Teil 1 - Webseite von Prof. Dr. Andreas Helmke

PI Seminar Unterricht diagnostizieren & Individuelle Förderung Günther Goblirsch
Seminarunterlagen– nur für den persönlichen Gebrauch
PI Seminar
Unterricht dignostizieren & individuell fördern
Unterlagen von Günther Goblirsch 2. Tag
Individuell fördern – Umgang mit Unterschieden
„Know thy impact!“
1.
Inhaltsverzeichnis:
Verortung in der Schul- und Unterrichtsentwicklung .......................................................................... 2
2.
Wovon reden wir beim Umgang mit Unterschieden – Individualisierung für wen?............................ 3
3.
Wie individualisieren wir im Unterricht? ............................................................................................. 5
4.
Zu Unterrichtsbeispiele: SOL-ELEMENTE kurz erklärt: ......................................................................... 8
5.
Unterstützende Maßnahmen ............................................................................................................. 10
6.
Glaubenssätze verändern – Stärken stärken...................................................................................... 14
7.
Evaluation der Wirkungen und Selbsteinschätzungen....................................................................... 16
8.
Lernstrategie Ziele setzen .................................................................................................................. 17
9.
Willenskraft trainieren ....................................................................................................................... 18
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1. Verortung in der Schul- und Unterrichtsentwicklung
Sinnvoller, intelligenter, wirkungsvoller Umgang mit Unterschieden im Unterricht ist Gesamtaufgabe
aller. Im Mittelpunkt stehen unsere Schlüssel-Leistungs-Indikatoren. Besondere Bedeutung messen wir
der Beziehungsqualität zu, weil diese im Blockunterricht nicht einfach zu erreichen ist. In Bezug auf den
Lernerfolg orientieren wir uns an den Befunden von John Hattie, in Bezug auf guten Unterricht und gute
Schule auf ihn und seine Kollegen im In- und Ausland. Unser Anliegen war immer, begründete Entscheidungen zur Unterrichtsentwicklung spezifisch für uns passend treffen zu können. Mit unserem strategischen Treiber LEBEN-LERNEN-GESTALTEN verfolgen wir einen integrierenden, ganzheitlichen Ansatz der
die gesellschaftliche und berufliche Gestaltungskompetenz unserer Absolventen zum Ziel hat. Sie sind
dann zum Lehrer ihrer selbst geworden.
Individualiserung im Unterricht ist eingeordnet in die ENTWICKLUNG VON NEUEM UNTERRICHT. Dies ist
dokumentiert in Integrierte-Unterrichts-Pläne (IUP), didaktische Jahrespläne mit Inhalten der Lernfelder,
Methodencurriculum, Kompetenzcurriculum, Leistungsverteilung und Leistungserhebung. Diese sind
abgestimmt mit den allgemein bildenden Fächern wie Deutsch, Sozialkunde, Englisch (technisches Englisch).
IUPα = Integrierter-Unterrichts-Plan ist unsere dokumentierte Startplanung eines Fachbereiches in das
neue Schuljahr in Variationen.
Integriert deshalb, weil ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt wird, in dem fachliche, methodische und personale Kompetenzen gelernt werden. Integriert auch, weil Inhalte, handlungsorientierte Unterrichtsprojekte oder innovative Unterrichtskonzepte (z.B. SOL, Selbst-Organisiertes-Lernen) und Unterrichtsprojekte wie z. B. das „Musterhaus“ unter Einbeziehung der allgemein bildenden Fächer maßgeschneidert
aufeinander abgestimmt und arrangiert werden.
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2009 fand ein Paradigmenwechsel statt, hin zur Outcome-Orientierung aus der Sicht der Schülerinnen
und Schüler. Die Lehrplananalyse in den Lernfeldern folgt seither der Schrittfolge: 1. Welche Kompetenzen oder Lernerfolge haben die SuS nach der Unterrichtssequenz? 2. Mit welchen Methoden werden
diese möglichst effektiv erreicht? Dabei wird auch darauf geachtet, dass die Methoden sinnvoll arrangiert werden, z.B. wie im SOL Konzept nach neurobiologischen Erkenntnissen und psychologischen Prinzipien der Selbstwirksamkeit und Selbstorganisation. 3. Hier sind die Inhalte aus den Lernfeldern zugeordnet. 4. Jetzt wird kurz die Lernsituation beschrieben. 5. Hier wird auf den Aufbewahrungs- bzw. Speicherort für die Bereitstellung der Unterrichtsmaterialien (Wissensmanagement) verwiesen.
Während des Schuljahres finden immer wieder Teilverbesserungen (c-a) statt auf der Ebene der Unterrichtssequenz: einzeln, in Lehrerduos oder Projektgruppen. Alle Teilverbesserungen, innovative Unterrichtsprojekte, verbesserte methodische Arrangements, werden in einem großen Qualitätszirkel (KVP)
im Rahmen der alljährlichen Pädagogischen Konferenz von allen Fachbereichen in allen Jahrgangsstufen
sinnvoll neu arrangiert in einem IUPα. Daraus werden erforderliche Ressourcen (PI Fortbildungsplanung,
SchiLF, Budget) abgeleitet und von den Fachbereichskoordinatoren in die QM-Gruppe gespiegelt
2. Wovon reden wir beim Umgang mit Unterschieden – Individualisierung für wen?
Die Schülerschaft an den beruflichen Schulen in der Erstausbildung ist sehr heterogen in verschiedenen
Aspekten. Dennoch streben alle einem Ziel zu: Die Ausbildung mit dem Gesellenbrief (Facharbeiterbrief)
erfolgreich abzuschließen und auf den eigenen Beinen seine Existenz gestalten zu können.
Viele werden „ausgesperrt“, weil ihre Schulabschlüsse nicht ausreichen oder die Anforderungsprofile
sehr hoch gesetzt werden oder sie (noch) nicht über die geforderte „Ausbildungsreife“ (vgl. „Studierfähigkeit“) verfügen. In Ballungsräumen kann man bald nicht mehr von einem dreigliedrigen Schulsystem
reden, mit Übertrittsquoten von knapp 60% an das Gymnasium, knapp 30% an die Realschulen, nur gut
10% verbleiben an der Mittelschule (München 2015).
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Sieht man genauer auf einzelne Kompetenzen, verwischen sich die Grenzen der Schultypen. Es gibt sehr
leistungsfähige Gymnasiasten, Realschüler und Mittelschüler, aber auch andere.
Die Wirtschaftsverbände und Ausbildungsbetriebe des beruflichen dualen Ausbildungssystems beklagen
große Mängel der Berufseinsteiger. Für die Beruflichen Schulen sind immer Kooperationen der verschiedenen Lernorte abzustimmen: Schule, Ausbildungsbetrieb und Innung (Zwischen- und Abschlussprüfungen sowie Überbetriebliche Lehrlingsunterweisung ÜLU in Wochenkursen).
Große Herausforderungen haben die Lehrkräften in berufsvorbereitenden Maßnahmen (z. B. BVJ Klassen) zu bewältigen, für Schüler, häufig ohne Schulabschluss. Manche Berufsschulen ermöglichen einen
Mittelschulabschluss. Zurzeit befinden sich bundesweit ca. 250000 junge Menschen in diesen Übergangsmaßnahmen.
Beispiele für Streuungen in den Eingangsklassen von Berufsschulen in der Erstausbildung im dualen
System (ca. 300 anerkannte Ausbildungsberufe):
In der allgemeinen formalen Schulbildung (HWK Muc&Obb.: ca. 10% Hochschulberechtigung, ca.
30% Realschule oder vergleichbar, ca. 55% Mittelschulabschluss, ca. 5% ohne Abschluss)
Sehr unterschiedlich in den verschiedenen Berufen – manche Schulabschlüsse werden „ausgesperrt“. Spannweite von nur Mädchen bis nur Jungen, von vielen Abiturienten und keine Mittelschüler bis von hohem bis niedrigen Ausländeranteil (HWK 10% Ausländer + 10% Migrationshintergrund)
Hauptproblem Sprache bei Flüchtlingen, sonst hoch motiviert
Verschiedene Kulturen (interkulturelle Bildung)
Defizite in Mathe und Deutsch auch bei Inländern
Alter von 15 bis ca. 25 Jahren (Piagetsche Entwicklungsstufen weitgehend abgeschlossen)
In der Motivation von „Wunschberuf“ bis „gerade noch gekriegt“
In der „Ausbildungsreife“ (s. Folie IHK Studie)
In den Fachklassen durch berufsfremde Beschulung (Grundbildung im Berufsfeld)
…
Dazu kommen Fach-, Berufsfach-, Meisterschulen und Fachakademien. In München. Insgesamt ca.
50000 Schüler/-innen, knapp 3000 Lehrkräfte.
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Darauf reagierten wir in der Gestaltung unserer Unterrichtsarrangements in den verschiedenen Ausbildungsberufen mit unterschiedlichen Vorbildungen und Anforderungen z. B. an Abstraktionsvermögen,
Leseverständnis, Mathekenntnissen und sprachlicher Kompetenz.
Es stellte sich die Frage, was können wir (noch) tun z. B. vor dem Hintergrund weitgehend abgeschlossener Sprachentwicklung? Nichts tun war auch keine Lösung. Dennoch muss der Blick auf das, was machbar ist, gerichtet sein. Dazu brauchen wir in manchen Fällen die Unterstützung von speziell ausgebildeten Förderlehrkräften und Sozialpädagogen. Einen beratenden Schulpsychologen haben wir in unserem
Kollegium.
Der Umgang mit Unterschieden ist jeden Tag in jedem Unterricht ein Thema. Das Kollegium versucht,
dieser Heterogenität auf vielfältige Weise zu entsprechen.
3. Wie individualisieren wir im Unterricht?
WAS/WEN wollen WIR individuell fördern?
reichen die Leistungsschwachen?
zusätzlich die Leistungsstarken?
das breite Mittelfeld?
besondere Gruppen?
eigentlich alle?
berufliche und gesellschaftliche Gestaltungskompetenz?
soziale & personale Kompetenzen?
und Hätties Lernerfolg?
Diese Entscheidung hat eine bestimmte Haltung zur Konsequenz, die für individuelle Förderung von großer Bedeutung zu sein scheint, da sie die Konzepte (ebenso wie die Diagnostik)
bestimmt.”
Quelle: “Individuelle Förderung in der Sekundarstufe I und II” (Ingrid Kunze/ Claudia Solzbacher, (Hrsg.), S. 30 mit Ergänzungen
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Reflexion (bitte auf Flipchart übertragen):
Welche Heterogenitätsdimensionen habe ich selbst vorrangig im Blick? (max. 5 auswählen)
Welche Heterogenitätsdimensionen nehme ich als Chance wahr?
Dimension
im Blick
als Chance
Intelligenz
Vorwissen
Fähigkeitsselbstkonzept
Interesse (Neugier, Wissbegierde)
Lernmotivation
Geschlecht
Sozioökonomischer Status
Sprache
Kognitiver Anregungsgehalt der Familie
Erwartungshaltung der Eltern
Unterstützung bei der Hausaufgabenerstellung
Unterstützung durch Innung BS
Unterstützung durch Ausbilder BS
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Schulspezifische Beispiele einer Berufsschule:
Aufgabe: Berufsbezogene Aufgabenstellungen, herausfordernde aber (noch) lösbare Aufgaben, Anknüpfen an allgemeinen oder beruflicher Erfahrungshorizent (kognitive und emotionale Aktivierung, Vorwissen), relevant für mich, Schüler als Koproduzent, Schwierigen, Orientierung an Arbeitsprozessen
Zeit: „Nichts motiviert mehr als Zeitdruck!“, „Flasherlebnis“, „Task on time“, Langweilig Störungen,
Classroommangement
Anzahl der Aufgaben: Routinebildung, Powertests, Konzentrationsfähigkeit, Übungsaufgaben (Online
für Unterrichtsblock Zwischenzeiten)
Wiederholungen: Automatismen, „Ein Experte braucht nicht zu denken, er weiß!“, systematisch Wiederholen (Lernkartei, Aufgabensammlungen)
Komplexität: Schwierigkeit der Lösung, von einfachen (Grundlagen) zu komplexen Planungen (mit
Teamarbeit, Schnittstellen, arbeiten in Netzwerken, Information, Kommunikation …)
Lehrerzuwendung: Beziehungsqualität, Vertrauen, Zeit für den Einzelnen, Wahl der Methoden von „direct instruktion“ zu Freiarbeit
Zugänge: Was ist für den Einzelnen relevant? (innere Relevanzprüfung: Ziel Neurobiologisches Wohlbefinden!), Wichtig für den Beruf, den Abschluss?
Ziele: Werde ich ernst genommen? Streben nach Erfolg, Eigenständigkeit und Eingebundensein, Motivation als Eigenleistung, Willensstärke trainieren, Stärken trainieren
Erwachsenenbildung: starker Berufsbezug, straffe Unterrichtsführung, viel fachlicher Input
Nachhilfe: Externe Unterstützung durch Förderung bei bfz, Innung, Kammern
Eigener Förderunterricht: s. Handlungsleitlinie
z. B. Techn. Systemplaner: ein Teil hat mehr Erfahrung in CAD, der andere beim Bau der Feuerstätten Differenzierung in der Teilung
z. B. Powerklassenbildung für Verkürzer (wählen meist Weiterbildung zu Meister, Hochschule
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Lernen multimedial – online – on demand – 360° - 24h
Neue ART?
Digital Native
geboren nach 1980
(@HOME)
Tauschordner für Klassen mit Onlinezugang von außen
Microsoft IT Academy für MS Office
Fachliche e-Books im Intranet für eigene Dokumentationen
für Projektaufgaben (Text, Bilder, Diagramme, Tabellen,
Funktionsgrafiken)
Fronter als schulische Info- und Austauschplattform mit
Down- und Upload
Facebook- & WhatsApp-Usergruppen
Schreibwerkstatt (Haiku, Poetry Slam (Carmen Wegge)
Storytelling (Kurs BR)
Youtube Videos
…
Arbeitsauftrag (BS): Gruppenarbeit Flipchart
(Praxistransfer und Weisheit der Vielen): WIE
individualisieren WIR im Unterricht?
4. Zu Unterrichtsbeispiele: SOL-ELEMENTE kurz erklärt:
Gruppenpuzzle, Kartenmethoden und Advance Organizer.
Als kleine Auffrischung eine Kurzbeschreibung der einzelnen Lernelemente:
Gruppenpuzzle
Kartenmethoden
Advance Organizer
Gruppenpuzzle Kurzbeschreibung
Zur effektiven Organisation von Gruppenarbeit eignet sich – insbesondere zum Einstieg in SOLPraxis – das Gruppenpuzzle.
Beim Gruppenpuzzle teilen Sie Ihre Klasse in verschiedene Gruppen (Stammgruppen) auf.
In einer Stammgruppe sind drei bis vier Teilnehmer. Jeder Teilnehmer ist für sein jeweiliges
Unterthema innerhalb seiner Gruppe verantwortlich.
Die Schüler gehen nach der Themenverteilung aus ihren Stammgruppen und treffen sich in den
Expertengruppen, in denen nach besonderen Arbeitsaufträgen die jeweiligen Themen bearbeitet werden. Anschließend treffen sich die Schüler zur Wissensvermittlung wieder in der Stammgruppe.
Treffen sich die Schüler anschließend wieder in der Stammgruppe, so findet die Wissensvermittlung statt zwischen Schülern untereinander.
Auf diese Weise ist der Unterricht abwechselungsreich. Es findet ein ständiger Wechsel
zwischen Stammgruppen und Expertengruppen, also kollektiven Lernphasen und Einzelarbeit des Individuums bei der Texterfassung, bzw. Textbearbeitung statt.
Zur weiteren Wissensverarbeitung und Festigung muss das Gruppenpuzzle in eine abwechsMännliche Sprachformen sind eingeschlossen
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lungsreiche Struktur von kollektiven und individuellen Bearbeitungsphasen integriert werden.
Diese Struktur nennen wir Sandwichstruktur.
Kartenmethoden Kurzbeschreibung
Wesentliche Ziele der Kartenmethoden sind unter anderem Erkenntnisse zur Motivation: Motivation durch Wirksamkeit.
„Ich bin motiviert, wenn ich persönlich für die Gruppe wichtig bin, wenn ich einen Beitrag leisten
kann, der das Gruppen-Ergebnis verbessert“.
Durch das Lernelement Kartenmethoden erfahren die Schüler folgende Aspekte:
Schüler entdecken, dass (Klein-)Gruppenarbeit entlastet und Stress vermindert.
Die Kommunikation in Gruppen will gelernt sein. Wollen Gruppen von Schülern sinnvoll, effektiv
und effizient miteinander kommunizieren, so benötigen sie Fertigkeiten wie strukturiertes Reden im Zeittakt, aktives Zuhören, kurze Zusammenfassung geben, Kommunikationsregeln anwenden und verstehen.
Schüler erfahren so, dass kooperatives Arbeiten Verantwortung übernehmen bedeutet.
Zum Beispiel zeigt die Kartenmethode Strukturlegen sowohl Schülern als auch Lehrern, wie
unterschiedlich Wissen vernetzt sein kann, und wie wichtig es ist, unter Umständen fachlich
falsche Strukturen rechtzeitig zurecht zu rücken.
Alle Kartenmethoden können zum allgemeinen „Auffrischen“ gelernter Begriffe nach einer
umfassenden Lehrplaneinheit dienen oder zu Beginn eines neuen Schuljahrs eingesetzt werden.
Natürlich sind vielfältige Variationen denkbar, die Ihrer Kreativität überlassen bleiben.
SOL-Praxis schlägt einige Möglichkeiten vor:
•
•
•
•
•
Kartenmemory
Dreiergespräch
Sortieraufgabe
Strukturlegen
Infokartei
Advance Organizer Kurzbeschreibung
Advance Organizer sind Lernlandkarten, auf denen immer Begriffe, Bilder, Botschaften etc. in
Beziehung zu einander stehen. Lernlandkarten fördern nachgewiesenermaßen die Aufmerksamkeit der Schüler. Durch diese Lernlandkarten verstehen die Betrachter das Gesagte besser. Die Lernenden können sich die Inhalte besser merken und besser auf andere Wissensgebiete anwenden. Außerdem treten wesentlich weniger Missverständnisse auf.
Ein gelungener Advance Organizer schafft also Assoziationen und reduziert den „übervollständigen“ Lernstoff.
Übrigens:
Der Name Advance Organizer kommt von „organizer in advance“. Er ist also eine „im Voraus“
gegebene Lernhilfe.
Da die Wortschöpfung „Advance Organizer“ für manche Ohren recht ungewöhnlich klingt, wird
daraus manchmal irrtümlich ein „advanced organizer“, also ein „fortschrittlicher“ Organizer gemacht. Das ist aber nicht damit gemeint.
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5. Unterstützende Maßnahmen
Zwei der am häufigsten beklagten Mängel in den IHK Studien betreffen direkt die Schule und den Unterricht: Rechenfertigkeit und mündliches und schriftliches Ausdrucksvermögen.
Vor diesem Hintergrund entwickelten viele Schulen in Kooperation mit den zuständigen Stellen (Kammern, Innung) Förderprogramme, um diese Streuungen, Mängel, Unterschiede möglichst schnell ausgleichen zu können, um einen Berufsabschluss zu ermöglichen und damit zufriedene, leistungsfähige
Mitarbeiter zu erhalten. Darüber hinaus gibt es verschiedene Möglichkeiten Exzellenz zu fördern, z. T.
auch mit finanziellen Anreizen wie Erfolgsprämien oder Kostenübernahme von Weiterbildungen.
Auch wir haben ein Förderkonzept entwickelt, um den Berufseinstieg zu unterstützen und den Lernort
Schule zu stärken. Beispiel: HHL Förderunterricht s. Extraskript mit Förderkonzept.
NOTWENDIGE ARBEITSTECHNIKEN zu SOL: Lehrpersonen, Schülerinnen und Schüler lernen bestimmte
Arbeitstechniken zur Umsetzung des Selbst-Organisierten-Lernens, wie
Aktivierung von Vorwissen oder Übersicht mit Advance Organizer …
Arbeitsplanung und Zeitmanagement im Gruppenpuzzle
(Teamrollen, Zeitwächter, Projektmanager …)
selbständiges Arbeiten mit Texten (5-Schritte Lesetechnik …)
Arbeiten im Tandem mit Lernstationen (+ Lerntempoduett)
Strukturierungstechniken (Strukturlegen, Begriffsnetze …)
Visualisierungstechniken (Mindmaps, Begriffsnetze, Infografik…)
Präsentationstechniken (Fachgespräch, limbisches Kommunikationsmodell, 2 Min.
Statement, Referat, New Powerpoint, Audio-Filmsequenz mit Storytelling, youtube Videos, Flipchart …)
Recherchieren in vielfältigen Informationsquellen, Bewerten der Quelle, Selektieren,
Dokumentieren (Plakate, Infoblätter, Lern(kartei)karten …)
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Hier erkennt man, dass Basiskompetenzen und berufsrelevantes Vorwissen am Ender des ersten Ausbildungsjahres in Fachwissen I einmünden, was in der Fachstufe weiter vertieft und komplettiert wird.
Für die Berufe, bei denen Zugänge aus anderen Schulen neu hinzukommen, werden die ersten 2 Wochen spezielle Anpassungsprogramme unterrichtet, um darauf ohne Lücken aufbauen zu können.
In den Eingangsklassen schulen wir speziell die Basiskompetenzen, s. HLL Förderunterricht.
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SKILLTRAINING:
Die Lesekompetenz und das Lese- und Hörverständnis ist für uns eine der wesentlichsten Basiskompetenzen in allen Berufen.
In den gewerblich-technischen Ausbildungsberufen müssen häufig Gesetzestexte (z. B. Umweltschutzgesetze, EEWärmeG), Verordnungen (Bay. Kehrordnung, Einspeiseverordnung für Strom
reg. Energieträger, ENEV, BIMSCHV), DIN-Normen, Technische Regeln und vieles mehr verständlich aufbereitet werden.
Dazu kommen viele oftmals sehr spezielle Fachbegriffe, verbunden mit Begriffsbestimmungen
und Begriffsklärungen.
In Abschlussprüfungen sind sogenannte Fachgespräche obligatorisch.
Schülerinnen und Schüler müssen eigene Projekte, z. B. CAD Pläne, technische Installationen,
überzeugend präsentieren können.
Sie müssen Kunden fachlich beraten können und sich einwandfrei als Firmenrepräsentanten
verhalten.
Für Onlineschulungen werden Video-Audio-Sequenzen (Webinare) von Herstellern zunehmend
eingesetzt.
Technisches Englisch ist in nahezu allen Berufen nicht als eigenes Fach, aber als übergreifender
Inhalt in die Theorie der Lernfelder eingebettet, d. h. Schülerinnen und Schüler müssen Manuals
lesen und verstehen können, sich bei internationalen Herstellern Informationen einholen können.
Der Umgang mit dem RTBS (Rechen-Test Berufliche Schulen) ist
ausführlich beschrieben in der Handlungsleitlinie HLLFörderunterricht. s. Extraskript
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In allen Ausbildungsberufen wird lernfeld- und jahrgangsübergreifend mit dem Konstrukt MUSTERHAUS
gearbeitet in unterschiedlichen berufsspezifischen Ausprägungen.
Beispiel: Advance Organizer der Technischen Systemplanerinnen, 12. Jahrgang.
6. Glaubenssätze verändern – Stärken stärken
Beliefs sind Glaubenssätze – Annahmen darüber, wie die Welt, Ihr Verhalten und Leben ist, Sie selbst
sind. Diese Glaubenssätze, Regeln, Wahrheiten, Gesetze, Interpretationen halten Sie für wahr – Sie
glauben daran. Beliefs beeinflussen Denken und Handeln, sogar die eigene Wahrnehmung. Positive Beliefs („Was ich anpacke, gelingt.“) stärken Sie und ermöglichen selbstbestimmtes Leben und Handeln.
Negative Beliefs („Ich bin zu dumm dafür.“) nehmen Ihnen den Wind aus den Segeln.
Eine wichtige Quelle für
Beliefs sind bisherige Erfahrungen. Beliefs beziehen
sich auf spezifische Verhaltensweisen, Fähigkeiten,
Rollen und Ihre Identität
und die Welt um Sie herum.
Es handelt sich um Verallgemeinerungen bestimmter
Zusammenhänge und Bedeutungen. Diese helfen
Ihnen dabei, Ihr Leben zu
gestalten. So sind es oft
Eltern und Großeltern, die
ein bestimmtes Verhalten
und eine bestimmte Sicht
auf die Welt vorleben („Sei
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ein echter Mann!“, „Das gehört sich nicht für ein Mädchen!“), aber auch die Kultur und Gesellschaft, in
die wir hineingeboren werden („Die deutsche Gründlichkeit.“). (aus Quelle: http://ichkurs.de/beliefs )
Um die Stärken zu stärken haben wir verschiedene Trainings aus dem professionellen Beratungs- und
Trainingsbereich eingekauft, um am Selbstwert, den personalen Kompetenzen, Rollenerwartungen und
Werten zu arbeiten. Damit erweitert sich m. E. auch die Rolle der Lehrpersonen umfassend zum Regie
führenden adaptiven Experten, Coach und Mentaltrainer. Ein PARADIGMENWECHSEL!
Die Aufgabe der Lehrerinnen und Lehrer als Berater für passende Lern- und Problemlösestrategien oder
im Umgang mit schwierigen Situationen besteht darin, die Schülerinnen und Schüler darin zu unterstützen, die Zone der individuellen, optimalen Leistungsfähigkeit zu erreichen, zu erhalten und Lernblockaden (Stress) zu vermeiden.
Sie machen sie sensibel, zu spüren, wann sie diese verlassen und vermitteln ihnen ein Repertoire an
Strategien, um wieder in die Zone optimaler Leistungsfähigkeit und des neurobiologischen Wohlbefindens zurückzukehren (das was stark macht und gesund erhält, Salutogenese).
(s. Schaubild oben): Kein Stress wurde durch Prof. Helmke im Seminar berichtigt in herausfordernde
Aufgaben – Eustress – die einen gewissen Druck erzeugen, aber mit Anstrengung lösbar sind (YerkesDodson-Gesetz).
Die aktuell verwendeten Trainings sind:
• Kinesiologische Übungen zum Stressabbau, zur Entspannung, Energetisierung und Atemtechniken (S. Gärtner), bewegte Schule
• Das Integrative Mentaltraining im Sport (IMT) (Wolfgang Amler …)
• Der „Tower of Power“ von Metalog
• „Azubi erfolgreich trainieren“ von Thea Stäudel (mangerseminare)
• „Realitycheck“ von Metalog
Dazu gehört aber auch der respektvolle, wertschätzende Umgang miteinander ohne die weitverbreitete
Defizitorientierung.
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7. Evaluation der Wirkungen und Selbsteinschätzungen
Dafür haben wir ein eigenes Evaluationskonzept erarbeitet. Die wichtigsten Fragebögen zu Unterricht,
aber auch Hinweise für ganz einfache Evaluationen im Unterricht sind beigefügt. S. Extrakopien
Für uns war es immer ein Anliegen, es selbst zu können. Des Weiteren sollte jede Evaluation schnell
durchgeführt werden können, um wenig Unterrichtszeit zu „verbraten“, denn das Wichtigste ist der
anschließende Dialog mit der Klasse über die Ergebnisse und die gemeinsame Vereinbarung von Maßnahmen zur Verbesserung. Wenn keine Onlineversion (PI Server) zur Verfügung steht, helfen uns leistungsstarke Schülerinnen bei der Dateneingabe.
Dazu wird für QSE-Fachkräfte ein Ergänzungsseminar „Vermessen können wir uns selbst“ angeboten.
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Sich Ziele sauber zu setzen und diese auch umzusetzen ist uns ein großes Anliegen. Denn allzu oft versanden die besten Vorsätze.
8. Lernstrategie Ziele setzen
Das sich „Setzen von herausfordernden Zielen“ gehört zu den Lernstrategien mit einem sehr hohen Zusammenhang zur Lernleistung (Effektstärke d = 0,49), aber auch die Fähigkeit, sich auf eine Aufgabe zu
konzentrieren (Prioritäten setzen können) und Ausdauer zu haben, die Höhe der für das Lernen aufgebrachten Anstrengung (Herausforderung) und das Selbstvertrauen (Selbstwirksamkeitserfahrung), dass
man die Aufgabe erfolgreich lösen kann. Diese Lernstrategien kann man sehr effektiv lernen.
Durch häufiges Anwenden vollzieht sich der Übergang von Novize über Fortgeschrittener zu Experte,
sodass man selbst immer mehr zur eigenen selbstregulierten Lehrperson wird.
Methoden des Projektmanagements unterstützen bei großen mittelfristigen Zielen oder Projekten. Dazu
gehört auch das Wissen um die Wirkung von Zielkonflikten auf die Volition, die Umsetzungs- oder Willensstärke, häufig im Zusammenhang mit langfristigen Zielen (Realität hat Ziel überholt oder gute Vorsätze „verblassen“).
Motivierende Zielsetzungen sollten idealerweise folgende Merkmale haben:
realistisch, herausfordernd, attraktiv und selbstverpflichtend formuliert sein,
einen definierten Zeitrahmen haben sowie positiv als Annäherungsziele abgefasst und schriftlich
fixiert sein,
mit eigenen Mitteln erreichbar und mit deutlichen Ergebnisvorstellungen verbunden sein,
unterteilbar sein, so dass eine Annäherung über sinnvolle Zwischenziele erfolgen kann (Meilensteine),
Selbstkontrolle (feedback) über den Erfolg von Zielannäherungen ermöglichen,
kontextualisiert sein, d. h. erkennen lassen, welche Konsequenzen eine Zielerreichung für das
jeweilige Arbeitsumfeld nach sich zieht,
innere Passung besitzen, d. h. andere Lebensziele in konstruktiver Weise ergänzen,
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Optionen eröffnen und Handlungsspielräume erweitern,
natürliche oder intrinsische Belohnungsqualitäten besitzen.
In der praktischen Anwendung dürfte es schwierig sein, Ziele immer so zu formulieren, dass alle Merkmale vorhanden sind. Generell gilt, dass mit der Anzahl vorhandener Merkmale die Zielbindung, das
Gefühl von Selbstwirksamkeit und die Bereitschaft zunimmt, sich anstrengen und durchhalten zu wollen.
Dazu gehört Selbstführung, die bei pull-Motiven besonders unterstützend ist. Pullmotive resultieren aus
Anziehungskräften konkreter Leistungs- und Tätigkeitsziele, die kurz- oder mittelfristig erreichbar sind.
Hilfreich ist die Kenntnis von „Priming“ (vgl. Neuromarketing) und den eigenen Voreinstellungen zu
diesen Zielen. Beim Priming handelt es sich um eine kognitiv-motorisch aufgerufene Voreinstellung. Das
aktuelle Erleben und Verhalten wird hier durch bewusste oder unbewusste Vorerfahrungen (ein Wort,
ein Bild, ein Geruch, eine Geste oder Ähnliches) aktiviert. Sie beeinflussen den Gemütszustand oder
nachfolgendes Verhalten. Das Konzept beruht auf der Aktivierungsausbreitung, die von Assoziationen
beeinflusst wird.
9. Willenskraft trainieren
Willenskraft und Selbstdisziplin sind entscheidende Faktoren für den beruflichen und privaten Erfolg.
Bislang sind sie jedoch kaum Gegenstand von Seminaren. Neurowissenschaftliche Erkenntnisse zeigen
nun, wie die Selbstkontrolle funktioniert – und wie sie sich trainieren lässt.
Quelle: nach TA 2/2015 Franz Hütter (Hochschule f. angewandtes Management, Erding, angepasst an Unterricht.
Einer der legendärsten Versuche der Psychologiegeschichte zeigt, dass die Fähigkeit zur Selbstdisziplin – oder der
Mangel daran – Auswirkungen auf das ganze Leben haben kann. Es handelt sich um den Marshmallow-Test, den
der Persönlichkeitspsychologe Walter Mischel 1968 bis 1974 am Kindergarten des Stanford-Campus durchführte.
Der Versuchsleiter setzte vierjährigen Kindern Süßigkeiten vor und sagte, er würde den Raum verlassen. Die Kinder
könnten den Marshmallow sofort essen, wenn sie jedoch bis zu seiner Rückkehr warteten, würden sie zwei Marshmallows erhalten. Getestet wurde somit die Fähigkeit, eine unmittelbare Belohnung zugunsten eines zukünftigen Zieles aufzuschieben (Delay of Gratification).
Während der Versuch ursprünglich darauf abzielte, Strategien zur Impulskontrolle zu beobachten, zeigte sich erst
Jahre später seine ganze Tragweite: Die Teilnehmer, die bereits als Kindergartenkinder die Fähigkeit besessen
hatten, der süßen Verlockung zu widerstehen, waren als junge Erwachsene erfolgreicher in Schule und Ausbildung,
hatten weniger Probleme mit Drogen, einen niedrigeren Body-Mass-Index und zeigten ein kompetenteres Beziehungs- und Sozialverhalten.
All diese Effekte waren unabhängig von der Intelligenz. Damit bestätigt der Marshmallow- Test die landläufige
Meinung, dass der private und berufliche Erfolg genauso stark von der Selbstdisziplin abhängt wie vom IQ und
nach neueren Forschungsbefunden auch die genetische Veranlagung eine gewisse Rolle dabei spielt, ob wir uns
beim Bändigen des inneren Schweinehundes leichter oder schwerer tun.
Es gibt zahlreiche belastbare Studien, denen zufolge Willenskraft trainierbar ist. Dabei zeigt sich, dass entsprechendes Training gerade für Willensschwächere einen deutlichen Zugewinn an Selbststeuerungsfähigkeit bringt.
„Du kannst es, wenn Du es wirklich willst, Du musst es nur wirklich wollen!“, lautete die Formel der alten Motivationsgurus. Was ist nun aber dieses mysteriöse Wollen, und wie schaffen wir es, in ausreichendem Maße das Richtige wollen zu können?
Die wichtigste Antwort der Neurowissenschaften lautet: Willenskraft braucht Zucker. Denn der von der
neurobiologischen Willensforschung beschriebene „Glucose Dependent Willpower Effect“ besagt, dass
zur Ausübung der Willenskraft Nervennetzwerke im Gehirn aktiviert werden müssen, die ansonsten
inaktiv wären (zum Beispiel der Gedanke an meine Gesundheit und schlanke Linie) und andere Nervennetzwerke aktiv gehemmt werden müssen, die dummerweise gerade aktiv sind (zum Beispiel der Gedanke an das Eis im Kühlschrank). Dieser Vorgang verbraucht Stoffwechselenergie in Form von Glucose,
weshalb die Willenskraft in dem Maße begrenzt ist wie der Energielieferant in den beteiligten Nervenzellen.
Entsprechende Experimente haben gezeigt: Je mehr Willenskraft für eine Aufgabe erforderlich ist, desto
mehr brennen die Energiespeicher in den Zellen aus. Das zeigt sich etwa, wenn man eine Gruppe von
Probanden eine Meinung vertreten lässt, die sie selbst strikt ablehnen. Im Vergleich zu einer KontrollMännliche Sprachformen sind eingeschlossen
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gruppe, die im Einklang mit den eigenen Werten argumentieren durfte, leeren sich die Glucosespeicher
der ersten Gruppe wesentlich schneller – mit spürbaren Auswirkungen auf ihre Leistung in nachfolgenden Aufgaben, für die ebenfalls Selbstdisziplin erforderlich ist. So geben die Teilnehmer, die ihre Willenskraft schon verausgabt haben, bei einer unlösbaren und daher frustrierenden Rätselaufgabe deutlich früher auf als die Kontrollgruppe. Sie verlieren auch früher die Selbstkontrolle, wenn sie provoziert
werden und bringen beim Zusammendrücken eines hydraulischen Zylinders weniger Muskelkraft auf.
Dies liegt daran, dass die durch Selbstdisziplin im Gehirn verbrauchte Glucose auch in den Muskeln fehlt.
Diese lässt sich zum Teil wieder auffüllen durch süße Limonade oder einen Schokoriegel.
Dadurch gewinnt auch die Wertearbeit im Unterricht neue Bedeutung: nicht nur als Instrument der Motivationssteigerung, sondern auch als Instrument der Willensstärkung. In Studien mit funktioneller Kernspintomographie konnte ein eindeutiger Zusammenhang zwischen dem Versagen von Selbstkontrolle
(im Angesicht eines schmackhaften, aber ungesunden Lebensmittels) und der fehlenden Repräsentation
eines zieldienlichen Wertes (wie zum Beispiel Gesundheit oder Attraktivität) in den zuständigen Arealen
des unteren mittleren Stirnhirns nachgewiesen werden. Wie kommen diese Werte dorthin? Nun, indem
man sich mit ihnen beschäftigt, über sie nachdenkt, redet und vielleicht sogar schreibt.
1. Reflektieren über das, was wichtig war
Eine über drei Jahre angelegte Studie zur Wertearbeit mit Schülern ergab eine Leistungsverbesserungen um 25 bis 30 Prozent und eine deutliche Angleichung zwischen leistungsstarken und
leistungsschwachen Schülern. Die Intervention war dabei so erfolgreich wie unspektakulär:
Man gab den Schülern viermal im Jahr die Gelegenheit, in einem Schulaufsatz darüber zu reflektieren, was ihnen im Leben wichtig war. Die motivationale und volitionale Stärkung zeigte
durchschlagende Wirkungen. Schade, dass solche Instrumente noch nicht in der Unterrichtsentwicklung angekommen sind.
2. Automatisierte Selbstüberwindung
Die zweite Konsequenz für die Praxis setzt an einer bemerkenswerten Fähigkeit des Gehirns an: Es kann
lernen, beim Aufbringen von Willenskraft energiesparender zu arbeiten, indem es die entsprechenden –
zunächst unter Aufwendung bewusster Aufmerksamkeit ablaufenden – An- und Ausschaltvorgänge von
Nervennetzwerken nach und nach automatisiert. So können wir uns in gewissem Maße daran gewöhnen, ungeliebte Tätigkeiten routinemäßig durchzuführen, indem durch Übung verbreiterte Bahnen in
den Nervennetzwerken entstehen.
Hierfür ist insbesondere Wiederholung nützlich, die am besten durch Rituale in den Alltag integriert
wird. Solche Rituale können etwas mit dem erwünschten Zielverhalten zu tun haben – etwa eine zweiminütige Atemübung vor einer konzentrierten Arbeitsphase – müssen es aber nicht. Dabei ist zu beachten, dass die Glucose, die man aufwenden muss, um sich zu der kleinen Meditationsübung zu überwinden, bei der eigentlichen Arbeit erst einmal fehlen wird.
Durch diesen Rückschlag („die blöde Atemübung bringt nichts, im Gegenteil!“) sollte man sich jedoch
nicht entmutigen lassen. Denn bereits nach wenigen Tagen stellen sich erste Übungseffekte ein, so dass
die Stärkung der „Willensmuskulatur“ durch die Atemübung dann auch beim Verfassen eines unliebsamen Projektberichtes hilft.
3. Willensübungen sind überall
Das Praktische an der Willenskraft ist, dass sie scheinbar unabhängig davon, wofür wir sie aufwenden
müssen – vom Verfassen eines Referates bis zum Training im Sportverein – im Gehirn gleich funktioniert.
Deshalb können wir sie auch mit beliebigen Übungen trainieren, die es erfordern, mit einer gewissen
Anstrengung etablierte Verhaltensmuster zu durchbrechen. Daher sind selbst relativ sinnfreie Übungen
wirksam.
Darunter fällt zum Beispiel die Aufgabe, tägliche Aktivitäten mit der nicht dominanten Hand durchzuführen, in seinem Sprachgebrauch bewusst auf Füllwörter, Flüche oder sonstige Gewohnheiten zu verzichten oder seine Reden über Lehrer, Eltern, Mitschüler bewusst frei von Klischees zu halten.
Männliche Sprachformen sind eingeschlossen
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PI Seminar Unterricht diagnostizieren & Individuelle Förderung Günther Goblirsch
Seminarunterlagen– nur für den persönlichen Gebrauch
Wertschätzendes Feedback der Gruppe oder Klasse kann überall eingesetzt werden. In Seminaren und
im Unterricht. MMB ist eine Eigenentwicklung von Robert Dick.
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