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SONDERVERÖFFENTLICHUNG
Seit 400 Jahren Gastlichkeit am gleichen Ort
Abt Stracke begründete mit Freihof Koberg auch ersten Dorfkrug - Heute Rodes Hotel
Wenn heute gegen 10 Uhr vom Loccumer Hotel Rode aus auf dem Kloster ein
großes Fass Bier anrollt, dann ist es auf den Tag genau 400 Jahre her, dass mit
der urkundlichen Verleihung des Brau-, Brenn- und Schankrechtes das Kloster
Loccum für eine bis heute erfolgreiche Betriebsgründung Geburtshilfe leistete.
Das seltene Jubiläum festlich zu begehen und zugleich auch ein farbiges Stück
Loccumer Kloster – und Dorfgeschichte aufzuzeigen, ist am heutigen 19. August 2008 das Anliegen der Familien Wilhelm und Cord Rode. Der Festtag beginnt um 10,30 Uhr mit einer Andacht in der Stiftskirche, gehalten vom Loccumer Abt und Landesbischof i.R. Horst Hirschler. Ein Empfang im Hotel Rode
schließt sich an, ehe der Tag mit einem Festbüfett und einem gemütlichen Beisammensein ausklingt.
Als Abt Theodor Stracke
(Amtszeit 1600-1629) und
„der gantze Convent“ mit ihrer Willensbekundung vom
19. August 1608 ihre bis heute
nachwirkende Initiative in
Gang brachten, da ging es
nicht nur um einen Dorfkrug,
weil das alte innerhalb der
Klostermauern gelegene Gebäude eingefallen war. Die
Fürsorge für seinen Sohn Diderich Stracke und die Möglichkeit, ihm Starthilfe zu geben für sein Leben, waren sicher der Hauptgrund für die
Initiative von Abt Theodor.
Schon vier Jahre zuvor hatte
er mit dem Ankauf eines Baugrundstückes nebst ertragreicher Ländereien für die Existenz-Sicherung seines Sohnes
den Grundstein gelegt. Dies
mit der ausdrücklichen Zusicherung alles „…. in ewigkeit
zehntpflicht- und dienstfrey
zu gebrauchen.“ So entstand
damals erstmalig in Loccum
der einzige Freihof des Stiftes.
bereits im frühen 19. Jahrhundert mit der so genannten Ablösung (Bauernbefreiung) ihre
Gültigkeit eingebüsst. Dies
wurde im Jahre 1834 auch ausdrücklich in einem AblösungsReceß zwischen dem Kobergschen Hof und dem Kloster
Loccum festgelegt. Dabei ergab sich für den Kobergschen
Hof bei der Aufrechnung der
wenigen gegenseitigen Verpflichtungen sogar noch ein
Überschuss von 176 Reichsthalern, 2o Mariengroschen
und 2 Pfennig. In seiner
Chronik konnte der „Oekonom Lohe“ daher zu Recht
feststellen, dass aus dem Besitz
nach 230 Jahren „nun eigentlich erst ein wirklicher FreyHof wurde“.
Über den Lebensweg von AbtSohn Diderich gibt es nur eine
Tagesbuchaufzeichnung von
Abt Stracke, dass „Diderich
Stracke, Bürger in Hannover,
unser geliebter Sohn“ im Jahre 1625 starb. Die Verleihung
Die Mutter von Diderich der Brau-, Brenn- und
Stracke, mit Vornamen Anna,
stammt aus der angesehenen
Familie Koberg, die ihren Ursprung
im
thüringischen
Dienstadel hatte und früher
Kochberg hieß. Vor ihrem
Umzug nach Loccum standen
die Kochbergs bis zum Erlöschen dieser Adels-Linie bei
den Grafen von Hoya im
Dienst. Der Vater von Anna
ist jener Heinrich Koberg (in
der Urkunde Henrico Kobergen genannt), dem als
Großvater
von
Diderich
Stracke im Jahre 1608 die
Brau-, Brenn- und Schankrechte verliehen wurden. Als
einzige Gegenleistung musste
er „…. jährlich dem kloster eine tonne mindener bier entrichten“, eine Verpflichtung,
die das Hotel Rode eingedenk
einer jahrhundertlangen Tradition zum 400. Jahrestag der
urkundlichen Festlegung heute gern noch einmal erfüllte.
Umgekehrt war 25 Jahre zuvor der damalige KonventualStudiendirektor und heutige
an
seinen
Prior Dieter Zinsser symbol- Schankrechte
haft einer Zusage nachgekom- Großvater Heinrich Koberg
men, die ebenfalls in der Ur- im Jahre 1608 war aber zukunde von 1608 für das Klo- gleich auch ein der Familie
ster bindend festgelegt war : Koberg geschuldeter Dank.
die Lieferung „einer großen Sie hatte damals in den Wirbuche aus dem locker berge“. ren der Nachreformation geDer Prior behalf sich damals legentlich wichtige Aufgaben
beim 375. Jubelfest des Betrie- für das Kloster übernommen,
bes mit der Überreichung ei- wenn der Loccumer Konvent
ner schönen Buche im Blu- infolge der unübersichtlichen
mentopf. Als kräftiger Baum Situation vorübergehend in
ziert sie inzwischen den Vor- den Mönchshof Kolenfeld bei
platz des Hotels. – Rein recht- Wunstorf oder in den Locculich hatten alle Verpflichtun- mer Hof nach Hannover ausgen aus den alten Verträgen gewichen war.
Es würde den Rahmen dieser
kurzen historischen Aufblende sprengen, ausführlich über
die Besitzwechsel (1771) an
die Familien Wilhelm, dann
Ritscher und hernach an die
Familien Lohe und Buschmann (1816-1907) zu berichten. In insgesamt 19 Gastwirt-Generationen, so will es
die von Willi Rode (19151997) nach den Unterlagen
des Klosterarchivs und der
Familie Koberg erstellte eigene Hotel-Chronik wissen,
wird der Hotelbetrieb heute
in vierter Generation von
Cord Rode und Ehefrau Doris geführt.
Die farbigste Rolle jedoch in
der 400 jährigen und wechselvollen Geschichte des Besitzes
sicherte sich im 19. Jahrhundert der „Oekonom“ Heinrich
Friedrich Lohe, wie er in den
Klosterakten immer bezeichnet wird. Durch eine äußerst
geschickte und sehr resolut
vorgebrachte Argumentation
während der Ablösung und
bei den nachfolgenden Gemeinheitsteilungen
gelang
ihm die Vergrößerung des
Ländereibesitzes von 53 auf
339 Morgen. Dabei gewann
er auch einen von der Gemeinde Münchehagen angestrengten Prozess um sein
Schafhude-Recht im Stiftsbezirk. Damit die Münchehäger
auch gleich wussten „….. was
es geläutet hatte“, ließ Lohe
nach der Urteilsverkündung
seine mit Glocken versehenen
Schafe durch Münchehagen
treiben.
Immer wieder haben die alten
Besitzer-Familien ihre privilegierte Stellung nutzen können, um in Loccum zusätzliche geschäftliche Initiativen
zu entwickeln. Besonders hervor trat dabei der seit 1771 als
Besitzer des „Kobergschen
Hofes“ eingetragene Kaufmann Johann Dietrich Wilhelm, dessen mächtige Grabplatte heute noch auf dem alten Friedhof zu finden ist.
Wenige Jahre nach dem Hoferwerb war er für „5o thaler
jährlich“ fünf Jahre lang auch
Pächter eines der ersten klösterlichen Steinkohlenbergwerke am Loccumer Berg.
Gleichzeitig betätigte er sich
auch beim gerade in Schwung
kommenden Kaffeehandel. Als
die „Churfürstliche Cammer“
im Jahre 1781 ihm dies untersagen will „weyl er auf dem
platten lande verboten sey“, da
erwidert der Kaufmann Wilhelm ungerührt „…..dass mich
allhier die göttliche vorsehung
mit solchem Absatz gesegnet,
dass …auch die mehrsten be-
amten und prediger in meiner
Kundschaft stehen“. Er
durfte seinen Kaffee auch weiterhin verkaufen.
Nachkommen der Ursprungsfamilie Koberg, die etwa seit
1640 ihr Loccumer Anwesen
verpachtete, leben heute noch
in der Nähe von Bremen. Die
Vergangenheit hat es mit sich
gebracht, dass etwa seit der
Mitte des 19. Jahrhunderts
zwischen
den
Familien
Koberg und Rode auch verwandtschaftliche Beziehungen
bestehen. Willi Rode (19151997) war ein Vetter zweiten
Grades der inzwischen ebenfalls verstorbenen FamilienNachkommen Fritz und Gustav Koberg aus St. Magnus
bei Bremen. Deren Vater August Koberg arbeitete noch bis
zum Jahre 1908 als Klostervogt in Loccum und war behilflich, als 1907 Wilhelm Rode (1873-1939) das Hotel von
der Familie Buschmann erwarb.
Konrad Droste
Oben: Klosteransicht 1630
Unten: Rodes
Hotel um 1926