E d i to r i a l E ditorial E d i to r i a l E ditorial E d i to r i a l E ditorial E ditorial E ditorial Programm – Mai / Juni Spurenlesen Neues und Bewährtes aus Europa und Schleswig-Holstein Der Frühsommer ist im Literaturhaus traditionell eine Zeit für Entdeckungslustige. Wieder sind aus der europäischen Literatur neue Stimmen kennenzulernen. Zum Einen beim »Europäischen Festival des Debütromans«, das im dreizehnten Jahr Autoren aus zehn Ländern nach Kiel führt, zum Anderen beim Projekt »leggìIO«, das in seinem fünften Jahr den italienischen Autor Luca Giordano präsentiert. Die neue deutschsprachige Literatur wird, abgesehen von den Festivalautoren aus Deutschland, Österrreich und der Schweiz, vertreten durch zwei Stimmen in der LeseLounge, Jens Eisel und Rike Scheffler, und durch zwei schleswig-holsteinische Autoren, Tobias Sommer und Michael Engler. Nicht minder vielfältig ist die Reihe der bereits renommierteren literarischen Gäste vom ehemaligen Liliencron-Dozenten und Hebbelpreisträger Dirk von Petersdorff mit seinem neuen Lyrikband »Sirenenpop« und dem frisch mit diesem Preis ausgezeichneten Christopher Ecker über die deutsch-jüdische Autorin Gila Lustiger und den dänischen Bestsellerautor Carsten Jensen, deren Romane nach Paris bzw. in die Südsee entführen, bis zur deutsch-japanischen Autorin Yoko Tawada, die drei Generationen migrierter Eisbären zu Wort kommen lässt. ¬ So bietet das frühsommerliche Programm, floristisch gesprochen, einen bunten Strauß von Gedichten, Geschichten und Romanen, gebunden auch mit einer Vielfalt sprachlicher Klänge, die vom Norwegischen bis zum Italienischen und vom Polnischen bis zum Walisischen reicht. ¬ Wir laden Sie ein, diesen bunten Strauß mit uns zu hören. Ihr Literaturhaus-Team Gila Lustiger Carsten Jensen Yoko Tawada Im neuen Roman »Die Schuld der anderen« von Gila Lustiger recherchiert der Journalist Marc Rappaport im 30 Jahre alten Mordfall Emilie Thevenin. Er folgt den Spuren des Opfers bis in die Industriekleinstadt Charfeuil. Dort arbeitet ein Futtermittel-Konzern mit krebserregenden Stoffen, an denen zahlreiche Arbeiter erkrankt oder gestorben sind. Rappaport stößt auf ein Geflecht von Korruption und Vertuschung, das bis in die höchsten Kreise der französischen Gesellschaft reicht. Gila Lustiger rollt einen wahren Wirtschaftsskandal Frankreichs der 80er Jahre auf. Was als klassische Ermittlungsgeschichte beginnt, entpuppt sich als souverän erzählter Gesellschaftsroman. ¬ Gila Lustiger, Tochter des deutsch-jüdischen Historikers Arno Lustiger, stand mit ihrem Roman »So sind wir« 2005 auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises. Seit 1987 lebt sie als freie Autorin in Paris. ( 0 7 . 0 5 ) ¬ Carsten Jensen, dänischer Romancier, der mit »Wir Ertrunkenen« und »Rasmussens letzte Reise« auch in Deutschland Erfolge feierte, Professor für Kulturanalyse an der Süddänischen Universität und als streitbarer gesellschaftspolitischer Publizist und Essayist vielfach ausgezeichnet, spricht im Literaturhaus mit Kathrin Fischer, langjährige Moderatorin und Redakteurin beim Hessischen Rundfunk und jetzt Pressereferentin der Universität Flensburg, über sein literarisches Werk und seine Positionen zu Fragen der deutsch-dänischen Geschichte. Im Mittelpunkt wird der Roman »Wir Ertrun- kenen« stehen, aus dem auch deutsche Passagen von Nils Aulike gelesen werden. Der Roman erzählt von Menschen, deren Leben vom Meer bestimmt ist, und setzt im Jahr 1848 ein, als der Seemann Laurids Madsen aus Marstal in den Himmel fliegt und unversehrt wieder zur Erde zurückkehrt. Seither ist Laurids eigenartig und verschwindet irgendwann auf den Weltmeeren. Sein Sohn Albert macht sich auf die Suche nach ihm. ( 19 . 0 5 . ) ¬ Die deutsch-japanische Autorin Yoko Tawada liest aus dem Sammelband »Fremde Wasser« sowie aus ihrem 2014 erschienenen Roman »Etüden im Schnee«. Darin berichten drei Generationen migrierter Eisbären über ihren Lebensweg fern der Heimat. Traumebenen und Realität gehen in Tawadas Literatur vergnügt ineinander über und kleine Details beleuchten scheinbar Selbstverständliches aus unserem Alltag in neuem Licht. Für ihr Werk wurde Yoko Tawada mehrfach in Deutschland und Japan geehrt, u. a. mit dem Adelbert-von-Chamisso-Preis, dem Akutagawa-ShoLiteraturpreis sowie der Goethe-Medaille. ( 0 8 . 0 6 . ) Autoren aus Schleswig-Holstein im Gespräch Tobias Sommer Michael Engler Dirk von Petersdorff Christopher Ecker Konrad Jagen, ein Fotograf, der mit seinen Kriegsfotografien reich wurde, soll einen Wald durchkämmen, um einen Ort zu finden und abzulichten, an dem sich seit Jahrhunderten Lebensmüde einfinden, um den Freitod zu wählen. In Tobias Sommers drittem Roman »Jagen 135« geht es um die Frage, warum Menschen, die alles in ihrem Leben erreicht haben, diesen Wald aufsuchen und warum eine Generation, die das Rüstzeug zum Glücklichsein hat, in Melancholie versinkt. Tobias Sommer wurde 1978 in SchleswigHolstein geboren und war 2014 Teilnehmer bei den 38. Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt. Im Literaturhaus wird er zusammen mit dem 1953 geborenen Michael Engler lesen. Engler ist als Sieger der Finalistenlesung der Lesebühne des Literaturhauses Schleswig-Holstein und des 1. Kieler Prosa Cups im Prinz Willy sowie als Herausgeber der Literaturzeitschrift »Eckernförder Strandgut« aus der Kieler Literaturszene nicht wegzudenken. »Wo, zum Teufel, liegt Memmingen« heißt der aktuelle Erzählband des »Probsteier Surrealisten«, dessen Texte an Bukowski, Bachmann oder Burroughs erinnern und gleichzeitig einen höchst eigenständigen Charakter und Drive entwickeln. ( 2 1 . 0 5 . ) Sich einer Bewegung anzuvertrauen, mit dem Unbestimmten und Fließenden, mit einer Welt voller Verschiedenheit Ernst zu machen und gleichzeitig den Gefühls- und Formenreichtum der Vergangenheit spielerisch und gekonnt aufzugreifen, ohne dass irgendeine weltanschauliche Verbindlichkeit daraus abgeleitet wird – so könnte man die Haltung der Lyrik Dirk von Petersdorffs beschreiben. In seinem neuen Lyrikband »Sirenenpop« kreuzt er in ganz eigenem Fahrwasser zielsicher durch vielfältige Themengebiete. ¬ Der Lyriker und Essayist Dirk von Petersdorff, in Kiel geboren und aufgewachsen, arbeitet heute als Professor für Neuere Deutsche Literatur in Jena. Er wurde unter anderem mit dem FriedrichHebbel- und dem Kleist-Preis geehrt und hatte die Kieler LiliencronDozentur für Lyrik inne. Präsentieren wird er seine Gedichte im Gespräch mit dem Schriftsteller und Grünen-Politiker Robert Habeck, der seit 2012 Minister in Schleswig-Holstein und stellvertretender Ministerpräsident im Kieler Kabinett ist. ( 13 . 0 5 . ) Hebbelpreis 2015 Zu Gast im Literaturhaus ist auf Einladung der Hebbel-Stiftung auch der aktuelle Friedrich-Hebbel-Preisträger. Im März wurde der alle zwei Jahre vergebene Preis an Christopher Ecker verliehen. Aus diesem Anlass liest der Kieler Autor querbeet aus seinem literarischen Werk und zeigt die Entwicklung seines schriftstellerischen Weges seit den 90er Jahren auf. Ecker wurde 1967 in Saarbrücken geboren, studierte in Kiel Germanistik und Philosophie und ist heute neben seiner Arbeit als Schriftsteller, Übersetzer und Literaturkritiker Lehrer an der Heinrich-Heine-Schule Heikendorf. Sein erfolgreichstes Buch ist der 2012 erschienene Tausend-Seiten-Roman »Fahlmann«, den der Kritiker Denis Scheck als »eines der großen Leseabenteuer der dt. Gegenwartsliteratur« bezeichnete. ( 0 4 . 0 6 . ) »Frühstück im Frühling« Zu seiner alljährlichen Frühjahrsveranstaltung lädt der Freundeskreis des Literaturhauses ein. Nach dem Generalintendanten des Kieler Theaters im letzten Jahr sind auch 2015 wieder Gäste und Informationen aus einer verwandten Sparte zu erwarten. Mitglieder der Niederdeutschen Bühne e.V. Kiel berichten von ihrer Arbeit und werden auch Kostproben ihres Könnens zeigen. ( 1 4 . 0 6 . ) Der Freundeskreis unterstützt insbesondere das Junge Literaturhaus und das Europäische Festival des Debüt romans. Als Mitglied tragen auch Sie dazu bei ! Freundeskreis Literaturhaus Schleswig-Holstein e.V. Schwanenweg • Kiel • T ⁄ • [email protected] Das 13. Europäische Festival des Debütromans Z˙anna Słoniowska Gjermund Gisvold Niviaq Korneliussen Patrick Maisano Anlässlich des dreizehnten Europäischen Festivals des Debütromans reisen Autorinnen und Autoren aus verschiedenen europäischen Ländern begleitet von ihren Verlagsvertretern nach Kiel. Im Gepäck haben sie ihre Erstlingswerke. Vier Tage lang klingen die Stimmen und Geschichten Europas durch das Literaturhaus. Das Publikum ist eingeladen, beim eröffnenden Lesefest der jungen europäischen Prosa in Originalsprache zu lauschen und in die Klangvielfalt der verschiedenen Sprachen einzutauchen. Deutsche Probeübersetzungen werden von Eva Krautwig und Nils Aulike gelesen. ( 2 8 . 0 5 . ) Im Rahmen der anschließenden Fachtagung mit den Festivalteilnehmern findet als weitere öffentliche Veranstaltung eine Gesprächsrunde zum Thema »Reisepläne für Romane. Institutionelle Literaturvermittlung in Europa« mit Micheline Bouchez (Institut Français Rostock), Cristina Di Giorgio (Istituto Italiano di Cultura di Amburgo) und Andrea Jacob (Goethe Institut Hamburg) statt. Die Moderation übernimmt Claudius Nießen (Literaturinstitut Leipzig). ( 2 9 . 0 5 . ) ¬ Zum Festival liegt bei den Veranstaltern Institut Français de Kiel und Literaturhaus SH ein eigener Programmfolder aus. Zudem erscheint eine Broschüre mit Probeübersetzungen der Romane ins Deutsche, Englische und Französische sowie Angaben zu den teilnehmenden AutorInnen und Verlagen aus Dänemark / Grönland (Niviaq Korneliussen), Deutschland (Manuel Niedermeier), Frankreich (Denis Michelis), Italien (Ester Armanino), den Niederlanden (Bertram Koeleman), Norwegen (Gjermund Gisvold), Österreich (Elke Laznia), Polen (Z˙anna Słoniowska), der Schweiz (Patrick Maisano) und Wales (Llyˆr Gwyn Lewis) ( 2 8 . – 31 . 0 5 . ) Auch das Projekt »leggìIO« des Lektorats für Italienisch im Romanischen Seminar der CAU Luca Giordano schafft einer neuen literarischen Stimme aus Italien in Kiel Gehör. Luca Giordano, 1985 in Moncalieri bei Turin geboren, studierte an der Internationalen Filmschule in Rom. Nach Kurzfilmen, die international auf Festivals gezeigt wurden, publizierte er 2013 seinen ersten Roman »Qui non crescono i fiori«. Salvatore und sein Bruder Damiano wurden auf einer unwirtlichen Insel geboren. Ihr Vater ist ein rauer Mann, der eine kleine Autowerkstatt betreibt und gelegentlich zu tief ins Glas guckt. An seine Mutter hat Salvatore keine Erinnerung. Er war sehr klein, als sie fortging. Die beiden Brüder suchen, jeder auf seine Art, eine Möglichkeit, die wilde Insellandschaft zu besänftigen und der Insel zu entfliehen. ( 1 8 . 0 6 . ) Junges Literaturhaus Wer selbst Texte schreiben möchte, hat dazu in der Schreib- und Textwerkstatt »Texte unter der Lupe« mit dem Autor Christopher Ecker Gelegenheit. Jugendliche und junge Erwachsene sind einmal monatlich ins Literaturhaus eingeladen, um eigene und fremde Texte zu diskutieren und Anregungen für das eigene Schreiben zu finden. ( 21 . 0 5 . u n d 17 . 0 6 . ) Jeweils dienstags sind nach Vereinbarung Kindergarten- und KITAGruppen im Literaturhaus bei den »Geschichten für neugierige Lauscher« zu Gast, vorgetragen von unseren Vorlesepatinnen. LeseLounge – Zwei Autoren und Livemusik In der letzten LeseLounge vor der Sommerpause werfen wir Lichtblicke auf St. Pauli und Jens Eisel Rike Scheffler lassen uns von den Hafenlichtern und den Loops lyrischer Klanggebilde hypnotisieren. ¬ Ein talentierter junger Boxer steht vor dem alles entscheidenden Kampf und ein in die Jahre gekommener Besitzer einer Autowerkstatt will seine Existenz in neue Hände geben. Für seinen begabten jungen Mitarbeiter ist diese Aufgabe die Chance seines Lebens. Jens Eisels Geschichten spielen am Hamburger Hafen oder auf der Reeperbahn. Schnörkellos, ohne Pathos und voller Wärme erzählt er in seinem Debütband »Hafenlichter« von Momenten, die wie unter einem Brennglas Hoffnungen und Wünsche eines Lebens zusammenfassen. Seine Erzählungen hallen lange nach und erinnern an große amerikanische Vorbilder wie Richard Ford oder Sherwood Anderson. Vom Literaturwerk sowie dem Schriftstellerverband Rheinland-Pfalz und Saarland erhielt Jens Eisel die Auszeichnung »Debüt des Jahres 2015«. Rike Scheffler ist Lyrikerin und Musikerin – eine Doppelrolle, die sich nicht nur im Titel ihres Lyrikdebüts »der rest ist resonanz« bemerkbar macht. »wie weit kann ein vokal mich tragen, silben und ein fußpedal?«, fragt sie. Mal fügt sie ihren Texten Partituren und Regieanweisungen an, mal führt uns der hypnotisierende Rhythmus ihrer Klanggebilde in erträumte Naturszenerien. Häufig unterstützt Rike Scheffler, die Mitglied im Berliner Lyrikkollektiv G13 ist, ihre Lesungsperformance durch Loops, Text- und Klangcollagen. Ihre Gedichte muss man nicht nur lesen, sondern vor allem hören und erleben – der Rest ist Resonanz. ( 10 . 0 6 . )
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