Kunsträume: das neue Dommuseum Hildesheim

Das neue Dommuseum Hildesheim
April 2015
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kunstRäume
Das neue
Dommuseum
Hildesheim
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Das neue Dommuseum Hildesheim
Das neue Dommuseum Hildesheim
Kunst braucht Räume
Sichtachsen, Begegnungen, Aufbrüche
Durchblicke
Von Anfang an gab es einen Masterplan, eine
Vision von einer Kirche des 21. Jahrhunderts,
die neue Räume erschließt. Als das Kölner
Architekturbüro Schilling mit der Sanierung
von Dom und Dommuseum beauftragt wurde,
ging es um eine umfassende Lösung. Den
Raum klären, Dinge sichtbar machen – das
Credo des Architekten Johannes Schilling
unterstreicht das Anliegen, Bischofskirche
und Museum als Einheit neu zu denken und
entsprechend zu gestalten, als Symbiose von
Kirche, Kunstraum und Schatzkammer aus
einem Guss. In diesem groß angelegten Projekt
sollen Tradition und Gegenwart gleichermaßen
sichtbar bleiben, Schilling spricht von „transparenter Harmonie“.
Das Eingangsfoyer verbindet Dom und Museum. Der Weg führt über den doppelstöckigen
Kreuzgang aus dem 12. Jahrhundert, eine
architektonische Rarität nördlich der Alpen.
Es gibt wohl keinen schöneren Blick auf den
Innenhof der mittelalterlichen Bischofskirche
und den legendären 1000-jährigen Rosenstock,
der mit der Gründungsgeschichte des Bistums
im Jahr 815 verwurzelt ist. Der obere Kreuzgang grenzt an das südliche Querschiff der
Bischofskirche. Hier gibt ein gläserner Durchbruch den Blick auf die bronzene Christussäule
im Dom frei, eine Triumphsäule des Glaubens
nach antikem Vorbild mit Szenen aus dem
Neuen Testament aus der Zeit um 1000.
Faszinierende Durchblicke ergeben sich auch in
der ehemaligen Antoniuskirche. Ein Balkon mit
gläserner Brüstung verbindet Alt- und Neubauteil sowie Ober- und Erdgeschoss. An diesem architektonischen Knotenpunkt bündeln sich die
Perspektiven. Eine Blickachse öffnet sich zum
ehemaligen Rittersaal auf der gegenüberliegenden Seite. Die Raumwirkung ist überwältigend.
Von hier aus ist auch das gewaltige Stahlkreuz
sichtbar, das der Innenarchitekt Dieter Thiel in
den Rittersaal eingezogen hat. Dieses Kreuz
prägt die gesamte Raumflucht. Das Konzept
der Sichtachsen setzt sich im Erdgeschoss fort.
Schlicht, funktional, transparent: Die neuen
Vitrinen orientieren sich am puristischen Design
moderner Inneneinrichtungen.
Ziel und Wendepunkt im Obergeschoss: das Ringelheimer Kruzifix.
Nach fünf Jahren Bauzeit wird das Hildesheimer Dommuseum
wiedereröffnet. Die Ausstellungsfläche hat sich vervierfacht.
Die neue Dauerausstellung verbindet Jahrhunderte alte Schätze
mit Objekten der Gegenwartskunst.
Eine verformte, einsame Figur, verloren, verzweifelt,
„Methusalem“. Die kleine Bronzestatue empfängt den
Besucher in den Räumen des neuen Dommuseums, eine
Arbeit des 1995 jung verstorbenen Münchner Bildhauers
und Kunstphilosophen Thomas Lehnerer. Der Mensch
auf der Suche nach sich selbst und – vielleicht – nach Gott.
Dieser Skulptur gegenüber hängt ein großformatiges
Gemälde aus der frühen Barockzeit – Johannes der Täufer
predigt am Jordan. Ein irritierender Auftakt. In der neuen
Dauerausstellung des Hildesheimer Dommuseums sind
Tradition und Moderne fest miteinander verwoben.
Dom und Dommuseum bilden eine Einheit, sie sind über
den oberen Kreuzgang miteinander verbunden. Der größte
Teil der Sammlung ist in der ehemaligen Antonius-Kirche
beheimatet, an die profanierte Kapelle schließt sich ein
Kopfbau an. Hier hat der neun Meter hohe RenaissanceLettner aus dem historischen Dom Platz gefunden. Vom
Obergeschoss aus ist die imposante Triumphkreuzgruppe
zu sehen. Zeitachsen kreuzen sich. Ein Stockwerk tiefer
kommt es zu einer Begegnung mit der Formensprache der
Moderne: Der Bilderwand des Lettners aus dem 16. Jahrhundert mit Szenen aus dem Alten und Neuen Testament
steht ein Kunstwerk des 20. Jahrhunderts gegenüber, die
abstrakte Skulptur „Strukturen, vernetzt“ von Emil Cimiotti, einem der wichtigsten Vertreter des Informel. Nach den
Erschütterungen des Zweiten Weltkriegs hatten die Künstler den Glauben an die Kraft der Bilder verloren. Sie waren
auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen.
Von der Bilderlust der Barockzeit wiederum zeugen die
sechs prachtvollen Wandteppiche aus fürstbischöflicher
Zeit. Der Gobelin-Zyklus wurde im 18. Jahrhundert für das
Domkapitel angekauft – als Zeichen von Herrschaft und
Repräsentation. Die Bildfolge mit der Artemisia-Legende
kreist um das Thema der gerechten Regierung. Leihgaben aus dem Bestand der benachbarten Dombibliothek
greifen dieses Thema auf und verweisen zugleich auf den
Bildungsauftrag der Kirche in der Gesellschaft. Den Kampf
um den rechten Glauben im Zeitalter der Gegenreformation bezeugen die drei Wrisbergschen Tafeln – das Tryptichon aus dem späten 16. Jahrhundert ist eine bildmächtige
Verteidigung der römischen Kirche. Diesen heute schwer
verständlichen Propagandabildern gegenüber hängt die
grafische Collage des Künstlers Gerd Finkel mit dem poetischen Titel „Engel der Zeit“, eine zeitgenössische Auseinandersetzung mit dem Glauben.
Die Große Goldene Madonna, eine der ältesten Marienfiguren abendländischer Kunst, gehört zu den zentralen
Schätzen der Sammlung. Die Figur nimmt das Thema der
Menschwerdung Gottes auf, das auch in dem monumentalen Bildwerk des Gekreuzigten anklingt, einer Stiftung
Bernwards für das ehemalige Kloster Ringelheim. Das
1000 Jahre alte Kruzifix ist an einem mächtigen Stahlkreuz angebracht, das den ehemaligen Rittersaal gliedert.
In diesem Raum, dem Herzstück der neuen Dauerausstellung, sind auch die hochmittelalterlichen Altargeräte ausgestellt, Prunkstücke des weltberühmten Domschatzes.
Im Erdgeschoss ist das Thema „Endlichkeit und Ewigkeit“
eindrucksvoll in Szene gesetzt. Den kostbar umhüllten
Reliquien, darunter Textilien aus dem Godehardschrein,
werden zeitgenössische Arbeiten von Gerd Winner und
Arnulf Rainer zur Seite gestellt. Seelenheilstiftungen neben
ernüchternden Visionen vom Ende, Kreuzübermalungen. In
dieser extremen Spannung dokumentieren die Kunstwerke, dass jede Epoche ihre eigenen Antworten auf existentielle Fragen finden muss. Im Untergeschoss öffnet sich ein
Fenster in die Gründungszeit des Bistums. Archäologische
Funde von historischen Stadtmauern erinnern heute daran, wie eng Stadt und Bischofssitz im Mittelalter aufeinander bezogen waren.
Das neue Eingangsfoyer verbindet Dom und Dommuseum.
Endlichkeit und Ewigkeit: Gerd Winners vierteilige Arbeit „The End“.
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Das neue Dommuseum Hildesheim
Das neue Dommuseum Hildesheim
Zeitsprünge: Der Direktor des Dommuseums,
Professor Michael Brandt, im Dialog
Schatzkammern
auf Zeit
Das reiche Erbe verpflichtet. Das Dommuseum bewahrt eine der weltweit
wichtigsten Sammlungen sakraler Kunst
des Mittelalters auf, seit 1985 gehört der
Hildesheimer Domschatz zum Weltkulturerbe der UNESCO. Im Bestand sind heute
auch zeitgenössische Kunstwerke, allein
die Grafiksammlung umfasst etwa 900
Blätter aus der Zeit vom 15. Jahrhundert
bis zur Gegenwart.
Herr Professor Brandt, auf dem Plakat zur Wiedereröffnung des
Hildesheimer Dommuseums werben Sie mit dem Slogan „mehr
als ein Schatz“. Lässt sich denn ein Schatz noch überbieten?
Unter einem Schatz stellt man sich doch eher ein Ensemble
von goldglitzernden Gegenständen hinter dicken Mauern
vor, die nur für sich selbst sprechen. Das Dommuseum
sieht aber seine Aufgabe darin, die Kunstschätze aus dem
Mittelalter im Gegenüber zu Werken von Künstlern unserer
Zeit für Menschen von heute zum Sprechen zu bringen.
Deshalb wollen wir auch keinen klassischen Rundgang
durch die Kunstgeschichte präsentieren, sondern setzen
Themenschwerpunkte. Das Spektrum ist einfach viel breiter geworden.
Seit 1978 bis zum Beginn der Umbauarbeiten auf dem Domhof 2010 war das
Museum auf engstem Raum im ehemaligen Kapitelhaus untergebracht. Trotz
enormer Platznot wurde die Sammlung
systematisch aufgestockt und wissenschaftlich erschlossen. Etwa 50 Publikationen und Ausstellungskataloge sind in
diesen Jahren erschienen. Mit regelmäßigen Sonderausstellungen ist es gelungen,
ein neues Publikum für die alten Schätze
zu interessieren.
Der Hildesheimer Domschatz gehört neben dem Dom und
St. Michaelis zum Weltkulturerbe der UNESCO. Was verbirgt
sich hinter diesem Gütesiegel?
Bei der Michaeliskirche, die sich Bischof Bernward um 1000
als Grabkirche errichten ließ, spielt natürlich die Architektur eine wichtige Rolle. Bei Dom und Domschatz aber geht
es vor allem um das Inventar. Ein Inventar, das in dieser
Fülle und aus der Zeit des frühen und hohen Mittelalters an
kaum einem anderen Ort so komplex und so umfangreich
erhalten ist wie hier. Eine besondere Herausforderung bei
der Neukonzeption der Dauerausstellung lag darin, das
Ensemble von Dom und Dommuseum als Einheit erfahrbar zu machen. Wir haben eben nicht nur eine 1200 Jahre
alte Bischofskirche mit kostbaren Ausstattungsstücken
wie der berühmten Bernwardtür, der Christussäule oder
dem bronzenen Taufbecken und daneben ein Museum mit
den übrigen Schätzen. Die unmittelbare Nachbarschaft
lässt deutlich werden, dass all diese Kostbarkeiten ein und
demselben Zweck dienten: dem christlichen Kult, der Andacht und dem Gebet. Das wollen wir den Menschen heute
bewusst machen.
Sie präsentieren auch einige Schätze aus der benachbarten Dombibliothek. Wollen Sie am Domhof näher zusammen rücken?
Es ist wichtig, dass ein Museum lebt. Der zentrale Kernbestand unserer Sammlung wird immer zu sehen sein, aber
um diesen Kern herum sollen im Wechsel auch andere
Kunstwerke und kulturgeschichtlich bedeutende Stücke
gezeigt werden. Die Dombibliothek ist neben der in Köln,
soweit ich sehe, deutschlandweit die einzige, die nicht
säkularisiert worden ist. Mit der wechselnden Präsentation
Eine zeitgenössische Auseinandersetzung mit dem Glauben: Gerd Finkels Collage „Engel der Zeit“.
dieser Schätze wollen wir auch an die Kirche in ihrer Rolle
als Förderin von Künsten und Wissenschaft erinnern. Über
die Kirchen und Klöster des Mittelalters wurde das Wissen
der Antike in die Gegenwart übermittelt. Die Dombibliothek
hat hervorragende Schätze, die das dokumentieren. Ein
solches Zeugnis etwa ist eine Handschrift mit Werken des
berühmten antiken Philosophen Boethius.
Einige der Prunkstücke des Dommuseums sind bis heute in
liturgischem Gebrauch. Sind sie deshalb auch dem Himmel
besonders nah?
Man ist ja gewohnt, in einem Museum Dinge einer untergegangenen Kultur zu finden, etwa in Antikenmuseen. Das
ist in einem Dommuseum eben nicht der Fall. So wird der
Besucher hier zwar mit Zeugnissen aus früheren Jahrhunderten konfrontiert, aber es sind Zeugnisse, die etwas zum
Ausdruck bringen, was bis heute für viele Menschen von
zentraler Bedeutung ist, und das versuchen wir zu vermitteln. Das, was wir hier sehen, hat etwas mit uns selbst zu
tun. Mit mir, mit meinen Fragen an das Leben. Was trägt
mich, was ist mir heilig?
In der neuen Dauerausstellung treten historische Kunstschätze in den Dialog mit zeitgenössischen Werken. Warum
inszenieren Sie diese Zeitsprünge?
Im Gegenüber: Emil Cimiotti, „Strukturen,
Der Einband des Sog. Kleinen
vernetzt“ und der Renaissance-Lettner.
Bernward-Evangeliars und das
Schätze aus der Dombibliothek:
„Kreuz übermalt“ von Arnulf Rainer.
kostbare Buchmalereien.
In unserer bildersüchtigen Welt haben wir doch das Sehen
längst verlernt. In unserer Ausstellung versuchen wir also,
überkommene Sehgewohnheiten aufzubrechen. Deshalb
haben wir mit einzelnen zeitgenössischen Kunstwerken
gewissermaßen „verstörende“ Elemente eingebaut. Wir
zeigen beispielsweise eine Reihe von mittelalterlichen Reliquiengefäßen mit Überresten von Menschen, von denen
gläubige Christen annehmen, dass sie nah bei Gott sind,
und dass von der Kraft, die deren Leben geprägt hat, hier
etwas greifbar wird. Im Mittelalter dachten die Menschen
ganz konkret, wenn man so etwas berührt, dann springt
der heilige Funke über. Und so fremd ist dieser Gedanke ja
auch gar nicht. Wir bewahren bis heute Gegenstände auf,
die uns wichtig sind und die wir mit einer bestimmten
Lebenssituation verbinden. Den Reliquien stellen wir ein
großes, mehrteiliges Bild von Gerd Winner gegenüber –
vier hohe, schwarze Wände und mittendrin ein grellgelbes
Verkehrszeichen „End“. Dieses Schild verweist auf die
Endlichkeit unseres Daseins, so, wie die Reliquien, die Knochensplitter in den kostbaren Gefäßen. Deren prachtvolle,
goldglänzende Umhüllung will aber bewusst machen,
dass es hinter dem menschlichen Ende eine Dimension
des Heiligen und der Ewigkeit gibt. Und das ist es doch,
wonach wir uns alle sehnen – dass es nicht mit dem Tod
vorbei ist, sondern dass es weitergeht.
Das Dommuseum schiebt sich nun deutlich sichtbar in die
Stadt hinein. Will sich das Museum neu verorten – auch
außerhalb der Kirchenmauern?
Das Dommuseum hat einen einzigen Neubauteil, der
im Rahmen der großen Sanierung entstanden ist. Dieser
Neubau schließt eine städtebauliche Wunde, die der
Zweite Weltkrieg geschlagen hat. Mit dem Neubau ragt
der Domhof gewissermaßen in die Stadt hinein, eine
Geste, die deutlich machen will, dass wir das Gespräch
mit den Menschen suchen. So, wie es uralte Tradition
jedes Bistumszentrums und jedes Domplatzes ist. Der
Domhof ist keine klerikale Insel, sondern ein Forum, das
sich in die Stadt hinein öffnen soll. Das betrifft natürlich
auch die künftige Museumsarbeit, allein deshalb ist uns
die Aufnahme zeitgenössischer Kunstwerke sehr wichtig. Kirche will sich in die Gegenwart hineinschreiben,
und Gegenwartskunst kann hier eine Brücke bilden.
Dank großzügiger Schenkungen konnten wir etwa unsere Grafiksammlung ausbauen, in kleinen Kabinettausstellungen wollen wir auch diese Schätze künftig zeigen.
Wie in jedem modernen Museum wird es auch musikalische und literarische Veranstaltungen geben. Wir
werden weiterhin den Dialog mit zeitgenössischer Kunst
im Rahmen des „Aschermittwochs der Künstler“ führen.
Mittlerweile bestehen zahlreiche Kontakte zu Künstlern,
die großes Interesse signalisiert haben, sich gerade von
dem neu erschlossenen historischen Ensemble herausfordern zu lassen.
Den Anfang machte 1988 die Ausstellung
„Der Schatz von St. Godehard“, internationale Beachtung fand 1993 die große
Sonderausstellung „Bischof Bernward und
das Zeitalter der Ottonen“ in Zusammenarbeit mit dem Hildesheimer Roemer- und
Pelizaeus-Museum. Mit „Byzanz. Die
Macht der Bilder“ (1998) wurde die Reihe
hochkarätiger Sonderausstellungen fortgesetzt, es folgten weitere Groß-Projekte
wie „Abglanz des Himmels. Romanik in
Hildesheim“ (2001) oder „Bild und Bestie“
(2008). Zu den Partnern und Leihgebern
gehörten das Metropolitan Museum of
Art in New York, das British Museum und
das Victoria & Albert Museum in London
sowie weitere bedeutende Museen in
Metropolen wie Rom oder Paris. Das
Dommuseum kooperiert mit namhaften
Universitäten und Forschungseinrichtungen und ist wissenschaftlich international
vernetzt.
Mit der Erweiterung der grafischen
Sammlung durch Ankäufe und Schenkungen wird ein weiterer Schwerpunkt
gesetzt. Jüngst erhielt das Dommuseum
ein umfangreiches Grafikkonvolut mit
mehr als 500 hochrangigen Objekten.
In Zusammenarbeit mit der Hochschule
für angewandte Wissenschaft und Kunst
(HAWK) wurde während der Umbauphase
ein Konzept zur Aufbewahrung der Grafiken erarbeitet.
Der Kern der Sammlung reicht in die Anfänge des Bistums zurück, zu den ältesten
Stücken zählt das Gründungsreliquiar aus
dem 9. Jahrhundert. Schon im Mittelalter
wurden kostbare Altargeräte und Reliquien in Schatzkammern des Doms verwahrt,
nur besondere Gäste durften sie anschauen. Den Impuls zur Gründung eines Dommuseums gab der Hildesheimer Bischof
Eduard Wedekin Mitte des 19. Jahrhunderts. 1960 wurden die Exponate in einer
Schatzkammer im wieder aufgebauten
Dom untergebracht, bevor das Dommuseum knapp 20 Jahre später in das ehemalige
Kapitelhaus einziehen konnte.
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Das neue Dommuseum Hildesheim
Das neue Dommuseum Hildesheim
Internationale Gastspiele
Der Domschatz auf Reisen
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Der neue
Museumsführer
Dommuseum
Hildesheim
Der Begleitband
erscheint im Verlag
Schnell & Steiner,
Regensburg, und kostet
ca. 29,95 Euro.
Bildschön: die aufwendig restaurierten barocken Wandteppiche.
Stein auf Stein, Stich für Stich
Ein Werkstattbericht
Auf Welttournee: Die mittelalterlichen Kunstschätze aus dem
Hildesheimer Dommuseum wurden zu Kulturbotschaftern
der Stadt und des Bistums. Museen zwischen Augsburg und
Riggisberg, zwischen Köln und Paderborn zeigten Kunstwerke
aus der Domstadt. Während der Umbauarbeiten am Domhof
flogen 50 ausgewählte Objekte nach New York. Der Erfolg
war überwältigend. Mittlerweile bestehen zahlreiche wissenschaftliche Kontakte zwischen Hildesheim und Nordamerika.
Oft verändert sich der Blick auf vertraute Dinge, wenn
sie in neuen Zusammenhängen auftreten. In der Umbauphase bot sich die einmalige Gelegenheit, ausgewählte
Bestände andernorts zu präsentieren. Das berühmte
bronzene Taufbecken aus dem Dom, ein Prunkstück
aus dem 13. Jahrhundert, bildete den Auftakt zur großen
Landesausstellung „Der Naumburger Meister. Bildhauer
und Architekt im Europa der Kathedralen“ im Jahr 2011 in
Naumburg an der Saale in Sachsen-Anhalt.
Das Taufbecken reiste auch nach Berlin, die Ausstellung im
renommierten Bode-Museum zusammen mit den Hauptwerken des Welfenschatzes unter dem Titel „Schätze des
Glaubens“ von September 2010 bis April 2013 war ein glanzvoller Auftakt der Gastspielreisen. Im Art Institute Chicago
war ab November 2012 eine Auswahl byzantinischer Werke
zur Eröffnung der neu eingerichteten „Mary and Michael
Jaharis Galleries of Greek, Roman, and Byzantine Art“ zu sehen. Abschließender Höhepunkt war die Ausstellung „Medieval Treasures from Hildesheim“ im New Yorker Metropolitan
Museum of Art vom 17. September 2013 bis 5. Januar 2014.
Im Mittelpunkt der Schau standen die Werke, die Bischof
Bernward für den Hildesheimer Dom und die benachbarte
Michaeliskirche in Auftrag gegeben hat. Sie gelten als Meisterwerke ottonischer Kunst und gehören in Nordamerika
zum Grundgerüst für angehende Kunsthistoriker.
Einige der wertvollsten Objekte des Domschatzes wurden
nach New York ausgeliehen, darunter das silberne Bernwardkreuz, die drei Scheibenkreuze, das Ringelheimer
Kruzifix und die Große Goldene Madonna. Spektakulär war
auch hier die Präsentation des Taufbeckens. In der „New
York Times“ wurde die Schau zu den besten des Jahres 2013
gezählt. Der Kritiker Holland Cotter etwa ließ sich tief berühren von der Lebendigkeit der mittelalterlichen Meisterwerke: „Um dies zu spüren, müssen Sie nichts über Dogmen
oder Geschichte wissen oder weit in die Vergangenheit
zurückreisen aus einer säkularen Gegenwart. Sie müssen
nur bereit sein, innezuhalten, aufmerksam zu sein, etwas
Zeit zu investieren und so zu handeln, als ob Objekte aus der
Vergangenheit Ihnen etwas Wahres über Ihr Leben in der
Gegenwart erzählen könnten ...“.
Zwei monumentale Kunstschätze wurden während der
Umbauarbeiten des Hildesheimer Dommuseums umfassend restauriert: der Renaissance-Lettner und sechs barocke
Wandteppiche, Meisterwerke der Tapisseriekunst.
Gute drei Monate brauchten Steinmetzmeister Bernd
Steinkamp und seine drei Kollegen, um den rund 35 Tonnen
schweren Renaissance-Lettner aus hellem Baumberger
Kalksandstein im Neubau des Museums aufzustellen. Ein
Kraftakt und zugleich ein gelehrtes Geduldspiel, um das
Werk des Münsteraner Bildhauers Johann Brabender mit
seiner überbordenden Bildsprache wieder zusammenzufügen. Adam und Eva, die Königin von Saba und König
Salomo, Jesus und seine Jünger, die Gottesmutter Maria
und Bischof Bernward von Hildesheim: In ihren lebendig
gemeißelten Gesichtern spiegeln sich Glaubensgeschichten.
Die ehemalige Chorschranke aus der Zeit um 1546 stand
bis zum Zweiten Weltkrieg im Hildesheimer Dom und
trennte dort den Chorraum vom Langhaus. Während des
Zweiten Weltkriegs hatte man den Lettner vorsorglich
ausgelagert, mit dem Wiederaufbau des Doms 1960 diente
er als Altarrückwand in der an den Dom angrenzenden
Antonius-Kirche. Zu Beginn der Umbau- und Sanierungsarbeiten am Dom 2010 wurde der mächtige Kanzellettner
abgebaut, in hunderte Einzelteile zerlegt und in der Restaurierungswerkstatt Lehmkuhl in Steinfurt bei Münster
umfassend aufgearbeitet. Dabei stellte man fest, dass 90
bis 95 Prozent der Original-Bausubstanz erhalten geblieben
sind. Allerdings waren viele Teile nur notdürftig mit Gips
repariert. Tausende Arbeitsstunden waren nötig, um das
Kunstwerk wiederherzurichten.
Nun setzt der Lettner einen deutlichen Schwerpunkt in der
neuen Dauerausstellung ebenso wie die sechs prachtvollen großflächigen Wandteppiche aus der Barockzeit. Sie
wurden in der Textil-Werkstatt von Sabine Heitmeyer-Löns
in Havixbeck bei Münster restauriert und Stich für Stich
ausgebessert. Insgesamt gut 30 Jahre haben die Arbeiten
an den jeweils rund vier mal fünf Meter großen Gobelins
gedauert. In der neuen Dauerausstellung werden die sechs
Gobelins in einem eigenen Raum präsentiert.
Gerhard Lutz, Kurator am Hildesheimer Dommuseum und Mitglied im
Beirat der Zeitschrift „Gesta“, herausgegeben vom „International Center
of Medieaval Art“ in New York.
New York
Naumburg Chicagco
Bonn Berlin Augsburg
Köln Würzburg Washington
Mit ruhiger Hand und
sicherem Blick werden
die Skulpturen des
Lettners gereinigt.
Handlich und kompakt – ein idealer Begleiter
für den Rundgang durch die Dauerausstellung des neu eröffneten Dommuseums. Der
reich bebilderte Museumsführer stellt eine
breite Auswahl der Hauptwerke in kurzen
Texten und mit größtenteils neuen Abbildungen vor. Die Schwerpunkte der Neupräsentation liegen in der Kunst zwischen 1000 und
1250, als Hildesheim eines der führenden
geistigen und kulturellen Zentren war. Der
mittelalterliche Domschatz als Teil der Ausstattung der Bischofskirche gehört – neben
der Hildesheimer Michaeliskirche – zum
Weltkulturerbe der UNESCO. Darüber hinaus
sind im Dommuseum auch Hauptwerke aus
jüngerer Zeit ausgestellt. Den historischen
Werken stehen als Kontrapunkte Arbeiten
zeitgenössischer Künstler wie Bernhard Heiliger, Arnulf Rainer, Gerd Winner oder Emil Cimiotti gegenüber. Ein einführender Text fasst
die Geschichte der Sammlungen zusammen
und skizziert das aktuelle Ausstellungskonzept mit seinen Themeninseln.
Für Besucher
Sonderaktion im Jubiläumsjahr
von Mai bis Oktober 2015:
Aktionstag: Jeden 1. Dienstag im Monat
freier Eintritt für Einzelbesucher
Abendführung: Kostenlose Führung durch
das Museum an jedem 3. Mittwoch
im Monat, Führungsbeginn 19.30 Uhr
Dommuseum Hildesheim
Domhof 18–21, 31134 Hildesheim
Telefon 05121 307-760
[email protected]
www.dommuseum-hildesheim.de
Öffnungszeiten und Preise
Di. bis So. 10.00 bis 17.00 Uhr, Mo. Ruhetag,
geschlossen außerdem am 24.12. und 31.12.
Öffentliche Führungen
Sa. 10.00 Uhr, So. und feiertags 15.00 Uhr
Gruppenführungen
Di. bis Sa. nach Vereinbarung
Eintritt
6 € pro Person, 4 € ermäßigt (Gruppen ab 10 Personen,
Studenten, Inhaber eines Schwerbehinderten- oder Sozialausweises), Kinder bis 18 Jahre haben freien Eintritt
Führungsgebühr
4 € pro Person, 3 € ermäßigt (Gruppen ab 10 Personen,
Studenten, Inhaber eines Schwerbehinderten- oder
Sozialausweises), Kinder bis 6 Jahre zahlen keine
Führungsgebühr, 10 € Kombiticket für Gruppen ab
10 Personen (Eintritt Museum + Führung Museum
und Mariendom)
Impressum
Kunsträume: das neue Dommuseum Hildesheim
Herausgeber Dommuseum Hildesheim/Bistum Hildesheim,
Hauptabteilung für Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit
Verantwortlich für den Inhalt Prof. Dr. Michael Brandt,
Thomas Hagenhoff
Redaktion Karin Dzionara, Hildesheim
Gestaltung Bettina Höhne, Bernward Mediengesellschaft mbH
Verlag Bernward Mediengesellschaft mbH, Domhof 24
Druckauflage 25.000
Druck Fischer Druck GmbH, Peine
Fotos: Dommuseum S. 4; Ina Funk Titelseite, S. 2; Stephan
Kube S. 7; Gerhard Lutz S. 6; Hildegard Mathies S. 7;
Florian Monheim S. 2, 3, 4, 5, 6, 8
www.dommuseum-hildesheim.de
Die Generalsanierung des Dommuseums haben gefördert
Unterstützung bei der Durchführung von Restaurierungsmaßnahmen gewährten
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Zur Erweiterung der Sammlung haben durch Schenkung und finanzielle Förderung beigetragen
Verein Ausstellungshaus für christliche Kunst e.V.
Verein
Ausstellungshaus
für Kunst
christliche e.V.
Kunst e.V.
Verein Ausstellungshaus
für
christliche
Emil Cimiotti · Gerhard und Brigitte Hartmann · Alfred Pohl · Gerd Winner