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Sonderdruck aus "FORSTARCHIV" , 57. Jahrgang, Heft Nr. 2, März/April 19S6, Seiten 67-71
Verlag M. & H. Schaper, Grazer Straße 20, 3000 Hannover 81 - Druck: Dobler-D ruck Gm bH & Co KG, Alfeld (Leine)
Vergleichende Untersuchungen zur Ermittlung der Genauigkeit bei der Ablotung
von Kronenradien
mit dem Dachlot und durch senkrechtes Anvisieren des Kroueurandes (Hochblick-Messung)
Von H. RÖHLE
Lehrstuhl für Waldwachstumskunde der Universität München
1. Einleitung
Die Kronengrundfläche ist eine wichtige Kenngröße zur Charakterisierung der Konkurrenzbeziehungen in Waldbeständen. In Verbindung mit Stamm ver teilungskarten eignen sich zuverlässig erhobene Kronenkennw erte a ußerde m hervorragend zur Beurteilung
der Stan draumökonomie der Einzelbäume (ASSMANN , 1961).
Zur Berechnung der Kron engrundfläche eines Baumes ist die
Ablotun g von Kronenradien unerläßlich . Bei der terrestrischen
Messung von Kronenradien kommen hauptsächlich zwei Ablotungsverfahren zum Einsatz . So verwend eten R. MAYER (1958),
PREUHSLER (1979) und LUT Z (1979) ein Verfahren , bei dem
der Kronenrand durch senkrechtes Anvisieren ermittelt wird die
sogenann~e Tangential-Hochblick-Messung (PREUHSLER ,
1979). ZÖHRER (1967) und HUB ER (1981) hingegen bevorzugten das Dachlot-Verfahren. Währen d das von ZÖH RER und
HUB ER angewandte Dachlot-Verfahren recht genau e Meßwerte
liefert, sind nach R. MA YER bei der Hochblick-Method e einseitige Meßabw eichungen nicht auszuschließen , da bei diesem Verfahren der Kronenrand vom jeweiligen A ufnehmer nur angeschätzt, nicht aber meß technis ch exakt abgelotet wird. Die
An sicht von R. MAYER wird durch eigene Untersuchungen des
Verfassers (vgl. RÖHLE, 1983) bestätigt. A ußerdem wird in
diesem Zusammenhang auf die Veröffentlichung von RÖHLE
und HUBER (1985) verwiesen, die sich eingehend mit der Dachlot-Methode befaßt.
Neben dem weit verbreiteten Hochblick-Verfahren und de r zeitaufwendigen Dachl ot-Messung kamen in letzter Ze it bei der
Anfertigung von Kronenkarten und der Bestimmung der Kronenkennwerte verschiedentlich auch fotografische Methoden zum
Einsatz (R . KENNEL, 1966; AKl;:A, 1981). Diese zum Teil sehr
kostenintensiven Meßverfahren (Luftbildauswertung) konnten im
Rahmen der vorliegenden Un tersuchung nicht auf ihre Genauigkeit hin überprüft werden. Außerdem können aus dem Luftbild
nur für einschichtige Beständ e Kron enk arten hergestellt werd en.
In mehrschichtigen Beständen oder bei starken Überl appungen im
Kronenbereich ist eine zuverlässige Bestimmun g einzelner Radien
aus dem Luftbild nicht mehr möglich. Der unbestrittene Vor teil
des Hochblick-Verfahr ens liegt in dem relativ geringen Zeitaufwand und der einfachen Handhabung des Meßverfahr ens. Insofern ist es von Interesse zu wissen , ob das Hochblick-Verfahren
ähnlich genaue Meßergebnisse liefern kann oder ob es sich im
Vergleich mit dem Dachlot-Verfahren als weniger gut geeignet
erweist. Ziel der vorliegenden Unt ersuchung war es deshalb, die
Meßgenauigkeit des Hochblick-Verfahrens zu analysieren und
eine Emp fehlung für ein bestmögliches Vorgehen bei der Kronenradienablo tung zu geb en.
2. Beschreibung des P rob ebestandes
Die Untersuchungen wurden in einem zweischichtig aufgebauten
Stieleichen-Hainbuchen-Mischbestand in den Don auauen bei
Neubur g durchgefüh rt. Zur Ermittlung der Kron engrundflächen
FORSTARCHI V, 57. Jahrga ng (1986)
67
wurden die 48 Ei chen des Obe rstandes her angezogen . Die Eichen
iEI der Oberschicht sind weitgehend frei von Se iten d ruck , stä rkere
Uberlappung e n im Kron e nbereich kom me n nicht allzu häufig vor.
D em steht eine dicht aufgebau te Unterschicht aus H ainbuche
gege nübe r, Ü berl appun gen im Kro nenraum sind hier die Regel.
Ein gleichmäßiger Aufbau kenn zeichnet Ob er- wie Unterschich t,
vorwüchsige B äu me sind nur selten anzu treffen . Di e Best andeshöh e nkurve zeigt eine deu tliche Ab flach ung im Ber eich der stärke re n D ur chmesser . wie sie für die E iche in den südbay erischen
A uewaldgebieten typisch ist (RÖH LE . 1982). Ta belle 1 gibt einen
Ü berblick übe r die wichtigsten Bestande skennwerte für den Stieleic he n-Ha uptbestand auf der Probefl äche.
3. Verfahren zur Ablotung der Kronenradien
3.1 Dachlot-l\1essuni:
Um der Fr age nach de m erford erlic he n Mindestaufwan d b..ei Krone nr adien ablot un gen auf den G ru nd zu gehe n , wurd en von
H UB ER ( 1981) auf eine r Ei chen -Probe fläche des Leh rstuhles für
Waldwachstumsk unde intensive Kron e nmessunge n durchgef ührt .
Von jedem B aum wurde n 32 R adi en mit de m Dachlo t abgelo tet .
wob ei die einzelnen Meßtichtungen genau vorge geben waren ,
T ab e 11e 2: Einzelba umB eginn en d mit der No rdrichtu ng
( 18 MeBpersonen)
wu rde fortsch rei ten d ge gen de n
Uhr ze ige rsin n alle 11.25 Gr ad eiBhd
Ne.
Bkl
oe A blotung des Kro ne nra ndes
mm
Baum
vor ge nommen . Ein e spe ziell für
diese n Ve rwe ndu ngszweck ko nstruie rt e Me ßeinrichtung wurde
2
0,488
I
um jeden Stammfuß zentrie rt
3
0,425
2
2
0,588
3
und ge nau auf No rd ein justiert .
4
2
0.482
Zusamme n mit der Meßlatte und
0,357
2
5
dem Dachlo t ko nnte ei ne Ma ß2
0,397
6
gen a uigkeit von e in bis zwei Ze n2
0,387
7
0,460
2
timet ern erre icht wer de n .
8
0,454
2
9
Au sgeh end von die sen Meßda3
0,358
10
te n wurden für je de n Baum be i
2
0,351
11
syst ema tische r Red uzie run g de r
0,4 57
12
2
A nzah l de r in die Berechnun g
0,360
2
13
0,395
14
2
eingehend e n M eßr adie n (32, 16,
2
0 ,448
15
8, 4 und 2 Meßradie nlB aum) die
0,337
3
16
de n verschiedene n R adiendi ch 17
2
0.442
len e ntsprec he nde n Kr onen2
0,647
18
grund flachenwe rte bes timmt und
2
0,473
19
0,375
die Fe hler größen be i den jeweili20
2
3
0,467
21
gen R adi endi ch ten einze lbäum 2
0,480
22
und besta nd esweise ermitte lt .
2
0,524
23
D en E rge bnisse n zu folge sind in
24
2
0,407
de m Untersuchungsbestand auf2
0,685
25
2
0,330
grund der oft unregelmäßig au s26
27
2
0.715
gefo rmte n Kronenrän der der AI 0,403
2
28
re ich en mindesten s acht Krone nI
0,877
29
radien ablotun gen je Baum erfor2
0,463
30
derlieh . um einen auf die Sum me
31
2
0,421
aller Kro ne ngrund fläc hen bezo'~
32
2
0,382
2
0,457
33
gen e n F ehler von fünf Prozent zu
2
0,405
34
un ter schrei ten . Bei se hr unregel35
3
0,335
mäßig ausge formten Bäume n
2
0.419
36
können die auf den Ei nzelbaum
37
2
0,347
0,356
bezoge nen Feh le rgr ößen sogar
38
3
0,383
39
2
bei ac ht Ab lotungen die Fün f2
0,633
40
Prozen t-Sch welle deutlich über41
3
0,372
schre iten.
Bei e inigermaße n
42
2
0,360
gleichmä ßige r
Kro ne nau sfor 43
0,380
2
mung dage ge n sind zur Bere ch 44
3
0,378
2
0.423
45
nu ng de r Bestan des-Kron e n46
0,387
2
grü nd fläche vie r R adien und zur
49
2
0,406
Bestimmung de r Ei nze lbau m50
I
0,650
Kr o ne ngrun dflächen acht RaBestandesdaten
dien au sreichend,
68
FORSTAROiI V. 57. Jahr gang (1986)
T a b e J 1e 1: Ertragskuodliche Kennwert e des Untersuchungsbestandes
(verglichen mit den Werten der Eichen-Ertragstafel von JüTrNER)
Stieleiche
Probefläche
Alter in Jahren
Mitteldurchmesser in cm
Mittelhöhe in m
Baumzahllha
GrundOächelha in qm
Vorrat/ha in Vfm
Traubeneiche
JÜTfN ER (Bonität) n
120-140
46,07
130
25,28
141
25,8
188
41,0
23,47
24.9
328,81
348
3.2 Hochblick-Messung
Bei de r Tan ge ntial-Hoch blick-Messung (PREUHSLE R, 1979)
wird auf den Einsatz o ptische r Meßgeräte verzichtet. Ein Meßgehilfe ste ht mit einem Maßba nd am Baum und weist den Aufneh mer mit e ine m Kompaß in die jeweilige Himmelsrichtu ng (Me ßra dius) ein . Di e Begrenz ung de r Kron e wird dur ch A nvisieren des
Kro ne nran des (se nkrechte s Hochblicke n) eingeschä tzt und de r
We rt der Pro jek tion au f dem Maßban d abgelesen.
und Bestandesda ten für die Heehblick-älessungen im unbelaublen Zustand
Höhe
in m
Einzelbaumdaten
KronenKRG
KRG
anset z
32-R
MIN
in m
in qm
in qm
15,0
27,0
23,0
15.5
27.7
18,0
27,3
23,5
25,5
26,5
27,2
26,0
23,S
22,7
26,S
15.8
17.8
15.8
14,5
16,5
14,5
15,0
24,9
25,2
26,0
22,0
25,0
27,5
26,S
23,7
23,0
23,0
25,2
25,0
27,5
25,S
26,8
25,0
29,0
25,0
25,0
23,3
26,0
26,2
15,5
16,0
17,0
16,5
16.2
14.5
16,7
17.0
15,5
16,2
15,5
15,0
16,0
16,0
11,7
16,5
14,5
14,0
13,5
15 ,5
17,5
13,5
15,5
24,8
23,7
22,0
26,6
26,4
22,7
24,2
22,7
21,S
26,S
26,2
16.0
15,2
16.3
14.0
14,0
15,8
17,0
14,8
15,5
16,7
13,5
17,2
17.5
24.5
14,5
28,5
14.0
24.8
57.15
27,74
79, 18
58,02
21,82
41,62
36,49
51,99
50,10
24,35
27,15
35,93
15,51
38,39
61,24
16,35
40.26
98,60
53,30
28,46
50,47
36,01
56 ,92
45 ,36
56,84
34,84
77,59
36,84
115,19
55,66
39,46
34,20
44 ,78
25,72
29.71
48,43
32.15
21,90
33 ,85
92,14
29 ,45
30,52
28 ,15
36,30
40,47
37,17
51.49
100.83
2186 ,10
KRG
KRG
MAX
in qm
ar.Mitt.
inqm
35,19
71,91
54,75
17.84
45,79
33.61
98,04
39,81
38,65
18,89
28,43
113,23
81,06
41,10
58,68
59,63
24,80
35,78
39,60
16,27
77,88
50,98
21,17
.30,13
44,95
54,83
12,34
37,01
54,15
24,31
41.58
12,19
32.17
80,97
48,98
20,62
44,96
24,53
32,09
36,29
42,79
32,27
58,84
28,03
65,49
54,02
23,45
23,78
38,41
23,03
21,08
39.52
24,90
14,24
26,04
60,92
26,04
24,30
94,03
n .n
Vari at.
koeff.
82,12
60,11
111,49
81,47
25.94
41,95
86,64
83,08
39,64
60,04
101,74
51,49
30,17
31,40
39,04
18,68
86,63
99,25
123,77
92,99
70,84
129 ,18
39,21
78,10
114,71
72,92
26,86
55,80
132,86
78,11
18,53
42.43
113 ,97
98,31
74,10
61,47
52,60
82,19
96,37
60,04
41,20
29,72
79,73
77,52
109,16
80,72
98,84
85,50
64,00
40,21
65,16
46,92
138.65
91,92
78,63
180,07
102,87
43.18
118.99
71.96
47,99
74,12
64,02
81,49
50,49
64,02
91,76
60,34
38,05
65,17
156,06
65,82
43,56
60.45
47.08
37,48
52,30
34,98
36,61
57,60
116 ,33
96,14
103,43
92.73
106.39
95,67
112.37
85,46
77,75
100,95
103,66
79,89
91,28
102,56
57.45
88,89
38,64
104,74
104,77
104.31
94,87
104.10
69.59
105,07
24.32
43,38
93,85
41,62
34,6 1
31,96
15,87
47,12
25,88
78.19
49,02
62,04
56,99
82,56
165,75
115.69
79,66
1885.00
35.30.20
2433,55
67 ,75
24,07
20,01
49,56
38,09
63,89
43 ,96
39,74
81,21
65,79
65,47
95,00
Um die Genauigkeit dieser Aufnahmeme thode im Verg leich mit
de r Dachlot-Messung zu anal ysieren und die pe rso ne nbezogenen
Fehl erquellen zu erfass en, wur de der Pro bebestand von insgesamt
30 Meßpersonen aufgenommen. 18 Messu ngen wurden im unbe laubten Zustand erhoben, 12 Messungen bei voller Belaubung, um
zusä tzlich den Einfluß des Bel aubungszustan des ermitteln zu können . Von jedem Aufnehmer wurd en acht Kronenradien pro Ba um
abgclotet.
3.3 Berechn ung der KronengrundOächen
Da der Verlauf des Kronenrandes nur mit unendlich vielen Ablotu ngen lückenlos nach zubild en wäre, müssen die zwische n den
Me ßpunkten liegen den Abschnitte des Kronenr and es näherungsweise ausg e glichen wer den . In der vorliegenden Untersuchung
wur den die Einzelbaum-Kronengrundflächen nach einem vom
Autor vo rgeste llte n Ansatz (R Ö H LE , 1982) aus Teilellip sen berechn et.
4. Vergleichende Beurteilung von Dachlot - und
Ho chblick-M essung
Die Au fberei tung der Meßwerte erfolgte mit einem EDV-Programm, das für jede M eßperson die Krone ngrundfläch en der 48
Alteichen einzelbaumweise als Abs olu t- wie als Prozentgrößen
(ge messe n am " wahren" Wert) ausgibt. Der " wahre" Wert e rgab
sich au s den Unter suchungen von HUB ER und wur de für jeden
B aum aus der 32-R adien-D achlot-Messung hergeleitet.
T ab e 11e 3: Varia tion der Bestendes-Kronengrundü äcäe bei den Hochblick-Messungen im belau bten und unbelaubten Zustand
Bestandes-KRG der 32-R-D achlot-Messung: 2186,1 qm ("wahrer" Wert)
Aufnahme Sommer 1982
Aufnahme Herbst 1982
belaubt
unbelaubt
(12 Meßpersonen)
MeßKRG in
% des
person
qm
"wahren"
Wertes
(18 Meßpersonen)
MeßKRG in
person
qm
% des
"wahren"
Werte s
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
1716,1
1849,4
1926,0
1939, 1
2017,8
2087,7
2245,1
2273,5
2288,5
2339,4
2376,3
2463,8
79
85
88
89
92
96
103
104
105
107
109
113
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
4.1 Einzelbaumbezogene Fehlergrößen
Ta belle 2 gibt am Be ispiel der Messungen im unbelaubte n Zustand
(18 Aufne hmer) einen Überblick über die Fehlergrößen für die
Einzelbaum-Kronengrundflächen und den Bestan deswer t. Di e
Variationskoeffizient en für die Kronengrundflächen der Einzelbäume liegen bei der Messung im un belaub ten Zustand fast durchweg bei Werten zwischen 70 und 110 Prozent. Im Einzelfall
werd en Höchstwert e bis zu 129 Prozent erreicht (Ba um Nr. 13,
tat sächliche Kronengrundfläche 15,51 qm, bei der Aufnahme
abgeloteter Minimalwert 12,34 qm , Maximalwert 37,01 qm). Di e
niedrigsten Fehl ergrößen liegen bei 52 Prozen t (Baum NT. 19,
tatsächliche Kronengrundfläche 53,30 qm , Minimalwer t 48,98 qm ,
Maximalwert 78,11 qm) . Ausreichend genaue Kronenradienablotungen lassen sich demzufolge durch die Hochblick-M essungen
nicht gewinnen . Auffallend ist alle rdings, daß die im belau bten
Zustan d geme sse nen Werte (ohne Ta belle) weniger streuen und
eher niedriger ange se tzt werd en als die im unbelaubten Zustand
e rhobene n Daten . Dies erscheint ab er nicht weiter verw underlich,
wenn man be denkt , daß im laubfre ien Zus tand jed er Pun kt des
Kronenrandes einwandfre i erkannt und somit auch an visiert werden kann . Sollte nun bei ein em Aufnehme r ein systematischer
Fehler auftre ten, so wird dieser mit hoh er Wahr scheinlichkeit auf
jede Messung d urchschlagen und zu einer mehr oder mind er
gleich mäßigen Ü ber- od er Un ter schät zun g aller Kronenradien
führen. Im belaubten Zustand dage gen lassen sich die überl appten
T eile der Kronen nicht zweifels frei ansprechen , sonde rn können
nur gut achtlich festgeleg t wer den , wodurch sich das Auft rete n
systematischer Fehler ver ring er t.
4_2 Bestandeswerte
Der prinzipielle Unterschied zwischen der Messung im belaubten
und im unbelaubten Zustand wirkt sich natürli ch au ch auf die
Variation der von jedem Aufnehmer gemessenen Bestandes-Kro nengrundfläche aus. D er Schwankungsbereich reicht - wie aus
Tabelle 3 zu er sehen ist - im belaubten Zustan d von 1716,1 qm
(79 % des " wahren" Wertes) bis 2463,8 qm (113 %) . Im unbelau bten Zust and dag eg en streuen die Wer te zwischen 1885,0 qm
(86 %) und 3530 ,2 qm (162 %). Derart un genau erhobene Me ßwer te sind als Eingangsgrößen zur Berechn ung von Ü berschir mungsprozen ten ode r zur Beurteilun g von Leistung un d Stan draumausnutzung verschiedener Baumarten ungee ignet.
All erdings da rf nicht unerwähnt bleibe n, daß die Hälfte der Meß personen dem "wahren " Wert bis auf sechs Prozen t nahe kam .
Dies gilt jedoch nur für die aufsummiert e Kronengrundfläche des
Be standes. Für die E inzelbäume konn te durch die Ho chblick-
86
89
94
94
99
104
105
106
106
109
109
114
119
1885,0
1949,9
2057,3
2059,3
2166,4
2267,6
2295,2
2319,9
2322,8
2371,9
2378,5
2496,5
2598,7
2675,8
2715,3
2753,4
2960,3
3530,2
122
124
126
135
162
Me ssungen bei keinem Aufnehmer ein insgesam t befried igend es
R esultat erzielt werde n.
4.3 Ermittlung des Winkelfehlers bei der Hochblick-Messung
Weichen die Ablotungen mehrerer A ufn ehmer vom " wahren"
Wert ab, so müs sen bei de n Meßpersonen zwangsläufig unterschiedliche A uff assungen über die Position des Kronenrandes und
dessen Projektion bestehen. Bei den Me ssungen ha ben die Aufnahmepersonen also keine senkrechte Proj ek tion (einen 90-GradWinkel) , so ndern eine mehr od er weniger schräge Projektion mit
einem entsprechenden Winkelfehler abgelotet . Der Winkelfehler
läßt sich leich t errechnen , wenn man die Krone nansat zhöh e, den
"wahren" Wert des Kron enradius und den dazuge hörigen Meßwert kenn t. Unter dem Winkelfehler ist dann die Ab weichung von
der senkrechten A blotung (90-Grad-Winkel) in G rad zu verstehen . Bei der Bestimmung der Wink elfehler wurd en aus nahel iegenden Gründen (vgl. Absch. 4.1) nur die Messungen im unb elaubten Zustand unt ersucht, bei der je der Punkt im Kron enraum
einwandfrei zu erk ennen war. Mi t Werten zwischen 1.1 und 4.5
Grad scheinen die Winkelfehler der einzelnen Meßpersonen nicht
allzu hoch zu liegen . Ein einfache s Rechenexempel verdeutlicht
jedoch die Auswirkungen dieser, absolut gese hen recht kleinen
Fehl er größen auf die Berechnung der Kronengrundfläche: Für
einen Baum mit einem mittleren Kronenradius von 4 m, einer
Kronenansatzhöhe von 15 m und einer tatsächlichen Kronengrundfläche (KRG ta t) von 50, 2 qm errechnen sich für eine n
Winkelfehler vo n einem bzw . fün f Grad folgende kleinste
(KRGmin) und größte (KRGmax) Kronengrundflächen :
Winkelfehler
Rmin
in m
Rmax
in m
KRGmin
in qm
in %
KRGmax
in%
in qm
KRGtat
1 Grad
5 Grad
3.74
2,69
4,26
5.31
43,9
22,7
88
45
KRGtat
57,0
88,6
114
177
Änder t man die angenommene Kronenansatzhöhe des Baumes
von 15 m auf 7,5 m oder 22,5 m, so ergeben sich bei Vorgabe der
Winkelfehler von einem bzw. fünf G rad in Abhängigkeit von der
Kronenansatzhöhe stark abw eichende Werte für die Kronengrundfläche :
FORSTARCHIV , 57. Jahrgang (1986)
69
4A Perso nenspenüscbe Abweich ungen
Winkel- Kronenfehler
ausatz
inm
Rmin
1 G rad
5 Gr ad
7.5
22.5
7.5
22.5
in m
Rmax
in m
KRGmax
KRGmin
in qm in % in qm in %
KRGtat
KRGtat
3.87
3.61
3.35
2.04
4.13
4.39
4.65
5.96
47. 1
40.9
35.3
13. 1
94
81
70
26
107
121
135
222
53.6
60.6
67.9
111.6
Der Fehler der err echneten Kronengrundfläche wird also bei
gleichem Winkelfehler und gleichem mittleren Kronenradius um
so größer, je höher der Kronenansatz ist. Befinden sich nun die
Kronenansätze innerhalb eines Bestandes in sehr unterschiedlichen Höhen (Abb. 1 und 2), so führt dies zu einer bedeutenden
Verzerrung der Werte zwischen den einzelnen Bäumen. Das
heißt, daß bei gleichen positiven (negativen) Winke lfehlern die
Kron engrundflächen großer Bäume mit entsprechen d hohen Kronen ansätzen stä rker übersc hätzt (unterschätzt) werden als die
Gru ndflächen niedrigerer Bäume und damit auch die Effektivität
de r Standraumausnutzung im Sozialgefüge eines Bestandes falsch
interpretiert wird.
"t;'f
Der Winkelfe hler allein ermöglicht noch keine Angabe darüber,
ob die Abw eichungen für einen A ufnebmer syste matisch zu kleine
oder zu große Kronengrundflächenwerte liefern . oder ob sich die
positiven un d die negativen A bweichungen nur zufällig ergeben.
Mit Hilfe des Ze ichente stes nach WILCO XON (in DIXO N, 1977)
lassen sich derartige , einseitig gerichtete Meßfehler leicht feststellen.
Interessanterweise waren nur bei der Auf nahme im unbelaubten
Zust and für den Großteil (72 Prozent) de r Meßper sonen systematische , statistisch signifika nte Fehler nachweisbar . Von insgesamt
]8 A ufneh mern loteten drei regelmäßig zu geringe Kronenradien
ab , zehn A ufnehmer ermittelten jeweils zu große Kronenradien .
S ei den fünf Personen, bei denen kein einseitig gerichteter Fehler
gefunde n wurd e , streue n die Werte für die Kronengrundflächen
dann auch nur wenig um den "wa hren" Wert, d. h. diese Aufnehmer loteten die Kronenradien aller Bäume mit relativ geringe n,
teils positiv, teils negativ gerichtete n Fehlern ab. Bei der Ablotung
im be laubten Zusta nd ergebe n sich nur in drei von zwölf Fällen
(d. h. bei 25 Prozent der Meßpe rsonen) statistisch nachweisbare
Einseitigkeiten in der Abwe ichung. Das im Vergleich zur Auf nah me im unbelaubten Zustand relativ seltene Auftrete n systematischer Fe hler größe n läßt sich hier durch die besondere Schwierigkeilen bei der A nspra che der teilweise überdeckt en Kronenbereiche erklä ren (vgl. Ab schn . 4.1).
Abbildun g 3 veranschau licht die Ergebnisse der Kronenradien ablotung des Untersuchungsbestandes im unbelaubten Zustand
beispielh aft für zwei Meßpersonen . Die beigefügte " wahre" Kronen karte (32-Rad ien-D achlot-Messung nach HUBER , ober e Darstellung) gestatt et de n Vergleich mit den tatsächlich herrschend en
Verhältn issen und verdeutlicht , daß die Ablotungen de r beiden
Meßpe rso nen die spezifischen Konkurre nzsituationen der Einzelbäu me n ur völlig unzu reichend wiedergebe n. Meßperson 1 lotete
bei fast allen Bäum en zu kleine Kronenr adien ab. Die Krone nkarte (mittlere Da rstellung) vermittelt deswegen den Eindruck
eines relativ geringen Gesamtübe rschirrnungsprozcntes. Meßpe rson 2 d agegen lotete jeweils zu große Kronenr adien ab. Die
Kron enk art e (untere Darstellung) täuscht starken Ko nkurrenzdruck und damit die Dr inglichkeit einer Pflegemaßnahme vor , um
den für Eic he wichtigen Kron enfreiraum wiede rherzustellen.
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Abb. 2: Eiche in Bildmitt e mit gleichmäßiger Krone und niedrigem Krone nansatz : Winkelfeh ler bei der Hochblick-Messung relativ gering .
70
FORSTARCHIV. 57. Jahrgang (1986)
5. Diskussion de r E rgebnisse
Die star ken Variationen der Bestande s- wie auch der EinzelbaumKronengrundflächen bei de r Ab lotung mit der HochblickMethode lassen dieses Verfa hren für eine ausreichend exakte
Herleitun g der Kron engrun dflächen als nicht geeignet erscheinen .
G enaue Vergleichsdaten . wie sie vor allem zur Einschätzung von
Kronenreakti onen auf Eingriffe In die Bestande sstruktu r oder zum
Nachweis von Kronenreaktionen auf verände rte Umwelteinflüsse
notwendi g sind , erfordern mehrere Aufnahmen desselben O bjektes über längere Beob achtun gsperioden hinweg. Will man etwa
de n Zeitrau m bis zum Er reichen des vollen Kronenschlusses nach
einer starken Hochdurchforstung ermitteln und fertigt deswegen
von de m Untersuchun gsbestan d eine Kronenk arte an. so kommt
man je nach subjektiver A nschätzung durch den Aufnehm er zu
völlig un tersch iedliche n Ergeb nissen : Lotet z. B. die mit der
Ersta ufnahme unmittelbar nach dem Durchforstungseingriff
betra ute Meßper son systemati sch die Kronenradien ab , de r Zweitau fnehmer je doch re gelm äßig zu groBe Wert e, so wird man fälschlicherweise auf eine sehr starke Kronenr eaktion schließen. Vertauscht man in dem Beispiel den Erst- und Zweitaufne hmer, so
wird man zur gegenteiligen Au ssage, also zur Feststellun g einer
äußerst la ngsamen Kron enreaktion kommen. Deswegen kann für
derart ige Fragestellun gen nur das objektive, jederzeit nachvollziehbare und von personenspezifischen Einflüssen weitgehend
freie Dachlot-Meßverfahren angewandt werden. Der Einsatz des
Hochb lick-V erfahre ns sollte aufgrund de r festgestellte n Fehler quellen auf einmalig zu erhebende Daten mit geringere n Ansprüchen an die Mindestgen auigke it beschränkt bleiben.
32- R-Kr onenkarte nach HUBER
ä- g-Kronenkar te, äessoerson 1
8-R-Kronenkarte, Nessoer son 2
Abb . 3: Kro nenkarten des Unter suchungsbestandes
Darstellung oben : 32-Radi en-Kronenkarte nach HUBER
Darstellung Mitte: 8· Radien-Kro ncnka rte, Meßper son 1
Dar stellu ng unte n: 8-Radien-Kronenkarte, Meßperson 2.
6. Zusammenfassung
In der vorliegenden Untersuchung wird die Genauigkeit von zwei
Meßvcrfahren (Dachlot- und Hochblick-Messung) bei der Ablotung von Kronenradien untersucht. Die Erhe bungen wurden in
einem zweischichtig aufgebauten Stieleichen-Hainbuchen-Mischbestand an den 48 Eichen des Oberstandes im unbeJaubten
Zustand sowie bei voller Belaubung durchgeführt. Je Baum wurden acht Kronenradien abgelotet . Der "wahre" Wert für die
Einzelbaum-Kronengru ndflächen ergab sich aus den Untersuchungen von HUB ER (1981).
Die Hochblick-Messun gen gestatten keine ausreichend genaue
Ermittlung der Kron engrundfl ächen . Die Variationskoeffizienten
für die Grundflächen der Einzel bäume liegen fast durchwegs bei
Werte n zwischen 50 und 100 Prozent. Dadurch kommt es zu
bedeutenden Verzerrungen bei der Bestimmung der Effektivität
der Standraumausnutzung einzelner Bestandesglieder . Auffallend
ist allerdings, daß die im belaubten Zust and gemessenen Werte
weniger streu en als die im unbel aubten Zustand erhobenen Daten.
Diese Zusammenhänge gelten für die Bestandeswerte in analoger
Weise.
Mit Hilfe des Zeichentestes nach WILCOXON konnte das Auftreten systematischer Fehler bei den einzelnen Meßperson en nachgewiesen werden. Allerdings waren solche Fehler nur bei der Aufnahme im unbelaubten Zustand feststellbar.
An gesichts der Bede utung der Kronengrun dfläche für die Beurt eilung der Standraumökonomie von Einzelbäumen und der Notwendigkeit einer möglichst exakten Erfassung bei der Analyse von
Veränd erungen der Kronenmerkm alsstruktur sollte die Anwendung eines zwar zeitaufwendigeren, aber wesentlich genauer en
Meßverfahrens selbstverständlich sein. Dabei kann nach den
Ergebnissen der vorliegenden Untersuchung nur ein Ablo tungsverfahren mit einem optischen Meßgerä t, wie z. B. dem Dachlot ,
empfohlen werden . De r Einsatz des Hochblick-Verfahren s sollte
aufgrund der zahlre ichen Fehlerquellen auf einmalig zu erhebende
Daten mit geringeren Ansprü chen an die Mindestgenaui gkeit
beschränkt bleiben .
Verwendete Abkünungen
Bhd:
Brusthöhe ndur chmesser
Bkl:
soziale Baumklasse nach KRAFT
Rmin:
kleinster gemessene r Radi us
Rrnax:
größte r gemessener Ra dius
KRG :
Kronen grundflä che
KlcGtar: tatsächliche Kron engrund fläche eines Baumes (" wahrer Wert" )
KRGmin: kleinste berechnete Kronengrundfläche eines Baumes
KRG max: grö ßte berechnete Krone ngrundfläche eines Baumes
ar. Mitt .: arithme tisches Mittel
Literatur
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Verf asser: D r. H einz RÖHLE, Lehrs tuh l für Waldwachstum skunde, Un iversität München, A melienstra ße 52, 8lXXl Münche n 40.
FORST ARCHIV, 57. Jahrgang (1986)
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