Sanktionen bei fehlerhafter Ausschreibung – Rechtsschutz von nicht

Berlin, 20. Mai 2015
Sanktionen bei fehlerhafter
Ausschreibung –
Rechtsschutz von nicht
berücksichtigten
Wettbewerbern
Dr. Cornelia Kermel
Ausgangssituation Konzessionsrecht
Keine gesetzlich detaillierte Regelung des Konzessionierungsverfahrens und der
Rechtsschutzmöglichkeiten der Bewerber
Vergaberecht (§§ 97 ff. GWB) inkl. detailliert geregeltem Nachprüfungsverfahren
ist auf Wegenutzungsverträge im Sinne des § 46 EnWG nicht anwendbar:
− Einräumung des Wegenutzungsrechts ist Überlassung durch Gemeinde, die
als Anbieter und nicht als Nachfrager am Markt auftritt
− für Dienstleistungskonzession fehlt es an der notwendigen Erfüllungsverantwortung der Gemeinde
− Konzessionsverträge nach § 46 EnWG werden auch von DienstleistungskonzessionsRL (2014/23/EU) nicht erfasst (Erwägungsgrund 16 der RL)
keine Regelungslücke zur analogen Anwendung vergaberechtlicher Grundsätze:
§ 46 EnWG stellt abschließende Regelung dar
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Folgen bei Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot
Verstöße gegen das Diskriminierungsverbot nach § 46 Abs. 1 EnWG stellen
zugleich eine unbillige Behinderung der Bewerber im Sinne von § 19 Abs. 2
Nr. 1 GWB dar
Ausnahme: Keine unbillige Behinderung durch ein fehlerhaftes Auswahlverfahren, wenn zweifelsfrei feststeht, dass
–
sich die Fehler im Auswahlverfahren nicht auf dessen Ergebnis ausgewirkt
haben können, d.h. wenn auch ohne Verfahrensfehler derselbe Bewerber
die Konzession auf jeden Fall erhalten hätte
vgl. BGH, Urteile v. 17.12.2013, KZR 66/12, KZR 65/12; OLG Karlsruhe, Urteil
v. 26.03.2014, 6 U 68/13 (Kart); OLG Düsseldorf, Beschluss v. 17.04.2014, VI2 Kart 2/13 (V)
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Nichtigkeitsfolge bei Zuwiderhandlung gegen
§ 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB
Zuwiderhandlung gegen § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB führt grundsätzlich zur
Nichtigkeit des neuen Konzessionsvertrages gemäß § 134 BGB:
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–
Zuwiderhandlung kann ohne Nichtigkeit des Konzessionsvertrages nicht
beseitigt werden
–
Konzessionsverträge führen zu einem langfristigen Ausschluss aller anderen
Bewerber um den Netzbetrieb
–
Der vom Gesetzgeber bezweckte „Wettbewerb um das Wegerecht“ würde
langfristig – in der Regel 20 Jahre – ausgeschlossen
–
Während der Laufzeit des Konzessionsvertrages kann kein entsprechender
Vertrag mit weiteren Bewerbern geschlossen werden
vgl. BGH, Urteile v. 17.12.2013, KZR 66/12, KZR 65/12
Nichtigkeitsfolge bei Verstoß gegen § 3 Abs. 2 KAV?
In der Regel keine Gesamtnichtigkeit des Konzessionsvertrages bei Verstoß gegen
§ 3 Abs. 2 Nr. 1 KAV, wenn die unzulässigen Leistungen
–
weder Kriterium für die Auswahl des Konzessionärs waren
–
noch sich in anderer Weise auf die Auswahlentscheidung der Gemeinde
ausgewirkt haben
Begründung des BGH (Urteil v. 07.10.2014, EnZR 86/13):
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–
§ 3 Abs. 2 Nr. 1 KAV stelle eine Höchstpreisregelung dar, bei Verstoß gegen
Preisvorschriften aber nur Teilnichtigkeit der Preisabrede gem. § 134 Hs. 2 BGB
–
Schutz des Konzessionärs erfordere Aufrechterhaltung des Konzessionsvertrages ohne die Verpflichtung der unzulässigen Nebenleistung, um Risiko
vorzubeugen, dass Gemeinde sich unzulässige Nebenleistungen versprechen
lasse
–
auch keine Gesamtnichtigkeit gem. § 139 BGB, da Gemeinde betroffene
Klauseln mit niemanden hätte vereinbaren dürfen, aber gleichwohl zum
Abschluss eines Konzessionsvertrages verpflichtet gewesen wäre
Folgen der Nichtigkeit des Konzessionsvertrages
Wer kann sich auf die Nichtigkeit des Konzessionsvertrages
berufen?
Gibt es eine zeitliche Begrenzung für die Geltendmachung der
Nichtigkeit?
In welcher Form kann die Geltendmachung der Nichtigkeit
erfolgen?
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Wer kann sich auf die Nichtigkeit berufen?
Bewerber:
–
–
Altkonzessionär
sonstige Bewerber
Behörden:
–
–
–
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Kartellbehörden
Regulierungsbehörden
Kommunalaufsichtsbehörden
Zeitliche Grenzen für die Geltendmachung?
Verwirkung des Nichtigkeitseinwands?
Präklusion bei mangelnder Rüge während des
Auswahlverfahrens?
Präklusion bei mangelnder Rüge nach der
Auswahlentscheidung?
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Verwirkung des Nichtigkeitseinwands
BGH: Verwirkung des Nichtigkeitseinwands (-)
„Eine nach § 134 BGB im öffentlichen Interesse, hier dem des Wettbewerbs um das
Wegerecht zwecks Verbesserung der Versorgungsbedingungen, angeordnete
Nichtigkeit kann allenfalls in ganz engen Grenzen durch eine Berufung auf Treu und
Glauben überwunden werden (…). Die Voraussetzungen hierfür liegen im Streitfall
schon angesichts der bis zur vorliegenden Entscheidung unklaren Rechtslage nicht
vor.“ BGH, Urteil v. 17.12.2013, KZR 66/12
Problem: Voraussetzungen für zukünftige Fälle, wenn Rechtslage nunmehr geklärt?
− Zeitmoment und Umstandsmoment
− Was heißt „in ganz engen Grenzen“?
◦ besonders schwere Treuepflichtverletzung
◦ Existenzgefährdung des Gegners
als Beispiele in der Rechtsprechung des BGH, vgl. etwa BGH, Urteil v.
20.05.1992, VIII ZR 240/91
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Präklusion bei mangelnder Rüge während des
Auswahlverfahrens? (1)
Im Konzessionierungsverfahren bestehen keine Rügepflichten der Bewerber
BGH, Urteile v. 17.12.2013, KZR 65/12, KZR 66/12:
− „Ein Einwendungsausschluss zulasten der Beklagten ergibt sich nicht aus
einer entsprechenden Anwendung der vergaberechtlichen Präklusionsvorschriften (§ 107 Abs. 3 GWB). Sie sind Bestandteil eines gesetzlich
geregelten Vergabeverfahrens und können nicht isoliert auf das nicht näher
geregelte Verfahren der Konzessionsvergabe übertragen werden.“
− Geltendmachung von Fehlern im Auswahlverfahren nach dessen Abschluss
(z.B. im gerichtlichen Verfahren) stellt keine unzulässige Rechtsausübung
wegen Verstoßes gegen unselbständige Nebenpflicht gem. §§ 241 Abs. 2, 311
Abs. 2 Nr. 1 BGB dar
− Bewerber muss grundsätzliche Mängel der Ausschreibung wegen (bisher)
ungeklärter Rechtslage nicht erkennen; jedenfalls ungeklärt, ob Kommune
das Verfahren wiederholt hätte, wenn gerügt worden wäre
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Präklusion bei mangelnder Rüge während des
Auswahlverfahrens? (2)
LG Kiel, Urteil v. 13.02.2015, 14 O 111/14.Kart:
− „Zum einen ist es Aufgabe der Gemeinden, die Auswahlkriterien transparent
zu gestalten, und nicht etwa Aufgabe der Bieter, eine mangelnde Transparenz
durch Nachfragen zu heilen. Zum anderen aber bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Verfügungsbeklagte, die noch im Rahmen des vorliegenden Verfahrens die Ansicht vertritt, die Auswahlkriterien in ihren Verfahrensbriefen hinreichend benannt zu haben, die Konzession im Falle einer
Rüge neu ausgeschrieben hätte.“
LG Berlin, Urteil v. 09.12.2014, 16 O 224/14 Kart:
− „nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes treffen den Konzessionsbewerber grundsätzlich keine solchen vorvertraglichen Rügepflichten. Das gilt
selbst dann, wenn die Gemeinde […] in den einschlägigen Verfahrensbriefen
unter Fristsetzung darum gebeten hatte, die Verfahrensstelle auf etwaige
Unklarheiten, Fehler oder Unzulänglichkeiten hinzuweisen“
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Präklusion nach der Auswahlentscheidung? (1)
Nach Auffassung des BGH ist eine Befristung des Nichtigkeitseinwands allenfalls
möglich, wenn
–
alle diskriminierten Bewerber um die Konzession
–
ausreichend Gelegenheit haben, ihre Rechte zu wahren,
–
diese Möglichkeit aber nicht nutzen
→ Dann kann und muss die fortdauernde Behinderung durch den fehlerhaft
abgeschlossenen Konzessionsvertrag im Interesse der Rechtssicherheit
hingenommen werden
Dies ist insbesondere in Betracht zu ziehen, wenn die Gemeinde
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–
in Anlehnung an den auch § 101a GWB zugrundeliegenden Rechtsgedanken
alle Bewerber in Textform über die beabsichtigte Auswahlentscheidung
unterrichtet und
–
den Konzessionsvertrag erst 15 Kalendertage nach Absendung der
Information abschließt
vgl. BGH, Urteil v. 17.12.2013, KZR 66/12
Präklusion nach der Auswahlentscheidung? (2)
Keine analoge Anwendung des § 101a GWB
Einschränkung der Nichtigkeit nur in Anlehnung an den auch § 101a GWB
zugrundeliegenden Rechtsgedanken:
–
Keine schematische Übertragung von Voraussetzungen und Rechtsfolgen des
§ 101a GWB wegen grundlegender Unterschiede:
◦ detailliert geregeltes Vergabe- und gesetzlich geregeltes Nachprüfungsverfahren (§§ 102 ff. GWB) fehlt im Konzessionsrecht
◦ gesetzliche Beschränkung der Nichtigkeitsfolge bei Vergabeverstößen auf
Ausnahmefälle wegen bestehender und überwiegend transparent
geregelter Rechtsschutzmöglichkeiten gerechtfertigt
◦ im Konzessionsrecht Rechtsschutz nur vor Zivilgerichten,
Kläger/Antragsteller darlegungs- und beweisbelastet
vgl. auch Kermel/Wagner, RdE 2014, Heft 6, S. 221 ff.
Problem: Was muss die Mitteilung der Gemeinde enthalten?
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Präklusion nach der Auswahlentscheidung? (3)
Was bedeutet „Gelegenheit (…), ihre Rechte zu wahren“?
–
Rüge bei der Gemeinde
–
Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer
–
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bei dem nach § 87 GWB
ausschließlich zuständigem Landgericht, gerichtet auf die Untersagung des
geplanten Vertragsabschlusses
–
Beantragung eines Missbrauchsverfahren bei der Kartellbehörde oder der
Regulierungsbehörde
Besonderheiten für den Altkonzessionär?
–
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Möglichkeit der Geltendmachung im Netzabgabeverfahren
Das Urteil des OLG Karlsruhe (1)
vom 26.03.2014 – 6 U 68/13 (Kart)
„Ihre Rechte wahren“ meint Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung,
mit der der Gemeinde der Abschluss des geplanten Konzessionsvertrages
untersagt werden soll
Rechtsgedanke des § 101a GWB nur bei rechtzeitiger, hinreichend
konkretisierter Mitteilung der Konzessionsentscheidung sowie der
maßgebenden Gründe für diese in Textform
→ öffentliche Bekanntmachung nach § 46 Abs. 3 Satz 6 EnWG reicht nicht
Keine relative Nichtigkeit: Verstoß gegen Diskriminierungsverbot führt immer
zur Nichtigkeit des Konzessionsvertrags gem. § 134 BGB
Bewerber, die trotz entsprechender Information der Gemeinde keine
einstweilige Verfügung beantragt haben, wird Nichtigkeitseinwand nach Treu
und Glauben gem. § 242 BGB versagt (Verwirkung des Nichtigkeitseinwands)
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Das Urteil des OLG Karlsruhe (2)
vom 26.03.2014 – 6 U 68/13 (Kart)
Ausnahme: Altkonzessionär
–
Differenzierung zu einfachem Bewerber erforderlich wegen besonderer
Betroffenheit, da nicht nur Verlust der Erwerbschance
–
Verpflichtung zur Übereignung des Netzes ist erheblicher Eingriff in Art. 14 GG,
nur gerechtfertigt bei Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben (insb. zutreffende
Auswahlkriterien, diskriminierungsfreies, transparentes Verfahren)
–
auch bei entsprechender Information der Gemeinde nicht zum Antrag einer
einstweiligen Verfügung verpflichtet wegen Unsicherheiten des summarischen
Eilverfahrens
–
Anspruch auf Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit der Konzessionsentscheidung in einem Hauptsacheverfahren
BGH: Im Übrigen kann Altkonzessionär unabhängig von seinem Verhalten im
Auswahlverfahren gegenüber einem Anspruch aus § 46 Abs. 2 EnWG geltend
machen, dass dem Anspruchsteller die Aktivlegitimation fehlt, weil er nicht neuer
Konzessionär ist, Urt. v. 17.12.2013, KZR 66/12
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Folgen des Urteils für den Rechtsschutz der Bewerber (1)
Anknüpfung der Versagung des Nichtigkeitseinwands an Treuepflicht aus dem
durch Beteiligung am Konzessionsverfahren begründeten vorvertraglichen
Schuldverhältnis
Folge: Versagung = Verwirkung
–
nur in engen Grenzen möglich: Zeitmoment und Umstandsmoment
–
Bewerber müssen anhand der Informationen der Gemeinde beurteilen
können, ob Konzessionsentscheidung gegen maßgebliche gesetzliche
Vorgaben verstößt
–
Mindestinhalt der gemeindlichen Benachrichtigung:
◦ welcher Bewerber soll Konzession erhalten
◦ wesentliche Gründe für seine Auswahl
◦ wann ist Vertragsabschluss beabsichtigt
◦ Hinweis auf drohenden Rechtsverlust bei Untätigbleiben
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Folgen des Urteils für den Rechtsschutz der Bewerber (2)
Vertrauen der Gemeinde auf Bestand ihrer Entscheidung und Abschluss des
Konzessionsvertrags auch erschütterbar durch Beanstandung der
Auswahlentscheidung und Vorbehalt einer gerichtlichen Überprüfung
→ schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass Bewerber nicht gegen Auswahlentscheidung vorgehen, kann dann nicht entstehen
zeitliche Komponente: keine starre Übernahme der 15-Tage-Frist des § 101a
GWB, nur zugrundeliegender Rechtsgedanke maßgeblich
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–
15 Tage als Untergrenze
–
vgl. OLG Karlsruhe, Urteil v. 26.03.2014: „mindestens 15 Kalendertage“
Folgen des Urteils für den Rechtsschutz der Bewerber (3)
Bei Untätigkeit des Bewerbers innerhalb der Wartefrist genereller Ausschluss
des Nichtigkeitseinwands?
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–
Nichtigkeit ist Regelfall, Beschränkung des Nichtigkeitseinwands ist
Ausnahme
–
Verwirkung als Ausprägung der vorvertraglichen Treuepflicht, Ausschluss des
Nichtigkeitseinwands nur bzgl. der aus Vorabinformation erkennbaren
Verstöße
–
vorsorgliche Anrufung der Gerichte wegen anderer möglicher, aus Vorabinformation aber nicht erkennbarer Verstöße ist wegen der damit
verbundenen Darlegungs- und Beweislast nicht notwendig
Voraussetzungen einer einstweiligen Verfügung
Bestehen eines Verfügungsanspruchs
–
Unterlassungsanspruch gem. § 33 Abs. 1 GWB bei Verstoß der Gemeinde gegen
§ 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB, § 46 EnWG (Durchführung eines fehlerhaften
Konzessionierungsverfahrens)
–
daneben Unterlassungsanspruch gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 19 Abs. 2 Nr. 1
GWB, § 46 EnWG
Vorliegen eines Verfügungsgrunds
–
gem. §§ 936, 917 ZPO: Eilbedürftigkeit
–
(+) bei objektiver Besorgnis, dass durch eine Veränderung des bestehenden
Zustands die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder
wesentlich erschwert werden könnte
→ bei Abschluss des Konzessionsvertrags wird Durchsetzung des Anspruchs des
Bewerbers auf Durchführung eines diskriminierungsfreien Konzessionierungsverfahrens zumindest erschwert
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Zeitpunkt für Antrag einer einstweiligen Verfügung
Antrag auf Erlass einer e.V. erst nach der Auswahlentscheidung des Gemeinderates möglich, nicht schon bei Vorliegen einer Beschlussempfehlung
–
Erst mit Beschluss des Gemeinderats liegt Eilbedürftigkeit für die Entscheidung
wegen unmittelbar bevorstehender Rechtsverletzung vor, §§ 916, 935 ff. ZPO
LG Köln, Urteile vom 06.06.2014, 90 O 35/14, 90 O 169/13:
– Gemeinderat an Beschlussempfehlung der Gemeindeverwaltung nicht
gebunden, auch im Gesellschaftsrecht ist Beschluss der Gesellschafterversammlung abzuwarten
–
Antrag im einstweiligen Rechtsschutz jedoch nicht zwingend, Altkonzessionär
kann Untersagungsverfügung gerichtet auf Nichtabschluss des
Konzessionsvertrags beantragen, muss dies zur Wahrung seiner Rechte aber
nicht tun
–
Geltendmachung der Nichtigkeit ggü. Herausgabeanspruch möglich
A.A. LG Leipzig , Urt. v. 12.11.2013, 05 O 2530/13:
– Verfügungsgrund zu bejahen, auch wenn Gemeinderatsbeschluss noch nicht
erfolgt ist
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Ausschluss der gerichtlichen Überprüfung nach
„Zuschlagserteilung“?
„Zuschlagserteilung“ führt nicht – wie im Vergabeverfahren – zum Ausschluss der
Überprüfung der Wirksamkeit der Wegenutzungsverträge im einstweiligen
Verfügungsverfahren, vgl. LG Mainz, Urteil v. 12.03.2015, 12 HK O 2/15
− „Die Präklusion dieser Prüfung […] würde zu einer unzulässigen Versagung des
Zivilrechtschutzes führen.“
− Ausschluss der Überprüfung nach Zuschlagserteilung „gilt lediglich für das
öffentlich rechtlich ausgestaltete vergaberechtliche Verfahren, gerade aber
nicht für den Zivilprozess“
→ Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung hat sich nicht erledigt
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Weitere Rechtschutzmöglichkeiten
Rechtsschutz vor den Verwaltungsgerichten (-)
–
Zivilrechtsweg gem. § 13 GVG eröffnet, da Wettbewerbsgeschehen
grundsätzlich privatrechtlicher Natur ist. Auf die Natur des abzuschließenden
Konzessionsvertrages kommt es für die Rechtswegfrage nicht an
vgl. KG Berlin, Urteil v. 06.10.2014, 2 W 4/14 Kart
Rechtschutz vor den Zivilgerichten (+)
–
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Untersagung des
Vertragsabschlusses (s.o.)
–
Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren:
◦ Feststellung der Nichtigkeit des neu geschlossenen Konzessionsvertrags
◦ Untersagung (Unterlassung) des Abschlusses des neuen Konzessionsvertrags
◦ Problem: Verurteilung zur Leistung in Form der Vergabe des Wegenutzungsrechts an den unterlegenen Bewerber bzw. zum Abschluss des
Konzessionsvertrages mit dem unterlegenen Bewerber möglich?
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Sanktionsmöglichkeiten durch Aufsichtsbehörden
Missbrauchsaufsicht der Kartellbehörden
–
bei Verstoß gegen § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB, unbillige Behinderung der Bewerber
bei diskriminierendem Auswahlverfahren
–
Erlass von Abstellungs-/Gebotsverfügungen, z.B. Verfahren gegen die
Gemeinde Titisee-Neustadt (trotz bereits erfolgter Netzübergabe an den
Neukonzessionär muss Auswahlverfahren wiederholt werden)
Missbrauchsaufsicht der Regulierungsbehörden bei Verstößen gegen
Verpflichtungen nach dem EnWG, insb. Maßnahmen gem. § 65 Abs. 2 EnWG
–
Maßnahmen richten sich in der Regel gegen die Netzbetreiber
vgl. BGH, Beschluss v. 03.06.2014, EnVR 10/13
Beanstandungsverfügung der Kommunalaufsichtsbehörden
–
zur Sicherstellung der Beachtung der geltenden Gesetze durch die Gemeinden,
umfasst auch Einhaltung der Vorgaben des EnWG
vgl. OVG Lüneburg, Beschluss v. 11.09.2013, 10 ME 88/12
Problem: Aufgreifen des Verfahrens steht im Ermessen der Behörden
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Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit!
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