Buchauszug herunterladen - Der Foto

Der Foto-Podcast von Galileo Press
Buchauszug zur Folge 150
»Lichtzelt im Eigenbau für hochwertige Produktfotos«
Do-It-Yourself: In diesem Buchauszug zur 150. Folge von »Blende 8« erklärt Ihnen
Michael Papendieck, wie Sie eine Tisch- und Raum-Hohlkehle selbst bauen können,
ohne viel Geld in die Hand nehmen zu müssen.
Der Autor
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Dieser Auszug stammt aus dem Buch:
Michael Papendieck
Fotografieren im Studio – Das umfassende Handbuch
284 Seiten, gebunden, in Farbe
39,90 Euro, ISBN 978-3-8362-1984-6
Know-how
für Fotografen.
Know-how
für Kreative.
Workshop: Eine Hohlkehle bauen
Die klassische Hohlkehle – sie ist vornehmlich weiß –
dient im Wesentlichen dazu, im Hintergrund einen
nahtlosen Übergang von Boden zu Wand zu erreichen,
um diesen kantenfrei ausleuchten zu können. Zum Freistellen der Objekte beispielsweise in der Produktfotografie (Tabletop) wird dieses Prinzip in kleiner Bauart
angewandt, in Raumgröße zum Beispiel für Fashionaufnahmen oder bei entsprechender Dimensionierung
auch in der Automobilfotografie.
Sicher ist eine Hohlkehle kein Muss in der Studiofotografie. Doch wer sie des Öfteren einsetzt, wird sie
zu schätzen lernen und möchte sie auch nicht mehr missen. Der Markt bietet im großen Stil Gesamtpakete von
verschiedenen Handwerkerfirmen, die aber schnell den
Preis eines Mittelklassewagens erreichen. Dieser Exkurs
soll zeigen, dass in wenigen überlegten Schritten der
Eigenbau einer Hohlkehle möglich ist.
HINWEIS
Sie können den Übergang zwischen Boden und Wand
auf dem Bild auch in der Software wegretuschieren. Allerdings sei an dieser Stelle angemerkt, dass Sie zwar
die Übergangskante von Wand zu Boden mit Photoshop
meist sauber entfernen können, Sie dabei aber an bearbeitungstechnische Grenzen kommen, sollte der Schatten
des Modells mit im Bild sein und über den Boden an der
Wand weiterlaufen.
Größe und Dimension einer Hohlkehle richten sich
natürlich auch nach den
geplanten fotografischen
Vorhaben. Aber selbst
eine kleine Ausführung
an einer normalen Wand
lässt den Übergang von
Wand und Boden verschwinden und garantiert
bei entsprechenden Fotos
die gewünschte »EndlosOptik« des Hintergrunds.
Workshop: Eine Hohlkehle bauen  51
Eine Tisch-Hohlkehle aufbauen
Für den Hausgebrauch lässt sich mit weißem oder
schwarzem Fotokarton für die Tabletop-Fotografie (fast
wörtlich übersetzt: »Auf-dem-Tisch-Fotografie«) sehr
schnell eine Mini-Hohlkehle herstellen.
1 Tisch platzieren
Stellen Sie einen Tisch direkt an eine beliebige Wand in
Ihrem Studio oder Ihrer Wohnung.
2 Hohlkehle aus Fotokarton gestalten
Befestigen Sie einen Bogen weißen (schwarzen oder farbigen) Fotokarton an der hinter dem Tisch befindlichen
Wand, so dass er in einem sanften Bogen nach vorn auf
dem Tisch ausläuft. Fixieren Sie am besten auch den
vorderen Teil des Kartons. Fertig!
Sie können ein Objekt aufstellen, das Licht aufbauen,
und schon kann es losgehen. Mit einfachsten Mitteln
sind so gute Ergebnisse zu erzielen, denen man nicht
ansieht, mit wie wenig Aufwand sie entstanden sind.
Ein an der Wand befestigter
Bogen Fotokarton, ein Tisch und
ein Systemblitz genügen, um
eine kleine mobile Hohlkehle zu
bauen. Gemäß dem Aufbau aus
der unten gezeigten Abbildung
wurde das Glas auf dem Esstisch
vor dem Fotokarton fotografiert
und dabei mit dem Systemblitz
ausgeleuchtet.
52  Workshop: Eine Hohlkehle bauen
Eine Raum-Hohlkehle selbst bauen
Im Wesentlichen geht es bei dem Bau einer Hohlkehle
darum, den Übergang zwischen Wand und Boden mit
einem Bogen zu überspannen, so dass im späteren Bild
keine störende Kante zu sehen ist. Neben der Wahl des
richtigen Bogenradius spielt das Material eine entscheidende Rolle. Holz hat sich als der passendste Baustoff
erwiesen.
In dem im Folgenden beschriebenen Beispiel wurden
sogenannte geschlitzte MDF-Platten (Biegeplatten) als
vorgeformte Teile in einer Stärke von zehn Millimetern
verwendet. Der Materialpreis ist mit ca. 15 € pro Quadratmeter mindestens doppelt so hoch wie der für die
besser bekannten Hartfaserplatten (HDF). Allerdings
sind die MDF-Platten selbsttragend, wohingegen bei
der HDF-Variante ein umfangreicher und arbeitsintensiver Rippenunterbau erforderlich wird.
Der Aufbau im Schnelldurchlauf | Entsprechende MDFPlatten bekommen Sie bei jedem gut ausgestatteten
Tischler vor Ort, der auch die Möglichkeiten und das
Know-how hat, diese vorzubiegen und mit passendem
Radius anzuliefern.
Die Schwierigkeit beim Selbstbiegen liegt in erster
Linie in den Plattendimensionen von jeweils 3 × 1 Meter
begründet. Meist hat nur der Fachmann die technischen
Vorrichtungen, um die Platten homogen und verzugsfrei
zu biegen.
Die Plattenstärke von zehn Millimetern macht Unterbauten auf dem Fußboden sowie an der Wand erforderlich, um einen glatten Übergang zu den jeweiligen
Bereichen zu erhalten. Auf dem Fußboden werden
Spanplatten aus dem Baumarkt verlegt. An der Wand
werden Gipskartonplatten (Trockenbauplatten/Rigips)
mit Ansetzbinder (Rifix) plan ausgerichtet festgeklebt.
Die Übergänge und Fugen zwischen sämtlichen Platten am Boden, an der Wand und am Übergang zu den
Bogenelementen werden mit Spachtelmaterialien in
mindestens zwei Arbeitsgängen geglättet. Anschließend wird der gesamte Rohbau mit Malervliestapete
auf Kante tapeziert und abschließend mit Wandweiß
gestrichen.
Vorbereitungen für die Wand | Wenn die Wand nicht
von sich aus eben ist, können die Unebenheiten beim
Ankleben der Gipskartonplatten mit einer unterschiedlichen Dicke des Haftputzklebers, einem Richtscheit und
einer Wasserwaage ausgeglichen werden. Bei größeren
Versätzen wird es leider erforderlich, einen kompletten
Unterbau zu installieren. Der Fachhandel bietet dazu
ausreichend Lösungen, im Zweifel konsultieren Sie einen
Handwerker, der sich auf Trockenbau spezialisiert hat.
Fußboden präparieren | Bei einem ebenen Industrie­
fußboden können Sie die Spanplattenkonstruktion ohne
Weiteres direkt auf den Boden bauen. Bei Beton ist zu
bedenken, dass beim Befestigen der Randplatten mit
entsprechenden Bohrern vorgebohrt werden muss und
erst dann die mit Dübeln bestückte Platte fixiert werden
kann. Bei dieser Bauart reicht eine einfache Lage handelsüblicher Spanplatten (Feuchtraumvariante).
Bei stark unebenem Boden müssten Sie diesen entweder mit Ausgleichsmasse nivellieren oder wie an der
Wand mit einer Lattenunterkonstruktion für die Ebnung
des Bodens sorgen. Dabei ist zu überlegen, ob Sie eine
einfache Lage mit größerer Plattenstärke wählen oder
eine Doppellage dünnerer Platten.
Auf Industrieböden ist die »invasive« Methode sicher
möglich, aber im eigenen Wohnzimmer ist eine schwimmende Verlegung der Platten zu bevorzugen, damit Sie
den eigentlichen Bodenbelag nicht zerstören. Aber auch
hier hat sicher der Handwerker Ihres Vertrauens den
einen oder anderen Tipp, der Ihnen viel Arbeit oder gar
Sorgen erspart.
TIPP
Die Beauftragung eines Tischlers für die Anfertigung eines
Hohlkehlelements dürfte Sie in etwa 1 000 bis 1 500 €
kos­ten. Das ist der Preis, den einige bereitwillig für ein
hochwertiges Objektiv zahlen. Warum also an dieser Stelle »knausern«? Gleiches gilt für das Tapezieren der gesamten Hohlkehle. Ein Maler kennt diese Aufgabe und
ist vermutlich deutlich schneller als Sie. An diesen beiden Stellen spart Selbstmachen nicht unbedingt Geld ein.
Workshop: Eine Hohlkehle bauen  53
Gipskartonplatten [Wand]
3,20 m
2,6 m
0,6 m
0,63 m
0,63 m
0,63 m
2,05 m
6m
4,4 m
6m
0,93 m
Spanplatten [Boden]
Hier sehen Sie die vorgeformten (braunen) Kehlbögen aus MDF,
die bereits mit der Wand und dem Fußboden verspachtelt sind.
Die Grafik zeigt Maße und Bauplan für die beschriebene Hohlkehle. In Blau sehen Sie den Verlegeplan für die Wandplatten, in
Grün das Schema für die Spanplatten am Boden. Rot angezeigt
ist der Bogen aus den vorgeformten MDF-Platten mit den Angaben für den Radius. Die Verlegemuster können je nach der Größe
Ihrer Hohlkehle beliebig angepasst werden.
Hohlkehlelemente anfertigen lassen | Je nach individueller Abmessung der Räumlichkeiten lassen Sie sich
von einem Tischler Biegefaserplatten (MDF, geschlitzt)
vorfertigen und gebogen anliefern. Da der Bogen dann
einem Viertelkreisumfang entspricht, erhalten Sie schon
54  Workshop: Eine Hohlkehle bauen
allein durch das handelsübliche Maß der Platten einen
sehr brauchbaren und vor allem stabilen selbsttragenden Radius in der Hohlkehle. Sehr enge Radien sind
dabei sicher schwieriger herzustellen und zudem abhängig vom Biegeverhalten der Platte. Größere Radien können nicht mehr als selbsttragende Elemente verwendet
werden. In diesem Fall müssten Sie auf eine Rippenunterkonstruktion ausweichen.
Wenn sämtliche konstruktionsbedingten Vorüberlegungen, vorbereitende Baumaßnahmen, Material- und
Werkzeugbeschaffungen abgeschlossen sind, kann es an
den eigentlichen Bau gehen.
In zwölf Schritten zur
eigenen H
­ ohlkehle
1 Boden vorbereiten
Wand und Fußboden glätten und »besenrein« machen.
Alle nicht baurelevanten Bereiche mit Folien abdecken.
2 Ansatzkanten bestimmen
Mit Hilfe des vorgeformten Hohlkehlelements die
Ansatzkante für die Fußbodenplatten bestimmen und
anzeichnen. Je nach Räumlichkeit können Sie auch eine
Trittschalldämmung unterlegen.
3 Platten schneiden und verlegen
Die erste Reihe Fußbodenplatten zuschneiden, passend
auf Nut und Feder verlegen und auf dem Boden fixieren, indem Sie sie an den Rändern und am Übergang
zum Bogenelement am Boden verschrauben. Die Platten in der Fläche sind schwimmend gelagert.
Tipp
Gegebenenfalls ist es nötig, die Übergangsbereiche der
MDF-Hohlkehlelemente am Boden und an der Wand keilförmig anzufasen, d.h. die Kanten anzuschrägen.
Workshop: Eine Hohlkehle bauen  55
4 Elemente fixieren
Hohlkehlelemente ansetzen und an Boden und Wand
fixieren.
5 Letzte Platten verlegen
Die restlichen Fußbodenplatten zuschneiden, verlegen
und die Randplatten fixieren.
6 Vorbereitung für die Wandplatten
Zur Befestigung der Rigips-Platten ausreichend Ansetzbinder anmischen und ein Verlegemuster für die Platten
in Bezug auf die Wanddimension erstellen.
7 Erste Wandplatte ankleben
Rigips-Platte auf der Rückseite mit zahlreichen Batzen
Ansetzbinder versehen und ab der Oberkante des Hohlkehlelements möglichst flächig (Mithilfe einer weiteren
Person nötig!) an die Wand drücken. Mit Hilfe eines
Richtscheits, einer langen Wasserwaage und einem
Gummihammer die Platte sauber ausrichten.
HINWEIS
Keine Sorge: Durch die große Anzahl der nun platt gedrückten Kleberbatzen haftet die ohnehin nicht allzu schwere Gipskartonplatte von allein und bedarf keiner zusätzlichen Abstützung. Wer der Sache nicht traut,
klebt entweder nach dem Abwarten einer Trocknungsphase eine Platte nach der anderen fest oder hält Rücksprache
mit einem Fachmann für Innenausbau.
8 Wandplatten sauber verlegen
Gemäß dem Verlegemuster kleben Sie die restlichen
Platten flächendeckend an die Wand und richten sie
dabei mit Richtscheit und Wasserwaage aus. Besonders an den Übergängen sollten Sie darauf achten, dass
56  Workshop: Eine Hohlkehle bauen
diese möglichst plan sind. Das erspart anschließend viel
Spachtel- und Schleifarbeiten.
9 Spachteln und schleifen
Lassen Sie alles mindestens 24 Stunden trocken. Dann
sowohl Fußboden- als auch Wandplatten sowie die
Übergänge zu den Hohlkehlelementen mit weißer
Spachtelmasse angleichen und Fugen füllen. Nach
erneuter Trocknungszeit alles glatt schleifen. Anschließend reinigen und überspachteln Sie alle noch bestehenden Unebenheiten/Kanten erneut. Nach einer weiteren Trocknungsphase wieder glatt schleifen.
10 Tapezieren vorbereiten
Alle Flächen absolut staubfrei machen. Vorbereitung
zum Tapezieren treffen. Kleister anrühren, Bahnen der
Malervliestapete zuschneiden.
ACHTUNG
Die Tapetenbahnen setzen an der Oberkante der Hohlkehle an und laufen durch den Bogen und über den kompletten Boden. Dabei können unter Umständen große
Bahnlängen von nahezu zehn Metern entstehen!
11 Hohlkehle tapezieren
Die gesamte Fläche mit der Malervliestapete (keine
Struktur, reißfester und breiter als normale Tapetenbahnen) auf Kante tapezieren (lassen). Trocknen lassen.
12 Hohlkehle streichen
Wandweiß ohne Aufheller aus dem Farben-Fachhandel
(zwar etwas teurer, aber ergiebiger und deckungsstärker) auf die Tapete rollen. Sie sollten mindestens einmal,
besser jedoch zweimal streichen, um ein Durchscheinen
der Unterbauplatten zu vermeiden. Fertig!
Die fertige Hohlkehle: Auf dem Boden befanden sich zum
Zeitpunkt der Aufnahme Bahnen aus weißem Linoleum, das
als Trittschutz für die frisch gestrichene Hohlkehle diente.
TIPP
Für internetaffine Leser und Handwerker hält YouTube
zahlreiche Bauanleitungen und Videobeiträge bereit, in
denen Sie sich baubegleitend einen Überblick über das
Projekt »Eigene Hohlkehle« verschaffen können. Beispielhafte Videos finden Sie unter
›› www.youtube.com/watch?v=KviaddkNegg
›› www.youtube.com/watch?v=_VaONvx2UWk
Workshop: Eine Hohlkehle bauen  57
Der Foto-Podcast von Galileo Press
Der Autor
Michael Papendieck arbeitet seit 2005 als freier Fotograf. Er setzt seine kreativen Bildideen vor allem in den
Genres Porträt, Beauty/Fashion und Akt um. Seit 2007
gibt er sein Wissen auch in Workshops weiter.
Dieser Auszug stammt aus dem Buch:
Michael Papendieck
Fotografieren im Studio – Das umfassende Handbuch
284 Seiten, gebunden, in Farbe
39,90 Euro, ISBN 978-3-8362-1984-6
www.rheinwerk-verlag.de/3218
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