20 Stationen der Gründungsroute 22 Gründungsroute Wegverlauf 23 21 weitere historische Plätze 2 37 38 15 3 1 36 11 19 4 5 12 16 20 17 18 8 35 7 14 9 13 6 10 11 20 10 16 17 19 9 7 12 8 6 25 30 31 24 5 3 2 29 4 26 1 32 34 Schottenfeldgasse 24: 1945-1960 Sitz der GBH Ebendorferstraße 7: Erste ÖGB-Zentrale (1945-1948) Nach Kriegsende wurde die Spielstätte von einem öffentlichen Verwalter geführt und ab 1948 von der Volkstheater Ges.m.b.H. (Geschäftsführer waren Gewerkschafter) gepachtet. ÖGB-Bildungssekretär Franz Senghofer (1904-1998) gründete 1948 die Volkstheatergemeinde, die allen Mitgliedern vergünstigte Kartenpreise bot. In den 1950er-Jahren fanden im Volkstheater mehrere gewerkschaftliche Kundgebungen zur Verbesserung der ArbeiterInnenrechte der Kunstschaffenden, WissenschafterInnen und PrivatlehrerInnen statt. 1954 gründeten AK-Präsident Karl Mantler und Franz Senghofer das „Volkstheater in den Außenbezirken“, um ArbeiterInnen das Theater in ihre Nachbarschaft zu bringen. Es existiert bis heute. In den 1980er-Jahren wurde das Theater renoviert, und seit 2000 gehört es einer Privatstiftung. Gedenktafel und Statue: Rudolf Beer (1885-1938) war von 1924 bis 1932 Direktor des Volkstheaters. Er wollte allen Zugang zum Theater ermöglichen, gründete eine Theatergemeinde und arbeitete eng mit der sozialdemokratischen Kunststelle zusammen. 1938 wurde er von den Nationalsozialisten verhaftet, schwer misshandelt und im Wienerwald aus dem Auto geworfen. Als er neuerlich verhaftet werden sollte, beging Beer Selbstmord. Ab 1921 zog auch die Reichskommission der freien (sozialdemokratischen) Gewerkschaften Österreichs (ab 1928 Bund der Freien Gewerkschaften) unter dem Vorsitz von Anton Hueber ein, ebenso der Reichsverein der Buchbinder und Papierarbeiter Österreichs. Ab 1929 leitete die langjährige Mitarbeiterin der Gewerkschaftskommission Anna Boschek (1874-1957) die von ihr erkämpfte Frauensektion, und die spätere erste Frauenvorsitzende des ÖGB Wilhelmine Moik (1894-1970) war ihre Mitarbeiterin. Mit Kriegsende 1945 wurde das Haus wieder Sitz der Arbeiterkammer und des Gewerkschaftsbundes. Am 30. April 1945 wurden hier der provisorische ÖGB-Bundesvorstand und die prov. Vorsitzenden gewählt: 1. Johann Böhm, 2. Gottlieb Fiala (1891-1970), 3. Lois Weinberger (1902-1961). 1948 übersiedelte der ÖGB in die Hohenstaufengasse. 1959 zog die AK aus, und die Gewerkschaft der Bau- und Holzarbeiter übernahm die Räumlichkeiten. Gedenktafel (1995): Die Gewerkschaft Bau-Holz ließ 1995 die Gedenktafel errichten, um die Zielsetzungen des ÖGB zu unterstreichen und den Funktionären für ihr rasches Eingreifen im Jahr 1950 zu danken. Initialen v. Käthe Leichter (Fassade 2006): Von der AK Wien zur Würdigung von Käthe Leichter angebracht. 33 27 28 10 Palais Auersperg Die 20 Stationen der Gründungsroute (Dauer ca. 2 Stunden) 4 Arbeiterlesezimmer Zieglergasse 18, 1070 Wien Hier wurde 1868 (erst seit 1867 legal) eines der ersten Arbeiterlesezimmer Wiens von einem Arbeiterverein eingerichtet. Arbeiter konnten in ihrer kargen Freizeit Zeitungen, Zeitschriften und Bücher lesen. Finanziert wurden die Lesezimmer auch von den Gewerkschaften durch Gartenfeste, Mitgliedsbeiträge und organisierte Spaziergänge. 5 Gewerkschaftshaus der Buchdrucker In Wien-Neubau fanden die Vorbereitungen für die Gründung des Österreichischen Gewerkschaftsbundes statt. 1 Westbahnhof Europaplatz 2, 1150 Wien Am 15. April 1945 fand im Direktionsgebäude des Westbahnhofs die Gründungsversammlung für den überparteilichen Österreichischen Gewerkschaftsbund statt. Der ehemalige Vorsitzende der Österreichischen Baugewerkschaft Johann Böhm (1886-1959) wurde von den sozialdemokratischen, kommunistischen und christlich-sozialen Gewerkschaftern zum Vorsitzenden vorgeschlagen. Mahnmal: „Für das Kind“ (1988/auf Ebene 0): Nach dem Novemberpogrom 1938 nahmen Familien in England 10.000 jüdische Kinder aus Österreich, Polen und der Tschechoslowakei auf. Viele von ihnen reisten vom Westbahnhof ab. Die Aktion endete mit dem Überfall Hitlers auf Polen im September 1939. Gedenktafel: „Niemals vergessen“ (1988/Ebene 1): Nach dem „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland im März 1938 begann in Österreich eine Verhaftungswelle. Am 1. April 1938 wurden 150 Österreicher vom Westbahnhof, zynischerweise auch als „Prominententransport“ bezeichnet, in das Konzentrationslager Dachau deportiert. Darunter waren der sozialdemokratische Politiker Robert Danneberg (1885-1942), der spätere Vorsitzende der Gewerkschaft der Bau- und Holzarbeiter, ÖGB-Präsident und Innenminister Franz Olah (1910-2009), der spätere Bundeskanzler Leopold Figl (1902-1965) und der ehemalige Vorsitzende der ständestaatlichen Einheitsgewerkschaft Johann Staud (18821939). Denkmal der Republik: v. l. n. r. Jakob Reumann, Victor Adler, Ferdinand Hanusch 18 14 15 13 2 Wohnung Josef Battisti Kenyongasse 3, 1070 Wien Die Gedenktafel (seit 2005) erinnert an die ersten Treffen der Gewerkschafter zwischen dem 11. und 14. April 1945. Noch während in Teilen Wiens gekämpft wurde, planten in der kleinen Wohnung des Baugewerkschafters Josef Battisti (1900-1990) bis zu 25 Gewerkschafter die Gründung des Österreichischen Gewerkschaftsbundes. Ein auf Vorschlag Johann Böhms gebildeter Ausschuss begann mit der Ausarbeitung der Statuten. 3 Haus der Bau- und Holzarbeiter Schottenfeldgasse 24, 1070 Wien Der Baugewerkschafter Josef Battisti brachte am 13. April 1945 an dem Gebäude das Schild an: „Dieses Haus ist Eigentum der Gewerkschaft der Bau- und Holzarbeiter und steht unter dem Schutz der österreichischen Widerstandsbewegung“. Kurz darauf zogen die Gewerkschafter wieder in ihr Haus, das ab 1929 Sitz der Baugewerkschaft Österreichs war und später von den Austrofaschisten und den Nationalsozialisten enteignet wurde. 1945 bis 1960 war es Zentrale der Gewerkschaft der Bau- und Holzarbeiter. Erster Vorsitzender 1945 war Johann Böhm, gefolgt von dem Wiener Bauarbeiter Franz Novy (1900-1949). Sein Nachfolger war Franz Olah, der von hier aus die Gegenmaßnahmen zum vom ÖGB nicht legitimierten und politisch mißbrauchten Oktoberstreik 1950 organisierte. Seidengasse 15-17, 1070 Wien 1873 zogen die Vorgängerorganisationen der heutigen Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPAdjp) hier ein. Um bei Lohnverhandlungen gemeinsam aufzutreten, wurde 1923 das „Graphische Zentralkartell“ gegründet, in dem sich die Organisationen der Bereiche Druck und Papier zusammenschlossen. In der Ersten Republik waren der Schriftsetzer und spätere Bundespräsident Franz Jonas (1899-1974) und der Schriftsetzer und spätere Generalsekretär des ÖGB Anton Proksch (1897-1975) in der Druckerjugend engagiert. Nach der Auflösung der Freien Gewerkschaften und dem Verbot der sozialdemokratischen Medien und Druckereien im Februar 1934 koordinierte der Journalist und spätere AK-Pressesprecher Otto Leichter (1897-1973) die Medienarbeit der illegalen Freien Gewerkschaften. 1938 übernahm die nationalsozialistische Deutsche Arbeitsfront das Gebäude und verkaufte es. Nach Kriegsende zog 1945 die Gewerkschaft Druck und Papier wieder ein, und kurz darauf erschien trotz Papiermangels das Gewerkschaftsblatt „Vorwärts“ wieder. Am Gebäude erinnert das Buchdruckerwappen an den ehemaligen Gewerkschaftssitz. 6 Treffpunkt der Bäcker Neubaugasse 64, 1070 Wien Eine der vielen Vorläuferorganisationen der heutigen Produktionsgewekschaft (PRO-GE), der Fachverein der Bäcker, traf sich hier ab 1895. Die Bäcker hatten bereits 1801 in Salzburg einen der ersten Streiks organisiert und gegen die staatlich befohlene Sonntagsarbeit protestiert. Es sollten noch viele Demonstrationen folgen, bis 1900 die ersten Kollektivverträge abgeschlossen wurden. 1919 schlossen sich mehrere Vereine zum Zentralverband der Lebens- und Genussmittelarbeiter zusammen. Dessen Sekretär Karl Mantler (1890- 1965) war nach dem Verbot der Gewerkschaften ab 1935 Obmann des illegalen Bundes der Freien Gewerkschaften. Mantler und andere illegale Gewerkschafter boten Bundeskanzler Kurt Schuschnigg (1899-1977) ohne Erfolg die Hilfe der illegalen Gewerkschaften im Kampf gegen die Nationalsozialisten an. Nach fast sechs Jahren Konzentrationslager wurde Mantler nach 1945 Vorsitzender der LebensmittelarbeiterInnen und Präsident der AK Wien. 7 Redaktionssitz „Die Gewerkschaft“ Neubaugasse 65, 1070 Wien Bereits vor dem ersten Gewerkschaftskongress 1893 wurde die Zeitschrift „Die Gewerkschaft“ gegründet. Hier war der erste Redaktionssitz. Die Publikation erschien bis 1922 und wurde 1923 in die bis heute erscheinende Zeitschrift „Arbeit & Wirtschaft“ umbenannt. Anton Hueber (1861-1935), ab 1895 Leitender Sekretär der Gewerkschaftskommission, und Franz Domes (1863-1930), Mitbegründer des Metallarbeiterverbandes und späterer Arbeiterkammerpräsident, waren maßgeblich an der Herausgabe des Mediums beteiligt. 8 Wohnung Karl Höger Burggasse 57, 1070 Wien Hier lebte der sozialdemokratische Gewerkschafter und „Vorwärts“-Redakteur Karl Höger (1847-1913). Er war Pionier der Druckerbewegung und der Arbeiter-Radfahrbewegung sowie Gründer des Arbeiterchors „Freie Typographia“. Höger trat für die Beschränkung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 60 Stunden ein und forderte, dass 16- bis 18-Jährige nur mehr acht Stunden am Tag arbeiten sollen. Diese Forderungen brachten ihm den Ruf ein, ein Sozialutopist zu sein. 9 Volkstheater Neustiftgasse 1, 1070 Wien Schriftsteller, Schauspieler und Industrielle gründeten 1887 den Verein „Deutsches Volkstheater“ mit dem Ziel, ein Theater abseits von „schlüpfriger Operettenkost“ und als Gegenpol zu den Staatstheatern für die „geistige Erholung“ der BürgerInnen zu errichten. 1889 wurde das Deutsche Volkstheater eröffnet. Ab 1895 führte man Donnerstags- und Sonntagnachmittagsvorstellungen speziell für ArbeiterInnen ein. Gleich nach dem Anschluss 1938 wurden alle jüdischen MitarbeiterInnen entlassen und das Gebäude von den Nationalsozialisten enteignet und in ein „Kraft durch Freude“-Theater umgewandelt. Auerspergstraße 1, 1080 Wien 1944/45 versteckten sich im Palais Auersperg die Widerstandskämpfer der O5-Bewegung. Sie planten Sabotageakte und verhandelten im April 1945 mit den Alliierten. In den Büros der Widerstandsbewegung O5 trafen sich bereits am 7. Mai 1945 die ersten Theaterschaffenden, um eine Bühnengewerkschaft zu errichten. 11 Landesgericht für Strafsachen Wien Landesgerichtsstraße 11, 1080 Wien Das Landesgericht („Landl“) ist seit 1839 Gerichtsgebäude. Am 14. Juli 1927 wurden hier die drei angeklagten rechten Frontkämpfer im Schattendorf-Prozess freigesprochen. Sie hatten im Jänner bei einer ArbeiterInnenkundgebung zwei Menschen erschossen. Die Empörung in Wien war groß, und am 15. Juli demonstrierten Tausende ArbeiterInnen gegen das „Schandurteil“. Einige drangen in den Justizpalast ein und legten Feuer. Die Prozesse der festgenommenen Demonstranten fanden hier statt. Während des austrofaschistischen Ständestaates (1934-1938) gab es hier zahlreiche Prozesse gegen GewerkschafterInnen. Bekannt wurde auch der sogenannte „Große Sozialistenprozess“ (1936) gegen 28 „illegale“ SozialistInnen und zwei Kommunisten. Unter ihnen waren der Sekretär der Jugendabteilung des Bundes Freier Gewerkschaften und spätere Generalsekretär des ÖGB Anton Proksch, der Vertrauensmann der Freien Eisenbahnergewerkschaft Franz Rauscher (1900-1988) und der spätere Bundeskanzler Bruno Kreisky (1911-1990). Zwischen dem 6. Dezember 1938 und dem 4. April 1945 exekutierten die Nationalsozialisten 1.184 Menschen, u. a. wurden im Juni 1942 zehn im Widerstand tätige Eisenbahner aus der Steiermark und Kärnten geköpft. Nach dem Erlass des Verbotsund des Kriegsverbrechergesetzes im Mai 1945 fanden hier die Prozesse gegen Nationalsozialisten statt. 12 Gewerkschafts- und Arbeiterkammerhaus Ebendorferstraße 7, 1010 Wien 1920 zog die neu gegründete Kammer für Arbeiter und Angestellte in das Gebäude ein. Ferdinand Hanusch (1866-1923) wurde 1921 Vorsitzender. Der ehemalige Sekretär der Union der Textilarbeiter Österreichs und Vorsitzende der Österreichischen Gewerkschaftskommission (ab 1903) war als Nationalrat maßgeblich an der Sozialgesetzgebung zwischen 1918 und 1920 beteiligt. Zwischen 1925 und 1934 leitete Käthe Leichter (1895-1942) hier das AK-Frauenreferat. 13 Rathaus Rathausplatz, 1010 Wien Bei den Gemeinderatswahlen 1900 errangen die Sozialdemokraten zwei Sitze mit dem späteren Bürgermeister Jakob Reumann (1853-1925) und dem sozialdemokratischen Arbeiterführer Franz Schuhmeier (1864-1913). Letzterer wurde 1913 vom Bruder des christlich-sozialen Gewerkschafters Leopold Kunschaks erschossen. In der Volkshalle des Rathauses fanden unzählige Versammlungen statt. 1897 beschlossen hier die Tramway-Bediensteten einen Streik, die Bank- und Sparkassenbeamten (1907), die Angestelltengewerkschaften (1909) und die Angestellten der Stadt Wien (1919) hielten Protestveranstaltungen ab. Sie war Ausgangspunkt von Demonstrationen und Ort von Kundgebungen, wie 1952 die der Bau- und Holzarbeiter gegen die „Kamitz-Sanierung“ (Sparprogramm der Regierung). Am Rathausplatz finden seit 1922 die 1.-Mai-Feiern statt, die in den 1920er-Jahren die Aufforderung für die Beibehaltung der sozialen Errungenschaften unterstrichen und in den 1930er-Jahren verstärkt gegen den Faschismus auftraten. Im Ständestaat und im Nationalsozialismus wurden die Feiern „umgedeutet“. Am 1. Mai 1945 gab es bereits eine „Befreiungsfeier“. 1948 fand hier die Abschlusskundgebung des ersten ÖGB-Bundeskongresses statt, 1950 feierte man das Ende des Oktoberstreiks, 1953 die Feier „60 Jahre Gründung der Gewerkschaftskommission“ und 1955 zum Abschluss des 4. Weltkongresses des Internationalen Bundes Freier Gewerkschaften wurde ein großes Festspiel aufgeführt. 16 Justizpalast Schmerlingplatz 10-11, 1010 Wien Einen Tag nach dem Freispruch der Arbeitermörder im Schattendorf-Prozess demonstrierten am 15. Juli 1927 ArbeiterInnen aus allen Bezirken. Die Polizei drängte die Protestierenden gegen das„Schandurteil“ in Richtung Justizpalast ab. Zu Mittag drangen die ersten Protestierenden in das Gebäude ein. Kurz darauf brannte es im Haus. Bei den Auseinandersetzungen starben 89 Demonstranten. 17 Grete Rehor Grete-Rehor-Park, 1010 Wien Die christlich-soziale Gewerkschafterin Grete Rehor (19101987) wurde von der ÖVP-Alleinregierung (1966-1970) als erste Frau zu einer Bundesministerin in Österreich ernannt. Rehor begann ihre gewerkschaftliche Arbeit 1927 als Sekretärin des Zentralverbandes der christlichen Textilarbeiter, war von 1928 bis 1938 das erste weibliche Mitglied im Jugendbeirat der AK Wien und beeinflusste die Aktionen „Jugend am Werk“ und „Jugend in Not“ maßgeblich. Nach dem Kriegsende 1945 war sie in der Gewerkschaft der Textil-, Bekleidungs- und Lederarbeiter tätig und ab April 1948 Bundesvorsitzende der Fachgruppe Weber. Zwischen 1949 und 1970 war sie Nationalratsabgeordnete. 1957 gründete sie das Frauenreferat des ÖAAB. 1970 zog sie sich aus der Politik zurück. 18 Parlament Dr.-Karl-Renner-Ring 3, 1010 Wien 1883 konnten die Abgeordneten des seit 1867 bestehenden Reichsrates von der Herrengasse in das heutige Parlament ziehen. Im November 1905 demonstrierten 200.000 Menschen für ein demokratisches, allgemeines und direktes Wahlrecht. Erst nachdem die Freien Gewerkschaften mit einem Generalstreik drohten, wurde 1907 das Allgemeine Wahlrecht, allerdings nur für Männer, beschlossen. Am 12. November 1918 wurde das Gebäude vom Reichsrat an die Provisorische Nationalversammlung übergeben. Nach der Einführung des Frauenwahlrechts war ab 1919 Anna Boschek eine der ersten sieben weiblichen Abgeordneten. Zwischen 1918 und 1920 konnten unter Gewerkschafter und Sozialminister Ferdinand Hanusch zahlreiche bis heute richtungsweisende Sozialgesetze verabschiedet werden: die Schaffung von Arbeitsämtern, der Acht-Stunden-Tag, Gesetz über die Errichtung von Betriebsräten, Arbeiterkammergesetz, Verbot der Kinderarbeit, u. v. m. 1933 streikten die Eisenbahner gegen die dreiteilige Auszahlung ihres Monatslohnes. Bei der Abstimmung im Parlament über diese strittige Frage legten alle drei Nationalratspräsidenten ihr Amt nieder. Dollfuß nutzte den Moment, verhinderte eine neuerliche Konstituierung und errichtete ein autoritäres Regime. Das Gebäude wurde bis 1945 nicht mehr für parlamentarische Zwecke genutzt. Zwischen 1938 und 1945 wurden zahlreiche Abgeordnete und Bundesräte der Ersten Republik von den Nationalsozialisten inhaftiert und ermordet. Unter ihnen waren der Organisator der Gewerkschaftsjugend und sozialdemokratische Politiker Robert Danneberg (1885-1942/KZ Auschwitz), der Funktionär der öffentlichen Bediensteten Oskar Janicki (1883-1945/KZ Dachau), der Metallgewerkschafter Paul Johannes Schlesinger (1874-1945/KZ Groß-Rosen), der Gewerkschaftsjournalist Viktor Stein (1876-1940/KZ Sachsenhausen) und der Postgewerkschafter Karl Knapp (1884-1944/ KZ Dachau). Ab April 1945 war es wieder Ort demokratischer Entscheidungen. Seither haben unzählige GewerkschafterInnen als Nationalratsabgeordnete die soziale Gesetzgebung in Österreich mitbestimmt: vom Urlaubsgesetz über die Sozialversicherungs- und Arbeitsrechtsgesetze bis hin zur Mindestsicherung. Gedenktafel (1988/Rampe oben/rechts vom Haupteingang): Den Opfern nationalsozialistischer Verfolgung und den Abgeordneten und Bundesräten der Republik Österreich gewidmet. Palais Epstein 19 Dr.-Karl-Renner-Ring 1, 1010 Wien Im Palais Epstein genehmigte am 30. April 1945 die sowjetische Militärkommandantur die Gründung des Österreichischen Gewerkschaftsbundes. Gedenktafel (1993/Ecke Schmerlingplatz/Karl-Renner-Ring) zur Erinnerung an den Sitz der sowjetischen Militärkommandantur für Wien von 1945 bis 1955. 20 Denkmal der Republik Dr.-Karl-Renner-Ring zw. 1 + 3, 1010 Wien Das 1928 errichtete Denkmal erinnert an die Ausrufung der Ersten Republik 1918 und an drei ihrer wichtigsten Akteure: den Bürgermeister Jakob Reumann (1853-1925), den Mitbegründer der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Victor Adler (1852-1918) und den Vorkämpfer der Sozialgesetzgebung Ferdinand Hanusch (1866-1923). 14 Gedenktafel Wallisch und Kanitz Reichsratsstraße 2, 1010 Wien Der Gewerkschafter und sozialdemokratische Arbeiterführer Koloman Wallisch (1889-1934) wurde nach dem Bürgerkrieg 1934 von den Austrofaschisten am 19. Februar 1934 in Leoben hingerichtet. Der Erziehungsreformer Otto Felix Kanitz (18941940) wurde von den Nationalsozialisten 1940 in Auschwitz ermordet. 15 Ehemaliges Café Brauner Reichsratsstraße 3, 1010 Wien Im ehemaligen Gasthaus „Brauner“ trafen sich bis 1903 die Mitglieder von Fachvereinen, die vielfach Vorläufer der heutigen Gewerkschaften waren: von den Schmieden, MusikerInnen über Versicherungsangestellten und Schwerfuhrwerkern bis hin zu den Selcher- und Fleischergehilfen. Die ersten provisorischen Vorsitzenden des ÖGB: Lois Weinberger, Johann Böhm, Gottlieb Fiala (v. l. n. r. ) Links: die ÖGB-Gründungsurkunde 18 Arbeiterbank 1 Fachbuchhandlung des ÖGB-Verlags Praterstraße 8, 1020 Wien 1922 wurde die Arbeiterbank-AG mit Sitz in der Praterstraße 8 gegründet. Im Verwaltungsrat saßen der Vorstand der Konsumvereine, Vertreter der Gewerkschaften, Genossenschaften und der Sozialdemokraten. Ziel war, das von Arbeitern gesparte Geld ausschließlich zu ihren Gunsten zu verwalten. 1934 wurde die Arbeiterbank geschlossen, 1947 wieder eröffnet. 1963 wurde der Name auf„Bank für Arbeit und Wirtschaft“ geändert, und 2007 wurde sie an den US-Fonds Cerberus verkauft. Rathausstraße 21, 1010 Wien Seit 2007 hat die Fachbuchhandlung des ÖGB-Verlags hier ihren Standort. Sie ist auf die Themenbereiche Arbeit, Recht und Soziales spezialisiert. Der ÖGB-Verlag wurde im September 1947 in der ÖGB-Zentrale in der Ebendorferstraße 7 (s. Gründungsroute) ins Leben gerufen und ist bis heute für Publikationen der Gewerkschafts- und Betriebsarbeit zuständig. 2 Ehemaliges Gewerkschaftshaus der GPA Deutschmeisterplatz 2, 1010 Wien 1913 wurden hier die Büros des Vereins der Versicherungsangestellten eingerichtet, die bis 1934 ihre eigene freigewerkschaftliche Organisation hatten. Ab 1907 kooperierten die Organisationen der Bank- und Sparkassenbeamten, der Bund der technischen Beamten, der Bund der Industrieangestellten und der Reichsverein der sozialen Versicherungs- und Verwaltungsdienste als „Ständige Delegation“ und waren im Bund der Freien Gewerkschaften vertreten. Während der Illegalität im Austrofaschismus (1934-1938) organisierten sie sich in der „Freien Angestelltengewerkschaft“. Nur der Zentralverband der christlichen Angestellten schloss sich der „Einheitsgewerkschaft“ an. 1945 entstand aus der Vereinigung aller Angestelltenorganisationen die spätere Gewerkschaft der Privatangestellten. 2007 fusionierte sie mit der Gewerkschaft Druck, Journalismus, Papier zur GPA-djp. Von 1945 bis 2005 befand sich die Zentrale der GPA am Deutschmeisterplatz. 3 Gründung der Eisenbahnergewerkschaft Hohenstaufengasse 17, 1010 Wien Im ehemaligen Gasthaus Hitzelsberger wurde der Fach- und Unterstützungsverein der Verkehrsbediensteten Österreichs gegründet. Da sich Staatsbedienstete nicht gewerkschaftlich organisieren durften, lösten die Behörden den Verein wieder auf. Später entstand die Eisenbahnergewerkschaft. 4 ÖGB-Zentrale 1945 bis 2006 Hohenstaufengasse 10-12, 1010 Wien Vor dem Ersten Weltkrieg und in der Ersten Republik befand sich im Gebäudekomplex Hohenstaufengasse 10-12 das Lokal des Reichsvereins der Bank- und Sparkassenbeamten. Ab 1928 hatte hier der freigewerkschaftliche Reichsverband der Gemeindeangestellten seinen Sitz. Im Zweiten Weltkrieg wurden die Gebäude zerbombt, später wurde ein Neubau errichtet. 1948 richtete der ÖGB hier bis 2006 seine Zentrale ein. GEWERKSCHAFTLICHER STADTRUNDGANG 5 Käthe-Leichter-Elternhaus GEWERKSCHAFTLICHER STADTRUNDGANG Die Gründungsroute des ÖGB Stadtspaziergänge haben sich einen fixen Platz in der öffentlichen Erinnerungskultur erobert. Was es bisher nicht gab, ist ein spezieller Rundgang zur Geschichte des ÖGB. Zum Anlass des Jubiläums „70 Jahre ÖGB“ wurde als Pilotprojekt eine Gründungsroute konzipiert. Diese erschließt im Spazierengehen die Gründungstage des ÖGB im April 1945, sowie Wirkungsstätten und Ereignisse gewerkschaftlichen Engagements und der ArbeiterInnenbewegung von den Anfangszeiten bis in die Gegenwart. Ausgangspunkt ist der Westbahnhof, Schauplatz der ÖGB-Gründungsversammlung. Nächste Station ist das ehemalige Wohnhaus des Baugewerkschafters Josef Battisti. Danach geht es weiter in die erste ÖGB-Zentrale in der Ebendorferstraße, und den Abschluss bildet das Denkmal der Republik neben dem Parlament. Zusätzlich sind auf der Stadtkarte viele weitere Erinnerungsorte eingezeichnet. Mehr Informationen zu den Stationen gibt es auf der Webseite: www.voegb.at Impressum: Herausgeber: ÖGB-Kommunikation, VÖGB, 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1; Medieninhaber und Hersteller: Verlag des ÖGB GmbH, 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1; Redaktion: Marliese Mendel, Peter Autengruber, Friederike Scherr, Marcus Strohmeier, Alexa Jirez, Sabine Letz; Stadtplan: www.basemap.at (Open Government); Fotos: Thomas Reimer, ÖGB-Archiv; Layout: Stephanie Guberner Wien 2015 Rudolfsplatz 12, 1010 Wien Die sozialistische Gewerkschafterin Käthe Leichter (18951942), die erste Frau in Österreich, die zur Doktorin der Staatswissenschaften promovierte, war von 1925 bis 1934 Leiterin des von ihr geschaffenen AK-Frauenreferats und organisierte Betriebsrats- und FunktionärInnenschulungen. Nach den Februarkämpfen 1934 war sie Mitbegründerin der Revolutionären Sozialisten, leitete in der illegalen Organisation zuerst das politische Bildungswesen und dann den Nachrichtendienst. Ihr Haus war der Treffpunkt von vielen FunktionärInnen. 1938 wurde Leichter von der Gestapo verhaftet – 1942 wurde sie gemeinsam mit ca. 1.500 Frauen von den Nazis vergast. 6 Verein d. christlichen Haushaltsgehilfinnen Steindlgasse 6, 1010 Wien Im „Stanislaushaus“ war der Sitz des von Johanna Weiß gegründeten Verbandes der christlichen Haushaltsgehilfinnen. Neben einer Stellenvermittlung, einer Krankenkasse und einem Altersheim wurden Haushaltsgehilfinnen kostenlos bei rechtlichen Fragen beraten. 7 Feuerwehrwache Am Hof 10, 1010 Wien Die Berufsfeuerwehr der Stadt Wien hatte schon in der Ersten Republik eine starke Gewerkschaft. Während der Februarkämpfe 1934 stand die Wachmannschaft der Feuerwache Floridsdorf, angeführt von Georg Weissel, auf Seite des Republikanischen Schutzbundes. Ein Denkmal an der Feuerwehrzentrale Am Hof erinnert an Weissel und fünf Feuerwehrmänner, die wegen antifaschistischen Widerstands hingerichtet wurden. 8 Schuhknechtrevolte Freyung, 1010 Wien 1721/22 revoltierten hier die Schuhknechte: Sie forderten mehr Rechte, die Abschaffung des Arbeitsbuches und Mitspracherecht in den Betrieben. Die Revolte wurde niedergeschlagen, ein Versammlungsverbot erlassen, zwei Schustergesellen zum Tode verurteilt und zur Abschreckung öffentlich gehenkt. 9 Gewerkschaft HTV und GÖD Teinfaltstraße 7, 1010 Wien Seit 1948 hat die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (vormals „öffentliche Angestellte“) hier ihren Sitz. Auch die Gewerk- 19 Julius-Bermann-Hof Zirkusgasse 3, 1020 Wien Der Gewerkschaftspionier Julius Bermann (1868-1943) war Gründungsmitglied des 1892 gegründeten „Vereins der kaufmännischen Angestellten“ (s. Nr. 13). 1940 wurde er von dieser Adresse aus ins KZ Theresienstadt deportiert, wo er 1943 starb. 20 Arbeiterschule schaft Handel, Transport und Verkehr (HTV), die heute Teil der vida ist, hatte hier ihre Adresse. 10 Beginn der 1848-Revolution Herrengasse 13, 1010 Wien Vor dem Niederösterreichischen Landhaus versammelten sich im März 1848 BürgerInnen, Studenten und ArbeiterInnen, um Rede- und Pressefreiheit, eine Verfassung und die Installierung einer allgemeinen Volksversammlung zu fordern. In der Herrengasse wurden zahlreiche Demonstranten von der Armee erschossen. Bis zur Niederschlagung der Revolution im Oktober 1848 wurde u.a. der Allgemeine Arbeiterverein gegründet, und es galt die Pressefreiheit. 11 Erste ArbeiterInnendemonstration Hofburg, 1010 Wien Zeugmachergesellen und TextilarbeiterInnen hatten 1792 Kaiser Franz Petitionen mit Forderungen nach Verbesserung ihrer Arbeitsverhältnisse übergeben. Doch aus der Hofburg kam keine Antwort. Also organisierten die Betroffenen hier Wiens wahrscheinlich erste ArbeiterInnendemonstration. 12 Ferdinand Hanusch Hanuschgasse , 1010 Wien Die Hanuschgasse ist nach dem Gewerkschafter und Sozialdemokraten Ferdinand Hanusch (s. Gründungsroute Nr. 18) benannt. An dieser Stelle befand sich früher der Sitz des Sozialministeriums. 13 Hotel Post Fleischmarkt 24, 1010 Wien Eine Gedenktafel erinnert an die Gründung des „Vereins der kaufmännischen Angestellten“ im Jahr 1892. Der Verein gilt als Vorläuferorganisation der Gewerkschaft der Privatangestellten. Bis zur Übernahme des Hauses war das Hotel ein beliebter Treffpunkt der freigewerkschaftlichen Gruppen im Handel. 14 Treffen illegaler GewerkschafterInnen Schwedenplatz 3, 1010 Wien Nach dem Ende des Bürgerkriegs 1934 wurden die Freien Gewerkschaften verboten. Gleich darauf bauten die in die Illegalität gedrängten GewerkschafterInnen neue Strukturen auf, zentral dabei war das „Siebenerkomitee“. Funktionäre trafen sich im Mai 1934 im ehemaligen Café Siller zu ihrer ersten Sitzung. 15 Karl-Pick-Hof Obere Donaustraße 83, 1020 Wien Karl Pick (1867-1938) war Obmann des „Vereins der Angestellten“. Er kämpfte erfolgreich für die Arbeitszeitverkürzung der Handelsangestellten, war Mitbegründer des Sanatoriums der Wiener Kaufmannschaft, verhandelte als Nationalrat über Kündigungsschutz und Urlaubsregelungen und gilt als einer der Väter des Mietrechts. (Gedenktafel/Hollandsstraße 1A) 16 Georg-Emmerling-Hof Obere Donaustraße 97-99, 1020 Wien Der Kunstdrechsler Georg Emmerling (1870-1948) war schon früh Mitglied des „Lese- und Fachvereins der Drechsler“. Er arbeitete für die Arbeiterzeitung, war Gemeinderat und überwachte die Elektrifizierung der Stadtbahn. 17 Depot der Revolutionären Sozialisten Taborstraße 1, 1020 Wien Otto Skritek (1909-1998) mietete hier ein Lokal, das 1935/36 als Depot der Revolutionären Sozialisten benutzt wurde. Er arbeitete als illegaler Gewerkschafter bis 1938. 1939 wurde er verhaftet und 1940 ins KZ Dachau deportiert. 1944 musste er in eine Strafkompanie einrücken und geriet in russische Kriegsgefangenschaft. Nach 1945 wurde er Leitender Sekretär der Sektion Handel der Gewerkschaft der Privatangestellten. Praterstraße 32, 1020 Wien In der Privathandelsschule Porges wurde seit 1865 unterrichtet. 1867 begann die Zusammenarbeit mit dem 1867 gegründeten Arbeiterbildungsverein Gumpendorf. Die erste Arbeiterschule entstand, in der man Lesen, Schreiben und Rechnen lernen konnte. 21 Rosa Jochmann Rosa-Jochmann-Park, 1020 Wien Rosa Jochmann (1901-1994) war Gewerkschafterin, Widerstandskämpferin und Nationalratsabgeordnete. Seit ihrer Jugendzeit setzte sie sich für ArbeiterInnenrechte ein. Im Austrofaschismus wurde sie wegen ihrer illegalen Gewerkschafts- und Parteiarbeit verhaftet und verurteilt. Nach dem „Anschluss“ 1938 wurde sie ins KZ Ravensbrück deportiert. Sie überlebte, wurde nach 1945 Nationalratsabgeordnete, SPÖ-Frauenvorsitzende und Vorsitzende der antifaschistischen Freiheitskämpfer. Zudem vermittelte sie als Zeitzeugin in unzähligen Veranstaltungen ihre Erlebnisse und ihr Lebensmotto: „Nie zusehen, wenn Unrecht geschieht“ (siehe auch Nr. 33). 22 Berufsförderungsinstitut Holzhausergasse 4, 1020 Wien Der ÖGB und die Arbeiterkammer gründeten 1959 das Berufsförderungsinstitut (bfi). Bis heute werden zahlreiche Aus- und Weiterbildungskurse angeboten. Ab 1960 wurden die ersten Landesstellen in den Bundesländern eröffnet. 23 Praterschlacht Praterstern, 1020 Wien Im März 1848 begann die Revolution in Wien. ArbeiterInnen, Studenten und BürgerInnen kämpften gemeinsam für Redeund Pressefreiheit, eine Verfassung und das Wahlrecht. Im August 1848 beschloss die Regierung eine Reduzierung der Löhne für ErdarbeiterInnen. Die ArbeiterInnen organisierten eine Demonstration. Am Praterstern wurden sie vom Militär und der Stadtwache zuerst verbal und dann mit Waffen angegriffen. 18 Menschen starben. Die gewaltsame Niederschlagung des Protestes führte aber auch zur Gründung des „Ersten Wiener Demokratischen Frauenvereins“. 24 Konzerthaus Lothringerstraße 20, 1030 Wien Das Konzerthaus war im Zweiten Weltkrieg nicht zerstört worden und bot deshalb genügend Raum für große Veranstaltungen: 1945 konstituierte sich hier die Arbeiterkammer, und 1948 fand hier der erste ÖGB-Bundeskongress statt. 27 Arbeiterkammer 28 Metaller & Anton Benya Plößlgasse 15, 1040 Wien Hier befand sich von 1963 bis 2010 der Sitz der Gewerkschaft der Metall- und Bergarbeiter, bzw. der PRO-GE, die aus der Fusion mit den Gewerkschaften Textil-Bekleidung-Leder (TBL), Agrar-Nahrung-Genuss (ANG) und der Chemiearbeiter (GdCh) entstanden ist. Gleich dahinter liegt der Anton-Benya-Park. Er wurde von AK Wien und ÖGB gestiftet und 1990 eröffnet. Anton Benya (1912-2001) war bald nach Kriegsende im Vorstand der Gewerkschaft Metall-Bergbau-Energie und von 1962-1977 deren Vorsitzender. Ab 1948 war Benya auch Sekretär im ÖGB, wurde 1959 Vizepräsident und schließlich von 1963 bis 1987 Präsident des ÖGB. 29 Haus der gastgewerblichen Arbeiterschaft Operngasse 9/Treitlgasse 1, 1040 Wien 1930 legte die Gewerkschaft der gastgewerblichen Arbeiterschaft den Grundstein zum Bau des Hauses, die Urkunde ist im Fundament eingemauert. 30 Verband „Einigkeit“ Rahlgasse 2, 1060 Wien 1902 wurde der „Verein der Heimarbeiterinnen und aller im Hause beschäftigten Frauen und Mädchen“ gegründet; 1911 schloss er sich mit dem „Verbund der weiblichen und männlichen Hausangestellten Österreichs - Einigkeit“ zusammen. In der Vereinszeitung berichteten sie über ihre Aufgaben wie Stellenvermittlung, Weiterbildung und Unterstützung in rechtlichen Angelegenheiten und auch über ihre Forderungen wie Kranken-, Alters- und Unfallversicherung für die Angestellten und eine achtstündige Nachtruhe. Es war jedoch für die engagierten Frauen Anna Boschek, Gisela Laferl (1884-1968) und Antonie Alt (1884-1963) schwer, Mitglieder zu finden, zu häufig wechselten die ArbeiterInnen ihre Stellen und somit ihre Wohnsitze. Die rechtliche Stellung der Dienstmädchen konnte mit Einführung des Hausgehilfengesetzes 1920 etwas verbessert werden. Relief am Georg-Emmerling-Hof (Nummer 16) 33 Haus der Zentralvereine Königseggasse 10, Loquaiplatz 9, Otto-Bauer-Gasse 9, 1060 Wien Im Haus Königseggasse 10 hatten in der Zeit der Monarchie bis in die Erste Republik mehrere Zentralvereine ihren Sitz Drechsler, Friseure, ScheiderInnen, Zimmerer oder Kürschner. Die Gewerkschaft der Land- und Forstarbeiter bezog 1928 das Haus Loquaiplatz 9. Der Gebäudekomplex beherbergte auch nach 1945 die Land- und Forstarbeiter und die Gewerkschaft Textil-Bekleidung-Leder wie auch die Gewerkschaft der Arbeiter der persönlichen Dienstleistungen und der Vergnügungsbetriebe mit der Adresse Otto-Bauer-Gasse 9. Die Gasse ist nach dem führenden Theoretiker des „Austromarxismus“ und sozialdemokratischen Politiker Otto Bauer (1881-1938) benannt. 31 Johanna-Dohnal-Platz Rahlgasse Ecke Gumpendorfer Straße, 1060 Wien Der 2012 nach Johanna Dohnal (1939-2010) benannte Platz erinnert an eine bedeutende Vorkämpferin für Frauenrechte. Sie wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf, lernte Industriekauffrau und wurde selbst Mutter von zwei Kindern. 1972 wurde sie in den Wiener Gemeinderat gewählt, und 1978 eröffnete sie das auf ihre Initiative hin errichtete erste Frauenhaus. 1979 wurde sie Staatssekretärin für Frauenfragen und von 1990 bis 1995 Österreichs erste Frauenministerin. Sie erreichte einen verbesserten Schutz für Frauen vor Gewalt, die Durchsetzung der Frauenförderung und mit der Familienrechtsreform 1975 die Abschaffung der Vormundschaft des Ehemannes. 32 Victor Adler Gumpendorfer Straße 54, 1060 Wien 25 Erster Allgemeiner Arbeiterverein Beatrixgasse 19A, 1030 Wien Während der Revolution 1848 war es kurzzeitig möglich, Vereine zu gründen. Der Buchbindergeselle Friedrich Sandner war Initiator des im Juni 1848 im Gasthof Fürstenhof gegründeten „Ersten Allgemeinen Arbeitervereins“. Seine Grundforderung lautete: „Wir verlangen Bildung! Bildung als einzige Quelle von Freiheit!“ Auf Einladung von Sandner referierte Karl Marx in Wien über die sozialen Verhältnisse in Europa. Mit der Niederschlagung der Revolution wurde der Verein aufgelöst. 26 Robert Danneberg Dannebergplatz, 1030 Wien Robert Danneberg (1885-1942) war Organisator der Gewerkschaftsjugend, sozialdemokratischer Politiker (Finanzstadtrat), Gründungssekretär der Sozialistischen Bildungszentrale, Mitautor der Wiener Stadtverfassung und Planer der Wiener Wohnbauprogramme. Die Flucht vor den Nationalsozialisten misslang ihm. Er wurde am 1. April 1938 im sogenannten„Prominententransport“ ins Konzentrationslager Dachau deportiert und 1942 im KZ Auschwitz ermordet. Der Platz wurde 1949 nach ihm benannt. Zur Gründungsroute bitte wenden Prinz-Eugen-Straße 22, 1040 Wien Auf Betreiben der Freien Gewerkschaften wurden 1920 die Arbeiterkammern gegründet. Nach den Februarkämpfen 1934 bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten 1938 waren sie der austrofaschistischen Regierung unterstellt. 1945 wurden die Arbeiterkammern wieder eingerichtet. Seit 1957 ist die AK Teil der Sozialpartnerschaft. In den 1970er-Jahren erweiterte sich das Betätigungsfeld auf Umwelt-, Kommunal-, Wohnungspolitik und Konsumentenschutz. Seit 1992 gibt es kostenlose Rechtsberatung für ArbeitnehmerInnen. Anna Boschek engagierte sich besonders dafür, dass sich Frauen gewerkschaftlich organisierten (siehe Nummer 30). 34 Gewerkschaft der Chemiearbeiter Stumpergasse 60, 1060 Wien Bis 1904 hatten sich viele Fachvereine, von SeifensiederInnen über GlasarbeiterInnen bis hin zu TonwarenarbeiterInnen zum „Verband der Arbeiterschaft der Papier-, chemischen und Gummiindustrie“ zusammengeschlossen. 1910 konnten sie beim 1. Verbandstag des freigewerkschaftlichen „Verbandes der Arbeiterschaft der chemischen Industrie“ bereits berichten, dass 38 Verträge mit höheren Löhnen und kürzerer Arbeitszeit abgeschlossen wurden. Der Verband prangerte vor allem die Gefahren giftiger Gase bei der Produktion und den fehlenden Unfallschutz der ArbeiterInnen an. Zwischen 1922 und 1924 kam es zu mehreren Streiks, um Kollektivverträge durchzusetzen. Von 1926 bis 1931 war Rosa Jochmann (siehe Nr. 21) Sekretärin im Verband der chemischen Arbeiterschaft Wien. 1930 zog die Gewerkschaftszentrale in die Stumpergasse. 1945 organisierte sich die Gewerkschaft der Chemiearbeiter neu, seit 2009 gehört sie zur PRO-GE. 35 Gewerkschaft der Lebens- und Genussmittelarbeiter Albertgasse 35, 1080 Wien Aus unzähligen Vereinen und Fachverbänden wie den Fleischhauern, Zuckerbäckern, Brauereiarbeitern, Fassbindern und Salinenarbeitern entstand 1918 der „Zentralverband der Lebensund Genußmittelarbeiter Österreichs“; seit 1945 Gewerkschaft der Lebens- und Genussmittelarbeiter (LUGA). 1928 zog die LUGA in die Albertgasse und blieb bis zum Jahr 2006 dort. 36 Christliche Gewerkschaften Laudongasse 16, 1080 Wien Die Wurzeln der christlichen Gewerkschaften liegen in christlichen Arbeitervereinen: 1892 gründete der Sattlergehilfe Leopold Kunschak (1871-1953) den christlich-sozialen Arbeiterverein. Die christlichen Gewerkschaften orientierten sich an der 1891 von Papst Leo XIII. erlassenen Enzyklika „Rerum Novarum“, welche die Versöhnung der Klassen als Maßnahme gegen die sozialen Missstände vorschlug. Der Klassenkampf wurde abgelehnt.1909 wurden die Vereine in der „Zentralkommission der Christlichen Gewerkschaften Österreichs“ zusammengeschlossen. Das „Linzer Programm der christlichen Arbeiter“ (1923) formulierte als Ziel eine christliche Ausrichtung der Gesellschaft und der Wirtschaft. 1926 zogen die Christlichen Gewerkschaften in das Haus Laudongasse ein. 1934 gingen sie eine „loyale Opposition“ zum Austrofaschismus ein. 1945 beschlossen die Funktionäre der Christlichen Gewerkschaften die Zusammenarbeit mit den Freien Gewerkschaften. Der Widerstandskämpfer und Gründer des ÖAAB, Lois Weinberger, zählte zu den Gründungsmitgliedern des ÖGB. Der ÖAAB hat noch heute seinen Sitz in der Laudongasse im nach dem christlich-sozialen Gewerkschafter Johann Gassner benannten Haus. Im Hof finden sich Gedenktafeln für zahlreiche christlich-soziale Gewerkschafter. 37 Streik der Elektrizitätsmitarbeiter Mariannengasse 4, 1090 Wien Die Mitarbeiter der Elektrizitätswerke gaben zweimal den Startschuss zu Streiks. Das erste Mal, nach der Verkündung des „Schandurteils von Schattendorf“, drehten sie am 15. Juli 1927 den Strom ab und setzten damit das Zeichen zum Beginn der Demonstration, die zum Justizpalastbrand führte, und das zweite Mal am 12. Februar 1934, als die Februarkämpfe begannen. 38 Haus der GdG-KMSfB Maria-Theresien-Straße 11, 1090 Wien Die Errichtung einer eigenen Gewerkschaft für die Gemeindebediensteten (GdG) war in der ÖGB-Gründungsphase umstritten. Erst nach einer Demonstration der ArbeiterInnen städtischer Großunternehmen stimmte Ende Mai 1945 die ÖGB-Spitze der Errichtung einer eigenen Gewerkschaft zu. Anfang der 50er-Jahre bezog die Gewerkschaft dann ihr Haus. 2009 fusionierte sie mit der Gewerkschaft Kunst, Medien, Sport, freie Berufe (KMSfB), die 1945 als „Angestellte der freien Berufe“ begründet wurde. Die verschiedenen Berufe waren in Sektionen vertreten - MusikerInnen, BühnenarbeiterInnen, ArtistInnen etc. Später kamen noch die ZahntechnikerInnen, PrivatlehrerInnen und Fußballtrainer dazu. Die Hanuschgasse erinnert an den bedeutenden Gewerkschafter und Sozialreformer Ferdinand Hanusch. Die Gedenktafel erinnert an den Arzt, Zeitungsgründer, Einiger der österreichischen ArbeiterInnenbewegung und Mitbegründer der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Victor Adler (1853-1918). Er starb einen Tag vor der Proklamation der demokratischen Republik Deutsch-Österreich.
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