Machen wir Frankfurt bis 2025 zur VeloCity! Radverkehrspolitisches Programm des ADFC Frankfurt Wir bringen Frankfurt in Bewegung! Das Verkehrspolitische Programm des ADFC Frankfurt – in aller Kürze 2025 ist Frankfurt eine wirklich attraktive Fahrradstadt. 2025 wissen es alle: Radfahren hilft, und zwar Energie und Emissionen sparen, Lärm vermeiden, gesund bleiben, Spaß haben, das Stadtleben genießen. 2025 wird Frankfurt die Früchte davon ernten, dass es in den Vorjahren in den Radverkehr seiner Bedeutung entsprechend investiert hat. 2025 bestimmen Fußgänger und Radfahrer das Klima in der Stadt, der Autoverkehr ist auf das notwendige Maß reduziert und stört niemanden mehr. 2025 kann sich jeder überall sicher, legal, komfortabel und ohne Hindernisse in Frankfurt mit dem Fahrrad bewegen. 2025 findet jeder fürs Fahrrad einen sicheren Abstellplatz – zu Hause, am Arbeitsplatz, an der Schule, beim Einkaufen, beim Kultur- und Kneipenabend. 2025 gibt es eine umfassende Verknüpfung von Radverkehr und öffentlichem Nahverkehr. 2025 ist ganz Frankfurt stolz darauf, eine schöne „VeloCity“ zu sein. Impressum Herausgeber: Allgemeiner Deutscher Fahrrad Club (ADFC) Kreisverband Frankfurt am Main e.V. Fichardstraße 46, 60322 Frankfurt am Main www.adfc-frankfurt.de Der ADFC Frankfurt spricht im Verkehrspolitischen Programm Frauen und Männer an. Sollte nur die männliche Form verwendet worden sein, sind Frauen gleichermaßen gemeint. Redaktion: Arbeitsgemeinschaft Verkehrspolitik ADFC Frankfurt / Programm-Team Ernesto Fromme, Bertram Giebeler (Leitung), Heiko Honrath, Dr. Susanne Neumann, Johannes Schmidt, Martha Schmidt Gestaltung: Michael Möck Mediendesign, Dreieich Herstellung: KuB Kultur und Bewegung media, Frankfurt am Main Druck: C. Adelmann GmbH, Frankfurt am Main Präambel – Unser Ziel 4 Radfahren hilft! 6 Radverkehr ist günstig, aber nicht kostenlos! 8 Radfahren macht Frankfurt attraktiver! 9 Infrastruktur – rollender Radverkehr: Straßen- und Wegenetz 10 Infrastruktur – rollender Radverkehr: Umgang mit Hindernissen 12 Infrastruktur – ruhender Radverkehr: Abstellmöglichkeiten, Sicherheit 13 Radverkehr funktioniert als System! 14 Auch für den Radverkehr gilt: Tue Gutes und rede darüber! 15 Machen wir Frankfurt bis 2025 zur VeloCity! Präambel – Unser Ziel Im Jahr 2025 ist Frankfurt endlich nahe dran an akzeptablen Zuständen auf den Straßen: 30 Prozent Modal-Split-Anteil für das Fahrrad, keine Straße ohne Radweg, Radstrei fen oder Schutzstreifen oder wenigstens Tempo 30. Frankfurts verkehrspolitische Vision 2025 ist aber nicht Münster, Bremen oder die vielen niederländischen und dänischen Mittelstädte; dort gibt es viele Radler, aber fast immer auf separaten Radwegen, viel Ampelregulierung, schwacher öffentlicher Nahverkehr, hoher Kraftfahrzeug-Anteil. Frankfurt als eine für deutsche Verhältnisse dicht besiedelte, kompakte Stadt muss seine Vision selbst definieren, in produktiver Rivalität zu anderen kompakten Städten wie München, Berlin, Leipzig, Köln: Viele Radler, aber meist auf der Fahrbahn, wenn möglich mit Radstreifen/ Schutzstreifen, aber oft auch im tempo reduzierten Mischverkehr. 4 Frankfurt wird systematisch für Fußgänger und Radfahrer durchlässig gemacht, damit diese in der Nahmobilität ihre Vorteile ausspielen können und möglichst wenig Umwege in Kauf nehmen müssen. Barrieren wie Bahntrassen, Autobahnen, Straßen mit Straßenbahn-Mittelgleis, Wasserstraßen, große zusammenhängende Grundstücke werden wo es irgend geht überbrückt, untertunnelt, gequert. Radfahren gehört 2025 zum Lifestyle – zumin dest für die Trendsetter-Milieus in den zentralen und den ganz neuen peripheren Stadtteilen. Frankfurt wetteifert mit Kopenhagen, Amsterdam, München, Berlin, London und Paris darum, für Radfahrer attraktiv zu sein. Radverkehrspolitisches Programm des ADFC Frankfurt Radverkehr, fließend und ruhend, ist 2025 endlich selbstverständlicher Pflicht-Bestandteil jeder Bauplanung, unabhängig davon ob öffentlicher Verkehrswegebau oder privater Wohnungs- und Gewerbebau. Dieses ist so zwingend wie das Vorhandensein von Wasserund Abwasserleitungen im privaten Hausbau. Ein Vergessen oder Missachten der Erfordernisse des Radverkehrs führt automatisch zur Ablehnung der Planung. Radfahrer werden 2025 in Frankfurt als gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer wahrgenommen. Sie sind ja auch in anderen Situationen Fußgänger, Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs oder auch Autofahrer. Die Zeiten, in denen auf eine legale und sichere Radverkehrsführung „zur Not auch mal verzichtet“ werden konnte, sind vorbei. Es ist der Lokalpolitik auch bewusst, dass gut geführter Radverkehr ebenso wie Straßen und Anlagen des öffentlichen Nahverkehrs ernsthaft Geld kosten kann. Radfahren findet zwar unter freiem Himmel statt, ist aber keine Schönwetter- oder Sommerveranstaltung. Es wird auch im Winter und bei Regen geradelt. In den Niederlanden ist das heute selbstverständlich, in Frankfurt bald auch. Die lokale Verkehrs politik stellt sich 2025 darauf gezielt ein: Fahrradabstellanlagen werden, wo es möglich ist, überdacht, insbesondere an bike+rideKnoten. Die Radverkehrswege des aus geschilderten Radnetzes werden vom Winterdienst bedient. Die Kombination dieser Faktoren – Verringerung der Geschwindigkeitsdifferenz zum Autoverkehr, Selbstverständlichkeit des Radfahrens, gute Infrastruktur – führt letztlich dazu, dass auch schwächere und weniger souveräne Radfahrer im Alter von 8 bis 88 sich sicher auf dem Fahrrad in Frankfurt bewegen können. 5 Machen wir Frankfurt bis 2025 zur VeloCity! Radfahren hilft! Klimawandel – Verdichtung – Lärmschutz – Luftreinhaltung – Gesundheit – Bewegung – frische Luft – soziale Teilhabe Der Verbrauch an Energien ist an seine Grenzen gestoßen, weil selbst die großen Vorräte fossiler Energieträger dieser Erde endlich sind. Zum Energiesparen kann individuell jeder beitragen, der auf das Fahrrad umsteigt. Der Klimawandel zeigt deutlich die Grenzen des Wachstums auf, sodass die immer größeren Verkehrsbelastungen und immer stärkeren Motorisierungen der Verkehrsmittel bereits seit langen Jahren zurückgefahren werden müssen. Eine radelnde Stadtbevöl kerung verschärft das Klimaproblem nicht weiter. Frankfurt wächst an Einwohnern und Bau masse, der Platz wird knapper, und da ist Radfahren ein wesentlicher Teil der Lösung. Ein autozentrierter Verkehrsmix funktioniert auf engem Raum nicht. Knapper öffentlicher Raum zwingt auch zu kreativen Lö 6 sungen mit intelligenter Urbantechnik, etwa für Abstellanlagen. Frankfurt ist übermäßig vom Lärm betroffen, und wir richten uns mit vielen anderen Initiativen von Frankfurter Bürgern gegen die Lärmbelastung, die insbesondere durch den Verkehr verursacht wird. Der Radverkehr eignet sich als lärmfreie Alternative zum Autoverkehr. Frankfurt als besonderer Verkehrsknoten und als Stadt der Pendler zum Arbeitsplatz ist mehr als andere Städte belastet. Wenn sich das Radfahren zum überwiegenden Verkehrssystem entwickeln ließe, dann wäre das Problem des Straßenlärms für die Stadt Frankfurt zu einem wesentlichen Teil erträglicher. Auch die Schadstoffemissionen sind ein Problem für die Stadt Frankfurt, das zu einem Teil durch die Zunahme des motorisierten Verkehrs entstanden ist. Das Radfahren be- Radverkehrspolitisches Programm des ADFC Frankfurt lastet weder ökologisch durch die Emission von Schadstoffen, noch finanziell durch Folgekosten von Umweltschäden. In einer visionären Stadt mit einem starken Rad verkehr stünde es besser um das Klima, die Gesundheit der Menschen und unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit würden auch die Finanzen entlastet. Radverkehrsförderung ist Gesundheitsförderung. Wenn die Weltgesundheitsorganisation täglich eine halbe Stunde Bewegung empfiehlt, dann ist das mit dem Schulweg, dem Weg zur Arbeit oder mit den Einkäufen per Rad in der Regel zu erreichen. Bei den Unternehmen ist das Radfahren längst zu einem Zeichen von Stärke und Pluspunkt für die Mitarbeiter geworden. In Frankfurt sind Vorbildprojekte wie „Mit dem Rad zur Arbeit“, „Bike & Business“ und „Stadt radeln“ zur Förderung der Gesundheit entstanden. Der Trend ist klar: Fährst Du noch motorisiert oder kannst Du schon radeln? Wir sehen Radfahren auch als integratives Element unserer Gesellschaft. Eine Verlagerung der Alltagsmobilität auf das Fahrrad gewährleistet Teilhabe auch für sozial Benachteiligte und verhindert, dass steigende Kosten sowohl des Personenkraftverkehrs aber auch des öffentlichen Nahverkehrs zu sozialer Ausgrenzung führen. Eine attraktive Stadt wie Frankfurt braucht lebendige kulturelle Orte, Natur und Kunst in der Stadt, von denen eine Attraktivität für die Frankfurter und die Besucher Frankfurts ausgeht. Mit den zahlreichen Parks und Grünflächen ist Frankfurt besonders lebenswert geworden und die Parks sind mit dem Fahrrad sehr gut erreichbar. Die Ansammlung von Radlern strahlt Bewegung und Aktivität aus. Sportlichkeit, Buntheit und Vielfalt finden das Interesse der Bevölkerung. 7 Machen wir Frankfurt bis 2025 zur VeloCity! Radverkehr ist günstig, aber nicht kostenlos! Von den erheblichen Summen, die durch den steigenden Radverkehrsanteil an Inves titionen für die Straßenverkehrsinfrastruktur eingespart werden können, muss zumindest ein Teil wieder in die Radverkehrsinfrastruktur investiert werden. An zahlreichen Stellen erfordert eine zumutbare Radverkehrsführung kostenintensive bauliche Maß nahmen, insbesondere bei der Querung stark befahrener Straßen. Ein Hauptproblem in Frankfurt ist, dass es aufgrund von Schnellstraßen, Bahnlinien, Gewässern und baulichen Engstellen immens viele Barrieren für Fußgänger und Radfahrer gibt. Deren Beseitigung ist nun mal nicht mit ein paar weißen Farbmarkierungen getan. Das Radverkehrsnetz ist Grundlage der zu installierenden Beschilderung, wie sie in anderen Großstädten schon existiert. Um die Korrektheit und Vandalismusfestigkeit der Beschilderung, die Befahrbarhaltung der ausgeschilderten Verbindungen und die flexible Reaktion bei Baumaßnahmen und Sonderereignissen sicherzustellen, ist eine 8 qualifizierte volle Planstelle für das Qualitätsmanagement des Radverkehrsnetzes in einer der involvierten Behörden zu schaffen. Ansetzend an Erfahrungen aus anderen Großstädten erwarten wir, dass insgesamt mindestens 10 Euro pro Jahr und Einwohner in den Radverkehr investiert wird. Dies entspräche einem Mittelwert der Kostenschätzungen jeweils für Länder und Kommunen im Rahmen des Nationalen Radverkehrsplans 2020. Auf Frankfurt übertragen heißt dies 7 Millionen Euro pro Jahr. Das lohnt sich allemal: Wenn mehr Frankfurter mehr Rad fahren, weniger KFZs besitzen bzw. weniger damit fahren, kommt die Stadt mit einer schlankeren Infrastruktur aus. Ein einziger KFZ-Parkplatz braucht 12 qm Fläche, ein KFZ-Fahrstreifen pro km Länge eine Fläche von 3.000 qm. Gelingt es, auf einem Kilometer Straße einen Fahrstreifen einzusparen und 25 Parkplätze weniger anzulegen, entspricht dieses einem Flächengewinn von 3.300 qm oder in den citynäheren Stadtteilen Frankfurts einem Grundstückswert von mindestens 4 Millionen Euro, die stadtplanerisch einer sinnvolleren Nutzung zugeführt werden können, als dass Autos darauf rollen oder einfach nur herumstehen. Radverkehrspolitisches Programm des ADFC Frankfurt Radfahren macht Frankfurt attraktiver! Urbanes Leben stellt sich dann ein, wenn sich Menschen im Stadtraum unmittelbar be gegnen und sehen, und zwar ohne eine Windschutzscheibe davor und eine Tonne Blech drum herum. Dies geschieht, wenn sie zu Fuß gehen oder Rad fahren. Keine Werbeagentur im Auftrag der Stadt Frankfurt käme heute auf die Idee, in Imageprospekten die A5 in Höhe Rödelheim im täglichen Berufsverkehrsstau abzubilden. Im Gegenteil: Parks und Plätze statt Parkplätze – das möchte jeder von einer attraktiven Stadt sehen. Angesagte Viertel, mit denen Frankfurt für positive Urbanität wirbt, sind genau die, in denen jetzt schon viel Rad gefahren wird. Dies geht soweit, dass dort der Trend junger Familien raus ins Umland gestoppt ist: Nirgends sind so viele Kinderwagen zu sehen wie in Sachsenhausen oder Bockenheim oder im Nordend. Das liegt unter anderem daran, dass die Verkehrssituation dort von jungen Leuten nicht mehr – wie noch in den achtziger Jahren – als lebensgefährlich für Kinder empfunden wird. Daran hat der steigende Radverkehrsanteil, zu dem diese Eltern übrigens selbst oft beitragen, einen erheblichen Anteil. Der Anblick einer Mutter oder eines Vaters auf der Straße mit Kind auf dem Fahrrad, womöglich fröhlich spielend in der Kiste des Lastenrads – das ist ein Signal: Hier muss ich nicht wegziehen, wenn sich das erste Kind ankündigt. Menschen, die so denken, sind in der Mehrheit auch quali fizierte Fachkräfte. Fahrradfreundlichkeit ist also ein Standortvorteil. Frankfurt braucht eine attraktive City, in Konkurrenz zu Shopping-Centern auf der grünen Wiese und im Umland. Letztere sind oft auf KFZ-Erreichbarkeit hin konzipiert. Die City hingegen kann in diesem Kriterium gar nicht mithalten, dazu ist sie viel zu eng und multifunktional. Also heißt es, diese Eigenschaften – Dichte und Vielfalt, Gastro nomie, Spannung, Treffpunktfunktion – positiv auszuspielen. Dazu gehört, dass die Frankfurter City gut mit dem Rad zu erreichen ist und dass genügend Abstellmög lichkeiten vorhanden sind. Radfahrer sind gute Kunden, sperrige und schwere Güter muss niemand ständig kaufen und für die Mehrheit der Frankfurter ist die City näher als eines der Einkaufszentren im Umland. Die Chance des City-Einzelhandels liegt also nicht in immer mehr teuren Parkhäusern, sondern darin, gute Bedingungen für ÖPNVNutzer und Radfahrer zu schaffen. 9 Machen wir Frankfurt bis 2025 zur VeloCity! Infrastruktur – rollender Radverkehr: Straßen- und Wegenetz In vielen Teilen ist die Radverkehrsinfrastruk tur Frankfurts noch geprägt durch die sechziger und siebziger Jahre, als Radverkehr bestenfalls am Rande leistungsfähiger Autopisten geduldet wurde. Schmale Bordsteinradwege, oft im Nichts endend, vom Autofahrer kaum einsehbar, in uraltem verblichenem Pflaster ausgeführt, trotz alledem auch noch als benutzungspflichtig ausgewiesen, Kreuzungsquerungen über mehrere Ecken und mit endlosen Wartephasen – all dies hält viele Frankfurter vom Radfahren ab. Die spürbaren Verbesserungen ab Mitte/Ende der neunziger Jahre sollten jedoch bewiesen haben: Wer gute Radverkehrsinfrastruktur sät, wird mehr Radverkehr ernten! Ein gutes Angebot schafft sich seine Nachfrager. Nicht „mehr Radwege“ oder „mehr Schutz streifen“ ist unsere Forderung, sondern der Grundsatz: Auf allen Straßen außer auf 10 Kraftfahrstraßen (deren Zahl aber reduziert werden sollte) muss der Radverkehr legal, sicher und komfortabel möglich sein. Wie dies geschieht, ist der jeweiligen Situation an zupassen. Mischverkehr mit und ohne Schutz- oder Radstreifen ist als Regelfall vorzusehen. Es kann aber auch Situationen geben, in denen ein baulicher Radweg die beste Lösung ist. Ist aus welchen Gründen auch immer gar keine Radverkehrslösung möglich, ist das KFZ-Tempo zu reduzieren. London und Paris machen dies vor: In den zentralen Lagen gilt in diesen Städten seit kurzem „twenty miles“ bzw. Tempo 30. Radwege, Radstreifen und Schutzstreifen sind in Querungs- und Abbiegebereichen farbig zu asphaltieren, am besten in rot. Gemeinsame Geh- und Radwege sind bei Neuplanungen zu vermeiden. Bei bestehenden gemeinsamen Geh- und Radwegen hat die Abschaffung der Benutzungspflicht Priorität. Alte Radwege, die nicht mehr der Be nutzungspflicht unterliegen, sind trotzdem benutzbar zu halten. Benutzungspflichtige Radwege sollten asphaltiert, bei Grundstücks ausfahrten erhöht und klar vom Gehweg abgegrenzt werden. Zusätzlich zu den Straßen sind autoverkehrsfreie Verbindungswege in einem Zustand zu halten oder in einen Zustand zu versetzen, der sie für Zweirichtungs-Radverkehr qualifiziert. Für Radwege, Schutz- oder Radstreifen dürfen im Regelfall nicht Mindestbreiten an gesetzt werden, sondern Standards der „Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA)“. Die Oberflächenqualität separater Radwege sollte mindestens der Fahrbahn entsprechen. An Kreuzungen muss der Radweg ohne Kante abgesenkt werden. Unkomfortable und unsichere Neubauten wie der Radweg an der Friedberger Landstraße südlich der Warte oder neue Schutzstreifen direkt neben Park- Radverkehrspolitisches Programm des ADFC Frankfurt plätzen wie am Marbachweg sollten der Vergangenheit angehören. Im Mischverkehr, aber auch auf Radstreifen und Schutzstreifen sollten Fahrradpiktogramme für Klarheit sorgen, dass hier Rad gefahren werden darf. Die Freigabe von Einbahnstraßen in Gegenrichtung muss auch die letzten Exemplare dieser Straßen erfassen. Bei Einbahnstraßen mit Tempo 50 sind baulich gesicherte Radfahrspuren in Gegenrichtung vorzusehen. Ampelschaltungen sind so zu optimieren, dass für Radfahrer eine Grünphase zur Überquerung der ganzen Kreuzung reicht, bei längeren Straßen mit Tempo 20 zwei oder mehr Ampeln bei grün passiert werden können, in verkehrsarmen Zeiten Ampeln wenn möglich abgeschaltet werden. Ampelregelungen sind nach Möglichkeit durch Minikreisverkehre zu ersetzen. Im Mini kreisverkehr ist der Radverkehr auf der Fahrbahn zu führen. An ampelgeregelten Knotenpunkten hat der Radverkehr eine Aufstellfläche vor den wartenden KFZs. Der geradeaus führende und/oder linksabbiegende Radverkehr ist rechtzeitig links neben den rechtsabbiegen den KFZ-Verkehr zu führen oder hat eine eigene Ampelphase. Längere Straßen ohne Durchgangs-KFZ-Verkehr können als Fahrradstraßen ausgebaut werden (zum Beispiel Frankenallee, Friedrichstraße, Humboldtstraße, Heidestraße). Frankfurt muss insgesamt durchlässiger werden für Fußgänger und Radfahrer. Hierfür muss ein spezielles Programm zur Über windung von Barrieren aufgelegt werden – Neubau oder Ertüchtigung fehlender oder untauglicher Brücken und Unterführungen, neu zu schaffende Durchlässe. Frankfurt muss auf seinem Gebiet seinen Beitrag leisten zur Realisierung von Fahrrad- Schnellwegen – wie derzeit beim Projekt Darmstadt – Frankfurt. Die ständig steigende Zahl von Pedelecs und E-Bikes bedeutet auch, dass viele Frankfurter und Pendler einen größeren Alltagsradius per Rad realisieren können – 10 km und mehr. Wir halten es für angemessen, den Kernbereich der Stadt und die größte Arbeitsstätte, nämlich den Flughafen, mit einem schnellen Radweg zu verbinden und dafür auch ein spektakuläres Bauwerk am Frankfurter Kreuz zu errichten. Es ist ein stadtweites Beschilderungssystem für den Radverkehr nach bundesweit akzeptiertem Standard zu erstellen, wie es dies bereits in mehreren Großstädten Deutschlands gibt. Eine Wegweisung setzt jedoch voraus, dass die jeweilige Strecke tatsächlich und rechtlich einwandfrei befahrbar ist. Hierzu ist es notwendig, systematisch die zahlreichen noch vorhandenen Lücken zu schließen – auch wenn dies etatrelevante Investitionen erfordert. 11 Machen wir Frankfurt bis 2025 zur VeloCity! Infrastruktur – rollender Radverkehr: Umgang mit Hindernissen Falschparken auf Radverkehrsanlagen muss durch Polizeikontrollen erschwert und unterbunden werden. Besonders notorische Bereiche sind „feuerwehrweich“ abzupollern. Eine Baustelle darf erst genehmigt werden, wenn klar ist, wie der Radverkehr während der Bauzeit sicher geführt wird. Die Genehmigungsvorgaben müssen kontrolliert werden. 12 Umlaufsperren sind auf die allernötigsten Exemplare an Gefällstrecken zu reduzieren. Auch diese müssen so konstruiert sein, dass ein Rad mit Anhänger oder ein Be hindertendreirad fahrend durch das Hindernis manövriert werden kann. Müll- und Altglascontainer, Litfaßsäulen, Wahlkampf- und Reklameaufsteller oder ähnliches haben auf Radwegen nichts zu suchen. Sondernutzungen für Events und Gastro nomie müssen so dimensioniert sein, dass der Radverkehr problemlos passieren kann. Mindestens muss eine legale und befahrbare Umleitung ausgeschildert werden. Radverkehrspolitisches Programm des ADFC Frankfurt Infrastruktur – ruhender Radverkehr: Abstellmöglichkeiten, Sicherheit In den Nebenstraßen der Zeil und in den Gründerzeitvierteln rund um die City ist die Zahl der Abstellbügel zu verdoppeln. Poller sind nach Möglichkeit durch Bügel zu ersetzen. In den Wohnvierteln sind Fahrradbügel systematisch zur Falschparkprävention einzusetzen. Beim öffentlich mitgestalteten Wohnsiedlungsneubau muss gelten: Ab angefangene 50 qm Wohnfläche wird ein Fahrradabstellplatz eingerichtet. Im privaten Neubau sollte die Hessische Bauordnung und die Stellplatzverordnung aus den neunziger Jahren revitalisiert werden. In den Gründerzeitvierteln mit ihrer dichten Bebauung sollte jeder 40ste KFZ-Parkplatz in eine unzuparkbare Fläche mit acht Fahrradstellplätzen umgewandelt werden. Für privaten Wohnungsbestand leistet die Stadt Beratung und Förderung bei der Einrichtung von platzoptimierten barrierefreien Abstellanlagen. Da davon auch E-Bike- und Pedelec-Nutzer profitieren, können hierzu Förderprogramme zur Elektromobilität genutzt werden. Am Hauptbahnhof ist die Errichtung eines Fahrrad-Großparkplatzes oder einer Rad station voranzutreiben. Die Bahn muss sich hier ihrer Verantwortung stellen und Flächen hierfür vorsehen. Deren kommer zielle Verwertung darf nicht das Haupt kriterium sein. 13 Machen wir Frankfurt bis 2025 zur VeloCity! Radverkehr funktioniert als System! Zum System Radverkehr gehören Infra struktur, Serviceangebote und Kommunika tion rund um das Radfahren. Damit sowohl im Zentrum der Stadt als auch in der gesamten Peripherie der Frankfurter Stadtteile bessere Rahmenbedingungen für das Radfahren geschaffen werden, müssen die entsprechenden politischen Maßnahmen ergriffen werden. Systematische Radverkehrsförderung beinhaltet zudem die Möglichkeit, verschiedene Verkehrsmittel zu kombinieren, insbesondere das Fahrrad und den ÖPNV. Dazu müssen die Möglichkeiten zur Fahrradmitnahme im RMV erhalten und, wo nötig, ausgebaut 14 werden. Ein einfach zu realisierendes Mittel wäre schon einmal die Verringerung der Klappsitze in Mehrzweckabteilen, damit diese bestimmungsgemäß genutzt werden können. Großes Potenzial liegt in der Verbesserung und Erweiterung der Fahrradabstellplätze an ÖPNV-Stationen. Attraktiv für Pendler sind dabei vor allem die Haltestellen an Tarifgrenzen. So kann eine zeitlich und finanziell günstige Mobilitätskette geknüpft werden. Der RMV könnte sich dadurch selbst neue Kunden generieren, wenn er dies entsprechend bewerben würde. Darüber hinaus kann ein infrastrukturell und tariflich auf das Angebot des RMV abgestimmtes Mietradsystem dazu beitragen, Verkehrsanteile auf den Umwelt-Verbund zu verlagern. Ferner sollte angestrebt werden, wie heute in Bremen schon möglich, eine Fahrradmitnahmemöglichkeit in Taxis einzurichten. Bei Großveranstaltungen empfiehlt es sich, Serviceleistungen (bewachtes Parken, Putzen, kleine Reparaturen) wie sie bereits vom Bike-Point des Internationalen Bundes angeboten werden, beizubehalten und auszu bauen. Radverkehrspolitisches Programm des ADFC Frankfurt Auch für den Radverkehr gilt: Tue Gutes und rede darüber! Zu einer gelungenen Radverkehrsstrategie gehört auch das Thema Kommunikation. Andere Städte, wie zum Beispiel München mit seiner „Radlhauptstadt“-Kampagne oder Berlin, machen vor, wie man Menschen zum Radfahren motivieren und das Fahrrad ins Stadtimage integrieren kann. Wo schon gute Verbindungen für den Radverkehr existieren, müssten diese bekannt gemacht werden. Außerdem sollten Rechts- und Regelkenntnis vermittelt werden. Um eine Fahrradkultur aufzubauen, empfiehlt es sich, Fahrradevents des ADFC und anderer Organisationen zu fördern. Denkbar wäre etwa eine Fahrradkampagne mit Frankfurter Prominenten in Film-, Plakat- oder Postkartenform. Außerdem sollte eine ständige Kampagne „Mit dem Rad zur Schule“ dem übertriebenen „Mamataxi“-Unwesen entgegenwirken. Die Förderung des Fahrradverkehrs kann von einer wissenschaftlichen Begleitung nur profitieren. Zu diesem Zweck sollte eine verstärkte Kooperation mit Frankfurter Hochschulen angestrebt werden. Denkbar wären zum Beispiel Seminare und Projekte zu Infrastrukturvorhaben. Frankfurt hat immer noch bei vielen Menschen das Image einer Business-City. Viele Hotels stehen am Wochenende halb leer. Wenn man sich die Imagewerbung der beiden führenden städtetouristischen Destinationen Deutschlands – Berlin und München – ansieht, so findet man immer auch gut aussehende Menschen auf dem Fahrrad. Ein hoher Radverkehrsanteil stärkt auch die touristische Attraktivität Frankfurts. Selbst wenn ein Tourist gar nicht vorhat, dort Rad zu fahren, signalisiert ihm der Anblick vieler Radler: Hier lebt es sich gut, hier möchte ich dabei sein, wenn auch nur für ein ochenende. Nur muss die in Prospekten geW weckte Erwartung dann auch von der Realität erfüllt werden. Die nahtouristischen Angebote, insbesondere Grüngürtelradweg und Regionalpark-Rundweg, sind verstärkt von der kommunalen Touristikwerbung zu nutzen. Nach dem Vorbild Nordrhein-Westfalens sollte eine Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen gegründet werden, um Know-How und Erfahrungen in einem institutionellen Rahmen austauschen zu können. Frankfurt kann dabei eine Führungsrolle übernehmen und so Impulse setzen, die über das Stadtgebiet hinausgehen. Frankfurt sollte sich bewerben für die Ausrichtung eines nationalen Radverkehrs kongresses – diese finden alle zwei Jahre statt. Frankfurt hat so die einmalige Gelegenheit, ein positives Signal für die Förderung des Radverkehrs zu setzen. 15 Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club (ADFC) Kreisverband Frankfurt am Main e.V. Fichardstraße 46 60322 Frankfurt am Main www.adfc-frankfurt.de
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