Ausgabe 1/2015 - gruene

Ausgabe 1/2015
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Ortsverband Wasserburg am Inn
Liebe Wasserburgerinnen,
Liebe Wasserburger,
im Jahr 2015 haben wir Wasserburger Grünen allen Grund zum Feiern.
Bereits seit 25 Jahren sind wir nun schon im Wasserburger Stadtrat
vertreten. Grund genug für ein Interview mit dem ehemaligen Stadtrat
Edmund Ernst.
■ B 15 neu - eine Autobahn
ohne Bedarf
Außerdem gibt es seit nunmehr einem Jahr endlich eine eigene grüne
Fraktion im Rathaus. Unsere drei Stadträte haben alle Hände voll zu tun,
da die anderen Fraktionen gerade an den zukunftsrelevanten Themen nur
wenig Interesse zeigen
■ Parken soll neu geregelt
werden
In dieser Ausgabe der Grünen Zeiten finden Sie Berichte über unsere
Anträge zum T4-Gedenken und zu TTIP. Besonders wichtig sind uns auch
Bio-Mülltonne und Klärschlammverwertung, Parkgebühren und
Parkraumbewirtschaftungskonzept und das Klimaschutzkonzept der Stadt.
■ Das Ziel ist die
lebenswerte Stadt
Unsere politische Arbeit in Wasserburg geht aber weit über den Stadtrat
hinaus. Ob Kleidertauschmarkt, Earth Hour, Nationenfest, Infostände- und
Veranstaltungen oder gemeinsame Fahrten zur Demo gegen Rechts – wir
denken global und engagieren uns lokal!
Zum leider immer noch aktuellen Thema B15 neu lesen Sie einen
Gastbeitrag von Rosi Steinberger, Landtagsabgeordnete für die Fraktion
Bündnis90/Die Grünen.
Wenn auch Sie sich für grüne Ideen begeistern, dann kommen Sie doch zu
einem unserer monatlichen Treffen.
Aktuelle Neuigkeiten und Termine finden
Sie auch auf unserer Homepage:
www.gruene-wasserburg.de. Für Rückfragen und konstruktive Kritik haben wir
jederzeit ein offenes Ohr.
Mit freundlichen Grüßen
Steffi König
Sprecherin des Ortsvorstandes
■ Klimaschutz in
Wasserburg
■ Global denken - in
Wasserburg handeln
■ TTIP verwässert
Nachhaltigkeitsstandards
■ Vorerst kein Mahnmal
■ Interview mit Edmund
Ernst
B 15 neu - eine Autobahn ohne Bedarf
Gastbeitrag von MdL Rosi Steinberger
(rs) Ginge es nach dem Willen vieler Politiker in der Region,
dann käme die autobahnähnliche B 15 neu in die höchste
Kategorie des kommenden Bundesverkehrswegeplans BVWP.
Allerdings herrscht bei der Diskussion oft das St. FloriansPrinzip nach dem Motto: Eine Autobahn ja, aber nicht bei mir.
Diese Ansicht wird auch durch die Abstimmung im
bayerischen Landtag bestätigt: einen Dringlichkeitsantrag der
Grünen zum Stopp der B 15neu an der A 92 lehnten die
Abgeordneten aller anderen Fraktionen ab.
40 Jahre lang war diese Autobahn zwischen Regensburg und
Rosenheim Bestandteil des BVWP. Derzeit wird sie zwischen
Regensburg und Landshut gebaut. Obwohl schon über 30
Kilometer unter Verkehr sind, ist dort wenig los. Die B 15 neu
ist bisher eine Geisterautobahn. Bis 2019 erwartet man den
Anschluss an die A 92 bei Ohu. Von dort soll die Autobahn
auf jeden Fall über die Isar und mit einem Tunnel durch die
Isarhangleiten bis zur B 299 weiter geführt werden. Dieses
Teilstück wird als Ortsumfahrung von Landshut bezeichnet,
obwohl sie vierspurig werden soll.
Jeder weiß, dass eine Autobahn ausschließlich den überregionalen Verkehr aufnehmen wird. Deshalb befürchten wir,
dass die Bevölkerung einmal mehr in die Irre geführt wird. Ist
die Autobahn erst einmal um Landshut herum geführt, wird
sie so viel Verkehr anziehen, dass ein Weiterbau unumgänglich wird. Das nennt man Salamitaktik.
Wir hören auch immer weder das Argument: „Jetzt fangen wir
mal zu bauen an, und wenn wir dann an der B 299 angekommen sind, überlegen wir, wie es weiter gehen soll.“
Planloser geht´s nimmer. Und die Bevölkerung in der Region
muss es ausbaden!
Wie es ab der B 299 weitergeht, ist ungewiss. Innenminister
Hermann hat zwei gleichwertige Varianten angemeldet, die
beide nur noch dreispurig ausgeführt werden sollen.
Variante 1 orientiert sich an der alten Raumordnungstrasse
Richtung Süden. Die Kreuzung mit der A 94 liegt nun etwas
abgewandelt auf Höhe Schwindegg. Von dort geht es weiter
bis zur Umfahrung von Haag. Südlich davon gibt es derzeit
keine Planungen. Das kann sich aber jederzeit ändern, wenn
der Druck aus Norden zunimmt. Gleichzeitig sind dann wieder
alle möglichen Trassenvarianten im Spiel.
Variante 2 schließt den Bogen bis zur B 15 alt in Höhe der
Gemeinde Kumhausen und soll bei Hachelstuhl auf die B 15
alt auftreffen. Südlich davon sind dreistreifige OrtsumfahDie „Gemeinschaft der Betroffenen und
Gegner der Autobahntrasse
Regensburg Rosenheim (B15 neu) e.V.“
wurde bereits 1974 gegründet. Nähere
Infos und die Kontaktdaten der örtlichen
Bürgerinitiativen - darunter auch die
aus Wasserburg/Reitmehring, Edling,
Soyen und Ramerberg - gibt es auf der
Website: www.stop-b15-neu.de
Rosi Steinberger aus Kumhausen bei Landshut ist Gemeinde- und
Kreisrätin und seit 2013 Abgeordnete des Bayerischen Landtags.
In der Fraktion ist sie Sprecherin für Verbraucherschutz und
Tierschutz. Das Thema B 15 neu bearbeitet sie indes schon seit
vielen Jahren. Ihr Engagement führte sie dabei zuletzt auch oft
nach Wasserburg und Umgebung.
Mehr Infos unter www.rosi-steinberger.de
rungen von Taufkirchen, Dorfen und St. Wolfgang
angemeldet.
Nähere Infos und Karten gibt es auf der Seite der
Autobahndirektion Süd unter „Projekte/B 15 neu“.
Im Grunde war die B 15 neu immer als weiträumige
Umfahrung von München konzipiert. Diese Ansicht wurde
auch vom Bundesverkehrsministerium bestätigt. Für die
Mobilität in der Region wird unserer Ansicht nach diese
Autobahn nicht gebraucht. Im Gegenteil wird eine Fortführung
der Autobahn über die A 92 hinaus den Schwerlastverkehr aus
München abziehen und in unserer Region lenken.
Um den bereits vorhandenen Schwerlastverkehr aus den Orten
hinaus zu bekommen, wäre eine Bemautung der Bundesstraße
B 15 der beste Weg. Darüber hinaus können wir Grüne uns
mit punktuellen Überholstreifen an der bestehenden
Bundesstraße anfreunden.
Wir wollen unsere Heimat nicht kaputt machen lassen und
setzen uns ein für den Erhalt unserer Landschaft. Die
Landwirte sollen weiter ihre Flächen bewirtschaften können.
Eine Autobahn bringt Lärm und Abgase. Sie zerschneidet die
Region und versiegelt eine gigantische Fläche. Das wollen wir
unserer Region ersparen, und deshalb sind wir gegen die B 15
neu, hier und auch anderswo.
Parken soll neu geregelt werden
Mangels Reformwillen sind die Erfolgsaussichten fürs Parkraumbewirtschaftungskonzept jedoch nur mäßig
(cs) Der aktuelle Haushalt hat es gezeigt: die Stadt muss v.a.
ihre laufenden Kosten in den Griff bekommen. Einen großen
Einzelposten machen dabei die mehreren hunderttausend Euro
Unterhalt aus, die uns die beiden gebührenfreien Parkhäuser
jedes Jahr kosten. Sowohl heuer als auch in den kommenden
Jahren sind hier zudem größere Sanierungsmaßnahmen zu
erwarten, durch die sich die Belastung für den
Verwaltungshaushalt sogar der Millionengrenze nähert.
Weitere Ausbau- und Erweiterungsvorhaben wie die
Überdachung des Obergeschosses in der Kellerstraße oder ein
Anbau an der Überfuhrstraße sind dabei noch gar nicht
berücksichtigt.
Seit Jahren wird deshalb immer wieder die Einführung von
Benutzergebühren in den Parkhäusern diskutiert. Ebenso
regelmäßig wurde dieses Ansinnen bislang von der vereinigten
Autolobby empört zurückgewiesen. Doch die rapide
ansteigenden Fixkosten und der daraus resultierende
schwindende Handlungsspielraum der Stadt trotz
Steuereinnahmen in Rekordhöhe schienen hier endlich ein
Umdenken herbeigeführt zu haben.
Was viele nicht (mehr) wissen: es gibt sogar seit vielen Jahren
einen Grundsatzbeschluss, wonach zumindest von
Dauerparkern auch in den Parkhäusern Parkgebühren verlangt
werden sollten. Allerdings wurde dies bislang mangels einer
praktikablen Lösung nicht umgesetzt. So lange nämlich nur
ein kleiner Teil der Nutzer (nach derzeitiger Beschlusslage
also die Dauerparker und damit in erster Linie die Bewohner
der Altstadt) herangezogen werden soll, ist voraussichtlich der
technische oder personelle Aufwand höher als der zu
erwartende Erlös.
bzw. deren Interessensvertretungen (z.B. Wirtschaftsförderungsverband) und beinhaltet auch die zweifellos
notwendigen Maßnahmen zur Öffentlichkeitsarbeit. Ziel
unseres Antrages war es nicht nur, durch eine konsensfähige
Lösung zur nutzerfinanzierten Parkhausbewirtschaftung den
städtischen Haushalt zu entlasten, sondern im Idealfall auch
den Parksuchverkehr im Stadtgebiet zu reduzieren.
Schließlich können z.B. auch Parkleitsysteme und
Anwohnerparkausweise Teil eines umfassenden Parkraumbewirtschaftungskonzeptes sein.
Der Hauptausschuss hat nun unserem Ergänzungsantrag zwar
weitgehend entsprochen, allerdings zeigte sich bereits in der
Diskussion, dass die meisten Mitglieder des
Hauptausschusses und auch der Bürgermeister nach wie vor
davon ausgehen, dass ausschließlich die Langzeitparker zur
Kasse gebeten werden sollen. Wie bereits erwähnt ist dies
längst Beschlusslage, konnte aber mangels praktikabler
Lösung nicht umgesetzt werden.
Zudem ist geplant, das Parkkonzept zusammen mit einem
Gesamtverkehrskonzept für die Altstadt vom gleichen
Verkehrsplaner erarbeiten zu lassen. Es steht deshalb zu
befürchten, dass einmal mehr über lange Zeit viel geredet
wird - bevorzugt hinter verschlossenen Türen - und im
Anschluss wenig passiert.
Planungskosten für Verkehrs- und Parkkonzepte sind sinnvoll
investiertes Geld, so lange ein echter Reformwille vorhanden
ist. Wenn man sich aber nicht von dem Dogma löst, dass allen
Auswärtigen in Wasserburg die große Kostenfreiheit beim
Parken zuteil werden muss, sind die Erfolgsaussichten für
das Parkraumkonzept von Beginn an eher trübe.
Unser Grüner Standpunkt ist seit Jahren, dass durch die
Erhebung von Parkhausgebühren zumindest ein wesentlicher
Teil des Unterhalts erwirtschaftet werden soll, ohne die Nutzer
zu überlasten. Deshalb sollen möglichst alle Parkhausnutzer
ihren Teil dazu beitragen müssen.
Bei der Einführung von Parkhausgebühren sind aber noch
andere Faktoren zu berücksichtigen: Wie kann eine sozial
verträgliche Lösung für Anwohner und Einpendler aussehen?
Welche Auswirkungen sind auf den Parksuchverkehr und den
Parkdruck im restlichen Altstadtgebiet zu erwarten? Werden
Konflikte der verschiedenen Nutzergruppen (Anwohner,
Geschäftsleute, Einpendler, Kunden, Touristen) dadurch
verschärft?
Als Ergänzung zu einem Antrag der SPD-Fraktion, der die
"Prüfung und Erhebung von Parkgebühren in den beiden
Parkhäusern" zum Ziel hat, haben wir als Grüne Fraktion
deshalb den Antrag gestellt, dass die Stadt ein
Parkraumbewirtschaftungskonzept in Auftrag gibt. Ein solches
beginnt mit einer detaillierten Bestandsaufnahme, u.a. mit der
Erhebung des Bestands, der derzeitigen Auslastung und der
Anforderungen der Benutzer sowie einer Analyse der
bestehenden Zielkonflikte und ermittelt dann in einem zweiten
Schritt den Bedarf. Die Erarbeitung des individuellen
Parkraumbewirtschaftungskonzeptes erfolgt dann möglichst
unter Einbeziehung der Benutzergruppen (Bürgerbeteiligung)
Ein seit Jahrzehnten vertrautes Bild (nicht nur) in Wasserburg:
Parkdruck versus Aufenthaltsqualität
Das Ziel ist die lebenswerte Stadt
Was bedeutet der Trend zu mehr Urbanität für eine Kleinstadt im ländlichen Raum?
(cs) Die zunehmende Bedeutung der Stadt als Lebensraum
lässt sich an einem Wert ganz deutlich ablesen: während noch
im Jahr 1800 nur rund ein Fünftel der Deutschen in Städten
und vier Fünftel auf dem Land wohnten, hat sich dieses
Verhältnis mittlerweile mehr als umgekehrt. Dies ist eine
Entwicklung, die sich grundsätzlich in allen Industrienationen
zeigt.
Die Vorstellungen der Menschen hinsichtlich einer
"lebenswerten Stadt" gehen nicht zuletzt aufgrund
unterschiedlicher
Gewohnheiten,
Ansprüche
und
Erfahrungswerte weit auseinander. Dennoch gibt es ein paar
grundsätzliche Faktoren, die den "Lebenswert" einer Stadt
erheblich beeinflussen: die Stadt sollte sozial, lebendig, sicher
und gesund sein.
Konsequenterweise werden die Lebensbedingungen in Städten
in den letzten Jahren verstärkt zum Gegenstand kritischer
Auseinandersetzungen. Meist wird diese Diskussion eher
scherenschnittartig geführt: die wachsenden Großstädte und
ihre Speckgürtel auf der einen Seite, der darbende und
schrumpfende ländliche Raum auf der anderen.
Eine soziale Stadt ist eine, in der menschliche Bindungen eine
große Rolle spielen. Menschliche Bindungen entstehen aus
Bekanntschaften, diese wiederum in der Regel aus zufälligen
Begegnungen. Eine soziale Stadt aus baulicher Sicht muss
diese zufälligen Begegnungen erleichtern, indem sie die
Menschen aus ihren Häusern lockt, auf Plätze, die durch eine
hohe Aufenthaltsqualität und eine Vielzahl an Reizen zum
Verweilen einladen. Die verlockendste Einladung hierzu sind
wiederum andere Menschen, die man bei ihrem Tun
beobachten kann. Die Belebtheit eines Platzes ist somit ein
sich selbst verstärkender Prozess. Dagegen gibt es kaum ein
mühseligeres Geschäft, als verwaiste, menschenleere Orte zu
neuem Leben zu erwecken.
Teilweise entsteht gar der Eindruck, dass Klein- und
Mittelstädte in diesen Betrachtungen überhaupt keine Rolle
spielen. Dabei lebt die überwiegende Mehrheit der Deutschen
(Stand 2012: 61%) in eben jenen Städten zwischen 5.000 und
100.000 Einwohnern und/oder arbeitet in einer solchen
(55,6%).
Während die Großstädte sich in den kommenden Jahren
durchwegs auf weiteres Wachstum einstellen können, werden
die Entwicklungen der Klein- und Mittelstädte regional höchst
unterschiedlich erwartet. Für Wasserburg und sein ländlich
geprägtes Umland wird bis 2030 ein sehr gemäßigtes
Wachstum vorausgesagt. Der für den Landkreis Rosenheim
prognostizierte stärkere Anstieg wird wohl mit allen Vorteilen
aber auch Risiken überwiegend in den schon länger stark
prosperierenden Mangfalltal-Gemeinden stattfinden.
Wie es aussieht werden wir in Wasserburg also von beiden
Extremen verschont: weder muss man sich Gedanken über
einen möglichst planvollen Schrumpfungsprozess machen,
noch gilt es, im Eilverfahren möglichst viele neue
Wohngebiete auszuweisen.
Dennoch sollte dies nicht dazu verleiten, die Hände untätig in
den Schoß zu legen. Denn der demographische Wandel mit
seinen sich ändernden Ansprüchen an das Wohnumfeld macht
auch vor Wasserburg nicht Halt. Zudem bietet das erwartet
geringe Wachstum die Möglichkeit, das Augenmerk weniger
auf eine quantitative als vielmehr eine qualitative
Weiterentwicklung der Stadt zu legen.
Der eingangs erwähnte Trend zur Verstädterung in den
Industrienationen hat auch die Lebensqualität in den Städten
stärker in den Fokus gerückt. Regelmäßig werden Hitlisten
der lebenswertesten Städte veröffentlicht. Zwar werden diese
nach höchst unterschiedlichen Kriterien und Systematiken
ermittelt - allesamt werden sie aber von Städten angeführt, die
in den vergangenen Jahren einen Paradigmenwechsel in der
Stadtplanung
vollzogen
haben:
weg
von
der
"Straßenverkehrsplanung mit begleitender Wohnbebauung",
wie sie seit dem Siegeszug des Autos in den Industrienationen
leider üblich war und in den meisten Fällen immer noch ist.
Statt dessen zurück zum eigentlichen Grundgedanken des
Systems Stadt durch die Wiederentdeckung der Urbanität als
das Zusammenleben und -arbeiten vielschichtiger sozialer und
wirtschaftlicher Milieus auf vergleichsweise engem Raum.
Der Lebendigkeit der Stadt abträglich ist es aber auch, wenn
das persönliche Sicherheitsempfinden leidet. Dies ist der Fall,
wenn schwächere Verkehrsteilnehmer aufgrund des zu
massiven Autoverkehrs Straßen meiden müssen oder wenn
Eltern ihre Kinder keine Sekunde unbeaufsichtigt lassen
dürfen - so wie dies in Wasserburg leider sogar in den
vermeintlich "verkehrsberuhigten Zonen" der Fall ist. Aber
auch die ungeklärte Serie von Wohnungs- und
Geschäftseinbrüchen der letzten Zeit sowie die nächtlichen
Ruhestörungen und der damit einhergehende Vandalismus
durch rücksichtslose Nachtschwärmer wirken sich negativ auf
das individuelle Sicherheitsempfinden und damit den
Lebenswert unserer Stadt aus.
Dies alles hat aber auch Auswirkungen auf die Gesundheit der
Stadtbewohner. Opfer von Einbrüchen und Diebstählen leiden
unter den psychischen Folgen meist stärker als unter dem rein
materiellen Verlust. Die größte Gesundheitsgefahr droht dem
Stadtbewohner aber durch den Lärm. Folgen einer dauernden
Lärmbelastung können Schlaflosigkeit oder auch HerzKreislauferkrankungen sein. Zwar gibt es sicher in größeren
Städten noch stärker vom Verkehrslärm betroffene Bereiche,
"Jammern auf hohem Niveau" ist der Hinweis auf
gesundheitliche Risiken aber dennoch nicht, denn gerade in
der Altstadt macht sich das Fehlen von Erholungsphasen
bemerkbar: tagsüber der Berufs- und Lieferverkehr, nachts der
Lärm einiger Unverbesserlicher und an den Wochenenden das
große Bikertreffen. Flapsige Hinweise, dass wer dies nicht
aushalte dann eben aufs Land ziehen müsse, helfen dabei in
der Sache nicht weiter. Zum einen ist die Landschaft in den
Umlandgemeinden zersiedelt genug, zum anderen ist jeder,
der die Stadt verlässt für die Einzelhändler und Gastronomen
der Altstadt entweder als Kunde verloren oder trägt zu noch
mehr Verkehrslärm und Parkraummangel bei. Schließlich wird
die Stadt dann künftig verstärkt mit dem Auto aufgesucht
werden. Außerdem verlangt der demographische Wandel die
Hinwendung zu kompakten Mischnutzungen und damit kurzen
fußläufigen Entfernungen.
So lange viel zu viele Bewohner und Besucher der Stadt
gefühlt oder tatsächlich auf den motorisierten
Individualverkehr (MIV) angewiesen sind, besteht also
zumindest zwischen den Ansprüchen der "lebendigen Stadt"
einerseits und der "sozialen, sicheren und gesunden Stadt"
andererseits zunächst ein Widerspruch.
Um diesen aufzulösen, ist es notwendig, die nachhaltigen und
schonenden Verkehrsarten des Umweltverbundes (ÖPNV,
Fahrrad- und Fußgängerverkehr) systematisch weiter zu
stärken. Dazu muss diesen notfalls auch Vorrang vor den
Belangen des MIV eingeräumt werden. Der Siegeszug der
E-Bikes und Pedelecs relativiert nicht nur die
fahrradunfreundliche Topographie der Stadt, sondern macht
Radfahren generell auch für einen größeren Personenkreis
attraktiv. Woran es noch fehlt, ist die entsprechende
flächendeckende Infrastruktur. Beim Stadtbus und den
Zugverbindungen ab Reitmehring gab es zuletzt spürbare
Verbesserungen. Wir hoffen, das hier das Ende der
Entwicklung noch nicht erreicht ist und kämpfen weiter auch
für die Wiederinbetriebnahme der Altstadtstrecke. Eine
wichtige Ergänzung zu den genannten sanften Verkehrsarten
leisten Carsharing-Angebote. Hier entwickeln sich die privat
initiierten Wasserburger Autoteiler zwar langsam aber doch
stetig weiter.
Neben dieser Umorientierung bei der Befriedigung der
Mobilitätsbedürfnisse müssen jedoch auch in den Stadtviertel
außerhalb der Altstadt attraktive Treffpunkte und
Möglichkeiten für die Erledigungen alltäglicher Besorgungen
geschaffen werden.
Der entscheidende Faktor für ein buntes und vielfältiges
Wasserburg ist aber nicht zuletzt, dass sich ein jeder leisten
kann, hier zu wohnen. Nicht nur im sozialen Bereich, einem
der größten Faktoren im hiesigen Arbeitsmarkt, ist die
Bezahlung überschaubar und der Anteil der Teilzeitstellen
hoch. Der Erhalt und die Schaffung von Wohnraum im
mittleren und unteren Preissegment ist damit vordringliche
Aufgabe für die Stadt, die im Wohnungsmarkt durchaus eine
noch aktivere Rolle spielen könnte.
Klimaschutz in Wasserburg
Große Chancen, ernüchternde Zwischenbilanz
(ah) 2015 wird Klimaschutz weltweit wieder stärker ins
Interesse der Öffentlichkeit rücken. In Paris findet Ende des
Jahres die 21. UN-Klimakonferenz statt. Dort soll ein neues
Abkommen mit verbindlichen Klimazielen für 194 Staaten
vereinbart werden. Diese Konferenz gilt als entscheidend für
die Zukunft des weltweiten Klimas. Es ist klar, dass die
Nutzung fossiler Energien wie Kohle, Öl, und Erdgas sehr
stark reduziert werden muss, um unseren Kindern und Enkeln
eine bewohnbare Erde übergeben zu können.
Was bedeutet das für Wasserburg? Große Herausforderungen,
aber auch große Chancen für die weitere Entwicklung unserer
Stadt, meinen wir Wasserburger Grünen.
Investitionen in Energieeinsparung und regenerative
Energieerzeugung eröffnen z.B. die Möglichkeit, gleichzeitig
neue qualifizierte Arbeitsplätze in Wasserburg zu schaffen,
die regionale Wirtschaft zu stärken und die Klimaschutzziele
zu erreichen.
Dank eigener Stadtwerke haben wir in Wasserburg auch noch
beste Voraussetzungen, die Energiewende selbst zu gestalten.
Von den Grünen initiiert, gibt es in Wasserburg bereits seit
2008 einen Klimaschutzbeschluss. Er sieht er eine
Verringerung der Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 %
und bis 2050 um 80 % vor (Bezugsjahr: 1990).
Zur Umsetzung der Klimaschutzziele wurde in Wasserburg
ein Arbeitskreis eingerichtet (Energiedialog Wasserburg 2050)
und ein Klimaschutzkonzept erstellt. Seit zwei Jahren hat die
Stadt sogar einen eigenen Klimaschutzmanager.
Unklar war bisher jedoch, wie sich der CO2-Ausstoß in
Wasserburg tatsächlich entwickelt hat. Bürgermeister und
große Teile des Stadtrats fühlten sich als Vorreiter beim
Klimaschutz, die wenigen vorhandenen Zahlen sprachen aber
klar gegen eine Führungsrolle Wasserburgs. Erneut waren es
die Wasserburger Grünen, die die Erstellung einer CO2Zwischenbilanz für Wasserburg anstießen.
Diese Bilanz wurde für das Jahr 2013 erstellt und fiel
ernüchternd aus. Wasserburg hat mit 25 Tonnen CO2 pro
Einwohner und Jahr einen weit überdurchschnittlichen
CO2-Ausstoß. Mehr als doppelt so viel CO2 wie ein
Durchschnittsdeutscher und dreimal so viel wie ein Durchschnittsbayer gehen auf das Konto von uns Wasserburgern.
Auch bei der bisher erreichten Verringerung der Emissionen
sieht es mager aus. Nur um etwa 10 % sanken die Wasserburger CO2-Emissionen seit 1990 (Deutschland: - 23 %).
Es gibt also noch sehr viel zu tun in Wasserburg. Das Ziel für
2020 wird nur zu erreichen sein, wenn Bürgermeister und
Stadtrat schnell umdenken und die Prioritätensetzung
konsequent ändern. Nur mit einer geänderten Energie- und
Verkehrspolitik wird eine schnelle und deutliche Reduzierung
des CO2-Ausstoßes möglich sein.
Global denken, in Wasserburg handeln
Grüne Anträge zu Bioabfall, Torf und Klärschlamm im UN-Jahr des Bodens
(ah) Bodenschutz, Klimaschutz, Kreislaufwirtschaft und Erhalt
von Mooren. Große Themen, die meist im globalen Rahmen
diskutiert werden. 2015 ist das UN-Jahr des Bodens,
Klimawandel ist einer der Megatrends in der Welt des 21.
Jahrhunderts, mehr Kreislaufwirtschaft ist Ziel in der EU.
Aber was hat das mit Wasserburg zu tun? Und können wir vor
Ort hier irgendetwas bewegen? Wir meinen ja und sehen in
Wasserburg gute Chancen, unseren Beitrag zu leisten. Deshalb
haben wir drei Anträge zu den Themen Bioabfall, Klärschlamm und torffreies Wirtschaften gestellt.
Wasserburger Bioabfall, also Küchenabfälle und Grünabfälle
aus Gärten landen bisher zum größten Teil in einer
Müllverbrennungsanlage. Da gehören sie aber nicht hin, denn
sie enthalten mit Phosphat einen knappen Rohstoff und können
bei geeigneter Behandlung Energie und wertvollen Kompost
liefern. Der erhaltene Kompost enthält sehr wenige
Schadstoffe und kann sogar in Biobetrieben verwendet
werden.
Andersherum schaut es beim Klärschlamm aus der
Wasserburger Kläranlage aus. Dieser landet bisher zum Teil
auf unseren Äckern, obwohl er dort nicht hingehört.
Klärschlamm enthält erhebliche Mengen an Schadstoffen wie
Schwermetalle, Medikamentenrückstände, Textilchemikalien
und Mikroplastik. Aus Gründen des vorsorgenden
Bodenschutzes sollte Wasserburger Klärschlamm daher nicht
mehr zur landwirtschaftlichen Verwertung abgegeben werden.
Es gibt bereits Techniken, um Schadstoffe aus dem
Klärschlamm zu entfernen, Phosphat zurückzugewinnen und
wieder als Dünger einzusetzen.
Auf die Verwendung von Torf kann in den allermeisten Fällen
problemlos verzichtet werden, ein Gärtnern ohne Torf ist
möglich. Durch Verzicht auf Torf werden Moorgebiete in
Deutschland und Europa geschont. Moore sind bedeutende
CO2-Speicher und tragen wesentlich zur Erhaltung der
Artenvielfalt bei.
Im Zuständigkeitsbereich der Stadt Wasserburg sollte daher
auf den Einsatz von Torf so weit wie möglich verzichtet
werden und auch nur torffreie Produkte beschafft werden.
Zusätzlich sollten die Wasserburger über die Möglichkeiten
des Gärtnerns ohne Torf informiert werden, z.B. über die
Wasserburger Heimatnachrichten.
Möglichkeiten, vor Ort einen Beitrag zu Klimaschutz,
Bodenschutz und Erhaltung der Artenvielfalt zu leisten, gibt
es also genug. Den erforderlichen Willen dazu muss der
Stadtrat dann allerdings auch noch aufbringen. Das gelang
zumindest teilweise.
Unsere Anträge zu Klärschlammverwertung und Torfverzicht
fanden im Umweltausschuss eine Mehrheit, hier geht es also
voran. Die zügige Einführung einer Biotonne wurde mit
knapper rot-schwarzer Mehrheit verhindert. Wenn überhaupt,
wird Wasserburg eine Biotonne daher als eine der letzten
Städte in Bayern einführen. Schade, meinen wir! Hier werden
ohne Not Chancen für eine zukunftsfähige Entwicklung und
der Einstieg in eine regionale Kreislaufwirtschaft vertan.
TTIP verwässert Nachhaltigkeitsstandards
Wasserburger Grüne beteiligen sich am weltweiten Aktionstag gegen Abkommen
(kh) Am 18. April 2015 war es wieder so weit – der weltweite
Aktionstag gegen TTIP (geplantes Freihandelsabkommen
zwischen Europa und den USA) hat stattgefunden. Die
Wasserburger Grünen haben sich auch dieses Jahr mit einem
Infostand in der Hofstatt und dem Sammeln von
Unterschriften gegen TTIP (europäische Bürgerinitiative
„STOP TTIP“) daran beteiligt. Die große Mehrheit der
Bevölkerung will die Freihandelsabkommen TTIP, CETA
und TISA nicht – und das aus gutem Grund.
Durch ein Freihandelsabkommen soll der weltweite Handel
erleichtert, Standards und Rechtsvorschriften gegenseitig
anerkannt und angeglichen werden - aber warum finden die
Verhandlungen hinter verschlossenen Türen statt? Es gibt
berechtigte Befürchtungen, dass durch TTIP unsere Umwelt-,
Verbraucher-, Sozial- und Datenschutzstandards gesenkt
werden. Vor allem in sensiblen Bereichen wie Wasser- oder
Energieversorgung kann das zu großen Problemen führen –
man denke nur an die Bestrebungen, die Wasserversorgung
zu Privatisieren. Außerdem droht die Einführung von
Investor-Staat-Schiedsgerichtsverfahren und damit die
Gefahr, dass Unternehmen in Zukunft unseren Rechtsstaat
unterlaufen können. Es soll nämlich Sonderklagerechte für
Unternehmen geben, sodass ein Investor entgangene
Gewinne – beispielsweise durch Umweltschutzgesetze – vor
einem privaten Schiedsgericht (nichtöffentlich!) einklagen und
hierbei Schadensersatz vom betreffenden Staat fordern kann.
Der zu leistende Schadensersatz geht dann natürlich zu Lasten
der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Ein weiterer wichtiger
Punkt: Wenn TTIP einmal beschlossen ist, gibt es kaum noch
einen Weg zurück. Bei jeder Vertragsänderung müssten alle
Vertragspartner zustimmen. Fazit für die Grünen in
Wasserburg: Weltweiter Handel darf nicht auf Kosten sozialer
Standards und unserer Umwelt gehen.
Wer nicht bei uns am Infostand war und noch gegen TTIP
unterschreiben möchte bzw. noch Informationen benötigt,
erhält diese unter: www.ttip-unfairhandelbar.de oder
www.stop-ttip-muenchen.de.
Vorerst kein Mahnmal
Bis auf Weiteres bleiben die Wasserburger Opfer der NS-Euthanasiemorde weiter anonym
(sk) In den letzten Wochen und Monaten sind die Medien voll
von Berichten über traurige Jahrestage aus den Zeiten der
nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.
Auch in Wasserburgs Geschichte findet sich ein dunkles
Kapitel aus dieser Zeit, über das nicht gern gesprochen wird
und von dem die wenigsten von uns etwas wissen.
In den Jahren 1940 und 1941 wurden mehr als 900 Patienten
und Bewohner der Einrichtungen in Gabersee und Attel im
Rahmen der sogenannten T4-Aktion ermordet. Am 7. November 2015 jährt sich der Beginn dieser Euthanasiemorde zum
75. mal.
Diese Euthanasiemorde sind ein in Wasserburg beispielloses
Verbrechen. Innerhalb weniger Monate wurde mehr als ein
Fünftel der Bevölkerung im heutigen Stadtgebiet umgebracht.
Die meisten Opfer wurden in Schloss Hartheim bei Linz durch
Ersticken mit Kohlenmonoxid ermordet, andere ließ man
durch gezielten Nahrungsentzug verhungern. Die Angehörigen
der Opfer wurden über die Ursachen und den Ort des Todes
systematisch getäuscht, die Krankenakten sollten vernichtet
werden um die Umstände zu vertuschen.
Die Nationalsozialisten hielten diese Menschen nicht nur für
„lebensunwert“ - sie wollten ihre Opfer darüber hinaus nach
der Ermordung in der Anonymität verschwinden lassen und
sie ihrer Identität berauben. Bisher gibt es über die
Vorgeschichte und den Ablauf der T4-Aktion in Wasserburg
keine wissenschaftliche Dokumentation, die die Vorgänge in
Gabersee und Attel in ihrer Gesamtheit darstellt. Die
vorhandenen Dokumente beleuchten nur Teilaspekte bzw.
blieben bisher unveröffentlicht. Fast gänzlich unbekannt sind
bis heute die Namen der Wasserburger Opfer der
Euthanasiemorde.
Laut dem NS-Dokumentationzentrum München ist für die
Angehörigen der Opfer aber gerade die öffentliche
Namensnennung für die Aufarbeitung der traurigen
Familiengeschichte von enormer Wichtigkeit.
Unsere grüne Stadtratsfraktion beantragte daher die Erstellung
einer umfassenden wissenschaftlichen Dokumentation, um die
Vorgeschichte, den Ablauf und die Zusammenhänge der
T4-Aktion in Wasserburg zu ermitteln, verständlich
darzustellen und so vielen Opfern wie möglich ihre Namen
zurückzugeben.
Außerdem sollte ein Mahnmal mit den Namen aller Opfer an
einem öffentlichen und zentralen Ort errichtet werden, um das
Wissen um dieses schreckliche Verbrechen dauerhaft im
Gedächtnis aller Wasserburgerinnen und Wasserburger zu
halten. Die Vorstellung der Dokumentation der
Euthanasiemorde und des Mahnmals hätte nach unserem
Wunsch im Rahmen einer würdigen Gedenkveranstaltung zum
75. Jahrestag erfolgen sollen.
Schloss Hartheim bei Linz ist heute Lern- und Gedenkort.
Mehr Infos unter www.schloss-hartheim.at
Hier wird heuer noch auch die Stadt Wasserburg mit einer
Gedenktafel an ihre ermordeten Bürger erinnern.
Unser Antrag wurde von den anderen Fraktionen des
Stadtrates wohlwollend aufgenommen und gelobt, aber leider
in seiner ursprünglichen Form dann letztlich doch abgelehnt.
Zwar soll die von uns ebenfalls beantragte Gedenktafel im
Innenhof von Schloß Hartheim durch die Stadt noch in
diesem Jahr angebracht werden.
Die wissenschaftliche Aufarbeitung soll aber nun statt durch
die Stadt durch den Bezirk erfolgen, wofür ein Zeitrahmen
von etwa zwei Jahren anberaumt wird. Erst danach, so der
mehrheitliche Beschluss, wird sich der Stadtrat mit der
Gestaltung des Denkmales und dem Erinnerungsort
beschäftigen. Bis zum Jahrestag am 7. November 2015 sei
für die Dokumentation und die Gestaltung des Mahnmals die
Zeit zu knapp bemessen.
Uns Wasserburger Grünen ist es sehr wichtig, dass dieses
grausame Verbrechen nicht in Vergessenheit gerät und dass
den Opfern nach so langer Zeit endlich ihre Namen zurück
gegeben werden. Wir werden den Prozess kritisch begleiten
und uns weiterhin dafür einsetzen, dass die Aufarbeitung und
Dokumentation zügig erfolgen und baldmöglichst die
Planungen für ein Mahnmal begonnen werden.
Im Herbst ist zudem eine Veranstaltung mit Mitarbeitern des
NS-Dokumentationszentrum München zu diesem traurigen
Thema geplant.
Impressum:
„Grüne Zeiten“ ist das Mitteilungsblatt des Wasserburger Ortsverbandes von Bündnis 90/Die Grünen.
Mitarbeiter dieser Ausgabe: Christian Stadler (cs), Alexander Hartung (ah), Steffi König (sk), Katharina Hausmann (kh),
Rosi Steinberger (rs) / Fotos: Rosi Steinberger, Christian Stadler
V.i.S.d.P.: Bündnis 90/Die Grünen, OV Wasserburg, c/o Christian Stadler, Marienplatz 25, 83512 Wasserburg
Die Stadt braucht wieder einen Biergarten
Interview mit Edmund Ernst, der 1990 als erster Grüner Wasserburger Stadtrat vereidigt wurde
(cs) Edmund, mit welchem Gefühl bist du damals in
deine erste Stadtratssitzung gegangen?
Einerseits war es schon ein etwas flaues Gefühl. Auf der
anderen Seite war ich durchaus auch ein wenig stolz,
schließlich gab es damals bayernweit noch nicht ganz so
viele Grüne Stadt- und Gemeinderäte. Da war das schon
noch etwas Besonderes. Die Kollegen aus der damaligen
Ausschussgemeinschaft,
bestehend
aus
SPD,
Bürgerforum und eben mir als Grünem, haben mir die
Einarbeitung aber sehr erleichtert.
Der Stadtrat war ja damals noch deutlich
"schwärzer"...
CSU, Wasserburger Block und Freie Wähler hatten
damals noch ungefähr eine 2/3-Mehrheit. Die haben mich
als Exoten damals zu Beginn auch gar nicht richtig ernst
genommen. Wobei: eigentlich haben die die ganze
Ausschussgemeinschaft nicht ernst genommen. Mit der
Zeit hat sich aber gezeigt, dass es aber z.B. gerade mit
dem Block auch inhaltliche Gemeinsamkeiten gab. Vor
allem natürlich mit dem Joe Prantl. Aber auch der
Bürgermeister, Dr. Martin Geiger, war bei Umweltthemen manchmal doch recht offen. Insgesamt war ich
als Grüner aber natürlich doch deutlich visionärer.
Mit welchen Themen habt ihr euch damals
auseinandergesetzt?
Der Verkehr in der Altstadt war damals wie heute ein
Dauerbrenner. Da wird man sicher niemals eine Lösung
finden, mit der alle zufrieden sind. Trotzdem sollte
natürlich mehr Verkehrsberuhigung möglich sein. Auch
die Abfallthematik war damals recht groß, schließlich
stand da gerade das Volksbegehren zum besseren
Müllkonzept an. Wobei das einer der Punkte ist, wo die
Stadt im Rahmen ihrer Handlungsmöglichkeiten
durchaus eine Vorreiterrolle eingenommen hat. Mein
erster Antrag forderte dann die Entfernung einer Kachel
mit antisemitischem Motiv am Kachelofen in der
Ratsstube. Die ist leider auch heute noch da.
Eine Parallele zur letzten Kommunalwahl war, dass
die Grünen auch 1990 als einzige einen
Gegenkandidaten für das Bürgermeisteramt
aufgestellt haben.
Der Didi Maier war damals in der Jugendinitiative sehr
aktiv. Nachdem der Jugendtreff in Reitmehring
geschlossen wurde, wollten wir unbedingt wieder ein
Jugendzentrum in Wasserburg haben. Dem Dr. Geiger
waren wir damit wohl eher lästig, der sah vor allem den
Ärger, den er mit einem Juz hätte haben können. Davon
abgesehen hätten wir es aber auch schlicht undemokratisch gefunden, wenn es keinen Gegenkandidaten
gegeben hätte. Der Didi hat seine Sache im Wahlkampf
Edmund Ernst war von 1990 bis 1998 Stadtrat in Wasserburg.
Heute lebt und braut er in Schnaitsee.
wirklich sehr gut gemacht. Das Ergebnis von immerhin
27% war dafür ein gerechter Lohn, aber durchaus auch
ein Denkzettel für den Amtsinhaber.
Dein Markenzeichen
Leichenwagen.
war
damals
der
alte
Da musste ich mir oft anhören, wie unökologisch der
gewesen wäre. Ich sehe das so, dass der durch seine lange
Lebensdauer mindestens den Bau von 2 Neuwagen
überflüssig gemacht hat. Ich habe den mit 600.000
Kilometern weiterverkauft und der fährt heute noch rum.
Verbraucht hat der 6 Liter Diesel - da gibt es weitaus
schlimmere CO2-Schleudern.
Nach acht Jahren im Stadtrat bist du nach Schnaitsee
gezogen, wo du heute mit Freunden eine Brauerei
(Baderbräu) führst. Juckt die Kommunalpolitik
manchmal noch?
Ab und zu durchaus. Ich bin ein Emotionsmensch und
wenn mich was ärgert, dann überkommt mich manchmal
schon das Gefühl, da müsste man sich doch wieder
einbringen und engagieren. Bislang ist es aber noch nicht
dazu gekommen.
Wärst du heute noch Wasserburger: was wäre dein
Wunsch an den Stadtrat?
Dass die Stadt lebendig bleibt. Vor allem finde ich, die
Stadt braucht unbedingt wieder einen richtigen
Biergarten. Am besten wieder mitten in der Altstadt oder
zumindest in der Nähe, so wie früher mal das Blaufeld.