Stephan Gerber, Lutz Heindorf 6 Wintersemester 2014/15 Zusatzaufgaben zur Analysis I (Lehramt) Zur Selbstkontrolle und Klausurvorbereitung; keine Abgabe Aufgabe 6.1 Beweisen Sie den Grenzwertsatz lim max(an , bn ) = max( lim an , lim bn ). n→∞ n→∞ n→∞ Wie u ¨blich ist gemeint, daß diese Gleichung gilt, wenn die rechte Seite einen Sinn hat. Deutlicher wird das in folgender Formulierung: Aus an → a und bn → b folgt max(an , bn ) → max(a, b). L¨ osung: Erste Variante: Wegen max(x, y) = 1 (x 2 + y + |x − y|) folgt das aus den Grenzwerts¨ atzen f¨ ur + und | |. Zweite Variante: Fall 1 a = b: sei ε vorgegeben Dann gibt es Na und Nb so daß . . . . Ist dann n ≥ Na + Nb so liegen an und bn beide in der ε-Umgebung von a = b, also auch max(an , bn ), denn das ist ja eine der beiden Zahlen. Fall 2 (OBdA) a < b: Dann finden wir ε (z.B. ε = 21 (b − a)) so daß a + ε ≤ b − ε. Da fast alle an in der ε-Umgebung von a und fast alle bn in der ε-Umgebung von b liegen, ist fast immer an < bn . Also stimmt die Folge max(an , bn ) fast immer mit der Folge bn u ¨berein und hat denselben Grenzwert b = max(a, b) p Aufgabe 6.2 Zeigen Sie f¨ ur beliebige a, b ∈ R, daß limn→∞ n − (n − a) · (n − b) = a+b 2 . Machen Sie sich klar, daß f¨ ur gewisse a, b nicht alle Folgenglieder definiert sind. In welchem Sinne stimmt die Beziehung trotzdem? L¨ osungshinweis: Um Differenzen mit Wurzeln wegzukriegen, ist es oft n¨ utzlich, mit der Summe 2 −t2 der Wurzeln zu erweitern: Schema s − t = ss+t . ¨ Aufgabe 6.3 Ahnlich bestimmt man lim √ √ √ 1 n · ( n + 1 − n) = 2 und lim √ 3 n4 − p 3 (n2 − 1)2 = 0. 3 3 −t Hinweis: Dritte Wurzeln bekommt man nach dem Schema s − t = s2s+st+t 2 weg. √ ∞ Aufgabe 6.4 Zeigen Sie, daß die Folge n n! monoton steigt und bestimmt divergiert. n=1 √ n p n+1 (n + 1)! ⇐⇒ (n!)n+1 ≤ (n + 1)!n ⇐⇒ n! ≤ (n + 1)n letzteres ist wahr. p √ Aus (2n)! = 1 · 2 · · · n · (n + 1) · · · (2n) ≥ nn folgt 2n (2n)! ≥ n % ∞. L¨ osung: Aufgabe 6.5 n! ≤ Berechnen Sie den Grenzwert der rekursiv durch √ a0 := 1; an+1 := 1 + an definierten Folge. Wer volle Punktzahl haben will, muß auch begr¨ unden, daß Konvergenz vorliegt. L¨ osung: Die Gleichung L = von denen nur √ 1+ 5 2 √ 1 + L f¨ uhrt auf L2 − L − 1 = 0 und hat L1/2 = √ 1± 5 2 als L¨ osungen, positiv ist. Beschr¨ anktheit: an ≤ 2 gilt f¨ ur a0 = 1 und u agt sich auf an+1 = ¨bertr¨ √ Monotonie: a0 = 1 < a1 = 2 und aus an < an+1 folgt p √ an+1 = 1 + an < 1 + an+1 = an+2 1 √ 1 + an ≤ √ 1 + 2 ≤ 2. Aufgabe 6.6 Es sei a eine positive reelle Zahl. Wir definieren rekursiv eine Folge (xn )∞ n=0 durch die Festsetzungen x2 + a x0 = a und xn+1 = n 2xn Eine triviale Induktion zeigt, daß alle Folgenglieder positiv sind (nicht aufschreiben!). √ ur alle n ≥ 1. (a) Zeigen Sie xn ≥ a f¨ (b) Zeigen Sie, daß die Folge monoton f¨allt. (c) Berechnen Sie lim xn . Diese Folge liefert die bereits aus der Antike (benannt nach Heron von Alexandria) bekannte Methode der Quadratwurzelberechnung. Geometrische Interpretation: Wenn man xn+1 als 12 xn + xan schreibt, so sieht man, daß es sich um den Mittelwert der L¨ angen der beiden Seiten eines Rechtecks handelt, dessen Fl¨acheninhalt a ist. Schrittweise werden die Rechteckseiten einander gen¨ahert, bis im Grenzwert ein Quadrat herauskommt. 2 √ +a L¨ osung: Da alle xn positiv und von n = 1 an von der Form t 2t sind, gen¨ ugt es t2 + a ≥ 2t a 2 √ 2 +a einzusehen. Das folgt aus (t − a) ≥ 0. Aus a ≤ t2 folgt t2 + a ≤ 2t2 und daraus t 2t ≤ t, d.h. die Monotonie. 2 √ +a Es gibt also einen (positiven!) Grenzwert L, der L2L = L ef¨ ullt. Umgeschrieben a = L2 also L = a. Aufgabe 6.7 Vorspiel: sind 0 < x ≤ y positive reelle Zahlen, so definiert man ihr harmonisches, geometrisches und arithmetisches Mittel durch die Vorschriften H(x, y) = 2xy , x+y G(x, y) := √ xy und A(x, y) = x+y . 2 Es ist nicht Teil dieser Aufgabe nachzuweisen, aber unten gut zu wissen, daß stets x ≤ H(x, y) ≤ G(x, y) ≤ A(x, y) ≤ y (∗) gilt1 . Jetzt beginnt die eigentliche Aufgabe: F¨ ur 0 < a < b werden rekursiv zwei Folgen definiert: a0 := a, b0 := b an+1 := H(an , bn ) und bn+1 := A(an , bn ). Unter Benutzung von (∗) sollen Sie zeigen, daß sich die Folgen aufeinander zubewegen und an % √ ab . bn . Hinweise: Was kann man u ange der Intervalle [an , bn ] sagen? Beachten Sie: A(x, y) · ¨ber die L¨ H(x, y) = xy. Die Aufgabe o ffnet einen alternativen Weg zum Existenzbeweis von Quadratwur¨ zeln. L¨ osung: Eine triviale Induktion auf der Basis von (∗) zeigt an ≤ an+1 ≤ bn+1 ≤ bn . Beide Folgen bewegen sich aufeinander zu und haben deshalb Grenzwerte. Da bn+1 := A(an , bn ) das Intervall [an , bn ] halbiert, ist außerdem |bn+1 − an+1 | ≤ 12 |bn − an | und induktiv |an − bn | ≤ b−a . Daraus 2n folgt der gemeinsame Grenzwert. Aus an bn = (a0 b0 )2 folgt nach Grenz¨ ubergang lim2 = ab oder √ lim = ab. Aufgabe 6.8 F¨ uhren Sie die Grenzwerte der Folgen −n n −n 1 1 1 1+ , 1− , 1− n n n n 1 auf lim 1 + = e zur¨ uck. n→∞ n 1 Das wurde mal in der Zentral¨ ubung besprochen. 2 und 1+ 1 n2 n 1 −n 1 n ) = 1/(1 + n ) → 1/e n n−1 n−1 1 1 (1 − n ) · ( n ) = (1 − n ) L¨ osung: (1 + (1 − 1− 1 n ) n = 1 −n n = 1 1 )n (1− n → 1 1 e · 1 1 )n−1 (1+ n−1 → 1 e =e √ 1 ≤ (1 + n12 )n = n (1 + n12 )n2 ≤ n e + 1 letzteres (mindestens) f¨ ur große n (tats¨ achlich f¨ ur alle). Dann liefert das Sandwich den Grenzwert 1. q Aufgabe 6.9 Begr¨ unden Sie, daß alle Folgen (k = 1, 2, 3, . . . jeweils fest) n n n 1 1 1 , 1+ , ..., 1+ 1+ n+1 n+2 n+k gegen e konvergieren. Pr¨ ufen Sie (durch scharfes Angucken der rechten Seite, oder induktiv) k+1 1 1 1 1+ = 1+ · 1+ · ··· · 1 + n n n+1 n+k n und schließen Sie auf limn→∞ 1 + nk = ek . n Zur L¨ osung der Aufgabe darf der Grenzwert limn→∞ 1 + n1 = e benutzt werden, auch wenn wir in der Vorlesung noch nicht soweit sein sollten. Nicht benutzt werden d¨ urfen die Erkenntnisse aus Abschnitt 4.8. 1 1 1 L¨ osung: (1 + n+k )n = (1 + n+k )−k · (1 + n+k )n+k Der erste Faktor konvergiert gegen (1 + 0)−k = 1, der zweite gegen e (Teilfolge, bzw Endst¨ uck der e-Folge). Scharfes Hingucken: Schreibe Faktoren (1 + 1 ) n+m = n+m+1 n+m Dann k¨ urzt sich fast alles heraus: (n + 1) · (n + 2) · · · · · (n + k + 1) n+k+1 = . n · (n + 1) · · · · · (n + k) n Aufgabe 6.10 Bestimmen Sie den Grenzwert der durch 1 1 1 1 an := 1 − 2 · 1 − 2 · 1 − 2 · · · · 1 − 2 2 3 4 n definierten Folge. Wenn wir in Analogie mit dem Summen- ein Produktzeichen einf¨ uhren schreibt n Y 1 sich an als 1+ 2 . k k=2 Hinweis: Versuchen Sie die Formel f¨ ur an zu vereinfachen. L¨ osung: 2 2 2 2 1 1 1 2 −1 3 −1 4 −1 n −1 1 · · ···· 1 − 2 · 1 − 2 · 1 − 2 ···· 1 − 2 = 2 2 2 2 2 3 4 n 2 3 4 n 1 (n − 1)! · 2 (n + 1)! (2 − 1)(2 + 1) (3 − 1)(3 + 1) (4 − 1)(4 + 1) (n − 1)(n + 1) 1 n+1 1 = · · · · ·· = = · → 22 32 42 n2 n! · n! 2 n 2 Aufgabe 6.11 F¨ ur jede der folgenden M¨oglichkeiten gebe man ein Beispiel an, bei dem (an ) bestimmt gegen +∞ divergiert und (bn ) eine Nullfolge ist. (a) lim(an bn ) = 0 (b) lim(an bn ) = ∞ (c) lim(an bn ) = c f¨ ur ein beliebig vorgegebenes c ∈ R (d) (an bn ) ist beschr¨ ankt aber nicht konvergent. Aufgabe 6.12 (an ) sei eine Folge positiver Zahlen, so daß lim aan+1 = q < 1. n 3 (a) Beweisen Sie, daß es sich um eine Nullfolge handelt. 99 n (b) Wenden Sie diesen Test auf n5 · 100 an. = 1. (c) Geben Sie ein Beispiel f¨ ur eine Nullfolge an, bei der lim aan+1 n L¨ osung: Eine M¨ oglichkeit f¨ ur (a): Da alle Folgenglieder positiv sind ist die Folge nach unten bea < 1 (ε = 1 − q), also an+1 < an . Die Folge ist von einer Stelle an schr¨ ankt. F¨ ur fast alle n gilt n+1 an fallend, nach Ab¨ anderung an endlich vielen Stellen insgesamt fallen. Also gibt es einen Grenzwert, a etwa L. W¨ are L 6= 0, w¨ urde n+1 → L = 1 streben, Widerspruch. a L n Zweite M¨ oglichkeit f¨ ur (a): Setze p := 1+q . Dann ist q < p < 1. Dasselbe Argument wie eben zeigt 2 an+1 < p zun¨ a chst f¨ u r fast alle, nach Ab¨ a nderung an endlich vielen Stellen, f¨ ur alle n. Daraus folgt an an+1 < p · an und induktiv an < pn · a0 . Wegen pn → 0 folgt an → 0 nach dem Sandwich-Prinzip. (b) Bei der gegebenen Folge ist der Quotient Nullfolge. (c) an = 1 n (n+1)5 n5 · 0, 99 → 0, 99, also handelt es sich um eine ist ein Beispiel. Aufgabe 6.13 Gegeben ist eine beschr¨ankte Folge (xn ). Dann existiert a := lim sup xn . Beweisen Sie, daß f¨ ur jedes ε > 0 (a) fast alle xn kleiner als a + ε sind und (b) unendlich viele Folgenglieder gr¨ oßer als a − ε. L¨ osung: Erinnerung an limsup: F¨ ur jedes n setzen wir x ˆn := sup{ak : k ≥ n} (existiert wegen der Beschr¨ anktheit der Ausgangsfolge). Die Folge (ˆ xn ) ist fallend und beschr¨ ankt. Ihr Grenzwert ist a = lim sup xn . Sei jetzt ε > 0 gegeben. (a) G¨ abe es unendlich viele k mit xk ≥ a + ε, so g¨ abe es solche in jeder Menge {xk : k ≥ n} also w¨ are x ˆn ≥ a + ε f¨ ur alle n. Damit a = lim sup xn = lim x ˆn ≥ a + ε. (b) W¨ aren nur endlich viele xk gr¨ oßer als a − ε, so w¨ are f¨ ur große n die Zahl a − ε eine obere Schranke von {xk : k ≥ n} und also x ˆn ≤ a − ε. Dann auch a = lim x ˆn ≤ a − ε. 4
© Copyright 2024