Erbenerzählen - Über Hotelwebservice

68 ERBEN
WOCHENENDE 13./14./15. MÄRZ 2015, NR. 51
TOBIAS RAGGE
Der Erfahrene
Der Nachfolger
r mag keine Empfänge, keine
Galas, meidet den roten Teppich, wann immer es möglich
ist. Lieber spielt Daniel Hopp,
34, nach der Arbeit mit seinen Freunden Fußball. Der Sohn von SAP-Mitgründer Dietmar Hopp ist bodenständig, hat
früh eine eigene Familie gegründet. Für
Luxus hat er wenig übrig. „Natürlich
könnte ich mir eine Yacht in Saint Tropez kaufen“, sagt er. „Aber wozu? Ich
brauche das nicht.“
Hopps Vater Dietmar zählt zu den
reichsten Menschen der Republik, sein
Vermögen wird auf mehr als sieben
Milliarden Dollar geschätzt. Früh
hat er angefangen, seinem Sohn
Daniel hohe Summen Geld anzuvertrauen. 1998, Daniel Hopp
war gerade 18 Jahre alt, steckte
seine große sportliche Liebe, der
Eishockeyklub Adler Mannheim,
in einer schweren finanziellen
Krise. Zehn Millionen Mark steckte Dietmar Hopp damals in
den Verein und rettete ihn
vor der Insolvenz. Seitdem ist Daniel Hopp Geschäftsführer, leitet zudem die SAP-Arena und
ist Inhaber der DanielHopp (DAH)-Beteiligungsgesellschaft. 2009
schon – da war Hopp
noch keine 30 Jahre alt
– lag die Bilanzsumme
bei 400 Millionen Euro.
„Ich weiß, dass ich
alles, was ich in den
vergangenen Jahren
gemacht habe, dem
wirtschaftlichen Er-
Daniel Hopp: Er versucht,
sich mit eigenen Projekten
vom Vater zu emanzipieren.
folg meines Vaters zu verdanken habe“,
sagt Daniel Hopp. Sonst hätte er nicht
annähernd so viele Projekte realisieren
können. „Ich frage ihn immer wieder,
was er von dem ein oder anderen Projekt hält. Doch er hat Vertrauen in
mich, lässt mich meine eigenen Entscheidungen treffen“, sagt Hopp. Die
Verantwortung für sein Vermögen – und
das ist ihm wichtig – trägt er komplett
selbst. Eine Investition von 30 Millionen
Euro, für die er drei Milchfarmen in
Neuseeland kaufte, die bespricht Hopp
nicht vorher mit seinem Vater. „Tagesgeschäft“, nennt er das Hantieren mit solchen Summen. Da „hält sich mein
Vater raus“.
Sich rechtfertigen dafür, dass
er qua Geburt reich ist, muss
sich Hopp häufig. Sein Name
löst oft eine ganze Reihe von Reaktionen aus: Respekt, aber auch
Neid und Missgunst. Daran hat er
sich längst gewöhnt – und
hat mittlerweile bewiesen, dass er aus
dem Geld des Vaters etwas Sinnvolles zu machen
weiß. Heute gehört ihm die Privatbank Berlin,
und er investiert in Startups.
Hopp hat
sich emanzipiert. Auch von
dem Vorwurf,
von Beruf Sohn zu
sein. Er arbeitet viel
und sagt selbst: „Ich
hatte schon mit Mitte
20 Erfahrungen gesammelt, für die andere ein
ganzes Berufsleben
brauchen.“
Diana Fröhlich
E
Bert Bostelmann/Bildfolio
E
DANIEL HOPP
r ist mit dem Unternehmen aufgewachsen, quasi in seine Aufgabe
hinein. Als Jugendlicher schon
jobbte Tobias Ragge für den Vater,
Robert Ragge, Gründer des Hotelbuchungsportals HRS. Dort verpackte er Kataloge oder telefonierte im Callcenter.
„Mein Vater war wenig zu Hause“, erinnert er sich. „Ich wollte wissen, was er eigentlich macht.“
Die wenige Freizeit seines Vaters hat ihn
nicht abgeschreckt, auch wenn er das als
Kind nicht so schön fand. KeinWunder also,
dass Ragge das Erbe desVaters angetreten –
und die Firma vorangebracht hat. In den
90er-Jahren überzeugte er Robert
Ragge, für seinen 1972 gegründeten
Hotel Reservations Service eine Buchungsseite im Internet anzubieten. Damals ein großer Schritt, heute ist das selbstverständlich. 2008
übergab Ragge senior HRS endgültig
an seinen Sohn.
So heikel es sein kann, ein Familienunternehmen an die nächste Generation weiterzugeben – Tobias Ragge, 38,
hat bewiesen, dass es funktionieren
kann. In den gut zehn Jahren, die er
mittlerweile für HRS arbeitet, verachtfachte er den Umsatz des Kölner Mittelständlers, der sich gegen amerikanische Konkurrenten wie Expedia behauptet.
Genauere Zahlen verrät der Chef
von 1300 Mitarbeitern nicht.
„Er ist jemand, der aus einer
gesunden Basis etwas Großes
macht“, sagt Haakon Herbst,
Präsident des Hotelmarketingverbands HSMA. Es ist die typische Arbeitsteilung zwischen
den Generationen: Der Vater
baut auf, der Sohn baut aus.
Auch Tobias Ragge sagt, dass
Tobias Ragge: Hat das vom Vater
gegründete Geschäft ausgebaut.
er sich zwar für einen guten Unternehmer
hält, selbst aber die Idee zu HRS wohl
nicht gehabt hätte.
Vater und Sohn haben sich gut ergänzt.
Vorgezeichnet war Ragges Weg ins väterliche Unternehmen dennoch nicht. Nach
dem BWL-Studium arbeitete er erst für
die Lufthansa. Wirklich etwas bewegen
konnte er dort aber nicht, erinnert er
sich. Nicht so wie im eigenen Unternehmen. Darum entschied er sich doch für
HRS und fing als Assistent der Geschäftsführung an.
„Ich habe sehr viele Stunden meines Lebens investiert“, sagt er über die vergangenen Jahre dort. Aber so ist das, wenn
das Unternehmen quasi zum Leben
gehört. Ragge machte aus dem Unternehmen des Vaters sein eigenes
Unternehmen, baute HRS Schritt
für Schritt um, ohne dabei das Erbe des Vaters zu leugnen. Das,
sagt er, würde er sich nicht anmaßen, schließlich sei die
Firma das Lebenswerk des
Vaters.
Aber er sagt auch: „Wir
sind heute eine ganz andere Firma.“ Mit einer
moderneren Struktur,
einer breiteren Führungsmannschaft, internationaler, datengetrieben und faktenbasiert.
Anderthalb Jahre
brauchte der Sohn, um
den Vater von seinen
moderneren Ideen zu
überzeugen. „Er ist ein
dominanter Chef, und
ich bin der Erste, der ihn
herausgefordert hat“,
sagt Ragge selbstbewusst. Heute gehören
Tobias Ragge mehr als
50 Prozent der Firma, die
komplett in Familienhand
ist. Kirsten Krumrey
Oliver Ruether/laif
Erben erzählen
JAKOB GRAF VON LANDSBERG-VELEN
ßer, aber wichtig war etwas ganz anderes: Ich muss das Erbe zusammenhalten
und nachhaltig vermehren.“ Beziffern
will der Graf das Vermögen derer von
Landsberg-Velen nicht, nur so viel: Der
Großteil liegt nicht auf der Bank, es sind
die Schlösser, die Wälder und Äcker, die
seine Familie seit mehr als 500 Jahren
bewirtschaftet. Der adelige Betrieb,
der sich auf diesen Besitz gründet, beschäftigt mehr als 160 Menschen und
macht einen jährlicher Umsatz im mittleren siebenstelligen Bereich. Das Hotel in Velen steuert 70 Prozent
bei, 15 Prozent kommen aus
der Bewirtschaftung der
Jakob Graf von
Landsberg-Velen: Er
will den Familienbesitz
nachhaltig mehren.
Wälder, der Rest aus der Vermietung
und Verpachtung von Immobilien und
landwirtschaftlichen Nutzflächen. Die
Ländereien liegen entweder in der Region Velen oder am zweiten Stammsitz
der Familie, dem Schloss Wocklum in
Balve im Sauerland.
Seit April 2012 führt der junge Adlige die Landsberg’schen Betriebe. Als
er die Leitung übernahm, studierte er
noch BWL, stand kurz vor der Abgabe
seiner Bachelor-Arbeit. Jakob von
Landsberg-Velen wirkt jugendlich in seinem blau-weiß karierten Hemd,
dem in Brauntönen gemusterten Sakko und den Wildlederschuhen, an denen vom
Gang durch den Park
noch der Dreck hängt.
Seine Worte aber klingen
reif, gar gesetzt: „Ich
muss den adeligen Be-
trieb so an die nächste Generation
übergeben, dass meine Nachkommen
auch noch etwas davon haben“, sagt
der noch familienlose Graf.
Jakob von Landsberg-Velen weiß,
dass ihn viele beneiden. Ein Neid, den
er auch auf Unwissenheit zurückführt.
„Wenn man einen solchen Betrieb übernimmt, steckt man den Gewinn nicht in
ein teures Auto, sondern in den bestehenden Besitz“, sagt der Adelige. Das
Erbe ist nicht nur Lohn, sondern auch
Bürde, Verpflichtung.
Natürlich habe er sich darum anfangs
Gedanken gemacht, ob er der Aufgabe
gewachsen sei, sagt von Landsberg-Velen. Aber ernsthaft daran gezweifelt, ob
er das Erbe antritt, hatte er nicht. Vielmehr empfindet er es als „großes
Glück“, dass er das familiäre Vermögen
verwalten darf. Erbe verpflichtet – erst
recht im Adel. Benjamin Wagener
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PR
D
ie weißen Fensterrahmen heben sich leuchtend von den
orange verputzten Backsteinmauern des Wasserschlosses
ab. Der Hausherr, Jakob Graf von Landsberg-Velen, blickt zur Prachtfassade seines Anwesens. Vier dorische Säulen säumen das Eingangsportal, durch das die
Gäste das Sportschloss Velen im Münsterland betreten.
Die frühere Burg, die die Ahnen des
Grafen im 19. Jahrhundert zum Schloss
ausbauten, ist seit 1988 ein Tagungs- und
Sporthotel – und Kernfirma der Landsberg’schen Betriebe. Chef des Adelsunternehmens: der 27-jährige Graf. Als sein
Großvater Dietrich vor drei Jahren ohne
männliche Nachkommen starb, trat Enkel Jakob als ältester Sohn der ältesten
Tochter die Erbfolge an.
„Es ging dabei nicht um mich“, sagt
der junge Adlige. „Ich bin zwar Nutznie-
Der Verantwortungsbewusste