Erkenntnisse aus dem Einsatz von Architekturprinzipien bei der SBB. Dr. Philippe Maurer, SBB EAM Community Schweiz Zürich, 16.4.2015 Der grösste Mobilitätsdienstleister der Schweiz. Personenverkehr 1 002 000 Reisende/Tag Infrastruktur 3175 km Netz Immobilien 3500 Gebäude SBB Cargo 195 000 t Güter/Tag Die SBB hat eine komplexe IT-Landschaft mit ca. 1200 Anwendungen mit zahlreichen Abhängigkeiten. SBB Informatik in Zahlen 1100 interne Mitarbeitende Finanzielles Gesamtvolumen: 560 MCHF Bezogene Leistungen am Markt: rund 320 MCHF Betrieb ist outgesourct bei TSystems Schweiz und Swisscom SBB • Informatik • AQ-UA • 16.04.15 3 Das Unternehmensarchitekturmanagement stellt effiziente & nachhaltige Architekturentscheide sicher. Mit Architektur-Prinzipien zu transparenten, reproduzierbaren und effizienten Architekturentscheiden. SBB • Informatik • AQ-UA • 16.04.15 4 Folie nur für Handout Architektur-Prinzipien sind ein etabliertes Architekturinstrument. Ein Prinzip ist ein Handlungsgrundsatz (Umfang: 1-2 Seiten), welcher explizite strategische Vorgaben sowie implizite Sichtweisen, so konkretisiert, dass diese von allen Beteiligten (Geschäft und IT) verstanden werden und in der Entscheidungsfindung effizient und konsistent angewendet werden können. Der Inhalt wird einmal erarbeitet und breit abgestimmt. Dieses Vorgehen hilft zukünftige Architekturentscheide effizient zu treffen und wiederkehrende Grundsatzdiskussionen zu vermeiden. Die Prinzipien kodifizieren das gemeinsame Verständnis über die zukünftige Ausrichtung der IT-Architektur und gelten für mindestens 80% der Anwendungsfälle. Die Anwendung und Durchsetzung (Governance) von Prinzipien erfolgt über geeignete Architektur-Prozesse Architektur-Prinzipien sind ein etabliertes Architekturinstrument und in bekannten Architektur-Frameworks anzutreffen. (z.B. TOGAF) SBB • Informatik • AQ-UA • 16.04.15 5 Warum Architekturprinzipien? Das Unternehmensarchitekturmanagement sorgt für eine nachhaltige Entwicklung der IT-Landschaft. Sicht SBB Sicht Projekte SBB • Informatik • AQ-UA • 16.04.15 7 Mit der Anwendung von Architektur-Prinzipien in Projekten zur gewünschten Zielarchitektur. Die Informatik der SBB verfolgt die Strategie der kontrollierten Weiterentwicklung indem sie lenkend auf die Umsetzung neuer ITBedarfe und -Projekte einwirkt, mit dem Ziel über das Projekt auch die IT-Effizienz aus Sicht des gesamten Konzerns zu verbessern. Reine IT Effizienz (IT-Sicht) Treiber: Effiziente Lösungsbereitstellung und -betrieb Treiber: Geschäfts-Anforderung, Time-to-market Managed Evolution Ausgeglichene Entwicklung von IT Effizienz und Anwendernutzen Reine Anwender-Betrachtung (SBB Anwendersicht) SBB • Informatik • AQ-UA • 16.04.15 8 Wie wurden die Architekturprinzipien aufgebaut? Gibt es Prinzipien zum Nulltarif? Man könnte diese doch von anderen übernehmen… Wieso Aufwand in die Prinzipienerarbeitung stecken? Andere Unternehmen haben sicherlich auch schon Prinzipien erarbeitet und die Literatur (z.B. TOGAF) bietet ebenfalls gute Ansätze, die übernommen werden können! Leider nein! Was zählt, ist die Akzeptanz der Prinzipien und nicht bloss deren Inhalt! Für jedes Prinzip sind unterschiedliche Ausprägungen möglich. Das Unternehmen muss entscheiden, welche Position es einnehmen will. Positionierung Anwendungsspezifische Datenhaltung Redundanz der Datenhaltung Redundanzfreie Datenhaltung SBB • Informatik • AQ-UA • 16.04.15 10 Funktionierende IT-Governance: Informatik hat Steuerungsfunktion bezüglich IT-Architektur Konzernweisung IT Governance Architekturbeurteilungsprozess: Projekte werden aufgrund ihrer Auswirkungen auf die gesamte IT-Landschaft beurteilt Architekturweiche RfA-Prozess, Quality Gates Dokumentation der Entscheide: Architekturentscheide werden dokumentiert und sind transparent, d.h. Entscheide basieren auf Prinzipien Vorgabenportal Wiederkehrende Kommunikation von Architekturvorgaben über verschiedene Kanäle etablieren. Damit sollen sowohl bestehende wie auch neue Mitarbeiter sowie wichtige Stakeholder erreicht werden und den Nutzen der Vorgaben verstehen. Kommunikationskonzept Implementierung bei der SBB Wenn die Rahmenbedingungen gegeben sind, kommt man mit Prinzipien zur gewünschten IT-Landschaft. (Was / Wer / Wann / Wie / Zielgruppe) SBB • Informatik • AQ-UA • 16.04.15 11 Architekturprinzipien haben eine einheitliche Inhaltsstruktur. Architekturprinzip 1. Management Summary 2. Prinzip • Beschreibung • Begründung / Nutzen • Auswirkungen 3. Überprüfung der Einhaltung 4. Anhang • Begriffe und Abkürzungen • Referenzen SBB • Informatik • AQ-UA • 16.04.15 12 Von Endlosdiskussionen zum Prinzip und langfristig zur gewünschten Soll-Architektur. Ist ein Prinzip notwendig? ▪ Wo herrscht Entscheidungsunsicherheit? Managementkreislauf von Prinzipien ▪ Wunsch nach Architekturprinzip? ▪ Wie soll die Ziel-IT-Landschaft aussehen? Stossrichtungen, Positionierung? Entstehung ▪ Wer sind die Stakeholder des Prinzips? Inkonsistene Daten Keine Dateninkonsistenzen mehr! Überprüfung Strategie, Ziele (Reviews, KPIs) (Soll-Architektur) Umsetzung Massnahmen (RfAProzess, Projekte) (Prinzipien, Richtlinien) ▪ Erarbeitung des Prinzips in einem kleinen Team und Review durch Stakeholder ▪ Verabschiedung durch Architekturgremium Nutzung ▪ Einsatz des Prinzips zur Beurteilung von Projekten ▪ Überarbeitung / Ablösung des Prinzips Projekt X darf keine Kopien von Stammdaten halten Prinzip „Vermeidung von Daten-Redundanz“ oder Initiierung eines neuen Prinzips SBB • Informatik • AQ-UA • 16.04.15 13 Die SBB steuert die IT-Landschaft aktuell mit 15 Architekturprinzipien. • U1 Gültigkeit der Architektur-Prinzipien • U8 Einteilung IT • U3 Änderungen basieren auf Anforderungen • U12 Managed Evolution der IT-Landschaft • U7 Betriebsmodell • U69 Die optimale Plattform wählen • G1 Gesamtkostenbetrachtung • G2 Wiederverwendung von Anwendungen • A1 Buy, Customize or Make für neue Anwendungen • A7 Standardisierte Entwicklungslinien für Make • A9 Gesamtwirtschaftliche Open Source Entscheide • A10 IAM • T1 Fokussierter Einsatz bewährter Technologien & Standards • D1 Vermeidung von Daten-Redundanz • I1 Standardisierung der Anwendungsintegration SBB • Informatik • AQ-UA • 16.04.15 14 Die allgemein akzeptierten Prinzipien beschleunigen die Entscheidungsprozesse. IT Bedarf Einteilung IT Managed Evolution Anforderungen Gesamtkostenbetrachtung Prinzip G2 Wiederverwendung Einbettung Landschaft Prinzip A1 Buy before Make nicht SBB IT SE Vermeidung von Datenredundanz I1 Standardisierte Integrationsverfahren A10 Identitätsinfrastruktur Ablösung Ausbau F. vorhanden MVP D1 Reuse Funktion neu SBB IT .. Vorgehen & Projektbegründung Prinzip U8 U12 U3 G1 Prinzip A7 Entwicklungslinien SAP Customize JEE WAS Make RSD Access .. Buy Bereitstellung Prinzip T1 Technologiestandardisierung U69 Optimale Plattform Dediziert Shared Kriterien Betrieb Prinzip U7 Betriebsmodell - S06 RSD Minimal / R2 IT Lösung Bahn nah 15 ASP / SaaS SBB • Informatik • AQ-UA • 16.04.15 15 Erkenntnisse! Die Änderungsrate der Architekturprinzipien war in einem Zeitraum von 7 Jahren sehr stabil. • U1 Gültigkeit der Architektur-Prinzipien • U69 Die optimale Plattform wählen 2x • • • • • U7 Betriebsmodell U8 Einteilung IT A7 Standardisierte Entwicklungslinien für Make T1 Fokussierter Einsatz bewährter Technologien & Standards I1 Standardisierung der Anwendungsintegration 1x • • • • U3 Änderungen basieren auf Anforderungen U12 Managed Evolution der IT-Landschaft G1 Gesamtkostenbetrachtung G2 Wiederverwendung von Anwendungen • • • • A1 Buy, Customize or Make für neue Anwendungen A9 Gesamtwirtschaftliche Open Source Entscheide A10 IAM D1 Vermeidung von Daten-Redundanz 0x Folgende Prinzipien werden heute nicht mehr als Prinzip geführt: • • • • • U11 Betriebsorganisation als Stakeholder einbeziehen A2 Technologieunabhängigkeit A5 Skalierbarkeit A6 Schichtung von Anwendungen A8 Einheitliche Gestaltung interner Anwendungen mit Einbezug der Benutzer SBB • Informatik • AQ-UA • 16.04.15 17 Worauf sollte man achten, wenn man ein Prinzip schreibt? Adressieren wiederkehrende Architekturfragen und helfen bei 80% der Fälle. Geltungsbereich des Prinzips ist festlegt. Stakeholder des Prinzips definieren und einbeziehen. Abstimmungsarbeit und Zusammenarbeit sichtbar dokumentieren. Eindeutige Identifizierbarkeit und Einheitlichkeit der Prinzipien. Prinzipien stehen in der Hierarchie der Vorgaben an oberster Stelle. Themen adressieren die langlebig sind und Vorbildcharakter haben. Unmissverständliche Prinzipien sowie klare Vorgaben, wann ein Prinzip angewandt und deren Einhaltung überprüft werden soll. Anwendung der Prinzipien durch klare Prozesszuordnungen unterstützen Hohe Ansprüche an Lesefreundlichkeit, Schärfe, Aussagekraft und Überprüfbarkeit von Prinzipien Um die Verbindlichkeit der Prinzipien klar zu beschreiben, sollten nur die Wörter „muss“, „sollte“ oder „kann“ verwendet werden. SBB • Informatik • AQ-UA • 16.04.15 18 Zusammenfassung: Wesentliche Hinweise zum Einsatz von Architektur-Prinzipien. Gemeinsame Erarbeitung der Architektur-Prinzipien von Beteiligten und Betroffenen Bekenntnis des CIO, dass er eine geführte Architektur will. Nur vorschreiben, was auch überprüft werden kann „So wenig wie möglich, soviel wie nötig“, d.h. lieber einige wenige gute Prinzipien, als ein Komplettset Grundsätze zu Themengebieten, in welchen Entscheidungsunsicherheit herrscht Regelmässige Kommunikation der Prinzipien Etabliertes Architektur-Gremium, das Einhaltung von Prinzipien auch durchsetzen kann. Klare Leitlinien für interne und externe Leistungserbringer verhindern Wildwuchs und Risiken SBB • Informatik • AQ-UA • 16.04.15 19
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