Übungsblatt 1

Prof. Dr. Hubert Motschmann
Physikalische Chemie I: Übungsblatt 1
Übungsblatt 1
zur Vorlesung Physikalische Chemie I
Energiebedarf und nachhaltige Chemie – Standortbestimmung der
Thermodynamik
Der Energiebedarf der Menschheit wächst exponentiell, die Shell Prognose aus dem Jahr
1995 spiegelt recht gut den tatsächlichen Verbrauch wider. Ein Exajoule sind 1018 Joule.
Abbildung aus Chemie in unserer Zeit 2005, 236-245
Zwanzig Prozent der Weltbevölkerung verbrauchen 60 Prozent der Energie (E. Vernaz,
CEA, Les grands défits énergétiques, Fête de la Science, 2012) Der Energieverbrauch
wird meist in Tonnen Öläquivalent angegeben. Ein Öläquivalent ist die Energie, die beim
Verbrennen von einen Kilogramm Öl frei wird. In anderen gebräuchlichen Einheiten
übersetzt gilt:
1 ÖE(1 kg Öl) = 41.868 MJ = 10 000 kcal = 11.63 kWh
In Deutschland lag im Jahr 2010 der Primärenergiebedarf pro Kopf in etwa bei 4000 kg
Öl.
Aufgabe 1
Mit dem Ausbau der erneuerbaren Energie wird die Energiespeicherung ein wichtiges
Thema. Die Energiedichte chemischer Verbindungen ist recht hoch. Bei der Verbrennung von 90 Gramm Öl wird 1 kWh Energie erzeugt. Wieviele Liter Wasser
müsste man 100 Meter hochpumpen, um mechanisch dieselbe Energie (1 kWh) zu
speichern?
1
Prof. Dr. Hubert Motschmann
Physikalische Chemie I: Übungsblatt 1
Die Abschätzung zeigt, dass chemische Energiespeicherung in künftigen Energiekonzepten
eine wichtige Rolle spielen müssen.
Die Lösung der Energieproblematik ist eine der zentralen Schlüsselaufgaben der Naturwissenschaftler. Chemiker können auf vielfältige Art und Weise dazu beitragen. Hier
ein fiktives Beispiel:
Aufgabe 2
Sie arbeiten als Chemiker bei Henkel und haben ein Waschmittel erfunden, dass
bereits bei 20 Grad effizient wäscht. Wie groß wäre allein in Deutschland die
Energie Ersparnis pro Jahr? Einige relevanten Daten zur Abschätzung: Im Jahr
2013 gab es in Deutschland ca. 40 Millionen Haushalte mit rund 80 Millionen
Haushaltsmitgliedern. Nehmen wir an, dass in jedem Haushalt vier 60 Grad
Wäschen pro Monat durchgeführt und bei einem Waschvorgang ca. 20 Liter Wasser
erhitzt werden. Die Dichte des Wassers ist 1 cmg 3 . Die spezifische Wärmekapazität
des Wassers beträgt c = 4182 J/(kg K). Sie spezifiziert die Energie, die benötigt
wird, um 1 kg Wasser um 1 Kelvin zu erwärmen. Dabei ist
c=
Q
m
∆T = T2 − T1
Q
m ∆T
(1)
Wärmemenge (thermische Energie), die dem Stoff zugeführt oder
entzogen wird.
Masse des Stoffes
Differenz von Anfangs- und Endtemperatur
2
Prof. Dr. Hubert Motschmann
Physikalische Chemie I: Übungsblatt 1
Thermodynamik
Die Thermodynamik behandelt viele Probleme aus dem obigen Kontext. Sie wird Fragen nach dem theoretischen Wirkungsgrad von Wärmekraftmaschinen oder nach den
optimalen Reaktionsbedingungen beantworten, bei denen die höchste Ausbeute an Produkten zu erwarten ist. Die ablaufenden Prozesse werden mathematisch modelliert.
Dazu benötigen Sie solide Kenntnisse über Funktionen mit mehreren Veränderlichen.
Sie müssen mit Begriffen wie partielle Ableitung, totales Differential, Gradient, Satz von
Schwarz vertraut sein. Wer damit Schwierigkeiten hat, dem sei der freiwillige Kurs von
Roland Neueder, Mathematische Methoden empfohlen.
Aufgabe 3
Funktionen mehrerer Veränderlicher Rn → R spielen eine wichtige Rolle in der Thermodynamik.
1. Gegeben ist die Funktion f (x, y) = x2 + y 2
Zeichnen Sie die Höhenlinien der Funktion.
2. Berechnen sie den Gradienten gradf (x, y)
3. Zeigen Sie, dass der Gradient senkrecht auf den Höhenlinien von f (x, y) steht.
4. Berechnen Sie das totale Differential der Funktion f (x, y), was bedeutet dieser
Ausdruck?
5. Berechnen Sie den exakten Funktionswert Wert von f (x, y) an der Stelle f (x0 +
h, y0 + k). Ordnen Sie den Ausdruck nach Potenzen von h und k.
6. Zeigen Sie, dass der in h und k lineare Teil des erhaltenen Ausdrucks durch das
totale Differential gegeben ist. Letzteres kann auch durch das Skalarprodukt des
Gradienten und des Richtungsvektors (h, k), also grad f (x) · (h, k) ausgedrückt
werden.
Aufgabe 4
Partielle Ableitungen können häufig in ein Experiment übersetzt werden. Der Zustand eines Gases aus n Molen sei durch die Temperatur, Druck und Volumen
gegeben. Bei realen Gasen ist der funktionale Zusammenhang zwischen den Zustandsgrößen komplex. Was bedeuten die folgenden Ableitungen, wie sehen die
zugehörigen Experimente aus?
∂V
∂T
!
;
p
3
∂p
∂T
!
V