.Zur Verteidigung des Landes rief Lenin die Arbeiter und alle Werktätigen zur äußersten Steigerung der Arbeitsproduktivität auf. Mehr als einmal erklärte er, die Produktivität der Arbeit sei letzten Endes das Wichtigste, die Hauptsache für den Sieg einer neuen Gesellschaftsordnung, für den Sieg des Kommunismus. • Lenin besaß wie kein anderer Gefühl für das Neue. Er verfolgte wie ein erfahrener Gärtner aufmerksam das Auftauchen des Neuen, hegte und pflegte es liebevoll. In dem ersten Subbotnik •••., den die Arbeiter der Kasaner Eisenbahn als Antwort auf den Leninschen Appell «Auf revolutionäre Art arbeiten l» am 10. Mai 1919 veranstalteLen, erkannte er sofort ein Ereignis von historischer Bedeutung. In dem Artikel «Die große Initiative» schrieb Lenin: «Eine geradezu gigantische Bedeutung hat in dieser Hinsicht die Veranstaltung von Kom m uni s t is ehe n Sam s t a g e n durch die Arbeiter, auf Grund ihrer eigenen Initiative ... Das ist der Beginn einer Umwälzung, die schwieriger, wesentlicher, fundamentaler, entscheidender ist als der Sturz der Bourgeoisie.» *** Lenin sah in den Kommunistischen Samstagen den «f a k ti s ehe n Beginn des Kom m uni s m u s». Er .schrieb, die Kommunistischen Samstage zeigen uns «die bewußte und freiwillige Initiative der Arbeiter bei der Entwicklung der Arbeitsproduktivität, beim Übergang zu einer neuen Arbeifsdisziplin, bei der Schaffung sozialistischer Wirtschafts- und Lebensverhältnisse» ***t. Er war der Auffassung, daß der Arbeitsheroismus der Arbeiter. im * ** *** **** 318 Lenin, Sämtl, Werke, Bd. XXIX, S.519 russ. Subbotnik - Kommunistischer Samstag. Der Obers. W. 1. Leniti, .Dle große Initiative, Moskau 1941, S.3. Ebenda S.20 u. 16. Hinterland nicht weniger Aufmerksamkeit und Anspernung verdiene als das Heldentum an der Front. Lenin förderte aus allen Kräften diese «große Initiative» ,der Arbeitermassen. Als am 1. Mai 1920 im ganzen Land ein Kommunislischer Samstag durchgeführt wurde, nahm Lenin an der Arbeit zur Säuberung des Kremlplatzes teil. Einer der Teilnehmer an diesem Kommunistischen Samstag, ein Kursant der Kremlschule, erzählt: «Am rechten Flügel, bei der Fahne des Kursus, sehen wir einen untersetzten Mann im Arbeilsanzug stehen. Das war Iljitsch. Das Orchester spielte die Internationale. Plötzlich, ein Signal - Kanonendonner - und wir gehen gemeinsam mit Iljitsch an die Arbeit. Gemeinsam mit ihm säuberten wir den Kremlplatz von allem möglichen Plunder. IIjitsch trug Balken auf den Schultern, spannte sich vor einen Karren und schleppte Steine.s " Als nach der Zerschlagung Koltschaks und Denikins eine kurze Atempause des Friedens eintrat, konzentrierte Lenin seine Aufmerksamkeit auf die Arbeit der Industrie, des Verkehrswesens, der Landwirtschaft. Ein Teil der Roten Armee wurde an die Arbeitsfront überführt. Der Rat der Arbeiter- und Bauernverteidigung wurde umgewandelt in den Rat für Arbeit und Verteidigung. Lenin stellte der Partei der Bolschewiki, der Sowjetmacht drei unaufschiebbare Aufgaben, die für das Schicksal der Wiederherstellung der bis zum äußersten zerrütteten Industrie entscheidend sind: Anlegung eines großen staatlichen Vorrats von Lebensmitteln, Sicherstellung des Brennstoffs für die Industrie, Wiederherstellung und reibungslose Arbeit des Verkehrswesens. Lenin machte darauf aufmerksam, daß der Sieg über Koltschak, J udenitsch, Denikin viel leichter gewesen sei als der Sieg an der Wirtschaftsfront, denn hier geIte es, die sich im Laufe von Jahrhunderten herausgebildeten • Arbeiter und Bauern über Lenin, 1933, S. 105 .russ. 319 kleinbürgerlichen' Gewohnheiten, Verhältnisse, Gepflogen. heiten zu überwinden, und an dieser Front stände ein langer und äußerst hartnäckiger Kampf bevor. Er rief die Arbeiter dazuauf, an der Front der friedlichen Arbeit «noch größere Wunder des Heldentums und des Sieges zu vollbringen' als auf dem Schauplatz des Krieges gegen die Ausbeuter!»*. Lenin glaubte zutiefst an die schöpfe.rischen Kräfte.der Arbeiterklasse, an ihre Fähigkeit, mit allen Schwierigkeiten fertig zu werden. Er war der Auffassung, daß auch an der Arbeitsfront die Bewußtheit und Festigkeit der, Arbeiterklasse, ihre Entschlossenheit und ihr «unbeugsamer Wille, ihre Losung - .eher untergehen als kapitulieren' - wahrzumachen, nicht nur ein historischer Faktor ist, sondern auch ein Faktor, der die Entscheidung, der den Sieg bringt»". , .Ende März 1920 wurde der IX. Parteitag eröffnet. In dem Rechenschaftsbericht über die politische Tätigkeit des Zentralkomitees hob .Lenin besonders die organisierende Rolle der bolschewistischen Partei im vaterländischen Krieg hervor. Die Kampflosung der Partei «Alles für' den Sieg l», «Alles für den Krieg!» schweißte die Millionenmassen an.der Front und im Hinterland zusammen und organisierte sie, Die bolschewistische Partei gewährleistete die Einheit des· Willens und die Einheit des Handelnsder Millionen Arbeiter und Bauern. . , «Nur weil die Partei auf der Hut war», erklärte Lenin, «weil in der Partei strengste Disziplin herrschte, weil die Autorität der Partei alle Ämter und Institutionen zusammenfaßte und weil auf die vom Zentralkomitee ausgegebene Losung hin Dutzende, Hunderte, Tausende und schließlich Millionen sich wie ein Mann in Bewegung setzten, und nurweiI unerhörte Opfer gebracht wurdennur darum konnte das Wunder geschehen, das geschehen ist. Nur darum waren wir, obwohl die Imperialisten .der Ententeunddie Imperialisten der ganzen .welt ihren Feld'" Lenin, Sämtl. Werke, Bd, XXV, S. 26. Lettin, Ausgew. Werke,Bd. 8, S.93. ** 320 zug zweimal, dreimal und viermal unternahmen, imstande zu siegen.»" Lenin lenkte die ganze Aufmerksamkeit des Parteitags der Bolsehewild auf die Fragen des wirtschaftlichen Aufbaus. Darüber schrieb er in dem im Namen des Zentralkomitees veröffentlichten «Brief an die Organisationen der KPR(B) über die Vorbereitung zum Parteitag». Eben darüber sprach er sowohl bei der Eröffnung des Parteitags als auch in seinem Rechenschaftsbericht über die Arbeit des Zentralkomitees, sowohl in seiner Rede über den wirtschaftlichen Aufbau als auch in der Rede bei der Schließung des Parteitags. Lenin rief die. Partei, die Arbeiter und Bauern dazu auf, ihre ganze Energie «auf die Wiederherstellung der Wirtschaft des Landes, in erster Linie auf die Wiederherstellung des Verkehrswesens und in zweiter Linie auf die Wiederherstellung der Lage in der Lebensmittelversorgung» "'* zu richten. Auf dem Parteitag wandte sich Lenin entschieden gegen die parteifeindliche Gruppe des «demokratischen Zentralismus», die von Rykow und Tomski unterstützt wurde. Diese Gruppe verfocht die unbegrenzte «Kollegialität» und Verantwortungslosigkeit in der Verwaltung der Industrie gegen das von Lenin aufgestellte und von der ganzen Partei unterstützte Prinzip der individuellen Leitung und der persönlichen Verantwortung der Direktoren in Industrie und Verkehrswesen. Auf Grund der Hinweise Lenins widmete der Parteitag dem einheitlichen Wirtschaftsplan größte Aufmerksamkeit, in. welchem die Elektrifizierung der gesamten Volkswirtschaft den ersten Platz einnahm. Der IX. Parteitag der bolschewistischen Partei beschloß, die Gesamtausgabe der Werke W. I. Lenins in Angriff zu nehmen. Im April 1920 beging die Partei der Bolsehewild den fünfzigsten Geburtstag ihres Führers und Gründers '-- * ** 21 - Ebenda S. 84. Lenin, Sämtl. Werke, Bd. XXV, S. 159/60. LenJn 321 Wladimir Iljitsch Lenins. Auf einem vom Moskauer Komitee am 23. April veranstalteten Abend ergriffen die nächsten Kampfgefährten und Freunde Leuins - Stalin, Gorki und andere - das Wort. Am Schluß der Versammlung hielt Lenin eine kurze Rede. Seine Rede widmete Wladimir Iljitsch der Partei der Bolschewiki, ihrer hohen Stellung als Partei, die ein gewaltiges Land regiert, ihrer überaus großen Verantwortung vor dem Volk und dem internationalen Proletariat. Er sprach darüber, wie gefährlich es sei, wenn die Erfolge zu Kopfe steigen, wie in der Geschichte häufig diejenigen Parteien Mißerfolge und Niederlagen erlitten hätten, die überheblich geworden waren. Unter Hinweis darauf, daß die Hauptschwierigkeiten die Schwierigkeiten des sozialistischen Aufbaus - noch bevorstehen, warnte Lenin die Partei vor der Gefahr der überheblichkeit. Er erklärte, daß diese Gefahr «von jedem Bolschewik als einzelnem und von den Bolschewiki in ihrer Gesamtheit als politischer Partei besonders in Rechnung gestellt werden muß» *. Lenin schloß seine Rede mit dem Ausdruck der festen Oberzeugung, daß die Bolschewiki niemals in die Lage einer überheblich gewordenen Partei ger,::}tenwerden. . In seinen Reden UBd Schriften propagierte Lenin unermüdlich die Aufgabe, die Produktivität der Arbeit zu erhöhen sowie eine neue, sozialistische Arbeitsdisziplin zu schaffen. Er sagte und schrieb: «Eine neue Arbeitsdisziplin schaffen, neue Formen der gesellschaftlichen Verbindung zwischen den Menschen schaffen, neue Formen und Methoden der Heranziehung der Menschen zur Arbeit schaffen - das ist eine Arbeit vieler Jahre und Jahrzehnte. Das ist die dankbarste und erhabenste Aufgabe.»" Als wichtigste Sache betrachtete Lenin die Organisie.rung der Kontrolle,die Heranziehung der Arbeiter und * ** 322 Lenin, sämtl. Werke, Bd. XXV, S. 200. Lenin, Ausgew. Werke, Bd.9, S.486. Bauern und besonders der Fraueri zu dieser Arbeit. An die Spitze des Volkskommissariats für staatliche Kontrolle wurde Genosse Stalin gestellt. Im April 1919 schrieb Lenin an Stalin, daß in den Vordergrund der Arbeit der Kontrolle die Aufgabe rückt, auf Grund von Beschwerden der Bürger fliegende Revisionen durchzuführen, gegen Mißbräuche und Schlamperei revolutionäre Kampfmaßnahmen zu ergreifen, die Produktivität der Arbeit zu erhöhen und die Menge der Erzeugnisse zu vergrößern. In dem Apparat der Kontrolle sah Lenin ein machtvolles Mittel zur Heranziehung der Werktätigen zur Staatsarbeit. Zu diesem Zweck wurde das Kommissariat für staatliche Kontrolle im Jahre 1920 umgebildet zur Arbeiter- und Bauerninspektion. Lenin beriet sich mit Stalin, schrieb ihm: «Das Ziel: die ga n ze Masse der Werktätigen, sowohl die Männer als auch besonders die Frauen, an der Arbeiter- und Bauerninspektion teilnehmen zu lassen.» '" Lenin, der die Partei der Bolschewiki und die Arbeiterklasse zum Kampf für die Wiederherstellung der Wirtschaft aufrief, warnte rechtzeitig, der Feind werde Kräfte sammeln, er werde noch einmal versuchen, die Sowjetmacht mit bewaffneter Hand zu ·stürzen. Was Lenin vorausgesehen, traf ein. Die Imperialisten unternahmen bald einen neuen Interventionsversuch, begannen ihren dritten Kriegszug gegen das Land der Sowjets. Im April 1920 warfen sie gegen die Sowjetrepublik die Truppen der polnischen Pans und die Weißgardisten des Barons Wrangel, der von der Krim her den Vormarsch antrat. Lenin bezeichnete Polen und Wrangel als die beiden Arme des internationalen Impertalismus, mit denen er die Sowjetrepublik zu erdrosseln versuchte. Der Krieg forderte aufs neue Opfer, Entbehrungen, eine kolossale Anspannung der Kräfte des ganzen Landes. Aber in der Erkenntnis der Gerechtigkeit ihrer Sache begegneten die Arbeiterklasse und die werktätige Bauernschaft * 21° Ebenda S. 496. 323 kühn den Schwierigkeiten, überwanden sie mutig und waren von ihrem Sieg überzeugt. Lenin erklärt: «Wir verteidigen nicht das Recht, fremde Völker auszuplündern, sondern wir verteidigen unsere proletarische Revolution und werden sie bis ans Ende verteidigen. Das Rußland, das : sich befreit, das in zwei Jahren Leid seine Sowjetrevolution behauptet hat, dieses Rußland werden wir bis zum letzten Blutstropfen verteidigen!» "
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