Der Newsletter für lebendige Trauer /// April 2015 Tut Wut gut? Eine Frage, die man weder mit Ja noch mit Nein beantworten kann. Wut ist eine menschliche Emotion und oft taucht sie auch in der Trauerzeit in uns auf. Dann bekommt man vielleicht einen Schreck und möchte sie schnellstmöglich loswerden. Doch Wut kann durchaus da sein, auch auf einen geliebten Verstorbenen. „Wie konntest Du mich nur hier alleine lassen?“ „Warum hast Du mir so ein Leid angetan?“ Oder die Wut richtet sich an eine unsichtbare Adresse, wie das Schicksal oder das Leben selbst. Wut ist niemals rational oder logisch zu erklären. Sie ist eine tiefe Emotion die gefühlt werden möchte. Sie ist, wie das Gefühl von Ohnmacht, eine weitere Ausdrucksform der Angst. Eben nur aktiver, mit Dampf. Vielleicht ist uns Wut gerade in der Zeit der Trauer peinlich, denn sie scheint nicht angebracht zu sein. Und doch ist sie manchmal da, will wahrgenommen, nicht weggedrückt werden. Sie möchte gefühlt werden, denn sie hat einen Auftrag. Sie macht uns wieder lebendiger. Wenn Wut da ist, rauscht das Blut stärker durch die Adern, wir spüren unseren Körper, unsere Kraft. Natürlich möchte ich Euch nun nicht anraten, diese Wut unkanalisiert herauszuschreien und andere Menschen damit zu erschrecken oder zu verletzen. Meistens sind selbst Angehörige und Freunde nur schwer damit zu konfrontieren, weil Eure Wut Angst in ihnen auslöst. Angst vor der eigenen, nicht gelebten Wut. Heute gebe ich meiner Wut die Erlaubnis da zu sein. Ich akzeptiere sie und damit mich, so wie ich jetzt bin. Ich suche nach Möglichkeiten, diese Wut kreativ auszudrücken, ohne andere Menschen oder mich selbst zu verletzen. Ich nutze die Energie der Wut und spüre mich und meine Lebendigkeit durch ihre Kraft. Wut ist wie so viele andere Emotionen bei uns nicht gesellschaftsfähig und wird sehr negativ bewertet. „Zusammenreißen“ ist IN. Leider! Deswegen gibt es auch so viele Menschen mit Rückenleiden und Magengeschwüren. Wichtig ist, dass Ihr Euch nicht schämt für Eure Wut. Macht Euch bitte keine Vorwürfe, denn das zieht Euch nur weiter herunter. Es braucht nur etwas Zeit um die Wut zu fühlen, nehmt sie an in einem Augenblick des Alleinseins und prüft: Ist sie wirklich so schrecklich? Vielleicht stellt Ihr sie Euch einmal vor wie ein wütendes, kleines Kind. Denn in der Wut sind wir wie kleine Kinder, verzweifelt und hilflos, weil wir uns im Kampfmodus mit einer endgültigen Tatsache befinden, die wir (noch) nicht so akzeptieren können wie sie ist. Entwickelt Mitgefühl für Euch selbst, in dem Wissen, dass diese Wut ein Motor zurück ins Leben sein kann. Sie ist eine weitere Schwelle zur Akzeptanz des Geschehenen, die lebendig überschritten werden darf. Wenn Ihr aber das Gefühl habt, die Wut frisst Euch auf und ist nicht mehr kontrollierbar, so holt Euch bitte Hilfe. Das kann ein Therapeut sein, eine erfahrene Trauerbegleiterin oder eine Person, die es selbst schon erlebt hat und damit umgehen kann. Manchmal hilft es schon, sich von einem anderen Menschen zutiefst verstanden zu fühlen. Gerade deshalb, weil man im Außen vielleicht schon jede Menge Ablehnung und Unverständnis erfahren hat durch andere Menschen. Um sich mit seiner Wut selbst noch zu mögen und sie in gesunder Form auszuleben, dazu gehört viel Mut. Und Vertrauen! Dennoch ist es besser so, als die Wut herunterzuschlucken, sie zu ignorieren oder zuzudeckeln. Das macht auf Dauer krank und starr. Die Wut wird bei jeder (un)passenden Gelegenheit wieder durch „das Schlüsselloch“ gucken und sagen: „Mich wirst Du nicht los. Ich überrasche Dich immer wieder!“ Was also tun, wenn die Wut in uns hochsteigt? Sie da sein lassen. Und in einem Moment der Ruhe hinschauen: Was genau macht mich wütend? Kann ich den Grund ändern und wenn ja, wie? Oder steckt ein Wunsch dahinter, dessen Erfüllung mir verwehrt bleibt? Meistens jedoch ist die Wut nur schwer zu erklären und eben sehr irrational. Dann kann körperliche Betätigung helfen, sie auszuleben. Nein, kein gemütlicher Spaziergang. Joggen oder Kampfsport, Holz hacken oder den Garten umgraben. :-) Oder an einem geschützten, möglichst schalldichten Ort aus Leibeskräften schreien. Das wäre dann etwas für die ganz Mutigen. Und zum Schluss noch ein Tipp aus meiner persönlichen Praxis: Die Wut von der Seele schreiben, mit allen Ausdrücken, nichts ist verboten. Anschließend dann den Zettel verbrennen. Nichts reinigt mehr als ein schönes Feuer. (In Ermangelung eines Gartens mit Feuerschale hatte ich dafür einen uralten Einweckkessel auf dem Balkon.) Geht mit Eurer Wut so um, wie mit allen anderen Emotionen auch: Kreativ und so, dass Ihr Euch damit sicher fühlt. Seid ein Haus, in dem jedes Gefühl einen eigenen Raum bekommt. Das Fundament besteht aus Liebe und Verständnis. Das wäre doch wunderbar, oder? Dann (mit einer Prise Mut) tut auch die Wut gut! Eure Petra In dieser kleinen Ecke möchte ich dazu anregen, in einer traurigen Lebensphase dennoch nicht das Schöne aus den Augen zu verlieren. Hier dürft Ihr Euch erinnern, wann, womit und mit wem es Euch in der Trauerzeit für Momente besser ging, was Euch berührt hat. War es ein menschlicher Engel, der Euch einfach nur zuhörte oder in Notsituationen half? Vielleicht sogar eine positive Erfahrung beim Besuch einer Behörde oder eines Amtes? Ein Erlebnis in der Natur, welches Euer Herz öffnete? Dann schreibt mir in einer E- Mail oder einem Brief, in einigen Sätzen, was Euch erfreut, erleichtert oder gerührt hat. In der nächsten Ausgabe des Newsletters dürfen es dann alle lesen, sich mitfreuen und Mut aus Euren Geschichten schöpfen. Bitte teile mir auch mit, ob ich Deinen Namen oder lieber ein Synonym verwenden darf. Zuschriften unter: Petra Möller / www.wort-muse.de Email: [email protected] „Bei einem Besuch im Friedwald fanden wir den Frühjahrsblüher, den wir im letzten Jahr für unsere Freundin an „ihrem“ Baum eingepflanzt hatten.“ Hier könnte im nächsten Newsletter Deine Geschichte stehen und anderen Mut machen! Wer keinen Internetzugang hat, darf mir seine kleine Geschichte auch gerne per Post zukommen lassen: Petra Möller Slüter Ufer 3 19053 Schwerin Aktuelle Termine Einladung zu einer Gesprächsgruppe für Trauernde Hospizverein Schwerin e.V. im ehemaligen Anna-Hospital Platz der Jugend 25 in den Räumen des Hospizvereins Schwerin e. V. (1. Stock) Gesprächsgruppe für Trauernde Einmal monatlich: 1.Gruppe Mittwoch 10-12 Uhr 2.Gruppe Mittwoch 17-19 Uhr Anna-Hospital Termin: 29.4.2015 Manchmal Manchmal scheint uns alles falsch und traurig, Wenn wir schwach und müd in Schmerzen liegen, Jede Regung will zur Trauer werden, Jede Freude hat gebrochene Flügel, Und wir lauschen sehnlich in die Weite Ob von dorther neue Freude käme. Aber keine Freude kommt, kein Schicksal Je von außen uns. Ins eigne Wesen Müssen wir, vorsichtig Gärtner, lauschen, Bis von dort mit Blumenangesichtern Neue Freuden wachsen, neue Kräfte. Hermann Hesse Der Hospizverein Schwerin e.V. möchte trauernden Hinterbliebenen in Form von Gesprächskreisen die Möglichkeit geben, mit Menschen in ähnlicher Lage über ihre Einsamkeit, ihre Verzweiflung, ihre Sehnsucht zu reden. Sie erfahren vielleicht, dass sich eine Last gemeinsam leichter tragen lässt. Gespräche und gestaltendes Tun können dazu beitragen, den Abschied und den Neuanfang zu erleichtern. Wir haben seit März 2014 zwei Gesprächsgruppen für Trauernde. Anmeldung unter 0385 5572621 (Einzelbegleitung ist auch möglich.) Aktuelle Termine finden Sie rechts im Kästchen. Trauergruppe „Wir machen uns auf den Weg“ Jeden Freitag um 14.00 an einem vorher verabredeten Ort in Schwerin Ansprechpartnerin: Frau Marie-Luise Jäger Telefon: 0385/ 3975683 Neue Wege in der Trauerbegleitung: „Die Trauer in Worte fassen“ Absprachen und Treffen: Ebenfalls Frau Jäger NEU!!! Offenes Trauercafe jeden ersten und dritten Dienstag im Monat Nächste Termine: 07. und 21. April 2015 16 bis 18 Uhr Wo? Parkcafe am Lewenberg, Wismarsche Straße 298c in Schwerin, Einfahrt: Schranke neben der Blutspende
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