Werkstätten - ver.di | Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrt

Faktenblatt:
Werkstätten für Behinderte
Was sind eigentlich Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM)?
Wie viele Werkstätten gibt
es und wie viele Menschen
werden dort gefördert?
Wie groß sind WfbM ?
Wie sind WfbM entstanden ?
1
Werkstätten für behinderte Menschen sind Einrichtungen der
beruflichen Rehabilitation. Sie bieten Menschen mit geistigen,
körperlichen und seelischen Behinderungen oder psychischen
Erkrankungen die Möglichkeit zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Nach Möglichkeit sind die behinderten Menschen soweit zu
fördern, dass sie eine Tätigkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt
aufnehmen können. Das gelingt leider nur sehr selten.
WfbM gliedern sich in den Arbeitsbereich (AB) und den Berufsbildungsbereich (BBB). Letzterer hat die Aufgabe, behinderten
Menschen berufliche Bildung zu vermitteln und sie auf eine Tätigkeit in der WfbM oder dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorzubereiten. Der Berufsbildung ist ein dreimonatiges Eingangsverfahren vorgeschaltet. Während dieser Zeit werden Eignung,
berufliche Neigungen und Fähigkeiten festgestellt.
Bundesweit waren in 2012 rund 297.300 Menschen mit Behinderung in 682 Werkstätten beschäftigt. Die Zahl der Werkstätten ist dabei seit 2007 leicht zurückgegangen, während die
Zahl der betreuten Menschen mit Behinderung kontinuierlich
gestiegen ist.
Die Mindestgröße für die Anerkennung einer Werkstatt beträgt
60 Plätze. Die meisten Einrichtungen haben aber einige hundert Werkstattplätze, manche weit über tausend. Die größten
WfbM in NRW sind in kirchlicher Trägerschaft.
Entstanden sind die Werkstätten größtenteils in den fünfziger
und sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Zunächst als
„beschützende Werkstätten“. Vielfach auf Initiative von Eltern
behinderter Menschen, die für ihre Kinder eine Beschäftigung
und Tagesstruktur suchten. Vor allem bei den Lebenshilfen war
das eine typische Entwicklung.
Ein anderer Ursprung, vor allem bei kirchlichen Einrichtungen
waren „Arbeitstherapien“, die es lange vor Gründung der
Werkstätten gab.
Gesetzlicher Auftrag und
Finanzierung der Werkstätten
WfbM haben als Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation
einen gesetzlichen Auftrag, der sich aus der Werkstättenverordnung (WVO) zum Sozialgesetzbuch (SGB) IX ergibt.
Da es sich bei der beruflichen Eingliederung von Menschen mit
Behinderung um eine staatliche Aufgabe handelt, werden die
WfbM auch hauptsächlich aus öffentlichen Mitteln finanziert.
Das gilt sowohl für den Bau und die Ausstattung, als auch für
die laufenden Betriebskosten. Kostenträger sind für den Arbeitsbereich der WfbM die Landessozialämter, in NRW die beiden Landschaftsverbände. Für den Berufsbildungsbereich die
Agentur für Arbeit.
Bis Mitte der neunziger Jahre galt das sogenannte Selbstkostendeckungsprinzip. Danach wurden die tatsächlichen Kosten
der Werkstätten weitgehend ersetzt. Inzwischen müssen die
WfbM einen immer größeren Teil ihrer Kosten durch Produktion und Dienstleistung selbst erwirtschaften, was ihrem eigentlichen Zweck, der Förderung, entgegensteht.
Die Tagessätze für die Betreuung der behinderten Menschen
werden von den Werkstätten bzw. deren Spitzenverbänden mit
den jeweiligen Kostenträgern jährlich neu verhandelt.
Sie sind je Bundesland, Region und den verschiedenen Einrichtungsträgern teilweise unterschiedlich hoch. Tatsächlich kostendeckend sind sie wohl nirgendwo mehr. Deshalb geraten
die WfbM unter immer größeren Kostendruck.
Wer sind die
Werkstattträger?
Dies ist aufgrund unterschiedlicher Entwicklungen in den einzelnen Bundesländern und Regionen sehr unterschiedlich. Die
Träger mit den meisten Werkstätten und Einrichtungen sind die
Kirchen mit ihren Wohlfahrtsverbänden Diakonie und Caritas.
Als kirchliche Großeinrichtung sei hier beispielhaft nur Bethel
genannt.
Zu den großen Werkstattträgern gehört auch die Lebenshilfe,
die ebenfalls in allen Bundesländern vertreten ist. Ihre einzelnen
Ortsvereinigungen sind autonom. Es handelt sich bei der Lebenshilfe also nicht um eine zentral verwaltete Organisation.
Deshalb haben die Lebenshilfen auch unterschiedliche Satzungen und keine einheitlichen Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten.
Ferner gibt es Werkstätten der Arbeiterwohlfahrt, des Deutschen Roten Kreuzes, anthroposophischer Träger, und noch
wenige kommunale Werkstätten.
2
Welche Arbeitsfelder bieten
WfbM?
Das Spektrum reicht von der Produktion von Holzspielzeug,
früher der Klassiker, bis zu hochmodernen und komplexen Industriefertigungen z.B. für die Automobilindustrie. Daneben
finden sich die verschiedensten Dienstleistungen und Eigenprodukte.
Nähere Informationen zu den einzelnen Werkstätten kann man
unter www.rehadat.de finden. Dort gibt es die Möglichkeit,
sowohl Werkstätten, als auch deren Produktions- und Dienstleistungsangebote zu suchen.
Welche Berufe haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in WfbM?
Die größte Berufsgruppe sind die Fachkräfte zur Arbeits- und
Berufsförderung (FAB), die als Gruppenleiter oder Gruppenleiterin im Arbeitsbereich oder Berufsbildungsbereich die behinderten Menschen anleiten und fördern. Die Werkstättenverordnung sieht dafür einen Stellenschlüssel von 1:12 im Arbeitsbereich und 1:6 im Berufsbildungsbereich vor, der nur selten eingehalten wird.
Diese Fachkräfte sollen über eine sonderpädagogische Zusatzqualifikation (SPZ) verfügen, die sie zumeist im Laufe ihrer Beschäftigungsdauer berufsbegleitend erwerben.
Unterstützt werden die FAB von verschiedenen anderen Kräften. Das ist allerdings in den Werkstätten sehr unterschiedlich.
Die FAB verfügen in der Regel über eine abgeschlossene handwerkliche Ausbildung manche haben auch einen Meisterbrief.
Es gibt aber auch Erzieherinnen und Erzieher, Arbeitspädagoginnen und Arbeitspädagogen oder Heilerziehungspflegerinnen
und –pfleger in dieser Tätigkeit.
Ferner gibt es die Begleitenden Dienste, die in der Regel mit
Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen oder Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern besetzt sind.
Je nach Größe, Art und Angeboten der Werkstatt kommen
noch Sportlehrerinnen und Sportlehrer sowie verschiedene Therapieberufe (z. B. Ergotherapie, Logopädie, Heilpädagogik) hinzu.
In den Verwaltungen der Einrichtungen arbeiten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den gängigen Verwaltungsberufen.
3
Welche Berufsgruppen arbeiten in WfbM?
Die Vergütung der beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in WfbM ist sehr unterschiedlich. Die wenigsten
WfbM sind tarifgebunden. Wenn Tarifverträge gelten, ist es
meist der TVöD, vereinzelt gibt es auch Haustarifverträge. In
den Einrichtungen von Diakonie und Caritas gelten deren vereinbarte Regelungen.
Meist wird jedoch nur in Anlehnung an Tarifverträge oder nach
einzelvertraglichen Regelungen vergütet. Dadurch gibt es sehr
große Unterschiede zwischen den einzelnen Einrichtungen.
Alle Bemühungen, eine einheitliche tarifliche Regelung für alle
Beschäftigten in WfbM zu erreichen, waren bislang ohne Erfolg.
4
V.i.S.d.P.: ver.di Landesbezirk NRW, Fachbereich 3, Maria Tschaut, Karlstr. 123-127, 40210 Düsseldorf