Prof. Dr. Uwe Berlit SS 2015 Die Entscheidung des BAMF über den Asylantrag und ihre aufenthaltsrechtlichen Folgen Vorlesung „Asyl- und Aufenthaltsrecht – Rechtliche Grundlagen der Flüchtlingsberatung“ Sommersemester 2015 Vorlesungsstunde 18. Mai 2015 17.05.2015 Vorlesung Asylrecht SS 2015 Entscheidung BAMF über Asylantrag (inkl. aufenthaltsrechtlichen Folgen) 1 Prof. Dr. Uwe Berlit SS 2015 Schlussfolie Prof. Dr. Kraft - Behandlung der Entscheidung des Bundesamtes Ausnahme: - „Dublin“-Entscheidung (= Gegenstand besonderer Veranstaltungsangebote) 17.05.2015 Vorlesung Asylrecht SS 2015 2 Entscheidung BAMF über Asylantrag (inkl. aufenthaltsrechtlichen Folgen) Prof. Dr. Uwe Berlit SS 2015 Entscheidung Bundesamt für Migration on Flüchtlinge • Abschluss des durch Asylantrag (§ 13 AsylVfG) eingeleiteten Verwaltungsverfahrens (verfahrensbeendende Funktion) • grundsätzlich: Entscheidung über alle von Antragstellung erfasste „Themen“ • aber: „Prüf“- bzw. Entscheidungsprogramm“ und Entscheidungsinhalte in § 31 AsylVfG gestaffelt geregelt • Verwaltungsverfahren nach VwVfG, soweit nicht in AsylVfG vorrangige Sonderregelungen Entscheidung als Verwaltungsakt • erfordert für Wirksamkeit Bekanntgabe (§§ 41, 43 VwVfG) durch Zustellung (VwZG, § 10 AsylVfG) • bindende „Klärung“ aller vom Entscheidungsprogramm umfassten Fragen (-> ein Verwaltungsakt kann mehrere selbständige Regelungen enthalten) • -> Unanfechtbarkeit nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist (soweit nicht Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 VwVfG) • Verbindlichkeit asylverfahrensrechtlicher Entscheidungen (§ 6 Satz 1 AsylVfG) • bei vollstreckbarem Inhalt: VA als Grundlage der Verwaltungsvollstreckung (Abschiebungsandrohung bzw. –festsetzung) Einordnung Entscheidung Bundesamt in „Typologie“ Verwaltungsakte • anhängig von Entscheidungsinhalt, ob begünstigender, belastender oder feststellender Verwaltungsakt (relevant für Klageart) • feststellender VA (de jure): „Statusfeststellung“ (Asyl, Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz) (mit de facto begünstigend-konstitutiver Wirkung) • belastender Verwaltungsakt: Abschiebungsandrohung/-festsetzung (ggfls. unter Bestimmung Ausreisefrist) • weitgehend rechtlich „gebundene“ Entscheidung, keine Ermessensentscheidung 17.05.2015 Vorlesung Asylrecht SS 2015 Entscheidung BAMF über Asylantrag (inkl. aufenthaltsrechtlichen Folgen) 3 Prof. Dr. Uwe Berlit SS 2015 allgemeine Formerfordernisse • Schriftform (§ 31 Abs. 1 AsylVfG) (nicht auch: elektronisch/mündlich/in anderer Weise [§ 37 Abs. 2 VwVfG]) • Bestimmtheit (§ 37 Abs. 1 VwVfG) • Begründung: § 31 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG i.V.m. § 39 Abs. 1 Satz 2 VwVfG (Mitteilung der wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe für Entscheidung) • Sprache: – – grds.: Amtssprache ist deutsch (§ 23 Abs. 1 VwVfG) wenn kein Verfahrensbevollmächtigter bestellt : Übersetzung Entscheidungsformel und Rechtsbehelfsbelehrung in „Sprache, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann“ (§ 31 Abs. 1 S. 3 AsylVfG/Art. 12 Abs. 1 lit. f) RL 2013/32/EU [VerfahrensRL]) -> partiell: „Verlagerung“ Übersetzungs- und Transformationsarbeit auf Bevollmächtigte/Dritte • Rechtsbehelfsbelehrung (§ 31 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG): Belehrung über Klagemöglichkeit und ggfls. [Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG] Antrag auf vorl. Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO) (Fehlerfolge bei Fehlen/falscher RMB: kein Fristlauf für Initiierung gerichtlicher Verfahren [§ 58 Abs. 2 VwGO]) • bei partieller Schutzgewähr: Belehrung über Rechte/Pflichten (§ 31 Abs. 3 2. Teilsatz AsylVfG) Entscheidungsfristen? • Art. 31 Abs. 3 RL 2013/32/EU (VerfahrensRL): „Abschluss so rasch wie möglich“ (Abs. 1), jedenfalls binnen sechs Monaten (um max. neun weitere Monate verlängerbar) unter Überschreitung um weitere drei Monate (Abs. 2); Aussetzung bei unklarer Lage im Herkunftsland (Abs. 4): Höchstfrist: 21 Monate ab förmlicher Antragstellung (Abs. 5) • aber: keine unionsrechtlichen Konsequenzen bei Überschreitung der Höchstfrist angeordnet/vorgesehen (-> Ordnungsvorschrift?) • AsylVfG: in § 11a AsylVfG Umsetzung lediglich von Art. 31 Abs. 4 RL 2013/32/EU (a.F.); ansonsten (bislang; Ablauf Umsetzungsfrist 20.7.2015) kein klares „Fristenregime“, sondern Geltung § 10 Satz 2 VwVfG (Vw-Verfahren sind einfach, zweckmäßig und zügig durchzuführen) 17.05.2015 Vorlesung Asylrecht SS 2015 4 Entscheidung BAMF über Asylantrag (inkl. aufenthaltsrechtlichen Folgen) Prof. Dr. Uwe Berlit SS 2015 gestuftes Entscheidungsprogramm -> gestufte Entscheidungs“themen“ Bescheid Bundesamt • „Ob“ einer Sachentscheidung: Zuständigkeit Bundesamt/Durchführung [weiteres] Asylverfahren/sonstige Voraussetzungen Sachentscheidung • Sachentscheidung: Zuerkennung Asyl (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 AsylVfG) oder internationaler Schutz (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, §§ 3 ff. [Flüchtlingsschutz; subsidiärer Schutz) oder Feststellung Abschiebungsverbot nach nat. Recht (§ 60 Abs. 5, 7 AsylVfG)? • Androhung/Anordnung aufenthaltsbeender Maßnahmen (Abschiebung) (wenn keine positive Sachentscheidung [§ 34 Abs. 1, § 34a AsylvfG]), regelmäßig (nicht: zwingend) unter Bezeichnung des Abschiebezielstaates und Bestimmung der Ausreisefrist Unterrichtung Ausländerbehörde • Mitteilung an Ausländerbehörde über vollziehbare Abschiebungsandrohung (§ 40 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) und hierauf bezogener verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen (§ 40 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 AsylVfG) • Bindung Ausländerbehörde über Entscheidung BAMF über nationalen Abschiebungsschutz 17.05.2015 Vorlesung Asylrecht SS 2015 Entscheidung BAMF über Asylantrag (inkl. aufenthaltsrechtlichen Folgen) 5 Prof. Dr. Uwe Berlit SS 2015 Bescheidbeispiele (Entscheidungsformeln) 17.05.2015 Vorlesung Asylrecht SS 2015 6 Prof. Dr. Uwe Berlit SS 2015 Entscheidung BAMF über Asylantrag (inkl. aufenthaltsrechtlichen Folgen) Sachprüfungszuständigkeit des Bundesamtes Asylantrag von Amts wegen (§ 13 Abs. 2 S. 1 AsylVfG) (§ 31 Abs. 3 S. 1 AsylVfG) Internationaler Schutz (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG) Flüchtlingsschutz Subsidiärer Schutz Asylberechtigung Abschiebungsverbote (§ 3 Abs. 1 AsylVfG) (§ 4 Abs. 1 AsylVfG) (Art. 16a Abs. 1 GG) (§ 60 Abs. 5 und 7 AufenthG) Quelle: BAMF 2015 Stand:17.05.2015 Entscheidung BAMF über Asylantrag (inkl. aufenthaltsrechtlichen Folgen) Prof. Dr. Uwe Berlit SS 2015 Entscheidungsprogramm steuert mögliche Bescheidinhalte Sachentscheidungsbefugnis Bundesamt? • bei Zuständigkeit anderer EU-Staat (§ 27a AsylVfG) • bei wirksamer Rücknahme Asylantrag/Antragsrücknahmefiktion (dann nur nationaler Abschiebungsschutz) • unbeachtlichem Asylantrag (§ 35 AsylVfG [§ 29 AsylVfG]) Sachentscheidung Bundesamt • Asylantrag ist (teilweise) begründet – – – – • Asyl/Flüchtlingsschutz (+): dann keine Entscheidung über subsidiären Schutz und i.d.R. über Abschiebungsverbote (§ 31 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG) Asyl/Flüchtlingsschutz (-), aber subsidiärer Schutz (+): dann i.d.R. keine Entscheidung Abschiebungsverbote (§ 31 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG) Asyl/Flüchtlingsschutz (-), subsidiärer Schutz (-), Entscheidung über Abschiebungsverbote (+): dann keine Abschiebungsandrohung/-ordnung Sonderfall Familienasyl: eigener Asylantrag ist vollständig unbegründet, aber akzessorische Anerkennung nach vollständige Ablehnung Asylantrag – – 17.05.2015 „einfache“ unbegründet oder „offensichtlich unbegründet“ (ou)? „offensichtlich unbegründet“ z.B. • offensichtlich keine Voraussetzungen für internat. Schutz (§ 30 Abs. 1 AsylvfG) oder nach Umstände Asylantrag nur aus wirtschaftlichen Gründen (§ 30 Abs. 2 AsylVfG) • einfach unbegründeter Asylantrag und bestimmte Fälle unzureichender Mitwirkung (§ 30 Abs. 3 AsylVfG) • Vorliegen von Asyl- und Schutzausschlussgründen (§ 3 Abs. 2 AsylVfG/§ 60 Abs. 8 AufenthG) (§ 30 Abs. 4 AsylVfG) • Antrag ist inhaltlich kein Asylantrag (§ 30 Abs. 5 AylVfG) • Herkunft aus sicherem Herkunftsstaat (§ 29a AsylVfG [Ausnahmen nach § 29a Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AsylVfG]) Vorlesung Asylrecht SS 2015 8 Entscheidung BAMF über Asylantrag (inkl. aufenthaltsrechtlichen Folgen) Entweder Zuerkennung (bzw. Feststellung) Flüchtlingsschutz (§ 3 Abs. 1 AsylVfG) ggf . Prof. Dr. Uwe Berlit SS 2015 oder Ablehnung aller Prüfungspunkte Asylberechtigung (Art. 16a Abs. 1 GG) oder oder Subsidiärer Schutz (§ 4 Abs. 1 AsylVfG) Abschiebungsverbote (§ 60 Abs. 5 und 7 AufenthG) Abschiebungsandrohung Quelle: BAMF Stand: 17.05.2015 Entscheidung BAMF über Asylantrag (inkl. aufenthaltsrechtlichen Folgen) Prof. Dr. Uwe Berlit SS 2015 (teilweise) Zubilligung internationaler Schutz (I): Zuerkennung von Asyl und/oder Flüchtlingsschutz • Anspruch auf humanitäre AE nach § 25 Abs. 1, 2 AufenthG (soweit keine Ausweisung auf schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit) – – • • Niederlassungserlaubnis nach drei Jahren möglich, wenn BAMF nach § 73 Abs. 2a AsylVfG mitgeteilt, dass kein Widerruf/keine Rücknahme (§ 26 Abs. 3 AufenthG) Familiennachzug – – – • • • Geltungsdauer Ersterteilung: drei Jahre (§ 26 Abs. 1 Satz 2) AE berechtigt zur Arbeitsaufnahme (selbständig/unselbständige Erwerbstätigkeit ohne Vorrangprüfung) (§ 25 Abs. 1 Satz 4, Abs. 2 Satz 2 AufenthG) obligatorischer (bei Antrag binnen dreier Monate nach Aberkennung) bzw. optionalem Verzicht auf Lebensunterhaltssicherungs-/Wohnraumerfordernis möglich (§ 29 Abs. 2 AufenthG) (aber: sonstige allgemeine Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 ff. AufenthG gelten) bei vor Einreise bestehender Ehe Befreiung vom Spracherfordernis bei Nachzug minderjähriger Kinder keine Altersgrenze (§ 32 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 AufenthG) besonderer Ausweisungsschutz (§ 56 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG); Verbot in der Abschiebung in Verfolgerstaat (§ 60 Abs. 1 AufenthG) Berechtigung zur einmaligen Teilnahme an einem Integrationskurs (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 lit. c) AufenthG) Rechtsstellung nach GFK (§ 2 Abs. 3, § 3 Abs. 1 AsylVfG) – – – – 17.05.2015 -> Reiserpass für Flüchtlinge (§ 28 GFK) (nicht: EU-Freizügigkeit) (aber: Reisepass wird in EU-Staaten anerkannt/i.d.R. de facto visumfreie Einreise möglich) Inländergleichbehandlung bei sozialen Leistungen (Art. 23, 24 GFK) -> u.a. Wegfall Leistungsberechtigung AsylbLG, keine Wohnsitzauflage aus „fiskalischen“ Gründen, gleicher Zugang zu steuerfinanzierten Sozialleistungen (z.B. SGB II/SGB XII, UVG, Elterngeld, SGB VIII-Leistungen) und bei versicherungspflichtiger Beschäftigung Einbezug in Sozialversicherung Hinnahme von Mehrstaatigkeit bei Einbürgerung (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StAG) gleicher Zugang zu Ausbildung/Studium etc. (aber: Qualifikationsnachweise? Deutschkenntnisse?); BAföGBerechtigung nach allgemeinen BAföG-Regelungen(§ 8 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 Nr. 1 BAföG) Vorlesung Asylrecht SS 2015 10 Entscheidung BAMF über Asylantrag (inkl. aufenthaltsrechtlichen Folgen) Prof. Dr. Uwe Berlit SS 2015 (teilweise) Zubilligung internationaler Schutz (II): Zuerkennung von subsidiärem Schutz • Anspruch auf humanitäre AE nach § 25 Abs. 2 AufenthG (soweit keine Ausweisung auf schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit) – – • • Niederlassungserlaubnis nach sieben Jahren (Anrechnung Dauer Asylverfahren) unter allgemeinen Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 9 AufenthG (u.a. Lebensunterhaltssicherung, Sprachkenntnisse etc.) möglich (§ 26 Abs. 4 AufenthG) Familiennachzug – – • • • Geltungsdauer Ersterteilung: ein Jahre, bei Verlängerung zwei weitere Jahre (§ 26 Abs. 1 Satz 3, 4) AE berechtigt zur Arbeitsaufnahme (selbständig/unselbständige Erwerbstätigkeit ohne Vorrangprüfung) (§ 25 Abs. 1 Satz 4, Abs. 2 Satz 2 AufenthG) optionaler Verzicht auf Lebensunterhaltssicherungs-/Wohnraumerfordernis möglich (§ 29 Abs. 2 Satz 1 AufenthG) (aber: sonstige allgemeine Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 ff. AufenthG gelten) Erteilung aber nur aus völkerrechtlichen/humanitären Gründen oder zur Wahrung außenpolitischer Interessen der BRD (§ 29 Abs. 3 AufenthG) (Art. 6 GG/Art. 8 EMRK allein reicht kein besonderer Ausweisungsschutz, aber Verbot in der Abschiebung in Verfolgerstaat (§ 60 Abs. 2 AufenthG) Berechtigung zur einmaligen Teilnahme an einem Integrationskurs (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 lit. c) AufenthG) keine Rechtsstellung nach GFK, aber (relative) Gleichstellung nach Art. 20 Abs. 2 RL 2011/95/EU – – – – 17.05.2015 Ausstellung Dokumente für Reisen außerhalb des Hoheitsgebietes (Art. 25 Abs. 2 RL 2011/95/EU Keine strikte Inländergleichbehandlung bei sozialen Leistungen (Art. 29 RL 2011/95/EU) aber bei Kernleistungen Inländergleichstellung -> u.a. Wegfall Leistungsberechtigung AsylbLG (EuGH-Vorlage BVerwG zu aufenthaltsrechtlicher Wohnsitzauflage aus „fiskalischen“ Gründen); grds. gleicher Zugang zu steuerfinanzierten Sozialleistungen (z.B. SGB II/SGB XII, UVG, Elterngeld, SGB VIII-Leistungen) und bei versicherungspflichtiger Beschäftigung Einbezug in Sozialversicherung keine privilegierte Hinnahme von Mehrstaatigkeit bei Einbürgerung gleicher Zugang zu Ausbildung/Studium etc. (aber: Qualifikationsnachweise? Deutschkenntnisse?); BAföGBerechtigung nach allgemeinen BAföG-Regelungen (§ 8 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 Nr. 1 BAföG) Vorlesung Asylrecht SS 2015 Entscheidung BAMF über Asylantrag (inkl. aufenthaltsrechtlichen Folgen) 11 Prof. Dr. Uwe Berlit SS 2015 Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5, 7 AufenthG • „Soll“-Anspruch auf humanitäre AE nach § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG – – – – – – • „Soll“ = Erteilung AE als Regelfall, von dem in atypischen Konstellationen abgesehen werden kann „Atypik“ der Konstellation = unbestimmter Rechtsbegriff/volle gerichtliche Überprüfbarkeit Zwingende Nichterteilung bei • Möglichkeit/Zumutbarkeit der Ausreise in einen anderen Staat (denkbar z.B. bei gemischt-nationalen Ehen und Aufenthaltsrecht im Herkunfststaat des Ehepartners) • wiederholte/gröbliche Verstöße gegen Mitwirkungspflichten • Schwerwiegende Anhaltspunkte für „Asylausschlussgründe“ (Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit , Straftat von erheblicher Bedeutung [inkl. Beteiligung/Unterstützung terrroistischer Handlungen/Aktivitäten], Zuwiderhandlung gegen Zeile und Grundsätze der UN) oder Gefahr für die Allgemeinheit/die Sicherheit der BRD • Niederlassungserlaubnis nach sieben Jahren (Anrechnung Dauer Asylverfahren) unter allgemeinen Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 9 AufenthG (u.a. Lebensunterhaltssicherung, Sprachkenntnisse etc.) möglich (§ 26 Abs. 4 AufenthG) bei Nichterteilung AE und fehlender Abschiebungsmöglichkeit in einen zur Aufnahme bereiten Drittstaat kommt Duldung nach § 60a AufenthG in Betracht (evtl. nach längerer Duldung und unverschuldetem Ausreisehindernis AE nach § 25 Abs. 5 AufenthG) Ersterteilung für ein Jahr; Verlängerungsfristen (Fortbestand Ausreisehindernis unterstellt) nicht geregelt (Höchstdauer Verlängerung drei Jahre [§ 26 Abs. 1 Satz 1 AufenthG]) Grds. freie Wohnsitzwahl, bei Sozialleisttungsbezug aber i.d.R. Wohnsitzauflage (§ 12 Abs. 2 AufenthG), deren Vereinbarkeit mit Art. 12 Abs. 1 IPbpR teils bestritten wird Niederlassungserlaubnis nach sieben Jahren (Anrechnung Dauer Asylverfahren) unter allgemeinen Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 9 AufenthG (u.a. Lebensunterhaltssicherung, Sprachkenntnisse etc.) möglich (§ 26 Abs. 4 AufenthG) 17.05.2015 Vorlesung Asylrecht SS 2015 12 Entscheidung BAMF über Asylantrag (inkl. aufenthaltsrechtlichen Folgen) • Familiennachzug – – – • • • • Prof. Dr. Uwe Berlit SS 2015 keinerlei Erleichterungen für optionaler Verzicht auf Lebensunterhaltssicherungs/Wohnraumerfordernis möglich (§ 29 Abs. 2 Satz 1 AufenthG) (aber: sonstige allgemeine Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 ff. AufenthG gelten) Erteilung AE für Familiennachzug allenfalls aus völkerrechtlichen/humanitären Gründen oder zur Wahrung außenpolitischer Interessen der BRD (§ 29 Abs. 3 AufenthG) (Art. 6 GG/Art. 8 EMRK allein reicht kein Familiennachzug bei AE nach § 25 Abs. 5 AufenthG kein besonderer Ausweisungsschutz; Verbot der in der Abschiebung in den vom Abschiebungsverbot erfassten Abschiebezielstaat (§ 60 Abs. 5, 7 AufenthG) Optionale Zulassung zur Teilnahme an einem Integrationskurs nach Maßgabe freier Plätze (§ 44 Abs. 4 AufenthG; § 5 IntV) keine Rechtsstellung nach GFK, keine (relative) Gleichstellung nach Art. 20 Abs. 2 RL 2011/95/EU (Rechtsstellung ausschließlich nach nationalem Recht) keine strikte Inländergleichbehandlung bei sozialen Leistungen, aber z.B. – – – – – Wegfall Leistungsberechtigung nach AsylbLG (soweit nicht bloß Duldung nach § 60a AufenthG) -> SGB II/SGB XII-Leistungen kein gesetzlicher umfassender Arbeitsmarktzugang (Ermessen nach § 4 Abs. 2 AufenthG), aber: Erteilung Erlaubnis zur Beschäftigung ohne Zustimmung der BA (§ 31 BeschV) bei sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung: Einbezug nach allgemeinen Grundsätzen Zugang zu Ausbildung/Studium etc. (aber: Qualifikationsnachweise? Deutschkenntnisse?); BAföG-Berechtigung nach vierjährigem rechtmäßigem Inlandsaufenthalt (inkl. Gestattung und Duldung) (§ 8 Abs. 2 Nr. 4 BAföG) Eingeschränkter Zugang zu Elterngeld (§ 1 Abs. 7 Nr. 2, 3 BEEG), Kindergeld (§ 1 Abs. 3 BKGG) und UVG-Leistungen (§ 1 Abs. 2a UVG) 17.05.2015 Vorlesung Asylrecht SS 2015 Entscheidung BAMF über Asylantrag (inkl. aufenthaltsrechtlichen Folgen) 13 Prof. Dr. Uwe Berlit SS 2015 (vollständige) Antragsablehnung als „einfach unbegründet“ Entscheidungsinhalt: • Nichtzuerkennung Asyl/Flüchtlingsschutz oder subsidiärer Schutz • Feststellung, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen • Ausreiseaufforderung unter Fristbestimmung (inkl. Dynamisierung für den Fall der Klageerhebung auf Fristlaufbeginn mit unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens) • Androhung der Abschiebung, i.d.R. in einem bestimmten Abschiebezielstaat sowie in einen andere Staat, der zur Rückübernahme verpflichtet ist oder in den sonst eingereist werden kann aufenthaltsrechtliche Konsequenz(en) kein Anspruch auf Aufenthaltstitel Aufenthaltsgestattung (§ 55 AsylVfG) wirkt bis zur Vollziehbarkeit bzw. Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung fort (§ 67 Abs. 1 Nr. 4, 6 AsylVfG) gilt auch für räumliche Beschränkungen/Auflagen etc. Rechtsschutz wg. Ausschluss Widerspruchsverfahren Klage zum VG (Klagfrist: zwei Wochen [§ 74 Abs. 1 AsylVfG]; Klagebegründungsfrist: ein Monat ab Zustellung [§ 74 Abs. 2 AsylVfG]) Kein Wegfall der aufschiebenden Wirkung kraft Gesetzes (§ 38 Abs. 1. § 75 Abs. 1 AsylVfG) -> Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht erforderlich 17.05.2015 Vorlesung Asylrecht SS 2015 14 Entscheidung BAMF über Asylantrag (inkl. aufenthaltsrechtlichen Folgen) Prof. Dr. Uwe Berlit SS 2015 (vollständige) Antragsablehnung als „offensichtlich unbegründet“ Entscheidungsinhalt: • Nichtzuerkennung Asyl/Flüchtlingsschutz oder subsidiärer Schutz als „offensichtlich“ • Feststellung, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen • Ausreiseaufforderung unter Fristbestimmung (inkl. Dynamisierung für den Fall der Klageerhebung auf Fristlaufbeginn mit unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens) • Androhung der Abschiebung, i.d.R. in einem bestimmten Abschiebezielstaat sowie in einen andere Staat, der zur Rückübernahme verpflichtet ist oder in den sonst eingereist werden kann • ou-Gründe sind in Bescheidbegründung gesondert darzulegen und strenger Prüfung zu unterziehen aufenthaltsrechtliche Konsequenz(en) • kein Anspruch auf Aufenthaltstitel • Aufenthaltsgestattung (§ 55 AsylVfG) wirkt bis zur Vollziehbarkeit bzw. Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung fort (§ 67 Abs. 1 Nr. 4, 6 AsylVfG) • gilt auch für räumliche Beschränkungen/Auflagen etc. Rechtsschutz • wg. Ausschluss Widerspruchsverfahren Klage zum VG (Klagfrist: i.dR. eine Woche [§ 74 Abs. 1 i.V.m. § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG]; Klagebegründungsfrist: ein Monat ab Zustellung [§ 74 Abs. 2 AsylVfG]) • Wegfall der aufschiebenden Wirkung kraft Gesetzes (§ 75 Abs. 1 i.V.m. § 36 Abs. 1 AsylVfG) • -> Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO erforderlich; Antragsfrist: eine Woche (§ 36 Abs. 3 AsylVfG) mit de facto fristgebundener Begründung (Entscheidungsfrist Gericht) – – – 17.05.2015 bei rechtzeitiger Antragstellung keine Abschiebung vor Enzscheidung gericht (§ 35 Abs. 3 Satz 8 AsylVfG) gerichtlicher Maßstab: „ernstliche Zweifel“ an der Richtigkeit des VA ( auch bei Zweifeln gerade an „ou“-Voraussetzungen Vorlesung Asylrecht SS 2015 Entscheidung BAMF über Asylantrag (inkl. aufenthaltsrechtlichen Folgen) 15 Prof. Dr. Uwe Berlit SS 2015 Antragsablehnung als „offensichtlich unbegründet“ Sichere Herkunftsstaaten (§ 29a AsylVfG) • Herkunft aus einem nach dem Konzept der normativen Vergewisserung nach Maßgabe des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG durch Gesetz widerlegbar als „sicherer Herkunftsstaat“ qualifizierten Staat • nach Anlage II (zu § 29a AsylVfG) derzeit: Bosnien und Herzegowina, Ghana, Mazedonien (ehemalige jugoslawische Republik), Senegal und Serbien • Rückausnahme: die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht (§ 29a AsylVfG/Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG) offensichtlich unbegründete Asylanträge (§ 30 AsylVfG) • ou, wenn die Voraussetzungen für den Asyl-/Flüchtlingsschutz offensichtlich nicht vorliegen (§ 30 Abs. 1 AsylVfG) – – • BVerfG: ou, wenn an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststel-lungen, auf denen die Entscheidung beruht, vernünftigerweise kein Zweifel bestehen kann und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung (nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre) die Abweisung des Antrages geradezu aufdrängt nach § 30 Abs. 2 AsylvfG auch dann, wenn nach den Umständen offensichtlich, dass Ausländer aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, nach Deutschland gekommen ist qualifizierte Abweisung eines „einfach“ unbegründeten Asylantrages als ou auch bei – – – 17.05.2015 (qualifizierter) Verletzung im Gesetz bezeichneter Mitwirkungspflichten (§ 39 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 AsylVfG), bei Ausweisung/Vorliegen von Ausweisungs-/Ausschlussgründen (§ 30 Abs. 3 Nr. 6, Abs. 4 AsylVfG [Vereinbarkeit mit GFK str.]) und unselbständiger Asylantrag Kind bei Unanfechtbarkeit Asylantrag Eltern (§ 30 Abs. 3 Nr. 7 AsylVfG) Vorlesung Asylrecht SS 2015 16 Entscheidung BAMF über Asylantrag (inkl. aufenthaltsrechtlichen Folgen) Prof. Dr. Uwe Berlit SS 2015 Antragsablehnung als unzulässig • „Dublin-Fälle“ (§ 27a AsylVfG) • Schutzantrag trotz Flüchtlingsanerkennung in anderen EU-Staat • „sicherer Drittstaaten“ (§ 26a AsylVfG) Entscheidungsinhalt • Kennzeichnung Asylantrag als unzulässig (-> keine Sachentscheidung zu internationalem Schutz/Abschiebungsverboten) • Abschiebungsanordnung (in den zuständigen EU-Staat) (str., ob Möglichkeit der freiwilligen Ausreise eröffnet werden muss/damit ausgeschlossen ist) aufenthaltsrechtliche Konsequenz(en) • kein Anspruch auf Aufenthaltstitel • Aufenthaltsgestattung (§ 55 AsylVfG) wirkt bis zur Vollziehbarkeit bzw. Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung fort (§ 67 Abs. 1 Nr. 4, 6 AsylVfG) • für Abschiebung ist keine weitere (ausländerbehördliche) Abschiebungsanordnung erforderlich Rechtsschutz • wie bei Antragsanlehnung als offensichtlich unbegründet • Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO binnen Wochenfrist (§ 34a Abs. 2 AsylVfG); vor Entscheidung Gericht bei rechtzeitiger Antragstellung keine Abschiebung 17.05.2015 Vorlesung Asylrecht SS 2015 Entscheidung BAMF über Asylantrag (inkl. aufenthaltsrechtlichen Folgen) 17 Prof. Dr. Uwe Berlit SS 2015 Antragsablehnung als unbeachtlich • offensichtliche anderweitige Verfolgungssicherheit in sonstigem Drittstaat (§ 29 Abs. 1 AsylVfG [Sicherheitsvermutung nach § 27 Abs. 3 AsylVfG])) • Möglichkeit der Rückführung in den Staat anderweitiger Verfolgungssicherheit • nicht erfasst: Fälle des § 26a AsylVfG („sicherer“ Drittstaat [§ 26a Abs. 2 AsylVfG]) vs „sonstiger Drittstaat“ [§ 27 Abs. 1 AsylVfG]) „Entscheidungsinhalt • Kennzeichnung Asylantrag als unbeachtlich (-> keine Sachentscheidung zu internationalem Schutz/Abschiebungsverboten) • Prüfung Voraussetzungen § 60 Abs. 5 oder 7 AsylVfG (§ 31 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG) • Abschiebungsandrohung in den Staat anderweitiger Verfolgungssicherheit (Ausreisesfrist eine Woche [§ 36 Abs. 1 AsylVfG]) aufenthaltsrechtliche Konsequenz(en) • kein Anspruch auf Aufenthaltstitel • Aufenthaltsgestattung (§ 55 AsylVfG) wirkt bis zur Vollziehbarkeit bzw. Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung fort (§ 67 Abs. 1 Nr. 4, 6 AsylVfG) Rechtsschutz • keine aufschiebende Wirkung der Klage • Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO binnen Wochenfrist (§ 36 Abs. 3 AsylVfG); vor Entscheidung Gericht bei rechtzeitiger Antragstellung keine Abschiebung • Fortführung des Verfahrens (von Amts wegen), wenn Rückführung nicht innerhalb von drei Monaten möglich (§ 29 Abs. 2 AsylVfG) 17.05.2015 Vorlesung Asylrecht SS 2015 18 Entscheidung BAMF über Asylantrag (inkl. aufenthaltsrechtlichen Folgen) Prof. Dr. Uwe Berlit SS 2015 Verfahrenseinstellung nach (fiktiver) Rücknahme • Rücknahem des Asylantrages, Verzicht (§ 14 Abs. 3 AsylVfG) (§ 32 AsylVfG) • auch bei Antragsrücknahmefiktion wg. Nichtbetreiben des Verfahrens/Rückreise in Herkunftsstaat während Asylverfahrens (§§ 32, 33 Abs. 1, 2 AsylVfG) „Entscheidungsinhalt • (deklaratorische) Feststellung, dass das AsylVerfahren eingestellt ist • Prüfung Voraussetzungen § 60 Abs. 5 oder 7 AsylVfG (§ 31 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG) • Abschiebungsandrohung in den Staat anderweitiger Verfolgungssicherheit (wenn kein Abschiebungsverbot) (Ausreisefrist: eine Woche) (§ 38 Abs. 2 AsylVfG) aufenthaltsrechtliche Konsequenz(en) • kein Anspruch auf Aufenthaltstitel • Aufenthaltsgestattung (§ 55 AsylVfG) wirkt bis zur Vollziehbarkeit bzw. Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung fort (§ 67 Abs. 1 Nr. 4, 6 AsylVfG) Rechtsschutz • keine aufschiebende Wirkung der Klage • Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO binnen Wochenfrist (§ 36 Abs. 3 AsylVfG); vor Entscheidung Gericht bei rechtzeitiger Antragstellung keine Abschiebung 17.05.2015 Vorlesung Asylrecht SS 2015 19
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