PDF Fortbildung Parodontaltherapie

Fortbildung
Praxisrelevante Behandlungskonzepte in der Parodontologie
Regenerative Parodontaltherapie
Das oberste Ziel der regenerativen Parodontaltherapie ist die
vorhersagbare Neubildung von zahnhaltenden Strukturen (Wurzelzement, Desmodont und Knochen) durch speziell gestaltete Therapiemethoden. Zwar resultiert die konventionelle Parodontaltherapie (chirurgisches und nicht-chirurgisches Debridement) in einer
Verringerung der Sondiertiefen durch einen Gewinn von klinischem
Attachment, jedoch meist durch die Ausbildung eines langen
Saumepithels und somit keiner vorhersagbarer Regeneration von
Knochen, Zement und Desmodont.
Knochenersatzmaterialien. Die
in der regenerativen Parodontaltherapie zum Einsatz kommenden
Knochenersatzmaterialien zeichnen sich dadurch aus, dass sie
die Bildung von Alveolarknochen
und Wurzelzement durch Osteoneogenese, Osteokonduktion oder
Osteoinduktion fördern. Je nach
ihrer Herkunft unterscheidet man
autologe, allogene, xenogene oder
alloplastische Materialien. Autologe Transplantate stammen von
dem selben Individuum; allogenes
Knochenersatzmaterial von unterschiedlichen Individuen der selben
und xenogene Transplantate von
unterschiedlichen Spezies. Alloplastischer Knochenersatz wiederum ist synthetisches oder anorganisches Material.
In Studien konnte jedoch nur
durch den Einsatz von autologen,
allogenen Knochen oder xenogenen bovinem Knochenersatz
eine vorhersagbare Neubildung
zahnhaltender Strukturen histologisch nachgewiesen werden.
Geweberegeneration.
Das
Prinzip der Gesteuerten Geweberegeneration (GTR) beruht darauf,
dass durch die Isolation des Epithels und der Bindegewebszellen von den langsam wachsenden
Knochen- und Desmodontalzellen
durch eine Membran – eine mechanische Barriere – dem Knochen
und Desmodont die Möglichkeit
der Regeneration gegeben wird.
Zwar zeigen resorbierbare und
nicht-resorbierbare Membranen in
tierexperimentellen und klinischen
ZBW 12/2010
Studien ähnlichen Gewinn bindegewebigem Attachments und Knochen, jedoch kommt es bei der Anwendung von nicht-resorbierbaren
Membranen häufiger zu einer
Membranfreilegung. So muss die
Membran zur Infektionsprophylaxe entfernt werden.
S c h m e l z - M a t r i x - P r o te i n e .
Schmelz-Matrix-Proteine spielen
eine entscheidende Schlüsselrolle
in der parodontalen Regeneration.
Die in der Schmelz-Matrix enthaltenen Proteine, v. a. Amelogenine,
nehmen entscheidenden Einfluss
auf die Zementogenese, wirken
antibakteriell und es kommt bei
deren Anwendung zu einer vorhersehbaren Neubildung von Wurzelzement mit inserierenden Kollagenfasern und Alveolarknochen.
Klinische Anwendung. Eine
erfolgreiche Regeneration erfordert grundsätzlich die Instrumentierung (Entfernung von Toxinen)
der Wurzeloberfläche, eine Raumschaffung für die Regeneration,
Wundstabilität und eine primäre
Wundheilung durch spannungsfreien, kompletten Verschluss.
Faktoren. Bei der Auswahl des
Patienten sollte berücksichtigt
werden, dass Rauchen und eine
schlechte Mundhygiene das Ergebnis der regnerativen Parodontaltherapie negativ beeinflussen
kann.
Auch die Auswahl der Defekte
sollte kritisch erfolgen. So sollten
Defekte tiefer als drei Millimeter
intraossäre Komponente besitzen.
Das regenerative Potential steigt
zudem mit der Anzahl der Knochenwände, welche den Defekt
begrenzen. Auch der radiologische
Winkel zwischen Zahnachse und
Abb. 1
Abb. 2
Abb. 3
Abb. 4
Fotos:???
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Klinischer Fall 1. Der erste Fall ist
eine Regeneration mit Perio-Glass®
und Emdogain®. Abb. 1 ist das
Röntgenbild postoperativ. Es zeigt
einen vertikalen angulären Defekt
Regio 14 distal. Abb. 2 macht die
Situation intraoperativ deutlich: Bildung eines Mucoperiostlappen mit
Papilla-Preservation-Technik. Abb. 3
zeigt die Regeneration des Defektes
mit Perio-Glass® und Emdogain®.
Das Röntgenbild zeigt die Situation
vier Jahre postoperativ (Abb. 4).
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Fortbildung
Defektwand sollte berücksichtigt
werden. So zeigen schmale tiefe
Defekte (< 25 Grad) einen besser Attachmentgewinn als breite,
flache Defekte (> 37 Grad).
Schnittführung. Sie sollte so
ausgelegt sein, dass ein kompletter
Wundverschluss möglich ist. Hierzu sind Lappendesigns mit Erhalt
der interdentalen Papillen entwickelt worden.
Der modifizierte Papillenerhaltungslappen wird bei einer interdentalen Gewebebrücke von
mindestens zwei Millimeter angewendet. Man beginnt mit einer horizontalen Inzision auf der
Höhe der Papillenbasis. Diese Inzision wird intrasulkulär um die,
dem Defekt angrenzenden Zähne
fortgeführt. Nach der Präparation
eines Mukoperiostlappens – interdental unterminierend präpariert
mit einem Papillenelevator – wird
der bukkale Anteil der Papille nach
palatinal unter dem Kontaktpunkt
durchgeschoben. Zur Mobilisation
des Lappens können zwei vertikale Inzisionen sowie eine Periostschlitzung dienen.
Der vereinfachte Papillenerhaltungslappen ist bei eingeschränkter
Sicht oder einer schmalen interdentalen Gewebebrücke von kleiner als zwei Millimeter angezeigt.
Nach diagonaler Inzision von bukkaler Approximalfläche zur Approximalfläche des Nachbarzahnes
unterhalb des Kontaktpunktes erfolgt auch hier eine sulkäre Inzision um die benachbarten Zähne. Bei
der ersten Inzision ist zu beachten,
dass die Klinge des Skalpells parallel zur Zahnachse geführt wird
um ein Ausdünnen des Lappens
zu vermeiden. Auch hier kann der
Lappen durch zwei vertikale Inzisionen und/oder Periostschlitzung
mobilisiert werden.
Nahttechniken. Bei den Nahttechniken unterscheidet man zwischen Haltenähten und Verschlussnähten. Eine Haltenaht nimmt die
Spannung aus dem Lappen, um
einen spannungsfreien Verschluss
zu ermöglichen. Vorwiegend sollte
eine interdental gekreuzte horizontale Matratzennaht verwendet werden, wo der interdentale Anteil den
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Knochenwänden bzw. der Membran aufliegt. Bei den Verschlussnähten dient bei einem schmalen
Interdentalraum eine einfache Einzelknopfnaht als Verschluss, wobei
bei einem breiten Zwischenraum
zwei Einzelknopfnähte oder eine
Laurell-Naht zum Einsatz kommt.
Bei der modifizierten Laurell-Naht
handelt es sich um eine vertikale Matratzennaht, wobei man den
Faden vor dem Knoten durch die
Schlaufe zieht.
Abb. 5
Abb. 6
Abb. 7
Technik. Um einen besseren Erfolg der parodontalen Regeneration zu ermöglichen und eine bessere Wundstabilität zu erreichen
können die Papillenerhaltungslappen mit der minimal-invasiven
und mit Vergrösserungsoptiken
assoziierten
Minimal-invasive
chirurgische Technik (M.I.S.T.)
kombiniert werden. Diese Technik
wird vorwiegend bei parodontaler
Regeneration mit biologisch aktiven Agenzen wie Schmelz-Matrix-Proteinen verwendet.
Postoperatives Protokoll. Zum
Schutz vor Wundinfektionen oder
mechanischem Trauma umfasst
das post-operative Protokoll eine
Mundspülung mit 0,12-prozentigem Chlorhexidin zwei bis drei
Mal täglich für zwei bis Wochen.
Die systemische Gabe von Antibiotikum ist bei einer Regeneration
mit
Schmelz-Matrix-Proteinen
nicht indiziert; bei einer GTR sollte Azitromycin (Zitromax®) über
fünf Tage post-operativ verordnet
werden. Die mechanische Mundhygiene im operierten Bereich mit
Zahn- und Interdentalbürste sollte
für ein bis zwei Wochen post-operativ unterbleiben. Nach ein bis
zwei Wochen sollte der operierte
Bereich mit einer Super-SoftHandzahnbürste vorsichtig gereinigt werden. Nach ca. drei Wochen sollten Interdentalbürsten,
zunächst mit CHX–Gel verwendet
werden. Eine Reevaluation mit
erstmaligem Sondieren sollte nach
sechs Monaten erfolgen.
Dr. med. dent. Oliver Laugisch,
Prof. Dr. Dr. Anton Sculean,
Klinik für Parodontologie der
ZMK Bern
Abb. 8
Klinischer Fall 2. Der zweite Fall ist
eine Regeneration mit Emdogain®:
klinische Situation postoperativ,
vertikaler angulärer Defekt Regio
12 distal, Taschensondiertiefe elf
Millimeter (Abb. 5). Abb. 6 zeigt die
Situation intraoperativ mit Bildung
eines Mucoperiostlappens mit Papilla-Preservation-Technik. Es folgen
die Regeneration des Defektes mit
Emdogain® (Abb. 7) und die Naht
(Abb.8).
Literaturverzeichnis beim
Informationszentrum
Zahngesundheit
Baden-Württemberg
Tel: 0711/222966-14
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