Das 70:20:10-Modell – Lernen am Arbeitsplatz neu entdecken Haufe Akademie und CrossKnowledge Webinar, 28. April 2015 Dr. Jochen Robes Woodlouse (Flickr) 1 Agenda Zum Einstieg Vor welchen Veränderungen steht die Weiterbildung? Was steckt hinter dem 70-20-10-Modell? Wie sieht die Praxis des 70-20-10Modells aus? Wie können neue Technologien die Umsetzung unterstützen? Was verändert sich mit der Einführung des 70-20-10-Modells? Was sind kritische Erfolgsfaktoren? Was sind Startpunkte? 2 Zum Einstieg: adidas Group „Learning Campus“ 3 Zum Einstieg: adidas Group „Learning Campus“ YouTube adidas, 2014 Photo: Julia P (Flickr) 4 Zum Einstieg: adidas Group „Learning Campus“ Photo: Julia P (Flickr) 5 Kurzabfrage Wie schätzen Sie die Initiative der adidas Group ein? spannend unklar zukunftsweisend nicht übertragbar Nur eine Antwort möglich. 6 Vor welchen Veränderungen steht die Weiterbildung? 7 Veränderungen: neue Lernformen und -methoden Eine breite Palette neuer Lernformen und Lernmethoden ist entstanden. Diese rücken den Erfahrungsaustausch und die Vernetzungen am Arbeitsplatz in den Vordergrund. Sie knüpfen an den Routinen der Mitarbeiter an, die heute schon Google, Wikipedia und YouTube nutzen, um Antworten und Lösungen zu finden. Sie holen Lernaktivitäten aus dem Seminarraum und an den Arbeitsplatz. Sie geben Mitarbeitern mehr Verantwortung für die eigenen Lernprozesse. Marcia Conner u.a., 2013 8 In aller Kürze: Was steckt hinter dem 70-20-10-Modell? 9 Photo: SMAL 2013 (Flickr) 10 Das 80-20-Modell 80% Informelles Lernen 20% Formales Lernen webtreats (Flickr) Jay Cross: The Spending/ Outcomes Paradox Jay Cross, 2006 11 Das 80-20-Modell 80% “Informal learning is the unofficial, unscheduled, impromptu way people learn to do their jobs. Formal learning is like riding a bus: the Informelles Lernen 20% Formales Lernen driver decides where the bus is going; the passengers are along for the ride. Informal learning is like riding a bike: the rider chooses the destination, the speed, and the route. The rider can take a detour at a moment’s notice to admire the scenery or go to the bathroom.” (Jay Cross) 12 Das 70-20-10-Modell 70% 70 Prozent aller Lernaktivitäten finden im Arbeitsprozess, “on the job”, durch Praxis und Erfahrung statt, 20 Prozent durch den Austausch mit anderen, 20% mit Führungskräften, Teammitgliedern und Kollegen, und 10 Prozent durch formale Weiterbildung, z.B. 10% durch Kurse, Seminare und Web-based Trainings. 13 Das 70-20-10-Modell 70% 20% Charles Jennings, 2011 10% Charles Jennings/ Jérôme Wargnier, 2014 14 Das 70-20-10-Modell: Wo kommt es her? Eine Untersuchung von „high performing“ Managern ergab: 70% “Lessons learned by successful and effective managers are roughly: 20% 70% from tough jobs 20% from people (mostly the boss) 10% Michael Lombardo, Robert Eichinger, 1996 10% from courses and reading” 15 Das 70-20-10-Modell: Wie ist es zu lesen? 70% es geht nicht um die (genauen) Zahlen! es ist keine Regel! 20% es ist ein Referenzmodell 10% es bildet einen Rahmen für Veränderungen („change agent“) Photo: Paul Krueger (Flickr) 16 Das 70-20-10-Modell: ... ist tot? 70% 20% 10% Rich Wellins, 2015 17 Wie sieht die Praxis des 70-20-10-Modells aus? Wie können neue Technologien die Umsetzung unterstützen? 18 70-20-10-Aktivitäten die 70 Prozent: z.B. on-the-job Erfahrungen, neue 70% Lernerfahrungen in der Praxis anwenden können, Probleme lösen, herausfordernde Aufgaben, Projekt-Reviews, Guides & Manuals, neue Arbeitsaufgaben, größerer Verantwortungsbereich, Zeit in anderen Bereichen und Rollen, Community-Aktivitäten 20% 10% 19 70-20-10-Aktivitäten die 70 Prozent: z.B. on-the-job Erfahrungen, neue 70% 20% Lernerfahrungen in der Praxis anwenden können, Probleme lösen, herausfordernde Aufgaben, Projekt-Reviews, Guides & Manuals, neue Arbeitsaufgaben, größerer Verantwortungsbereich, Zeit in anderen Bereichen und Rollen, Community-Aktivitäten die 20 Prozent: z.B. Mentoring, Reverse Mentoring, Coaching, informelles Feedback, interne und externe Netzwerke, Teamarbeit, Teilnahme in Gremien, Verbänden und Expertennetzwerken, Action Learning 10% 20 70-20-10-Aktivitäten die 70 Prozent: z.B. on-the-job Erfahrungen, neue 70% 20% 10% Lernerfahrungen in der Praxis anwenden können, Probleme lösen, herausfordernde Aufgaben, Projekt-Reviews, Guides & Manuals, neue Arbeitsaufgaben, größerer Verantwortungsbereich, Zeit in anderen Bereichen und Rollen, Community-Aktivitäten die 20 Prozent: z.B. Mentoring, Reverse Mentoring, Coaching, informelles Feedback, interne und externe Netzwerke, Teamarbeit, Teilnahme in Gremien, Verbänden und Expertennetzwerken, Action Learning die 10 Prozent: z.B. strukturierte Programme, Workshops, Seminare, professionelle Entwicklungspläne, Kurse, Online-Kurse und Module (E-Learning, WBTs) (s. Jennings/ Wargnier, 2014) 21 Wie können neue Netztechnologien unterstützen? Das 70-20-10-Modell unterstreicht die Bedeutung und Rolle der nicht-organisierten, informellen Lernaktivitäten (die 90 Prozent)! Viele informelle Lernaktivitäten finden heute im Netz statt: wenn wir nach Experten, Informationen oder Lernressourcen suchen, wenn wir Experten oder Themen „folgen“, wenn wir uns mit anderen vernetzen oder austauschen. Grafik: opensource.com (Flickr) 22 Wie können neue Netztechnologien unterstützen? Social Learning Blended Learning Hinzu kommt: Die Einführung oder Umsetzung des 70-20-10-Modells findet häufig schrittweise statt, indem bestehende Lernangebote um neue, „non-formale“ Lernaktivitäten erweitert werden („evolutionärer Ansatz“, Charles Jennings). 70-20-10 Microlearning Performance Support Hier „trifft“ sich das 70-20-10-Modell mit anderen, aktuellen Ansätzen in der Weiterbildung, die das informelle, selbstorganisierte, arbeitsprozessintegrierte und community-basierte Lernen unterstützen. 23 Social Learning Social Learning Blended Learning 70-20-10 Social Learning umfasst das informelle, selbstorganisierte Lernen, das durch Social Media und soziale Netzwerke unterstützt wird. Es erweitert die klassischen Formen des OnlineLernens, indem es den Lernenden neue Räume für den Erfahrungsaustausch, die Entwicklung eigener Inhalte und die Vernetzung öffnet. Social Learning aus Sicht der Mitarbeiter: ein alltäglicher, bewusst oder unbewusst ablaufender Prozess Microlearning Performance Support Social Learning aus Sicht der Lehrenden: der gezielte Einsatz von Netzmedien für die 24 Verbesserung der eigenen Lehrpraxis Credit Suisse „Discover Social Learning“ Photo: Andrey (flickr) 25 Credit Suisse „Discover Social Learning“ Hintergrund: neue Anforderungen aus dem Business, wachsende Verbreitung neuer Bildungstechnologien, 70-20-10-Modell als Referenz! Zielgruppe: alle Ausbildungsverantwortlichen in der CS (global) Arbeitsaufwand: ca. 4 Std./ Woche Teilnahme war „ausdrücklich erwünscht“ Ziele: Die Ausbildungsverantwortlichen sollen sich aktiv mit Social Media im allgemeinen und der Social Media-Infrastruktur der CS auseinandersetzen; sie sollen in der Lage sein, Social Learning und Learning Communities in ihre Bildungskonzepte zu integrieren. Infrastruktur: MySocial Page (Sharepoint), Saba, Microsoft Lync, WebEx, Centra 26 Credit Suisse „Discover Social Learning“ Einige Bausteine des Kurses bzw. der Community: Jeden Montag führte eine 30-minütige Live-Session in die neue Themenwoche ein. Jeden Mittwoch wurde in einer weiteren Live-Session mit einem internen oder externen Experten ein Thema diskutiert und vertieft. Jeden Freitag fassten die Community Manager die Aktivitäten der Woche in einem Newsletter zusammen. Für jedes Thema stand eine Online-Library zur Verfügung, in der Lernmaterialien, vor allem offen zugängliche Netzressourcen, verlinkt wurden. Jede Themenwoche beinhaltete zwei Aufgaben („Assignments“), die die Teilnehmer bearbeiten mussten. 27 Credit Suisse „Discover Social Learning“ 28 Blended Learning 2.0 Social Learning Lange Zeit bedeutete Blended Learning die Verbindung von Präsenztraining und OnlineKursen. Heute steht uns eine breite Palette an Blended Learning Lernmethoden, Lernformaten und Tools zur Verfügung, aus denen Bildungsexperten zielgruppengerechte Lernangebote entwickeln können. 70-20-10 Microlearning Performance Support “Blend 2.0 describes training blends that incorporate emerging web technologies – mobile learning, gamification, and social media – with classroom or instructor-led training.” (John O’Brian, 2014) 29 Blended Learning 2.0 Lutz Goertz, 2013 siehe auch: Katja Bett, 2014 30 Microlearning Social Learning Blended Learning 70-20-10 Microlearning Performance Support “Mikrolernen ist gekennzeichnet durch viele kleine Lerneinheiten. Diese nennt man Microcontents. Man findet sie sowohl in strukturierter Form (E-Learning), als auch in dynamischen Prozessen, wie zum Beispiel bei einem Weblog oder einem Bookmark (Micromedia) im World Wide Web wieder.“ (Wikipedia) Microlearning: eine kurze Zeitspanne des Lernens ... eine Abfolge kurzer Lernaktivitäten ... die Art und Weise, wie wir informell und mit Hilfe des Internets lernen ... 31 Microlearning Credit Suisse Will Thalheimer Sahana Chattopadhyay, 2015 32 Performance Support Performance Support: Social Learning Blended Learning ... weil der Umfang an Informationen über neue Systeme, Produkte und Prozesse kontinuierlich steigt (und klassisches Training nicht die Lösung für alle Probleme ist) 70-20-10 Microlearning ... weil es häufig um den schnellen und einfachen Zugang zu Inhalten geht (on demand) Performance Support ... weil kontextsensitive Systeme neue Möglichkeiten der Informationsvermittlung bieten 33 Performance Support Performance Support: ... weil es häufig um den schnellen und einfachen Zugang zu Inhalten geht (on demand) ... weil der Umfang an Informationen über neue Systeme, Produkte und Prozesse kontinuierlich steigt (und klassisches Training nicht die Performance Support durch Manuals Lösung alle(z.B. Probleme ist) kontext-sensitive Hilfen für Tools Kalkulatoren) Wissensdatenbanken Learning Nuggets ... weil kontextsensitive Systeme neue Assistenten Mobileder Learning Möglichkeiten Informationsvermittlung Checklisten bieten Social Media (peer-to-peer Online-Hilfen Support) 34 Kurzabfrage Welches dieser Konzepte wird in Ihrem Unternehmen oder in Ihrer Organisation heute schon eingesetzt? Social Learning Blended Learning Microlearning Performance Support Mehrfachantworten möglich. 35 Was verändert sich mit der Einführung des 70-20-10-Modells? 36 Die neue Rolle von Learning & Development L&D entwickelt nicht mehr nur Kurse und Programme, sondern Lernumgebungen. L&D schafft Rahmenbedingungen und Gelegenheiten für das selbstorganisierte und informelle Lernen. L&D unterstützt Mitarbeiter und Führungskräfte bei der Entwicklung entsprechender Kompetenzen. L&D nutzt das breite Portfolio an Medien, Methoden und Formaten, um das Lernen am Arbeitsplatz zu unterstützen. L&D „lebt“ die verschiedenen Möglichkeiten des informellen, vernetzten Lernens „vor“. L&D ist nicht auf Lernprozesse und –angebote, sondern auf die Performance und Produktivität der Mitarbeiter fokussiert. Photo: David Sim (flickr) 37 Die neue Rolle von Learning & Development “In the new world of workplace learning, instructional design is only one skill. It requires a range of other new roles and skills. Not everyone will need to have all these skills, but there will be a need for specialists in each of these areas.” (Jane Hart) Jane Hart, 2015 38 PKM: eine Formel für Wissensarbeiter Konzepte des Personal Knowledge Managements (PKM): Strategien, Methoden und Werkzeuge, die uns im persönlichen Umgang mit Informationen, in der Pflege unserer Netzwerke und in der Weiterentwicklung unserer Kompetenzen unterstützen. Beispiel: „Seek – Sense – Share“ (Harold Jarche) 39 PKM: eine Formel für Wissensarbeiter Eine PKM-Inspiration: Eine PKM-Befragung: Hart, 2014 Cheng, 2015 40 Die neue Rolle der Führungskräfte Sie entwickeln Mitarbeiter durch herausfordernde Projekte, neue Erfahrungen und Entwicklungsmöglichkeiten. Sie wissen um ihre Verantwortung und ihre Rolle in den Entwicklungsund Lernprozessen ihrer Mitarbeiter (die 20%!) und geben aktiv Feedback. Sie lassen Freiräume zu, damit Mitarbeiter sich eigenverantwortlich in offenen Lernumgebungen bewegen können. Sie sind selbst aktive Nutzer der neuen Möglichkeiten des vernetzten Arbeiten und Lernens. 41 Die neue Rolle der Führungskräfte Vier Handlungsbereiche für lernförderliche Führungsarbeit: 1. Lernkontexte in Arbeitsprozessen gestalten 2. Formelles und informelles Lernen begleiten 3. „Leadership Commitment to Learning“: Lernkulturen fördern 4. Führungssituationen lern-/ entwicklungsorientiert gestalten: Ziele vereinbaren - Feedback geben Wissensaustausch und Reflexionsprozesse in Teams fördern Seufert u.a., 2013 42 Was sind kritische Erfolgsfaktoren? 43 Wie kann man die 90 Prozent managen? Photo: Andy Rogers (flickr) Das ist die falsche Frage! Aber man kann unterstützen, ermutigen, mit gutem Beispiel vorangehen, Erfolgsgeschichten weitergeben, Rahmenbedingungen schaffen ... 44 Kritische Erfolgsfaktoren eine Kompetenzentwicklungs-Strategie, die über das traditionelle Lernen im Seminar und mit dem WBT hinausweist eine Infrastruktur, die sich neuen technologischen Möglichkeiten öffnet eine Unternehmenskultur, die Freiräume für den informellen Austausch und das selbstorganisierte Lernen bietet ein Zusammenspiel von HR, Learning & Development und Geschäftsbereichen („Lernen am Arbeitsplatz neu entdecken“) Führungskräfte bzw. Manager, die diese Strategie selbst aktiv vorleben 45 Was sind Startpunkte? 46 Erste Startpunkte eine Bestandsaufnahme der Aktivitäten im Unternehmen, die die 70-20-Felder unterstützen ... eine Konzeption von Interventionen, die sich am 70-20-10-Modell orientiert HQ Interaktive Mediensysteme, 2014 47 Zusammenfassung Das 70-20-10-Modell öffnet die Sicht auf die Lernaktivitäten, die außerhalb des Seminarraums stattfinden. In vielen dieser häufig informellen Lernprozesse spielen heute Netztechnologien eine wichtige Rolle. Die betriebliche Weiterbildung (Learning & Development) kann diese Netztechnologien für neue Lernkonzepte nutzen, die Mitarbeitern Möglichkeiten des Informations- und Erfahrungsaustauschs sowie der Vernetzung bieten. Gleichzeitig schaffen und verbessern sie die Rahmenbedingungen für die 70-20-Aktivitäten. 48 Hinweise Whitepaper: Charles Jennings und Jérôme Wargnier: Effizientes Lernen mit der Formel 70:20:10. CrossKnowledge 2014. Charles Jennings/ Jérôme Wargnier, 2014 Business Talks von CrossKnowledge und Haufe Akademie: 16.06.2015 in Frankfurt 23.06.2015 in Stuttgart 12.10.2015 in München 09.11.2015 in Köln Anmeldung unter: www.haufe-akademie.de/talks-ck 49 Herzlichen Dank! Kontakt: Dr. Jochen Robes Weiterbildungsblog: www.weiterbildungsblog.de [email protected] LinkedIn: http://de.linkedin.com/in/jrobes Xing: https://www.xing.com/profile/Jochen_Robes Slideshare: http://www.slideshare.net/jrobes Twitter: http://twitter.com/jrobes Google+: Corporate Learning Community 50
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