Kölner Stadt-Anzeiger - Gewalt nicht im Namen Gottes

Kölner Stadt-Anzeiger - Gewalt nicht im Namen Gottes
Porz - 23.03.2015
DIALOG DER RELIGIONEN IN PORZ
Gewalt nicht im Namen Gottes
Von Jennifer Stötzel
Mehrere Vertreter von Religionsgemeinschaften hatten zur Diskussion
geladen und für mehr Toleranz geworben. Am Ende des Gesprächs im
Bezirksrathaus waren sich die alle Teilnehmer einig und zogen ein
gemeinsames Fazit.
Über scheinbar religiös bedingte Gewalttaten
diskutierten Porzer Religionsgemeinschaften
auf Einladung des Arbeitskreises der Kinder
Abrahams.
Foto: Stötzel
Kreuzzüge der Christen, Judenverfolgung im Zweiten Weltkrieg, Unterdrückung der
Aleviten, IS-Terrorismus: Im Namen vieler Religionen wurde im Lauf der Geschichte
Gewalt verübt. Darüber, ob es in den verschiedenen Religionen eine Gewaltproblematik
gibt, sprachen Vertreter der Synagogen-, der Türkisch-Islamischen- und der
evangelischen und katholischen Kirchengemeinde sowie des Alevitischen Kulturzentrums
im Matthias-Chlasta-Saal des Bezirksrathauses. Zu der Podiumsdiskussion hatte der
Arbeitskreis der Kinder Abrahams (AKKA) eingeladen.
GEWALT BEGRENZEN
Die Religionsvertreter waren sich einig: Es gibt Tendenzen in jeder Religion, die Gewalt fördern können, auch wenn dies nicht
gewollt ist. „Die Problematik bezieht sich aber vor allem auf die Menschheit an sich“, begann Yitzhak Ahren, von der
Synagogengemeinde. „Religion kann die Gewalt nicht aus der Welt schaffen, aber sie sollte sie begrenzen.“ Im Judentum würde
oft ein bekannter Satz falsch verstanden: Auge um Auge, Zahn um Zahn. „Es geht dabei nicht um Rache, sondern um
Schadensersatz“, stellte Ahren klar. Deshalb seien neben den schriftlichen Lehren auch die mündlichen Interpretationen so
wichtig, um Missverständnisse zu vermeiden – in allen Religionen. Für Pastor Berthold Wolff war klar, dass Gewalt nicht immer
direkt mit religiösen Ansichten einher geht. „Oft brauchen Menschen nur einen Sinn und ein Ziel.“ Dies könne eben auch auf
schlechten Wegen enden. „Jeder muss sich fragen, wie so etwas passieren kann und jeder muss dem Drang widerstehen, der
Größere oder der Stärkere zu sein.“
Bekir Alboğa stellte als Vertreter der muslimischen Gemeinde heraus, dass der Islam Gewalt verbiete, um jemand anderen zu
seiner Religion zu zwingen. Trotzdem sei eine Verteidigung legitim, um Böses abzuwehren. „Wir verurteilen die Gewaltakte des IS
aufs Schärfste. Sie haben es gewagt, in unserem Namen zu handeln und dies ist von niemandem legitimiert worden“, betonte
Alboğa. Der Koran dürfe nicht nur wörtlich gelesen, sondern müsse auch interpretiert werden. Dabei helfen Gelehrte. „Es werden
so viele Prediger ermordet, die sich gegen Terrorgruppen ausgesprochen haben“, sagte Alboğa. „Mit dem Herauslösen von
einzelnen Versen, kann alles begründet werden. Das ist aber nicht richtig.“
GEWALTTÄTIGSTE RELIGION
Pfarrer Rolf Theobold übte als Vertreter des evangelischen Kirchengemeinde deutliche Selbstkritik. „Im Neuen Testament gibt es
kaum eine Stelle, die zu Gewalt aufruft. Trotzdem ist das Christentum lange eine der gewalttätigsten Religionen überhaupt
gewesen.“ Es sei entscheidend, wie die Menschen die heiligen Schriften lesen. Gewalt erlebt haben auch die Anhänger der
Aleviten. „Wir stehen für Toleranz gegenüber allen Religionen. Wir haben nur einen Feind: den Hass“, sagte Inan Ceylan vom
Alevitischen Kulturzentrum. „In Deutschland haben wir endlich eine Heimat gefunden, in der wir anerkannt werden. Das ist der
Beweis, dass viele Religionen und Kulturen friedlich koexistieren können.“
Das Fazit am Ende der Diskussion: Die Gläubigen müssen sich gegenseitig akzeptieren, und deren religiöse Führer müssen sich
deutlich gegen Gewalt aussprechen. „Jede Religion muss gucken, dass sie ihre Werte nicht verliert“, sagte der jüdische
Repräsentant Ahren. „Wenn ich das als Jude zum Muslimen sage, bringt das nichts.“ Gleichzeitig sollte mehr in religiöse Bildung
investiert werden. „Ein Schwarz-Weiß-Denken ist immer falsch“, betonte Pfarrer Theobold. „Durch Bildung werden Menschen zur
Mündigkeit erzogen, auch eigenständig Dinge zu beurteilen.“
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Neu aufgestellt
Der Arbeitskreis der Kinder
Abrahams (AKKA) hat
einen neuen Leiter.
SPD-Ratsherr Christian
07.04.2015 10:11
Kölner Stadt-Anzeiger - Gewalt nicht im Namen Gottes
Joisten hat die
Koordination
übernommen, nachdem
SPD-Ratsfrau Monika
Möller die Leitung der
AKKA-Treffen abgegeben
hat. Sie hatte den
Arbeitskreis vor vier Jahren
gemeinsam mit dem
ehemaligen Pfarrer Harald
Klimek initiiert. Monika
Möller wird aber weiterhin
das „Fest der Kinder
Abrahams“, das alle zwei
Jahre stattfindet,
organisieren. (stö)
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07.04.2015 10:11