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Leitartikel
Umleitung
Gymnasium
Integration
Konfusion
Inklusion
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I
Integration
Inklusion
Konfusion
ntegration. Ein großes Thema in den vergangenen Jahren, und 2010 hat es der „Integrationsverweigerer“ sogar zum Unwort des
Jahres geschafft. Immer wieder bietet „Integration“ Anlass zu Diskussionen, die hitziger
und hitziger ablaufen. Immigranten sollen sich
möglichst schnell und unauffällig in unsere
Gesellschaft integrieren.
Auch Inklusion wird zu einem immer gewichtigeren Thema in den Medien und vor allem
in den Schulen. Behinderte Schüler sollen in
das Alltagsschulleben integriert werden.
Ein aktuelles Beispiel der Inklusionsdebatte
ist der elfjährige Henri. Er hat das Down-Syndrom und war auf einer allgemeinen Grundschule, jetzt wollte seine Mutter, dass er auch
ein allgemeines Gymnasium besuchen kann.
Doch dieses Anliegen schied die Geister.
Die einen sprachen Henris Mutter die Idee
aufgrund der anderen Zielsetzung ihres Sohnes ab, die anderen sahen es als Schritt in die
richtige Richtung, auch wenn Henri die geforderte Schulleistung nicht erbringen kann, und
befürworteten den Einsatz seiner Mutter.
Henri wird sein Abitur nicht absolvieren, das ist
auch seiner Mutter bewusst. Dennoch kämpfte
sie für seine Aufnahme am staatlichen Gymnasium. Das Abitur sei gar nicht das Ziel, Ziel
sei vielmehr, dass Henri glücklich wird und bei
seinen Freunden bleiben kann, die mehrheitlich auf das Gymnasium gehen werden.
D
eswegen möchte sie ihren Sohn auch nicht
an irgendeinem beliebigen Gymnasium
unterbringen, sondern eben am Örtlichen.
In Nordrhein-Westfalen haben Eltern behinderter Kinder ab dem Schuljahr 2014/2015
ein grundsätzliches Recht, ihre Kinder an einer allgemeinen weiterführenden Schule unterzubringen. Dieses Recht können die Eltern
geltend machen, sofern ihr Kind im Schuljahr
2014/2015 von der Grundschule auf eine weiterführende Schule wechselt. Baden-Württembergs Kultusminister Stoch erwartet, dass
sich die Lehrer auf diese kommende Aufgabe
vorbereiten und sich intensiv mit dem Thema
beschäftigen. Gleichzeitig entschied er allerdings, den Beschluss des Walldorfer Gymnasiums, Henri nicht aufzunehmen, in keiner
Weise anzugehen und erklärte die Absage zu
Henris Aufnahme damit für legitim.
Als Reaktion darauf versuchten Henris Eltern,
ihn an der örtlichen Realschule unterzubringen, da er auch dort Freunde hat. Doch auch
diese lehnte ab.
Der Behindertenbeauftragte des Landes Baden-Württemberg, Gerd Weimar, äußerte
sich folgender Maßen: „Wenn das Kind an der
Schule nicht erwünscht wird, tut man ihm keinen Gefallen, wenn man die Beschulung von
oben verordnet.“
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Aber wann ist ein in
welcher Weise auch immer
behindertes Kind an einer
Schule erwünscht und
wann nicht?
E
s gibt immer Befürworter und Gegner
der Inklusion behinderter Kinder in der
Schule. Das heißt betreffende Kinder werden
stets von einer Seite nicht erwünscht sein, sei
es von Lehrern, von Schülern, oder von irgendjemand anderem. Sollte man nicht eher
an dieser Stelle ansetzen und eine tolerantere
Gesellschaft bilden, in der Inklusion nicht zum
Problemthema wird? Dies setzt allerdings voraus, dass man sich mit dem Thema auseinandersetzt, sowohl als Schüler, als auch als Lehrer.
Wie bereits erwähnt, erwartet Kultusminister
Stoch, dass die Lehrer Baden-Württembergs
genau dies tun. Eine Ausbildung dafür erhalten sie jedoch nicht.
Der Schritt scheint nicht konsequent zu Ende
gedacht. Sicherlich kann man von der Miteinbeziehung geistig Behinderter in den Unterricht an Regelschulen profitieren, es gilt jedoch
zu überlegen, wie man diesen Wandel angeht.
Aktuell sind die meisten Lehrer wohl mit dieser Aufgabe überfordert. Sie wurden nicht
darauf vorbereitet und die Wenigsten werden
damit umzugehen wissen, auch Schüler zu unterrichten, deren vorrangiges Ziel eben nicht
der Schulabschluss ist. Denn auf diesen hatten
sie ihre Schüler doch bisher immer vorzubereiten.
A
uf die beiden starken Worte Integration
und Inklusion folgt nun also ein drittes
starkes Wort: Konfusion. Wie soll man den
Wandel angehen und den Unterricht gestalten?
Wie geht man mit Pubertierenden um, die einen Mitschüler aufgrund seiner Behinderung
mobben und ihm eventuell notwendige Hilfsmittel wie zum Beispiel Hörgeräte wegnehmen?
Die Schule kann ein grausamer Ort sein, das ist
bekannt. Geht man den Inklusionsprozess zu
schnell und undurchdacht an, wird die Schule
vermutlich besonders für gehandicapte Kinder
zum grausamen Ort, vor allem wenn Lehrer
sich nicht mehr zu helfen wissen in Situationen,
auf die sie niemals vorbereitet wurden.
Die Opposition in Nordrhein-Westfalen warf
der Regierung vor, das Inklusionsgesetz werde
einfach durchgepeitscht. Fraglich ist, ob sich
dieser Vorwurf so einfach wegwischen lässt.
Denn schon jetzt klagen Schulen deutschlandweit über einen Mangel an Lehrkräften und zu
große Klassen. Wie soll das aussehen, wenn
die Inklusion weiterhin von oben beschlossen
wird? Der Mangel an Sonderpädagogen und
Lernmaterial ist vorprogrammiert und auch,
dass die Klassen plötzlich kleiner werden, erscheint eher unwahrscheinlich.
Alle schreien nach
Inklusion, aber bei allem
was bisher passierte,
handelt es sich um eine
„Inklusion von oben“,
die niemand so recht
anzugehen weiß.
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E
s bleibt fraglich und abzuwarten, ob auf
den Mangel an Vorbereitungen eine funktionierende Lösung folgt, bei der am Ende nicht
erneut das Schulwesen leidet. Erschwert wird
die Situation natürlich zusätzlich dadurch,
dass Bildung Ländersache ist. Das allgemeine
Schulchaos wird also noch unübersichtlicher
und komplizierter.
Vielleicht wäre es eine Option, den Wandel hin
zur Inklusion nicht ganz so schnell anzugehen,
sondern langsam Regelschulen mit Förderschulen zu verbinden.
D
as kann man beispielsweise über eine
Verbindung der Arbeitsgemeinschaften
versuchen. Wenn behinderte und nicht behinderte Kinder von Anfang an gemeinsam in der
Schülerband, der Sportgruppe, der Schülerzeitung oder anderen AGs tätig sind, wird die Berührungsangst untereinander sicher schneller
schwinden, als durch erzwungenen und noch
nicht hinreichend strukturierten Unterricht,
auf den letztendlich niemand vorbereitet ist.
Bevor man also Inklusion in die Praxis wandelt,
sollte man zunächst die allgemeine Konfusion
abbauen.
Katharina Schröder
Inklusion
§ Gesetzeslage §
I
n Baden-Württemberg sollen die Eltern
von behinderten Kindern künftig selbst
entscheiden, ob ihr Kind eine Sonderschule
oder eine Regelschule besuchen soll. Das sehen die vom Stuttgarter Kabinett beschlossenen Eckpunkte zur Inklusion vor, die Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne)
und Kultusminister Andreas Stoch (SPD) vorgestellt haben.
So soll die bisherige Sonderschulpflicht für
Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf fallen. Zum Schuljahr 2015/2016 soll das
Schulgesetz entsprechend geändert werden.
K
retschmann sprach von einem "Meilenstein auf dem Weg zu einem inklusiven
Bildungswesen in Baden-Württemberg". Stoch
sagte: "Wir wollen an unseren Schulen eine
Kultur des Miteinanders, nicht der Ausgrenzung." Es müsse "selbstverständlich werden,
dass ein Kind mit Behinderung an einer allgemeinen Schule unterrichtet wird".
Ein absolutes Elternwahlrecht für eine bestimmte Schule soll es nach Angaben der Landesregierung aber auch nach der Änderung
des Schulgesetzes nicht geben. Ausschlaggebend müsse sein, ob ein inklusives Bildungsangebot zu verwirklichen sei.
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Was bedeutet eigentlich
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INKLUSION
INFOPOINT
D
ie UN-Behindertenrechtskonvention
hat 2008 „Inklusion“ als Menschenrecht
für Menschen mit Behinderungen erklärt.
Inklusion (lateinisch: includere=einschließen, enthalten) bedeutet, dass alle Menschen
selbstbestimmt am gesellschaftlichen Leben
teilnehmen. Das heißt: Menschen mit Behinderungen müssen sich nicht mehr integrieren
und an die Umwelt anpassen, sondern diese
ist von vornherein so ausgestattet, dass alle
Menschen gleichberechtigt leben können –
egal wie unterschiedlich sie sind.
Das Ideal der Inklusion ist, dass die Unterscheidung „behindert/nichtbehindert“ keine
Relevanz mehr hat.Inklusion ist in Deutschland bislang hauptsächlich im Bereich Schulbildung ein Thema. Mancherorts konnte das
Modell der „integrativen Schule“ schon eingeführt werden – eine Schule, die sowohl
behinderten als auch nicht behinderten Schülerinnen und Schülern einen gemeinsamen
Unterricht ermöglicht („Montessori-Modell“). Bisher nimmt Deutschland in Europa
jedoch einen hinteren Rang ein, was die Umsetzung dieses inklusiven Schulmodells betrifft. In der Praxis scheitert Inklusion bei uns
vor allem noch an den mangelnden technischen/baulichen Voraussetzungen (behindertengerechte Fahrstühle, Toiletten, Türbreite,
schwellenfreie Zugänge usw) und der mangelnden/fehlenden Ausbildung von Lehrern,
was wiederum sehr stark mit finanziellen Aspekten verknüpft ist.
Ein weiterer strittiger Punkt ist die oft fehlende gesellschaftliche Akzeptanz in unserer
Leistungsgesellschaft getreu dem Darwinschen Motto: „Nur der Fitteste überlebt“.
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INKLUSIONSGEBIET