Hohe Auslastung in der Bauwirtschaft

WIRTSCHAFT ECONOMIE
Kein Frankenschock bei der Konjunktur:
Hohe Auslastung in der Bauwirtschaft
Auch wenn die Unternehmen des Baugewerbes diejenigen
sind, die von der Aufhebung des Franken-Mindestkurses die
geringsten Auswirkungen erleben, ist eine Eintrübung bei
den Bauinvestitionen zu erwarten. Dies vor dem Hintergrund
eines zum Jahresbeginn verbesserten Geschäftsgangs im
Baugewerbe und im Projektierungssektor.
Sowohl in der Planungs- als auch
in der Ausführungsbranche ist
die Reichweite der Auftragsbestände weiterhin sehr hoch. Wie
die Konjunkturforschungsstelle
der ETH (KOF) in ihrer Umfrage
feststellt, vermochten die Bauunternehmen ihre Produktion in
den letzten drei Monaten des
Vorjahres zu steigern und lasteten ihre Maschinen und Geräte
deutlich höher aus als zuvor.
Insgesamt sind die Baufirmen
mit den vorhandenen Auftragsreserven zufrieden. Dementsprechend wollen die Baufirmen die
Bautätigkeit in der nächsten Zeit
unverändert belassen. Die Unternehmen des Bauhauptgewerbes wollen gemäss KOF die Aktivität etwas drosseln. Im Projektierungssektor dürfte die Be-
schäftigung leicht zunehmen.
Die Planungsbüros rechnen mit
einem fast stabilen Geschäftsverlauf in den kommenden sechs
Monaten, obwohl die Honorarsätze wieder verstärkt unter
Druck kommen dürften.
Eine Abkühlung
wird spürbar
Bei einem recht hohen Tätigkeitsniveau sind die Auftragsbestände der Baufirmen insbesondere im Wohnungsbau rückläufig.
Der lange Wachstumszyklus der
Bauwirtschaft hat den Zenit
überschritten, und vermehrt
macht sich eine Abkühlung bemerkbar, wie aus dem Bauindex
der Credit Suisse und des
Schweizerischen Baumeisterverbands hervorgeht. Dementsprechend wird für das laufende Jahr
ein leichter Rückgang der Bautätigkeit erwartet. Ein eigentlicher Einbruch wird aber nicht
befürchtet.
Anders präsentiert sich die Lage
in den Tourismusgebieten: Hier
werden die Auswirkungen der
Zweitwohnungsinitiative massiv
zu spüren sein. Die Wohnbautätigkeit wird empfindlich zurückgehen.
Frankenaufwertung
im Bau begrenzt
Der Wohnungsbau bleibt mit 47'000 Neuerstellungen im vergangenen
Jahr auch für 2015 die Stütze der Bauwirtschaft.
Fotos: CM
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Die starke Aufwertung des Frankens nach Aufgabe der Wechselkursuntergrenze hat vorerst kaum
Auswirkungen auf die Bautätigkeit, heisst es von CS und SBV: Es
dauert eine gewisse Zeit, bis die
konjunkturelle Abkühlung auch
in der Bauwirtschaft ankommt.
Mittelfristig wird sich die Bauwirtschaft den negativen Auswirkungen aber kaum entziehen
können. Erstes Opfer könnte der
zuletzt starke Bürobau sein, da
bereits heute die Leerstände mancherorts hoch sind.
Die neuste KOF-Umfrage zeigt im
Baugewerbe und im Projektierungssektor einen deutlichen
Rückgang der Geschäftslage, dieser wird aber in seiner Stärke
nicht aussergewöhnlich eingeschätzt. Im Projektierungssektor
stieg der Geschäftslageindikator
im Januar stark, so dass der Rückgang im Februar diesen Anstieg
nur teilweise revidiert und die
unmittelbaren Wirkungen begrenzt sind, heisst es von KOF.
Aus Sicht des binnenorientierten
Baugewerbes werden nach Aufhebung des Euro-Mindestkurses
die Auswirkungen zumindest
kurzfristig als gering eingeschätzt.
Mittelfristig dürfte sich der Wirtschaftsbau der negativen Entwicklung nicht entziehen können.
Unklar sind gemäss dem SBV die
Auswirkungen im Wohnungsbau.
Einerseits beleben die nochmals
sinkenden Zinssätze die Nachfrage, anderseits wirken eine steigenden Arbeitslosigkeit, stagnierende Einkommen sowie die
arbeitsmarkbedingt rückläufige
Einwanderung dämpfend. Demgegenüber können Bauherren von
tieferen Preisen für Baustoffe profitieren. Das gilt vor allem für das
vom Erdölpreis abhängige Bitumen, etwas weniger für Zement
und Backsteine. Der Konkurrenzdruck aus dem grenznahen Ausland wird für die Produzenten
zunehmen, heisst es vom SBV.
Normalisierung der
Konjunktur setzt sich fort
Konkret wird gemäss dem von CS
und SBV erfassten Bauindex für
das erste Quartal ein Umsatzrückgang im Bauhauptgewerbe
von 3,2% zum Vorquartal und
5,8% gegenüber dem Vorjahresquartal erwartet. Haupttreiber
der Abschwächung ist die Indexkomponente Tiefbau, die gegenüber dem Vorquartal 3,9% einbüsst.
Beim Hochbau korrigiert – von
hohem Niveau ausgehend – erneut der Wohnungsbau (-4,0%).
Positive Impulse gehen vom öffentlichen Hochbau (+5,6%) und
vom Ausbaugewerbe (+0,8%) aus.
2 | 2015
ECONOMIE WIRTSCHAFT
Die Aufhebung der EUR/CHFUntergrenze, welche die Konjunktur kurz- bis mittelfristig dämpft,
wird trotz der starken Binnenorientierung auch im Bauhauptgewerbe Spuren hinterlassen. Die
Nachfrage auf den fundamentalen
Immobilienmärkten dürfte vorerst insbesondere bei den kommerziellen Flächen zurückgehen.
Positive Impulse für die Bauwirtschaft werden von der erneuten
Senkung der Leitzinsen ausgehen.
Investitionen in risikoarme Anlagen erzeugen kaum mehr eine
Rendite, und das Halten von flüssigen Mitteln kann gar mit Negativzinsen bestraft werden. In einem solchen Umfeld gewinnen
Immobilien als Anlageklasse
nochmals an Attraktivität. Dieser
Effekt dürfte dafür sorgen, dass
ausserhalb der Tourismusregionen 2015 ein erfolgreiches Baujahr wird – auch wenn davon
auszugehen ist, dass die rekordhohen Umsätze des Vorjahrs nicht
mehr erreicht werden.
Höhepunkt im Hochbau
überschritten
Der Hochbauindex sinkt gegenüber dem 4. Quartal 2014 um
2,4% auf den Stand von 112 Punkten. Haupttreiber dieses Rückgangs ist erneut die Indexkomponente Wohnungsbau, welche um
4,0% nachgibt. Deutlich kleiner
ist der Rückgang des Wirtschaftsbaus (-1,3%), der sich in Relation
zum langjährigen Durchschnitt
aber bereits auf tieferem Niveau
befindet. Die Korrektur im Wohnungsbau ist als Normalisierung
zu betrachten und noch nicht als
Beginn eines anhaltenden Abschwungs.
Zwar wird der gestoppte Bau von
Zweitwohnungen Spuren hinterlassen. Ausserhalb von Zweitwohnungsgemeinden war die Planung
von neuen Wohnungen jedoch im
Jahr 2014 mit rund 47‘000 baubewilligten Wohneinheiten fast
gleich hoch wie im Rekordjahr
2013. Dabei setzt sich der Trend
Im Tief- und Ingenieurbau setzt sich die Korrektur der starken ersten
Jahreshälfte 2014 fort, doch sind weitere Grossprojekte in der Pipeline
zu Mietwohnungen fort. Letztere
dürften im Jahr 2015 rund die
Hälfte des Reinzugangs an Woh-
nungen ausmachen. Daher wird
erwartet, dass sich die Umsätze im
Verlauf des Jahres stabilisieren.
WIRTSCHAFT ECONOMIE
Umsätze im Tiefbau
weiter rückläufig
Stärkster Rückgang
des Bauindex‘
Der Tiefbauindex gibt im Vergleich zum Vorquartal um 3,9%
nach. Die Korrektur der rekordstarken ersten Jahreshälfte 2014
dürfte sich folglich weiter fortsetzen. Damit zeigt sich gemäss
Bauindex, dass einzelne Wachstumsschübe wie erwartet kurzfristiger Natur sind, und entsprechende Korrekturen folgen
werden. Zwar ist davon auszugehen, dass sich die Umsätze im
Verlauf des Jahres 2015 langsam
stabilisieren. Der Auftragseingang dürfte aber angesichts auslaufender Grossprojekte und der
zum Sparen gezwungenen Verwaltungen weiter verhalten ausfallen. Der grundsätzlich solide
Auftragsbestand wird mit wachsender Beschäftigung zusätzlich
schneller abgebaut: Dem Rückgang des Auftragsbestandes um
3,7% zwischen dem 3. Quartal
2011 und 2014 steht ein Beschäftigungsaufbau im Tiefbau von
3,3% gegenüber.
Im Vergleich zum Vorjahr liegt der
Bauindex mit einem Minus von
5,8% deutlich tiefer. Ausschlaggebend für die erneute Eintrübung
der Umsatzaussichten ist primär
die negative Dynamik beim Tiefbauindex (Veränderung zum Vorjahr: -8,5%).
Längerfristige Risiken für die Baukonjunktur liegen nebst der Zinswende und einer weiteren Verschärfung der Regulierung des
Hypothekar- und Immobilienmarkts vor allem in einer Reduktion der Zuwanderung und einer
möglichen Kündigung der bilateralen Verträge mit der EU.
Beim Tiefbau wirkt sich ausserdem die angespannte Situation bei
den Finanzhaushalten vieler Kantone und Städte aus.
Auslaufende Grossprojekte werden mittelfristig jedoch durch
neue Projekte abgelöst. Ein Beispiel ist das Bahnprojekt Léman
2030, in dessen Rahmen insgesamt
rund 3 Mrd. CHF in die Gleisinfrastruktur und Bahnhöfe der Strecke Lausanne - Genf investiert
werden
Baupreisteuerung
seit sechs Jahren tief
Der saison- und baupreisbereinigte Bauindex mit der seit
1999 erhobenen Bauteuerung
neutralisiert Entwicklungen, die
auf teuerungsbedingte Umsatzsteigerungen zurückzuführen
sind. Mit -0,3% im Vorjahresvergleich resultierte im zweiten
Halbjahr 2014 eine leicht negative Baupreisteuerung. Damit
liegt der Baupreisindex aktuell
nur 3,7% über dem Stand von
2009. Aufgrund der geringen
Preisbewegungen bezeichnet der
Bauindex die Abweichungen
zwischen realer und nominaler
Indexentwicklung aktuell als
sehr klein.
Zwei gegenläufige Effekte dürften die Bauteuerung im laufenden Jahr beeinflussen: Einerseits
stützt die hohe Nachfrage nach
Bauleistungen die Preise weiterhin.
Andererseits begrenzt der scharfe Wettbewerb – in Kombination
mit strukturellen Problemen der
Branche und wechselkursbedingt
tieferen Importpreisen – den
Preisauftrieb.
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Hochbau resistent gegen
Frankenschock?
Die Hochbaukomponente des Bauindex‘ büsst im Vorjahresvergleich
2,9% ein. Dabei driften Wirtschafts- (+8,8%) und Wohnungsbau (-9,4%) weiter auseinander.
Stabilisierend wirkt der anziehende öffentliche Hochbau (+11,7%).
Als typische binnenorientierte
Branche scheint der Hochbau auf
den ersten Blick wenig betroffen
von der Aufhebung der EUR/CHFUntergrenze. Dennoch wird der
Frankenschock auch an der Baubranche nicht spurlos vorbeigehen, vorerst wohl hauptsächlich
beim Wirtschaftsbau.
Regionale Schwerpunkte
im Hochbau
Das Investitionsvolumen eingereichter Baugesuche dient dem
Bauindex als Indikator für die
regionale Nachfrage nach Bauleistungen.
Schweizweit lag die Projektierungstätigkeit mit einem Volumen
Le ralentissement
devient sensible
Le long cycle de croissance
dans la construction a dépassé
son point culminant. Le ralentissement se fait de plus en
plus sentir. C’est ce qui ressort
de l’indice de la construction
de la Société Suisse des Entrepreneurs (SSE) et du Credit
Suisse, publié aujourd’hui. Les
carnets de commandes des entreprises sont en recul surtout
dans le secteur du logement.
Mais leur niveau est encore
élevé. Pour 2015, la Société Suisse des Entrepreneurs table
sur un léger recul de l’activité
en Suisse. Un effondrement
proprement dit n’est pas à
craindre. En revanche, la situation est toute différente dans
les régions touristiques, qui
percevront de manière massive
les retombées de l’initiative sur
les résidences secondaires.
L’activité diminuera donc sensiblement dans le secteur du
logement.
La forte appréciation du franc
à la suite de l’abandon du taux
de change plancher n’a guère
d’effet sur l’activité dans la construction dans un premier
temps, car il faut un certain
temps pour que le ralentissement conjoncturel se fasse
sentir aussi dans le secteur de
la construction. À moyen
terme, la construction ne pourra guère échapper à des conséquences défavorables. La
première victime pourrait être
le secteur de la construction
d’immeubles de bureaux
puisque le niveau de bureaux
vacants est déjà important à
certains endroits.
L’indice de la construction enregistre une baisse à 132
von 17 Mrd. CHF in den vergangenen sechs Monaten rund 3%
unter dem Durchschnitt der letzten 10 Jahre.
Überdurchschnittlich viele neue
Projekte werden insbesondere
noch in den Kantonen Luzern und
Uri, Schaffhausen, Appenzell Innerrhoden, Freiburg, in der Region
points. L‘indice de la construction tablons donc pour le
1er trimestre 2015 sur un recul
de 3,2% des chiffres d‘affaires
dans le secteur principal de la
construction par rapport au
trimestre passé et de 5,8% par
rapport au trimestre correspondant de l‘année dernière.
La principale cause du recul
est la composante génie civil,
qui perd 3,9% par rapport au
trimestre précédent. C‘est la
construction de logements qui
est, partant d‘un haut niveau,
une nouvelle fois faible (-4,0%).
Les impulsions positives viennent de la construction publique (+5,6%) et de la construction spécialisée (+0,8%).
L‘abandon du taux plancher
EUR/CHF, qui pénalise la conjoncture suisse à court et moyen terme, laissera des traces
dans le secteur de la construction malgré sa forte orientation
sur le marché intérieur. La demande sur les principaux marchés immobiliers devrait notamment reculer en ce qui
concerne les surfaces commerciales. On attendons par contre des impulsions positives
d‘une nouvelle baisse des taux
d‘in térêts. L‘investissement
dans des placements à faible
risque ne génère pratiquement
plus aucun rendement et la
détention d‘actifs liquides peut
même être punie avec des taux
d‘intérêt négatifs. Dans un tel
environnement, l‘immobilier
gagne en attractivité comme
classe d‘actifs. Cet effet est de
nature à assurer une année
réussie pour la construction en
2015 en dehors des régions
touristiques, même si on supposons que les chiffres
d‘affaires record de l‘année
précédente ne seront pas atteints.
SSE
Genf-Nyon, sowie entlang der
Achse Brugg - Aarau - Olten - Solothurn geplant.
Eine unterdurchschnittliche Projektierungstätigkeit verzeichnet
der Bauindex in insgesamt 68 der
insgeamt 110 Wirtschaftsregionen.
Betroffen sind hier vor allem die
Regionen um die Grosszentren
2 | 2015
ECONOMIE WIRTSCHAFT
Arbeitsvorräte im Bauhauptgewerbe nach Sparten.
Réserves de travail dans le SPC suisse selon secteurs.
Quelle: Schweizerischer Baumeisterverband
Source: Société Suisse des Entrepreneurs
Bautätigkeit (Umsätze) im
Bauhauptgewerbe.
Quelle: Schweizerischer
Baumeisterverband
Activité (chiffres d‘affaires) dans
le SPC.
Source: Société Suisse des
Entrepreneurs
(mit Ausnahme von Genf) und der
Neuenburger Jura. Der Alpenraum ist weiterhin von den Unsicherheiten auf dem Zweitwohnungsmarkt geprägt.
Die Projektierungstätigkeit für
Büroflächen ist nach einem deutlichen Rückgang in den Jahren
2012 und 2013 mittlerweile stabil
und gemessen an den insbesondere in Genf und Zürich vorhandenen Überangeboten noch relativ hoch.
CM