PERSÖNLICHE SCHUTZAUSRÜSTUNGEN Persönliche Schutzausrüstungen Persönliche Schutzausrüstungen Martin Brose Karin Dauth Renate Kaiser Dr. Reinhard Lux Martin Mehlem Norbert Schilling Christel Trautmann Bildnachweise Titel oben links: Pfalzwerke AG Abbildung 3.1: Amith/Fotolia Abbildung 3.1.6: UVEX GmbH Abbildung 4.3.5: KCL GmbH Abbildungen 5: EWS Schuhfabrik, Otter Schutz GmbH Abbildungen 6.2, 6.3, 6.5, 6.6, 6.7, 6.8, 6.10: UVEX GmbH Abbildung 6.6: 3M Deutschland GmbH Abbildung 6.9: Sperian Protection Deutschland GmbH Abbildung 7.1: Maurin/Fotolia Abbildung 7.3.1: Rabe/Fotolia Abbildung 7.4.1: frankoppermann/Fotolia Abbildung 7.6.1: Bergringfoto/Fotolia Abbildung 8.1.1: Pfalzwerke AG Abbildung 8.3.1: Schuberth GmbH Abbildung 10.3: LE Image/Fotolia Abbildungen 12.1 und 12.2: 3M Deutschland GmbH, Sperian Protection Deutschland GmbH Abbildung 12.3: 3M Deutschland GmbH 2 Inhalt 1. 2. Vorwort 5 Einführung – Chancen und Grenzen des Einsatzes persönlicher Schutzausrüstungen 6 Rechtliche Grundlagen für Herstellung, Bereitstellung und Benutzung persönlicher Schutzausrüstungen Rechtsvorschriften und technische Regeln für die PSA-Herstellung und Verpflichtungen des Herstellers für das Inverkehrbringen von PSA PSA-Beschaffung und Bereitstellung sowie bestimmungsgemäße PSA-Benutzung im Betrieb 18 3. 3.1 3.2 3.3 Schutz des Kopfes Industrieschutzhelme Anstoßkappen Haarnetze 24 24 27 27 4. 4.1 4.2 4.3 Schutzhandschuhe Schutzhandschuhe gegen mechanische Risiken Schutzhandschuhe gegen thermische Risiken Schutzhandschuhe gegen chemische und bakteriologische Risiken 28 29 31 33 5. Fußschutz 37 6. Schutz des Gesichtes und der Augen 46 7. 7.1 7.2 7.3 7.4 7.5 7.6 7.7 Schutz des Rumpfes Kälteschutzkleidung Regenschutzkleidung Schweißerschutzkleidung Chemikalienschutzkleidung Warnkleidung Schutzanzüge für den Umgang mit Kettensägen Schutzkleidung gegen das Erfasstwerden sich bewegender Teile 59 61 62 64 66 70 71 71 2.1 2.2 9 9 3 8. 8.1 8.2 8.3 8.4 Persönliche Schutzausrüstungen für elektrische Arbeiten Elektrisch isolierende Schutzkleidung Handschutz Elektrisch isolierende Schutzhelme Elektrisch isolierende Schutzschuhe 73 74 75 76 77 9. 9.1 9.2 Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz Auffangsysteme PSA-Bestandteile von Auffangsystemen 79 81 89 10. Schutz der Haut 103 11. Atemschutz 118 12. Schutz des Gehörs 128 4 Vorwort Der Begriff „persönliche Schutzausrüstungen“ sagt es bereits – Ausrüstungen sollen Menschen am Arbeitsplatz vor Gefahren schützen. Gefahren durch scharfkantige Gegenstände, chemische Stoffe oder Gefahren durch Absturz stellen dabei lediglich einen kleinen Teil der vielfältigen Gefahren am Arbeitsplatz dar, denen die Beschäftigten ausgesetzt sein können. Persönlich müssen die Schutzausrüstungen sein: Nur wenn jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter über eine eigene Schutzausrüstung verfügt, sind auch ideale Voraussetzungen für deren Benutzung gegeben. Keinesfalls ist zu übersehen, dass persönliche Schutzausrüstungen nicht die erste Wahl zur Herstellung eines ausreichenden Arbeits- und Gesundheitsschutzes darstellen. Vielmehr liegt es in der Verantwortung des Unternehmers, vorrangig durch sichere konstruktive Gestaltungen baulicher und technischer Einrichtungen sowie den Einsatz sicherheitstechnischer Lösungen für sichere Arbeitsplätze Sorge zu tragen. Somit stehen persönliche Schutzausrüstungen nur dann zur Diskussion, wenn aus betrieblichen Gründen die zuvor beschriebenen primären Maßnahmen nicht realisierbar sind. Für nahezu jede betriebliche Tätigkeit bietet eine Vielzahl von Herstellern geeignete Lösungen für den Einsatz persönlicher Schutzausrüstungen an. Den Unternehmern obliegt die Auswahlverantwortung für die Beschaffung und den bestimmungsgemäßen Einsatz der Ausrüstungen. Dabei erhöht eine Beteiligung der Beschäftigten in der Auswahlphase die Akzeptanz und damit die Tragebereitschaft gegenüber persönlichen Schutzausrüstungen nachhaltig. Die vorliegende Broschüre gibt zahlreiche Hilfestellungen zur Auswahl geeigneter persönlicher Schutzausrüstungen und deren bestimmungsgemäßer Verwendung. Köln, im Januar 2015 Dr. Reinhard Lux 5 1. Einführung – Chancen und Grenzen des Einsatzes persönlicher Schutzausrüstungen Dr.-Ing. Reinhard Lux Eine Vielzahl von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, in der Sprache der gesetzlichen Unfallversicherung als Versicherte bezeichnet, ist im Rahmen ihrer täglichen Arbeit Gefährdungen ausgesetzt. Gefährdungen gibt es vielfältige, z. B. mechanische Gefährdungen an Maschinen sowie anderen technischen Einrichtungen oder Gefährdungen durch Gefahrstoffe, die im Rahmen des Arbeitsprozesses eingesetzt werden oder entstehen können. Darüber hinaus kann das mit der einzelnen Gefährdung verbundene Risiko auf sehr unterschiedlich hohem Niveau ausgeprägt sein. Zum einen sind sehr unterschiedliche Verletzungsschweren bei der Ausführung einer Tätigkeit denkbar, zum anderen differieren die Erwartungswahrscheinlichkeiten derartiger Verletzungen erheblich. Wie auch immer – der Unternehmer ist verpflichtet, im Rahmen einer sogenannten Gefährdungsbeurteilung1 alle mit der Verwendung eines Arbeitsmittels, mit der Beschaffenheit eines Arbeitsplatzes und alle mit der Durchführung eines Arbeitsverfahrens verbundenen Gefährdungen zu ermitteln, diese zu bewerten und die erforderlichen Schutzmaßnahmen und -einrichtungen festzulegen. durch organisatorische Maßnahmen beseitigt werden können. (Zur verkürzten Schreibweise wird im Folgenden in dieser Broschüre die Abkürzung PSA für persönliche Schutzausrüstungen verwendet.) Diese vom Gesetzgeber vorgegebene Rangfolge der Schutzmaßnahmen2 trägt wesentlich dazu bei, dass die Lösung sicherheitsund gesundheitsrelevanter Problemstellungen in der betrieblichen Praxis nicht vordergründig mit Belastungen der Versicherten aufgefangen wird. Auch wenn PSA in den letzten Jahren einen nachhaltigen Entwicklungsschub erfahren haben, muss sachlich festgehalten werden, dass einzelne Ausrüstungen, insbesondere Atemschutzgeräte oder Chemikalienschutzanzüge, mit erheblichen Belastungen für die Benutzer verbunden sind. Leider werden in vielen Fällen auch andere PSA, wie Schutzschuhe oder -handschuhe, von ihren Benutzern subjektiv als störend empfunden. Hier sind auch weiterhin sachliche und positive Informationen durch die PSA-Hersteller und die Unternehmer erforderlich – diese Broschüre möchte ihren Beitrag dazu leisten. 1 Bei der Auswahl der erforderlichen Maßnahmen gilt als wichtigster Grundsatz: Persönliche Schutzausrüstungen stellen erst dann eine akzeptable Maßnahme dar, wenn die Gefährdungen weder durch technische noch 6 Die Verpflichtung zur Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen ist u. a. verankert in § 5 ArbSchG, § 3 BetrSichV und § 3 UVV „Grundsätze der Prävention“ DGUV Vorschrift 1 (BGV A1) 2 § 4 ArbschG führt aus, dass individuelle Schutzmaßnahmen nachrangig zu anderen Maßnahmen anzuwenden sind. 1. Einführung – Chancen und Grenzen des Einsatzes persönlicher Schutzausrüstungen PSA sind generell Ausrüstungen für die persönliche Verwendung einzelner Versicherter. Allein mit Blick auf unterschiedliche körperliche Merkmale der Einzelnen, wie Körpergröße oder -gewicht, ergibt sich eine zwingende persönliche Zuordnung der Ausrüstungen. Die mit dem körperlichen Kontakt der Ausrüstungen verbundenen hygienischen Anforderungen unterstreichen die Notwendigkeit einer ausschließlich personenbezogenen Benutzung. Mit der persönlichen Zuordnung der PSA wird gleichzeitig die Identifizierung der Versicherten mit ihrer Ausrüstung gefördert – ein pfleglicher Umgang ist die Folge. Binden Sie als Unternehmer Ihre Beschäftigten doch in den Auswahlprozess für eine maximal geeignete PSA ein. Niemand kennt die Rahmenbedingungen am Arbeitsplatz besser als die Beschäftigten, die bei ihrer Einbindung durch die Vorgesetzten auch ein deutlich gesteigertes Maß an Akzeptanz bzgl. der ausgewählten PSA an den Tag legen. Selbstverständlich ist es Aufgabe des Unternehmers, die Kosten für die Beschaffung, Instandhaltung und Ersatzbeschaffung der PSA zu tragen – er stellt die PSA kostenlos zur Verfügung. Hiervon ausgenommen ist allerdings Arbeitskleidung ohne Schutzfunktion. Die besten PSA erfüllen die ihr zugedachten Schutzfunktionen nicht, sofern sie von den Versicherten nicht korrekt angelegt und getragen werden. Insbesondere zum Verständnis der Funktionsweisen der PSA sind Unterweisungen erforderlich, bei komplexen PSA oder bei PSA die gegen tödliche Risiken schützen müssen, sind ergänzende regelmäßige Übungen unumgänglich. Der ordnungsgemäße Zustand jeder PSA ist Garant und gleichzeitig Basis der sicheren Funktion der Ausrüstungen. Jeder Benutzer sollte daher im Rahmen der Unterweisungen so qualifiziert werden, dass er einfache Mängel der PSA durch Inaugenscheinnahme erkennen kann. Somit ist ein arbeitstäglicher Check der Ausrüstung vor jeder Benutzung ohne erheblichen Zeitaufwand möglich. Diese Prüfungen durch Inaugenscheinnahme ersetzen nicht die regelmäßig wiederkehrenden Prüfungen durch einen Sachkundigen. Die Forderung nach wiederkehrenden Prüfungen ist u. a. in PSA-Benutzungsverordnung3 verankert. Hiernach ist der Unternehmer verpflichtet, durch Wartungs-, Reparaturund Ersatzmaßnahmen sowie durch ordnungsgemäße Lagerung dafür Sorge zu tragen, dass die PSA während der gesamten Benutzungsdauer gut funktionieren und sich in einem hygienisch einwandfreien Zustand befinden. In Abhängigkeit von der Komplexität der einzelnen PSA und dem Grad der 3 Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Benutzung persönlicher Schutzausrüstungen bei der Arbeit (PSA-Benutzungsverordnung – PSA-BV) vom 4. Dezember 1996 (BGBl I S. 1841) 7 1. Einführung – Chancen und Grenzen des Einsatzes persönlicher Schutzausrüstungen durch die PSA zu vermeidenden Risiken sind ggf. erhebliche Qualifizierungsmaßnahmen für die mit den Prüfungen zu beauftragten Sachkundigen erforderlich. Der sorgsame Umgang im Rahmen der Aufbewahrung und Lagerung von PSA sollte selbstverständlich sein. Hierzu gehören u. a.: • Aufbewahrung in sauberen und trockenen Behältnissen und/oder Räumen • getrennte Aufbewahrung der PSA und verschmutzter Arbeitsmittel oder Arbeitsstoffen, wie z. B. Ölen oder Reinigungsmitteln • Säuberung der PSA nach dem Gebrauch nach Vorgabe des Herstellers • Trocknung nasser PSA vor der Aufbewahrung. In den nachfolgenden Kapiteln dieser Broschüre stellen wir Ihnen die gebräuchlichsten PSA vor. Wir bitten um Ihr Verständnis, dass nicht jede nur denkbare PSA behandelt werden kann. Die in dieser Broschüre enthaltenen Bilder und Skizzen stellen ausschließlich Beispiele zur Beschaffenheit und zur Anwendung von PSA dar, die geeignet sind, staatliche und berufsgenossenschaftliche Anforderungen für den Einzelfall zu erfüllen. Die Beispiele schließen daher andere Lösungen nicht aus, die die Sicherheit und 8 den Gesundheitsschutz der Beschäftigten in gleicher Weise gewährleisten. Die Berücksichtigung der in dieser Broschüre dargelegten Anforderungen und Lösungsbeispiele befreien den Unternehmer jedoch nicht von seinen Verpflichtungen zur Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung (u. a. im Sinne § 5 Arbeitsschutzgesetz, § 3 Betriebssicherheitsverordnung, § 6 Gefahrstoffverordnung). 2. Rechtliche Grundlagen für Herstellung, Bereitstellung und Benutzung persönlicher Schutzausrüstungen Dr.-Ing. Reinhard Lux Ist der Unternehmer in Folge seiner betriebsspezifischen Gefährdungsbeurteilung zu dem Ergebnis gekommen, dass zum Schutz der Versicherten der Einsatz von PSA unumgänglich ist, ergeben sich für ihn unterschiedliche Verpflichtungen. So hat er z. B. die PSA abgestimmt auf die spezifischen Arbeitsplatzverhältnisse und Tätigkeitsabläufe auszuwählen, einzukaufen und den Versicherten zur Verfügung zu stellen. Ergänzend ist seinerseits sicherzustellen, dass die Beschäftigten hinsichtlich des bestimmungsgemäßen Umgangs mit der PSA qualifiziert werden und organisatorisch wiederkehrende Prüfungen und die Ersatzbeschaffung von PSA sichergestellt sind. Das PSA einsetzende Unternehmen muss und darf im Rahmen der Beschaffung der Schutzausrüstung davon ausgehen, dass herstellerseitig die aktuellen Rechtsvorschriften und Regelwerke berücksichtigt wurden. Der PSA-Benutzer kann unterstellen, dass der Hersteller die erforderlichen Verfahren vor dem Inverkehrbringen seiner Produkte, wie z. B. die Baumusterprüfung oder erforderliche Kontrollverfahren zur Bewertung der produzierten PSA, anwendet. Zum Verständnis der in den Rechtsvorschriften beinhalteten Anforderungen zur Beschaffenheit und zur Verwendung von PSA werden nachfolgend vorgestellt: • die Verpflichtungen der Hersteller im Rahmen des Inverkehrbringens von PSA und • die Pflichten des Unternehmers bei der Beschaffung und Bereitstellung der PSA sowie die Pflichten der Versicherten im Rahmen der PSA-Benutzung 2.1 Rechtsvorschriften und technische Regeln für die PSA-Herstellung und Verpflichtungen des Herstellers für das Inverkehrbringen von PSA Die PSA-Herstellung unterliegt in der Bundesrepublik Deutschland dem Produktsicherheitsgesetz1. Hiernach dürfen die Hersteller von PSA ihre Produkte ausschließlich dann auf dem Markt bereitstellen, wenn sie die Anforderungen der europäischen Herstellungsrichtlinie für PSA2 erfüllen, die ihrerseits in Deutschland durch die PSA-Herstellungsverordnung3 in nationales Recht überführt wurde. Ergänzend muss herstellerseitig sichergestellt sein, dass die Sicherheit und die Gesundheit der späteren Verwender, aber auch dritter Personen durch die Anwendung der PSA sichergestellt sind. Diese Forderungen haben die PSA sowohl bei bestimmungsgemäßer Verwendung, aber auch bei 1 2 3 • die wesentlichen Rechtsvorschriften und technischen Regeln für die PSA-Herstellung Gesetz über die Bereitstellung von Produkten auf dem Markt vom 8. November 2011) Richtlinie 89/686/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für persönliche Schutzausrüstungen Achte Verordnung zum Produktsicherheitsgesetz (Verordnung über die Bereitstellung von persönlichen Schutzausrüstungen auf dem Markt – 8. GPSGV) 9 2. Rechtliche Grundlagen für Herstellung, Bereitstellung und Benutzung persönlicher Schutzausrüstungen Abb. 2.1.1: Übersicht der grundlegenden Anforderungen des ProdSG an PSA vorhersehbaren Fehlanwendungen zu erfüllen. Für die Hersteller bedeutet dies: • Im Rahmen der Konzipierung und Produktion der PSA-Produkte sind deren 10 spätere Verwendungsbedingungen genau festzulegen. Diese sogenannten bestimmungsgemäßen Verwendungen werden zur Information der PSA-Benutzer genau in den Benutzungsanleitungen beschrieben. 2. Rechtliche Grundlagen für Herstellung, Bereitstellung und Benutzung persönlicher Schutzausrüstungen • Ebenfalls sind hinreichende Informationen darüber zu geben, wofür das jeweilige PSA-Produkt nicht geeignet ist. Bei dieser so genannten vorhersehbaren Verwendung handelt es sich im Sinne des § 2 ProdSG um eine „Verwendung eines Produkts in einer Weise, die von derjenigen Person, die es in Verkehr bringt, nicht vorgesehen, jedoch nach vernünftigem Ermessen vorhersehbar ist.“ Der Hersteller einer PSA ist also stets gehalten, sich umfassende Gedanken über die späteren Benutzungsrandbedingungen seines Produktes zu machen und seine Kunden umfangreich über die Benutzungsanleitung zu informieren. Am Rande sei darauf hingewiesen, dass zahlreiche PSA auch so genannte Verbraucherprodukte4 darstellen. Beispielsweise werden Schutzbrillen, Schutzhandschuhe oder auch Gehörschutz von zahlreichen Verbrauchern gekauft und 4 Verbraucherprodukte sind neue, gebrauchte oder wiederaufgearbeitete Produkte, die für Verbraucher bestimmt sind oder unter Bedingungen, die nach vernünftigem Ermessen vorhersehbar sind, von Verbrauchern benutzt werden können, selbst wenn sie nicht für diese bestimmt sind. … (siehe § 2 Nr. 26 ProdSG) Harmonisierte europäische Normen Abb. 2.1.2: Übersicht der grundlegenden Anforderungen des GPSG an PSA Harmonisierte Normen tragen wesentlich zum Konformitätsnachweis bei. 11 2. Rechtliche Grundlagen für Herstellung, Bereitstellung und Benutzung persönlicher Schutzausrüstungen im Rahmen privater Aktivitäten benutzt. Da Verbraucher generell als Laien einzustufen sind, greift die Informationsverpflichtung des Herstellers an dieser Stelle besonders. Bei einem näheren Studium der Anforderungen der PSA-Herstellungs-Richtlinie, aber auch der 8. GPSGV, wird schnell deutlich, dass die Anforderungen dieser Rechtsvorschriften an die Beschaffenheit von PSA-Produkten ausschließlich Schutzzielanforderungen darstellen. Konkrete Bau- und Ausrüstungsanforderungen für die Herstellung sind, abgesehen von den grundlegenden Anforderungen für Gesundheitsschutz und Sicherheit gemäß Anhang II der Richtlinie, nicht enthalten. Es bedarf somit eines weiteren untergesetzlichen Regelungswerks, das diese Aufgabe der Konkretisierung von Beschaffenheitsanforderungen an PSA übernimmt. Die PSA-Herstellungs-Richtlinie führt an dieser Stelle aus: „Damit die Übereinstimmung mit den grundlegenden Anforderungen leichter nachgewiesen werden kann, müssen auf europäischer Ebene harmonisierte Normen insbesondere für die Gestaltung, die Herstellung, die Spezifikationen und die Methoden für die Erprobung der persönlichen Schutzausrüstungen verfügbar sein, bei deren Einhaltung eine Übereinstimmung mit den grundlegenden Anforderungen angenommen werden kann. Diese auf europäischer Ebene harmonisierten Normen werden von privatrechtlichen 12 Institutionen entwickelt und müssen unverbindliche Bestimmungen bleiben. Zu diesem Zweck werden der Europäische Normungsausschuss (CEN) … als zuständige Gremien anerkannt, um die harmonisierten Normen … erlassen.“ Folge dieser europäischen Regelung ist der Konformität auslösende Charakter der harmonisierten Normen. Stellt ein PSA-Hersteller ein Produkt unter konsequenter Beachtung der Anforderungen einer oder mehrerer für sein Produkt relevanter harmonisierter Normen her, kann er davon ausgehen, dass sein Produkt ebenfalls die Anforderungen der PSA-Herstellungs-Richtlinie erfüllt. Dieser Zusammenhang führt zu einer erheblichen rechtlichen „Aufwertung“ der harmonisierten Normen, ohne deren Anwendung ein Inverkehrbringen von PSA heutzutage kaum noch möglich ist. Sämtliche harmonisierten Normen werden von den nationalen Normungsorganisationen in die jeweiligen nationalen Normenwerke übernommen. In der Bundesrepublik Deutschland bedeutet dies, dass eine europäisch verabschiedete Norm mit der Bezeichnung EN XYZ in eine deutsche Norm DIN EN XYZ überführt wird. Dabei sind sämtliche nationalen Normen, abgesehen von den unterschiedlichen Sprachfassungen, inhaltsgleich mit der harmonisierten Norm. Die harmonisierte Norm ist somit ein unmittelbares Handlungsinstrumentarium für einen reibungslosen Binnenmarkt in Europa. 2. Rechtliche Grundlagen für Herstellung, Bereitstellung und Benutzung persönlicher Schutzausrüstungen Für die PSA-Hersteller ergeben sich u. a. nachfolgende Verpflichtungen im Rahmen des Inverkehrbringens5 ihrer Produkte: • Zusammenstellung der technischen Unterlagen6 • Durchführung eines Bescheinigungverfahrens • Beauftragung einer Baumusterprüfung für Kategorie-III-PSA • Erstellung einer EG-Konformitätserklärung • Erstellung einer Produktinformation für den späteren Benutzer • Qualitätssicherung der gefertigten PSA für Kategorie-III-PSA • Ausstattung jedes einzelnen PSA-Produkts mit der CE-Kennzeichnung Da für die Sicherheit und das Leben der Benutzer eine normenkonforme Herstellung der PSA zwingende Voraussetzung ist, sind die Produkte vor ihrer Herstellung einer EG-Baumusterprüfung7 durch eine prüfende Stelle zu unterziehen. Von der EG-Baumusterprüfung sind ausschließlich einfache PSA-Modelle, bei denen der Konstrukteur davon ausgeht, dass der Benutzer die Wirksamkeit gegenüber geringfügigen Risiken selbst beurteilen kann, ausgenommen. Zu dieser PSA-Kategorie I gehören ausschließlich PSA zum Schutz gegen: • oberflächliche mechanische Verletzungen (Handschuhe für Gartenarbeiten, Fingerhüte usw.) • nur schwach aggressive Reinigungsmittel, deren Wirkung ohne weiteres reversibel ist (Schutzhandschuhe für verdünnte Waschmittellösungen usw.) • Risiken bei der Handhabung heißer Teile, deren Temperatur 50 °C nicht übersteigt und die keine gefährlichen Stöße verursachen (Handschuhe, Arbeitsschürzen für berufliche Zwecke usw.) • Witterungsbedingungen, die weder außergewöhnlich noch extrem sind (Kopfbedeckungen, witterungsgerechte Kleidung, Schuhe und Stiefel usw.) • schwache Stöße und Schwingungen, die nicht bis zu den Vitalzonen des Körpers gelangen und keine irreversiblen Verletzungen bewirken können (leichte Kopfbedeckungen als Haarschutz, Handschuhe, leichtes Schuhwerk usw.) • Sonneneinstrahlung (Sonnenbrillen). PSA der Kategorie III unterliegen nach Wahl des Herstellers zur Kontrolle der fertigen Produkte8 entweder einer „EG-Qualitätssicherung für das Endprodukt“ oder einem EG-Qualitätssicherungssystem mit Überwachung“. Diese Kategorie erfasst komplexe 5 6 7 8 Gemäß § 2 Nr. 26 ProdSG ist Inverkehrbringen die erstmalige Bereitstellung eines Produkts auf dem Markt: die Einfuhr in den Europäischen Wirtschaft sraum steht dem Inverkehrbringen eines neuen Produkts gleich. Anforderungen an technische Unterlagen des Herstellers sind in Anhang III Richtlinie 89/686/EWG enthalten. Nähere Regelungen zur EG-Baumusterprüfung siehe Artikel 10 Richtlinie 89/686/EWG (PSA-Herstellungsrichtlinie) Zur Kontrolle der fertigen PSA siehe Artikel 11 Richtlinie 89/686/EWG. 13 2. Rechtliche Grundlagen für Herstellung, Bereitstellung und Benutzung persönlicher Schutzausrüstungen Abb. 2.1.3: Übersicht der verschiedenen EU-Konformitätsbewertungsverfahren in Abhängigkeit von der PSA-Kategorie (gemäß Richtlinie 89/686/EWG) PSA, die gegen tödliche Gefahren oder ernste und irreversible Gesundheitsschäden schützen sollen. Gleichzeitig ist zu unterstellen, dass auftretende Mängel beim Gebrauch der PSA von den Benutzern nicht rechtzeitig 14 erkannt werden können. Zu diesen PSA gehören ausschließlich: • Atemschutzgeräte mit Filter zum Schutz gegen Aerosole in fester/flüssiger Form 2. Rechtliche Grundlagen für Herstellung, Bereitstellung und Benutzung persönlicher Schutzausrüstungen Abb. 2.1.4: Beispiel für die Gestaltung einer Konformitätserklärung oder gegen reizende, gefährliche, toxische oder radiotoxische Gase • vollständig von der Atmosphäre isolierende Atemschutzgeräte, einschließlich Tauchgeräte • PSA, die lediglich einen zeitlich begrenzten Schutz gegen chemische Einwirkungen oder ionisierende Strahlungen gewährleisten können 15 2. Rechtliche Grundlagen für Herstellung, Bereitstellung und Benutzung persönlicher Schutzausrüstungen • Ausrüstungen für den Einsatz in warmer Umgebung, die vergleichbare Auswirkungen hat wie eine Umgebung mit einer Lufttemperatur von 100 °C oder mehr, mit oder ohne Infrarotstrahlung, Flammen oder großen Spritzern von Schmelzmaterial • Ausrüstungen für den Einsatz in kalter Umgebung, die vergleichbare Auswirkungen hat wie eine Umgebung mit einer Lufttemperatur von 50 °C oder weniger • PSA zum Schutz gegen Stürze aus der Höhe • PSA zum Schutz gegen Risiken der Elektrizi tät und bei Arbeiten an unter gefährlichen Spannungen stehenden Anlagen oder zur Isolierung gegen Hochspannungen. Bei PSA der Kategorie II handelt es sich um Produkte, die weder der Kategorie I noch der Kategorie III angehören. Baumusterprüfungen werden von unabhängigen, gemeldeten Stellen durchgeführt und sollen die Übereinstimmung der jeweiligen geprüften PSA mit den Anforderungen der Richtlinie und den im Einzelfall anzuwendenden harmonisierten Normen nachweisen. Grundsätzlich ist es auch möglich, Kategorie-I-PSA einer Baumusterprüfung unterziehen zu lassen. In derartigen Fällen kommt die Baumusterprüfung i. d. R. zum Zwecke der Produktwerbung zum Einsatz. Mit der Konformitätserklärung9 gibt der Hersteller eine Erklärung ab, die bescheinigt, dass seine in Verkehr gebrachte PSA den Bestimmungen der PSA-Herstellungs-Richtlinie 16 entspricht. Es sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Erklärung keine Bescheinigung einer unabhängigen Stelle darstellt. Vielmehr liegt es in der alleinigen, aber unmittelbaren Verantwortung des Herstellers, ggf. unter Bekanntgabe aller baumusterprüfungsrelevanten Angaben, ein vollständiges und ordnungsgemäßes Formular auszufüllen. Jede Konformitätserklärung ist unter Angabe der unterschriftsberechtigten Person zu unterzeichnen. Es sollte selbstverständlich sein, dass ausschließlich für ein Unternehmen zeichnungsberechtigte Personen oder leitende Führungskräfte, die die unmittelbare Verantwortung für die Konstruktion und Fertigung der PSA tragen, die Erklärung unterzeichnen. Konformitätserklärungen sind für jede PSA zu erstellen und verstehen sich als Bestandteil des Produktes selber. Sie sind daher jeder Verpackung einer PSA beizufügen. Jeder Hersteller einer PSA ist vor dem Inverkehrbringen seiner Produkte verpflichtet, diese mit der CE-Konformitätskennzeichnug10 auszustatten. Diese besteht aus den Buchstaben „CE“, die nach einem fest vorgegebenen Schriftbild auszuführen sind. Dabei müssen die verschiedenen Bestandteile der CE-Kennzeichnung etwa gleich hoch sein – die Mindesthöhe beträgt 5 mm. Bei kleinen PSA kann von dieser Höhe abge9 Zur EG-Konformitäserklärung siehe auch Anhang VI Richtlinie 89/686/EWG 2. Rechtliche Grundlagen für Herstellung, Bereitstellung und Benutzung persönlicher Schutzausrüstungen pen, hinsichtlich der Bedeutung und des Schriftbildes der CE-Kennzeichnung irregeführt werden könnten. Jede andere Kennzeichnung darf auf der PSA oder ihrer Verpackung angebracht werden, wenn sie die Sicht- und Lesbarkeit der CE-Kennzeichnung nicht beeinträchtigt. Abb. 2.1.5: Beispiel für die Anbringung eines CE-Kennzeichens mit Angabe der qualitätsüberwachenden Stelle auf einem Karabinerhaken wichen werden. Handelt es sich um eine Kategorie-III-PSA, und hat sich der Hersteller zur Kontrolle seiner fertigen Produkte für die Anwendung eines EG-Qualitätssicherungssystems mit Überwachung entschieden, ist das „CE-Zeichen“ durch die Kennnummer der gemeldeten Stelle zu ergänzen, die diese Produktionsüberwachung sicherstellt (siehe z. B. Abb. 2.1.5). Das „CE-Zeichen“ ist auf jeder hergestellten PSA so anzubringen, dass es während der voraussichtlichen Lebensdauer dieser PSA gut sichtbar, leserlich und dauerhaft erhalten bleibt. Ist eine entsprechende Kennzeichnung aufgrund der besonderen Merkmale eines PSA-Produktes nicht möglich, so kann die CE-Kennzeichnung auf der Verpackung angebracht werden. Ebenfalls sind die Hersteller verpflichtet, der PSA eine schriftliche Information11 für den Benutzer in deutscher Sprache beizufügen, die u. a. folgende Angaben enthalten muss: • Namen und der Anschrift des Herstellers und/oder seines in der Gemeinschaft niedergelassenen Bevollmächtigten • Anweisungen für Lagerung, Gebrauch, Reinigung, Wartung, Überprüfung und Desinfizierung • das mit den PSA zu verwendende Zubehör sowie Merkmale passender Ersatzteile • die den verschiedenen Risikograden entsprechenden Schutzklassen und die entsprechenden Verwendungsgrenzen • das Verfalldatum oder die Verfallzeit der PSA oder bestimmter ihrer Bestandteile; • die Bedeutung etwaiger Markierungen • Name, Anschrift und Kennnummer der benannten Stellen, die in der Phase der Planung der PSA eingeschaltet werden. 10 Weiterhin ist es verboten, auf der PSA Kennzeichnungen anzubringen, durch die spätere Benutzer, aber auch andere Personengrup- Anforderungen zum CE-Konformitätskennzeichnung sind enthalten in Artikel 13 und Anhang IV Richtlinie 89/686/EWG. 11 Zur schriftlichen Information siehe auch Punkt 1.4 Anhang II Richtlinie 89/686/EWG 17 2. Rechtliche Grundlagen für Herstellung, Bereitstellung und Benutzung persönlicher Schutzausrüstungen • Auswahl der erforderlichen PSA nach Anhörung der Versicherten und abgestimmt auf die spezifischen Arbeitsplatzverhältnisse sowie Tätigkeitsabläufe • Einkauf der erforderlichen PSA Abb. 2.1.6: Beispiel für die Gestaltung einer Herstellerinformation, die bebilderten Anlegehinweise zur PSA (hier gegen Absturz) geben eine anschauliche Unterstützung von Textpassagen Die Herstellerinformation bietet eine ausreichende Möglichkeit, die späteren PSA-Benutzer über die bestimmungsgemäße Verwendung zu unterrichten und ebenso vor möglichen Fehlanwendungen zu warnen. Generell gilt, dass übersichtlich gestaltete und mit Abbildungen angereicherte Herstellerinformationen eine größere Chance besitzen, von den späteren PSA-Benutzern gelesen zu werden. 2.2 PSA-Beschaffung und Bereitstellung sowie bestimmungsgemäße PSA-Benutzung im Betrieb Ist in Folge der betriebsspezifischen Gefährdungsbeurteilung zum Schutz der Versicherten ein Einsatz von PSA unumgänglich, ergeben sich für den Unternehmer u. a. folgende Verpflichtungen, die u. a. in der Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ aufgeführt sind: 18 • Erstellung von Betriebsanweisungen zur bestimmungsgemäßen Benutzung der PSA • Unterweisung der Versicherten zur bestimmungsgemäßen Verwendung der Ausrüstung • wiederkehrende Unterweisungen, ggf. einschließlich wiederkehrender Übungen, zur sicheren Verwendung der PSA (z. B. zum Atemschutz oder für PSA zum Retten) • Organisation der ordnungsgemäßen Aufbewahrung von PSA • Organisation und Dokumentation der wiederkehrenden Prüfungen der PSA • Organisation der Ersatzbeschaffung beschädigter oder nicht weiter verwendbarer PSA Die in Abschnitt 2.1 dargestellten Anforderungen an PSA-Hersteller führen letztendlich 2. Rechtliche Grundlagen für Herstellung, Bereitstellung und Benutzung persönlicher Schutzausrüstungen im Rahmen der PSA-Benutzung nur dann zum Erfolg, wenn der Unternehmer bei der Produktauswahl ausschließlich vorschriftenkonforme PSA beschafft. In diesem Sinne hat er sich davon zu überzeugen, dass die zum Kauf anstehende PSA über eine Konformitätserklärung und Benutzerinformation verfügt und für den vorgesehenen Verwendungszweck geeignet ist. PSA wird im Sinne des Begriffs nur dann zu einer persönlichen Schutzausrüstung, wenn der Unternehmer sie in ausreichender Anzahl zur persönlichen Verwendung für die Tätigkeit am Arbeitsplatz zur Verfügung stellt. Der klassische Fall einer PSA liegt jedoch dann vor, wenn die Ausrüstung zur ausschließlich persönlichen Benutzung an den einzelnen Versicherten übergeben wird. Mit diesem „Besitzübergang“ in die Hände der Versicherten nimmt i. d. R. das Verantwortungsbewusstsein der Versicherten für und damit der pflegliche Umgang mit der PSA merklich zu. Zur weiteren Förderung der Akzeptanz der Schutzausrüstungen wird der Unternehmer durch die UVV zur Anhörung der Versicherten im Rahmen der PSA-Beschaffung verpflichtet. Sicherlich sind dem Wunsch, bei der PSA-Bereitstellung es „Allen recht zu machen“ natürliche Grenzen gesetzt. Trotzdem ist es sinnvoll, möglichst rechtzeitig vor der Neu- oder Wiederbeschaffung auf die Erfahrungen der Beschäftigten zurückzugreifen. Die mit der Arbeit beauftragten Versi- § 29 Bereitstellung gemäß PSABenutzV, Anhörung der Versicherten, ausreichende Anzahl 8QIDOOYHUKWXQJVYRUVFKULIW Grundsätze der Prävention § 30 Benutzung bestimmungsgemäße Benutzung, Gebrauchsdauer § 31 Besondere Unterweisungen Benutzungsinformation bei tödlichen Gefahren, bleibenden Gesundheitsschäden Abb. 2.2.1: Gliederung der Anforderungen zum Einsatz von PSA im Betrieb gemäß der UVV „Grundsätze der Prävention“ 19 2. Rechtliche Grundlagen für Herstellung, Bereitstellung und Benutzung persönlicher Schutzausrüstungen cherten verfügen häufig über Erkenntnisse über mögliche, mit der Tätigkeit verbundene Gefährdungen, die anderen betrieblichen Personengruppen nicht bewusst sind. Bei der Anhörung der Versicherten geht es also einerseits um Erkenntnisgewinn und andererseits um Förderung des individuellen Gestaltungsspielraums der einzelnen Beschäftigten. Das Thema der bestimmungsgemäßen Benutzung und vorhersehbaren Fehlanwendung von PSA wurde bereits in Abschnitt 2.1 angesprochen. Bauartbedingt verfügt jede PSA nur über ein „bestimmtes Leistungsspektrum“, in dem der Hersteller für die ordnungsgemäße Funktion seines Produktes einsteht. Für die PSA-Benutzung in der betrieblichen Praxis ist daher eine ausreichende Qualifizierung der Versicherten zwingend erforderlich, die u. a. erreicht werden kann durch: • Benutzung von PSA ausschließlich durch körperlich geeignete Versicherte: Im Einzelfall ist sicherzustellen, dass der einzelne Beschäftigte zum Tragen spezieller PSA körperlich in der Lage ist. Insbesondere für die Benutzung von Atemschutz oder für das Tragen von PSA gegen Absturz können ausschließlich Beschäftigte eingesetzt werden, deren körperliche Eignung zum Beispiel durch eine arbeitsmedizinische Untersuchung12 nachgewiesen wurde. 20 • Unterweisung der Versicherten vor der erstmaligen Benutzung der PSA und anschließend in regelmäßigen Abständen: Grundsätzlich lebt jede Unterweisung von der Anschaulichkeit der Inhalte. In diesem Sinne ist es dringend anzuraten, die Benutzung der PSA anhand konkreter Beispiele zu erläutern. Ist die PSA auf die körperlichen Maße der Versicherten anzupassen, ist dieses Thema in der Unterweisung zu behandeln. • Übungen13: Für jede PSA, die gegen tödliche Gefahren oder bleibende Gesundheitsschäden schützen soll, hat der Unternehmer die nach § 3 Abs. 2 der PSABenutzungsverordnung bereitzuhaltende Benutzungsinformation den Versicherten im Rahmen von Unterweisungen mit Übungen zu vermitteln. Die Übungen müssen insbesondere sicherstellen, dass die Versicherten die PSA ordnungsgemäß und damit funktionsgerecht anlegen können sowie die Verwendung der PSA im späteren Arbeitsumfeld sicher beherrschen. Auch für die Übungen gilt: Ihre Wirkung hinsichtlich der Qualifikation der Beschäftigten ist nur durch regelmäßige Wiederholungen gegeben. Hier liegt es in der Ver12 Siehe u. a. Handlungsanleitung für die arbeitsmedizinische Vorsorge nach dem DGUV Grundsatz G26 „Atemschutzgeräte“ (DGUV Information 250-428) und G41 „Arbeiten mit Absturzgefahr“ (DGUV Information 250-449) 13 Diese besonderen Unterweisungen werden in § 31 UVV „Grundsätze der Prävention“ (DGUV Vorschrift 1) eingefordert. 2. Rechtliche Grundlagen für Herstellung, Bereitstellung und Benutzung persönlicher Schutzausrüstungen antwortung des Unternehmers, mit Blick auf die Komplexität des PSA-Einsatzes im Arbeitsprozess, den Turnus der wiederkehrenden Übungen festzulegen. Grundsätzlich ist es empfehlenswert, Unterweisungen und Übungen zum PSA-Einsatz schriftlich zu dokumentieren. Hierzu gehören sinnvollerweise auch die Unterschriften der Versicherten. Einerseits trägt dies zur Verdeutlichung der Verantwortung des Unterweisenden bei, andererseits verfügt er über eine Dokumentation seiner erbrachten „Vorgesetztenpflichten“. Jede ordnungsgemäß in Verkehr gebrachte PSA unterliegt im Laufe ihrer Benutzung unterschiedlichen Verschleißerscheinungen und ggf. möglichen Beschädigungen. Die Basis der sicheren Funktion jeder PSA, der ordnungsgemäße Zustand, ist durch geeignete organisatorische Maßnahmen im Betrieb aufrecht zu erhalten. Diese Maßnahmen beginnen bei den Leistungen, die jeder PSA-Benutzer selber erbringen kann, die Inaugenscheinnahme der PSA. Der Unternehmer informiert seine Beschäftigten im Rahmen seiner Unterweisungen hinsichtlich wesentlicher sicherheitsrelevanter Merkmale der PSA, so dass jeder Benutzer einfache Mängel der PSA durch Inaugenscheinnahme selber erkennen kann. Ein arbeitstäglicher Check der Ausrüstung ist somit vor jeder Benutzung ohne erheblichen Zeitaufwand möglich. Es ist nochmals zu betonen, dass Prüfungen durch Inaugenscheinnahme nicht die regelmäßigen wiederkehrenden Prüfungen durch Sachkundige ersetzen. Unabhängig von den Prüfungen durch die Beschäftigten kann der ordnungsgemäße Zustand der PSA nur durch wiederkehrende Prüfungen durch Sachkundige sichergestellt werden. Sachkundige14 verfügen über die erforderlichen Fachkenntnisse, die sie durch Berufsausbildung, Berufserfahrung und eine zeitnahe berufliche Tätigkeit erworben haben. Die PSA-spezifischen Kenntnisse zur Sachkundigenqualifikation können z. B. durch Lehrgänge der PSA-Hersteller oder einzelner Berufsgenossenschaften15 erworben werden. Die Sachkundigen sind vom Unternehmer schriftlich zu bestellen. Selbstverständlich kann der Unternehmer mit der Prüfung von PSA auch externe Sachkundige beauftragen. In seiner Prüftätigkeit darf der Sachkundige dem Unternehmer gegenüber nicht weisungsgebunden sein. Dies gilt insbesondere für seine Entscheidungen im Fall nötiger Aussortierung defekter PSA. Die wiederkehrenden Prüfungen sind unter Berücksichtigung der Herstellerangaben in regelmäßigen Abständen durchzuführen und die Ergebnisse schriftlich zu dokumentieren. 14 Sachkundige zur Prüfung von PSA sind keine „befähigten“ Personen im Sinne der Betriebssicherheitsverordnung. Die Regelungen in den Technischen Regeln Betriebssicherheit „Befähigte Personen“ (TRBS 1203) können jedoch sinngemäß angewandt werden. 15 Die Berufsgenossenschaft BG ETEM bietet z. B. ein Seminar „Sachkundige für die Prüfung von persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz “an. 21 2. Rechtliche Grundlagen für Herstellung, Bereitstellung und Benutzung persönlicher Schutzausrüstungen Abb. 2.2.2: Übersicht der Anforderungen an Sachkundige zur Prüfung von PSA Auf die Dokumentation muss jederzeit zurückgegriffen werden können – dies gilt selbstverständlich auch für den Fall, dass externe Sachkundige die wiederkehrenden Prüfungen durchführen. Ebenfalls ist eine Kennzeichnung der PSA hinsichtlich der erfolgten Prüfung erforderlich. Hier ist es mit Blick auf die Unterstützungsmöglichkeiten durch die Benutzer sinnvoll, die PSA mit einem Hinweis auf den nächsten Prüftermin auszustatten. Zahlreiche PSA-Produkte weisen aufgrund ihrer Bauform oder der eingesetzten Werkstoffe nur eine zeitlich begrenzte Gebrauchsdauer auf. Auch im Rahmen der wiederkehrenden Prüfungen ist es i. d. R. nicht mög22 lich, die ausgewiesene Gebrauchsdauer zu verlängern. Grundsätzlich verfügt auch augenscheinlich nicht beschädigte PSA nach Ablauf der Gebrauchsdauer nicht mehr über die erforderlichen Schutz-Eigenschaften. Die Versicherten können einen erheblichen Beitrag zum erfolgreichen Einsatz von PSA leisten. Auf ihre Anhörungsrechte im Rahmen der Beschaffung der Schutzausrüstungen wurde bereits hingewiesen. Selbstverständlich können auch Hinweise und Kritik zur Eignung bereits eingesetzter PSA einer Optimierung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes nur förderlich sein. Der Vollständigkeit halber ist nochmals auf die Versicherten-Pflichten hinzuweisen, PSA ausschließ- 2. Rechtliche Grundlagen für Herstellung, Bereitstellung und Benutzung persönlicher Schutzausrüstungen lich bestimmungsgemäß zu benutzen, regelmäßig auf ihren ordnungsgemäßen Zustand zu prüfen (Prüfung durch Inaugenscheinnahme) und festgestellte Mängel dem Unternehmer unverzüglich zu melden. Der Unternehmer hat daher über regelmäßige Rettungsübungen sicherzustellen, dass seine Beschäftigten für den Notfall über hinreichende Kenntnis, Handlungskompetenz und die erforderlichen Rettungseinrichtungen verfügen. Bitte beachten Sie, dass beschädigte oder mangelhafte PSA einer weiteren Benutzung sicher zu entziehen ist – nur so kann einem möglichen folgeschweren Arbeitsunfall bei der Weiterbenutzung der PSA durch einen „unwissenden“ Kollegen sicher vorgebeugt werden. Im Rahmen seiner allgemeinen Verpflichtung zur Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen ist der Unternehmer auch zu einer Bewertung angehalten, ob sich beim Einsatz von PSA in speziellen Arbeitsbereichen Rettungssituationen ergeben können. Derartige Fälle sind z. B. beim Einsteigen und bei der Durchführung von Arbeiten in Behältern oder bei Arbeiten in großer Höhe mit Absturzgefahr denkbar. Abb. 2.2.3: Beispiel für eine Rettungsübung an einer Steigleiter eines Antennenmastes Erfreulicherweise treten Situationen, die eine Rettung von Beschäftigten erfordern, nur selten auf. Hiermit ist jedoch leider eine häufige Fehleinsschätzung der Notwendigkeit von Rettungsübungen verbunden. Der in den Notfallsituationen erforderliche kompetente Umgang aller an der Rettung beteiligten Personen mit der verwendeten PSA, z. B. Atemschutzgeräten oder PSA gegen Absturz, ist eine zwingende Voraussetzung für jede erfolgreiche Rettung. 23 3. Schutz des Kopfes Dipl.-Ing. Norbert Schilling Überall dort, wo mit Kopfverletzungen durch herabfallende Gegenstände, pendelnde Lasten oder mit dem Anstoßen des Kopfes gerechnet werden muss, ist Kopfschutz erforderlich. Der Auswahl des Kopfschutzes kommt eine besondere Bedeutung zu, da Kopfverletzungen zu den folgenreichsten Verletzungen gehören. tung der Helme vor (Kopfband, Nackenband, Tragkorb oder Bänder), während die neuere DIN EN 14052 diese Anforderungen nicht mehr enthält. Dadurch ist ein wesentlich größerer Gestaltungsspielraum für konstruktive Weiterentwicklungen gegeben. Die neuere DIN EN 14052 geht in ihren Anforderungen über die DIN EN 397 hinaus. So simuliert sie den Aufprall eines Ziegelsteins aus 10 m Höhe, im Vergleich zur Simulation aus 5 m Höhe in der älteren Norm. Die Energie eines auftreffenden Gegenstandes wird immer teilweise durch eine Verformung der Helmschale aufgenommen, ohne dass dies nachher in jedem Fall sichtbar ist. Deshalb darf ein Helm nach einer solchen Belastung nicht weiter verwendet werden. 3.1 Industrieschutzhelme Abb. 3.1: Industrieschutzhelm Dabei ist in Abhängigkeit von der Gefährdung und der Tätigkeit zu unterscheiden, ob ein Industrieschutzhelm nach DIN EN 3971, ein Hochleistungs-Industrieschutzhelm nach DIN EN 140522 oder eine Industrie-Anstoßkappe nach DIN EN 8123 zum Einsatz kommt. Die DIN EN 397 schreibt die Innenausstat- Industrieschutzhelme werden sowohl aus thermoplastischen als auch aus duroplastischen Kunststoffen hergestellt. Der Unterschied besteht darin, dass Thermoplaste 1 2 3 DIN EN 397 „Industrieschutzhelme“ DIN EN 14052 „Hochleistungs-Industrieschutzhelme“ DIN EN 812 „Industrie-Anstoßkappen“ Duroplastische Kunststoffe Bezeichnung Kurzzeichen Faser verstärktes Phenol-Formaldehyd-Harz PF-SF Glasfaser verstärktes ungesättigtes Polyesterharz UP-GF 24 3. Schutz des Kopfes Thermoplastische Kunststoffe Bezeichnung Kurzzeichen Polyethylen PE Polypropylen PP Glasfaser verstärktes Polypropylen PP-GF Polycarbonat PC Glasfaser verstärktes Polycarbonat PC-GF Acrylnitrit-Butadien-Styrol ABS unter Temperatureinwirkung ihre Eigenschaften sehr stark verändern, während Duroplaste kaum Veränderungen zeigen. Deshalb sind z. B. für Schweißarbeiten Duroplasthelme vorzuziehen. Thermoplastische Werkstoffe (z. B. Polyethylen) haben sich einen größeren Marktanteil erobert, weil sie verhältnismäßig preiswert hergestellt werden können. Allerdings altern Abb. 3.1.1: Thermoplastischer Industrieschutzhelm nach DIN EN 397 Thermoplaste schneller als Duroplaste. Insbesondere unter UV-Bestrahlung im Freien sollten Thermoplast-Helme nach spätestens vier Jahren ersetzt werden. Sind beim Zusammendrücken der Helmschale oder beim Biegen des Helmschirmes Knackgeräusche wahrnehmbar, deutet dies auf eine Versprödung der Helmschale hin. Abb. 3.1.2: Kennzeichnung 25 3. Schutz des Kopfes Abb. 3.1.3: Innenausstattung nach DIN EN 397 Abb. 3.1.6: Bergsteigerhelm nach DIN EN 12492, gleichzeitig Industrieschutzhelm nach DIN EN 397 Abb. 3.1.4: Innenausstattung nach DIN EN 397 Abb. 3.1.5: Duroplastischer Industrieschutzhelm nach DIN EN 397 26 Wenn die Gefahr besteht, dass der Helm bei Überkopfarbeit herunterfällt, muss er zusätzlich mit einem Kinnriemen ausgestattet sein. Neben den konventionellen Industrieschutzhelmen gibt es Industrieschutzhelme mit dem Kinnriemen-System von Kletterhelmen. Diese Helme sitzen wesentlich besser am Kopf und fallen auch bei extremen Belastungen nicht herunter. Deshalb haben sie sich im Freileitungsbau bereits durchgesetzt. Auch für Elektroinstallateure auf Baustellen, die eine Vielzahl von Arbeiten über Kopf oder in Zwangshaltungen durchführen, sind diese Helme besser geeignet als reine Industrieschutzhelme. 3. Schutz des Kopfes 3.2 Anstoßkappen Dort, wo nicht mit herabfallenden Gegenständen oder pendelnden Lasten, sondern nur mit dem Anstoßen des Kopfes gerechnet werden muss, z. B. bei Montagearbeiten in räumlicher Enge, gibt es die Möglichkeit, Industrieanstoßkappen nach DIN EN 812 einzusetzen. Anstoßkappen werden in zwei verschiedenen Ausführungsvarianten angeboten. Die eine Variante ähnelt sehr stark Abb. 3.2.1: Anstoßkappe nach DIN EN 812 einem Industrieschutzhelm, während die andere Variante im Stile einer Schirmmütze hergestellt ist. Die Schirmmützen-Variante ist aufgrund des modischen Erscheinungsbildes weiter verbreitet. Allerdings kann es gerade im Sommer zu einem Hitzestau unter der nahezu vollständig geschlossenen Kappe kommen. Abb. 3.3.1: Sicherheits-Haarnetz bei der Arbeit an rotierenden Maschinenteilen 3.3 Haarnetze In der Nähe von bewegten Maschinenteilen dürfen längere Haar oder Zöpfe aufgrund der Einzuggefahr nicht offen getragen werden. Die Haare müssen mit einem Haarnetz oder durch Hochstecken unter eine Kappe gesichert werden. Abb. 3.2.2: Innenausstattung und Kennzeichnung nach DIN EN 812 27 4. Schutzhandschuhe Dipl.-Ing. Norbert Schilling Mehr als ein Drittel aller Unfälle am Arbeitsplatz führen zu einer Handverletzung. Die Mehrzahl der Verletzungen sind mechanischer Art, also Risse, Schnitte, Stiche und Quetschungen. Häufig sind auch Verbrennungen und Verletzungen infolge chemischer Einwirkungen. Dies führt zu einem sehr breiten Angebot an Schutzhandschuhen, die gegen unterschiedliche Risiken schützen. Dabei müssen alle Schutzhandschuhe die Anforderungen der DIN EN 4201 erfüllen (aus- 28 genommen isolierende Schutzhandschuhe für Arbeiten an elektrischer Spannung und medizinische Einmalhandschuhe). Den Handschuhen müssen Gebrauchsinformationen mit Hinweisen zu Lagerung, Transport, Reinigung, Handhabung und Entsorgung beigefügt werden. Die abgebildeten Piktogramme geben einen Überblick über die Vielfalt bei Schutzhandschuhen. 1 DIN EN 420 „Schutzhandschuhe – Allgemeine Anforderungen und Prüfverfahren“ Schutzhandschuhe gegen mechanische Risiken Schutzhandschuhe gegen chemische Risiken VOLLWERTIG Schutzhandschuhe gegen chemische Risiken EINFACH Schutzhandschuhe gegen bakteriologische Risiken Schutzhandschuhe gegen Kälte Schutzhandschuhe gegen ionisierende Strahlung Schutzhandschuhe gegen radioaktive Kontamination Schutzhandschuhe gegen thermische Risiken (Hitze und/oder Feuer) 4. Schutzhandschuhe EN 60903 Isolierende Schutzhandschuhe für Arbeiten unter elektrischer Spannung Schutz vor statischer Elektrizität Schutzhandschuhe für den Umgang mit Handmessern Schutzhandschuhe für Benutzer handgeführter Kettensägen Abb. 4.1: Risiken, Piktogramme und Normen 4.1 Schutzhandschuhe gegen mechanische Risiken Meist werden gegen mechanische Risiken Lederhandschuhe eingesetzt. Leder hat mehrere positive Eigenschaften; so nimmt es sehr gut Schweiß auf und transportiert die Feuchtigkeit nach außen, die Isolationswirkung gegen Hitze und Kälte ist gut und Leder ist insgesamt robust. Abb. 4.1.1: Schutzhandschuhe gegen mechanische Risiken 29 4. Schutzhandschuhe In einzelnen Disziplinen wie Abriebfestigkeit, Weiterreißfestigkeit, Schnitt- oder Stichfestigkeit gibt es Materialien, die im Vergleich zum Leder höhere Leistungsstufen nach EN 3882 erreichen. Eine konkrete Aussage dazu macht die vierstellige Ziffer, die ab Kategorie II zusätzlich zum Piktogramm „Mechanische Risiken“ auf dem Handschuh, auf der Verpackung und auf der Gebrauchsinformation angebracht ist. 2 DIN EN 388 „Schutzhandschuhe gegen mechanische Risiken“ Abriebfestigkeit 1 Schnittfestigkeit 2 Weiterreißfestigkeit 3 Stichfestigkeit 4 min. 0; max. 4 min. 0; max. 5 min. 0; max. 4 min. 0; max. 4 Abb. 4.1.2: Kennzeichnung mit Leistungsstufen nach DIN EN 388 Prüfung LS 1 LS 2 LS 3 LS 4 Abriebfestigkeit (Zyklen) 100 500 2.000 8.000 Schnittfestigkeit (Index) 1,2 2,5 5,0 10,0 Weiterreißfestigkeit (Newton) 10 25 50 75 Stichfestigkeit (Newton) 20 60 100 150 Tabelle 4.1.3: Kriterien für die Leistungsstufen nach DIN EN 388 30 LS5 20,0 LS = Leistungsstufe 4. Schutzhandschuhe Sind einzelne Prüfungen nicht durchgeführt worden oder ist der Handschuh nicht für eine Anwendung vorgesehen, die von dieser Prüfung abgedeckt wird, so wird statt einer Ziffer ein X eingetragen. Leichte Lederhandschuhe liegen im unteren Bereich der Leistungslevel, schwerere im oberen Bereich. 4.2 Schutzhandschuhe gegen thermische Risiken In der DIN EN 4073 werden sechs verschiedene Eigenschaften mit entsprechenden Leistungsstufen definiert, wobei der Hersteller nicht alle Eigenschaften prüfen muss: 1. Brennverhalten 2. Kontaktwärme 3. Konvektive Hitze (Flamme) 4. Strahlungswärme (Strahlungshitzequelle) 5. Beständigkeit gegen kleine Spritzer flüssigen Metalls 6. Beständigkeit gegen große Spritzer flüssigen Metalls Abb. 4.1.4: Kennzeichnung von Schutzhandschuhen gegen mechanische Risiken Extremen Schnittschutz bieten textile Handschuhe, z. B. mit Hochleistungspolyethylen- oder Aramidfasern, wobei ohne weitere Beschichtung die Stichfestigkeit bei Null liegen kann. Dies wird dann zum Risiko, wenn neben scharfen Kanten auch Spitzen auftreten können, wie z. B. beim Umgang mit Glas. Textile Handschuhe sind in Bezug auf Atmungsaktivität, Tragekomfort und Fingerbeweglichkeit den traditionellen Lederhandschuhen oft überlegen. Abb. 4.2.1: Schutzhandschuhe gegen thermische Risiken 3 DIN EN 407 „Schutzhandschuhe gegen thermische Risiken“ 31 4. Schutzhandschuhe Brennverhalten 1 Kontaktwärme 2 Konvektive Hitze 3 Strahlungswärme 4 Kleine Spritzer geschmolzenem Metalls 5 Große Mengen flüssigem Metall 6 min. 1; max. 4 min. 1; max. 4 min. 1; max. 4 min. 1; max. 4 min. 1; max. 4 min. 1; max. 4 Abb. 4.2.2.: Kennzeichnung mit Leistungsstufen nach DIN EN 407 Die am häufigsten geprüfte Leistungsstufe ist die Kontaktwärme. Dabei darf beim Kontakt mit einer definierten heißen Oberfläche Leistungsstufe die Temperatur im Handschuh in 15 Sekunden maximal um 10 Grad Celsius ansteigen. Kontakttemperatur Schwellenwertzeit 1 100° C ≥ 15 2 250° C ≥ 15 3 350° C ≥ 15 4 500° C ≥ 15 Tabelle 4.2.3: Kriterien für die Kontakttemperatur nach DIN EN 407 32 4. Schutzhandschuhe In der Praxis ist die exakte Kontaktdauer oft schwer vorherzusehen und auch das Wärmeempfinden ist individuell sehr verschieden, so dass für Trageversuche zunächst Handschuhe mit einem höheren Level eingesetzt werden sollten. Hat der Handschuh die Leistungsstufe 1 oder 2 für das Brennverhalten, dann müssen die Herstellerinformationen eine deutliche Warnung enthalten, dass der Handschuh nicht mit einer offenen Flamme in Kontakt kommen darf. 4.3 Schutzhandschuhe gegen chemische und bakteriologische Risiken Seit der Neufassung der DIN EN 3744 im Jahre 2003 wird zwischen Schutzhandschuhen gegen Chemikalien (in der Praxis auch als vollwertiger Chemikalienschutzhandschuh bezeichnet) und Schutzhandschuhen gegen spezielle Chemikalien (in der Praxis auch als einfacher Chemikalienschutzhandschuh bezeichnet) unterschieden. Ein Schutzhandschuh mit dem Symbol des Becherglases (Abb. 4.3.3) gilt als flüssigkeitsdicht (DIN EN 374-2). Besteht das Handschuhmaterial auch den Permeationstest 4 DIN EN 347 „Schutzhandschuhe gegen Chemikalien und Mikroorganismen“ (DIN EN 374-3) für eine Chemikalie, dann schützt der Handschuh auch gegen geringe chemische Gefährdungen. Die Prüfchemikalie wird mit einem Buchstaben unter dem Symbol angegeben. Wird ein Schutzhandschuh mit einem Erlenmeyerkolben gekennzeichnet (Abb. 4.3.2), ist das Handschuhmaterial flüssigkeitsdicht und hat die Permeationsprüfung für mindestens 3 Prüfchemikalien (DIN EN 374-3) bestanden. Permeation ist die molekulare Durchdringung des Handschuhmaterials und beginnt mit dem ersten Kontakt mit der Chemikalie. Es werden 6 Klassen der Beständigkeit gegen molekulare Durchdringung unterschieden: Schutzindex 1: mind. 10 Min. Schutzindex 2: mind. 30 Min. Schutzindex 3: mind. 60 Min. Schutzindex 4: mind. 120 Min. Schutzindex 5: mind. 240 Min. Schutzindex 6: mind. 480 Min. Die Beständigkeit der Handschuhe gegen Mikroorganismen wird mit dem Symbol gegen biologische Gefahren gekennzeichnet (Abb. 4.3.4). 33 4. Schutzhandschuhe Die Prüfchemikalien sind mit Kennbuchstaben versehen: KennPrüfchemikalie buchstabe CAS-RN Klasse A Methanol 67-56-1 Primärer Alkohol B Aceton 67-64-1 Keton C Acetonitril 75-05-8 Nitril D Dichloromethan 75-09-2 Chloriertes Paraffin E Kohlenstoffdisulfid 75-15-0 Schwefelhaltige organische Verbindung F Toluol 108-88-3 Aromatischer Kohlenwasserstoff G Diethylamin 109-89-7 Amin H Tetrahydrofuran 109-99-9 Heterozyklische und Etherverbindungen I Ethylacetat 141-78-6 Ester J n-Heptan 142-85-5 Aliphatischer Kohlenwasserstoff K Natriumhydroxid 40 % 1310-73-2 Anorganische Base L Schwefelsäure 96 % 7664-93-9 Anorganische Säure Tabelle 4.3.1: Liste der Prüfchemikalien Schutzhandschuhe gegen Chemikalien sind mit einem Piktogramm nach Abbildung 4 gekennzeichnet. Die Prüfchemikalien für die Permeation (molekulare Durchdringung) sind ebenfalls Bestandteil der Kennzeichnung. 34 Um Verwechslungen zu vermeiden, beinhaltet die Kennzeichnung für Schutzhandschuhe gegen spezielle Chemikalien und Schutzhandschuhe gegen Mikroorganismen ein anderes Symbol. 4. Schutzhandschuhe Abb. 4.3.2: Piktogramm für Handschuhe zum Schutz gegen Chemikalien Abb. 4.3.3: Piktogramm für Handschuhe zum Schutz gegen spezielle Chemikalien Abb. 4.3.4: Piktogramm für Handschuhe zum Schutz gegen Mikroorganismen Chemikalienschutzhandschuhe werden aus verschiedenen Materialien hergestellt. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über häufig eingesetzte Materialien. Abb. 4.3.5: Beispiel für Chemikalienschutzhandschuhe, die gleichzeitig Schutz gegen Mikroorganismen und leichte mechanische Gefährdungen bieten. 35 4. Schutzhandschuhe Material Eigenschaften Latex (Natural Rubber – NR) Material ist elastisch, gleichzeitig jedoch nur in geringerem Maße chemikalien- und alterungsbeständig. Durch die starke Dehnbarkeit ist ein hoher Tragekomfort gegeben, wobei die Fingerfertigkeit erhalten bleibt. Nitril-Kautschuk (Nitril-Butyl-Rubber – NBR) Material mit sehr gutem Abrieb-, Stich-, Schnitt- und Reißfestigkeit. Schutzhandschuhe aus Nitril-Kautschuk werden von dünner bis hin zur kräftigen Ausführung angeboten. Die Beschichtungen der verschiedenen Hersteller sind firmenspezifisch entwickelt und weisen dadurch unterschiedliche Eigenschaften auf. Polyvinylchlorid (PVC) Material ist wenig flexibel, deshalb werden bei der Produktion Weichmacher zugesetzt. Kontakt von PVCMaterial mit Lösemitteln führt zum Auswaschen der Weichmacher und zum Verspröden der Handschuhe Polychloropren, Neopren (CR) Material mit guten physikalischen Eigenschaften. Gute Witterungs- und Alterungsbeständigkeit Tutylkautschuk (Butyl Rubber, Polyisobuthylen Rubber -. IIR, IBR) Meist sehr dick und schwer, häufig in Verbindung mit schweren Chemikalienschutzanzügen verwendet Fluorkautschuk (FKM) Material mit weiterem Anwendungsbereich Polyvinylalkohol (PVA) Material mit eingeschränktem Anwendungsbereich, wasserlöslich Zweifache Materialmixe Materialkombination für sehr hohe Beanspruchung (z. B. bei Chemikaliengemischen) Tabelle 4.3.6: Materialien für Schutzhandschuhe nach DGUV Information 212-007 (BGI/GUV-I 868) 36 5. Fußschutz Dipl.-Ing. Renate Kaiser Dieses Kapitel über den Schutz der Füße gibt einen Überblick über die wichtigsten Aspekte beim Einsatz von Sicherheits-, Schutz- und Berufsschuhen. Umfassende Informationen zu diesem Thema enthält die DGUV Regel 112-191 (BGR 191) „Benutzung von Fuß- und Knieschutz“. Welche Arten von Fußschutz gibt es? „Sicherheitsschuhe“ nach den Normen der Reihe DIN EN ISO 203451 mit Zehenkappen für hohe Belastungen, deren Schutzwirkung mit einer Energie von 200 Joule geprüft wurde (Kurzbezeichnung S). Die Regel steht auf unserer Internetseite zum Download bereit (www.bgetem.de, Webcode 12282701). „Schutzschuhe“ nach den Normen der Reihe DIN EN ISO 203462 mit Zehenkappen für mittlere Belastungen, deren Schutzwirkung mit einer Energie von 100 Joule geprüft wurde (Kurzbezeichnung P). Nach den Statistiken der gewerblichen Berufsgenossenschaften und den Unfallverhütungsberichten der Bundesregierung sind rund 20 % aller gemeldeten Arbeitsunfälle Fußverletzungen. Nach der Rehabilitationsstatistik der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung entfallen auf erstmals entschädigte Unfälle jährlich ca. 6.000 Fußverletzungen. „Berufsschuhe“ nach der Norm DIN EN ISO 203473 sind Schuhe mit schützenden Merkmalen, die jedoch keine Zehenkappen haben müssen. Berufsschuhe sind mit mindestens einem schützenden Bestandteil, z. B. geschlossener Fersenbereich, Durchtrittsicherheit, profilierter Laufsohle ausgestattet. Ein Unfallbeispiel mag für sich gelten: Von einer Drehmaschine fielen während der Arbeit große und ziemlich feste Drehspäne ab. Der Dreher trug nur Sandalen. Bei einer plötzlichen hastigen Bewegung geriet der Dreher mit einem Fuß in die scharfkantigen Drehspäne. Tiefe Schnitte in der Ferse und eine durchtrennte Achilles-Sehne waren die Folge. 1 2 3 DIN EN ISO 20345 „Persönliche Schutzausrüstung – Sicherheitsschuhe“ DIN EN ISO 20346 „Persönliche Schutzausrüstung – Schutzschuhe“ DIN EN ISO 20347 „Persönliche Schutzausrüstung – Berufsschuhe“ Wird die Übereinstimmung der grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen durch Einhaltung der harmonisierten Normen gewährleistet, sind die Schuhe zusätzlich zum CE-Zeichen nach den Normen der Reihen EN ISO 20345 bis EN ISO 20347 gekennzeichnet. Bei allen Schuhausführungen wird nach der Herstellungsart unterschieden zwischen der Klassifizierungsart I und II: I Schuhe aus Leder und anderen Materialien, hergestellt nach herkömmlichen Schuhfertigungsmethoden und 37 5. Fußschutz II im Ganzen vulkanisierte oder geformte Schuhe (z. B. Gummi- oder Kunststoffstiefel). Triangeln, Haken, Ösen Lasche Den Aufbau und die Formen von Sicherheitsschuhen zeigt Abb. 5.1. Knöchelschutz, hier verbunden mit Polsterkragen Schaftvorderteil (Blatt) Schafthinterteil (Quartier) Kantenabdeckung der Zehenkappe Verstärkung im Fersenbereich (Hinterkappe) Zehenkappe Quartierfutter durchtrittsichere Einlage, wenn erforderlich Blattfutter Gelenkeinlage Laufsohle mit Profil Brandsohle Gelenkbereich (Profil möglich) Absatz Schuhunterbau B Stiefel niedrig C Stiefel halbhoch variable Verlängerung, die an den Träger angepasst werden kann h D Stiefel hoch ≤0,90 h A Halbschuh ≥1,25 h h h E Stiefel oberschenkelhoch Abb 5.1: Aufbau und Formen von Sicherheitsschuhen; siehe auch DGUV Regel 112-191 (BGR 191) „Benutzung von Fuß- und Beinschutz“ 38 5. Fußschutz Kennzeichnung Jeder als persönliche Schutzausrüstung vorgesehene Schuh muss vom Hersteller oder Importeur mit einer CE-Kennzeichnung versehen werden. Mit dem Konformitätszeichen CE dokumentiert der Schuhhersteller, dass der Schuh nach der einschlägigen EG-Richtlinie hergestellt und dies durch eine zugelassene unabhängige Prüfstelle an einem Baumuster überprüft wurde (Baumusterprüfung). Anhand der Kennzeichnung kann der Benutzer zusätzlich erkennen, vor welchen Gefahren der Schuh schützt (siehe hierzu Tabellen auf den nachfolgenden Seiten). Die Kennzeichnung umfasst: • Größe • Hersteller • Typenbezeichnung • Herstellungsdatum (mindestens Quartal und Jahr) • Europäische Norm mit Erscheinungsjahr • Schutzfunktionssymbol • CE-Kennzeichnung • Kategorie Kategorien und Zusatzanforderungen Die Schutzeigenschaften von Fußschutz sind in Kategorien und Zusatzanforderungen entsprechend den nachfolgenden Tabellen definiert. Anmerkung: Der Zehenschutz (Schutzkappe) gehört, außer bei Berufsschuhen, zu den Grundanforderungen. Firmenname XY Gr. 42 Typ Z DIN EN ISO 20345:2007 CE 2/2011 HI S3 Abb. 5.2: Beispiel für die Kennzeichnung eines Sicherheitsschuhs des Herstellers XY, vom Typ Z, in Größe 42, hergestellt im 2. Quartal 2011. Der Schuh entspricht Kategorie S3 (d. h. geschlossener Fersenbereich, Antistatik, Energieaufnahmevermögen im Fersenbereich, Wasserdurchtritt- und -aufnahme, Durchtrittsicherheit und profilierte Sohle). Zusätzliche ist die Anforderung HI (Isolierung gegen Wärme) erfüllt. 39 5. Fußschutz Kategorie Grundanforderung Zusatzanforderung S P O Sicherheitsschuhe Schutzschuhe Berufsschuhe SB PB S1 P1 O1 I Geschlossener Fersenbereich Antistatik Energieaufnahmevermögen im Fersenbereich S2 P2 O2 I wie S1, P1, O1, zusätzlich Wasserdurchtritt und Wasser aufnahme S3 P3 O3 I wie S2, P2, O2, zusätzliche Durchtrittsicherheit, profilierte Laufsohle S4 P4 O4 II Antistatik Energieaufnahmevermögen im Fersenbereich S5 P5 O5 II wie S4, P4, O4, zusätzliche Durchtrittsicherheit, profilierte Laufsohle I oder II Tabelle 5.3: Kategorien von Fußschutz 40 5. Fußschutz Anforderung Symbol Schuh im zusammengebauten Zustand Durchtrittsicherheit P Leitfähige Schuhe C Antistatische Schuhe A Elektrisch isolierende Schuhe I Wärmeisolierung HI Kälteisolierung CI Energieaufnahmevermögen im Fersenbereich E Wasserdichtheit WR Mittelfußschutz M Knöchelschutz AN Schuhoberteil Wasserdurchtritt und Wasseraufnahme Schnittschutz WRU CR Laufsohle Verhalten gegenüber Kontaktwärme Kraftstoffbeständigkeit HRO FO Tabelle 5.4: Zusatzanforderungen für besondere Anwendungen 41 5. Fußschutz Auswahl an Fußschutz Die Hersteller von Fußschutz bieten eine Vielzahl von Modellen an. lungsarbeiten, Bauhöfe, Lagerplätze) ist ein Sicherheitsschuh der Kategorie S 3 oder S 5 geeignet. Wichtig ist, dass die Schuhe anhand der für den Arbeitsplatz vorgenommenen Gefährdungsbeurteilung stets sorgfältig und zweckentsprechend ausgewählt werden. An Sicherheitsschuhe auf Baustellen werden z. B. andere Forderungen gestellt als an Sicherheitsschuhe in einem Fertigungsbetrieb. Galvanikbetriebe Bei Arbeiten in Galvaniken wird die Benutzung von Gummistiefeln mit gleitsicherer Profilsohle empfohlen (z. B. Berufsschuhe O 4 mit geeigneter Sohle oder O 5). Besteht die Gefahr von Fußverletzungen durch schwere, herabfallende Teile, so sind Gummistiefel mit eingearbeiteter Zehenkappe zu benutzen (z. B. Sicherheitsschuhe S 4 mit geeigneter Sohle oder S 5). Nachfolgend einige Hinweise für die Fußschutzauswahl. Die Entscheidung für den jeweils benötigten bzw. geeigneten Fußschutz bedarf immer einer konkreten Gefährdungsbeurteilung. Montage-, Instandhaltungsarbeiten im Trockenbereich Für Arbeiten mit Fußgefährdung im Gebäude (Trockenbereich) ist in der Regel ein Sicherheitsschuh der Kategorie S 1 ausreichend. Außenarbeiten Für Arbeiten mit Fußgefährdung, die teilweise auch außerhalb von Trockenbereichen durchgeführt werden, ist ein Sicherheitsschuh der Kategorie S 2 oder S 4 geeignet. Dies gilt nicht für Baustellen (siehe unten). Arbeiten auf Baustellen Für Arbeiten im Baustellenbereich (Rohbau, Tiefbau, Rohrleitungsbau, Gerüstbau, Abbrucharbeiten, Ausbauarbeiten, Scha42 Antistatische Schuhe Bei antistatischen Schuhen (Zusatzanforderung A) darf der elektrische Durchgangswiderstand nicht geringer als 105 Ohm und nicht größer als 109 Ohm sein. Antistatik gehört heute zu den Grundanforderungen von Sicherheits-, Schutz- und Berufsschuhen. 5. Fußschutz Sicherheitshalbschuh S 1 Gute Belüftung durch Perforation und seitliche Öffnungen. Nur für Bereiche ohne Nässeeinwirkung geeignet! Sicherheitshalbschuh S 1 für Damen Sicherheitsschuh S 2 Für die meisten Arbeitsbereiche geeignet, bequeme Ausführung, ganz ledergefüttert. Sicherheitsschuh S 3 mit durchtrittssicherer Sohle für Baustellen Sicherheitsschuh S 2 für Heißbereiche (Zusatzanforderungen HI und HRO) Sicherheitsschuhe in Turnschuhform (erhältlich in vielen Ausführungen von S 1 bis S 3) Abb. 5.5: Beispiele verschiedener Sicherheitsschuhe 43 5. Fußschutz Elektrisch leitfähige Schuhe Leitfähige Schuhe (Zusatzanforderung C) dürfen einen elektrischen Durchgangswiderstand von maximal 105 Ohm haben. Dies wird in Bereichen benötigt, in denen das Auftreten elektrostatischer Entladungen mit großer Sicherheit vermieden werden muss. Leitfähige Schuhe dürfen nur eingesetzt werden, wenn eine Berührung spannungsführender Teile ausgeschlossen ist. Elektrisch isolierende Schuhe Isolierende Sicherheitsschuhe sind für Arbeiten an unter Spannung stehenden Teilen oder in deren Nähe gedacht und sollen vor allem Gefährdungen durch Körperdurchströmung und elektrischen Schock verhindern. Hierzu erfolgen im Rahmen der Baumusterprüfung Tests auf Spannungsüberschläge unter definierten Prüfspannungen. Nach EN ISO 20345 bis 20347 erfolgt die Kennzeichnung durch die Zusatzanforderung I und Angabe der elektrischen Klasse. • Klasse 00: Bis zu einer Nennspannung von 500 V Wechsel- und 750 V Gleichspannung • Klasse 0: Bis zu einer Nennspannung von 1000 V Wechsel- und 1500 V Gleichspannung Elektrisch isolierender Fußschutz nach EN 50321 (VDE 0682-331) ist demgegenüber gekennzeichnet durch das Doppeldreieck und die elektrische Klasse (siehe oben). Für die 44 elektrische Klasse können die Farben rot (Klasse 00) und beige (Klasse 0) verwendet werden. Isolierende Fußbekleidung ist trocken aufzubewahren und stets vor Gebrauch auf offensichtliche Beschädigungen zu prüfen. Außerdem ist sie in bestimmten Abständen auch einer elektrischen Spannungsfestigkeitsprüfung nach DIN EN 50321 zu unterziehen. Prüfstelle und Prüfzeitpunkt sind auf dem vorgesehenen Kennzeichnungsfeld dauerhaft zu vermerken. Orthopädischer Fußschutz Mitarbeiter, die orthopädische Schuhe oder orthopädische Einlagen benötigen, sind in der Regel auch am Arbeitsplatz auf die individuell erforderlichen Anpassungen angewiesen. Aus rechtlichen Gründen darf aber baumustergeprüfte persönliche Schutzausrüstung (darunter auch Berufs-, Schutz- und Sicherheitsschuhe) nicht ohne weiteres verändert werden, da in einem solchen Fall die Baumusterprüfung erlischt. Damit der Orthopädieschuhmacher trotzdem rechtskonform orthopädische Sicherheitsschuhe herstellen oder industriell gefertigte Schuhe anpassen (zurichten) kann, bieten verschiedene Hersteller baumustergeprüfte Systeme für orthopädische Anpassungen von Sicherheitsschuhen an. 5. Fußschutz Systemlieferanten für verschiedene Erfordernisse sind auf den Internetseiten der Berufsgenossenschaftlichen Zentrale für Sicherheit und Gesundheit zu finden (Geben Sie in Ihre Suchmaschine „Datenbank orthopädischer Fußschutz“ ein, um auf diese Informationsseiten zu gelangen.) Hinweise auf mögliche Kostenträger für die gegenüber einem normalen Fußschutz anfallenden Mehrkosten finden Sie in Anhang 2, Abschnitt 5 der DGUV Regel 112-191 (BGR 191) „Benutzung von Fuß- und Knieschutz“. 45 6. Schutz des Gesichtes und der Augen Dipl.-Phys. Martin Brose In vielen Branchen und Arbeitsbereichen ist trotz der vielen technischen Schutzmaßnahmen mit einer Gefährdung der Augen und des Gesichtes zu rechnen. Im Bereich der DGUV passierten 2007 mehr als 20.000 Augenunfälle. Durch die richtige Wahl der geeigneten Augenschutzgeräte können fast alle Unfälle verhindert werden. Die folgenden Informationen sollen dem Unternehmer helfen, anhand der Gefährdungsermittlung das richtige Augenschutzgerät auszuwählen. Bei den Gefährdungen unterscheidet man: UVA ultraviolette Strahlung 700 sichtbare Strahlung sichtbare Laserstrahlung Abb. 6.1: Wellenlängenbereiche und ihre Bezeichnung 46 orange rot UVB 400 gelb 315 grün UVC 280 Optische Gefährdungen Optische Strahlung wird nach ihrer Wellenlänge in ultraviolette, sichtbare und infrarote Strahlung unterschieden. Ziel ist es, dass die gefährliche optische Strahlung unterhalb der Expositionsgrenzwerte der OStrV (Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch künstliche optische Strahlung) bleibt. blau Strahlenart 100 violett 380 Wellenlänge nm Mechanische Gefährdungen Gefährdungen des Auges können sich durch Fremdkörper, wie Stäube und Festkörper, z. B. Späne, Splitter, Körner, ergeben, die das Auge treffen und verletzen. 780 1400 3000 IRA IRB 1 mm IRC infrarote Strahlung 6. Schutz des Gesichtes und der Augen Ultraviolette Strahlung UV-Strahlung tritt z. B. beim Schweißen, bei intensiver Sonnenstrahlung, bei der Lacktrocknung oder der Kunststoffhärtung auf. Sie ist gefährlich für die Haut und die Augen. Bei der Einwirkung dieser Strahlung auf die Augen kann es langfristig zum Augenkatarakt (Star) oder kurzfristig zu Horn- oder Bindehautentzündungen („Verblitzen“) kommen. Beim Gesicht bzw. der Haut kann es bei Überexpostionen zu Hautkrebs kommen. Hier müssen die Expositionsgrenzwerte der OStrV (GV 18, BG ETEM) eingehalten werden. Licht Licht ist sichtbare Strahlung, die ungehindert die Netzhaut des Auges trifft und das Sehen ermöglicht. Intensive sichtbare Strahlung kann – ähnlich wie bei der Laserstrahlung – die Netzhaut bleibend schädigen. Bei hohen Leuchtdichten oder unterschiedlichen Leuchtdichten kann durch Blendung die visuelle Wahrnehmung behindert werden. Infrarote Strahlung IR-Strahlung geht z. B. von feuerflüssigen Massen in der Metall- oder Glasindustrie aus; sie tritt aber auch bei Schweißvorgängen auf. Sie kann Schädigungen der Netzhaut und Linse verursachen. Langwellige IR-Strahlung kann zum grauen Star (Feuerstar) führen. Beim Laser (Light amplification by stimulated emission of radiation) handelt es sich um Strahlungsverstärkung durch angeregte Strahlungsemission im Wellenlängenbereich zwischen 100 nm und 1 mm. Die hohe Intensität des Laserstrahles, verbunden mit großer Reichweite, kann das Auge bleibend schädigen. Im Wellenlängenbereich zwischen 400 nm und 1 400 nm können schon niedrige Leistungen die Netzhaut durch die Fokussierungswirkung der Augenlinse schädigen. Chemische Gefährdungen Chemische Gefährdungen können von festen, flüssigen oder gasförmigen Substanzen, z. B. Dämpfe, Nebel, Rauche, ausgehen. Chemikalien können sich im Augenwasser lösen. Säuren und Laugen können das Auge schwer schädigen. Thermische Gefährdungen Hitze wird durch feste oder flüssige Körper (Berührungswärme), über Gase (Konvektionswärme) oder durch Infrarotstrahlung übertragen, wobei es durch Austrocknung zu Hornhautreizungen kommen kann. Kälteeinwirkung, z. B. bei längerem Aufenthalt in kalter Witterung oder in Kühlhäusern, kann zum Tränen der Augen und zu Erfrierungserscheinungen führen. 47 6. Schutz des Gesichtes und der Augen Gefährdung durch Störlichtbögen Bei Arbeiten an oder in der Nähe von elektrischen Anlagen oder Kurzschlüssen in elektrischen Energieverteilungsanlagen können Störlichtbögen entstehen. Durch die entstehenden hohen Temperaturen und wegspritzenden Teilchen besteht die Gefahr, dass Auge und Gesicht erheblich geschädigt werden. Korrektionsschutzbrillen Handelsübliche Korrektionsbrillen haben keine Schutzwirkung. Deshalb muss der Unternehmer auch fehlsichtigen Versicherten geeigneten Augenschutz zur Verfügung stellen. Für kurzfristige Arbeiten über wenige Minuten können z. B. Korb-, Überbrillen oder Visiere getragen werden. Bei länger dauernder Tätigkeit sollten, wenn immer möglich, Korrektionsschutzbrillen getragen werden. Abb. 6.2: Beispiel für den Einsatz eines Visiers zum Störlichtbogenschutz Auswahl der Schutzbrille bzw. des Visiers Bei der Auswahl von Augen- und Gesichtsschutz hat der Unternehmer nach § 2 der PSA-Benutzungsverordnung eine Beurteilung des von ihm vorgesehenen Augen- und Gesichtsschutzes vorzunehmen, um festzustellen, ob dieser die Gefahr ausreichend mindert. Abb. 6.3: Korrektionsschutzbrillen Für die Auswahl ist es zweckmäßig, Augenschutzgeräte vor Ort zu erproben. Dabei ist eine Beeinträchtigung oder Belastung der Träger oder eine Behinderung bei deren Arbeit so gering wie möglich zu halten. 48 Augenschutz gegen mechanische Gefährdungen Gegen allgemeine mechanische Gefährdungen des Auges sind Sicherheits-Sichtscheiben oder entsprechende Draht-oder Kunst- 6. Schutz des Gesichtes und der Augen stoffgewebe zu benutzen. Entsprechend der kinetischen Energie (Funktion aus Masse und Geschwindigkeit) der einwirkenden Späne und Splitter gibt es verschieden geprüfte Sichtscheiben mit den Kennzeichnungen S, F, B oder A. Bei Schweißarbeiten können neben herkömmlichen auch elektrooptische Filter mit umschaltbaren oder selbsttätig anpassenden Filtern eingesetzt werden. Bei diesen Filtern ist der Basisschutz (UV-und IR-Strahlung) in der Regel immer gegeben. Augenschutz gegen optische Gefährdungen Bei optischen Gefährdungen des Auges sind geeignete Schutzfilter in Abhängigkeit von der jeweiligen Tätigkeit zu benutzen. Beim Gas- und Lichtbogenschweißen, bei Lötund anderen vergleichbaren Arbeiten sind Schweißer-Schutzfilter entsprechend einzusetzen. Die Einsatzgebiete für UV-, IR- und Sonnenschutzfiltern ergeben sich aus den Abschnitten 3 bis 5 in Anhang 2. Augenschutz gegen chemische Gefährdungen Gegen Einwirkungen durch Gase, Dämpfe, Nebel, Rauche und Feinstäube (Durchmesser < 5 μm) schützen Korbbrillen mit der Kennzeichnung „5“. Bei chemischen Gefährdungen nur des Auges durch Flüssigkeitsspritzer sind Korbbrillen mit der Kennzeichnung „3“ zu benutzen. Sind nicht nur Augen, sondern auch Gesicht und Hals durch Flüssigkeitsspritzer gefährdet, sind Schutzschirme zu benutzen. In Abhängigkeit von der Strahlung wird unterschieden zwischen: • • • • • Schweißerschutzfiltern Sonnenschutzfiltern Schutzfiltern gegen ultraviolette Strahlung Schutzfiltern gegen infrarote Strahlung Schutzfiltern gegen Laserstrahlung sowie ggf. Kombinationen daraus Bei diesen Filterarten ist die Durchlässigkeit (Transmission) für die ultraviolette, sichtbare und infrarote Strahlung dem Einsatzzweck entsprechend begrenzt, wobei die notwendige Schutzstufennummer mit der Intensität der Strahlung steigt. Augenschutz gegen Störlichtbögen Bisher wurde zur Bewertung und Kennzeichnung des Elektriker-Gesichtsschutzes die DIN EN 166 als alleinige Bewertungsgrundlage herangezogen. Aus vielen Versuchsreihen der Vergangenheit ist bekannt, wie sich verschiedene Materialien und Materialstärken der Sichtscheiben für Elektriker-Gesichtsschutz im Störlichtbogen hinsichtlich der Standfestigkeit verhalten. Beurteilungskriterien waren in der Vergangenheit ausschließlich Formstabilität, Schmelzen, Abtropfen und Entzündung. Dies führte dazu, dass zur Bewertung der Eignung gegen Störlichtbogen eine Mindestdicke von 1,4 mm und eine UV-Schutzstufe von 2-1,2 (Lichttransmission) 49 6. Schutz des Gesichtes und der Augen vorgeschrieben waren. Auf Grund neuerer Erkenntnisse (2008) hat sich herausgestellt, dass neben den Einflüssen aus der Plasmawolke ebenfalls die Wärmestrahlung, die durch das Gesichtsschutzschild dringt, zu Verbrennungen der Haut führt. Mit Blick auf verschiedene Störlichtbogenintensitäten ist bei den bisher zertifizierten Produkten nicht zu erkennen, ob sie für den jeweiligen Anwendungsfall geeignet sind. Die Prüfstelle Elektrotechnik der BG ETEM hat bis zur Änderung der Normen einen neuen Prüfgrundsatz GS-ET-29 „Zusatzanforderungen für die Prüfung und Zertifizierung von Elektriker-Gesichtsschutz“ erstellt. Die Zusatzanforderungen zur DIN EN 166 beziehen sich auf die Aspekte: • Thermischer Schutz • Lichttransmission bei unterschiedlichen Lichtquellen • Kennzeichnung/Benutzerinformation Thermischer Schutz Bei einer Einteilung des Gesichtsschutzes unter Berücksichtigung verschiedener Störlichtbogenintensitäten ist es sinnvoll, sich an der Klassifizierung für Schutzkleidung gegen die thermischen Gefahren eines elektrischen Lichtbogens (DIN EN 61482-1-2) zu orientieren. Diese Norm definiert zwei Schutzklassen mit folgenden Leistungsparametern: Klasse 1: 135 kJ/m2 Klasse 2: 423 kJ/m2 50 Lichttransmission bei unterschiedlichen Lichtquellen Die praktische Anwendung des ElektrikerGesichtsschutzes hat gezeigt, dass neben Arbeiten bei Tageslicht ebenfalls Arbeiten in Räumen mit Fremdbeleuchtung erledigt werden müssen. Wurde nach DIN EN 166 der Lichttransmissionsgrad (VLT) ausschließlich mit einer Normlichtart A (Tageslichtnachbildung) überprüft, beschreibt der Prüfgrundsatz Zusatzprüfungen mit zwei weiteren, unterschiedlichen Lichtquellen. Es werden Messungen des VLT bei Normlichtart A, Leuchtstofflampe (Tageslichtspektrum) und Weißlicht-LED durchgeführt. Hieraus ergeben sich drei Transmissionsklassen: Klasse 0: VLT (D65) ≥ 75 % Klasse 1: VLT (D65) 65 % ≥ VLT (D65) < 75 %; Klasse 2: VLT (D65) < 65 %). Diese Grenzwerte gelten für transparente und getönte Sichtscheiben. Kennzeichnung/Benutzerinformation Um den Anwendungsbereich deutlich herauszustellen, mussten die Kennzeichnung sowie der Inhalt der Benutzerinformation nach DIN EN 166 ergänzt werden. Die Kennzeichnung der DIN EN 166 wird durch die zusätzlichen Klassenziffern für Störlichtbogenklasse und Lichttransmissionsklasse erweitert. 6. Schutz des Gesichtes und der Augen Beispiel: 8 – 1 – 0 8: Schutz gegen Störlichtbogen gemäß DIN EN 166 1: Störlichtbogenklasse (135 kJ/m2) 0: Lichttransmissionsklasse (VLT ≥ 75 %) In die Benutzerinformation werden zusätzlich die Erläuterung der Kurzzeichen für Störlichtbogenklasse und Lichttransmissionsklasse sowie der Hinweis auf eine Mindestbeleuchtungsstärke am Arbeitsplatz gefordert. Diese muss hinter dem Gesichtsschutz eine Beleuchtungsstärke von mindestens 30 Lux gewährleisten. Es ist beabsichtigt, die Festlegungen des Prüfgrundsatzes in die Überarbeitung der EN 166 einzubringen und die Anforderungen an Elektriker-Gesichtsschutz in diesen Punkten zu erweitern. Abb. 6.4: Elektriker-Schutzhaube mit Filter gegen Störlichtbogen Augenschutz gegen die optische Schweißstrahlung Bei fast allen Schweißverfahren werden die Expositionsgrenzwerte (zulässige Werte) für UV-Strahlung und IR-Strahlung überschritten, deshalb ist in diesem Wellenlängenbereich immer ein Schutz notwendig. Je nach Schweißverfahren kommt es zu sehr hohen Leuchtdichten, die zur Blendung führen. Deshalb müssen die verschiedenen Augenschutzgeräte beim Schweißen entsprechend ihrer Schutzstufe vor der Blendung schützen und somit das sichtbare Licht abschwächen. Gegen die Strahlung des Lichtbogens muss sich sowohl der Schweißer als auch der Helfer schützen. Beim Lichtbogenschweißen werden dafür im Allgemeinen Schweißerschutzschirme mit Schweißerschutzfiltern verwendet. Die Schweißerschutzfilter sind Sichtscheiben mit Filterwirkung gegenüber den auftretenden Strahlen und sind gemäß EN 175 in Schutzstufen eingeteilt. Beim Schutzgasschweißen und bei Plasmaverfahren braucht man z. B. einen Schutzschirm mit Schweißerschutzfiltern nach DIN EN 169. Den unterschiedlichen Schutzstufen der Filter sind jeweils bestimmte Strahlungsdurchlässigkeiten (Dunkeltönungen) zugeordnet. Bei der Auswahl ist in erster Linie ein ausreichender Blendschutz maßgebend, bei dessen Einhaltung zugleich auch die infrarote und die ultraviolette Strahlung genügend gedämpft werden. Die Schweißerschutzfilter müssen dauerhaft gekennzeichnet sein, z. B.: 12 XY 1 DIN L 51 6. Schutz des Gesichtes und der Augen An vielen Arbeitsplätzen werden häufig auch selbstverdunkelnde Schweißerschutzhauben verwendet. Kern ist eine SchutzfilterKassette als Sichtfenster, die nach ca. 0,5 bis 2 ms entsprechend der vorgewählten Schutzstufe auf „Verdunkeln“ umschaltet. Dieser Effekt wird durch eine dünne Flüssigkristallschicht im Schutzfilter erreicht. Auch in der Hellstufe ist der UV-und IR-Schutz gewährleistet. Die Anforderungen an solche Schutzfilter sind in der EN 379 festgelegt. Augenschutz gegen Sonnenstrahlung Schutz vor Blendung Abb. 6.5: Beispiel für eine Schweißerschutzbrille für einen Schweißhelfer Abb. 6.6: Beispiel für ein automatisches Schweißerschutzvisier 52 Abb. 6.7: Beispiel für eine Schutzbrille mit wegklappbarem optischen Filter Das menschliche Auge sieht optimal bei einer Helligkeit bzw. Beleuchtungsstärke von 10 000 Lux. In Städten mit vielen hellen Fassaden und anderen reflektierenden Flächen, am Wasser, in großer Höhe oder in schneebedecktem Gelände kann es zu wesentlich höheren Helligkeiten mit bis zu 10facher Strahlungsintensität kommen. Unsere Augen können sich auf unterschiedliche Helligkeiten einstellen (Pupille). Wird die Umgebung jedoch zu hell, kann man unabhängig vom Sehvermögen nichts mehr erkennen. Diese Blendung lässt sich mit einem Licht dämpfenden Filter senken, dessen Stärke durch die Tönung bestimmt ist. 6. Schutz des Gesichtes und der Augen Abb. 6.8: Sonnenschutzbrille mit Gelbtönung zur Kontrastverbesserung Schutz vor UV-Strahlung Beim Sonnenschutz muss nicht nur das sichtbare Licht abgedämpft, sondern vor allem auch die unsichtbare UV-Strahlung abgehalten werden. Die Filterung der UV-Strahlung findet im eigentlichen Glasbzw. Kunststoffmaterial statt und ist unabhängig vom Tönungsgrad. Schutz vor IR-Strahlung Die normale Infrarot-Strahlung stellt für das Auge keine Gefährdung dar. Gläser mit reduzierter IR-Durchlässigkeit sind v. a. für geschlossene Ski-, Alpin- und Ballonfahrerbrillen empfohlen zur Sicherstellung der visuellen Wahrnehmung. Wer auf der Straße unterwegs ist, sollte jedoch auch mit Sonnenschutzbrille über eine optimale visuelle Wahrnehmung verfügen. Eine verkehrstaugliche Sonnenschutzbrille darf nicht zu dunkel sein (18-43 % Lichtdurchlässigkeit) und die Signalfarben nicht verfärben. Farbe der Gläser Braune, graue und grüne Gläser verfälschen die Farbwahrnehmung am wenigsten. Bei anderen Glastönungen werden Farben verändert wahrgenommen bzw. braucht das Gehirn eine gewisse Zeit, um die durch die Brille verschobenen Farbtöne (zumindest teilweise) wieder zu neutralisieren. Farbe der Brillengläser und Farbwahrnehmung Braun Angenehm warmer Farbton, leichte Farbverfälschungen, filtert Blaulicht Grau Neutrale Farbwiedergabe Grün Leichte Farbverfälschung, Verstärkung des natürlichen Grüns Gelb Kontrasterhöhend (Schießen, Skifahren), wegen Farbverfälschung im Verkehr ungeeignet Blau, Rot, Manchmal geeignet, nicht in jeder Form Violett 53 6. Schutz des Gesichtes und der Augen Sonnenfilter Kategorie nach EN 1836 Filterkategorie Transmission in % 0 80-100 1 43-80 2 18-43 3 8-18 4 3-8 Die Kategorie 0 gilt nur für phototrope (bei Licht eindunkelnde) Gläser, für den Einsatz im Verkehr sind nur die Kategorien 1-3 erlaubt. Augenschutz gegen Laserstrahlung Bei Arbeiten im Gefahrenbereich des Lasers (Laserbereich) müssen häufig Laser-Schutzbrillen oder Laser-Justierbrillen eingesetzt werden. Die Ermittlung der notwendigen Schutzstufe ist oft eine komplexe Analyse, falls der Hersteller der Anlage nicht eine Empfehlung vorgegeben hat. Diese wird ausführlich in der berufsgenossenschaftlichen Information 5092 „Auswahl und Benutzung von Laser-Schutzbrillen und Laser-Justierbrillen“ dargestellt. Wichtig ist die Unterscheidung nach LaserSchutzbrillen; sie dienen dem Schutz der Augen gegen Laserstrahlung für die jeweils betreffende Wellenlänge im ultravioletten, sichtbaren und infraroten Spektralbereich für mindestens 5 s. Laser-Justierbrillen sind 54 Abb. 6.9: Modell einer Laserschutzbrille auf den Wellenlängenbereich zwischen 400 nm und 700 nm beschränkt. Sie sollen die Laserstrahlung auf den Wert der Klasse 2 (maximal 1 mW, mit C6=1) bzw. auf 0,6 Klasse 2 (siehe Tabelle 6 der BGI 5092) abschwächen. Laser-Justierbrillen dienen dem Zweck, diffuse Reflexionen dieser Laserstrahlung sicher beobachten zu können. Wurde die notwendige Schutzstufe des Laserschutzes bestimmt, muss als nächstes je nach Einsatz ein entsprechendes Gestell ausgewählt werden. Je nach Einsatzzeit und Anforderung an die Sehaufgabe sollen unterschiedliche Gestellformen ausgewählt werden. Muss zum Beispiel die Laser-Schutzbrille im Laufe des Jahres nur kurz (weniger als 50 Stunden im Jahr) getragen werden und müssen keine Arbeiten mit hohen Sehanforderungen durchgeführt werden, kann in der Regel ein Korbgestell gewählt werden. Müssen häufiger Arbeiten mit der Brille durchgeführt werden, erhöht sich bei schwe- 6. Schutz des Gesichtes und der Augen ren hermetisch abgeschlossenen Fassungen die Gefahr, dass die Brillen beschlagen und die Möglichkeit von Sekundärunfällen erhöht wird. Deshalb sollten nach Möglichkeit leichte Bügelgestelle gewählt werden. Wird jedoch an Hochleistungslasern von mehreren kW gearbeitet, müssen in der Regel hermetisch abgeschlossene und daher schwerere Fassungen verwendet werden. Wichtige Punkte, die überprüft werden müssen, sind: • maximale Tageslichttransmission (je höher, desto besser) • Prüfung, ob Filter Farbverfälschung hervorrufen. Müssen bestimmte Farben erkannt werden, sollten, wenn technisch machbar, Filter ausgesucht werden, die eine geringe Farbverfälschung hervorrufen (wichtig bei der Erkennung von Warnsignalen). • Frage klären, ob die Schutzbrille über eine Korrektionsbrille passen muss. • Wenn die Schutzbrille nicht mit einer Korrektionsbrille (Sehhilfe) kombiniert werden muss, ist eine Bügelbrille wegen besserer Hinterlüftung vorzuziehen. • Wird die Brille von wechselnden Personen z. B. für Besucher getragen, ist eine möglichst universelle Passform anzustreben. Hier empfehlen sich ggf. Korbbrillenvarianten. Hinweis: Dann sind die Brillen vor jedem Gebrauch zu desinfizieren und zu reinigen. • Um den Tragekomfort zu erhöhen, sollte unter Beachtung der notwendigen Schutz- stufen für die jeweilige Laserbetriebsart und Wellenlänge Schutzausrüstung von möglichst geringem Gewicht ausgesucht werden. • Auf den sicheren Sitz der Brille muss geachtet werden, da die jeweiligen Träger unterschiedliche Kopfformen haben. Hier müssen bei der Beschaffung der persönlichen Schutzausrüstung (PSA) unbedingt die persönlichen Belange des Trägers mit berücksichtigt werden, um die Trageakzeptanz von Laserschutzprodukten zu erhöhen. Benutzung Um die Informationen für die Benutzung nach § 2 Abs. 3 der PSA-Benutzungsverordnung verfügbar zu machen, sollte der Unternehmer für die Benutzung von Augenschutz unter Berücksichtigung der Informationsbroschüre des Herstellers eine Betriebsanweisung erstellen. Sie soll alle für den sicheren Einsatz erforderlichen Angaben enthalten, insbesondere über: • die Gefahren entsprechend der Gefährdungsermittlung • das Verhalten bei der Benutzung des Augen- und Gesichtsschutzes • das Verhalten bei festgestellten Mängeln • Lagerung • Pflege • Reinigung 55 6. Schutz des Gesichtes und der Augen Abb. 6.10: Aufbewahrungsbox für Schutzbrillen In Erfüllung der Grundpflichten nach § 3 Arbeitsschutzgesetz hat der Unternehmer die Benutzung des Augen- und Gesichtsschutzes zu überwachen. Tragen von Kontaktlinsen Nach den heute vorliegenden Informationen und wissenschaftlichen Erkenntnissen sind Träger von Kontaktlinsen bei Arbeiten durch Lichtbögen nicht gefährdet. Die immer wieder in Diskussion stehende Verklebung der Kontaktlinse mit der Linse des Auges gilt als „Falschmeldung“. Wichtig ist jedoch, dass geeigneter Augenschutz gemäß dem Gefährdungspotenzial am Arbeitsplatz zum Einsatz kommt. Normen DIN EN 165 DIN EN 166 DIN EN 167 DIN EN 168 DIN EN 169 DIN EN 170 DIN EN 171 DIN EN 172 DIN EN 174 DIN EN 175 DIN EN 207 DIN EN 208 56 Persönlicher Augenschutz; Wörterbuch Persönlicher Augenschutz; Anforderungen Persönlicher Augenschutz; Optische Prüfverfahren Persönlicher Augenschutz; Nichtoptische Prüfverfahren Persönlicher Augenschutz; Filter für das Schweißen und verwandte Techniken; Transmissionsanforderungen und empfohlene Anwendung Persönlicher Augenschutz; Ultraviolettschutzfilter; Transmissionsanforderungen und empfohlene Anwendung Persönlicher Augenschutz; Infrarotschutzfilter; Transmissionsanforderungen und empfohlene Verwendung Persönlicher Augenschutz; Sonnenschutzfilter für den betrieblichen Gebrauch Persönlicher Augenschutz; Skibrillen für den alpinen Skilauf Persönlicher Augenschutz; Geräte für Augen- und Gesichtsschutz beim Schweißen und bei verwandten Verfahren Persönlicher Augenschutz; Filter und Augenschutz gegen Laserstrahlung (Laserschutzbrillen) Persönlicher Augenschutz; Augenschutzgeräte für Justierarbeiten an Lasern und Laseraufbauten (Laserjustierbrillen) 6. Schutz des Gesichtes und der Augen DIN EN 379 DIN EN 1731 DIN EN 1836 Persönlicher Augenschutz; Automatische Schweißerschutzfilter Persönlicher Augenschutz; Augen-und Gesichtsschutzgeräte aus Gewebe Persönlicher Augenschutz; Sonnenbrillen und Sonnenschutzfilter für den allgemeinen Gebrauch Begriffe Antibeschlag (beschlagsarm) Es gibt spezielle Beschichtungstechnologien, die die Scheibe außen extrem kratzfest und beschlagsarm bis -frei gewährleisten. Diese Scheiben tragen die Kennzeichnung K und N nach EN 166. Erweiterungsteile sind Teile, die am Tragkörper zum Schutz vor besonderen Gefahren zusätzlich befestigt werden können (Seitenschutz, Hochklappteil). Fassung ist der Teil des Tragkörpers, der die Sichtscheiben hält. Gestellbrillen sind Schutzbrillen, die mit Ohrbügeln oder mit Traghilfen für die Befestigung am Schutzhelm ausgerüstet sein können. Für den seitlichen Schutz sind sie mit Seitenschutzkörben oder Seitenschutzplatten versehen. Haben die Sichtscheiben einer Gestellbrille auch optisch korrigierende Wirkung, werden solche Schutzbrillen als Korrektionsschutzbrillen bezeichnet. Korbbrillen sind Schutzbrillen, bei denen der Tragkörper korbartig ausgebildet ist und aus weichem, elastischem Material besteht, so dass der Brillenkorb den Augenraum umschließt und sich an das Gesicht anschmiegt (Kopfhalterung, Helmhalterung). Schutzschirme schützen das Gesicht und je nach Länge und Erweiterungsteilen, z. B. Schürzen, auch Teile des Halses. Sie werden mit Traghilfen am Schutzhelm oder direkt am Kopf getragen. Sichtscheiben können an den Traghilfen starr, leicht auswechselbar oder hochklappbar befestigt sein. Schutzschilde schützen ebenfalls Gesicht und Teile des Halses. Sie werden mit der Hand gehalten. Am häufigsten anzutreffen sind die Schweißerschutzschilde, die so groß sein müssen, dass das gesamte Gesicht geschützt ist. Schutzschilde sind aus lichtdichten, gegen mechanische und thermische Einwirkungen genügend widerstandsfähigen Werkstoffen hergestellt. Im Schild ist ein Fenster für eine Filterscheibe eingearbeitet. Freisichtschilde haben außerdem ein Beobachtungsfenster, 57 6. Schutz des Gesichtes und der Augen das lichtdicht geschlossen und für bestimmte Arbeitsvorgänge geöffnet werden kann. Vorstecker sind Tragkörper mit Fassungen für Sicherheits- oder Filtersichtscheiben. Sie werden auf eine Korrektionsbrille aufgesteckt. Vorstecker zählen im weitesten Sinne auch zu den Schutzbrillen. Bei Vorsteckern gibt es auch Konstruktionen, die hochklappbar sind. Es wird jedoch nicht die gleiche Schutzwirkung erreicht wie mit einer kompletten Schutzbrille. 58 Traghilfen sind Teile des Tragkörpers, die zum Befestigen am Ohr des Trägers oder am Schutzhelm dienen (Ohrbügel, Kopfband, Kopfhalterung, Helmhalterung). Fassung ist der Teil des Tragkörpers, der die Sichtscheiben hält. Verbindungselemente sind Teile des Tragkörpers, die Einzelteile miteinander verbinden (Scharniere, Gelenke, Haken, Ösen, Nieten). 7. Schutz des Rumpfes Dipl.-Ing. Norbert Schilling Schutzkleidung bedeckt die persönliche Bekleidung oder sie ersetzt die persönliche Bekleidung und soll dem Rumpf, den Armen und Beinen Schutz gegen eine oder mehrere Gefährdungen bieten. Wenn die Schutzkleidung mit anderer PSA, z. B. Chemikalienschutzstiefel, Atemschutz, eine durchgängige Einheit bilden muss, so ist besonderes Augenmerk auf den Schutzgrad der Anschluss-Stellen zu richten. Schutzkleidung muss so gestaltet sein, dass sie vom Anwender korrekt angelegt werden kann und für die vorgesehene Gebrauchszeit einen guten Sitz gewährleistet. Dies gilt unter Berücksichtigung der Bewegungen und Körperhaltungen, die der Träger einnehmen könnte. Deshalb muss sich die Schutzkleidung durch Verstellsysteme oder verschiedene Größenbereiche an die Statur des Anwenders anpassen lassen. Der Tragekomfort der Schutzkleidung soll möglichst hoch sein, er ist abhängig von: Abb. 7.1: Schutzanzug zum einmaligen Gebrauch • Schutzgrad gegen die Gefährdung • Umgebungsbedingungen • Körperlicher Betätigung/Belastung des Anwenders • Anwendungsdauer Die Anwender sollten durch Handhabungsund Trageversuche in die Auswahl mit einbezogen werden. Dabei ist darauf zu achten, dass keine rauen, harten oder scharfen Oberflächenelemente vorhanden sind, die den Anwender oder Dritte verletzen könnten. Kein Teil darf so eng anliegen, dass die Blutzirkulation eingeschränkt wird und kein Teil darf so locker und/oder so schwer sein, dass die Bewegungen behindert werden. Wo immer möglich, muss Schutzbekleidung aus Materialien mit geringem Wasserdampfwiderstand und/oder hoher Luftdurchlässigkeit bestehen (oder ausreichend belüftet sein), um thermische Belastungen herabzusetzen. 59 7. Schutz des Rumpfes Wenn auf Grund des erforderlichen Schutzgrades Belastungen für den Anwender nicht zu vermeiden sind, muss die Anwendungsdauer entsprechend zeitlich begrenzt werden. Wenn der Hersteller angibt, dass die Schutzkleidung gewaschen oder chemisch gereinigt werden darf, dann darf die Längenänderung sowohl in der Länge als auch in der Breite +/- 3 % nicht überschreiten. Jeder Teil der Schutzkleidung muss auf den Artikel selbst oder auf einem Etikett lesbar und widerstandsfähig gegen eine geeignete Anzahl Pflegezyklen gekennzeichnet sein mit folgenden Angaben: • • • • • • • • Name, Handelsname oder Code • Nummer der einschlägigen EN-Norm • Piktogramm und Leistungsstufen, falls zutreffend • Pflegehinweise/-kennzeichnung • Ist die Schutzkleidung nur für den einmaligen Gebrauch bestimmt, ist sie mit dem Warnhinweis „Nicht wieder verwenden“ versehen. • Die Hinweise am Produkt selber müssen in einer schriftlich beiliegenden Information des Herstellers wiederholt werden, zusätzlich sind zu vermerken: • Name und Anschrift der Herstellers/autorisierten Vertreters • Name, Adresse und Identifizierungsnummer der anerkannten Stelle, die in die 60 • • • Typenzulassung und/oder Qualitätssicherung einbezogen ist EN-Norm, Veröffentlichungsjahr Erläuterung der Piktogramme und Leistungsstufe Wesentliche Ausgangsmaterialien Gebrauchsanleitung (Prüfung vor Gebrauch, passender Sitz, An- und Ablegen, Hinweise zur geeigneten Verwendung, Gebrauchseinschränkungen (Temperatur), Anleitung zur Lagerung und Wartung, Höchstabstände für Wartungsüberprüfungen Anleitung für Pflege und/oder Dekontamination Warnhinweise vor möglichen Problemen Einzelheiten zu Bestandteilen von Schutzkleidung, die zusätzlich verwendet werden müssen, um den vorgesehenen Schutz zu erreichen Informationen zu allen im Produkt verwendeten Materialien, die allergische Reaktionen hervorrufen können oder möglicherweise karzinogen, reproduktionstoxisch oder mutagen wirken Einzelheiten zu allen wesentlichen ergonomischen Beeinträchtigungen, die die Verwendung des Produktes mit sich bringen, wie z. B. Einschränkungen des Sehfeldes, der Hörschärfe oder das Risiko einer Wärmebelastung Anleitungen zum Erkennen von Alterung und Leistungsverlust des Produktes Falls es hilfreich ist, sind Illustrationen, Nummern der einzelnen Teile usw. beizufügen Anweisungen zur Reparatur 7. Schutz des Rumpfes • Hinweise auf Zubehör und Ersatzteile, falls von Bedeutung • Geeignete Verpackungsart für den Transport, falls erforderlich • Je nach Erfordernis, Anleitungen zur Wiederaufbereitung, sicheren Zerstörung und Entsorgung (z. B. mechanische Trennung oder Verbrennen des Produktes) Feuchte und Wind bei einer Lufttemperatur von – 5° charakterisiert. Dies stellt einen Anhaltswert für kurzzeitige Arbeiten dar; je nach Art und Dauer der Tätigkeit sowie den weiteren Umgebungsbedingungen, kann der Einsatz von Kälteschutzkleidung bereits bei höheren Temperaturen angezeigt sein. 7.1 Kälteschutzkleidung In der Norm DIN EN 3421 wird eine kalte Umgebung durch eine Kombination aus Abb. 7.1.1: Kälteschutzkleidung 1 DIN EN 342 „Schutzkleidung – Kleidungssysteme und Kleidungsstücke zum Schutz gegen Kälte“ So kann stärkerer Wind die Konvektionswärmeverluste deutlich erhöhen. Deshalb ist der Grad der Luftdurchlässigkeit der äußeren Lagen ein entscheidender Faktor. Völlig undurchlässige Kleidung führt sehr schnell zum Schwitzen. Dies sollte bei längerem Aufenthalt in der Kälte unbedingt vermieden werden. Es ist in der Regel wirkungsvoller, Feuchtigkeit durch Ventilationsöffnungen abzuführen als durch Diffusion durch mehrere Bekleidungslagen. So kann bei sehr großer Kälte durch Kondensation in der Bekleidung nur sehr wenig Wasserdampf nach außen gelangen. Deshalb ist der Wasserdampfdurchgangswiderstand eine wichtige Einflussgröße. Die wichtigste Eigenschaft von Kälteschutzkleidung ist das Wärmeisolationsvermögen, die Grundwärmeisolation. Bei der Ermittlung der erforderlichen Isolation macht es einen sehr großen Unterschied, ob der Träger der Kleidung eine nur stehende Tätigkeit ausführt (z. B. Sicherungsposten) oder sich bewegt. So ermöglicht Kälteschutzkleidung mit dem höchsten Isolationsvermögen eine 61 7. Schutz des Rumpfes stehende Tätigkeit über eine Schicht (8 h) bis – 7° C, während bereits bei leichten Tätigkeiten über eine Schicht mit der gleichen Kleidung bis – 19° C gearbeitet werden kann. Bei wechselnden Temperaturen über eine Schicht (am frühen Wintermorgen dunkel und sehr kalt, mittags wolkenloser Himmel und Sonnenschein) hat sich das „Zwiebelprinzip“ bewährt, d. h. es werden mehrere Lagen Kleidung übereinander getragen, die aufeinander abgestimmt sein müssen. Dies beginnt mit der Unterwäsche, die direkt auf der Haut getragen wird und Feuchtigkeit von der Haut weg transportieren soll. EN 342 7.2 Regenschutzkleidung Die wichtigste Eigenschaft von Regenschutzkleidung ist die Wasserdichtheit, in der entsprechenden Norm DIN EN 3432 als „Wasserdurchgangswiderstand“ bezeichnet. Allerdings sind einige wasserdichte Materialien undurchlässig gegen Wasserdampfdurchtritt. Dies kann zu erheblichen physiologischen Belastungen führen, insbesondere bei hohen Temperaturen und/oder hoher Luftfeuchtigkeit, da der Schweiß nicht nach außen transportiert werden kann. Deshalb ist bei der Auswahl von Regenschutzkleidung auch der Wasserdampfdurchgangswiderstand ein entsprechendes Kriterium. Wasserdichtheit – Wasserdurchgangswiderstand Entsprechend dem Wasserdurchgangswiderstand werden die Kleidungsstücke in 3 Klassen eingeteilt. Die geringsten Anforderungen werden an Kleidungsstücke der Klasse 1 gestellt. Klasse 1 ist erfüllt, wenn das neuwertige Kleidungsstück einen Druck von Abb. 7.1.2: Kälteschutzkleidung wird mit dem Symbol „Schneeflocke“ gekennzeichnet. 2 62 DIN EN 343 „Schutzkleidung gegen Regen“ 7. Schutz des Rumpfes Wasserdurchgangswiderstand Material vor der Vorbehandlung Material nach jeder Vorbehandlung Klasse 1 2 3 mind. 80 cm Wasserhöhe entfällt entfällt entfällt mind. 80 cm mind. 13 cm Wassersäule Wassersäule Tabelle 7.2.1: Wasserdurchgangswiderstand ca. 80 cm Wassersäule standhält (8000 Pa). Kleidungsstücke nach Klasse 2 halten ebenfalls 80 cm Wassersäule stand, allerdings nach 5 x Waschen und einer Beaufschlagung mit einem Scheuermittel. Klasse 3 entspricht in der Vorbehandlung der Klasse 2, hält aber anschließend einer Wassersäule von ca. 1,3 m stand (13000 Pa). Wasserdampfdurchgangswiderstand Der Widerstand gegen Wasserdampfdurchgang ist das Maß für die Atmungsaktivität der Regenschutzkleidung. Sie wird in 3 Klassen eingeteilt: Klasse 1: Klasse 2: Klasse 3: hoch mittel niedrig Durch den hohen Wasserdampfdurchgangswiderstand sind Kleidungsstücke der Klasse 1 wenig atmungsaktiv. Deshalb ist die Tragedauer entsprechend der Tabelle zu begrenzen: Umgebungstemperatur (°C) Klasse 1 Klasse 2 Klasse 3 25 60 Min. 105 Min. 205 Min. 20 75 Min. 250 Min. – 15 100 Min. – – 10 240 Min. – – 5 – – – Tabelle 7.2.2: Tragedauer von Regenschutzkleidung 63 7. Schutz des Rumpfes Abb. 7.2.1: Piktogramm Regenschutzkleidung ___ Kennzahl für den Wasserdurchgangswiderstand ___ Kennzahl für den Wasserdampfdurchgangswiderstand Das Piktogramm muss am Kleidungsstück angebracht sein (Etikett, Aufdruck, Aufnäher). Bei der Wasserdurchgangswiderstandsklasse 1 muss der Zahl die Warnung „Begrenzte Tragedauer“ hinzugefügt werden. Abb. 7.3.1: Schweißerschutzkleidung 7.3 Schweißerschutzkleidung Schutzkleidung für das Schweißen und verwandte Verfahren3 soll den Träger gegen kleine Spritzer geschmolzenen Metalls, kurzzeitigen Kontakt mit Flammen sowie Strahlungswärme schützen. Schweißerschutzkleidung kann sowohl aus Leder als auch aus textilem Material bestehen. Heiße Teilchen oder Schweißperlen müssen von der Schutzkleidung abfallen. 3 DIN EN ISO 11611 „Schutzkleidung für Schweißen und verwandte Verfahren“ 64 Neben dem Schutz des Rumpfes, der Arme und Beine umfasst Schweißerschutzkleidung auch Hauben zum Schutz des Kopfes sowie Gamaschen zum Schutz der Füße. Schweißerschutzkleidung wird in 2 Klassen eingeteilt: Klasse 1 bietet eine niedrigere Schutzwirkung für weniger gefährdende Schweißverfahren und Arbeitsplatzsituationen mit weniger Schweißspritzern und niedrigerer Strahlungswärme, z. B.: 7. Schutz des Rumpfes • Lichtbogenhandschweißen mit rutilumhüllter Elektrode • WIG/MIG – Schweißen • Gasschmelzschweißen • Mikroplasmaschweißen • Punktschweißen • Hartlöten • Arbeit an Maschinen zum – Sauerstoffschneiden – Plasmaschneiden – Widerstandsschweißen – Thermisches Spritzschweißen Die Schutzkleidung nach Klasse 2 hat eine höhere Schutzwirkung gegen stärker gefährdende Schweißverfahren und Arbeitssituationen mit mehr Spritzern und stärkerer Strahlungswärme, z. B.: • Lichtbogenhandschweißen mit basisch umhüllter Elektrode • Lichtbogenhandschweißen mit Cellulose umhüllter Elektrode • MAG-Schweißen • MIG-Schweißen mit Starkstrom • Manuelles Plasmaschneiden • Manuelles Fugenhobeln • Manuelles Sauerstoffschneiden • Manuelles thermisches Sprühschweißen • Arbeit an Maschinen – in engen Räumen – mit Überkopfschweißen oder -schneiden Anzug oder Overall oder zweiteilig als Jacke und Hose ausgeführt sein. Bei der zweiteiligen Ausführung muss die Jacke die Hose in allen beim Schweißen üblichen Körperhaltungen um mindestens 20 cm überlappen. Schweißerschutzkleidung schützt den Träger gegen die UV-Strahlung, die bei allen Verfahren mit elektrischen Lichtbogen in hoher Intensität auftritt. Durch Verschleiß/Abnutzung kann dieser Schutz beeinträchtigt werden. Ob die Schutzwirkung noch vorhanden ist, kann festgestellt werden, indem man das Kleidungsstück in ca. einem Meter Entfernung gegen das Licht einer starken Lichtquelle, entsprechend einer 100 Watt-Glühlampe hält. Ist ein Lichtschimmer zu sehen, dringt auch UV-Strahlung durch. Abb. 7.3.2: Piktogramm für Schutz gegen Gefährdungen beim Schweißen Schweißerschutzanzüge müssen neben dem Rumpf, den Armen und Beinen auch den Hals bedecken. Sie können einteilig als 65 7. Schutz des Rumpfes 7.4 Chemikalienschutzkleidung Dipl.-Ing. Christel Trautmann Chemikalien sowie gegen biologische Einwirkungen schützen. Chemikalienschutzanzüge haben die Aufgabe, den menschlichen Körper vor der schädigenden Wirkung chemischer Stoffe zu schützen. Diese Schutzkleidung soll dem menschlichen Körper eine Schutzhülle bieten, unter der noch ein erträgliches Klima herrscht. In der Gebrauchsanleitung vorgegebene Tragezeitbegrenzungen sind zu beachten. Die harmonisierten Normen für Chemikalienschutzkleidung enthalten Anforderungen an das verwendete Material, Nähte und Verbindungen sowie Anforderungen an die gesamte Schutzkleidung. Chemikalienschutzkleidung soll gegen flüssige oder feste oder beide (partikelförmige) Abb. 7.4.1: Chemikalienschutzkleidung 66 Die Chemikalienschutzkleidung wird in verschiedene Typen unterteilt: Typ 1 bis Typ 6. Typ 1 bedeutet höchste Dichtheit (gasdicht), Typ 6 begrenzte Dichtheit, wie z. B. Einwegschutzanzüge, die gegen Tropfen und Spritzer für eine begrenzte Zeitspanne schützen. 7. Schutz des Rumpfes Welcher Typ der Schutzkleidung bei Tätigkeiten mit Chemikalien notwendig ist, kann nur durch eine Gefährdungsbeurteilung des konkreten Arbeitsplatzes festgestellt werden. Die Anforderungen an den Schutzanzug dienen als Basis zur Auswahl des notwendigen Typs. Ausrüstungstyp Beschreibung Teilkörperschutz Typ 6 Schürze, Kittel begrenzt dichter Schutz für Teile des Körpers Teilkörperschutz Typ 4 Schürze, Kittel Schutz für Teile des Körpers mit sprühdichten Übergängen Teilkörperschutz Typ 3 Schürze, Kittel Schutz für Teile des Körpers mit flüssigkeitsdichten Übergängen Typ 6 begrenzt dichter Anzug, Spritzschutz für Arbeiten mit kleineren Mengen flüssiger Chemikalien Typ 5 Staubschutzanzug, Schutz gegen partikelförmige Chemikalien/Aerosole Typ 4 Anzug mit sprühdichten Übergängen, Schutz gegen Sprühnebel Typ 3 Anzug mit flüssigkeitsdichten Übergängen, Schutz gegen Flüssigkeitsstrahl Typ 2 belüfteter Schutzanzug mit nicht gasdichten Übergängen Typ 1 belüfteter oder unbelüfteter Schutzanzug mit gasdichten Übergängen Tabelle 7.4.2: Ausrüstungstypen bei Chemikalienschutzkleidung Bei der Auswahl der Chemiekalienschutzkleidung ist außerdem die chemische Beständigkeit als Barriere gegen konkrete, am Arbeitsplatz vorkommende Chemikalien zu beachten. Eine Aussage über die Barrierewirkung des Materials erhält man durch die Leistungsstufe und die Klassifizierung. 67 7. Schutz des Rumpfes Die Leistungsstufe beschreibt, wie das Material der Schutzkleidung die Chemikalie abweisen kann und wann das Material durch die Chemikalie „durchlöchert“ ist. (Index der Penetration und Abweisung der Chemikalie). auf molekularer Ebene (Permeation). Dabei unterscheidet man zwischen Klasse 1 (Durchbruchzeit zwischen 10 und 30 Minuten) und Klasse 6 (Durchbruchzeit mehr als 8 Stunden). Die Durchbruchzeit ist nicht mit der Tragezeit gleichzusetzen. Die Durchbruchzeit kann in der Praxis kürzer sein, z. B. durch erhöhte Temperatur, mechanische Beanspruchung usw. Hersteller von Chemikalienschutzkleidung können bei der Auswahl geeigneter Kleidung Empfehlungen geben, wenn Angaben zu den Chemikalien, zum Einsatzort und Umgebungsbedingungen vorgelegt werden. Abb. 7.4.3: Penetration (Loch im Material) ist die makroskopische Durchdringung des Materials. Die Kennzeichnung, die Benutzerinformation, Pflegehinweise, Prüfungen und sonstige Herstellerangaben sind zu beachten. • Kennzeichnung allgemein: – Name des Herstellers – Typ – Größe – CE-Kennzeichen Abb. 7.4.4: Permeation ist die molekulare Durchdringung eines Materials. • Jedes Teil der Schutzkleidung: – Hersteller/Händler – Typ, Handelsname, Code – Größe – Nummer der Norm – Piktogramm • Textil- und Pflegekennzeichnung Die Klassifizierung beschreibt die Durchbruchzeit der Chemikalie durch das Material 68 7. Schutz des Rumpfes Ist die geeignete Chemikalienschutzkleidung bereitgestellt, müssen vom Anwender folgende Punkte beachtet werden: • Trageversuch • Prüfung nach Herstellerangaben • Betriebsanweisung für das Tragen von Schutzkleidung, z. B. Tragedauer, Einsatzgrenzen, Gefahren, Warnung vor falschem Gebrauch, Lagerung, maximale Nutzungsdauer • Unterweisung • Lagerung, eventuell Reinigung Hinweis: Chemikalienschutzkleidung wird fast ausschließlich in Kombination mit Atemschutz verwendet. Voraussetzung für das Tragen von Atemschutzgeräten der Klassen 2 und 3 sind Pflichtuntersuchungen nach der Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV), für das Tragen von Atemschutzgeräten der Klasse 1 sollen Untersuchungen angeboten werden. Weitere Hinweise sind in der DGUV Regel 112-189 (BGR 189) „Benutzung von Schutzkleidung“ zu finden. Spezielle Normen zu Chemikalienschutzkleidung: DIN EN 14605 Schutzkleidung gegen flüssige Chemikalien – Leistungsanforderungen an Chemikalienschutzanzüge mit flüssigkeitsdichten (Typ 3) oder spraydichten (Typ 4) Verbindungen zwischen den Teilen der Kleidung, einschließlich der Kleidungsstücke, die nur einen Schutz für Teile des Körpers gewähren (Typ PB (3) und PB (4)) DIN EN ISO 13982-1 Schutzkleidung gegen Teilchen fester Chemikalien – Teil 1: Leistungsanforderungen an Chemikalienschutzkleidung, die für den gesamten Körper einen Schutz gegen schwebende Teilchen fester Chemikalien gewähren (Typ 5) DIN EN 13034 Schutzkleidung gegen flüssige Chemikalien – Leistungsanforderungen an Chemikalienschutzkleidung mit eingeschränkter Schutzleistung gegen flüssige Chemikalien (Typ 6 und Typ PB (6)) DIN EN 943-1 Schutzkleidung gegen flüssige und gasförmige Chemikalien, einschließlich Flüssigkeitsaerosole und feste Partikel – Teil 1: Leistungsanforderungen für belüftete und unbelüftete „gasdichte“ (Typ 1) und „nicht gasdichte“ (Typ 2) Chemikalienschutzanzüge DIN EN 943-2 Schutzkleidung gegen flüssige und gasförmige Chemikalien, einschließlich Flüssigkeitsaerosole und feste Partikel – Teil 2: Leistungsanforderungen für gasdichte (Typ 1) Chemikalienanzüge für Notfallteams 69 7. Schutz des Rumpfes 7.5 Warnkleidung Personen, die außerhalb von Gehwegen und Absperrungen im Verkehr eingesetzt oder neben dem Verkehrsbereich tätig und nicht durch eine geschlossene Absperrung (Absperrschranken oder Bauzäune) von die- sem getrennt sind, müssen Warnkleidung nach DIN EN ISO 20471 tragen. Entsprechend der Mindestflächen an fluoreszierendem Hintergrundmaterial und reflektierendem Material wird die Warnkleidung in 3 Klassen eingeteilt:4 Material Klasse 1 Klasse 2 Klasse 3 Hintergrundmaterial 0,14 m2 0,50 m2 0,80 m2 Retroreflektierendes Material 0,10 m2 0,13 m2 0,20 m2 Tabelle 7.5.1: Klassen der Warnkleidung, entsprechend der Mindestflächen an fluoreszierendem Hintergrundmaterial Für Arbeiten im öffentlichen Verkehrsraum ist die Klasse 1 nicht zulässig. Klasse 2 ist zulässig auf Straßen mit ausreichenden Sichtverhältnissen und geringer Verkehrsbelastung mit Geschwindigkeiten bis ca. 60 km/h. Bei Arbeiten an Straßen mit schlechten Sichtverhältnissen oder großer Verkehrsbelastung oder Geschwindigkeiten über 60 km/h muss Warnkleidung der Klasse 3 getragen werden. In Deutschland zulässige Farben für Arbeiten im öffentlichen Verkehrsraum sind orange-rot und fluoreszierend gelb (laut Verwaltungsvorschrift zur StVO5 § 35 Abschnitt 6). Für Arbeiten im Bereich der Deutschen Bahn AG ist lediglich orange-rot zulässig. Fluoreszierendes Gelb ist dort den Sicherungsposten vorbehalten. 4 5 DIN EN 471 „Warnkleidung-Prüfverfahren und Anforderungen“ Straßenverkehrsordnung (StVO) 70 Abb. 7.5.1: Warnkleidung 7. Schutz des Rumpfes 7.6 Schutzkleidung für den Umgang mit Kettensägen Kettensägen kommen hauptsächlich bei Baumarbeiten/Ausästarbeiten zum Einsatz. Grundvoraussetzung für sicheres Arbeiten in diesem Bereich ist eine entsprechende Fachkunde. Darüber hinaus ist umfassende PSA zu tragen (Schutzhelm, Gehörschutz, Gesichts- oder Augenschutz, Schutzhandschuhe, Schutzkleidung, Sicherheitsschuhe mit Schnittschutzeinlage). Abb. 7.6.2: Piktogramm Schnittschutzkleidung 7.7 Schutzanzüge gegen das Erfasstwerden durch sich bewegende Teile Für Arbeiten an konventionellen Werkzeugmaschinen und generell für Arbeiten in der Nähe von bewegten Maschinenteilen sind Maschinen-Schutzanzüge nach DIN EN 5107 konzipiert. Diese Anzüge sind mit einem sinnfälligen Symbol gekennzeichnet. Abb. 7.6.1: Kettensägeschutzanzug Die Wirkungsweise von Schnittschutzkleidung basiert darauf, dass bei Kontakt mit der laufenden Kette einer Kettensäge Fasern aus der Kleidung herausgerissen werden, das Kettenrad blockieren und die Kette zum Stillstand bringen. Entsprechend der DIN EN 3816 wird die Schnittschutzkleidung mit einem Kettenpiktogramm gekennzeichnet. Abb. 7.7.1: Piktogramm Maschinen-Schutzanzug nach DIN EN 510 6 Im Handel sind üblicherweise verschiedene Ausführungen der Schnittschutzklasse 1 (Kettengeschwindigkeit bis 20 m/s) erhältlich. 7 DIN EN 381 „Schutzkleidung für die Benutzer von handgeführten Kettensägen“ DIN EN 510 „Festlegungen für Schutzkleidung für Bereiche, in denen ein Risiko des Verfangens in beweglichen Teilen besteht“ 71 7. Schutz des Rumpfes Abb. 7.7.2: Maschinen-Schutzanzug Maschinen-Schutzanzüge zeichnen sich dadurch aus, dass • keine außen liegenden Taschen vorhanden sind • Knopfleisten und Reißverschlüsse abgedeckt sind • Ärmel- und Beinabschlüsse eng am Körper anliegen 72 Abb. 7.7.3: Eng anliegender Ärmel, verdeckte Knopfleiste 8. Persönliche Schutzausrüstungen für elektrische Arbeiten Dipl.-Ing. Martin Mehlem Im Zusammenhang mit den Arbeiten an oder in der Nähe von elektrischen Anlagen muss mit den Gefährdungen durch einen elektrischen Schlag und den Auswirkungen eines Störlichtbogens gerechnet werden. letzungen nach einem Störlichtbogenunfall sind Verbrennungen. Die Folgeverletzungen durch herausgeschleuderte Teile oder die Druckwelle dürfen aber auch nicht vergessen werden. Bei oben genannten Arbeiten kann es bewusst oder unbewusst zur Berührung von aktiven, unter Spannung stehenden Leitern kommen. Der Schutz vor dem elektrischen Schlag wird durch die isolierenden Eigenschaften einer PSA erreicht. Eine komplette persönliche Schutzausrüstung für elektrische Arbeiten besteht immer aus einer Kombination mehrerer einzelner Schutzmittel. Beim Gebrauch muss darauf geachtet werden, dass die Schutzmittel zusammen passen und die Übergangsbereiche ebenfalls geschützt sind. Im Fehlerfall kann es zur Zündung eines Störlichtbogens kommen. Dabei kommt es unter anderem zur starken Hitzebildung, es werden heiße Teile der Anlage und giftige Gase herausgeschleudert und eine Druck- und Schallwelle entsteht. Die gravierendsten Ver- Für die persönlichen Schutzausrüstungen für Elektriker gibt es eigene Normen, die die besonderen Gefährdungen beim Arbeiten an oder in der Nähe von elektrischen Anlagen berücksichtigen. Abb. 8.1.1: Schutz beim Arbeiten unter Spannung 73 8. Persönliche Schutzausrüstungen für elektrische Arbeiten 8.1 Elektrisch isolierende Schutzkleidung DIN EN 502861 gilt für elektrisch isolierende persönliche Schutzkleidung, die von Fachpersonal bei Arbeiten unter Spannung oder in der Nähe unter Spannung stehender Teile bis 500 V Wechselspannung bzw. 750 V Gleichspannung verwendet wird. Die Schutzkleidung ist nicht leitend und verhindert den Durchgang des elektrischen Stromes, wenn der Träger mit einer unter Spannung stehenden Leitung in Berührung kommt. Die Schutzkleidung besteht aus Jacke mit Kapuze und Hose oder aus Overall mit Kapuze. An der Schutzkleidung dürfen keine außen liegenden Metallteile sein und es müssen Klettverschlüsse verwendet werden. Jedes Kleidungsstück muss auf der Innenseite mit dem Namen des Herstellers, Jahr und Monat der Herstellung, der Serienund Typnummer, dem Namen dieser Norm (EN 50286), der Größenbezeichnung und der Reinigungsanleitung versehen sein. Die Außenseite der Patten auf den Taschen von Jacke, Hose und Overall muss mit dem Doppeldreieck und dem Schriftzug „Klasse 00“ beschriftet sein. Der Hersteller gibt in seiner Gebrauchsanleitung Informationen über die Lagerung, Reinigung und Wartung mit Angabe der zeitlichen Intervalle für die Wiederholungsprüfung an. Diese müssen auf jeden Fall beachtet werden, 74 denn nur so können die elektrischen Eigenschaften der Schutzkleidung erhalten bleiben. Die Taschen dürfen nur für nicht leitfähige Gegenstände verwendet werden. Werkzeuge müssen in einem separaten Behälter mitgeführt werden. DIN IEC 61482-22 gilt für Schutzkleidungen, die für elektrotechnische Arbeiten verwendet werden, bei denen die Gefahr eines elektrischen Lichtbogens besteht. Sie beschreibt Anforderungen und Prüfverfahren von Materialien und Kleidungsstücken für Schutzkleidungen für Elektrotechniker, die den thermischen Gefahren eines elektrischen Lichtbogens ausgesetzt sind. Es werden zwei Klassen definiert, die die Schutzwirkung der Kleidung gegen unterschiedliche Wärmeenergien beschreiben. Klasse 1: 135 kJ/m2 Klasse 2: 423 kJ/m2 Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ist zu ermitteln, welche Kleidung für die Arbeiten ausgewählt werden muss. Eine Unterstützung bei der Auswahl der PSA gegen die thermischen Auswirkungen von Störlichtbogen bietet BGI 5188. 1 2 DIN EN 50286 (VDE 0682-301) „Elektrisch isolierende Schutzkleidung für Arbeiten an Niederspannungsanlagen“ DIN IEC 61482-2 (VDE 0682-306-2) „Arbeiten unter Spannung – Schutzkleidung gegen die thermischen Gefahren eines Lichtbogens – Teil 2: Anforderungen“ 8. Persönliche Schutzausrüstungen für elektrische Arbeiten die üblicherweise zusammen mit Schutzhandschuhen aus Leder verwendet werden sollten. Die Lederhandschuhe werden über den isolierenden Handschuhen getragen, um mechanischen Schutz zu bieten: Die Schutzwirkung der Kleidung ist nur gewährleistet, wenn die Kleidung entsprechend der Hinweisen des Herstellers getragen und gepflegt wird. Nachträglich angebrachte Accessoires, wie Reflexstreifen oder Embleme, können ebenfalls zum Verlust der Schutzwirkung führen. Hierzu ist der Hersteller zu befragen. • isolierende Drei-Fingerhandschuhe mit mechanischem Schutz zur Verwendung ohne Überhandschuhe. Isolierende Handschuhe werden in elektrische Klassen eingeteilt, entsprechend der Nennspannung der Teile, an denen Arbeiten unter Spannung oder Arbeiten in der Nähe unter Spannung stehender Teile durchgeführt werden (siehe Tabelle 8.2.1). 8.2 Handschutz DIN EN 609033 gilt für • isolierende Handschuhe als Fünf-Fingerund isolierende Drei-Fingerhandschuhe, 3 DIN EN 60903 (VDE 0682-311) „Handschuhe aus isolierendem Material“ Isolierender Handschuh Klasse Höchste Betriebsspannung des Netzes kV (Effektivwert) kV (Gleichspannung) 00 0,5 0,75 0 1,0 1,5 1 7,5 11,25 2 17,0 25,5 3 26,5 39,75 4 36,0 54,0 Tabelle 8.2.1: Elektrische Klassen 75 8. Persönliche Schutzausrüstungen für elektrische Arbeiten Die Beständigkeit der isolierenden Handschuhe gegen besondere Umgebungseinflüsse wird mit der Kennzeichnung durch einen Kennbuchstaben für die entsprechende Kategorie auf dem Handschuh deutlich gemacht. Kategorie beständig gegen A Säure H Öl Z Ozon R Säure, Öl, Ozon C extrem niedrige Temperaturen Anmerkung: Jede Kombination der Kategorien darf angewendet werden. Tabelle 8.2.2: Kategorien der isolierenden Handschuhe Jeder isolierende Handschuh muss mit dem Doppeldreieck, der Norm (EN 60903), dem Hersteller, der Kategorie, der Größe, der Klasse, der Serien- oder Losnummer und dem Monat und Jahr der Herstellung gekennzeichnet sein. Mehrschichtige Handschuhe werden zusätzlich mit dem Hammersymbol gekennzeichnet. Um den ordnungsgemäßen Zustand des Handschuhs zu kontrollieren, müssen regelmäßige Wiederholungsprüfungen durchgeführt werden. Zur Angabe des Datums der durchgeführten Inspektion oder Prüfung muss ein Feld auf dem Handschuh vorhanden sein. Vor jedem Gebrauch sollten die Handschuhe einer Sichtprüfung unterzogen und zur 76 Feststellung von Löchern, soweit möglich, aufgeblasen werden. Bestehen Zweifel am ordnungsgemäßen Zustand der Handschuhe, dürfen diese nicht verwendet werden. Die Informationen des Herstellers zur Lagerung, Gebrauch, Reinigung, Pflege, Instandhaltung und Desinfektion müssen beachtet werden. 8.3 Elektrisch isolierende Schutzhelme DIN EN 503654 gilt für elektrisch isolierende Helme zum Arbeiten unter Spannung oder in der Nähe unter Spannung stehender Teile 4 DIN EN 50365 (VDE 0682-321) „Elektrisch isolierende Helme für Arbeiten an Niederspannungsanlagen“ 8. Persönliche Schutzausrüstungen für elektrische Arbeiten Helm mit der Nummer der Norm (EN 50365), dem Doppeldreieck, der Klasse und der Serien- oder Losnummer gekennzeichnet sein. Die Informationen des Herstellers über Lagerung, Benutzung, Reinigung und Wartung, die in der Gebrauchanleitung zu finden sind, müssen beachtet werden. So muss der Helm in einem geeigneten Karton oder Behälter aufbewahrt werden. Eine regelmäßige Sichtprüfung vor dem Gebrauch ist durchzuführen und eventuelle Verunreinigungen sind nach dem Gebrauch entsprechend der Herstellerempfehlung sorgfältig zu entfernen. 8.4 Elektrisch isolierende Schutzschuhe bis AC 1000 V oder DC 1500 V und beschreibt – aufbauend auf Helmen, die die Anforderung der EN 397 oder der EN 443 erfüllen – zusätzliche Anforderungen an die Schutzwirkung gegen den elektrischen Schlag. DIN EN 503215 gilt für elektrisch isolierende Schuhe zum Arbeiten unter Spannung oder in der Nähe unter Spannung stehender Teile bis 1000 V Wechselspannung, die bei Verwendung mit anderen elektrisch isolierenden persönlichen Schutzausrüstungen, wie z. B. Handschuhen, eine gefährliche Körperdurchströmung über die Füße verhindern. Die Helme sind in die Klasse 0 eingeteilt. Das bedeutet, dass sie geeignet sind für Arbeiten unter Spannung oder in der Nähe unter Spannung stehender Teile an Anlagen mit einer Nennspannung bis AC 1000 V und DC 1500 V. Die isolierenden Schuhe sind entweder in die Klasse 00 oder in die Klasse 0 eingeteilt. Das bedeutet, dass sie geeignet sind für Arbeiten unter Spannung oder in der Nähe unter Spannung stehender Teile bis zu den Spannungsgrenzen aus Tabelle 8.2.1. Abb. 8.3.1: elektrisch isolierender Schutzhelm Zusätzlich zu den in den Helmnormen EN 397 oder EN 443 geforderten Kennzeichnungen wie Hersteller und Typbezeichnung muss der 5 DIN EN 50321 (VDE 0682-331) „Elektrisch isolierende Schuhe für Arbeiten an Niederspannungsanlagen“ 77 8. Persönliche Schutzausrüstungen für elektrische Arbeiten Zusätzlich zu den in den Normen DIN EN 344, EN 345, EN 346 und EN 347 genannten Anforderungen wird für diese Schuhe die Schutzwirkung gegen den elektrischen Schlag nachgewiesen. Zusätzlich zu der in den Schuhnormen EN 344, EN 345, EN 346 und EN 347 geforderten Kennzeichnung wie Hersteller und Typbezeichnung muss jeder Schuh mit der Nummer der Norm (EN 50321), dem Doppeldreieck, der Klasse und der Serien- oder Losnummer gekennzeichnet sein. Die Informationen des Herstellers über Lagerung, Benutzung, Reinigung und Wartung, die in der Gebrauchanleitung zu finden sind, müssen beachtet werden. Eine regelmäßige Sichtprüfung vor dem Gebrauch ist durchzuführen und eventuelle Verunreinigungen sind nach dem Gebrauch entsprechend der Herstellerempfehlung sorgfältig zu entfernen. Der Hersteller beschreibt in seiner Gebrauchsanleitung auch die durchzuführende Wiederholungsprüfung und in welcher Weise diese auf dem Kennzeichnungsfeld am Schuh zu vermerken ist. 8.5. Gesichtsschutz siehe unter 6. 78 9. Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz Dr.-Ing. Reinhard Lux Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz1 sind Auffangsysteme zur Sicherung von Personen an einem Anschlagpunkt und zwar in der Weise, dass ein Absturz entweder ganz verhindert oder die Person sicher aufgefangen wird. Dabei wird der Fallweg begrenzt und die auf den Körper wirkenden Stoßkräfte auf ein erträgliches Maß reduziert. Zur verkürzten Schreibweise in dieser Broschüre wird im Folgenden die Abkürzung PSAgA für persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz verwandt. Bevor in diesem Kapitel einzelne Bauformen von PSAgA, deren Zusammenwirken in Auffangsystemen und Beispiele für einen bestimmungsgemäßen Einsatz näher vorgestellt werden, ist nochmals darauf hinzuweisen, dass zur Sicherung der Beschäftigten bauliche oder kollektiv wirkende Lösungen vor der Verwendung von PSA auszuwählen sind. Zur Berücksichtigung dieser Prioritäten2 kann u. a. auf folgende Möglichkeiten zurückgegriffen werden: • Bei Brüstungen oder fest installierten Geländern handelt es sich um bauseitig Abb. 9.0.1: Systematik zur Auswahl von Schutzeinrichtungen und -maßnahmen zum Schutz gegen Absturz im Sinne der Unfallverhütungsvorschrift „Bauarbeiten“ 1 Zur Begriff sbestimmung von PSA gegen Absturz siehe auch BG-Regel für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit „Benutzung von persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz“ (DGUV Regel 112-198 (BGR 198) 2 Die Prioritäten der anzuwendenden Schutzmaßnahmen sind u. a. festgelegt in § 12 UVV „Bauarbeiten“ (DGUV Vorschrift 38 (BGV C 22)). 79 9. Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz vorhandene Einrichtungen, die bei geeigneter Ausführung einen Absturz sicher verhindern. Werden hochgelegene Arbeitsplätze zur Durchführung regelmäßiger Tätigkeiten eingerichtet, sind Brüstungen und Geländer die erste Wahl zum Schutz gegen Absturz. • Schutzgerüste sind temporär erstellte Einrichtungen, die bei entsprechender Ausführung einen Absturz über Absturzkanten sicher verhindern können. • Auffanggerüste kommen i. d. R. bei Arbeiten auf geneigten Dächern zum Einsatz und verhindern einen Absturz der Beschäftigten an der Dachtraufe. Da beim Einsatz von Auffanggerüsten auf der Dachfläche ungesichert gearbeitet wird, sind in Abhängigkeit der Dachneigung die Gefährdungen durch ein Herabrutschen auf dem Dach und durch das Aufprallen im Auffanggerüst zu berücksichtigen und keinesfalls zu unterschätzen. Auch bei Arbeiten am Ortgang3 ist auf eine entsprechende Sicherung durch Gerüste zu achten. • Auffangnetze gehören zu den auffangenden Einrichtungen und stellen wie Auffanggerüste kollektiv wirkende Schutzeinrichtungen dar. Sie finden insbesondere bei Dacharbeiten auf Flachdächern ohne tragfähige Dachflächen oder bei der Errichtung von Dächern im Industriebau Verwendung. 3 Als Ortgang wird der unmittelbare Dachbereich an der Giebelseite von Satteldächern bezeichnet. 80 In der Abbildung 9.0.1: Systematik zur Auswahl von Schutzeinrichtungen und -maßnahmen wird verdeutlicht, dass PSAgA als persönliche Schutzmaßnahme in der Auswahlhierarchie immer an „letzter Stelle“ stehen. Diese Einstufung stellt jedoch keineswegs eine Abwertung dieser bewährten PSA dar. Zahlreiche Weiterentwicklungen der PSAgA in den vergangenen Jahren haben im Zusammenspiel mit einer kompetenten Anwendung durch die Benutzer zu einem zuverlässigen Schutz gegen Absturz geführt. Abb. 9.0.2: Arbeiten an einem Dachständer auf einem Satteldach unter Verwendung einer Hubarbeitsbühne. Es sei auf die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von Hubarbeitsbühnen bei der Durchführung von Arbeiten in der Höhe hingewiesen. Die professionelle Aufstellung der Geräte vorausgesetzt, kann mit ihrem Einsatz eine Vielzahl von Absturzgefährdungen bereits bei der Arbeitsplanung ausgeschlossen werden. Zum einen sind Arbeitsplätze ohne z. T. 9. Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz aufwändige Sicherungsmethoden auf dem Zugangsweg zu erreichen, zum anderen sind die Bau- oder Instandhaltungstätigkeit ohne einen komplexen Einsatz von PSAgA durchführbar. Es lohnt sich also durchaus, auch im betriebswirtschaftlichen Sinne, über den Einsatz von Hubarbeitsbühnen bei der Planung eines Arbeitsauftrages nachzudenken. 9.1 Auffangsysteme PSAgA bestehen nicht aus einer einzelnen Ausrüstung – vielmehr kommen unterschiedliche PSAgA-Komponenten in einem Auffangsystem ganzheitlich zum Einsatz. Allein die einschlägig bekannten Hersteller bieten hunderte PSAgA-Produkte an. Generell gilt: Nicht jedes Produkt kann mit einem beliebig anderen zu einem Auffangsystem verknüpft werden. Bauartspezifische Anforderungen aller PSAgA-Komponenten sind in europäisch harmonisierten Normen aufgeführt. Hiernach bestehen Auffangsysteme4 aus einem Auffanggurt und weiteren verschiedenen verbindenden Teilsystemen zu Auffangzwecken. Generell handelt es sich bei PSAgA um persönliche Schutzausrüstungen der Kategorie III gemäß der PSA-Herstellungsrichtlinie (89/686/EWG), die zwingend für das Inverkehrbringen aller Ausrüstungen zum Schutz gegen Absturz eine erfolgreich bestandene 4 Zu Auff angsystemen siehe Norm „Persönliche Absturzschutzausrüstung –Persönliche Absturzschutzsysteme“ (DIN EN 363) Baumusterprüfung sowie nachfolgende Qualitätssicherungsmaßnahmen voraussetzt. Jeder Käufer einer PSAgA wird daher in den beiliegenden Unterlagen des jeweiligen PSAProdukts eine Konformitätserklärung vorfinden, die auf eine bestandene Baumusterprüfung verweist. Gleichzeitig sind in den Benutzerhinweisen des Herstellers wichtige Informationen zur Kombinierbarkeit des PSA-Produkts mit anderen PSAgA enthalten, die berücksichtigt werden sollten. Nachfolgend erhalten Sie eine Einführung in die vier derzeit üblichen Auffangsysteme: • Auffangsystem mit Falldämpfer • Auffangsystem mit mitlaufendem Auffanggerät an beweglicher Führung • Auffangsystem mit Steigschutzeinrichtung an fester Führung • Auffangsystem mit Höhensicherungsgerät Auffangsysteme mit Falldämpfer stellen die die einfachste Art des Schutzes gegen Absturz durch eine PSAgA dar, bei der sich die Beschäftigten über einen Auffanggurt mit Falldämpfer und ein Verbindungsmittel an einem Anschlagpunkt sichern. In der Prinzipskizze von Abb. 9.1.1 ist der möglichst oberhalb der zu sichernden Person befindliche Anschlagpunkt zu erkennen. Da mit Blick auf die Beweglichkeit der zu sichernden Personen eine ausreichende Verbindungsmittellänge (max. 2 m incl. der Länge des Falldämpfers) zugestanden werden muss, nimmt die mögliche Absturzhöhe entspre81 9. Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz Abb. 9.1.1: Auffangsystem mit Falldämpfer. Das Bildbeispiel verdeutlicht die Funktion der PSAgA hier in der Anwendung als Y-Seil, beim Besteigen eines Freileitungsgittermastes. chend der Verringerung der Anschlagpunkthöhe zu. Sichert sich der Versicherte im Extremfall an einem Anschlagpunkt in Bodenhöhe, beträgt die mögliche Absturzhöhe 2 m zuzüglich der Höhe des Anschlagpunktes an seinem Körper – in Summe also ca. 3,5 m. Unabhängig von der Wirkungsweise der PSAgA ist stets nach Anschlagpunkten zu suchen, die eine möglichst geringe Absturzhöhe sicherstellen. Die max. Verbindungslänge zwischen Auffanggurt und Anschlagpunkt von 2 m findet ihre Begründung in den bauartspezifischen Eigenschaften der PSAgA, die generell 82 für Abstürze bis zu einer Höhe von 4 m ausgelegt sind. Diese Höhe ist gleichzeitig Basis für alle Baumusterprüfungen, die PSAgA zu bestehen haben. Die Betrachtungen werden in Abb. 9.1.2 verdeutlicht. Es wird davon ausgegangen, dass sich die hintere Anschlagöse des Auffanggurtes in ca. 1,5 m befindet. Bei einer ungünstigen Befestigung des Sicherungsseils an einem Anschlagpunkt in Bodenhöhe kommt es im Falle eines Absturzes in einem ersten Schritt zu einer Fallhöhe von 3,5 m. Da die Bandfalldämpfer aufreißen und sich hiermit verlängern, kann sich die Fallhöhe auf 9. Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz KLQWHUH$XIIDQJ|VH GHV$XIIDQJJXUWHV 9HUELQGXQJVPLWWHOOlQJH LQFO)DOOGlPSIHUP P $UEHLWVSODW]QLYHDX P P P P 6LFKHUKHLWVDEVWDQGP Abb. 9.1.2: Grafische Darstellung der zu berücksichtigenden Fallhöhen bei Verwendung eines Auffangsystems mit Falldämpfer. über 5,5 m verlängern. Bitte beachten Sie, dass in dieser Situation noch die Beine des Abgestürzten zusätzlich nach unten ragen. Die Betrachtungen unterstreichen die Notwendigkeit einer Mindestarbeitshöhe, die jederzeit die Wirkung einer PSAgA vollständig gewährleistet. Generell gilt für diese Schutzausrüstung wie für jede andere PSAgA: nach einem Absturz ist die Ausrüstung einer weiteren Verwendung zu entziehen. In der Regel kann auch der Sachkundige mögliche Schäden nicht abschließend bewerten und wird die PSAgA ausmustern. Auffangsysteme mit mitlaufendem Auffanggerät an beweglicher Führung ermöglichen im Vergleich zu einfachen Auffangsystemen mit Falldämpfern eine deutlich gesteigerte Bewegungsfreiheit. An einem Sicherungsseil (Verbindungsmittel), das an einem Anschlagpunkt befestigt wird und das eine beliebige Länge aufweisen kann, bewegt sich das mitlaufende Auffanggerät. Über seinen Auffanggurt und das mitlaufende Auffanggerät verbindet sich der Benutzer mit dem Sicherungsseil. Die Skizze in Abb. 9.1.3 verdeutlicht, dass sich der Anschlagpunkt bei diesem Auffangsystem möglichst oberhalb des Benutzers befinden sollte. Insbesondere bei vertikalen Bewegungsabläufen der PSAgA-Benutzer ist dies i. d. R. gewährleistet. So ermöglicht z. B. ein vertikal in einem Gittermast verspanntes Sicherungsseil einen gesicherten Bewegungsablauf beim Besteigen der Mastkonstruktion. Die Verbindungsmittellänge zwischen Auffanggurt und der beweglichen Führung darf maximal 1 m betragen5 und stellt damit nur minimale Absturzhöhen sicher. Wesentlich problematischer stellt sich die horizontale Verwendung dieses Auffangsystems, z. B. im Rahmen von Tätigkeiten auf Dächern, dar. Hierbei bietet das System zwar den Vorteil, unterschiedlich weit von einem 5 Siehe Norm „Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz – Mitlaufende Auff angeräte einschließlich beweglicher Führung“ (DIN EN 353-2) 83 9. Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz Abb. 9.1.3: Auffangsystem mit mitlaufendem Auffanggerät an beweglicher Führung Anschlagpunkt gelegene Arbeitsstellen erreichen zu können, gleichzeitig besteht durch „Schlaffseilbildung“ die erhebliche Gefahr eines Absturzes über die Dachkante. Zur Schlaffseilbildung kommt es immer dann, wenn der Beschäftigte eine Seillänge einstellt, die größer als der Abstand vom Anschlagpunkt zur Absturzkante ist. Die Hersteller bieten z. T. recht unterschiedliche Auffanggeräte an, die sich z. B. in folgenden Attributen unterscheiden können: • Das Auffanggerät ist fest mit der beweglichen Führung verbunden. 84 • Die Konstruktion kann von der Führung getrennt werden – ein Lösen aus dem Auffangsystem ist an beliebiger Stelle möglich. • Das Auffanggerät bewirkt die erforderliche Falldämpfung im System. Hier rutscht im Falle eines Absturzes ein Teil der beweglichen Führung durch das Auffanggerät – Bewegungsenergie wird in Reibungswärme umgesetzt. • Die Falldämpfung ist durch einen Falldämpfer zwischen Auffanggerät und Auffanggurt sicherzustellen. • Die Falldämpfung wird durch einen Falldämpfer zwischen Anschlagpunkt und beweglicher Führung erreicht. 9. Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz Allein die Vielzahl der hier vorgestellten Varianten lässt erahnen, dass nicht jedes Auffanggerät zu einer beliebigen Führung passt. Erschwerend kommt hinzu, dass das Wechselspiel zwischen Auffanggerät und beweglicher Führung sehr unterschiedlich sein kann. Deshalb gilt immer: Nur die im Rahmen der Baumusterprüfung als erfolgreich bewerteten Seil-Auffanggeräte-Kombinationen dürfen zum Einsatz kommen. Somit passt noch lange nicht jedes 16 mm Seil in ein beliebiges für 16 mm Führungen vorgesehenes Auffanggerät. Hier sind die Angaben in den Bedienungsanleitungen der Hersteller konsequent zu beachten. Auffangsysteme mit Höhensicherungsgerät eignen sich insbesondere für Zugangssituationen und Arbeiten, bei denen sich der Anschlagpunkt konsequent oberhalb der zu sichernden Personen befindet. Das Höhensicherungsgerät6 gewährleistet ein kontinuierlich gespanntes Sicherungsseil, das aus einem Stahl- oder Chemiefaserseil, aber auch aus einem Gurtband bestehen kann. Gefährdungen durch „Schlaffseilbildung“ sind damit weitgehend ausgeschlossen. Im Falle eines Absturzes blockiert eine Fliehkraftbremse das weitere Ausziehen des Sicherungsseils – gleichzeitig übernimmt das Gerät die Falldämpfung. Das kontinu- Abb. 9.1.4: Auffangsystem mit Höhensicherungsgerät. Die Abbildung zeigt ein Produkt mit ausziehbarem Stahlseil. 85 9. Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz ierlich gespannte Sicherungsseil wird von einigen Nutzern z. T. als unangenehm und hinderlich bei der Durchführung von Arbeiten eingestuft. Ob im Stahlbau oder auch bei beliebigen Arbeiten auf Flachdächern7: die Versuchung, Höhensicherungsgeräte auch im horizontalen Auszug einzusetzen, ist groß. Der Verstellaufwand im Vergleich zu mitlaufenden Auffanggeräten an beweglicher Führung ist nicht gegeben, das Sicherungsseil stets gespannt. Für derartige Einsätze sollten jedoch ausschließlich Höhensicherungsgeräte ausgewählt werden, die herstellerseitig für den horizontalen Einsatz konzipiert wurden und ihre Eignung im Rahmen einer Baumusterprüfung nachweisen konnten. Generell gilt für sämtliche Arbeiten mit Absturzgefahr an Absturzkanten: Die Verbindungsmittel sind ggf. durch die Scharfkantigkeit der Absturzkante (z. B. Betonkanten oder Stahlprofile) gefährdet. In derartigen Fällen ist der Einsatz von Verbindungsmitteln, die „scharfkantengeeignet“8 sind, dringend angezeigt. Eine erhöhte Gefährdung ist generell bei Arbeiten an Trapezblechkanten zu erwarten. Hier sollte dringend auf den Einsatz von Höhensicherungsgeräten verzichtet werden. Auffangsysteme mit Steigschutzeinrichtung und fester Führung9 greifen auf fest installierte Führungen zum Einsatz mitlaufender Auffanggeräte zurück. Als feste Führungen 86 haben sich in den vergangenen Jahren Schienensysteme, aber auch gespannte Stahlseilsysteme bewährt. Beide konstruktiven Lösungen unterstützen Zugangswege und ggf. auch Arbeitsplätze mit Absturzgefährdungen durch eine baulich vorgegebene „Hilfseinrichtung“, die einen einfachen und gleichzeitig komfortablen Einsatz von PSAgA ermöglicht. Dabei entfällt die individuelle Entscheidung des PSA-Benutzers bei der Auswahl von Anschlagpunkten. Der Anschlagpunkt „begleitet“ ihn gewissermaßen entlang seines gesamten Weges zum und am Arbeitsplatz. Das mitlaufende Auffanggerät für den Einsatz an Schienensystemen kann als • kraftschlüssig wirkende Konstruktion oder als formschlüssig wirkendes Produkt ausgeführt sein. • Kraftschlüssig wirkende Auffanggeräte bremsen einen Absturz durch Klemmwirkung auf den festen Führungen ab. Bei formschlüssig wirkenden Konstruktionen 6 7 8 9 Siehe auch DIN EN 360 „PSA gegen Absturz – Höhensicherungsgeräte“ Als Flachdächer werden Dächer mit Neigungen bis 20° bezeichnet. Scharfe Kanten sind i. d. R. bei einem Kantenradius kleiner 0,5 mm zu erwarten. Die Eignung der Verbindungsmittel in dieser Hinsicht wird von den prüfenden Stellen in einem gesonderten Prüfverfahren nachgewiesen. Siehe auch DIN EN 353-1 „PSA gegen Absturz – Teil 1: Auff anggeräte einschließlich fester Führung“. 9. Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz greifen Auffangnocken des jeweiligen mitlaufenden Auffanggerätes in Ausnehmungen der festen Führungen ein. Die Vielfalt der möglichen konstruktiven Gestaltungen ist recht groß – in jedem Fall ist sicherzustellen, dass ausschließlich das für die spezielle feste Führung vorgesehene mitlaufende Auffanggerät zum Einsatz kommt. I. d. R. lässt die konstruktive Ausformung der Führungen lediglich den Einsatz des zugehörigen Auffanggerätes zu. Mit Blick auf einen überschaubaren Umfang von PSAgA empfiehlt es sich, in einem Unternehmen möglichst nur einen Typ eines Auffangsystems mit fester Führung einzusetzen. Abb. 9.1.5: Auffangsystem mit Steigschutzeinrichtung und fester Führung. Das Foto zeigt eine Einholmsteigleiter mit mittiger Steigschutzschiene. 87 9. Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz Kommen Stahlseilsysteme als feste Führungen zum Einsatz, beruht die Wirkung des mitlaufenden Auffanggerätes generell auf seiner Klemmwirkung am Stahlseil. Bei zahlreichen Systemen können die Auffanggeräte an beliebigen Stellen des Stahlseils gelöst und wieder befestigt werden. Dies erleichtert die Zugänglichkeit von Arbeitsstellen, bei denen die festen Führungen durch die Versicherten verlassen werden müssen. Auch Schienensysteme gestatten dieses Verlassen der Führung, erfordern hierzu jedoch den Einbau spezieller „Weichenelemente“. Weiterhin ist u. a. auf folgende Merkmale von Auffangsystemen mit festen Führungen hinzuweisen: • Die Auffangeigenschaften der Auffanggeräte sind jeweils nur in einer Laufrichtung gewährleistet. Die Systeme müssen daher so gestaltet sein, dass Auffanggeräte ausschließlich in Wirkungsrichtung eingesetzt werden können. Diese Anforderung gilt für alle Ein- und Ausfädelstellen sowie für alle Weichensysteme. Abb. 9.1.6: Feste Führung in Form eines gespannten Stahlseils. Das System ist leicht nachzurüsten, z. B. an Freileitungsgittermasten. Das mitlaufende Auffanggerät bietet an jeder Stelle die Möglichkeit zur Lösung aus dem System. 88 9. Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz • Ist ein Verlassen des Systems ausschließlich durch ein Lösen des Versicherten vom Auffanggerät möglich, muss sichergestellt sein, dass dieses selbsttätig in der Position des „Verlassens“ verbleibt. • Bei der Montage von Schienensystemen ist auf einen kontinuierlichen Führungsverlauf an den Stoßstellen der Schienenschüsse zu achten. Unfälle mit schwersten Verletzungsfolgen mussten in der Vergangenheit durch Herausrutschen der beweglichen Auffanggeräte an den Stoßstellen der Führungen beklagt werden. • Jedes Verlassen dieses Auffangsystems in Bereichen mit Absturzgefahr setzt eine vorherige Sicherung durch ein anderes Auffangsystem voraus. Wird z. B. entsprechend Abb. 9.1.6 das System des gespannten Stahlseils zum Besteigen einer Gittermasttraverse verlassen, muss sich der Monteur zuvor an einem Mastbauteil sichern. Die zuletzt beschriebene Notwendigkeit einer kontinuierlichen Sicherung gegen Absturz gilt für jeden Wechsel zwischen unterschiedlichen Auffangsystemen. 9.2 PSA-Bestandteile von Auffangsystemen Nachfolgend wird ein Überblick über die wesentlichen und gebräuchlichen PSABestandteile gegeben, die in Auffangsystemen zum Einsatz kommen. In Abhängigkeit der Absturzgefährdungen, die sich aus unterschiedlichen baulichen und konstruktiven Bedingungen am Arbeitsplatz und der Art mannigfaltiger Tätigkeiten sehr vielfältig darstellen können, muss der Unternehmer die geeigneten PSA-Bestandteile auswählen. 9.2.1 Auffanggurte Der zentrale Bestandteil jedes Auffangsystems ist der Auffanggurt10. Er muss ein sicheres Auffangen des menschlichen Körpers im Absturzfall sowie ein risikoarmes Halten nach dem Absturz gewährleisten. Jeder Auffanggurt verfügt i. d. R über vergleichbare Konstruktionselemente: • • • • Bauchgurt mit Schnalle Schultergurte Bein- und Sitzgurtbänder Auffangöse (i. d. R rückenseitig angeordnet) und • Einstellmittel zur Anpassung der Gurte In Abhängigkeit der Anforderungen, die sich aus der Art der durchzuführenden Arbeiten ergeben sowie mit Blick auf die Wünsche an den Tragekomfort sind die Ausstattungsvarianten von Auffanggurten recht vielfältig. Übliche Ausstattungsvarianten beinhalten u. a. folgende konstruktive Ergänzungen: • Im Bereich der Beckenknochen erhält der Auffanggurt eine Ausstattung mit jeweils 10 Zu Auff anggurten siehe auch DIN EN 361 „PSA gegen Absturz – Auff anggurte“ 89 9. Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz • Der Bauchgurt wird auf der Rückseite mit einer Rückenstütze ausgestattet, die das zuvor beschriebene Arbeiten unter Nutzung der Haltefunktion wesentlich komfortabler und ermüdungsfreier ermöglichen. gen in und Lösen aus dem Karabinerhaken ermöglicht. In Abhängigkeit der Lage des Anschlagpunktes kann die Nutzung der brustseitigen Auffangöse zum Verlauf des Verbindungsmittels im Gesichtsfeld des Beschäftigten führen und hierdurch bei der durchzuführenden Tätigkeit hinderlich sein. Erfahrungsgemäß fühlen sich Beschäftigte bei einem freien Hängen im Gurt bei einer Sicherung an der brustseitigen Auffangöse wesentlich wohler. Dies erklärt sich durch den jederzeit möglichen Blick auf den Anschlagpunkt sowie die verbesserte Möglichkeit, bei einer erfolgenden Rettung aktiv mitwirken zu können. • Der Gurt wird um eine brustseitige Auffangöse ergänzt, die ein leichteres Einhän- • Eine Integration einer Steigschutzöse in den Bauchgurt ermöglicht eine gleichzeiti- einer seitlichen Halteöse. Diese Ausführung ermöglicht die Verwendung des Gurtes in der so genannten Haltefunktion. Hierbei positioniert sich der Beschäftigte durch ein Halteseil, das von einer Halteöse um ein tragfähiges Bauteil am Arbeitsplatz zur nächsten Halteöse geführt wird. Hierdurch können Arbeiten bei einer in den Gurt gelehnten Körperhaltung ausgeführt werden. Abb. 9.2.1.1: Produktbeispiel für einen umfangreich ausgestatteten Auffanggurt 90 9. Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz Grundsätzlich sollte stets die Möglichkeit zur Erprobung von Auffanggurten in Anspruch genommen werden. Selbst aufwändig ausgestattete und z. T. hochpreisige Gurte sind nicht für Jedermann gleich geeignet. Hängeversuche tragen daher zur Überzeugung der Beschäftigten hinsichtlich der Eignung einzelner Auffanggurtmodelle bei. 9.2.2 Verbindungsmittel Verbindungsmittel11 stellen die Verbindung zwischen Auffanggurt und dem jeweiligen Anschlagpunkt her. Hierzu weisen sie geeignete Endverbindungen, z. B. zur Aufnahme von Abb. 9.2.1.2: Hersteller bieten z. T. auch in Kleidungsstücke integrierte Auffanggurte an. ge Verwendungsmöglichkeit des Auffanggurtes bei der Benutzung von festen Führungen mit mitlaufenden Auffanggeräten (z. B. Steigschutzeinrichtungen an Steigleitern). Keinesfalls eignen sich seitliche Halteösen zur Verwendung von mitlaufenden Auffanggeräten. • Befestigungsösen ergänzen gut ausgestattete Auffanggurte. Selbstverständlich sind sie nicht zur Sicherung des Gurtbenutzers gegen Absturz zu verwenden, aber sie bieten z. B. eine komfortable Möglichkeit zur Aufnahme von Werkzeugtaschen. Abb. 9.2.2.1: Wird die Verbindung zwischen Anschlagpunkt und Auffanggurt über eine bewegliche Führung mit mitlaufendem Auffanggerät hergestellt, besteht die Gefahr der Bildung von „Schlaffseil“. Eine ausreichende Sicherheit ist daher nur bei korrekt eingestellter Seillänge und einer gradlinigen Annäherung an die Absturzkante (hier Dachkante) möglich. 11 Zu Verbindungsmitteln siehe DIN EN 354 „PSA gegen Absturz – Verbindungsmittel“ 91 9. Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz Karabinerhaken, auf. Die Länge jedes Verbindungsmittels darf einschließlich eines ggf. vorhandenen Falldämpfers sowie der Endverbindungen mit Karabiner nicht mehr als 2 m betragen. Nur über diese Festlegung und deren strikte Berücksichtigung bei der Verwendung von PSAgA kann eine maximal zulässige Fallhöhe12 von 4 m sichergestellt werden. Die maximale Fallhöhe darf keinesfalls überschritten werden, da alle Komponenten der PSAgA ausschließlich für diese Belastung geprüft sind. Bei der Betrachtung der maximal zulässigen Fallhöhe sind insbesondere Kombinationen aus beweglichen Führungen mit mitlaufenden Auffanggeräten kritisch zu bewerten. Hier besteht die Gefahr, durch eine falsche Einstellung des mitlaufenden Auffanggerätes an der beweglichen Führung eine freie Seillänge einzustellen, die im Einzelfall eine unzulässige Fallhöhe ermöglicht. Derartige Gefährdungen ergeben sich leicht bei der Verwendung dieser PSAgA-Kombinationen, z. B. beim Begehen von Flachdächern oder bei Arbeiten auf Freileitungsmasttraversen. Verbindungsmittel können unterschiedliche Konstruktionsformen, z. B. als Einfachseil oder als Y-Seil aufweisen und dürfen aus einem Chemiefaserseil, einem Drahtseil, einem Gurtband oder einer Kette bestehen. Die Verwendung von Naturfasern scheidet generell aus. Abb. 9.2.2.2: Einsatz eines Y-Seils als Verbindungsmittel für das gesicherte Besteigen eines Freileitungsgittermastes teten Karabinerhaken, einem Augenspleiß oder einer eingenähten Schlaufe (bei Gurtbändern) bestehen. Verbindungsmittel aus textilen Werkstoffen müssen einer statischen Belastung von mindestens 22 kN, im Falle metallischer Werkstoffe von mindestens 15 kN standhalten. Im Rahmen der nach den Normen DIN EN 354 und DIN EN 36413 durchzuführenden Prüfungen dürfen durch die Belastungen keine Risse oder Brüche in allen Einzelteilen der Verbindungsmittel auftreten. 12 Die Endverbindungen können aus einem Verbindungselement, z. B. einem eingearbei92 Siehe hierzu auch die Ausführungen zu Auff angsystemen in Abschnitt 9.1 und Abb. 9.1.2 13 Grundlegende Anforderungen an Prüfungen sind festge legt in DIN EN 364 „PSA gegen Absturz – Prüfverfahren“ 9. Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz Verbindungsmittel sind im klassischen Sinne so einzusetzen, dass ein Anschlagpunkt möglichst oberhalb der zu sichernden Person ausgewählt wird. Mit Blick auf die beschriebene maximale Länge der Verbindungsmittel kann hiermit eine möglichst geringe Restabsturzhöhe realisiert werden. Im nebenstehenden Bildbeispiel kommt ein Y-Seil zum Einsatz, das die abwechselnde Schaffung eines Anschlagpunktes ermöglicht und damit ein kontinuierlich gesichertes Besteigen, z. B. eines Gittermastes, ermöglicht. 9.2.3 Falldämpfer Die im Falle eines Absturzes auftretenden Fangstoßkräfte durch die PSAgA sind ohne zusätzliche Dämpfungsmaßnahmen für den menschlichen Körper nicht verträglich. Europaweit besteht derzeit Einigkeit, dass die Fangstoßkräfte einen Wert von 6 kN nicht überschreiten dürfen. Die Verwendung von Falldämpfern, die eine Überschreitung die- ser maximalen Fangstoßkraft sicher ausschließen, ist daher in jedem Auffangsystem eine zwingende Verpflichtung. Kommt eine PSAgA ohne Falldämpfer zum Einsatz, nehmen die Fangstoßkräfte bei einem „Minimalabsturz von 1 m“ bereits Werte von ca. 7 – 8 kN an. Mit zunehmender Fallhöhe steigen die Fangstoßkräfte weiter merklich an. Durch die Stoßbelastung kommt es zwangsläufig zu einer Längenänderung der Falldämpfer. DIN EN 355 gibt für das Prüfverfahren vor, dass die Auffangstrecke kleiner als die doppelte Länge von Falldämpfer einschließlich des Verbindungsmittels zuzüglich 1,75 m betragen muss. Abb. 9.2.3.2: Beispiel für einen Bandfalldämpfer Falldämpfer14 stellen nach der zugehörigen europäischen Norm ein Einzelteil oder einen Bestandteil eines Auffangsystems dar. NachAbb. 9.2.3.1: Stoßkräftediagramm für Abstürze in PSAgA ohne und mit Falldämpfer 14 Zu Anforderungen an Falldämpfer siehe auch DIN EN 355 „PSA gegen Absturz – Falldämpfer“ 93 9. Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz folgende konstruktive Lösungen für Falldämpfer haben u. a. Einzug in die betriebliche Verwendungspraxis gefunden: • Falldämpfer als Einzelteile finden die häufigste Verwendung. Dabei liegt der Bandfalldämpfer eindeutig an erster Stelle der Käufer- und Anwendergunst. Bandfalldämpfer (siehe Abb. 9.2.3.2) bestehen in der Regel aus miteinander verwebten Lagen einzelner Gurtbänder, die im Absturzfall aufreißen und die kinetische Sturzenergie umwandeln. Das Gurtpaket ist i. d. R. von einer Kunststoff- oder Gewebehülle umgeben, die keine falldämpfende Funktion besitzt. Abb. 9.2.3.3: Produktbeispiel für einen Reibungsfalldämpfer • Reibungsfalldämpfer (siehe Abb. 9.2.3.3) wandeln die Sturzenergie in Reibungswärme um. Hierbei rutscht im Absturzfall das Verbindungsmittel mehrfach umgelenkt durch ein metallisches Konstruktionselement. 94 • Bandfalldämpfer als integraler Bestandteil in einem Verbindungsmittel finden ebenfalls häufig Verwendung. Hierbei kann auf die Verbindung des Falldämpfers mit dem Verbindungsmittel durch einen Karabinerhaken verzichtet werden. Dies spart Gewicht – gleichzeitig ist das fertig konfektionierte Verbindungsmittel mit Falldämpfer i. d. R. max. 2 m lang. • Vereinzelt werden Auffanggurte mit integrierten Falldämpfern angeboten. Derartige PSAgA stellen sicher, dass die Verwendung des Falldämpfers nicht vergessen werden kann. Wie bei allen anderen PSA-Produkten mit integrierten Bestandteilen besteht auch hier im Fall einer Beschädigung i. d. R. die Notwendigkeit, das Gesamtprodukt auszusondern. • Die falldämpfende Funktion eines Auffangsystems kann auch durch die Wirkungsweise eines mitlaufenden Auffanggerätes realisiert sein. Hierbei rutscht das Auffanggerät im Absturzfall eine kurze Strecke über die bewegliche Führung und reduziert die Fallenergie. Hier sind die Herstellerangaben genauestens zu berücksichtigen. • In Abhängigkeit der Länge einer beweglichen Führung, insbesondere bei der Verwendung von Kernmantelseilen, kann diese die falldämpfende Funktion übernehmen. Auch hier sind die Herstellerangaben genauestens zu berücksichtigen. 9. Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz 9.2.4 Verbindungselemente Verbindungselemente15 sind öffenbare Konstruktionselemente und dienen in einem Auffangsystem zur Verbindung der einzelnen Bestandteile und zur Verbindung des Systems mit einem Anschlagpunkt. Die derzeit am Markt erhältlichen unterschiedlichen Konstruktionsformen, die abgesehen von Schraubverschluss-Verbindungselementen selbstschließende Verschlüsse aufweisen müssen, lassen sich nach DIN EN 362 in vier Verbindungselement-Klassen einteilen: Abb. 9.2.4.1: Produktbeispiel für einen Karabinerhaken (Verbindungselement-Klasse M) • Mehrzweck-Verbindungselemente (Klasse M), auch als Karabiner bezeichnet, sind Elemente, die sich sowohl zur Verbindung von PSA-Einzelteilen als auch zum Einhängen in einen Anschlagpunkt eignen. Derartige Karabiner werden in einer großen Produktvielfalt angeboten. 15 Zu Anforderungen an Verbindungselemente siehe auch DIN EN 362 „PSA gegen Absturz – Verbindungselemente“ Abb. 9.2.4.2: Produktbeispiel für ein AbschlussVerbindungselement (Klasse T) • Abschluss-Verbindungselemente (Klasse T) sind für eine feste Verbindung mit einem Verbindungsmittel vorgesehen. Sie werden i. d. R. bereits herstellerseitig über ihre geschlossene Öse mit einem Sicherungsseil oder einem Falldämpfer verbunden. Sowohl Mehrzweck- als auch AbschlussVerbindungselemente sind in unterschiedlichen Ausführungen zum Schutz gegen ein unbeabsichtigtes Öffnen erhältlich. Dabei sind mindestens zwei, voneinander unabhängige Betätigungen zum Öffnen des Karabiners erforderlich. Vor der Klappbewegung des Verschlusses ist z. B. eine federbelastete Sicherungshülse zurückzuziehen. Einzelne Karabinermodelle verfügen über schraubbare Sicherungshülsen. Bei derartigen Produkten besteht grundsätzlich die Gefahr, dass sie im ungesicherten Zustand verbleiben, da die Betätigung der zusätzlichen Schraubsicherung vollständig vom Verhalten der Benutzer abhängt. 95 9. Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz Zwischenzeitlich wurde eine weitere Entwicklung von Karabinern vorgestellt, die über eine zweifache Sicherung gegen ein unbeabsichtigtes Öffnen verfügen. Derartige, auch als Trilook-Karabiner bezeichnete Verbindungselemente erfordern z. B. ein Zurückziehen und ein anschließendes Drehen der Sicherungshülse, bevor der Karabinerverschluss aufgeklappt werden kann. Trilook-Karabiner sind ungeachtet ihres hohen Sicherheitsniveaus i. d. R. nur mit zwei Händen zu bedienen. Hierdurch eignen sie sich insbesondere für alle Verbindungen, die nur selten zu lösen sind. • Auch Verankerungs-Verbindungselemente (Klasse A) werden häufig fest mit einem Sicherungsseil verbunden und sind dafür konstruiert, mit einer besonderen Verankerung verbunden zu werden. Häufig handelt es sich bei den Verankerungen um Konstruktions- und Bauteile, z. B. um unter- schiedliche Profile von Freileitungs- oder Antennenmasten. Die Verbindungselemente werden z. T. auch als so genannte „Klapphaken“ ausgeführt und gestatten unter Verwendung einer Stange ein Einhängen in Bauteile weit oberhalb des Standortes der zu sichernden Personen. Abb. 9.2.4.4: Produktbeispiel für ein Schraubverschluss-Verbindungselement der Klasse Q • Schraubverschluss-Verbindungselement (Klasse Q) sind Elemente, die mittels einer Überwurfmutter verschlossen werden. Durch das vollständige Zuschrauben wird die Mutter zu einem lasttragenden Teil des Verbindungselements. Diese Verbindungselemente sind nicht für ein wiederkehrendes Öffnen und Schließen vorgesehen. Ihr Einbau in ein Auffangsystem sollte den Herstellern vorbehalten bleiben. 9.2.5 Höhensicherungsgeräte Abb. 9.2.4.3: Produktbeispiele für Verbindungselmente der Klasse A 96 Bedingt durch die begrenzte Länge der Verbindungsmittel auf maximal 2 m ermöglichen die meisten bereits vorgestellten Auffangsysteme nur eine begrenzte Beweglich- 9. Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz keit ihrer Benutzer. Das mehr „Bewegungsspielräume“ anbietende System aus mitlaufendem Auffanggerät und beweglicher Führung erfordert zumindest eine kontinuierliche Anpassung des Systems an die jeweilige Position seines Benutzers. Eine quasi „selbsttätige“ Bewegung des mitlaufenden Auffanggerätes kann in der Regel nur bei vertikal gespannten beweglichen Führungen (Sicherungsseilen) erzielt werden. Die seit vielen Jahren im Einsatz befindlichen Höhen- sicherungsgeräte16 weisen die gewünschten „Bewegungsspielräume“ für ihre Benutzer auf, stellen aber insbesondere durch ihr Gewicht auch kein Allheilmittel gegen alle Absturzgefährdungen dar. Höhensicherungsgeräte sind nach europäischer Norm als Auffanggeräte mit einer selbsttätigen Blockierfunktion und einer automatischen Spann- und Einziehvorrichtung für das Verbindungsmittel definiert. Dabei darf die falldämpfende Funktion in dem Gerät selber eingebaut sein oder das einziehbare Verbindungsmittel verfügt über eine integrierte Falldämpfung. Das einziehbare Verbindungsmittel kann aus einem Chemiefaserseil, einem Drahtseil oder aus einem Gurtband bestehen. Der federkraftbetätigte Wickelmechanismus gestattet es, die für die Durchführung der jeweiligen Arbeiten erforderliche Verbindungsmittellänge aus dem Höhensicherungsgerät herauszuziehen. Das Seil oder Band passt sich in seiner Länge automatisch den Bewegungsvorgängen des Benutzers an. Selbstverständlich sind die nutzbaren Seil- und Bandlängen durch die Baugröße der Höhensicherungsgeräte begrenzt. Übliche Verbindungsmittellängen liegen bei 10 bis 30 m. Wird das Seil mit hoher Geschwindigkeit, dies ist bei einem Absturz der Fall, aus dem 16 Abb. 9.2.5.1: Blick auf ein Höhensicherungsgerät mit teilweise aufgetrenntem Gehäuse Zu Anforderungen an Höhensicherungsgeräte siehe auch DIN EN 360 „PSA gegen Absturz – Höhensicherungsgeräte“ 97 9. Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz Gerät gezogen, blockiert der Wickelmechanismus formschlüssig durch eine Fliehkraftbremse. Dieser Funktionsmechanismus erklärt das generelle Verwendungsverbot von Höhensicherungsgeräten bei der Begehung von oder Arbeiten in der Nähe von Stoffen, bei denen die Gefahr des Versinkens besteht. Höhensicherungsgeräte sind daher für die Sicherung von Personen bei Arbeiten in Silos grundsätzlich nicht zulässig. Die Vielzahl der derzeit angebotenen Geräte ist herstellerseitig für eine möglichst vertikal über dem Nutzer gelegene Positionierung ausgelegt. Immer wieder ist jedoch die nahezu horizontale Verwendung von Höhensicherungsgeräten, insbesondere bei Arbeiten auf Flachdächern, zu beobachten. In jüngerer Vergangenheit wurden einzelne Produkte von den Herstellern auch für derartige Einsätze konzipiert und die Eignung der Geräte auch im Rahmen von Baumusterprüfungen nachgewiesen. Allen Anwendern von Höhensicherungsgeräten wird daher eine Beratung durch die Hersteller sowie die Beachtung der Bedienungsanleitungen dringend empfohlen. Mit Blick auf die Gehäusegrößen der Höhensicherungsgeräte sind verständlicherweise der Dimensionierung der Seile und Bänder Grenzen gesetzt. In der Vergangenheit waren wiederholt Unfälle zu beklagen, bei denen Beschäftigte über Kanten verschiedener Baukörper abstürzten und die PSAgA durch durchtrennte Seile oder Gurte von Höhen98 sicherungsgeräten versagten. Die auf das Verbindungsmittel einwirkenden Kräfte können zum einen durch die Umlenkung an der Absturzkante und zum anderen durch die Scharfkantigkeit des Baukörpers zu einer Durchtrennung des Seils oder des Gurtbandes führen – i. d. R. mit tödlichen Absturzfolgen. Auch hier gilt: Besteht die Gefahr eines Absturzes über eine Kante, dürfen ausschließlich Höhensicherungsgeräte eingesetzt werden, die für eine derartige Verwendung durch den Hersteller ausdrücklich freigegeben sind. Die Funktion des Höhensicherungsgerätes muss eine maximale Fangstoßkraft von 6 kN sicherstellen. Die maximale Bremskraft muss vom Gerät auch bei vollständig ausgezogenem Verbindungsmittel sicher aufgenommen werden. Wiederkehrende Prüfungen von Höhensicherungsgeräten können i. d. R. nur von den Herstellern vollständig durchgeführt werden, da neben einer äußeren Begutachtung auch die Bewertung des inneren Zustandes des Gerätes erforderlich ist. 9.2.6 Anschlageinrichtungen Die ordnungsgemäße Funktion jedes Auffangsystems hängt letztendlich von der Eignung des ausgewählten Anschlagpunktes ab. Anschlagpunkte können dabei einerseits ausgewählte bauseitige Konstruktionselemente, wie z. B. Holz-, Stahl- oder Beton- 9. Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz träger, und andererseits spezielle für das Anschlagen von PSAgA konzipierte und hergestellte Konstruktionselemente sein. Die letzt genannten Konstruktionselemente werden in der europäischen Normung als Anschlageinrichtungen17 bezeichnet. Anschlageinrichtungen sind Einrichtungen mit einem oder mehreren Anschlagpunkten zum Anschlagen und Befestigen von Auffangsystemen18. Im Einzelfall können auch speziell für den Einbau in Dächer vorgesehene Einzelteile19, z. B. Dachspiralen und Sicherheitsdachhaken, als Anschlageinrichtungen dienen. Nach DIN EN 795 werden folgende Klassen von Anschlageinrichtungen unterschieden: Klasse A1: Anker zur Befestigung an vertikalen, horizontalen und geneigten Flächen – z. B. Wänden, Säulen, Stürzen. Diese Anschlageinrichtungen sind i. d. R. als Einzelanschlagpunkt ausgeführt und für die Sicherung einer Person gegen Absturz konzipiert. Für eine sichere Aufnahme der Fangstoßkräfte im Falle eines Absturzes sind die herstellerseitig beschriebenen Anforderungen für den Einbau zwingend einzuhalten. In der Einbauanleitung sind z. B. die Bauelemente und deren Materialbeschaffenheit zu beschreiben und genaue Angaben zur Verwendung von Montagehilfsmaterial, wie z. B. Dübel und Schrauben, zu unterbreiten. Erfahrungen mit Unfällen haben wiederholt gezeigt, dass Anschlageinrichtungen unzureichend eingebaut wurden. Ein besonderer Augenmerk ist auf Anschlagpunkte zu richten, die in Flachdächern eingebaut sind. Hier sind z. T. umfangreiche Maßnahmen zu treffen, um eine ausreichende Verankerung des Anschlagpunktes bei gleichzeitiger Dichtheit des Daches sicherzustellen. 17 Abb. 9.2.6.1: Anschlagpunkt mit fest zu verklebender Stahlhülse und einem lösbaren Bolzen mit Anschlagöse. Bei entfernter Anschlagöse ist der Anschlagpunkt unauffällig in Wände und Decken zu integrieren. Nähere Regelungen zu Anschlageinrichtungen sind u. a. enthalten in DIN EN 795 „Persönliche Schutzausrüstung – Anschlageinrichtungen“ 18 Zu Anschlageinrichtungen siehe auch „BG-Regel „Einsatz von persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz“ (BGR 198) 19 Zum Einsatz von Einzelteilen auf Dächern als Anschlageinrichtungen siehe u. a. DIN EN 516 „Vorgefertigte Zubehörteile für Dacheindeckungen; Einrichtungen zum Betreten des Daches; Laufstege, Trittflächen und Einzeltritte“ und DIN EN 517 „Vorgefertigte Zubehörteile für Dacheindeckungen; Sicherheitsdachhaken“ 99 9. Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz Abb. 9.2.6.2: Beispiel für einen Anschlagpunkt auf einem Flachdach (Klasse A1). Zum Schutz vor Witterungseinflüssen kommt eine Schutzkappe zum Einsatz. Für alle Anschlageinrichtungen gilt gleichermaßen: eine Beurteilung der ausreichenden Tragfähigkeit vor Ort ist ohne weiteres kaum möglich. Eine reine Inaugenscheinnahme scheidet aus – lediglich stark korrodierte oder „wackelige“ Anschlagpunkte können hierdurch erkannt werden. Auch Belastungsprüfungen können Nachteile aufweisen. Sie sind im Einzelfall nicht auf Abruf durchführbar, erfordern eine umfangreiche Sachkunde der Prüfer und können ggf. zu Beschädigungen der Anschlagpunkte führen. Klasse A2: Anker zur Befestigung an geneigten Dächern Leider weisen geneigte Dächer nur in Ausnahmefällen Anschlagpunkte auf. Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass z. B. 100 Abb. 9.2.6.3: Dachspiralen als Anschlageinrichtung der Klasse A2. Neben der Funktion als System bietet jede Dachspirale auch einen Einzelanschlagpunkt. Kamine, Tragkonstruktionen für Antennen oder Fotovoltaikanlagen i. d. R. nicht als Anschlagpunkte geeignet sind. Die derzeit verbreitetsten Anschlagpunkte stellen Sicherheitsdachhaken nach DIN EN 517 dar, die jedoch nicht als Anschlageinrichtungen nach DIN EN 795 eingestuft sind. Diese auch als Anschlagpunkt geeigneten Sicherheitsdachhaken sollten auf keinen Fall mit handelsüblichen Dachhaken verwechselt 9. Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz werden, die hauptsächlich zur Aufnahme von Dachleitern vorgesehen sind. Ein neues System zur Sicherung gegen Absturz auf geneigten Dächern hält seit kurzem Einzug in die Praxis – Dachspiralen (siehe Abb. 9.2.6.3) ermöglichen ein vollständig gesichertes Begehen von Dachflächen. Die in Abständen von ca. 1 bis 1,5 m installierten Dachspiralen ermöglichen durch spiralförmige Bolzen ein einfaches Einfädeln von Sicherungsseilen (bewegliche Führungen) bei gleichzeitiger Benutzung eines mitlaufenden Auffanggerätes. Mit einigen Spiralen bis zum Dachfirst und weiteren Spiralen parallel zum Dachfirst kann ein vollständig gegen Absturz geschütztes Begehen von Dächern realisiert werden. Klasse B: Transportable, vorübergehend angebrachte Anschlageinrichtungen (z. B. Querträger, Trägerklemmen, Dreibein Temporär einsetzbaren Anschlageinrichtungen ist eine hohe Bedeutung zuzumessen, da zahlreiche mit Absturzgefährdungen behaftete Arbeitsplätze über keine festen Anschlagpunkte verfügen. Die zugehörigen Bildbeispiele verdeutlichen die universellen Einsatzmöglichkeiten dieser Anschlageinrichtungen. Selbstverständlich sind nur solche Baukörper und Konstruktionselemente zum Einsatz der Anschlageinrichtungen auszuwählen, die die Belastungen im Fall eines Absturzes sicher aufnehmen können. Türtraversen lassen sich daher ausschließlich an Zargen tragfähiger Wände einsetzen. Die in Abb. 9.2.6.4 vorgestellte Trägerklemme bietet vielseitige Verwendungsmöglichkeiten zur Sicherung an Stahlträgern. Die C-förmigen Halteklammern lassen sich auf dem Tragkörper vielstufig verstellen und bieten aufgrund ihrer Kunststoffauskleidung ein Abb. 9.2.6.4: Verschiebbare Trägerklemme zum Einsatz als temporärer Anschlagpunkt auf Stahlträgern gutes Gleitverhalten auf Stahlträgern. Die Trägerklemme kann sowohl als über Kopf gelegener Anschlagpunkt einsetzt werden als auch auf einem Stahlträger zum Einsatz kommen. Zur Klasse C gehören Anschlageinrichtungen mit horizontalen beweglichen Führungen, die um höchstens 15° von der Horizontalen abweichen. Klasse D: Anschlageinrichtungen mit horizontalen starren Führungsschienen 101 9. Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz Diese Anschlageinrichtungen empfehlen sich für die Ausstattung von Zugangswegen, die wiederkehrend zum Erreichen von Arbeitsplätzen, z. B. von funktechnischen Einrichtungen auf Dächern oder Antennenträgern, benutzt werden. Die starren Führungsschienen geben einen eindeutigen Zugangsweg vor und lassen eine individuelle Entscheidung des Beschäftigten über zu treffende Sicherungsmaßnahmen nicht zu. Werden zahlreiche Zugänge zu unterschiedlichen Arbeitsplätzen mit den gleichen Systemen ausgestattet, verringert sich gleichzeitig der Umfang der einzusetzenden PSAgA. Die Systeme haben sich in der Vergangenheit durch eine hohe Resistenz gegen Witterungseinflüsse ausgezeichnet. Absturzunfälle sind 102 bei einer sachgerechten Benutzung so gut wie ausgeschlossen. Bei Klasse E-Anschlageinrichtungen handelt es sich um durch Eigengewicht gehaltene Einrichtungen zur Benutzung auf horizontalen Flächen, die um höchstens 5° von der Horizontalen abweichen. Beispiele für derartige Anschlageinrichtungen sind z. B. mit Wasser zu befüllende Konstruktionen. Der zeitliche Aufwand zum Aufbau dieser Anschlagreinrichtungen ist erfahrungsgemäß hoch – teilweise verfügen die Deckenkonstruktionen nicht über die erforderliche Tragfähigkeit zum Einsatz der Einrichtungen. Klasse E-Anschlageinrichtungen sind daher in der Praxis eher selten anzutreffen. 10. Schutz der Haut Dipl.-Ing. Christel Trautmann Hautschutzmittel gehören zur persönlichen Schutzausrüstung. Für Gefährdungen durch den Hautkontakt mit hautgefährdenden Stoffen und Feuchtarbeit sind in der TRGS (Technische Regel für Gefahrstoffe) 401 Regelungen zu finden. Konkrete Anleitungen zur Anwendung von Hautschutz sind in der BG ETEM-Broschüre „Hautschutz“ (MB 003) zusammengefasst. Die Hautschutzmittel werden im Gegensatz zu anderen PSA, z. B. Handschuhe, direkt auf die Haut aufgetragen. Mit einer Oberfläche von etwa 2 m2 und einer Dicke von 1 bis 4 mm ist die Haut ein wichtiges Organ des Menschen. Neben dem Schutz vor physikalischen, chemischen und bakteriellen Einwirkungen hat sie wichtige Aufgaben im Stoffwechsel und bei der Wärmeregulierung zu erfüllen. Die Haut vermittelt auch Sinneseindrücke wie Tastsinn, Berührungsempfindung, Schmerzempfindung und Temperaturempfindung. Die Hornschicht ist die Barriereschicht der Oberhaut und ist ca. 0,02 mm dick. Der Anteil der berufsbedingten Hauterkrankungen an den Berufskrankheiten ist sehr hoch. Abb. 10.1: Aufbau der Haut Zwei Beispiele: Beispiel 1 Kühlschmierstoffe (KSS) werden in der spangebenden Metallbearbeitung zum Kühlen, Schmieren und Spülen der Bearbeitungs- Kühlschmierstoffe, Lösemittel, Öle Reibemittel- oder lösemittelhaltige Hautreinigungsmittel UV-Strahlung, Hitze, Kälte Feuchtes Milieu Ständige mechanische Beanspruchung, Verschmutzung Hauterkrankungen können viele Ursachen haben. Sie können bei offensichtlich aggressiven Stoffen auftreten oder bei sensibilisierenden Stoffen, die eine Allergie auslösen können. Gießharze, Acrylate, Isocyanate Säuren, Laugen Bakterien, Pilze Abb. 10.2: Belastungen der Haut 103 10. Schutz der Haut stelle benötigt. Bei unsachgemäßem Umgang mit ihnen können sie auf vielfältige Weise zu Hautschäden führen. • Öle entfetten die Haut, sie wird rau und rissig • durchnässte Arbeitskleidung oder Schutzschuhe werden nicht gewechselt • Gehörschutzstöpsel in Lärmbereichen werden mit verschmutzten Händen angefasst und in den Gehörgang eingeführt • Bestimmte Additive wirken Haut reizend und allergisierend • Späne im gebrauchten KSS führen zu Mikroverletzungen der Haut • Bakterien und Keime können über Mikroverletzungen der Haut eindringen und zu Entzündungen führen Kühlschmierstoffe können auch auf indirektem Wege – bei mangelnder Hygiene – zu Hauterkrankungen führen. Ursachen hierfür sind u. a.: • Maschinenputzlappen werden in die Hosentaschen gesteckt Abb. 10.4: Härter Beispiel 2 Gießharze, z. B. Polyester- und Epoxidharze, kommen aIs 2-Komponentensysteme (Harz und Härter) zur Anwendung. Bei Hautkontakt mit den flüssigen Monomeren (Harz) und auch den Härtern besteht die Gefahr von Hautreizungen oder allergischen Hautreaktionen. Bestimmte Härter oder Zusatzstoffe sind zudem stark ätzend (z. B. organische Peroxide) bzw. können durch Hautresorption in den Körper (z. B. tertiäre Amine) gelangen. Abb. 10.3: Einsatz von Kühlschmierstoffen 104 10. Schutz der Haut Vor der Auswahl des geeigneten Hautschutzes steht wie bei allen anderen PSA die Gefährdungsbeurteilung. Folgende Gefährdungen sind zu prüfen: • Physikalische (Späne), chemische (Säuren, Laugen) und biologische (Bakterien, Keime) Einwirkungen • Haut schädigende Eigenschaften von Stoffen, z. B. sensibilisierend • Häufigkeit und Umfang der Haut gefährdenden Tätigkeit • Klimafaktoren • Feuchtarbeit, z. B. das Tragen von flüssigkeitsdichten Handschuhen Die TRGS 401 bietet einen Ansatz der Gefährdungsbeurteilung gemäß den Risiko-Sätzen (R-Sätze/H-Sätze) für Stoffe, die als Gefahrstoffe eingestuft sind. Auswahl des Hautschutzes Es gibt keinen universellen Hautschutz. Die Auswahl muss auf die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung abgestimmt sein. Z. B. müssen für wassermischbare und nichtwassermischbare Arbeitsstoffe, teerhaltige, stark anhaftende Verschmutzungen, Farbmittel, UV-Strahlung usw. unterschiedliche Hautschutzmittel eingesetzt werden. Der Hautschutz funktioniert mit 3 Sorten Hautmitteln in 3 Stufen: 1. Mittel für den Schutz der Haut gegen einen bestimmten Stoff/Einwirkung. Dieses (Hautschutz-)Mittel soll eine Barriere zwischen Haut und Stoff/Einwirkung bilden und wird vor der Arbeit aufgetragen. 2. Mittel für die Reinigung der Haut Dieses Mittel soll den auf der Haut anhaftenden schädigenden Stoff und das Hautschutzpräparat wieder von der Haut entfernen. Die Reinigung der Haut soll so gründlich wie nötig und so schonend wie möglich erfolgen. Es sollen keine scharfkantigen Reibemittel oder Lösemittel wie Waschbenzin, Kaltreiniger, Ottokraftstoff o. ä. als Reinigungsmittel für die Haut benutzt werden. Die Reinigung der Haut erfolgt nach der Arbeit, vor der Pause und zum Feierabend. 3. Mittel für die Pflege der Haut Diese Mittel dienen der natürlichen Regeneration der Haut und enthalten Fett und Feuchtigkeit. Bei der Auswahl der Hautschutz-Präparate sollte der Rat des Betriebsarztes hinzugezogen werden. Die Präparate für „speziellen Hautschutz“, „Hautreinigung“ und „Hautpflege“ müssen einer bestimmten Einwirkgruppe zugeordnet werden können. 105 10. Schutz der Haut Die Reihenfolge der Anwendung und die Übersicht, welche Schutzmittel an welchem Arbeitsplatz verwendet werden sollen, wird in einem Hautschutzplan dargestellt. Sinnvoll ist die Bereitstellung in Spendern mit entsprechender Kennzeichnung. Die bestimmungsgemäße Anwendung der Hautschutzmittel ist einmal jährlich zu unterweisen. Bei der Unterweisung sollen den Beschäftigten die Gefährdungen und die Hilfsmittel für die Praxis Funktion der Schutzmaßnahmen erklärt werden. Der Hautschutzplan ist dabei hilfreich. Nach der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) sind Pflichtuntersuchungen bei Hautgefährdung vor Beginn der Tätigkeit u. a. durchzuführen bei: • Tätigkeiten mit hautresorptiven Stoffen und direktem Hautkontakt • Feuchtarbeit von regelmäßig mehr als vier Stunden und mehr pro Tag (auch das Tragen von wasserdichten Handschuhen) Hautschutzplan Bitte ergänzen Sie diesen Hautschutzplan durch die notwendigen Angaben aus der Gefährdungsbeurteilung. Verantwortlich für den Hautschutzplan: • Tätigkeiten mit Isocyanaten und regelmäßigem Hautkontakt Stand: Betriebsbereich: Arbeitsplatz: Hautgefährdende Tätigkeit/Arbeitsvorgang: Hautschädigender Arbeitsstoff/Material: Besondere Gefährdungen durch Arbeitsstoff/Arbeitsvorgang: Allergie auslösend (sensibilisierend) mechanische Abnutzung (abrasiv) Feuchtarbeit Gefahrstoffaufnahme durch die Haut (hautresorptiv) reizend/ätzend UV-Strahlen Sonstiges: Schutzmaßnahmen WANN WIE VOR Arbeitsbeginn (nach Pausen) WOMIT Hautschutzpräparat • Tätigkeiten mit Gefährdungen durch unausgehärtete Epoxidharze auftragen (Kennzeichnung von Gebinde/Spender/Tube nennen!) Schutzhandschuhe Hautschutz benutzen WÄHREND der Arbeit tragen Möglichst keine gepuderten Handschuhe oder Latexhandschuhe verwenden. Handschuhe nur während der hautgefährdenden Tätigkeit tragen. Durchdringungszeiten beachten. Vorher auf Dichtigkeit und Sauberkeit des Handschuhinneren prüfen. Hautreinigungsmittel verwenden (Kennzeichnung von Gebinde/Spender/Tube nennen!) (vor Pausen und zum Arbeitsschluss) Hände waschen NACH der Arbeit Hände nie mit Lösungsmitteln, Kaltreinigern o. ä. reinigen. Nach Möglichkeit keine Reinigungsmittel mit Reibmitteln, Duft- oder Konservierungsstoffen verwenden! Hautpflegepräparat auftragen (Kennzeichnung von Gebinde/Spender/Tube nennen!) (nach dem Hände waschen!) Untersuchungen sind den Beschäftigten (immer wieder) anzubieten, zum Beispiel bei Feuchtarbeit (Tragen von wasserdichten Handschuhen) von mehr als 2 Stunden pro Tag. Menge und Einwirkzeit nach Herstellerangaben beachten. Hautpflege benutzen Information/Einweisung zum Hautschutz/ praktische Übungen Unterweisung durch Frau/Herrn Tel. Einsatz von Medien der BG ETEM (www.bgetem.de/medien) Verhalten im Gefahrfall und bei besonderen Hautveränderungen Bei Benetzung mit dem hautschädigenden Produkt: • durchtränkte Kleidung sofort ausziehen • benetzte Körperpartien ausgiebig mit reinigen/abspülen. Bei besonderen Hautveränderungen sofort die/den Betriebsärztin/-arzt oder die/den D-Ärztin/D-Arzt / Fachärztin/-arzt Immer die/den Vorgesetze/n Tel. aufsuchen. informieren. BG Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse · 50968 Köln · Gustav-Heinemann-Ufer 130 · Telefon 0221 3778-0 · Fax 0221 3778-1199 · www.bgetem.de Bestell-Nr. S 003 12 · 3(25) · 10 · 11 · 4 Alle Rechte beim Herausgeber – Gedruckt auf Papier aus nachhaltiger Forstwirtschaft Abb. 10.5: Hautschutzplan, Bestell-Nr. S 003 106 Es wird darauf hingewiesen, dass gemäß TRGS 401, 6.4.2 (10) Einmalhandschuhe aus Latex mit einem Proteingehalt von 30 μg/g Handschuhmaterial nicht verwendet werden dürfen. 10. Schutz der Haut Leitfaden zur Gefährdungsbeurteilung für die dermale Exposition nach TRGS 401 durch hautschädigende Gefahrstoffe und bei Feuchtarbeit. Hilfestellung bei der systematischen Ermittlung der Gefährdungen und daraus abzuleitender Schutzmaßnahmen bei Einwirkung Konkretisierung der Gefährdungsbeurteilung nach Gefahrstoffverordnung bei dermalen Gefährdungen. Ersteller: Verantwortlicher: Datum: Arbeitsbereich: Tätigkeit: Beschreibung der Tätigkeiten Tätigkeit am Arbeitsplatz, ggf. Hinweis auf bestehende Gefährdungsbeurteilung nach GefStoffV Informationsermittlung Dermale Gefährdungen durch Feuchtarbeit oder Tätigkeiten mit hautgefährdenden, hautresorptiven oder hautsensibilisierenden Gefahrstoffen Feuchtarbeit wenn regelmäßig mehr als 2 Stunden mit den Händen Arbeiten im feuchten Milieu ausgeführt oder einen entsprechenden Zeitraum feuchtigkeitsdichte Schutzhandschuhe getragen oder häufig bzw. intensiv die Hände gereinigt bzw. desinfiziert werden müssen Ja, durch Zeitdauer (pro Schicht): Nein Bezeichnung Kennzeichnung R-Sätze/H-Sätze Arbeitsplatz/ Arbeitsbereich Hautgefährdende Stoffe? Stoffe mit ätzender oder irritativer Wirkung R-Sätze: 34, 35, 38 oder 66 H-Sätze: H314, H315, EUH066 pH-Wert ≤ 2 oder ≥ 11,5 mechanische Einwirkungen 107 10. Schutz der Haut Bezeichnung Kennzeichnung R-Sätze/H-Sätze Arbeitsplatz/ Arbeitsbereich Hautresorptive Stoffe? Stoffe, die aufgrund ihrer physikalisch-chemischen Eigenschaften über die Haut aufgenommen werden können R-Sätze: 21, 24, 27 H-Sätze: H312, H311, H310 Kennzeichnung mit dem Buchstaben »H« in der TRGS 900 »Arbeitsplatzgrenzwerte« Hautsensibilisierende Stoffe? Stoffe und Zubereitungen, die bei Hautkontakt Überempfindlichkeitsreaktionen hervorrufen können R-Satz 43 H-Satz H317 KMR-Stoffe, Kat. 1 bis 3 bzw. 1A bis2? R-Sätze: 40, 45, 46, 60, 61, 62, 63 und 68 H-Sätze: H351, H350, H340, H360F, H360D, H361f, H361d, H341 (s. auch TRGS 905) Sonstige Eigenschaften R-Sätze: R 68/21, 39/24, 39/27, 48/21, 48/24 H-Sätze: H371, H370, H373, H372 Können diese über die Haut aufgenommen werden? Liegen aktuelle Sicherheitsdatenblätter vor, kann auf diese Angaben verwiesen werden. Es kann auch auf Angaben im betrieblichen Gefahrstofffverzeichnis verwiesen werden. Sind einschlägige TRGS, BGR, BGI zu Tätigkeiten mit dem Arbeitsstoff vorhanden? Substitution möglich (Spaltenmodell nach TRGS 600)? Beschreibung des Hautkontaktes Art des Hautkontaktes (z. B. Spritzer, Aerosole, Benetzung): Ausmaß des Hautkontaktes (betroffene Hautflächen, Häufigkeit, Intensität des Hautkontaktes): Dauer des Hautkontaktes kurzzeitig (l 15 Minuten/Schicht): langzeitig (L 15 Minuten/Schicht): Sind bisherige Hautschutzmaßnahmen getroffen und ausreichend wirksam? Liegen Erkenntnisse aus arbeitsmedizinischen Untersuchungen vor (z. B. G 24)? 108 10. Schutz der Haut Beurteilung Die Beurteilung der Gefährdung durch Hautkontakt erfolgt nach drei Kategorien (s. TRGS 401): g m h geringe Gefährdung durch Hautkontakt mittlere Gefährdung durch Hautkontakt hohe Gefährdung durch Hautkontakt Gefährdungsmatrix Bei Datenlücken sind die unterstellten Gefährlichkeitsmerkmale nach Nummer 3.2 Abs. 3 und 4, TRGS 401 zu berücksichtigen. Dauer/Ausmaß des Hautkontaktes kurzfristig ( < 15 Minuten) Eigenschaft Kennzeichnung der Stoffe/ kleinflächig großflächig Zubereitungen mit * (Spritzer) längerfristig ( > 15 Minuten) kleinflächig (Spritzer) großflächig R 66 / EUH 066 g g g m hautreizend R 38 / H315 g m m m ätzend pH ≤ 2 bzw. pH ≥ 11,5 m m m h R 34 / H314 m m m h R 35 / H314 m h h h hautresorptiv R 21 / H312/H311 g m m h R 24 / H310/H311 m m m h R 24 (in Kombination mit R 34 bzw. R 35)/ H310/H311 und H314 h h h h R 27 / H310 h h h h hautresorptiv R 40 **, R 68 ** / und sonstige H351, H341 Eigenschaften R 62 **, R 63 ** / H361 R 45 **, R 46 **, R 60 **, R 61 ** / H340, H350, H360 sensibilisierend R 43, (R 42/43), sensibilisierende Gefahrstoffe nach Anlage 3 sowie nach Nummer 3.2.1 Abs. 2 oder 3)*** / H317,(H317 und H334) m m m h m m m m h h h h g m m h *** Die schwach gedruckten H-Sätze sind nicht Bestandteil der TRGS 401 und damit nicht rechtsverbindlich. Sie wurden aus der Umwandlungstabelle im Anhang VII der CLP-Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 entnommen und können eine Orientierungshilfe sein, wenn die R-Sätze nicht zu ermitteln sind. R- und H-Sätze lassen sich allerdings nicht immer 1:1 ineinander überleiten, so dass Hersteller in Abhängigkeit von den vorliegenden Daten zu einer abweichenden Einstufung gemäß CLP-Verordnung kommen können. *** wenn hautresorptiv *** Abweichend liegt bei allen Tätigkeiten mit dermaler Gefährdung durch Stoffe, bei denen praktische Erfahrungen zeigen, dass diese Stoffe oder Zubereitungen eine Sensibilisierung bei einer erheblichen Anzahl von Beschäftigten durch Hautkontakt hervorrufen können (z. B. unausgehärtete Epoxidharzsysteme), eine hohe Gefährdung vor. 109 10. Schutz der Haut Schutzmaßnahmen/Wirksamkeit Maßnahmen Gefährdungsgrad »g« Allgemeine Hygienemaßnahmen nach TRGS 500 Waschgelegenheiten schaffen Wechseln verschmutzter Kleidung Reinigung der Schutzkleidung über das Unternehmen Maschinenputzlappen nicht zur Händereinigung benutzen Gehörschutzstöpsel nicht mit verschmutzten Händen anfassen keine Löse- und Reinigungsmittel zur Händereinigung Maßnahmen Gefährdungsgrad »m« Maßnahmen entsprechend »g« und zusätzlich: Substitutionsgebot Verwenden von technischen Hilfsmitteln, die einen Hautkontakt ausschließen Schutzhandschuhe Hautmittel – Schutz, Reinigung, Pflege Hautschutzplan ggf. arbeitsmedizinische Angebotsuntersuchungen bei Feuchtarbeit > 4 Stunden Pflichtuntersuchungen Maßnahmen Gefährdungsgrad »h« Maßnahmen entsprechend »m« und zusätzlich: geschlossene Anlage Arbeitsverfahren ggf. arbeitsmedizinische Pflichtuntersuchungen (Auszug aus Broschüre S 017, Kapitel 3) 110 Betriebliche Umsetzung Wirksamkeit/ Prüfung 10. Schutz der Haut Eine weitere Gefährdung der Haut und der Augen kann bei Tätigkeiten mit Exposition durch inkohärente künstliche optische Strahlung erfolgen (IR und UV-Bereich). Regelungen und Informationen dazu findet man in der Arbeitsschutzverordnung zu künstlicher optischer Strahlung (OStrV) und in den entsprechenden Regeln TROS-IOS. Die biologische Wirkung der optischen Strahlung entsprechend der jeweiligen Wellenlänge ist in der folgenden Tabelle dargestellt. Wellenlängenbereich Auge Haut UV-C Bindehautentzündung Hornhautentzündung Verbrennung der Haut Hautkrebs UV-B Bindehautentzündung Hornhautentzündung Trübung der Augenlinse Beschleunigte Hautalterung Verbrennung der Haut Hautkrebs UV-A Trübung der Augenlinse Beschleunigte Prozesse der Hautalterung Verbrennung der Haut Hautkrebs Sichtbare Strahlung Schädigung der Netzhaut (Photothermische und photochemische) Blaulichtschädigung Photosensitive Reaktionen (lichtempfindlich) Thermische Schädigung der Haut IR-A Thermische Schädigung der Netzhaut Trübung der Augenlinse Verbrennung der Haut IR-B Trübung der Augenlinse Thermische Schädigung der Hornhaut Verbrennung der Haut IR-C Verbrennung der Hornhaut Verbrennung der Haut 111 10. Schutz der Haut Sowohl für die Exposition künstlicher optischer Strahlung als auch für die solare UV-Exposition von Arbeitnehmern im Freien müssen zuerst technische und organisatorische Maßnahmen zum Schutz geprüft und wenn möglich durchgeführt werden. Hinweise dazu findet man in der TROS-IOS Teil 3 und auf der folgenden Seite: http:// www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Optische-Strahlung/Solare-UV-Exposition.html . Als persönliche Schutzmaßnahme sind entsprechende Kleidung (Abdeckung der Haut) und geeignete Brillen zum Schutz der Augen anzulegen (siehe Kapitel Augenschutz). In Ausnahmefällen ist der Einsatz von geeigneten Hautschutzmitteln möglich. 112 In der ArbMedVV wird im Anhang Teil 3 eine Pflichtvorsorge gefordert, wenn bei Tätigkeiten mit Exposition durch inkohärente künstliche optische Strahlung am Arbeitsplatz die Expositionswerte nach § 6 der OstrV überschritten werden und eine Angebotsvorsorge, wenn die Expositionswerte überschritten werden können. Hierbei wird das Tragen von persönlicher Schutzausrüstung wie bei Lärm nicht berücksichtigt. Zur Zeit liegt die entsprechende Untersuchungsempfehlung G17 als Entwurf vor. 10. Schutz der Haut Weitere Informationsquellen Berufsgenossenschaftliche Vorschriften für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit – Unfallverhütungsvorschriften Bezug über www. bgetem.de, Webcode 12282701 E-Mail: [email protected] DGUV Vorschrift 1 (BGV A1) Grundsätze der Prävention Berufsgenossenschaftliche Regeln (BG-Regeln), berufsgenossenschaftliche Informationen (BG-Informationen) Bezug über www.bgetem.de, Webcode 12282701 bzw. www.dguv.de/publikationen DGUV Information 204-022 (BGI/GUV-I 509) Erste Hilfe im Betrieb DGUV Information 212-007 (BGI/GUV-I 868) Chemikalien-Schutzhandschuhe DGUV Information 203-035 (BGI 5006) Expositionsgrenzwerte für künstliche optische Strahlung DGUV Information 203-042 (BGI 5092) Auswahl und Benutzung von Laser-Schutz- und Justierbrillen DGUV Information 212-017 (BGI/GUV-I 8620) Allgemeine Präventionsleitlinie Hautschutz DGUV Regel 109-003 (BGR/GUV-R 143) Tätigkeiten mit Kühlschmierstoffen DGUV Regel 112-189 (BGR 189) Benutzung von Schutzkleidung DGUV Regel 112-190 (BGR/GUV-R 190) Benutzung von Atemschutzgeräten DGUV Regel 112-192 (BGR 192) Benutzung von Augen- und Gesichtsschutz DGUV Regel 112-195 (BGR 195) Benutzung von Schutzhandschuhen Gesetze, Verordnungen und andere staatliche Arbeitsschutzvorschriften Diese Schriften finden Sie im Internet unter: www.gesetze-im-internet.de bzw. www.baua.de • Gesetz zum Schutz vor gefährlichen Stoffen Chemikaliengesetz (ChemG) • Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) • Arbeitsschutzverordnung zu künstlicher optischer Strahlung (OStrV) • Verordnung Arbeitsmedizinische Vorsorge (ArbMed VV) • Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) und Verordnungen zum GPSG 113 10. Schutz der Haut Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS): TRGS 400 Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen TRGS 401 Gefährdung durch Hautkontakt – Ermittlung, Beurteilung, Maßnahmen TRGS 500 Schutzmaßnahmen TRGS 551 Teer und andere Pyrolyseprodukte aus organischem Material TRGS 555 Betriebsanweisung und Information der Beschäftigten TRGS 600 Substitution TRGS 610 Ersatzstoffe und Ersatzverfahren für stark lösemittelhaltige Vorstriche und Klebstoffe für den Bodenbereich TRGS 611 Verwendungsbeschränkungen für Wasser mischbare bzw. Wasser gemischte Kühlschmierstoffe, bei deren Einsatz N-Nitrosamine auftreten können TRGS 900 Arbeitsplatzgrenzwerte TRGS 903 Biologische Grenzwerte TRGS 905 Verzeichnis Krebs erzeugender, Erbgut verändernder oder fortpflanzungsgefährdender Stoffe TRGS 906 Verzeichnis Krebs erzeugender Tätigkeiten oder Verfahren nach §3 Abs. 2 Nr. 3 GefStoffV TRGS 907 Verzeichnis sensibilisierender Stoffe Bekanntmachungen zu Gefahrstoffen (BekGS) 220 Sicherheitsdatenblatt 408 Anwendung der GefStoffV und TRGS mit dem Inkrafttreten der CLP-Verordnung 901 Kriterien zur Ableitung von Arbeitsplatzgrenzwerten Online-Hilfen BASIS – Branchen- und Arbeitsplatz-Informationssystem der BG ETEM: Modul „Hand- und Hautschutz“ (http://www.basis-bgetem.de) 114 10. Schutz der Haut Informationsmaterial Bestellung Medien: www. bgetem.de, Webcode 12201321, E-Mail: [email protected], • Arbeitsschutz konkret – Informationen für Fachkräfte MB 011 Sicher Arbeiten mit Gefahrstoffen MB 027 Sicher arbeiten mit Kühlschmierstoffen MB 029 Betriebsanweisungen für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen MB 031 Hauterkrankungen der Zahntechniker • Tipps – Informationen für Fachkräfte T 006 Hautschutz T 020 Hautschutz bei Tätigkeit im Freien T 021 Sicher arbeiten mit Kühlschmierstoffen T 029 Arbeiten in zahntechnischen Laboratorien • Hilfsmittel/Kontrolle der Arbeitssicherheit/Gefährdungsbeurteilung S 003 Hautschutzplan S 015 Gefahrstoffe in der Galvanotechnik und der Oberflächenveredelung S 017 Leitfaden zur Gefährdungsbeurteilung nach Gefahrstoffverordnung S 020 Haut- und Handschutz – Tipps konkret • Muster-Betriebsanweisungen (B 001 bis B 116) zum Download unter: www.bgetem.de,Webcode 12201321-Betriebsanweisungen • Multimedia-Unterweisungen für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen PU 013 SF6-Anlagen PU 014 Kühlschmierstoffe PU 015 Galvanotechnik PU 016 Spritzlackieren PU 017 Reinigen und Entfetten PU 018 Kleben und Vergießen • Multimedia (DVD-/CD-ROM) CD 003 Praxisgerechte Lösungen (CD-ROM) 115 10. Schutz der Haut Gefahrenpiktogramme (für Gemische noch gültig bis 01. 06. 2015) 116 T+ E Sehr giftig Explosionsgefährlich T F+ Giftig Hochentzündlich Xn F Gesundheitsschädlich Leichtentzündlich C O Ätzend Brandfördernd Xi N Reizend Umweltgefährlich 10. Schutz der Haut Gefahrenpiktogramme nach GHS Totenkopf mit gekreuzten Knochen Ausrufezeichen Gesundheitsgefahr Ätzwirkung Umwelt Gasflasche Flamme Flamme über einem Kreis Explodierende Bombe 117 11. Atemschutz Dipl.-Ing. Christel Trautmann Wird bei der Gefährdungsbeurteilung eines Arbeitsplatzes festgestellt, dass die Atemluft • Schadstoffe in gesundheitsgefährlicher Konzentration (z. B. Grenzwertüberschreitung) oder tische Bearbeitung) die Gefahr beseitigen oder mindern können. Ist das nicht möglich, ist den Mitarbeitern Atemschutz zur Verfügung zu stellen. • zu wenig Sauerstoff (unter 17 Vol %) enthält, Bei unbekannten Umgebungsverhältnissen, Veränderungen der Umgebungsatmosphäre oder Zweifel am ausreichenden Schutz von Filtergeräten sind Isoliergeräte zu nutzen. so ist vor Aufnahme der Tätigkeit zunächst zu prüfen, ob technische und/oder organisatorische Maßnahmen (Absaugung, automa- Auswahl von Atemschutz Grundsätzlich sollen u. a. folgende Punkte beachtet werden: Abb. 11.1: Übersicht der Atemschutzgeräte 118 11. Atemschutz • CE-Kennzeichnung Beispiel: CE 0121 EN 149:2001+A1:2009 FFP2 NR D 0121 = Die vierstellige Nummer der notifizierten Stelle, die die Qualitätsüberwachung durchführt; 0121 ist die Nummer des IFA. EN 149 2001+A1:2009 = Europäische Norm, nach der geprüft wird FFP2 = filternde Halbmaske für Partikel der Klasse 2 (entspricht mittlerem Abscheidevermögen bzw. Einsatz bis zu 10 des VdGW, Vielfachen des Grenzwertes) NR = nur für eine Schicht verwenden (non reusable) D = Dolomitstaubprüfung, geeignet für sehr staubige Umgebung • Auswahl entsprechend den Einsatzbedingungen: Zu beachten ist: Umgebungsatmosphäre (Sauerstoffgehalt, Schadstoffkonzentration, Temperatur usw.), Bewegungsfreiheit (Art des Einsatzortes), Dauer und Schwere der Arbeit, äußere Einflüsse wie Chemikalien, Klima, Transport Flucht, Rettung Atemschutz für biologische Arbeitsstoffe: Gefährdungsbeurteilung unter Einbeziehung medizinischen Sachverstandes, Grund: keine Grenzwerte vorhanden Bei weniger als 17 Vol % Sauerstoff in der Umgebungsatmosphäre dürfen keine Fil- tergeräte eingesetzt werden; für spezielle Einsätze und CO-Filter gilt mindestens 19 Vol % Sauerstoffgehalt. • Auswahl entsprechend individuellen Bedürfnissen: ausreichend lange Benutzungsdauer, anpassungsfähig an den Träger, einfach zu bedienen, frei von unzumutbaren Störungen wie Geruch, Druckstellen, reizende Wirkung auf die Haut, frei von unzumutbaren Einschränkungen wie Sehen, Hören, Bewegung, eventuell kombinierbar mit anderen PSA Gesichtshaare, tiefe Narben, ungewöhnliche Kopfformen verhindern das dichte Abschließen von Atemschutzmasken, ebenso kann das für Brillenträger problematisch sein. Das Tragen von Kontaktlinsen birgt Gefahren: bei Augenreizung oder Verrutschen ist der Zugriff nicht sofort möglich. Organisatorische Maßnahmen sind bereits bei der Auswahl mit zu beachten: • nur zur persönlichen Benutzung • Wartung und Reinigung, Instandhaltung, Prüfung Wartungsintervalle und Reinigung entsprechend der Gefährdungsbeurteilung festlegen oder nach den Vorgaben der BGR 190, Tabellen 4 bis 11. 119 11. Atemschutz Die Wartung und Instandhaltung, Prüfung usw. sollte eine befähigte Person mit den entsprechenden Kenntnissen durchführen. Entsprechend der TRBS 1203 muss die befähigte Person u. a. Erfahrungen über die Durchführung der anstehenden Prüfung oder vergleichbarer Prüfungen gesammelt haben. Die befähigte Person muss über Kenntnisse zum Stand der Technik hinsichtlich des zu prüfenden Gegenstandes und der zu betrachtenden Gefährdungen verfügen. • Tragezeitbegrenzung Überlastung des Geräteträgers ist zu vermeiden, Einsatzdauer, Erholungsdauer und Anzahl der Einsätze ist abhängig vom Atemschutzgerät, Arbeitsschwere und persönlichen Faktoren des Geräteträgers. Wichtige Hinweise für die Tragezeitbegrenzung sind im Anhang 2 der BGR 190 zu finden. Dort wird zu den unterschiedlichen Geräten/Schutzausrüstungen zwischen Tragedauer, Erholungsdauer, Einsätze pro Schicht und Schichten pro Woche unterschieden. Die geräteabhängige Tragezeitbegrenzung ist nach Herstellerangaben und Einsatzbedingungen zu berücksichtigen. • Betriebsanweisung Ist vor Einsatz des Atemschutzes zu erstellen und muss alle Informationen für den sicheren Einsatz enthalten (s. Muster: Abb. 11.1). 120 • Unterweisung Bei der ersten Unterweisung vor dem Benutzen von Atemschutz ist immer eine theoretische Unterweisung und eine praktische Übung durchzuführen. Inhalt und Dauer sind davon abhängig, ob es sich um Filtergeräte, Isoliergeräte oder Flucht-/und Rettungsgeräte handelt. Besonders wichtig sind Informationen an die Geräteträger: – sichere und dichte Anwendung der Geräte, – Wahrnehmung des Filterdurchbruches und Tragezeitbegrenzung, – Kontrolle, Prüfung, Wartung, Reparatur, Reinigung – Verhalten bei der Anwendung. Die Unterweisung ist mindestens einmal im Jahr, bei Bedarf öfter, durchzuführen und zu dokumentieren. • Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung Nach der Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) sind : Pflichtuntersuchungen durchzuführen für das Tragen von Atemschutzgeräten der Gruppe 2 und 3 . Angebotsuntersuchungen für das Tragen von Atemschutzgeräten der Gruppe 1. 11. Atemschutz Firma Betriebsanweisung Nr. 1. Anwendungsbereich Benutzung von Atemschutz (Filtergeräte) Arbeitsstelle/Tätigkeit: Schweißen und Brennschneiden an Altmaterial im Freien 2. Gefahren für Mensch und Umwelt • Schweißrauche können Schwermetalle, Phosgen, Phenole, Phthalate, Blausäure, Schwefeldioxid, nitrose Gase und Anderes enthalten, die in die Lunge gelangen und den menschlichen Körper schädigen können. • Es besteht die Gefahr von Atemwegserkrankungen, die sich in Form von Lungenödem oder Krebserkrankung äußern können. 3. Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln • Halbmaske mit Filter ABEK1-P2 (G26-2 Untersuchung erforderlich) oder Gebläsefiltergerät TH2A2P (mit Helm) benutzen. Bartträger dürfen nur Gebläsefiltergeräte verwenden. Nicht Benutzen oder falsches Benutzen kann zu schweren körperlichen Schädigungen führen. • Vor der Benutzung Atemschutz auf augenscheinliche Mängel und Funktionsfähigkeit, z. B. richtige(r) Filter, Filterverfalldatum, Akkuladezustand überprüfen. • Beim Anlegen des Atemschutzgerätes gemäß Unterweisung und Übung auf ausreichenden Dichtsitz achten. • Nach Filterdurchbruch oder -erschöpfung sofort Filter wechseln. • Filter vor Flammen und Schweißperlen schützen (Lebensgefahr durch Filterschwelbrand) • Tragedauer für Halbmaske mit Filter höchstens 105 min., Erholungsdauer mindestens 30 min., Tragedauer für Gebläsefiltergerät ist nicht eingeschränkt. 4. Verhalten bei Störungen und im Gefahrfall • Defekte Atemschutzgeräte sind sofort auszutauschen. • Im Gefahrfall und bei Atembeschwerden sofort Arbeiten einstellen, den Arbeitsplatz verlassen, das Atemschutzgerät ablegen und den Vorgesetzten informieren. 5. Verhalten bei Unfällen, Erste Hilfe • Jeder Unfall ist im Verbandbuch einzutragen. Es liegt aus im Meisterbüro. • Bei Atembeschwerden unbedingt folgenden Arzt aufsuchen: Dr. Musterarzt 6. Lagerung, Instandhaltung und Entsorgung • Atemschutzgeräte bei Arbeitsunterbrechung in dafür vorgesehenen Behältern trocken aufbewahren. • Atemanschlüsse sind nach jeder Schicht zu reinigen und wöchentlich zu desinfizieren. • Keine Instandhaltungsarbeiten des Atemschutzgerätes am Arbeitsplatz durchführen. • Erschöpfte Filter im vorgesehenen Entsorgungsbehälter vor Meisterbüro ablegen. 7. Folgen der Nichtbeachtung • Gesundheitliche Schäden möglich. • Disziplinarische Maßnahmen (Abmahnung) wahrscheinlich. Datum: Unterschrift: Abb. 11.1: DGUV Regel 112-190 (BGR 190), Anhang 4: Muster einer Betriebsanweisung zur Benutzung von Atemschutz 121 11. Atemschutz Die Pflichtuntersuchung ist Voraussetzung für das Arbeiten mit Atemschutzgeräten der Gruppen 2 und 3; Gruppe 3: über 5 kg, hoher Atemwiderstand (bis 6 mbar), z. B. Isoliergeräte, Schutzanzüge mit Geräten der Gruppe 3. Gruppe 1: bis 3 kg, Atemwiderstand gering, z. B. P1, P2, Gebläse, Frischluft-Schlauchgeräte Die Vorsorgeuntersuchung dürfen nur Fachärzte für Arbeitsmedizin durchführen. Gruppe 2: bis 5 kg, erhöhter Atemwiderstand, z. B. P 3, Gasfilter, Schutzanzüge mit Schlauch- und Filtergeräten. • Sicherung von Geräteträgern Im Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung kann es notwendig sein, den Geräteträger zu sichern. Dann sind Sicherungsposten Partikelfilterklassen (DIN EN 143) Schutz gegen Rückhaltevermögen P1 feste Partikel klein P2 feste und flüssige Partikel mittel P3 feste und flüssige Partikel groß (Gas) Filterklassen (DIN EN 141) Aufnahmevermögen Prüfgaskonzentration in Luft 1 klein 0,1 Vol.-% 2 mittel 0,5 Vol.-% 3 groß 1,0 Vol.- Vollmasken (DIN EN 136) Aufwendungsbereich Klasse 1 geringe Beanspruchung Klasse 2 normale Beanspruchung Klasse 3 spezielle Anwendung mit höchster Beanspruchung Tabelle 11.2: Benutzung von Atemschutz – Unterscheidung in Klassen 122 11. Atemschutz Geräteart VdGW Bemerkungen/Einschränkungen Halb-/Viertelmaske mit P1-Filter partikelfilternde Halbmaske FFP! 4 nicht gegen Krebs erzeugende und radioaktive Stoffe sowie luftgetragene biologische Arbeitsstoffe der Risikogruppe 2 und 3 und Enzyme Halb-/Viertelmaske mit P2-Filter partikelfilternde Halbmaske FFP2 10 nicht gegen radioaktive Stoffe und luftgetragene biologische Arbeitsstoffe der Risikogruppe 3 und Enzyme Halb-/Viertelmaske mit P3-Filter partikelfilternde Halbmaske FFP3 30 Vollmaske oder Mundstückgarnitur mit P1-Filter 4 Als Atemschutz nicht sinnvoll, da der hohe Filterdurchlass den Vorteil der geringen Maskenleckage au hebt. nicht gegen Krebs erzeugende und radioaktive Stoffe sowie luftgetragene biologische Arbeitsstoffe der Risikogruppe 2 und 3 und Enzyme Vollmaske oder Mundstückgarnitur mit P2-Filter 15 nicht gegen radioaktive Stoffe und luftgetragene biologische Arbeitsstoffe der Risikogruppe 3 und Enzyme Vollmaske oder Mundstückgarnitur mit P3-Filter 400 Gasfilternde Halbmasken 30 Halb-/Viertelmasken mit Gasfilter 30 Vollmaske oder Mundstückgarnitur mit Gasfilter 400 Tabelle 11.3: Beispiele für die Anwendung von Masken für Partikelfilter und Gasfilter entsprechend VdGW (DGUV Regel 112-190 (BGR 190)) 123 11. Atemschutz auszubilden, auszurüsten und einzusetzen. Auch Notfallübungen mit Rettungsmaßnahmen können notwendig sein. In der DGUV Regel 112-190 (BGR/GUV-R 190) findet man in den Tabellen 1, 2 und 3 eine Auflistung der Gerätearten mit der entsprechenden Prüfnorm, dem Schutz gegen das Vielfache des Grenzwertes (VdGW) und Bemerkungen/Einschränkungen. Partikelfiltrierende Halbmaske Atemanschluss und Filterteil bilden eine untrennbare Einheit. Abb. 11.2: Halbmaske Vollmaske mit Partikelfilter Abb. 11.3: Vollmaske mit Partikelfilter 124 Die Faktoren zum VdGW werden den Klassen zugeordnet. Der Grenzwert entspricht in der Regel dem Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) eines Gefahrstoffes/Schadstoffes. Informationen zu Grenzwerten findet man u. a. in Sicherheitsdatenblättern, Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS 900), Gefahrstofflisten. Beispiele für die Anwendung von Masken für Partikelfilter und Gasfilter entsprechend VdGW DGUV Regel 112-190 (BGR/GUV-R 190): siehe Tabelle 11.3. 11. Atemschutz Gasfilter werden nach ihren Hauptanwendungsbereichen in Gasfiltertypen unterteilt und durch Kennbuchstaben und Kennfarben unterschieden. Typ Kennfarbe Hauptanwendungsbereich Hauptanwendungsbereich A braun organische Gase und Dämpfe mit Siedepunkt > 65°C B grau anorganische Gase und Dämpfe, z. B. Chlor, Schwefelwasserstoff, Blausäure nicht gegen Kohlenstoffmonoxid E gelb Schwefeldioxid, Chlorwasserstoff, und andere saure Gase K grün Ammoniak und organische Ammoniakderivate AX braun Niedrig siedende organische Verbindungen (Siedepunkt ≤ 65 °C) Herstellerangabe SX violett Herstellerangabe NO-P3 blau-weiß nitrose Gase, z. B. NO, NO2, NOX Hg-P3 rot-weiß Quecksilber CO schwarz Kohlenstoffmonoxid Reaktor Reaktor P3 orange orange-weiß Radioaktives Jod und Jodmethan Tabelle 11.4: Gas- und Spezialfilter und ihre Hauptanwendungsbereiche, DGUV Regel 112-190 (BGR 190) Hinweise zur Nutzung der Atemschutzgeräte Partikelfilter: Gasfilter: • gegen radioaktive Stoffe und biologische Arbeitsstoffe nur einmal einsetzen • Filter gegen Verschmutzung und Feuchte schützen • bei hohem Atemwiderstand Wechsel des Filters • Durchbruch des Gases/Dämpfe muss der Geräteträger riechen und schmecken können, ggf. Informationen vom Filterhersteller • Ist das nicht möglich, Einsatzregeln aufstellen (oder Isoliergeräte benutzen) • nicht in Behältern und engen Räumen anwenden 125 11. Atemschutz AX-Filter: Filtergewichte: • nur innerhalb einer Schicht nutzbar • nicht gegen Gemische anwendbar (Ausnahme: Gesamtkonzentration liegt unter der maximalen Einsatzkonzentration für die kritischste Gaskomponente) • Filter ab 300 g nicht unmittelbar an Mundstücke, Halb- und Viertelmasken anbringen. • Filter ab 500 g nicht unmittelbar an Vollmasken der Klassen 2 und 3 anbringen. • An Vollmasken der Klasse 1 nur Filter, die vom Hersteller dafür vorgesehen sind. • Schwerere Filter nur mittels Atemschlauch verwenden und mit Tragevorrichtung. SX-Filter: • nur fabrikmäßig versiegelte Filter verwenden, die unmittelbar vor dem Einsatz entsiegelt werden. Filtergeräte mit Gebläse, Atemanschluss und Filter: Verwendungsdauer und Wiederverwendung • Partikelfilter sollen aus hygienischen Gründen nur eine Arbeitsschicht verwendet werden. • Bei Nutzungsdauer weniger als 30 Minuten dürfen sie wiederverwendet werden, wenn sie sauber aufbewahrt werden können. Wechsel bei Erhöhung des Atemwiderstandes. • Gasfilter haben begrenzte Lagerfähigkeit. • Wiederverwendung von Gasfilter selten möglich und nur dann, wenn diese sehr wenig gebraucht und gasdicht aufbewahrt werden können. • Für Kombinationsfilter gelten die Anforderungen an Gas- und Partikelfilter. • Auf mögliche Entzündung der Filter bei Arbeiten mit offener Flamme oder Schweißperlenflug achten. 126 • gefilterte Luft wird mit Hilfe des (Batterie betriebenen) Gebläses zum Atemanschluss befördert • vor jedem Einsatz Mindest-Nennvolumenstrom des Gebläses prüfen (Herstellerangabe) • Vorteil: geringer Einatemwiderstand, bei normalen bis erhöhten Umgebungstemperaturen Filtergeräte mit Gebläse, Maske und Filter (TM): • Voll-, Halb- oder Viertelmaske als Atemanschluss mit Ausatemventil • bei Ausfall der Gebläseunterstützung muss ausreichend Möglichkeit bestehen, aus der Gefahrzone heraus zu gelangen. 11. Atemschutz Filtergeräte mit Gebläse, Helm oder Haube und Filter (TH): • relativ „offene“ Atemanschlüsse • ungeeignet bei schwerer Arbeit, starker Luftbewegung • Ausfall des Gebläses durch Warneinrichtung angeben (TH3) Isoliergeräte Schlauchgeräte bei stationären Arbeiten • Bei Frischluftschlauchgeräten darf der Frischluftzuführungsschlauch nicht zusammengesetzt sein; Ansaugstelle frei von Schadstoffen auswählen • Bei Frischluft-Druckschlauchgeräten erfolgt die Zuführung der Frischluft mit leichtem Überdruck. • Druckluft-Schlauchgeräte: Die Luftzufuhr erfolgt über druckfeste DruckluftZuführungsschläuche mit bis zu 10 bar Überdruck. Am Träger wird entweder über Regelventil oder atemgesteuerte Dosiereinrichtung die Luft zugeführt. Bei Anschluss über vorhandene DruckluftNetze ist die Qualität der Atemluft sicherzustellen und die Temperatur zu berücksichtigen. Wird die Luft aus Druckluftflaschen zur Verfügung gestellt, muss ein akustisches Warnsignal das Ende des Luftvorrates vorwarnen. • Niemals anstelle von Druckluft Drucksauerstoff verwenden. Frei tragbare Isoliergeräte • Für den Einsatz dürfen nur ausreichend gefüllte Druckgasflaschen (mind. 90 % des Nennfülldruckes und ungebrauchte Regenerationspatronen) verwendet werden. • Regenerationsgeräte binden das CO2 der Ausatemluft und führen Sauerstoff aus dem Vorrat des Gerätes der Atemluft zu. Sie haben eine hohe Gebrauchsdauer und sind deshalb für länger dauernde Arbeiten geeignet. Atemschutzgeräte für Selbstrettung und Flucht • Diese Geräte müssen leicht erreichbar, leicht zu nutzen und die (luftdichte) Verpackung leicht entfernbar sein. • Der Gebrauch von Fluchtgeräten muss unterwiesen werden. TIPP Prüfung auf dichten Sitz des Atemanschlusses: Nach Anlegen des Atemanschlusses sind die Geräteanschlussstücke mit den Händen zu schließen. Durch Ein- oder Ausatmen entsteht entweder ein Unterdruck oder ein Überdruck, der erhalten bleiben muss. Strömt Luft ein oder aus, sitzt die Maske nicht dicht. Prüfungen auf dichten Sitz können auch mit Geruchs- und Geschmackstoffen oder Messgeräten durchgeführt werden. 127 12. Schutz des Gehörs Dipl.-Ing. Karin Dauth Lärm umgibt uns täglich, sowohl bei der Arbeit als auch in der Freizeit. Die Gefahren für das Gehör werden sehr oft unterschätzt. Dauerhafte Lärmbelastung kann zu Hörminderungen und in der Folge zu Lärmschwerhörigkeit führen. Lärm schädigt jedoch nicht nur das Gehör, sondern wirkt sich auch auf Körper und Psyche des Menschen aus, mindert die Konzentration und die Leistungsfähigkeit. Lärmschwerhörigkeit ist die häufigste Berufskrankheit. Lärm stellt aber nicht nur im Beruf eine Gesundheitsgefahr dar, bereits jeder vierte Jugendliche ist durch Freizeitlärm dauerhaft hörgeschädigt. Gehörschutz ist wichtig, weil Lärmschwerhörigkeit so verhindert werden kann. Schwerhörigkeit ist nicht heilbar. Unterer Auslösewert: Die Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch Lärm und Vibrationen (LärmVibrationsArbSchV) definiert Lärm als Schall, der zu einer Beeinträchtigung des Hörvermögens oder zu einer sonstigen mittelbaren oder unmittelbaren Gefährdung von Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten führen kann. Die Verordnung legt Auslösewerte für Lärm fest, bei deren Erreichen oder Überschreiten Maßnahmen zur Vermeidung und Verringerung der Lärmexposition getroffen werden müssen. Die Auslösewerte beziehen sich auf den so genannten Tages-Lärmexpositionspegel. Dies ist die auf eine Achtstundenschicht bezogene Lärmexposition. Er umfasst alle am Arbeitsplatz auftretenden Schallereignisse: Tages-Lärmexpositionspegel LEX,8h Spitzenschalldruckpegel Oberer Auslösewert: 128 oder LpC,peak = 135 dB(C) Tages-Lärmexpositionspegel LEX,8h Spitzenschalldruckpegel = 80 dB(A) = 85 dB(A) LpC,peak = 137 dB(C) oder 12. Schutz des Gehörs Werden die Auslösewerte am Arbeitsplatz erreicht oder überschritten, sind Maßnahmen des Arbeitsschutzes notwendig. Vorrangig muss versucht werden, die Lärmquellen zu beseitigen oder durch technische Maßnahmen die Lärmexposition zu verringern. Gelingt dies nicht und bringen auch organisatorische Maßnahmen keinen Erfolg, müssen persönliche Schallschutzmittel (PSA) zur Verfügung gestellt werden. Bei Erreichen des unteren Auslösewertes muss der Unternehmer: • den Mitarbeiter informieren und unterweisen • dem Mitarbeiter arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen ermöglichen (Angebotsuntersuchung) • dem Mitarbeiter Gehörschutz zur Verfügung stellen (Angebot) Unter Einbeziehung des Gehörschutzes darf der maximal zulässige Expositionswert LEX,8h von 85 dB(A) oder LpC,peak von 137 dB(A) am Ohr des Beschäftigten nicht überschritten werden. Auswahl von Gehörschutz Es ist wichtig, den richtigen Gehörschutz auszuwählen. Der Gehörschutz soll den auf das Ohr einwirkenden Lärm so weit abschwächen, dass das Gehör keinen Schaden nimmt. Es ist jedoch nicht sinnvoll, den Schall so stark zu dämmen, dass Sprache oder auch Warnsignale nicht mehr gehört werden. Die Schalldämmung des Gehörschutzes darf also weder zu klein noch zu groß sein. Auch sollte der Gehörschutz möglichst angenehm zu tragen sein, damit er von den Beschäftigten nicht abgelehnt wird. Bei Erreichen des oberen Auslösewertes muss der Unternehmer: Es werden verschiedene Arten von Gehörschutz angeboten: • den Mitarbeiter informieren und unterweisen • dem Mitarbeiter arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen ermöglichen, die dieser wahrnehmen muss (Pflichtuntersuchung) • dem Mitarbeiter Gehörschutz zur Verfügung stellen (Tragepflicht) • den Lärmbereich kennzeichnen • ein Lärmminderungsprogramm planen und durchführen 1. Kapselgehörschützer sind alle Gehörschützer mit Kapseln, die beide Ohrmuscheln umschließen. Sie werden wie Kopfhörer über die Ohren gesetzt. Es gibt sie in verschiedenen Ausführungen: • konventionelle Kapselgehörschützer mit unterschiedlichen Bügelkonstruktionen (Kopf-, Nacken-, Universalbügel) 129 12. Schutz des Gehörs • spezielle Kapselgehörschützer, z. B. mit pegelabhängiger Schalldämmung, mit Kommunikationseinrichtung oder mit UKW-Radio Kapselgehörschützer können mit anderen persönlichen Schutzausrüstungen kombiniert werden. Sie können z. B. an dafür vorgesehenen Industrieschutzhelmen befestigt werden. Dabei sollten allerdings nur geprüfte und zugelassene Kombinationen verwendet werden. Kapselgehörschützer mit Universalbügel Kapselgehörschützer mit Kommunikationseinrichtung 2. Gehörschutzstöpsel sind alle Gehörschützer, die im Gehörgang oder in der Ohrmulde getragen werden. Es sind folgende Arten zu unterscheiden: • Fertig geformte Gehörschutzstöpsel werden in einer Vielzahl verschiedener Ausführungen angeboten und können sofort, ohne vorherige Formgebung, in den Gehörgang eingesetzt werden. Sie sind in der Regel für den mehrmaligen Gebrauch gedacht. • Vor Gebrauch zu formende Gehörschutzstöpsel aus polymerem Schaumstoff werden vor dem Einsetzen in den Gehörgang zu einer dünnen Rolle zusammengedrückt und dehnen sich im Gehörgang wieder aus, so dass dieser akustisch gut abgeschlossen wird. Sie sind sowohl zum einmaligen als auch zum mehrfachen Gebrauch bestimmt. • Bügelstöpsel bestehen aus fertig geformten Gehörschutzstöpseln, die an Bügeln befestigt sind. Sie eignen sich besonders zum schnellen Ein- und Absetzen. Kapselgehörschützer Kapselgehörschützer an einem dazu passenmit eingebautem den Arbeitschutzhelm Radiogerät Abb. 12.1: Verschiedene Kapselgehörschützer 130 • Gehörschutzstöpsel mit Verbindungsschnur bestehen aus fertig geformten oder vor Gebrauch zu formenden Gehörschutzstöpseln, die an den Enden einer Trageschnur befestigt sind. 12. Schutz des Gehörs • Otoplastiken sind eine Sonderform der fertig geformten Gehörschutzstöpsel. Sie werden individuell dem Ohr des Trägers angepasst und zeichnen sich durch gute Passform und Tragekomfort aus. Gehörschutzstöpsel zum mehrmaligen Gebrauch Gehörschutzstöpsel zum einmaligen Gebrauch Bügelstöpsel Stöpsel mit Verbindungsschnur Otoplastik Abb. 12.2: Verschiedene Gehörschutzstöpsel 3. Schallschutzanzüge Schallpegel über 130 dB(A) erfordern einen zusätzlichen Schutz des Körpers, da das Innenohr auch Schallwellen registriert, die über den Körper aufgenommen werden. Des Weiteren können durch hohe Schalleinwirkung auf innere Organe Übelkeit, Erbrechen oder Gleichgewichtsstörungen hervorgerufen werden. In solchen Fällen werden außer dem Gehörschutz Schallschutzanzüge, beispielsweise als Leder-Kombinationen, getragen. Man findet sie auf Flughäfen oder bei der Armee. Auswahlkriterium Schalldämmung Der am Ohr des Benutzers wirksame Lärmexpositionspegel darf die Schädigungsgrenze von LEX,8h 85 dB(A) bzw. LpC, peak 137 dB(C) nicht überschreiten. Die auf der Packung der Gehörschützer angegebenen Dämmwerte werden durch Verschleiss oder unsachgemäßer Benutzung in der Praxis oft nicht erreicht. Daher ist neben dem vom Hersteller angegebenen Dämmwert noch ein Sicherheitszuschlag KS zu berücksichtigen und somit ggf. ein Gehörschützer mit höherem Dämmwert auszuwählen. Eine Überprotektion sollte jedoch vermieden werden. Lärmexpositionspegel am Ohr < 70 dB(A) führen dazu, dass Sprach- und Signalerkennung nicht mehr im ausreichenden Maße möglich sind, und können ein Gefühl der Isolation hervorrufen. 131 12. Schutz des Gehörs Typ Kennfarbe Sicherheitszuschlag KS Gehörschützerwirkung zu formende Stöpsel (Einwegstöpsel 9 dB(A) Mehrfach verwendbare Stöpsel 5 dB(A) Bügelstöpsel 5 dB(A) Kapseln 5 dB(A) Otoplastiken 6 dB(A) Otoplastiken mit Funktionskontrolle 3 dBA) Tabelle 12.3: Sicherheitszuschlag KS beim Gehörschutz Die Schalldämmung ist in unterschiedlichem Maße frequenzabhängig. Daher ist es wichtig, die Lärmquelle hinsichtlich ihrer Fre- LOhr < 70 Überprotektion LOhr 70 – 80 empfehlenswert LOhr 81 – 85 nicht empfehlenswert LOhr > 85 nicht zulässig Tabelle 12.4: Gehörschützerwirkung quenz zu beurteilen. Eine einfache und in der Regel ausreichende Methode ist der HML-Check. Durch Hörprobe wird das Geräusch als mittel- bis hochfrequent oder als tieffrequent eingestuft. (Etwa 85 % aller Geräusche am Arbeitsplatz sind mittel- bis hochfrequent.) Hilfreich für die Einstufung des Geräuschs sind auch nachfolgende Tabellen: Brennschneider Rollenrotations-Hochdruck-Pressen Dragiertrommeln Rüttelformmaschinen Druckluftdüsen Schlagschrauber Elektro-Nagler Schleifmaschinen Falzmaschinen Schmiedehämmer Getränkeabfüllanlagen Spinnmaschinen Gussputzarbeiten Strick- und Wirkmaschinen Holzbearbeitungsmaschinen Trennschleifmaschinen Honmaschinen Webmaschinen Hydraulikpumpen Zentrifugen Tabelle 12.5: Geräuschquellen der Geräuschklasse HM – mittel- bis hochfrequent 132 12. Schutz des Gehörs Bagger Konverter-Anlagen Elektro-Schmelzöfen Kupol-Öfen Elektro-Umformersatz Metall-Druckgießmaschinen Feuerungen Planierraupen Hochofenanlagen Strahlanlagen Kollergänge Verbrennungsöfen Kompressor-Anlagen (Kolben) Tabelle 12.6: Geräuschquellen der Geräuschklasse L – überwiegend tieffrequent Wenn der Schallpegel des Geräuschs bekannt ist und das Geräusch als mittel-, hochoder tieffrequent eingestuft wurde, lässt sich mit Hilfe der Herstellerangaben zur Dämmwirkung des Gehörschutzes der am Ohr wirksame Schallpegel errechnen. HML-Check Hoch- (high), mittel- (middle) und tieffrequenter (low) Bereich 1. Einordnung des Geräuschs als hoch-, mittel- oder tieffrequent · Hörprobe 2. Berechnung des am Ohr wirksamen Schallpegels hoch-, mittelfrequentes Geräusch: LOhr = LEX,8h – M - KS ≤ 85 dB(A) tieffrequentes Geräusch: LOhr = LEX,8h – L - KS ≤ 85 dB(A) Auswahlkriterium Arbeitsumgebung Bei der Auswahl der Gehörschutzarten ist auch die jeweilige Arbeitsumgebung zu berücksichtigen: • Exposition im Dauerlärm oder wiederholte kurzzeitige Lärmexposition • Auftreten von Spitzenschalldruckpegeln im Bereich der Auslösewerte • Wichtige Arbeitsgeräusche, die Informationen enthalten • Warnsignale • Ortung von Schallquellen • Sprachkommunikation • Hohe Temperaturen • Staub • Persönliche Unverträglichkeiten des Benutzers 133 12. Schutz des Gehörs Kapselgehörschützer sind zu empfehlen, wenn • Häufiges Auf- und Absetzen des Gehörschutzes erforderlich ist (hier sind auch Bügelstöpsel geeignet) • Gehörschutzstöpsel vom Benutzer nicht vertragen werden Kapselgehörschützer sind nicht zu empfehlen, wenn • Gutes Richtungshören erforderlich ist, sie erschweren die Ortung von Schallquellen Gehörschutzstöpsel sind zu empfehlen • An Arbeitsplätzen mit andauernder Lärmwirkung • Bei zu starkem Schwitzen unter Kapselgehörschützern • Bei gleichzeitigem Tragen von Brille und Gehörschutz • Wenn gleichzeitig andere persönliche Schutzausrüstung, z. B. Helm, Gesichtsschutz usw. getragen werden müssen Gehörschutzotoplastiken sind besonders bequem zu tragen und daher zu empfehlen, wenn • Kapselgehörschützer wegen täglicher mehrstündiger Tragezeiten abgelehnt werden und andere Gehörschutzstöpsel wegen Unverträglichkeit nicht getragen werden können. • Aufgrund arbeitsmedizinischer Befunde ein besonders sicherer Schutz vor Lärmeinwirkung erforderlich ist. Richtige Anwendung von Gehörschutzstöpseln Gehörschutzstöpsel aus Schaumstoff müssen vor dem Einsetzen in den Gehörgang durch Drehen zwischen den Fingerspitzen zu einer dünnen Rolle geformt werden. Der gerollte Gehörschutzstöpsel muss sofort in den Ohrkanal eingesetzt werden. Nur so kann man ihn mit reduziertem Durchmesser richtig positionieren. Bügelstöpsel sind zu empfehlen, wenn häufiges Auf- und Absetzen erforderlich ist. Gehörschutzstöpsel mit Verbindungsschnur sind zu empfehlen, wenn ein Verlust der Stöpsel zu Produktionsstörungen führen kann. Sie dürfen nicht getragen werden, wenn in der Nähe bewegter Maschinenteile gearbeitet wird. Abb. 12.3: Anwendung von Gehörschutzstöpseln 134 12. Schutz des Gehörs Auswahl Gehörschutz Kapselgehörschützer Stöpsel zum einmaligen Gebrauch Stöpsel zum Stöpsel mit Bügel- Otomehrmaligen Verbindungsstöpsel plastiken Gebrauch schnur hohe Temperaturen und/oder hohe Feuchtigkeit Starke Staubbelastung Schmutz, Staub oder Metallspäne an den Händen Arbeiten in der Nähe bewegter Maschinenteile Vibrationen Wiederholte kurzzeitige Lärmexposition Sprachkommunikation, Warnsignale Ortung von Schallquellen geeignet Einzelfallprüfung geeignet / ungeeignet nicht geeignet 135 12. Schutz des Gehörs Gehörschutzstöpsel lassen sich besser in den Ohrkanal einführen, wenn dieser durch Ziehen am Ohr begradigt wird. Nach dem Einsetzen in den Gehörgang ist der Stöpsel so lange mit dem Finger zu fixieren, bis er sich vollständig an den Gehörgang angelegt hat (mindestens 10 Sekunden bzw. nach Herstellerangaben). Pflege und Hygiene Pflege: Um Hautreizungen und andere Ohrprobleme zu vermeiden, müssen zum mehrfachen Gebrauch bestimmte Gehörschützer regelmäßig gewartet und gereinigt werden. Es sollten die Reinigungsangaben des Herstellers genau befolgt werden. Beschädigte Dichtungskissen nicht weiter verwenden. 136 Hygiene: Gehörschutzstöpsel sollen nicht mit verschmutzten Fingern eingesetzt werden. An Schmutzarbeitsplätzen empfiehlt sich daher der Einsatz von Gehörschutzstöpseln zur einmaligen Verwendung. An staubigen Arbeitsplätzen bildet sich gelegentlich zwischen dem Dichtungskissen und der Haut eine Schmutzschicht, die zu Hautreizungen führen kann. (Hinweis: Zwischenlage für Kapselgehörschutz verwenden.) Weitere Informationen: DGUV Information 212-024 (BGI/GUV-I 5024) Gehörschutzinformationen DGUV Regel 112-194 (BGR/GUV-R 194) Benutzung von Gehörschutz Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse Gustav-Heinemann-Ufer 130 50968 Köln Telefon 0221 3778-0 Telefax 0221 3778-1199 E-Mail [email protected] Internet www.bgetem.de Bestell-Nr. MB 001 9 · 5 (65) · 02 · 15 · 5 – Alle Rechte beim Herausgeber Gedruckt auf Papier aus nachhaltiger Forstwirtschaft
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