatur, welchen unwillkürlich ablaufende Reflexmuster zugrunde liegen.
Unterteilt werden die Dyskinesien in primäre oder verursachende und sekundäre
oder adaptive. Primäre Dysfunktionen können eine Gebissanomalie verursachen und
die Therapie besteht in der Behandlung der Dysfunktion. Sekundäre Dysfunktionen
11
werden als Anpassungen an eine bestehende dentale oder skelettale Anomalie
angesehen. Nach dem Beseitigen der Fehlstellung ist oft eine Normalisierung der
Funktion zu beobachten. Exemplarisch für die Rolle der Dysfunktionen bei der
Entstehung und der Unterhaltung von Zahn- und Kieferfehlstellungen ist der
Distalbiss
mit
Protrusion
der
oberen
Schneidezähne
und
begleitendem
inkompetenten Lippenschluss, offener Mundhaltung, Mentalisverspannung und
häufig auch mit einem Lutschhabit. Eine dauerhafte Formveränderung wird nur
erwartet, wenn auch die Normalisierung der Funktion stattfindet (Einwag et al. 2008)
Die oralen Dysfunktionen lassen sich auch unterteilen in:
-
Lutschen am Daumen, an Gegenständen oder an Lippen
-
autoaggressive
Fehlfunktionen
vom
Typ
Bruxismus,
Lippenbeissen,
Nägelkauen
-
Zungendysfunktionen mit Zungenpressen und dem infantilen Schluckmuster.
Die Ziele der Prävention von Zahn- und Kieferfehlstellungen durch exogene Faktoren
sind folgende:
-
Lippenschluss und Vermeidung der offenen Mundhaltung
-
Vermeidung der Fehlhaltungen und Fehlspannungen in der Kaumuskulatur, in
der Zunge und in den Wangen
-
Einhalten der Nasenatmung
-
Vermeidung jeder Behinderung und Einlagerung der Zunge
-
Abstellen von Lutschgewohnheiten. Parafunktionen, wie das im Falle der
Einlagerung der Unterlippe bei vergrösserter sagittaler Stufe zu beobachten
ist, welche sich sekundär aus einem Lutschhabit entwickeln, gelten als viel
gefährlicher für die Funktion als das primäre Habit selbst (Booy et al. 1988).
Unter
dem
Aspekt
der
Interaktion
zwischen
Zunge
und
Zahn-
und
Kieferfehlstellung, soll in diesem Kontext noch erwähnt werden, dass der
Ruhelage der Zunge eine wichtige Rolle in der Entwicklung und dem Wachstum
des orofazialen Systems zukommt.
12
3. Fragestellung/Zielsetzung
Ein anhand von auserwählten Fragen geführtes Interview mit der Begründerin von
k-o-s-t®, Frau Susanne Codoni, macht es möglich die Vorstellung des Konzeptes so
durchzuführen, dass es für die interessierten Fachleute verständlich ist. k-o-s-t® wird
erklärt und durch die gewonnene Transparenz ist es in der Folge den Fachleuten
möglich das Konzept den Patienten zu empfehlen und eine optimierte Behandlung
anzubieten.
Das Ziel dieser Arbeit besteht darin, eine zusammenfassende Erklärung für die interessierte, interdisziplinär orientierte Personengruppe und den Teilnehmern am Masterstudiengang in kompakter Form als Grundkonzept vorzustellen.
13
4. Material und Methode
Die in der Folge vorgestellte Methode wurde gewählt um in einem beschränkten Zeitund Ressourcenrahmen die Vorstellung des Konzeptes k-o-s-t® zu ermöglichen. In
dem Bewusstsein, dass diese Methode vielleicht nicht das optimale Mittel für die
Präsentation ist, wurde die räumliche Nähe und die Chance eines direkten Gespräches zwischen Frau Codoni und der Studierenden genutzt um das nachfolgende
Informationsmaterial zu verfassen.
4.1 Methode
Die vorliegende Arbeit gestaltet sich in Form eines Interviews. Anhand der Methode
von 20 am häufigsten gestellten Fragen werden diese, der Relevanz nach,
ausgesucht. Bei der Formulierung der Fragen tragen sowohl Frau Susanne Codoni,
die Begründerin des Konzeptes, als auch die unterzeichnende Studentin bei. Der
Studierenden ist es wichtig, die Hintergründe, im speziell die medizinischen, zu
verstehen. Motivation für Frau Codoni ist es, die ihr am wichtigsten erscheinenden
Grundprinzipien zu vermitteln. Beide Beteiligten haben die Gelegenheit sich auf die
Beantwortung der Fragen vorzubereiten und die Diskussion findet anschliessend in
vier gemeinsamen Sitzungen statt. Die erarbeiteten Antworten werden durch die
Studierende protokolliert und danach ausgearbeitet. Im Anschluss erfolgt das
Gegenlesen und die letzte Korrektur durch Frau Codoni im gemeinsamen Gespräch.
4.2 Interview: Fragen
1. Wie ist k-o-s-t® entstanden?
2. Was ist k-o-s-t® und auf welche Basisbausteine ist das System aufgebaut?
3. An wen richtet sich k-o-s-t®?
4. Worauf beruht der Gedanke, den gesamten Körper miteinzubeziehen?
5. Die Beobachtung ist eine der tragenden Säulen. Was wird beobachtet, weshalb
und wie beobachten Sie und welche Schlussfolgerungen ziehen Sie daraus?
6. Ich habe verstanden, dass die Beobachtung einen hohen Stellenwert hat – haben
Sie dafür ein Raster?
7. Welches ist das Ziel dieser genauen Beobachtung?
14
8. Auch die weiterführende Diagnostik stellt einen Basisbaustein, eine tragende
Säule dar. Welche Verfahren halten Sie für relevant?
9. Welchen Stellenwert hat die Region Atlas - Axis in der weiterführenden
Diagnostik?
10. Nach welchen Kriterien formulieren Sie Ihre Ziele und welches sind die Ziele der
Kommunikation?
11. Was bedeutet für Sie „gelingende Kommunikation“? Wie definieren Sie den Erfolg
in der Kommunikation?
12. Die Stimulationen werden
als tragende Säule bezeichnet. Welches sind die
Hintergründe dafür?
13. Wie setzen Sie Lernstrategien ein um neue Bewegungsabfolgen anzubahnen,
aufzubauen und zu automatisieren?
14. Welche Hilfsmittel macht sich k-o-s-t® zunutze und wofür?
15. Bei welchen Indikationen wird k-o-s-t® verordnet?
16. Ist eine Verschreibung anhand eines Rezeptes möglich? Welche Informationen
haben Sie betreffend der Bezahlung?
17. Gibt es Unterschiede in der Behandlung von Kindern und Erwachsenen?
18. Welche Rolle spielt bei k-o-s-t® die Ernährung?
19. Was bedeutet das hochgesetzte „R“ in der Bezeichnung k-o-s-t®?
20. Was macht den Unterschied aus zwischen k-o-s-t® Therapeut und Absolvent des
Masterstudienganges in Cranio Facial Kinetic Science?
15
5. Ergebnisse
Die vorgesehene Präsentation des Konzeptes k-o-s-t® unter der Form eines
Interviews hat stattgefunden. Folgende Fragen wurden beantwortet:
Frage 1: Wie ist k-o-s-t® entstanden?
k-o-s-t® ist ein aus der logopädischen Praxis entstandenes Konzept. Viele Jahre der
Erfahrung als Logopädin von Frau Susanne Codoni, basierend auf den Grundlagen
der
Ausbildungen
zur
Lehrerin,
Gehörlosenlehrerin,
Logopädin,
Craniosacraltherapeutin und Trainerin Neurolinguistisches Programmieren, münden
in den Prinzipien welche dieses Konzept kennzeichnen.
Die intensive Beschäftigung mit Kindern mit Kommunikationsschwierigkeiten, ihre
genaue Beobachtung und die Wahrnehmung der Interaktionen, welche in deren
sozialem Umfeld entstehen, haben dazu beigetragen die Möglichkeiten und Grenzen
der logopädischen Therapie kritisch zu betrachten.
Das Fach der Logopädie umfasst Prävention, Erkennen, Diagnose (Abweichungen
von der Norm werden festgehalten und Defizite beschrieben) und Therapie von
Sprach-, Sprech- und Stimmstörungen. Es schafft Voraussetzungen um Barrieren in
der Kommunikation mit anderen zu überwinden und um die Ausdrucksfähigkeit
weiterentwickeln zu können. Sowohl Kindern als auch Erwachsenen wird diese
Therapie zur Verfügung gestellt.
Die Erfahrung zeigte, dass die Rezidivquote, vor allem bei den am häufigsten
auftretenden Störungen (Dyslalien), oft auch nach jahrelanger Behandlung, zu hoch
war. Dies führte dazu, dass, sowohl Patienten, deren Angehörige als auch
Therapeuten unzufrieden waren. So kam es dazu, dass nach weiteren Angeboten
Ausschau gehalten wurde um so das Spektrum zu erweitern. Das Einbeziehen von
Elementen aus der pädagogischen Kinesiologie und der Craniosacraltherapie war
ein erster Schritt zum gesamtkörperlichen Ansatz von k-o-s-t®. Gleichzeitig
wechselte der Fokus von den Defiziten, die zu den Störungen führten weg und
bewegte sich hin zu dem Potenzial und den Möglichkeiten, welche der Patient
16
aufweist. Die Rolle des sozialen Umfeldes, der Eltern und Angehörigen wurde aktiv,
das Einbinden in die Therapie wurde bewusst gefördert.
Der Weg von einer vorrangig lokalen, symptomorientierten, zu einer ganzheitlichen
Sichtweise des Problems ist damit eröffnet. Aus den Beobachtungen, der mutigen
und unermüdlichen Suche nach neuen Lösungen und aus den damit gesammelten
Erfahrungen entstand ein neues Konzept in der Betrachtung, dem Verständnis und
den Therapieansätzen in der Logopädie.
Diese neuen Erkenntnisse zeigen, dass der engen strukturellen und funktionellen
Nachbarschaft im orofazialen Bereich auch in der Therapie Rechnung getragen
werden muss. Einbezogen werden Fachpersonen aus den Bereichen Hals-, Nasen-,
Ohrenheilkunde, Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Zahnmedizin, Orthopädie,
Physiotherapie, Ethik, Sonderpädagogik, Osteopathie, welche die Basis für die
interdisziplinäre, fachübergreifende Arbeit bilden. Damit entsteht ein starkes Team in
dessen Zentrum sich der Patient mit all seinen Facetten befindet und dem sowohl
das Wissen der Schulmedizin als auch alternative Behandlungsmethoden zur
Verfügung gestellt werden.
Frage 2: Was ist k-o-s-t®
und auf welche Basisbausteine ist das System
aufgebaut?
k-o-s-t® ist das Ergebnis eines Entwicklungsprozesses welches aus der Praxis
heraus und für die Praxis entstanden und bestimmt ist.
Die körperorientierte Sprachtherapie k-o-s-t® ist ein praxisorientiertes Konzept
bestehend aus einer Reihe von Massnahmen, welche den fachspezifischen
Therapien vorgeschaltet sind und den Patienten in die Lage versetzen, für diese
vorbereitet zu sein. Weil dieses Konzept seinen Ursprung in der Logopädie hat, ist
das Hauptziel der stetige Versuch neu erworbene sprachliche Muster in der korrekten
Funktion zu automatisieren und Rezidive zu vermeiden, beziehungsweise deren
Anzahl so gering wie möglich zu halten.
Die Basis jeglichen Handelns mit k-o-s-t® bilden die humanistischen Werte. Darin
verankert sind die vier unabdingbaren Säulen welche das Handeln bestimmen:
17
-
Beobachtung
-
Weiterführende Diagnostik
-
Kommunikation
-
Manuelle Arbeit
k-o-s-t® ist ein ganzheitliches Konzept, welches über die Kommunikation die Schulmedizin und die bewährten komplementärmedizinischen Verfahren mit der manuellen
Arbeit mittels Stimulationen verbindet. Es orientiert sich an die Ressourcen des
Patienten und berücksichtigt
seinen
individuellen
Entwicklungszustand. Das
konsequente Einbeziehen des Patienten mit dessen Umfeld erweitert die Therapiemöglichkeiten und hilft bei der Zielerreichung. Bei Kindern werden auch die Eltern
aktiv und übernehmen einen Teil der Arbeit, welche in der Zeit zwischen den
Sitzungen täglich zuhause stattfindet. Die Rolle des Therapeuten verändert sich: er
wird zum Moderator des therapeutischen Prozesses und gleichzeitig zum Begleiter
auf Zeit zu einem definierten Ziel. Ein respektvoller Umgang dem Patienten und
seinem sozialen Umfeld gegenüber und die Selbstreflexion des Therapeuten sind
neben der gleichzeitigen Arbeit in mehreren Säulen Merkmale der k-o-s-t® Konzeptes (Skript MAS CFKSc 2011-2013).
Die Richtzeit für die Dauer von k-o-s-t® als Basistherapie beträgt 10-12 Wochen,
wobei individuelle Variationen möglich sind. Die Sitzungen finden in unterschiedlichen Abständen statt, abhängig von dem gesteckten Ziel.
Als gleichberechtigte Partner beteiligen sich der Patient, seine Angehörigen und der
k-o-s-t® Therapeut an der Arbeit und bemühen sich um die individuelle Förderung
der Leistungsfähigkeit und Lebensqualität in einem definierten Bereich. Dadurch
eröffnen sich auch den Eltern Möglichkeiten ihr Kind unter einem anderen Aspekt
kennenzulernen und zu erleben. Der Therapieplan passt sich den Veränderungen,
welche der Patient durchläuft an. Die auf Grund dieses Konzeptes neu geschaffenen
Synergien ermöglichen sowohl das Verständnis für die Störungsbilder, das Wecken
der Patientenressourcen als auch den Einbezug der Angehörigen in die Therapie. Mit
steigendem Verständnis für die individuelle Problematik erhöht sich auch die
Compliance des Patienten und die seines Umfeldes, womit die Erfolgsaussichten
steigen.
18
k-o-s-t® widmet sich als holistisches Konzept dem Patienten und seinem Umfeld. Es
bereitet ihn aufgrund interdisziplinärer Zusammenarbeit für weitere Therapiemassnahmen vor.
Frage 3: An wen richtet sich k-o-s-t®?
Das Konzept k-o-s-t® findet in der Logopädie Anwendung einerseits bei Patienten
mit funktionellen Störungen im Bereich des kraniofazialen Systems, vor allem mit
Sprechstörungen, andererseits auch bei sprachlichen Störungen mit funktioneller
Beteiligung. Die Begründerin definiert die Anwendbarkeit von k-o-s-t® als „Basis
jeglichen therapeutischen Handelns“ und öffnet damit die Türen für weitere
Fachdisziplinen. Die Betroffenen werden mittels k-o-s-t® auf die spezifischen
Therapien vorbereitet. Der Patient wird ganzheitlich betrachtet im Hinblick auf den
funktionellen Ablauf seiner Bewegungen und die Ressourcen des Patienten werden
herausgearbeitet. Aus diagnostischer Sicht werden Abklärungen durchgeführt um
daraus die richtigen Therapieansätze entstehen zu lassen. Diese werden zusammen
mit dem Patienten und dessen Angehörigen als klare kurz- und langfristige Ziele
vereinbart. Dazu kommen die Stimuli welche die körperlichen Voraussetzungen für
die darauf aufbauenden Therapien fördern. Die manuelle Arbeit ermöglicht es, die
energieraubenden Verspannungen zu reduzieren um anderweitig die für aufwendige
funktionelle Abläufe notwendigen neuromuskulären Bahnen freizugeben. Ein
nichtergonomischer Gang bündelt Energien, welche den komplizierten Vorgängen,
die bei der Lautbildung notwendig sind, im einzelnen Fall fehlen können.
So entsteht eine vielfältige Liste von Befunden bei welchen die Therapieansätze auf
der Basis von k-o-s-t® beruhen:
-
Sprach-, Sprech-, Stimmstörungen
-
Abweichende Schluckmuster und Zungenfehlfunktionen
-
Orale und periorale Habits und Dyskinesien
-
Insuffiziente
Muskelfunktion
im
oralen
und
perioralen
Bereich
mit
inkompetentem Lippenschluss
-
Basis für das 5- Phasen Modell der myofunktionellen Therapie
19
-
Funktionsstörungen des Gebisssystems (Schopf 2000)
-
Patienten bei denen nach umfangreichen chirurgischen Eingriffen das
funktionelle Muster den neuen Strukturen angepasst werden soll ( Tumor- und
Unfallpatienten )
-
Patienten mit kraniofazialen Fehlbildungen bei welchen die vitalen Funktionen
nur eingeschränkt möglich sind
-
Patienten mit Syndromen
-
Patienten mit Lernschwierigkeiten.
Betreffend des Alters ist die Spanne sehr breit, vom Neugeborenen bis zu dem
Erwachsenen, auch im späten Lebensalter. Die Umstellung der Funktion setzt
Lernprozesse im sensomotorischen Bereich voraus (Bertram et al. 2008) und die
Forschung hat gezeigt, dass das Erlernen von neuen Bewegungsabläufen in jedem
Alter möglich ist.
Die Therapiekosten sind bei k-o-s-t® sehr gering. Das führt dazu, dass dieses
Konzept für viele zugänglich ist und erklärt wieso auch in ärmeren Ländern die
körperorientierte Sprachtherapie, in Verbindung mit funktioneller Therapie, eingeführt
werden kann. Die Therapiesitzungen können in längeren Zeitabständen stattfinden
weil der Körper Zeit benötigt um ein neues Muster zu automatisieren. Auch in den
Fällen, in welchen die Patienten örtlich weiter entfernt von dem Therapeuten sich
befinden gilt das als ein Vorteil der k-o-s-t® Therapie.
Frage 4: Worauf beruht der Gedanke, den gesamten Körper miteinzubeziehen?
Auf den Gedanken, dass das Gesamte mehr ist als nur die Gesamtheit seiner
Einzelteile, auf jahrelangen genauen Beobachtungen von begleitenden körperlichen
Abweichungen bei Personen mit Schwierigkeiten der Sprache, des Sprechens, der
Kommunikation, auf der gegenseitigen Bedingtheit von Form und Funktion, auf die
Kenntnis anatomischer Strukturen
und physiologischer Funktionen, auf die
unstabilen Verhältnisse und die Rückfälle nach Therapien bei welchen nur lokale
Veränderungen verfolgt wurden, aus den Erfahrungen anderer so genannter
ganzheitlicher Therapieformen, auf Modellen wie Tensegrity (Meert 2006), welche die
20
Abhängigkeiten und Bedingtheiten innerhalb eines Systems erklären, auf das Wissen
um die psychologischen Einflussmöglichkeiten, auf Erfahrungen basierend auf die
Arbeit mit Kindern mit verschiedenen Sinnesbeeinträchtigungen.
Die anatomischen Strukturen verbinden die, aus didaktischen Gründen und der
besseren Übersicht wegen, getrennten Körperabschnitte. Die Funktion macht auch
nicht Halt vor diesen Grenzen. Die myofaszialen Ketten können wahrscheinlich am
besten zeigen, dass der Mensch vom Kopf und bis zu den Füssen als Einheit
funktioniert (Myers 2010).
Es sind auch die Gesetze der Physik und Biomechanik, welche zeigen, dass die
Stellung des Kopfes einen wesentlichen Einfluss auf die Haltung hat. Ebenfalls kann
der Kopf, durch seine Position am so genannten kranialen Ende der Wirbelsäule, in
seiner Stellung nicht mehr durch andere Strukturen ausgeglichen werden, wodurch in
dieser Region viele Kompensationsmechanismen entstehen und damit funktionelle
Störungen hervorgerufen werden können.
Wie eng die sensomotorischen Einheiten, die für die gesamte Statik und Dynamik
des Körpers Verantwortung tragen, auch mit der Kognition verbunden sind wird
anhand der frühkindlichen Reflexe deutlich. Die Integration dieser Reflexe ist
erforderlich um eine altersgerechte Entwicklung des Kindes möglich zu machen und
ist als Zeichen von auf Lernprozesse basierende zentralnervöse Reifung zu werten
(Bertram et al. 2008).
Es sind aber auch Ergebnisse von Beobachtungen und langjährige Erfahrungen
welche zeigen, wie Defizite in einem Bereich Veränderungen in einem anderen
verursachen. Kinder welche eine eingeschränkte Sehfähigkeit oder Gehörprobleme
haben, zeigen eine andere Haltung und ein anderes Verhalten im Vergleich zu
anderen, welche dadurch nicht belastet sind. Fettleibigkeit und damit Ernährung darf
als Faktor für fehlerhafte Körperlhaltungen, inklusive fehlerhafter Kopfhaltung, nicht
ausser Acht gelassen werden. Die Halswirbelsäule als Verbindungselement zwischen
Rumpf und Kopf wird Belastungen ausgesetzt, welche muskuläre Reaktionen hervorrufen.
Abweichungen
der
Zahn-
und
Kieferstellungen
sind
als
Faktoren
für
kraniomandibuläre Dysfunktionen und damit auch für oft schmerzhafte orthopädische
Krankheitsbilder verantwortlich (Ridder 2014). Die gleichen Strukturen, welche die
21
Kaufunktion ermöglichen sind auch für die sprachliche Artikulation massgebend.
Atmung und Sprechen finden einen gemeinsamen Nenner über die Brustwirbelsäule,
die Atemmuskulatur und das Diaphragma, psychische Dysharmonien spiegeln sich in
veränderter
Körperhaltung
wieder
und
können
Stimme
und
Redefluss
beeinträchtigen.
Frage 5: Die Beobachtung ist eine der tragenden Säulen. Was wird beobachtet,
weshalb und wie beobachten Sie und welche Schlussfolgerungen ziehen Sie
daraus?
Beobachtet werden der Patient, die Begleitperson und das Verhältnis, welches
zwischen diesen Personen besteht. Damit wird das Erfassen von möglichst vielen
Informationen beabsichtigt, welche als Grundlage für weitere Massnahmen dienen.
Es ist der ganzheitliche Ansatz, welcher als Leitfaden für diese Vorgehensweise
dient.
Die Bezeichnung „Beobachtung“‘ suggeriert eine rein visuelle Wahrnehmung. Primär
findet diese auch statt und bedeutet das Erfassen aller patientenbeeinträchtigender
Faktoren
betreffend
der
Haltung,
der
orofazialen
Dysfunktionen
und
der
logopädischen Defizite. Dazu kommt jedoch auch, aus Sicht des Therapeuten, wie
die Kontaktaufnahme stattfindet und ob Einigkeit besteht zwischen dem wie der
Patient, die Begleitperson und der Therapeut das Leiden des Patienten einschätzen.
Dafür werden auch die anderen sinnesspezifischen Kommunikationsmöglichkeiten
genutzt, wobei die Aufgabe darin besteht herauszufinden, welcher dieser Kanäle vom
Patienten vorrangig eingesetzt wird. Das ist die Basis um eine gemeinsame Sprache
mit dem Patienten zu finden.
Die Erscheinungsbilder mit welchen der Therapeut konfrontiert wird sind äusserst
unterschiedlich. Aus diesem Grund ist es wichtig alle Sinne einzusetzen und
herauszufinden auf welcher Art der Patient am besten zu erreichen ist. Respekt und
Geduld sind diejenigen Faktoren welche diese Arbeit bestimmen.
In ähnlicher Art und Weise geht der Therapeut auch vor, wenn er seinen Kontakt zu
der Begleitperson und das Verhältnis Patient – Begleitperson analysiert. Wenn man
bedenkt, dass das Konzept k-o-s-t® darauf basiert, alle Beteiligten in die Therapie
22
einzubeziehen, dann erscheint es als selbstverständlich, die Interaktionen zu
berücksichtigen. Dazu bietet die Themenzentrierte Interaktion von Ruth Cohn, als
humanistisches und holistisches Modell, eine hilfreiche Alternative (SchneiderLandolf 2009).
Wichtiges Merkmal der Beobachtung ist, dass sie frei von jeglicher Interpretation
bleibt. Die Versuchung ist gross, auf der Grundlage früherer Erfahrungen, voreilige
subjektive Rückschlüsse zu ziehen. Die ihm zur Verfügung stehenden Wahrnehmungsstrategien nutzt der Therapeut, um in dieser ersten Phase eine wertfreie,
objektive Befundaufnahme durchzuführen und diese zu dokumentieren.
Frage 6: Ich habe verstanden, dass die Beobachtung einen hohen Stellenwert
hat – haben Sie dafür ein Raster?
Das Raster ist dem Neurolinguistischen Programmieren von John Grinder und
Richard Bandler entnommen, deren Vorbilder Milton Erickson, Virginia Satir und Fritz
Perls waren (Bandler et al. 2011). Grinder und Bandler haben versucht
herauszufinden, wie diese arbeiten und wodurch sie so erfolgreich geworden sind.
Die genaue Auseinandersetzung mit der Arbeitsweise der in Hypnose, Familien- und
Gestalttherapie tätigen Therapeuten nannten sie „Modellieren“.
Das Raster basiert auf das sinnesspezifische Erfassen des Gegenübers mittels der
„vakog“ Formel welche für visuell, akustisch, kinästhetisch, olfaktorisch und
gustatorisch steht. Die gezielte Wahl der eigenen sinnesspezifisch orientierten Fragewörter und das Herausfinden, nach gleichem Muster, der Prioritätswörter bei dem
Patienten,
ermöglicht
es
bei
jedem
Patienten
die
bevorzugten
Kommunikationskanäle zu erkennen. Damit entsteht auch der Rapport, also ein Kontakt der Übereinstimmung mit dem Patienten. So lange dieser Rapport besteht, aufrechterhalten durch Pacing oder Spiegeln und Leading oder Führen, kann eine Kommunikation und damit auch eine umfassende Beobachtung des Patienten
durchgeführt werden. Das Pacing findet mittels nonverbaler, paraverbaler und
verbaler Kommunikationsinstrumente statt, welche in einer, den Therapeuten charakterisierenden und kongruenten Form vorgetragen werden.
23
Frage 7: Welches ist das Ziel dieser genauen Beobachtung?
Das Ziel der nach diesem Raster durchgeführten Beobachtung ist es, eine Basis zu
finden, worauf die Therapie aufgebaut wird. Wenn der Therapeut versteht, nach
welchem Muster ein Patient mit seinem Umfeld kommuniziert, dann weiss er auch,
wie er auf den Patienten zugehen soll, um ihn für die Therapie zu gewinnen. Dem
Therapeuten wird es gelingen, dem Patienten und seinen Angehörigen zu erklären,
weshalb bestimmte therapeutische Schritte erforderlich sind. Er “erreicht“ seinen
Patienten und damit wird die Motivation bei dem Patienten gefördert. Der Patient ist
informiert und motiviert, die Bereitschaft zur Mitarbeit steigt und damit auch die
Chancen für eine erfolgreiche Therapie.
Dieser Bogen zeigt, dass die Beobachtung in direktem Zusammenhang mit dem
Erreichen der Therapieziele steht, weshalb es durchaus lohnend ist, dieser tragenden Säule grosse Beachtung beizumessen.
Frage 8: Auch die weiterführende Diagnostik stellt einen Basisbaustein, eine
tragende Säule dar. Welche Verfahren halten Sie für relevant?
Abhängig davon, aus welchen Gründen ein Patient den k-o-s-t® Therapeuten
aufsucht, wird dieser entscheiden, welche Informationen, bzw. welche Befunde er
benötigt, um bei dem Patienten die nötigen diagnostischen Massnahmen zu
veranlassen. Erfahrungsgemäss besteht die engste Zusammenarbeit mit folgenden
Disziplinen: Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (Adaptationsschwierigkeiten nach
Trauma-,
Dysgnathie-
oder
Operationen
von
Lippen-Kiefer-Gaumenspalten),
Pädiatrie (Syndrome, Atmung), Neonatologie (kraniofaziale Fehlbildungen, LippenKiefer- Gaumenspalten, Stillberatung), Logopädie (Sprach- und Sprechauffälligkeiten,
Stimm-
und
Schluckauffälligkeiten,
Schulprobleme,
Nasometrie)
Otorhinolaryngologie (Tonsillenhypertrophien und Adenoide, Septumdeviationen),
Zahnheilkunde (Zahnverlust, Nichtanlagen von Zähnen), Kieferorthopädie (Zahn- und
Kieferfehlstellungen),
Physiotherapie
Orthopädie
(funktioneller
Muskeldysfunktionen,
(Skoliosen,
Status,
Sitzauffälligkeiten),
Becken-und
Fussfehlstellungen),
Auffälligkeiten
in
der
Haltung,
Ophthalmologie
(Abweichungen
der
Sehfähigkeiten, Funktionsoptometrie), Osteopathie (Hautblässe, Verdauungs- und
Schlafprobleme, Lymphstau). Dabei werden sowohl strukturelle wie auch funktionelle
24
Abweichungen abgeklärt, basierend auf den fachspezifischen klinischen und
apparativen diagnostischen Mitteln. Anamnestische Angaben und klinische Befunde
werden ergänzt durch die apparative Diagnostik.
So ist zum Beispiel bei einem Patienten mit Skoliose die Körperhaltung
beeinträchtigt, was dazu führt, dass über die myofaszialen Ketten der Unterkiefer und
damit auch die Kiefergelenke in Mitleidenschaft gezogen werden. Es ist in einem
solchen Fall indiziert, klinische und bildgebende orthopädische als auch zahn- und
kieferorthopädische Röntgenaufnahmen zu veranlassen und die Ursachen und den
Umfang dieser Erkrankung der Wirbelsäule festzustellen. Basierend auf den
erfassten Daten werden dann die Therapien fachspezifisch gezielt in der gemeinsam
bestimmten Reihenfolge und dem nötigen Umfang definiert und umgesetzt.
Ein anderes Beispiel wäre ein Patient, der an dem Pierre-Robin-Syndrom leidet,
welches eine angeborene kraniofaziale Erkrankung ist, mit oder ohne begleitende
Gaumenspalte (Kahl-Nieke 1995). Weil die betroffenen Patienten eine komplexe
Symptomatik aufweisen, ist es wichtig die vitalen Funktionen (Atemfunktion) zu
ermöglichen und zu erhalten und dann die weiteren Massnahmen zu ergreifen, so
wie es das Beispiel des Einbringens einer Bacher-Platte zeigt. Heutzutage ist bereits
eine pränatale Diagnostik möglich, was dazu führt, dass sowohl Eltern als auch Ärzte
auf das Neugeborene mit seiner individuellen Problematik vorbereitet sind. Klinisch
erscheint die Retrognathie des Unterkiefers mit retraler Zungenlage und obstruktiver
Ventilationsstörung im Vordergrund (Sautermeister 2006). Massnahmen wie
humangenetische
Untersuchungen,
Messungen
im
Schlaflabor,
Ultraschalluntersuchungen, Elektrokardiogramme, Abformungen für Trinkplatten
zeigen wie vielfältig und breit gestreut die weiterführende Diagnostik sein kann.
In der Praxis beobachten wir oft Patienten, welche Auffälligkeiten in der
Körperhaltung, im Gangbild und in der funktionell bedingten Artikulationsstörung mit
bilateralem Sigmatismus oder Schetismus aufweisen. Basierend auf das Verständnis
für das Tensegrity Modell (Meert 2009) einerseits, welches eine Ausgeglichenheit der
Spannung zwischen den Bändern, Faszien, Muskeln und den Gelenken des Körpers
voraussetzt und die funktionelle Anatomie andererseits, besteht die Möglichkeit, im
Rahmen der apparativen weiterführenden Diagnostik, eine Analyse des Ganges in
einem Ganglabor durchführen zu lassen. Dabei wird die Biomechanik der Bewegung
analysiert, gemessen und dokumentiert. Bei Funktionsstörungen kommt es zu
25
Kompensationsmechanismen, diese können zu Veränderungen (Verkürzungen) in
der Muskulatur führen, was neue Kompensationen, auch in der für die Sprache
verantwortlichen
Muskulatur,
verursachen
kann.
Gangphasen,
Gangzyklus,
Schrittlänge, Schrittzyklus, Gangrhythmus (Perry et al. 1998) und die beim Gang
entwickelten Kräfte sind nur einige Paramater welche analysiert und deren
Veränderungen erklärt werden können. Füsse, Beine, Becken, Wirbelsäule und
Schädel befinden sich über neuromuskuläre Bahnen in Verbindung, weshalb die
Berücksichtigung von körperabschnittsübergreifenden Analysen Berücksichtigung
und Berechtigung findet.
Eine eigene diagnostische Checkliste ist hilfreich bei der Strukturierung der
interdisziplinären Diagnostik. Dadurch wird gleichzeitig ein Netzwerk von Spezialisten
der unterschiedlichen Fachrichtungen aufgebaut welches dann, auf die Bedürfnisse
der Patienten abgestimmt, in die Diagnostik und bei Bedarf auch Therapie,
einbezogen wird. Bewährt hat sich die Vorgehensweise, bei welcher als erster Schritt
ein funktioneller Status von einem in funktioneller Bewegungslehre geschulten
Physiotherapeuten durchgeführt wird. Dieser analysiert die Haltung und die
Bewegung des Patienten und formuliert damit das funktionelle Problem. Dabei
werden keine Hilfsmittel eingesetzt, die Bewegungsabläufe werden nur durch
Beobachten und Betasten auf ihre charakteristischen Merkmale hin geprüft. Grosse
Bedeutung wird dabei den ärztlichen Nebendiagnosen wie Diabetes, Herzkrankheiten, entzündliche Prozesse sowie Tumoren beigemessen. Die physiotherapeutische
Untersuchung basiert auf der International Classification of Functioning, Disability
and Health mit Schwerpunkt auf der Alltagskompetenz des Patienten (KleinVogelbach et al. 2010).
Medizinische
Abklärungen
gemäss
Checkliste
erfolgen
Allgemeinärzte, Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen,
durch
Kinder-
und
Augenärzte sowie Hals-,
Nasen-, Ohren- Ärzte, Zahnärzte, Kieferorthopäden. Involviert werden auch
Logopädinnen, Stillberaterinnen, sowie Therapeuten aus den Bereichen Osteopathie,
myofunktionelle Therapie und Atemtherapie.
Zum Schluss wäre noch zu erwähnen, dass der Dokumentation eine wichtige Rolle
beigemessen wird. So wird je nach Fachrichtung zum Beispiel mittels Fotos, Videos
oder Gipsmodellen der Zahnreihen die Situation des Patienten festgehalten.
26
Idealerweise sollten diese Dokumente standardisierten Vorgaben entsprechen. Die
Dokumentation ist fallabhängig und wird auch als Verlaufskontrolle eingesetzt.
Die weiterführende Diagnostik führt dazu, die Priorität und Reihenfolge der
Therapiemassnahmen festzulegen, was dazu führen kann, dass ein Kind mit Sprachoder Sprechstörung nicht primär logopädisch behandelt wird. Diese Vorgehensweise
erhöht die Behandlungseffizienz und führt zu Kosten- und Zeiteinsparungen und ist
motivierend für das Kind. Von ihm werden keine Leistungen erwartet, die es zu dem
Zeitpunkt nicht in der Lage ist zu erbringen. Bei allgemeinen Muskeldysfunktionen mit
negativen Auswirkungen auf die Aussprache ist die Voraussetzung für eine
automatisierte Artikulation nicht gegeben.
Frage 9: Welchen Stellenwert hat die Region Atlas - Axis in der weiterführenden
Diagnostik?
Dem kraniozervikalen Übergang, zu dem auch Atlas und Axis gehören, wurde im
logopädischen Alltag lange Zeit keine Beachtung geschenkt. Dieser Abschnitt der
Wirbelsäule ist durch einige Besonderheiten in den anatomischer Strukturen und
durch seine direkte Nachbarschaft zu Kopf, Nacken, Gesicht und Kiefergelenke
gekennzeichnet. Ein störungsfreies Funktionieren in diesem Bereich ermöglicht es
der Wirbelsäule den Kopf zu tragen, dem Kopf die Rumpfbewegungen zu
kompensieren und der geforderten Bewegungsfreiheit der Sinnesorgane Auge, Ohr
und Gleichgewicht Rechnung zu tragen. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass im
Rahmen der weiterführenden Diagnostik, die Region Atlas-Axis auf ihre strukturelle
Integrität und funktionelle Störungsfreiheit geprüft wird. Über die myofaszialen Ketten
können Abweichungen in dieser Region auch zu Veränderungen in anderen
Regionen des Körpers führen oder Schmerzen im Bereich Kopf, Nacken und
Kiefergelenke verursachen.
Frage 10: Nach welchen Kriterien formulieren Sie Ihre Ziele und welches sind
die Ziele der Kommunikation?
Das wichtigste Kriterium bei der Zielformulierung ist durch die Möglichkeit der
Zielüberprüfung gegeben.
27
Die Zielsetzung in der Kommunikation ist sehr komplex. Verschiedene Modelle
werden angewandt, eines davon erachtet drei Ziele als wichtig: Daten gewinnen,
Patienten informieren und auf die Gefühle der Patienten eingehen. In diesem
Konzept hat die gegenseitige Beobachtung eine wichtige Rolle, sowohl bei dem
Gewinn der Daten als auch betreffend der Patientengefühle (SAMW/News 2013).
Empfohlen wird vor einem Gespräch zu klären, ob die Interessen aller Beteiligten die
gleichen sind, welche Konflikte auftreten könnten, welche Themen zwingend
angesprochen werden sollten, was unbedingt Teil des Gesprächs werden muss und
was nur wenn genügend Zeit vorhanden ist. Das Ziel des Gespräches soll konkret,
situationsbezogen und positiv formuliert sein und Perspektiven eröffnen. Diese
Vorgehensweise erleichtert es in einem nächsten Schritt mögliche Lösungsansätze
oder Teilergebnisse zu besprechen. In der letzten Phase des Gespräches, der
Reflexion, werden zusammen mit dem Patienten die Erfahrungen und Lösungen
anhand der formulierten Ziele beurteilt. Zum Ende des Gespräches erfragt der Arzt
oder Therapeut nach den wichtigsten Erkenntnissen des Gespräches, führt die
Ergebnisse zusammen und wiederholt getroffene Vereinbarungen (Büttner et al.
2013).
In der Nachbereitung des Gespräches lohnt es sich für den Therapeuten noch einmal
zu überlegen, was in dem Gespräch neu war, was offen geblieben ist, was nicht
angesprochen wurde, wo war der Therapeut sicher und wo unsicher (Büttner et al.
2013).
In der Zusammenfassung heisst es für die k-o-s-t® Ziele, dass diese dem Prinzip
SMARTer entsprechen, wobei die einzelnen Buchstaben ihre Bedeutung wie folgt
haben:
S = specific = spezifisch
e = evaluieren
M = measurable = messbar
r = reevaluieren
A = attainable = erreichbar
R = relevant = bedeutsam
T = timely = rechtzeitig
Dazu kommen noch die drei „e“ s für:
28
efficient = tauglich
effective = wirkungsvoll
efficace = wirtschaftlich.
Zusammenfassend dargelegt basiert die k-o-s-t® Kommunikation, im Wesentlichen,
auf das Modell des Neurolinguistischen Programmierens von John Grinder und
Richard Bandler. Die Patientendaten werden sinnesspezifisch und auf die
bevorzugten Kommunikationskanäle des Patienten abgestimmt, gesammelt. Dies
geschieht nach dem Prinzip des „vakog“ (visuell, akustisch, kinästhetisch,
olfaktorisch, gustatorisch), wobei der Therapeut in der Lage sein muss innerhalb
kürzester Zeit zu erkennen, auf welchem Kanal der Patient am besten zu erreichen
ist. Diese so gesammelten Wahrnehmungen werden als Fakten, als „wahr“
angenommen und nicht interpretiert.
Frage 11: Was bedeutet für Sie „gelingende Kommunikation“? Wie definieren
Sie den Erfolg in der Kommunikation?
Ob der Kommunikationsprozess erfolgreich abgelaufen ist hängt in hohem Masse
davon ab, wie die kommunikative Situation wahrgenommen und gestaltet wurde.
Bereits 1935 hatte der amerikanische Psychologe Gordon Allport sich dazu geäussert und gesagt, dass das menschliche Verhalten viel mehr davon abhängt wie eine
Situation subjektiv wahrgenommen wird als davon wie sie von objektiven Stimulusbedingungen beeinflusst wird (SAMW/News 2013).
Wichtige Voraussetzung um in der Kommunikation einen Erfolg zu verzeichnen ist es
diese stimmig zu gestalten. Dies bedeutet, dass sich die Teilnehmer am Gespräch
sowohl auf der sachlichen als auch auf der Gefühlsebene verstehen. Treten Unstimmigkeiten auf so führen diese dazu, dass sich die Gesprächspartner unwohl und
missverstanden fühlen. Um die Voraussetzungen einer gelingenden Kommunikation
zu erfüllen braucht es das Element der „Stimmigkeit“ (Schulz von Thun 2013). Damit
ist gemeint, dass das Gespräch als situativ und personell angemessen erlebt wird.
So kommt es in dem „Kommunikationsquadrat“ dann zum Erfolg, wenn durch das
was der Beteiligte als „mir selbst gemäss“ und gleichzeitig „der Situation
entsprechend“ erlebt als „stimmig“ empfunden wird (SAMW/News 2013).
29
Bei Kindern wird, basierend auf das Gedankengut von Janusz Korczak (Korczak
1994), welcher eine Pädagogik der Achtung dem Kind gegenüber propagierte, die
verbale und nonverbale Kommunikation so gewählt, dass sie an die Bedürfnisse des
Patienten angepasst ist. Die Sprache des Therapeuten benutzt auditive oder visuelle
oder kinästhetische Elemente um herauszufinden, welche Sprache der Patient
spricht, sinnesspezifisch gesehen. Das bedeutet, dass der Therapeut die Beobachtung als Mittel der Kommunikation benutzt. Dennoch sind seine Fragen
einfach, präzise aber offen nach dem Muster der „6 w Fragen“, das bedeutet: wer,
wie, was, wann, wo, warum.
Aspekte der non- und paraverbalen Kommunikation tragen ebenfalls dazu bei den
Erfolg eines Gespräches zu bestimmen. Nonverbale Aspekte wie Blick, Mimik oder
Gestik der Arme, Hände und Finger und paraverbale Elemente wie Stimmlage,
Intonation, Akzent, Tempo oder Lautstärke können kongruent oder inkongruent zu
dem Inhalt des Gesprochenen sein. Sie begleiten emotional das gesprochene Wort
und können von dem Gegenüber dadurch subjektiv interpretiert werden. Auch ist
festgestellt worden, dass in den Fällen in welchen die verbale Kommunikation
abnimmt, die Rolle der nonverbalen Kommunikation steigt. Die paraverbale
Begleitung der Sprache ist in den verschiedenen Kulturen unterschiedlich verankert,
was bei der Kommunikation Berücksichtigung finden sollte. Auch sind die Pausen
während des Sprechens wichtige Begleitelemente. Menschen brauchen unterschiedlich lange Zeit bis sie sich zum Sprechen aufgefordert fühlen oder ertragen
unterschiedlich gut und leicht die Pausen und die Stille welche ihr Gegenüber beim
Sprechen macht (SAMW/News 2013).
Entscheidend bei der Kommunikation mit Kindern ist die Haltung den jungen
Patienten gegenüber. Der polnische Arzt und Pädagoge Janusz Korczak fasste die
Grundlagen des Umgangs mit Kindern zusammen und miss dem Respekt dem Kind
gegenüber einen hohen Stellenwert ein (Korczak 1994). Weil ein grosser Anteil der ko-s-t® Patienten Kinder sind wird, basierend auf dieser Voraussetzung, sowohl im
Gespräch als auch in der gesamten verbalen und nonverbalen Kommunikation mit
dem Kind, sein Recht auf Achtung geschützt.
Dem Leitfaden der Schweizerischen Akademie für Medizinische Wissenschaften sind
auch folgende Empfehlungen zu entnehmen: In den meisten Fällen sind die Kinder in
Begleitung ihrer Angehörigen, was dazu führt, dass das Gespräch die Form eines
30
Mehrpersonengesprächs einnimmt. Dieser Umstand macht das Gespräch störungsanfällig, weil die Person um die es sich handelt oft nicht mit der übereinstimmt,
welche die Entscheidungen zu der Behandlung trifft. Die Autonomie des Kindes muss
trotzdem Beachtung finden und sein Recht auf altersgerechte Informationen steht im
Vordergrund. Ab dem 7. Lebensjahr können Kinder in Entscheidungen miteinbezogen
werden, ab dem 12. Lebensjahr sind Jugendliche urteilsfähig und haben ein
Entscheidungsrecht für persönliche Angelegenheiten. Hilfreich ist es immer, das Kind
selbst über sein Anliegen reden zu lassen, ihm ermöglichen seine Beschwerden zu
beschreiben und diese in eigene Worte zu fassen. Auch sollte das Kind Zeit haben,
sich in seinem eigenen Tempo zu äussern. Die für die Kommunikation gewählte
Sprache sollte dem Alter, dem Entwicklungsstand und dem sprachliche Muster, bzw.
dem verbalen und nonverbalen Kommunikationsmuster des Kindes angepasst sein.
Es gelten folgende Empfehlungen betreffend die Länge der Gespräche: 10 bis 15
Minuten für 3- bis 6-Jährige, 20 Minuten für 6- bis 8-Jährige und 30 Minuten für über
8-Jährige (SAMW/News 2013).
In der Praxis hängt die Gesprächsdauer von der Fähigkeit des Kindes ab in der
konkreten Situation das Gespräch zu bewältigen, was an die Menge von
Informationen über sein Leiden und an das eigene Interesse dafür gekoppelt ist. Um
das herauszufinden benötigt es einer einfachen, klaren Sprache, welche keine
suggestiven oder rhetorischen Fragen zulässt.
Frage 12: Die Stimulationen werden als tragende Säule bezeichnet. Welches
sind die Hintergründe dafür?
Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen sind diese Stimulationen angenehm und
erlauben über die Berührung einen natürlichen Zugang zu dem Patienten. Er fühlt
sich wohl und seine Bereitschaft zur Kooperation steigt. Zum anderen sind sie ein
Teil der Arbeit, welche im ganzheitlichen k-o-s-t® Konzept auch von den Eltern oder
Angehörigen zuhause durchführt wird. Sie bringen sich in die Behandlung ein und
widmen sich mit Regelmässigkeit ihrem Kind zu. Wichtig ist, dass dem Patienten und
den Angehörigen genau mitgeteilt wird weshalb, wie, wann, wie lange die
Stimulationen zu erfolgen haben.
31
Die
Stimulationen
haben
ihren
Ursprung
mehrheitlich
in
den
komplementärmedizinischen Behandlungsmethoden (Craniosacraltherapie). Sie sind
einfach in der Anwendung, wohltuend und umfassen den gesamten Körper, von den
Füssen angefangen und weiter über die Beine, die Hüfte, den Rumpf und die Arme
bis zu dem Kopf hoch. Andererseits werden auch Elemente aus bewährten
schulmedizinischen Konzepten (Bobath, Castillo Morales) miteinbezogen.
Das Neue an dem Konzept k-o-s-t® ist die Verknüpfung dieser Elemente zu einem, in
seiner
Abfolge,
harmonischen
Ganzen.
Die
Art
der
Stimulationen
beim
„Gesichtstanz“ ist vollkommen neu und die Reihenfolge in der die Stimulationen
durchgeführt werden wiederspiegelt die Einzigartigkeit des Konzeptes.
Diese Art der manuellen Arbeit weist auch Elemente des pädagogischen Konzeptes
der Eutonie auf. Diese Methode hat als Ziel den Patienten für den eigenen Körper zu
sensibilisieren. Die Wissenschaftlichkeit dieser Therapie ist nicht bewiesen, in der
Praxis hat sie Dank der grosser Akzeptanz und Beliebtheit bei den Patienten und
Angehörigen ihre Berechtigung gefunden.
Frage 13: Wie setzen Sie Lernstrategien ein um neue Bewegungsabfolgen
anzubahnen, aufzubauen und zu automatisieren?
Die Patienten welche den k-o-s-t® Therapeuten aufsuchen weisen Dysfunktionen
auf. Es gilt diese abzubauen und gegebenenfalls durch neue Bewegungsabläufe zu
ersetzen. Dies erfolgt mittels sensomotorischen Lernens.
Das Lernen ist als eine Leistung des Gehirnes anzusehen und findet statt durch die
Änderung der chemischen Übertragungseigenschaften in den Synapsen. Dadurch
können alte Muster gelöscht oder geändert werden oder neue gespeichert werden
(Bertram et al. 2008).
Dabei bedeutet Weglernen einen ebenso aktiven Prozess wie auch das Neulernen.
Dieser aktive Prozess findet sowohl im Körper als auch im Gehirn statt, vor allem auf
der synaptischen Ebene. Sensomotorisches Lernen ermöglicht das Ansteigen der
Anzahl von Synapsen pro Neuron. Je öfter die synaptischen Verbindungen benutzt
werden, umso genauer sind die Impulse welche transportiert werden, was dazu führt,
dass eine Automatisierung des Bewegungsablaufs eintritt. Dabei spielen die Gefühle
32
eine wichtige Rolle: an Gefühle gekoppelte Bewegungen werden schneller erlernt.
Gleichwohl ist es wichtig, dass das Lernen mit einem wahrnehmbaren, erreichbaren
und realen Ziel zusammengebracht ist. Beim Erlernen neuer Bewegungsabläufe sind
sparsame verbale Korrekturen, taktile Impulse, mentales Üben oder das Vorzeigen
durch den Therapeuten als hilfreich anzusehen (Klein-Vogelbach 2006, S. 118-123).
Als Zusammenfassung ist zu vermerken, dass in dem Prozess des Lernens dem
Zusammenspiel zwischen neuronaler Plastizität, Kognition und Aufmerksamkeit
sowie dem motorischen Üben die Hauptrolle zukommt (Bertram et al. 2008).
Frage 14: Welche Hilfsmittel macht sich k-o-s-t® zunutze und wofür?
Bei k-o-s-t® werden diverse Hilfsmittel eingesetzt. Zwei davon werden hier
vorgestellt: Das System BALLOVENT® und der Therapiekreisel.
Das System BALLOVENT® ist als Set erhältlich und dient prophylaktischen und
therapeutischen
Zwecken.
Vorbeugend
wird
es
in
der
Pneumologie
und
Atemtherapie eingesetzt. Zur Therapie findet das System Indikation bei muskulärer
Hypofunktion im orofazialen Bereich und bei funktionell oder organisch bedingten
Sprach-, Sprech- und/oder Stimmstörungen. Mittels BALLOVENT® wird die
Muskulatur trainiert und gleichermassen Mundschluss, Atmung und Aufrichtung des
Rumpfes gefördert. Durch die Kräftigung der orofazialen Muskulatur wird auch der
Gesamtkörpertonus erhöht. Für die Anwender ist es ein attraktives Mittel weil eine
breite Palette an verschiedenen Ansatzpunkten abgedeckt wird und weil es eine
Trainingssteigerung bietet. Bei richtiger Indikation ist das System BALLOVENT® ein
funktionell gut wirkendes Mittel, das auch in der myofunktionellen Therapie seinen
Einsatz findet. Die Broschüre zum System bietet dem Anwender sehr detaillierte und
hilfreiche Informationen.
Der Therapiekreisel dient dem Gleichgewichtstraining. Patienten mit orofazialer
Dysfunktion oder psychomotorischem Entwicklungsrückstand, wie das der Fall ist bei
einer Sprachentwicklungsverzögerung, sind unfähig zu balancieren ohne dabei
gleichzeitig kompensatorische Bewegungen durchzuführen. Beobachtet werden das
Krallen mit den Zehenspitzen, kompensatorische Bewegungen der Arme oder das
Zittern der Beine. Der Kreisel wird eingesetzt um bei diesen Patienten die
33
koordinativen
Fähigkeiten
zu
trainieren,
womit
das
Zusammenspiel
aller
Gleichgewichtssinne und der Feinmotorik, und damit auch der Mundschluss,
gefördert werden. Im Anhang zu dieser Arbeit befindet sich, in Originalform, die
Aufzeichnung eines Patientenelternpaares zu ihrer Erfahrung mit dem Kreisel als
therapeutisches Mittel (Anhang 11.2).
Um neue Bewegungen erlernen zu können ist die Neuroplastizität des Gehirns als
biologische Grundlage gefragt. Jede Bewegung ist das Ergebnis von Perzeption,
Kognition und Bewegungsaktion. Vielseitige und häufig wechselnde Bewegungsanforderungen, wie das bei den Kreiselübungen der Fall ist, fordern das zentrale
Nervensystem auf variable Bewegungsleistungen, unter gleichzeitiger Zuhilfenahme
immer mehrerer koordinativer Fähigkeiten, zu erbringen. Es gibt kein selektives
Training von einzelnen koordinativen Tätigkeiten. Bei der Ausführung konkreter
Bewegungen kommt es lediglich zu einem akzentuierten Ansprechen einer
bestimmten Anzahl von koordinativen Fähigkeiten (Bertram et al. 2008).
Frage 15: Bei welchen Indikationen wird k-o-s-t® verordnet?
Die Empfehlung für eine k-o-s-t® Therapie erfolgt bei verschiedenen Indikationen
und ist auch von der überweisenden Person abhängig.
Erwachsene:
-
Chirurgiepatienten vor und nach Umstellungsosteotomien
-
Unfall- und Tumorpatienten
-
Personen mit körperlichen und/oder geistigen Behinderungen bei welchen
das orofaziale System in Mitleidenschaft gezogen ist
-
Patienten mit Habits, falschem Schluckmuster und verschiedenen oralen
Dyskinesien
-
Patienten bei welchen während oder nach einer Zahnstellungskorrektur eine
Umstellung der Funktion erforderlich ist.
Kinder und Jugendliche:
34
-
Patienten
mit
Habits,
falschem
Schluckmuster,
Dysfunktionen
und
verschiedenen Dyskinesien der orofazialen Muskulatur
-
Patienten mit fehlendem Störungsbewusstsein
-
Patienten mit Dysfunktionen der Lippen und der Zunge bei welchen in Folge
eine myofunktionelle Therapie vorgesehen ist
-
Patienten welche Träger von festsitzenden kieferorthopädischen Apparaturen
sind oder sich in einer funktionskieferorthopädischen Behandlung befinden
-
Kinder die antriebslos sind, schulische oder Lernschwierigkeiten haben
-
Kinder in logopädischer Therapie mit Sprach- und Sprechstörungen
-
Neugeborene und Kinder mit angeborenen Lippen-Kiefer-Gaumenspalten, vor
und nach Operationen
-
Kinder mit verschiedenen Syndromen, wie Pierre-Robin, Apert, Franceschetti,
Goldenhar, Down, Christ-Siemens-Tourraine.
In vielen Fällen sind es die Logopäden selbst, welche auf Grund des Alters des
Patienten, seines Entwicklungszustandes oder seiner polykausalen Erkrankungen
mit der logopädische Therapie noch abwarten möchten und die vorbereitenden
Massnahmen mittels k-o-s-t® durchführen lassen wollen. Beispielhaft der Fall eines 5
Jahre alten Kindes, welches ungelenkig ist, einen lutschoffenem Biss und Artikulationsstörungen hat, einen vorderfussbetonten Gang vorweist, wenig Körperspannung
hat und für eine logopädische Therapie angemeldet ist. In diesem Fall ist eine
Initialtherapie nach k-o-s-t® indiziert um damit die geistigen und körperlichen
Voraussetzungen für die darauffolgende logopädische Behandlung zu erfüllen.
Frage 16: Ist eine Verschreibung anhand eines Rezeptes möglich? Welche
Informationen haben Sie betreffend der Bezahlung?
Das Verschreiben mittels Rezept ist als Empfehlung zu verstehen, weil die
Krankenkassen die Behandlungskosten weder in der Grundversicherung noch in der
Zusatzversicherung übernehmen. k-o-s-t® ist noch nicht Bestandteil des Leis35
tungskataloges der Versicherungen, weshalb die Kosten von den Patienten und
Klienten privat zu entrichten sind.
Bis zu dem heutigen Zeitpunkt sind die Anstrengungen der k-o-s-t® Therapeuten um
die Einführung von k-o-s-t® in den Krankenkassenleistungskatalog noch nicht
gefruchtet. Anstrengungen dauern an und es wird nach Möglichkeiten gesucht, um
den von den Versicherungen gesetzten Anforderungen zu entsprechen. Ziel ist es,
die Therapie all denjenigen bei denen sie indiziert ist zugänglich zu machen. In
diesem Sinne eröffnet der Masterstudiengang in Cranio Facial Kinetic Science die
Möglichkeit, die theoretischen und praktischen Aspekte zu verknüpfen und die
medizinischen Grundlagen von k-o-s-t® in den Vordergrund zu rücken.
Um die Kostenübernahme durch die Krankenkassen zu sichern, wäre das Einfügen
der k-o-s-t® Therapie unter den durch Zusatzversicherungen abgedeckten
Leistungen erforderlich. Diese Voraussetzung wäre erfüllt, wenn es gelingt, k-o-s-t®
in das Erfahrungsmedizinische Register als neue Kategorie oder in dem Bereich der
myofunktionellen Therapie einzubinden.
Frage 17: Gibt es Unterschiede in der Behandlung von Kindern und
Erwachsenen?
Das Behandlungskonzept ist das gleiche, die Umsetzung bestimmter Aufgaben findet
jedoch unterschiedlich statt, beispielhaft dafür ist die Säule der Kommunikation.
Verbale und nonverbale Mitteilungen werden dem Alter des Patienten angepasst,
genauso wie der Tatsache Rechnung getragen wird, dass die Eltern immer in irgendeiner Art und Weise mitinvolviert sind. Genauso verhält es sich auch mit der Einwilligung zu bestimmten diagnostischen und therapeutischen Verfahren, welche im Einklang und mit der Zustimmung des Kindes erfolgen sollen (SAMW/News 2013).
Ein wesentlicher Teil der Kommunikation bezieht sich jedoch gerade auf das Miteinbeziehen der Eltern in die Therapie. So ist es für das Gelingen der Therapie
unabdingbar sowohl Eltern als auch Kinder über das „Weshalb?“ oder „Wie lange?“
zu informieren und sie für die Mitarbeit während der Therapie zu gewinnen. So hat
der Therapeut die Aufgabe, alle Teilnehmer des Projektes auf unterschiedlicher
Weise und gleich stark für die Behandlung zu motivieren.
36
Auch bei Kindern unterscheidet man zwischen Neugeborenen oder Kleinkindern und
Kinder höheren Alters. Es sind gerade die Kinder, welche mit Spalten oder
kraniofazialen Fehlbildungen zur Welt kommen, welche einer besonderen Zuwendung bedürfen. Den Zugang zu diesen Kindern findet der Therapeut durch die
Berührung, welche gleichzeig eine Form der Kommunikation ist. So finden die Stimuli
eine vorrangige Bedeutung, Beobachtung und weiterführende Diagnostik sind durch
den engen Kontakt zu den Eltern und Ärzten in dieser frühen Phase grundsätzlich
gegeben.
Im Gegenteil dazu sind die Erwachsenen, mit Ausnahme derjenigen welche geistig
oder körperlich behindert sind und von Drittpersonen betreut werden, im direkten
Kontakt mit dem Therapeuten. Sie sind in der Lage die Mitverantwortung für ihre
Therapie zu übernehmen, aktiv an der Klärung sowohl der Ursachen für die
funktionellen Defizite als auch der vorhandene Ressourcen mitzuwirken. Bei der
Zielerarbeitung tragen sie mit bei diese realistisch zu gestalten und ihre Prioritäten zu
schildern. Ein stotternder Patient welcher vor einem Publikum einen Vortrag halten
will wird alles daran setzen mit dem Therapeuten zusammen an das Erreichen seiner
eigenen Ziele zu arbeiten.
Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass auch bei den erwachsenen Patienten
Situationen entstehen können, bei welchen ein Patient in Begleitung seiner Angehörigen
in
die
Therapie
kommt.
Um
ein
Beispiel
zu
nennen:
nach
einer
Zungentumoroperation gestaltet und trägt auch der Angehörige das therapeutische
Geschehen mit.
Für den Therapeuten selbst bleibt es immer eine anspruchsvolle Aufgabe, weil die
Anforderungen sehr unterschiedlich sind und er trotzdem auch seine eigene
Authentizität und Ethik nicht aus den Augen verlieren darf. Eine kritische
Auseinandersetzung durch Selbstreflexion zu seinem eigenen Menschenbild hilft bei
der Lösungsfindung.
Frage 18: Welche Rolle spielt bei k-o-s-t® die Ernährung?
Die Rolle der Ernährung ist unter verschiedenen Aspekten zu sehen. Betreffend des
Alters der Patienten gibt es eine sehr grosse Spannbreite, weshalb auch die
37
Anforderungen an die Ernährung unterschiedlich sind. Gleichzeitig hängen die
Erwartungen der Patienten, abhängig von der funktionellen Störung, mit ihrem Leidensdruck zusammen.
Frühgeborene oder Säuglinge mit kraniofazialen Fehlbildungen werden von einer
Stillberaterin betreut und die Kinder bekommen Bacher Trinkplatten. Die Eltern
werden angeleitet die Primärfunktionen Saugen und Schlucken zu ermöglichen damit
ihr Kind ein gutes Saugmuster erlernt. Bei den Kindern achtet der Therapeut ganz
besonders auf die Hautblässe oder die Augenringe. Diese können als Hinweis auf
Mangelerscheinungen oder Lebensmittelunverträglichkeiten gedeutet werden. Durch
eingeschränkte
Funktionstüchtigkeit
des
Kausystems
werden
Verdauungsschwierigkeiten beobachtet. Patienten mit kraniofazialen Fehlbildungen
klagen oft über Obstipation. Nach Umstellungsosteotomien sind die Patienten in der
Kaufunktion eingeschränkt oder sie müssen ein neues Muster erlernen. In dieser
neuen Situation ist es angebracht die Ernährungsgewohnheiten anzupassen.
Frage 19: Was bedeutet das hochgesetzte „R“ in der Bezeichnung k-o-s-t®?
Die Bezeichnung steht für ein bei dem Eidgenössischen Institut für Geistiges
Eigentum,
durch
einen
geschützten
Markennamen, eingetragenes geistiges
Eigentum, welches in der Schweiz, Benelux, Deutschland, Kroatien und Österreich
Gültigkeit hat. Der Eintrag wurde im Mai 2003 mit internationaler Klasse 44 getätigt.
Der Eintrag im Schweizerischen Markenregister wird unter folgender Bezeichnung
geführt: „Service d'un orthophoniste utilisant l' orthophonie corporelle (orthophonie
integrant le corps)“.
Frage 20: Was macht den Unterschied aus zwischen k-o-s-t® Therapeut und
Absolvent des Masterstudienganges in Cranio Facial Kinetic Science?
Die Sachkunde zum k-o-s-t® Therapeuten wird erlangt nachdem ein entsprechender
Grundkurs basierend auf 80 Vorlesungsstunden in Modulmodus absolviert ist und
eine Fallpräsentation vorgestellt wird. In diesem Kurs werden die praxisrelevanten
Kenntnisse betreffend der vier tragenden Säulen des Konzeptes vermittelt. In der Zeit
zwischen den Modulen wird Praxiserfahrung gesammelt indem Patienten unter der
38
Aufsicht erfahrener Therapeuten betreut werden. Die Berechtigung zur Ausübung der
Tätigkeit als k-o-s-t® Therapeut ist an die Teilnahme an mindestens drei Update
Modulen in ein bis zwei Jahren findendem Abstand gekoppelt. Damit kommen noch
etwa 50 Stunden Vorlesungen dazu. Das erworbene Grundzertifikat berechtigt für
eine zwei
jährige Tätigkeit.
In den Updates wird das Grundwissen für die
weiterführende Diagnostik vertieft.
Im Rahmen des Masterstudienganges nimmt das Konzept k-o-s-t® eine zentrale
Stelle ein. Der sich über vier Semester erstreckende Studiengang ermöglicht es, die
medizinische und wissenschaftliche Basis für die Massnahmen von k-o-s-t® zu
vertiefen und so das Verständnis für die funktionelle Ausrichtung dieser Therapie zu
erlangen. Darüber hinaus ermöglicht der Masterstudiengang, durch Vorlesungen aus
vielen Fachrichtungen, den Einblick in die Interdisziplinarität, welche sich aus der
Komplexität des orofazialen Systems ableitet, zu gewährleisten.
Wesentliche
Aspekte aus Kommunikation, Ethik, Patientenrecht, ganzheitliche alternative
Behandlungsmethoden finden in dem Masterstudiengang Platz. Das 5-Phasen
Modell der myofunktionellen Therapie ist dem Studiengang integriert und baut auf ko-s-t® auf. Damit wird ein Absolvent des Masterstudiengangs zum wichtigen
Bindeglied in einem multidisziplinären Team.
Ziel des Masterstudienganges ist zu zeigen, dass alle Störungen mit funktioneller
Beteiligung im orofazialen Bereich effizient nur interdisziplinär diagnostiziert und
therapiert werden können, gerade wenn es sich um Sprachstörungen und
Sinnesbeeinträchtigungen mit funktioneller Beteiligung handelt. k-o-s-t® hilft dabei für
den Patienten eine kostengünstige, zielorientierte und für ihn förderliche Lösung zu
finden.
Studierende
des
Masterstudiengangs,
welche
im
Vorfeld
mit
k-o-s-t® vertraut waren geben an, dass durch das breit gefächerte Spektrum der
Vorträge im Studiengang, ins Besondere durch den Einblick in die funktionelle
Bewegungslehre, die Analyse des Ganges, die Lehre über die myofaszialen Ketten
und die Rolle der Kommunikation, die Möglichkeit geboten wird, die Erklärungen für
das Funktionieren von k-o-s-t® zu finden und diese im Zusammenhang zu bringen.
Damit erfährt k-o-s-t® eine fundierte Weiterentwicklung auf universitärem Niveau und
bietet die Möglichkeit für ein fachübergreifendes Verständnis bei der Diagnostik und
Therapie von strukturellen und funktionellen Abweichungen im kraniofazialen
Bereich.
39
Von den 20 gestellten Fragen wurden alle beantwortet. Die Gesprächsprotokolle und
das Zusammentragen in Form von Antworten hat die Studierende durchgeführt. Die
Korrektur erfolgte durch Frau Codoni während der letzten Besprechung. Zum
besseren Verständnis und zur Ergänzung des Textes haben sich die beiden
Teilnehmerinnen auf zwei Anlagen geeinigt: Bibliographie Susanne Codoni (Anhang
11.1) sowie Erfahrungsbericht (Anhang 11.2)
40
6. Diskussion
Das Interview diente dazu, das Konzept k-o-s-t® auf eine neue, bisher nicht
verwendete Art vorzustellen. Wie eingangs erwähnt, erklärt der berufliche
Werdegang von Frau Codoni implizit auch die Entstehung des Konzeptes k-o-s-t®.
Sowohl Frau Codoni als auch die Studierende waren an dem Projekt interessiert,
was dazu geführt hat, dass sich beide sehr engagiert daran beteiligt haben. Sowohl
die Wahl der Fragen als auch deren Beantwortung hat zu regen Diskussionen geführt
und eine kritische Auseinandersetzung von beiden Seiten abverlangt.
Ziel war es, die wichtigsten Themenkomplexe abzudecken und möglichst detailliert
über das Konzept k-o-s-t® zu informieren. Die gewählte Darstellungsweise, in Form
des Interviews, ist in hohem Masse von den Persönlichkeiten der beiden
Teilnehmerinnen geprägt und behält einen subjektiven Charakter. Allerdings ist auch
zu vermerken, dass mit dem Erarbeiten des Interviews die Teilnehmerinnen in einem
Prozess involviert wurden, in dem sie zugleich eine probandenähnliche Rolle
eingenommen haben und auch die des Studienführenden, was eine eher seltene
Situation ist.
Das eröffnet Perspektiven in der Betrachtung der Ergebnisse. Einerseits kann das
Erreichen des Zieles überprüft werden, was bedeutet zu beurteilen, ob das Interview
ausgeführt wurde. Andererseits besteht die Möglichkeit, das Konzept k-o-s-t® selbst
kritisch zu betrachten. In dieser Hinsicht sind einige Elemente aufgefallen:
-
Der Name k-o-s-t® kann missverständlich interpretiert werden, weil er
suggeriert, dass das Konzept nur in der Sprachtherapie seinen Einsatz findet.
Dies ist jedoch nicht so, die Erklärung liegt in der historischen Entwicklung des
Konzeptes.
-
Das Konzept k-o-s-t® ist durch das Einbeziehen des Patientenumfeldes in die
Therapie nicht nur körperlich sondern auch sozial ganzheitlich anzusehen.
-
Die Wissenschaftlichkeit des Konzeptes bleibt schwer nachweisbar, weil die
Homogenität des Patientengutes hoch ist. Damit ist der Nachweis des Anteiles
von k-o-s-t® am Behandlungserfolg erschwert. Die anatomischen und
physiologischen Grundlagen auf die das Konzept aufbaut behalten ihre Rolle
als Basis für die Therapie.
41
-
Es wäre zu überlegen, ob sich die Wirksamkeit des Konzeptes über die
verkürzte Behandlungsdauer und die reduzierten Behandlungskosten indirekt
prüfen lässt. Der Beweis dafür könnte als Argument für die Anerkennung des
Konzeptes seitens der Krankenversicherungen dienen.
-
Die Wirtschaftlichkeit des Konzeptes ist auch aufgrund der kleineren Anzahl
von benötigten Therapiesitzungen und in dem längeren Zeitintervall zwischen
diesen zu erklären.
Unter dem Aspekt der Interdisziplinarität ist der enge Zusammenhang zwischen
Logopädie und Kieferorthopädie zu betrachten. Beide Fachrichtungen konzentrieren
sich
hauptsächlich
auf
den
orofazialen
Bereich
und
profitieren
trotz
unterschiedlichem Zugangsweg von oftmals sich ergänzenden und bereichernden
Perspektiven.
Die Kieferorthopädie stellt eine Spezialisierung der Zahnmedizin dar, welche sich mit
der Prävention, Diagnostik und Therapie der Zahn- und Kieferstellungsabweichungen
befasst. Sie ist eingebettet im umfangreichen Spektrum der Zahnheilkunde und
entsprechend Teil der interdisziplinären Zusammenarbeit, charakteristisch für
moderne Behandlungskonzepte.
Die fachübergreifende Zusammenarbeit verfolgt bisweilen unterschiedliche, sich
ergänzende Ziele zum Wohle des Patienten. Beispielsweise beheben Logopäden
Lippen-, Wangen- und Zungendysfunktionen und sichern damit für die Zähne das
funktionelle Gleichgewicht. Die Absprache unter den Fachdisziplinen ist von grosser
Bedeutung um Indikation, Reihenfolge, Dauer und Zielsetzung einer bestimmten
Therapieform miteinander zu besprechen. Sie tauschen sich untereinander aus über
die eingesetzten therapeutischen Mittel, besprechen Vorteile und Nebenwirkungen.
Achten auf den Zeitpunkt der Behandlung: logopädische Therapien sind stark von
dem Entwicklungszustand des Kindes abhängig, was bei der Zielsetzung von grosser
Bedeutung ist, um den Patienten nicht unter unnötigen Druck zu setzen. So arbeiten
Logopäden und Kieferorthopäden synergistisch zum Wohl des Patienten zusammen.
In einer gross angelegten Studie wurden 3041 Kinder bezüglich Okklusionsbefund
und myofunktionellem Status untersucht. Ziel der Studie war es, den Zusammenhang
zwischen
Gebissanomalien
und
spezifischen
statischen
und
dynamischen
orofazialen Dysfunktionen zu untersuchen. Betreffend den Okklusionsbeziehungen
42
wurden untersucht: die vergrösserte sagittale Frontzahnstufe, der frontal offene Biss,
die Progenie und der seitliche Kreuzbiss. Die funktionellen Fehlbildungen wurden
unterteilt in aktive und passive. Zu den aktiven Störungen zählen das viszerale
Schluckmuster, Artikulationsstörungen und Habits. Passive Störungen sind der
inkompetente Mundschluss und eine pathologische Zungenruhelage. Mundschluss
und Zungenlage befinden sich im engen Zusammenhang: bei inkompetentem
Mundschluss verliert die Zunge den Kontakt zum harten und weichen Gaumen, was
dazu führt, dass sich auch der Ruheweichteildruck verändert. Der Stellenwert dieses
veränderten Druckes in den von Wachstum geprägten Jahren des Kindes, ist als
hoch einzuschätzen. Damit wird der wesentliche Einfluss unterstrichen, den die
Funktionsstörungen bei der Entwicklung von Gebissanomalien ausüben. Die Studie
konnte zeigen, dass nur bei 11,2% und 10,2% der Kinder mit Gebissanomalien im
Milch- und frühen Wechselgebiss keine orofazialen Dysfunktionen nachzuweisen
sind (Grabowski et al, 2007).
Diese Sachlage führt dazu, dass die Bemühungen um die Rehabilitation der
Patienten mit orofazialen Störungen gestiegen sind. Motorische und sprachliche
Defizite verlangen nach Modellen, welche den
individuellen Ansprüchen der
Patienten Rechnung tragen und auf Interdisziplinarität beruhen.
Das Konzept k-o-s-t® bietet eine strukturierte Vorgehensweise und die Basis für
darauf aufbauende, spezifische Therapieformen. Die Basis ist breit gefächert und
stützt sich auf die weiterführende Diagnostik. Das Herzstück des Konzeptes bilden
die humanistischen Werte.
Darauf bauen die vier tragenden Säulen des Konzeptes auf: Beobachtung,
Diagnostik, Kommunikation, manuelle Arbeit. Das Zusammenspiel dieser vier
Grundsteine beschreibt den Kern des Konzeptes k-o-s-t® und stellt seinen
holistischen Charakter unter Beweis.
Ein wichtiges Merkmal des Konzeptes k-o-s-t® ist das genaue Beobachten des
Patienten und das Erfassen seiner gesamten Persönlichkeit, auch im Bezug zu
seinem sozialen Umfeld. Diese Konsequenz der Beobachtung, die Geduld und die
Differenziertheit bestätigen den ganzheitlichen Charakter in Bezug zu anderen
Therapieformen, welche sich auf ein beschränktes Arbeitsfeld konzentrieren.
43
Beispielhaft ist das „Das 5 Phasen Modell der myofunktionellen Therapie“ nach Ulrike
Hörstel, welches den Schluckakt in den Mittelpunkt stellt.
Das Sammeln von weiteren Patientendaten findet über die umfangreiche
weiterführende Diagnostik statt. Untersuchungen aus der Schulmedizin werden
ergänzt mit komplementärmedizinischen Verfahren und die Interdisziplinarität wird
damit konkret umgesetzt. Im Vergleich zu anderen ausführenden Therapien vom Typ
PROMPT®, sieht sich das Konzept k-o-s-t® als eine Drehscheibe, welche den
Patienten auf den Weg zu seinem therapeutischen Ziel positioniert.
Der Stellenwert der tragenden Säule „Kommunikation“ ist sehr hoch. Auffällig ist,
dass sie gleichzeitig 2 Rollen einnimmt: die des Objektes der Behandlung im
weitesten Sinne und jene des Instrumentes, dessen sich die Therapie bedient. Mit
anderen Worten werden Auffälligkeiten in der Kommunikation mit den Instrumenten
der Kommunikation behandelt. Sie ist in allen Säulen präsent, von Anfang an in der
Beobachtung, über die interdisziplinäre Phase, beim Definieren der Ziele und
permanent zwischen Patient, Therapeut und sozialem Umfeld. Die Kommunikation
behauptet sich als der „rote Faden“ des Konzeptes.
Die Sichtweise unter der die Therapie stattfindet ist eindeutig weg von den Defiziten
des Patienten und hin zu seinen Ressourcen, zu seinen Möglichkeiten, zu seinem
Potenzial, ganzkörperlich betrachtet. Unter diesem Aspekt sind Gemeinsamkeiten mit
dem Castillo-Morales Konzept zu erkennen, dessen Elemente Codoni in ihrem
Konzept einbaute.
Die Therapiezeit nach dem Konzept k-o-s-t® beträgt ungefähr 12 Wochen, was
vergleichsweise eine kurze Behandlungsdauer bedeutet. Damit stellt sich ein grosser
Vorteil dieser Therapieform heraus, weil die Patienten nicht „therapiemüde“ werden.
Unter den deutlich positiven Aspekten sind auch die niedrigen Therapiekosten zu
erwähnen, begründet durch die nur geringen zusätzlichen Ausgaben für Materialien
und Geräte.
Die k-o-s-t® Therapie spricht Patienten unterschiedlichen Alters an, womit sich ein
weiterer Vorteil dieser Behandlung verbuchen lässt. In den folgenden 2 Übersichten
wird das Konzept zusammenfassend dargestellt und die wesentlichen Merkmale
hervorgehoben (Skript MAS CFKSc 2011-2013).
44
Der Bekanntheitsgrad des Konzeptes k-o-s-t® ist noch nicht sehr gross. Dieser
momentane Nachteil deutet gleichzeitig, zusammen mit den erwähnten Vorteilen, auf
das vorhandene Entwicklungspotenzial von k-o-s-t® hin.
45
7. Schlussfolgerungen
Das vorliegende Interview liefert einen Einblick aus erster Hand in das Konzept k-o-st®. Es hat, in Anbetracht dessen, dass sich die Begründerin des Konzeptes, Frau Dr.
h.c. Susanne Codoni für diese Studienarbeit zur Verfügung gestellt hat, einen ganz
besonderen Charakter.
Mehrere Masterarbeiten greifen das Thema k-o-s-t® auf. In diesem Zusammenhang
ist zu erwarten, dass der Bekanntheitsgrad und die Akzeptanz für dieses Konzept
steigen und dass sich k-o-s-t®, als ein fester Bestandteil in der Therapie von funktionellen Störungen im orofazialen Bereich, etabliert.
46
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Schneider-Landolf, Mina. Handbuch Themenzentrierte Interaktion (TZI). G
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Schopf, Peter. C
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Menschliche Kommunikationen: Formen, Störungen, Paradoxien. Hans Huber, 1974, S.58
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-Verlag, 2000, S.33, 114, 454465
48
9. Lebenslauf
Biliana Stoisin
Geburtsdatum:
28. Oktober 1963
Geburtsort:
Timisoara (Rumänien)
Berufstätigkeit:
seit April 2007
Kieferorthopädin an der Schulzahnklinik Basel
Juli 2002- März 2007
Kieferorthopädische Praxistätigkeit in Deutschland
September 2002
Ermächtigung zur Fachzahnärztin für Kieferorthopädie
in Hannover
Sept.2000-April 2002
Zahnärztin für Kieferorthopädie beim Schulzahnärztlichen
Dienst St. Gallen
Juli 2000
Ermächtigung zur Fachzahnärztin für Kieferorthopädie in
Budapest (Ungarn)
Mai 2000
Promotion an der Universität in Timisoara zum Thema
“Die von Fränkel entwickelten vestibulär wirkenden
kieferorthopädischen Apparaturen“
Juli 1999-Juni 2000
Weiterbildungsassistentin für Kieferorthopädie an der
Semmelweis Universität Budapest
Juli 1997-Juni 1999
Weiterbildungsassistentin für Kieferorthopädie in Deutschland
März 1997
Erwerb der Approbation als Zahnärztin in Münster/Westfalen
Nov.1996-Okt. 1997
Berufliche Weiter-/Fortbildung
„Zahnärztliche Qualifizierung und Praxismanagement“ in Köln
April 1996-Nov. 1996
Vorbereitung für die Prüfung zur Gleichwertigkeit des
rumänischen Examens, im Selbststudium
Jan.1993-März 1996
Assistenzzahnärztin in Deutschland
Jan.1990-Aug.1992
Zahnärztin in Rumänien
Schulabschluss:
Abitur am deutschsprachigen Gymnasium in Timisoara
49
Berufsausbildung:
Studium der Zahnmedizin und Examen zum „Dr.medic stom.“
an der Universität in Timisoara
Mitgliedschaften:
SSO Schweizerische Zahnärzte-Gesellschaft
SGK Schweizerische Gesellschaft für Kieferorthopädie
50
10. Danksagung
Für ihr Vertrauen, ihre Geduld, ihre Unterstützung und ihr Verständnis bedanke ich
mich bei Herr Prof. Hans-Florian Zeilhofer, Frau Dr. h.c. Susanne Codoni, Frau Dr.
Julia Priller und Herr Beat Göpfert.
Für die freundliche Überlassung der Unterlagen für den Erfahrungsbericht bedanke
ich mich bei der Familie Köppel-Heule.
Für die hilfreichen Anmerkungen zur Gestaltung der Arbeit bedanke ich mich bei Frau
Simone Wagner.
Für ihre Liebe bedanke ich mich bei meiner Familie.
51
11. Anhang
52
53
Publikationen S.Codoni
21 September 2013
VERÖFFENTLICHUNGEN
1. ORIGINALARBEITEN IN FACHZEITSCHRIFTEN
2013
Die Zunge – ein multidisziplinäres Arbeitsfeld in ganzheitlicher
Betrachtungsweise – Möglichkeiten und Grenzen fächerübergreifender
Zusammenarbeit, S.Codoni Die ZMK online Spitta Verlag – in Arbeit per
10/2013
2013
Sensibles interdisziplinäres Arbeitsfeld - Der Mund in ganzheitlicher
Betrachtungsweise MBZ 07/08 2013, S.30/31
2013
„Myofunktionelle Therapie (MFZ) – Gründerjahre bis heute“ S.Codoni,
K.Schwenzer-Zimmerer, Magazin für Myozentrik und interdisziplinäre
Kooperation, MYOTBITE, Magazin für Myozentrik und
interdisziplinäre Kooperation, Ausgabe 5/2013 S.13-24
2013
„Nachgebohrt“, Interview des Herausgebers Dr.Rainer Schöttl mit susanne
Codoni, Magazin für Myozentrik und interdisziplinäre Kooperation, Ausgabe 5/2013
S.25/26
2013
Deletionssyndrom 22Q11, Therapieleitfaden Sprache, Medizinische Berichte
k-o-s-t® – Körperorientierte Sprachtherapie und orofaziales System nach Dr.
h.c. Susanne Codoni Copyright 2013 KiDS-22q11 e.V., S.22-26
2009
Zeig mir deine Zunge und ich sage dir, wie du gehst und stehst
„Schnullern“, Sprechstörung, Zahnfehlstellung und Haltungsschwäche
Pädiatrie 06/2009 , S.22-30
2008
Stress – Hospitalisierung – Schlaf
Rückblick zum 2. LKG Symposium
L.O.G.O.S. Interdisziplinär 1/2008, S.63
2008
Habits – eine therapeutische Herausforderung bei Kindern und
Erwachsenen
Codoni S., Hostettler N.
Zeitung für ganzheitliche Zahnmedizin GZM – Netzwerkjournal Praxis und
Wissenschaft 1/2008 – S. 6 -14
2007
Hin zu neuen Ufern – Körperorientierte Sprachtherapie k-o-s-t® nach
S.Codoni
mitSprache – Fachzeitschrift für Sprachheilpädagogik der
ÖsterreichischenGesellschaft für Sprachheilpädagogik 4/2007, S.43-56
2005
Orofaziale Dyskinesien und myofunktionelle Therapie beim
Erwachsenen
Zeitung für ganzheitliche Zahnmedizin GZM – Netzwerkjournal Praxis und
Wissenschaft 4/2005 - S.12 -15
2005
Die Sinne im Dienste von Sprache und Stimme - das Konzept k-o-s-t®
Körperorientierte Sprachtherapie nach S.Codoni – Vortrag am 74.
Kongress der Deutschen Gesellschaft für Sprach- und
Stimmheilkunde
L.O.G.O.S. – Fachzeitschrift für Logopädie/Sprachheilpädagogik 3/2005
187-190
1
Publikationen S.Codoni
21 September 2013
2004
Myofunktionelle Therapie für Kinder und Erwachsene
Zeitung für ganzheitliche Zahnmedizin GZM – Netzwerkjournal Praxis und
Wissenschaft 4/2004, S.6-14
2004
Komplikationen und orofaziale Rehabilitation nach Insertion
alloplastischer Kieferwinkel-Augmentate – ein Fallbericht
Schwenzer K., Codoni S. Jundt G , Stübinger S, Zeilhofer HF
Journal der Deutschen Gesellschaft für Plastische und
Wiederrherstellungschirurgie, S. 19-23
2004
Interview zur Situation der Myofunktionellen Therapie
Dental World 13/14 2004 S.28-29
2004
Von Lutschzwergen, Lisplern du dem aufrechten Gang – Primär – und
Sekundärfunktionen aus ganzheitlicher Sicht
pädiatrische praxis 65, München 2004/65, S.15-24
2003
Sprechstörungen als Folge von Lutschgewohnheiten
pädiatrische praxis 64, München, S.281
2003
„Möglichkeiten und Grenzen der CranioSacral Therapie in der
täglichen Logopädischen Praxis“ - Tagungsbericht des Vortrages am
Kongress 2001
Logopädie 2/2003 -Logopädinnenverband für Wien, Niederösterreich und
Burgenland, S. 8-10, 19-20
2002
„Möglichkeiten und Grenzen der CranioSacral Therapie in der
täglichen Logopädischen Praxis“ - Tagungsbericht
Up date, Zeitschrift für CranioSacral Therapie 3.Jg./1 S.6 - 12
2000
Interview: „Das Kind soll erfahren, dass es sein eigener Chef ist“
dda-CH Magazin – Das Informationsorgan der Davis Dyslexia Association
Schweiz, S.7 -9
2000
Das System ballovent
L.O.G.O.S. interdisziplinär, 3/2000 8.Ausg., S.193-199
1999
Neue Wege suchen – wagen – gehen
Schweizer Schule – Lernen 11/ 1999, S.21-28
1999
Das System Ballovent – Prophylaxe und Therapie der Myofunktion
MFT – Mitteilungen S.14 – 15
1999
Zusammenfassung des Gutachtens zur IBM-Studie mit dem
Sprechspiegel
Blechschmidt A., Codoni S., Schmid L.
Zeitschrift des Heilpädagogischen Seminar Zürich
Logopädie
1997
Die Cranio-Sacraltherapie in der Logopädie
S.Codoni, E.Striebel
Zeitschrift für Sozialpädiatrie 10/97, S.324-325
1997
Ergänzende Ansätze zur myofunktionellen Therapie
Zeitschrift für Kommunikationsstörungen - Sprache – Stimme und Gehör
4/1997, S.192-199
1995
Ganzheitlich orientierte Sprachheilarbeit auf der Basis neuerer
physiologischer Konzepte
Die Sprachheilarbeit 3/95 Teil III, S. 271-278
2
Publikationen S.Codoni
21 September 2013
1995
Bitte mit Fingerspitzengefühl – angewandte Kinesiologie in der
logopädischen Praxis
FORUM Logopädie 3/1995, S. 12 – 18
1994
Kinesiology and handicapped children - study case presentation
(englisch) Brain Gym Journal
1993
Hypersalivation – auch ein ästhetisches Problem
L.O.G.O.S. interdisziplinär 2/1.Jg, S.126 – 132
1993
Der myofunktionelle Ansatz bei Schluckstörungen - Grundsätzliche
Gedanken zur Diagnostik und Therapie
FORUM Logopädie S.5 - 10 , 1/1993
1992
Anwendung der myofunktionellen Diagnostik und Therapie bei der
Behandlung des LKG-Spalten Kindes
Spaltträger Forum 4/1992, S.22-28
1992
Die sprachliche Kompetenz vierzehnjähriger Jugendlicher in
Abhängigkeit ihrer soziokultureller Herkunft: Resultate aus einer
logopädischen Untersuchung im Rahmen der Basler
Kindergartenstudie
Steffen T., Codoni S., Gutzwiller, H., et al
Sozial- und Präventivmedizin, 37, 1992, S.267-283
ORIGINALARBEITEN IN BÜCHERN
2006
Sprache Emotion Bewusstheit - dgs Kongress Köln 2006
Körperorientierte Sprachtherapie k-o-s-t® nach S.Codoni
Beiträge zur Sprachtherapie in Schule, Praxis, Klinik
Reiner Bahr, Claudia Iven (Hrsg.)
Das Gesundheitsforum - Schulz Kirchner Verlag, 2006
S. 297 - 310
2004
Festschrift für Frau Dr.M.Hermann-Röttgen: Stimme –Sprechen – Sprache,
Kunst, Literatur und Therapie
Neue Therapeuten braucht die Kundschaft – Logopädie im Wandel.
Zur körperorientierten Sprachtherapie k-o-s-t®: Wege neu gehen –
neue Wege gehen?
V.Clausnitzer / E.Miethe, Hrsg. Schulz Kirchner Verlag
S.136 - 147
2003
The Ballovent System - a complentary tool in myofunctional Therapy
Orofacial Myology - Hanson , Charles Thomas, Publisher
2001
Chance für die Schule
Wir sind die Stadt – Das Beispiel Werkstadt Basel
Christoph Merian Verlag Basel, S.70-72
1998
Lippen-Gaumenspalten – eine ganzheitliche Betrachtung – das Basler
Konzept
PD Dr.Dr. K.Honigmann Hans Huber Verlag - Logopädische Beiträge in
verschiedenen Kapiteln
3
Publikationen S.Codoni
21 September 2013
1998
Integration und ambulante logopädische Therapie
Hörgeschädigte in der Schule – Hrsg. Dr.R.Müller, Luchterhand 1998, S.
1996
Was hat Dennisons-Core Übung mit Mundatmung und
Sprechstörungen zu tun?
Achter, X und über Kreuz – Edukinestetik in Theorie und Praxis
C.Meyenburg, Hrsg. Verlag für Angewandte Kinesiologie S.175-185
1996
Möglichkeiten und Grenzen kinesiologischer Verfahren in Logopädie
und Legasthenietherapie
Achter, X und über Kreuz – Edukinestetik in Theorie und Praxis
C.Meyenburg, Hrsg. Verlag für Angewandte Kinesiologie, S. 165 - 174
IN ABSTRACTBÄNDEN
2005
Stillen – frühkindliches Saugen – Entwicklung des Sprechens – eine
ganzheitliche Annäherung
Berufsverband Schweizerischer Stillberaterinnen (BSS) Kongress Stillen
2005 – Referentenband
Paronat: Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
2001
Möglichkeiten der manuellen Stimulation zur Sprachvorbereitung
beim gesunden und beim behinderten Kind
Charité-Gespräche 1996-2000: Frühförderung im Dialog
2000
Wie sag ich’s meinem Kinde
HABITS – Kongressbericht des 12. Europäischen Kongresses für
myofunktionelle Therapie in Basel 1999 – Eigenverlag des Arbeitskreises
für myofunktionelle Therapie
1997
Stimulationen zur Anbahnung der Sprache und des Sprechens beim
gesunden und behinderten Kind
Im Kongressband der DGSS in Münster
VEROEFFENTLICHUNGEN: BUECHER
2000
S.Codoni, Hrsg
HABITS – Kongressbericht des 12. Europäischen Kongresses für
myofubktionelle Therapie in Basel 1999 – Eigenverlag des Arbeitskreises
für myofunktionelle Therapie
1999
S.Codoni/P.Zundel – Autoren
„Die Lutschzwerge“ Kinderbuch – Verlag didl dadl dum
1997
S.Codoni , Hrsg. / Vetter S.,
„Stomatenpaghetti – oder wie Oscar auf dem Piratenschiff richtig
sprechen lernt“ – Kinderbuch Christoph Merian Verlag Basel
4
Leon und Louis und das k-o-s-t® Prinzip
Wir lernten das k-o-s-t® Prinzip und Frau Susanne Codoni vor vier Jahren im August
2009 kennen, als Leon mit einer Lippen-Kiefer-Spalte geboren wurde.
Die erste Aufgabe, gleich nach der Geburt, die uns im Rahmen des k-o-s-t®
Therapiekonzepts gestellt wurde, zeigte sich als sehr einfach und zugleich
beglückend: ‚Tupfen statt streichen.‘, d.h. den Speichel mit dem Tuch trocken tupfen
und nicht zur Seite wegstreichen, weil sich die ansonsten schon asymmetrischen
Gesichtszüge noch mehr verzerrten. Durch die Änderung dieser Bewegung blieb der
Gesichtsausdruck bestehen. Es ergab sich gar ein kurzer verbaler Austausch mit
dem Kind, weil das Tupfen geradezu auffordert es mit rhythmischen Worten zu
begleiten im Gegensatz zum mechanischen Wegwischen eines störenden
Speichelfadens.
Nach der Operation im Dezember 2009 (Leon 4 Monate alt) wurde uns die
Fusssohlenmassage in Form eines ‚E’s gezeigt. Diese Aufgabe nahmen wir bewusst
als unverrückbare Routine in unseren Alltag auf: Das Windelwechseln (5-6 Mal pro
Tag) endete mit einer Fussmassage. Den täglichen Spaziergang verbrachte Leon im
Tragetuch. Seine Füsse waren mit unseren Händen leicht zu fassen und so drückten
wir sie oft einfach nebenbei. Nach ungefähr einem Monat Massage kontrollierte er
seinen Speichel. Sogar als Leon zu zahnen begann, war das Speicheln kein Thema.
Die bunten ‚Trockentupftücher‘ benutzten wir fortan zum Spielen.
Das war ein riesiges Erfolgserlebnis, eine Bestätigung, dass wir als Eltern nicht
OHN-MÄCHT-ig sind und unser Kind nur den Spezialisten ausliefern müssen. Wir
1
können selbst etwas bewirken. Das motivierte fürs Weitermachen und zukünftige
Aufgaben.
Den Zweiflern führten wir jeweils den ‚Klappe zu- Knopf‘ vor: Leon hielt meist den
Mund leicht geöffnet. Drückten wir seinen grossen Zeh, schlossen sich die Lippen.
Das löste stets heiteres Staunen aus.
Im Oktober 2010 und Dezember 2011 wurden Leon Paukenröhrchen eingesetzt.
Nach diesen Eingriffen durchlebte Leon eine wahrhafte Explosion des Wortschatzes
sowie eine spürbare Verbesserung der Aussprache. Frau Codoni hielt in dieser Zeit
fest, was, wie vorhanden war und was möglich wäre, unabhängig davon, ob Leon
nun Gebrauch davon machte oder nicht. Leon wurde nicht in ein vorgegebenes
genormtes Zeitraster gedrängt, sondern seine individuelle Entwicklung wurde
begleitet: Beobachtungen gaben wir per E-Mail durch und erhielten umgehend
Antwort mit neuen auf Leon zugeschnittenen Übungen. Wir liessen es mit den Lippen
knallen, schnaubten, wieherten, prusteten und pusteten, hielten einen Finger auf die
Oberlippe und zogen, nur intentional, in Richtung der Unterlippe, bzw. umgekehrt…
Eine Zeit voller tierischer und ulkiger Laute!
Dann kamen der August 2012 (Leon 3 Jahre alt)…
1) …und die Faszien. Die tägliche Narbenmassage hatte nicht zu einem vollkommen
befriedigenden Resultat geführt. Also starteten wir mit dem täglichen ‚Faszienturnen‘
im ganzen Gesicht und Halsbereich. Die Oberlippe wurde flexibler, das Gewebe
weicher, der Ausdruck symmetrischer. Die Wirksamkeit dieser Übung zeigt sich in der
kalten Jahreszeit, in der sich früher das Narbengewebe zusammenzog, jetzt aber
entspannt seine Form behält. Wir sind darüber sehr erleichtert, da Leon im Sommer
2
2013 in die Spielgruppe eintrat. Die Kinder und auch viele Mütter haben den
körperlichen Unterschied noch gar nicht bemerkt.
2) … und der Bertramkreisel. Leon hielt den Mund geschlossen bei einfachen
Tätigkeiten, d.h. beim Sitzen, Stehen, Liegen, Gehen auf ebenem Untergrund.
Sobald er sich aber herausfordernde Bewegungen aussuchte wie Klettern, Rennen,
Balancieren, Hüpfen waren die Lippen geöffnet und die Zunge weit vorn. Frau
Codoni präsentierte uns daraufhin den Holzkreisel. Sobald Leon sich auf das Gerät
stellte, schloss sich der Mund!
Wir trainierten während sechs Monaten drei Mal täglich, danach ein Mal täglich, dann
drei Mal wöchentlich, zwischendurch bekam Leon Kreiselferien, weil er genug hatte
und jetzt haben wir wieder drei Mal wöchentlich viel Spass, wobei er seine
abgemachte Zeit regelmässig freiwillig verlängert. Übungen, Häufigkeit und Dauer
werden immer wieder mit Leon besprochen und seiner aktuellen Lebenssituation,
Befindlichkeit und seinen Bedürfnissen angepasst.
Was hat das Kreiseltraining nach einem Jahr bewirkt?
- Der Mund bleibt auch bei gefährlichen Kletterpartien geschlossen. Leon hat
ein ausgezeichnetes Gefühl fürs Gleichgewicht bekommen: Balancieren,
Laufrad, Fahrrad und Ski fahren erlernte er in Kürze. Beim Schlittschuh laufen
hält er seit Beginn seine Fussgelenke stabil.
-Leon sitzt sich an seinen Schreibtisch und schneidet, klebt, näht, malt, bastelt
freiwillig und ausdauernd. Seine Feinmotorik hat sich blitzartig weiter
entwickelt.
-Endlich darf auch Leon mit der scharfen Säge und dem Küchenmesser
arbeiten! Der frühere Hitzkopf ist ausgeglichener geworden. Wir können ihm
vertrauen, dass er mit diesen Werkzeugen verantwortungsvoll umgeht.
- Auf dem Kreisel wird Leon innerlich und äusserlich ruhig. Er konzentriert sich.
Wir können danach anderes üben oder einfach wichtige Themen mit ihm
besprechen.
- Fernsehen geht nur mit anschliessendem Kreiseln, damit er sein
aufgewühltes Inneres wieder sortieren kann.
-Wo geschlossene Hände und gekreuzte Arme waren, sind heute
Umarmungen, Küsse und verbale Liebesbezeugungen. Sein
Einfühlungsvermögen ist bewundernswert. Er sucht Lösungen, um anderen
aus der Patsche zu helfen oder sie zu trösten. Leon teilt gern und freut sich für
andere.
-Gegenseitig suchen wir uns neue Aufgaben auf dem Kreisel aus. Manchmal
macht die ganze Familie mit. Spass, Kreativität, Zusammenhalt, aber auch
Konsequenz, Ausdauer und Konzentration sind im Paket drin.
3
-Den Kreisel hatten wir für zehn Tage ausgeliehen. Es war eine harte Zeit.
Leon war vollkommen aus dem Lot.
3)…und die Orthopädietechnikerin Frau Kiechle.
Wir fanden für Leon keinen passenden Schuh. Deshalb kontaktierte uns Frau Codoni
mit Frau Kiechle. Von Leon wurde ein dynamischer Fussabdruck genommen mit dem
Resultat, dass er praktisch nur auf zwei kreisförmigen Flächen stand, je eine auf dem
Fussballen und der Ferse. Die Sehnen des vierten und fünften Zehs waren zudem
verkürzt. Frau Kiechle empfahl uns das Kreiseltraining mit einer zusätzlichen
Massage der betroffenen Zehen.
Sechs Monate später zeigte Leon einen Fussabdruck wie aus dem Bilderbuch!
Unsere aktuellste Beobachtung: Leons Gesichtsausdruck war lange Zeit über schlaff.
Die Muskeln ‚hingen‘ unter der Haut. Heute verfügt er über sichtbare
Muskelspannung und eine angeregte Mimik. Zudem bemüht er sich um eine sehr
deutliche Aussprache. Leon arbeitet richtig gehend mit den Lippen.
Das k-o-s-t® Prinzip durften wir mit Leon seit seiner Geburt bis heute, über mehr als
vier Jahre hinweg, anwenden und seine Entwicklung fortlaufend miterleben.
Unter ganz anderen Voraussetzungen kam Louis, unser älterer Sohn, heute 6 ½
jährig, zum Therapiekonzept:
4
Louis machte erstmals mit 5 Jahren, kurz vor Beginn seines zweiten
Kindergartenjahrs Bekanntschaft mit dieser Therapie. Er stand auf der lokalen
Warteliste der Logopädie, weil er stark lispelte und der ‚sch‘ und ‚r‘ fehlten. Mit der
Feinmotorik bekundete er grosse Mühe in Bezug auf Stifthaltung, Schreibfluss und
Druck.
Wissenswert ist ebenfalls, dass Louis sehr spät zu sprechen begann, sich in den
ersten drei Lebensjahren nicht mit anderen Kindern sozialisierte, sondern sie von
einem sicheren Ort aus beobachtete; z.B. von der Schaukel auf dem Spielplatz, auf
dem Stuhl in der Spielgruppe. Louis war ausserordentlich verschlossen, misstrauisch,
traute sich sehr wenig zu, verzagte rasch und brauchte viel Zeit, um eine Aufgabe
anzugehen und noch mehr, um sie auszuführen. Bastelten, kochten, werkten,
malten, puzzelten… wir daheim, so beobachtete er alles sehr genau, nahm aber
selten freiwillig teil. Louis‘ Kindergärtnerin war eine erfahrene und gelassene Frau,
die zwar zugab, noch kaum ein solches Kind gesehen zu haben, aber zuversichtlich
war und ihm einfach Zeit geben wollte.
Dann kamen der August 2012…
… und die erste Begegnung mit k-o-s-t®.
Nach einem kurzen Gespräch zwischen Louis und Frau Codoni konnte sie uns
zeigen, dass es zwecklos war, mit ihm Übungen im Mundbereich zu machen, denn
sobald sie die Lippen fixierte, begannen sich Arme und Beine ganz unkontrolliert zu
bewegen. Die Stabilisierung soll von unten nach oben aufgebaut werden und eine
Empfehlung für den Kreisel wurde ausgesprochen. Wie oben bei Leon beschrieben
trainierte auch Louis sehr intensiv.
Zehn Tage später sprach Louis den ‚s‘ und den ‚sch‘ perfekt!
Zehn Wochen später erkannten wir unseren Sohn nicht wieder: Er war selbstbewusst
geworden, offener, spielte und sprach mit anderen Kindern, wehrte sich, begann
5
Freude am basteln zu entwickeln, übernahm Verantwortung für die Anzahl zu
erledigender Aufgaben im Kindergarten, zeichnete seinen eigenen Körper mit vielen
Details (Körperwahrnehmung sehr deutlich) , schnitt schwierige Formen aus, seine
Kleider und Schuhe kamen endlich mal schmutzig nach Hause und seine Hosen
zeigten endlich Löcher, die gestopft werden wollten.
Dann kamen der Januar 2013…
… und die zweite Therapiesitzung.
Louis erhielt den Auftrag Bilder von Wörter zu sammeln, in denen er einen ‚r‘ hörte.
Gleichzeitig sollte er mit Wasser gurgeln und dabei langsam die Wassermenge
reduzieren. Diese Aufgabe integrierten wir gleich ins Zähne putzen, so dass sie sofort
zur Routine wurde und nicht verhandelt werden musste. Die Zeitung wurde
regelmässig durchstöbert, diskutiert und zerschnitten.
Zwei Monate später fuhren wir mit einem gefüllten ‚r‘- Bilderbuch und automatisierten
Gurgeltönen nach Basel in die dritte Therapiestunde. Das Buch wurde besprochen
und seit diesem Tag beherrscht Louis sein ‚r‘.
Im August 2013 wurde Louis glanzvoll eingeschult. Die Kindergärtnerin hatte noch
nie ein Kind mit solchen Schwierigkeiten erlebt, das in derart kurzer Zeit so grosse
Fortschritte gemacht hatte…ganz ohne (herkömmliche) Logopädie und Ergotherapie.
Louis ist heute, nach über einem Jahr mit k-o-s-t®, ein ausgeglichenes Kind,
nachgiebiger, flexibler, liebevoll, lösungsorientiert, wagt sich selbst an Neues heran
6
(fragte nach Schwimmunterricht), tritt energischer auf, verfügt über eine
ausgezeichnete Fingerfertigkeit, spielt bei Theaterauftritten selbstbewusst, telefoniert
und organisiert selbständig, erzählt von seinen Fähigkeiten, freut sich über den
Turnunterricht, lernte in kürzester Zeit Skifahren und Schlittschuhlaufen, findet
Rhythmus und Melodie im Musikunterricht, kann sich Gedichte merken…
Obwohl die Sprachentwicklung eigentlich abgeschlossen ist, trainiert Louis täglich
weiter. Während fünf Minuten löst er einen Teil seiner Hausaufgaben auf dem Kreisel.
Am 6.Dezember stellte sich Louis vor den Nikolaus und trug laut und deutlich seinen
Achtzeiler vor. Am gleichen Tag konnte er in der Schule als einziger den ersten
langen Satz lesen.
Diese Dinge waren vor einem Jahr unvorstellbar für Louis und hätten ihn beim
Gedanken so verängstigt, dass er gar nichts angepackt hätte.
Und wir Eltern? Wir haben gelernt, das Hier und Jetzt zu leben, das zu loben, was im
Moment geschafft wurde. Das Tun wird gelobt unabhängig vom Resultat. Haben wir
etwas erreicht, wird gefeiert und danach das nächste erreichbare Ziel gesteckt. Wir
sehen und kommentieren das Positive. Wir orientieren uns nicht mehr am Fehlenden,
an der Lücke, der Spalte.
7
Monica & Hanspeter Köppel-Heule mit Leon und Louis
8
Dezember 2013