NG Nicole Gelfert Bahnhofstr. 30 · 95511 Mistelbach Nicole Gelfert · Bahnhofstr. 30 · 95511 Mistelbach <VERSANDHINWEISE> Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr <STRASSE> 80524 München Mistelbach, 31.08.2014 Abschaffung der Rasseliste, Ihr Zeichen: IC2-2116.4-153 Sehr geehrter Herr Ministerialrat Reichert, vielen Dank für Ihre Antwort vom 04.08.2014. Leider sind Sie hierin auf einen Großteil der von mir gemachten Ausführungen und Fragen gar nicht eingegangen . Bereits auf meine erste Frage habe ich keine Antwort erhalten, genauso wie Sie es vermieden haben auf die von mir genannten Dissertationen – und dies war ja nur ein winziger Bruchteil der existierenden Dissertationen zu diesen Thema - in irgendeiner Form einzugehen. Statt dessen wiederholen Sie sich mit der Aussage, dass in die Kampfhundeverordnung die Hunderassen aufgenommen wurden, bei denen eine Anlage zu gesteigerter Aggressivität gegenüber Menschen und anderen Tieren vorhanden ist und die zugleich aufgrund ihrer Körpergröße und ihrer Beißkraft ein gewisses Gefahrenpotential darstellen können. Belegt wird diese Behauptung seitens des Staatsministeriums erneut nicht, weder wissenschaftlich, noch durch Beißstatistiken. Bisherige wissenschaftliche Erkenntnisse werden einfach ignoriert. Als Anmerkung hierzu sei mir jedoch gestattet, dass in den Jahren zwischen 1968 bis 2005 – also zum Teil auch aus einer Zeit vor Einführung der Rasseliste - in Deutschland 27 Personen durch DSH, 8 durch Rottweiler, 5 durch Deutschen Doggen, 4 durch Pitbulls, 4 durch Mischlinge, 1 durch einen American Staffordshire Terrier, 1 durch einen Labrador, 1 durch einen Dobermann, 1 durch einen Windhund,1 durch einen Schäferhund-Mischling, 1 durch eine Husky, 1 durch einen Boxer, 1 durch einen Bernhardiner, 1 durch eine Dogge oder einen Schäferhund (hier war man sich wohl nicht ganz einig, aber diese beiden Rassen sind ja auch sehr schwer voneinander zu unterscheiden), 1 durch einen Jagdhund (Rasse?) ums Leben kamen. Diese Liste ist sicher nicht vollständig und wahrscheinlich sind die Hunderassen teilweise auch nicht korrekt widergegeben, aber trotzdem ist sie ziemlich interessant, weil hier viele der gelisteten Hunderassen überhaupt nicht auftauchen, dafür andere, die gar nicht gelistet sind umso häufiger, als einige der gelisteten Hunderassen. Selbstverständlich muss man natürlich auch immer die Population einer Hunderasse berücksichtigen. Aber auch dann dürfte sich die Behauptung, dass die Gefahr, die von einem Hund ausgeht, von NG Nicole Gelfert Seite 2 / 4 der Rasse abhängt, relativieren. Hinsichtlich meiner Ausführungen zur angeblichen Beißkraft und auch zur Körpergröße verweise ich auf mein vorheriges Schreiben. Ich möchte mich hier nicht wiederholen, darf in diesem Zusammenhang aber vielleicht noch eine weitere Frage stellen, nämlich, weshalb der Staffordshire Bull Terrier mit einer Körpergröße von bis zu 41 cm (Rüde) und einem Gewicht von bis zu 17 kg es in die Kategorie 1 geschafft hat. Von der Körpergröße her entspricht dies in etwa den Maßen eines Beagle, auch wenn der Staffordshire Bull Terrier etwas schwerer ist. Wenn nun die Beißkraft im Zusammenhang mit der Körpergröße steht – was momentan meines Wissens die einzige gesicherte wissenschaftliche Erkenntnis zur Beißkraft ist -, wie kann es dann sein dass diese Hunde als gefährlicher eingestuft werden, als z. B. die in Kategorie 2 eingestuften Hunderassen oder verschiedene Hunderassen, die wesentlich größer aber nicht gelistet sind? Noch unverständlicher wird dies, wenn man bedenkt, dass Terrier und Bulldog nicht nur die Vorfahren des Staffordshire Bull Terriers sind, sondern nachweislich auch z. B. des Foxterrier, des Bull Terrier (in Bayern Kategorie 2) und des Jack Russel Terrier. Ein bekannter Stammhalter dieser Rassen ist „Billy“ (ein berühmter Rattentöter), dessen Vater ein Original-Bulldog und dessen Mutter eine Mischung aus Terrier und Bulldog war. Trotzdem ist bisher niemand auf die Idee gekommen, den Foxterrier oder den Jack Russel Terrier auf eine Rasseliste zu setzen und diese Hunde als „Kampfhunde“ zu stigmatisieren. Punkt 2. wurde ebenfalls nicht beantwortet. Nochmal: Welchen Einfluss hatte/hat die Rasseliste auf Beißvorfälle von vor der Einführung bis jetzt? Oder muss ich Ihre Antwort so verstehen, dass in Bayern überhaupt erst seit 2010 verpflichtend Statistiken über Beißvorfälle erhoben werden? Dann frage ich mich allerdings, auf welche statistischen Erhebungen und Erfahrungswerte man sich in dem Antwortschreiben an Herrn Schwegler bezog. Ebenfalls nicht nachvollziehbar ist mir, weshalb man in Bayern der verfassungsrechtlichen Beobachtungspflicht erst seit 2010 nachkommt. Was ist in den ganzen Jahren zwischen der gerichtlichen Entscheidungen bis 2010 passiert? Nach Ihren Angaben bestätigen die Erhebungen seit 2010, dass die in der Verordnung aufgenommenen Hunderassen zu Recht gelistet sind, da diese immer wieder an schweren Beißvorfällen – wie wohl einige andere Hunderassen auch – beteiligt sind. Hier frage ich mich, wie dies denn sein kann, wenn sich doch die Rasseliste als so wirksam erwiesen hat. Oder liegt es vielleicht doch am Hundehalter und nicht an der Rasse des Hundes? NG Nicole Gelfert Seite 3 / 4 Was meine 4. Frage anbelangt gehe ich davon aus, dass Sie offensichtlich nicht in der Lage sind mir mitzuteilen, wie viele Listenhunde insgesamt in ganz Bayern gemeldet sind, da Sie hier nur Zahlen genannt haben, wie viele Haltegenehmigungen/Negativzeugnisse zirka jährlich erteilt werden. Frage 5., welche Experten an der Rasseliste in Bayern mitgearbeitet haben, wurde ebenfalls nicht beantwortet. Zu Frage 6 und dem Bandog: Woher nehmen Sie Ihre Erkenntnisse, welche Hunde in Amerika gekreuzt werden oder auch nicht und kann man bei einer offiziell nicht existierenden Hunderasse überhaupt von Zucht sprechen? Hundekämpfe gibt es nach wie vor und ich kann mir nicht vorstellen, dass das Staatsministerium in Bayern weiß, was sich in der amerikanischen Kampfhundeszene abspielt und wer hier welche Hunde miteinander kreuzt, mal ganz davon abgesehen, dass es sich mir auch nicht erschließt, was Amerika mit der bayerischen Rasseliste zu tun hat. Was verstehen Sie denn unter einer Kreuzung besonders großer und kräftiger Hunde? Wenn ich einen Rottweiler mit einem Kangal kreuze, dann kommt dabei mit sehr großer Wahrscheinlichkeit auch ein besonders großer und kräftiger Hund heraus. Über ein eventuelles Gefahrenpotential möchte ich hier nicht spekulieren. Wird der Hund dann in Bayern eingezogen? Der Rottweiler fällt in die Kategorie 2, der Kangal ist nicht gelistet. Wer entscheidet denn darüber, was ein Bandog ist und was nicht und wie sieht dieser aus? Ich halte es durchaus für relevant, schon allein auf Grund des Bandogs, bei dem es sich ja nicht um eine Rasse handelt und der trotzdem in der Kategorie 1 steht, die Rasseliste zu ändern, zumal ein Hundehalter ja durchaus Gefahr laufen kann, dass irgendwer seinen Hund als „Bandog“ identifiziert, schließlich steht er ja in der Rasseliste. Interessant finde ich im Übrigen auch, dass auf der Seite der Polizei Bayern zum Anlein- und Maulkorbzwang für Hunde mit Negativzeugnis nur Folgendes zu lesen ist: 1. Ein Negativzeugnis nach § 1 Abs. 2 KampfhundeV kann mit Einzelanordnungen wie Anlein- oder Maulkorbzwang auch dann verbunden werden, wenn der Hund noch nicht negativ aufgefallen ist. 2. Eine vom Hund ausgehende konkrete Gefahr liegt beispielsweise auch dann vor, wenn ein ohne Maulkorb frei herumlaufender Bullterrier Angst bei Passanten hervorruft. (Urteil vom 18.02.2004, Az. 24 B 03.645) Nicht erwähnt wird das Urteil des Bayerischen VGH vom 09.11.2010, Az. 10 BV 06.3053 (also ein neueres Urteil). In diesem steht nämlich, dass nach dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG die in Gruppe der in § 1 Abs. 2 der NG Nicole Gelfert Seite 4 / 4 Kampfhundeverordnung gelisteten Hunde, die den Wesenstest bestanden haben, im Vergleich zu den übrigen großen und kräftigen Hunden nicht anders zu behandeln sind. Das gleiche Gericht, 2 verschiedene Entscheidungen. Wer weiß, was als nächstes kommt. Insofern möchte ich auf die von Ihnen zitierten Urteile des Bayerischen VGH, die die Verfassungsmäßigkeit der Kampfhundeverordnung bestätigen, lieber nicht näher eingehen. Entweder ich kann durch einen Wesenstest die Gefährlichkeit meines Hundes widerlegen, oder nicht. Aber es ist ja so, dass ich bei den in Kategorie 2 gelisteten Rassen gesetzlich dazu gezwungen werde, diesen Wesenstest mit meinem Hund abzulegen, um die Gefährlichkeit meines Hundes zu widerlegen und ein Negativzeugnis zu erhalten. Wenn es den Behörden dann aber gerade in den Kram passt, sprechen sie von einer Momentaufnahme, damit sie dann irgendwelche Leinen- und Maulkorbzwänge verhängen oder „Kampfhunde-Steuer“ kassieren können. Dann könnte man sich die 350,00 EUR für so einen Wesenstest aber genauso gut sparen. Mal ganz davon abgesehen, dass bei diesen Wesenstest teilweise Dinge passieren, die durchaus als Verstoß gegen das Tierschutzgesetz durchgehen könnten, aber bei bestimmten Hunderassen interessiert das Tierschutzgesetz oft ja nicht sonderlich. Als Lektüre möchte ich Ihnen auf der Seite des VDH LV Hessen empfehlen: „Gefährliche Hunde - Was ist verhaltensbiologisch darunter zu verstehen?“ Hier der Link dazu:http://www.vdh-lv-hessen.de/artikel.php?id=3 Ich bin gespannt, ob ich doch noch Antworten auf meine bisher nicht beantworteten Fragen von Ihnen erhalte werde. Hochachtungsvoll Nicole Gelfert
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