www.oaz-online.de Telefon: 0341 2181-0 • Abo: 0800 2181-020 • Tickets: 0800 2181-050 Trauer um Pierre Brice (86†) 25. Jahrgang, Nr. 130 • Montag, 8. 6. 2015 • 1,30 Euro GreGor Gysi (67) machT schluss Legendärer Winnetou-Darsteller stirbt in den Armen seiner Frau Seite 9 Polit-Star der Linken kündigt Rückzug als Fraktionschef an LeitartikeL/Seite 2 Leipziger Stadtfest begeistert 300 000 Gäste G7: Protest in Bayern – Randale in Leipzig Leipzig. Etwa 300 000 Gäste haben am Wochenende bei schönem Wetter ausgelassen das Leipziger Stadtfest gefeiert, mit dem die Festwoche „1000 Jahre Leipzig“ zu Ende ging. „Ich habe bei Gästen und Händlern viele zufriedene Gesichter gesehen“, freute sich Bernd Hochmuth, der das Spektakel im Auftrag der Leipzig und Tourismus Marketing GmbH (LTM) organisierte. Dazu waren viele Stars wie Elaiza, Frank Schöbel und Ute Freudenberg gekommen. Viel Anklang bei den Gästen hat ebenfalls das erstmals organisierte Irish Folk Festival auf dem Richard-WagnerPlatz gefunden. Höhepunkt war bereits am späten Freitagabend eine Illumination am Alten Rathaus. „Diese Inszenierung soll künftig fester Bestandteil des Leipziger Stadtfestes werden“, kündigte LTM-Geschäftsführer Volker Bremer an. Gestern Abend begeisterten neben einer Schlagerparty auf dem Markt auch Solisten und Orchester der Musikalischen Komödie auf dem Nikolaikirchhof ihr Publikum. Mit der 25. Auflage feiert das Stadtfest im kommenden Jahr sein Jubiläum. eLmau/Leipzig. Begleitet von Protesten hat im bayerischen Elmau der G-7-Gipfel begonnen: Bei einer Demonstration gegen das Treffen der Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industrienationen kam es im benachbarten Garmisch-Partenkirchen zu Ausschreitungen. Zuvor hatten in Leipzig etwa hundert Vermummte in der Nacht zum Sonnabend randaliert – bereits zum fünften Mal in diesem Jahr. Hintergrund war offenbar der G-7-Gipfel. „Leipzig hat in erneut eine unfassbare Gewalt erleben müssen, eine Gewalt, die mit politischen Zielen nichts zu tun hat. Hier sind Kriminelle am Werk, die mittlerweile auch vor Gewalt gegen Personen nicht mehr zurückschrecken“, erklärt Leipzigs OBM Burkhard Jung (SPD). © Seite 3 leiTarTikel Von Klaus Wallbaum So sehen Sieger aus: Im ersten Wahlgang meistert Nordsachsens neuer Landrat Kai Emanuel die Wahl. 51,7 Prozent – Kai Emanuel ist der neue Landrat von Nordsachsen dahlen spendiert neues Feuerwehrauto sPorT von Frank PFütze und Frank Hörügel Barcelona gewinnt Champions League BerLin. Der FC Barcelona hat das Champions-League-Finale gegen Juventus Turin mit 3:1 (1:0) gewonnen. Vor 70 500 Fans zeigten Messi & Co. im Berliner Olympiastadion Offensiv-Fußball der Extraklasse. © Seite 17 kulTur „Baal“ feiert premiere am Leipziger Schauspiel Leipzig. Bertolt Brechts „Baal“, 1923 in Leipzig uraufgeführt, steht wieder auf dem Spielplan des Schauspiels. Die Inszenierung überzeugt mit einer ungewöhnlichen © Seite 7 Lesart des Stoffs. miTTeldeuTschland Lustwandeln im Wörlitzer park WörLitz. Lustwandeln in englischen Gärten oder mit der Gondel durch den Wolfskanal – der Wörlitzer Park bietet vielfältige Möglichkeiten. Vor 250 Jahren begann Fürst Franz mit dem Bau. © Seite 4 lVZ mulTimedial DieSeS SYmBOL zeigt an: Hier gibt es LVZ-Extras. Bitte mit Smartphone oder Tablet-PC die kostenlose App MAGICPAPER herunterladen. Tauchen Bilder mit dem HandySymbol in der Zeitung auf, dann scannen Sie die Fotos und schon starten Videos oder Bildergalerien. Fragen? Bitte mailen: [email protected] DI 19° 8° 19° 8° MI 22° 11° © Das ausführliche Wetter auf Seite 10 Wählen Sie die magicpaper-app, drücken auf „Scannen“, LVZ auswählen und das Handy auf die Wettersymbole halten. Sie sehen das aktuelle Regenradar für Mitteldeutschland. 10024 4 191017 801301 NordsachseN/regioN oschatz. Der neue Landrat von Nordsachsen heißt Kai Emanuel (CDU). Das Wahlergebnis fiel überraschend deutlich aus: Emanuel holte in allen 30 Städten und Gemeinden, in denen gewählt wurde, die meisten Stimmen. Mit 51,7 Prozent setzte sich der Delitzscher bereits im ersten Wahlgang durch. Mit 34,8 Prozent gab es in Nordsachsen aber eine enttäuschende Wahlbeteiligung. Emanuels Sieg deutete sich bereits am frühen Abend an. Schon gegen 19 Uhr lag der parteilose Landkreis-Kämmerer, der von der CDU nominiert wurde, deutlich vor SPDMann Lars Menzel und Peter Hettlich, der für Grüne und Linke antrat. Der Krostitzer Rechtsanwalt Jörg Döring (FDP) und Ralph Olenizak aus Mügeln (AfD) waren da noch im einstelligen Bereich. Daran änderte sich nicht viel. Menzel holte am Ende 18,2 Prozent, Hettlich 16,9, Olenizak 8,9 und Döring 4,3 Prozent. „Die Wahlbeteiligung ist ein bisschen der Wermutstropfen. Ich freue mich dennoch, über dieses Wunschergebnis von über 50 Prozent. Mein Dank gilt meinem Team, den Wählern und den anderen Bewerbern für einen fairen Wahlkampf. Nun geht es intensiv an die Arbeit“, so die erste Reaktion von Emanuel gestern Abend. Die Wiederwahl von Andreas Kretschmar als Oberbürgermeister von Oschatz war gestern nicht überraschend. Der • Wermsdorf: Matthias Müller klarer Sieger Einzelbewerber war der einzige Kandidat für das Amt und geht nun in seine dritte Amtsperiode. Weil es in Oschatz keine Alternative gab, war die Wahlbeteiligung mit 30,8 Prozent sehr niedrig. Andreas Ein Stein fiel dageKretschmar gen Matthias Müller (CDU) in Wermsdorf vom Herzen, der seinen Herausforderer Bernd-Dieter Lehmann (Einzelbewerber) klar schlagen konnte. Lehmann hatte im Wahlkampf immer wieder betont, dass er eine große Unterstützung unter • Dahlen und Naundorf: Amtsinhaber gewinnen den Einwohnern habe, konnte dies aber gestern mit 21 Prozent Stimmenanteil nicht unter Beweis stellen. Trotz zweier Konkurrenten konnte Amtsinhaber Michael Reinhardt in Naundorf mit 61,0 Prozent ein Matthias gutes Ergebnis einfahMüller ren. Auch in Dahlen behauptete sich Amtsinhaber Matthias Löwe (WHD) mit 81,6 Prozent der Stimmen klar und schlug seinen Konkurrenten Steve Wendorf (AfD) klar. In Dahlen machte jedoch nicht einmal die Hälfte aller Stimmberechtigten ihre Kreuze. Spannend bleibt es in Cavertitz. Dort holte zwar Christiane Gürth (SPD) mit 49,4 Prozent die meisten Stimmen, verfehlte aber knapp die Mehrheit. Am 28. Juni wird es deshalb in Cavertitz eine Stichwahl geben. Auch in der Landeshauptstadt Dresden muss nachgewählt werden. Bei der Oberbürgermeisterwahl führt die sächsische Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange (SPD), die für Rot-Rot-Grün angetreten ist. Nur knapp dahinter lag der amtierende Erste Bürgermeister Dirk Hilbert (FDP). Abgeschlagen auf Platz drei landete der CDU-Kandidat, Sachsens Innenminister Markus Ulbig, der © Seite 5 nicht wieder antritt. Bürgermeisterwahlen in der region oschatz stadt oschatz: Andreas Kretschmar, Einzelbewerber: 96,6 Prozent Ergebnis: andreas Kretschmar (51) – der als einziger Kandidat antrat – wurde erneut zum Oberbürgermeister gewählt. Wahlbeteiligung: 30,8 Prozent stadt dahlen: Matthias Löwe, WHD: 81,6 Prozent Steve Wendorf, AfD: 18,4 Prozent Ergebnis: Matthias Löwe (49) – nominiert von der Wählergemeinschaft Heidestadt Dahlen (WHD) – wurde erneut zum Bürgermeister gewählt. Wahlbeteiligung: 47,0 Prozent gemeinde Wermsdorf: Matthias Müller, CDU: 71,0 Prozent Bernd-Dieter Lehmann, Einzelbewerber: 29,0 Prozent Ergebnis: Matthias Müller (41) wurde erneut zum Bürgermeister gewählt. Wahlbeteiligung: 57,0 Prozent gemeinde cavertitz: Christiane Gürth, SPD: 49,4 Prozent Volker Döring, CDU: 28,7 Prozent Ralf Lindner, Einzelbewerber: 21,9 Prozent Ergebnis: Ein zweiter Wahlgang ist am 28. Juni erforderlich. Amtsinhaberin Gabriele Hoffmann (57, parteilos) war nicht erneut angetreten. Wahlbeteiligung: 64,3 Prozent gemeinde Naundorf: Michael Reinhardt, Einzelbewerber: 63,7 Prozent Heinz Schumann, Einzelbewerber: 24,9 Prozent Michael Horn, Einzelbewerber: 11,5 Prozent Ergebnis: Michael reinhardt (59) wurde erneut zum Bürgermeister gewählt. Wahlbeteiligung: 61,0 Prozent Wie viel Zeit bleibt noch? Aufregung um neuen Test: Wissenschaftler entwickeln Fragebogen zur Lebenserwartung WeTTer MO • Oschatz: Andreas Kretschmar bleibt OBM Foto: Dirk Hunger scHmannewitz Foto: Dirk Hunger Heute in der oaz schMaNNeWitz. Die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Schmannewitz haben seit Sonnabend ein neues Löschfahrzeug. Finanziert wurde es von der Stadt Dahlen und dem Freistaat. © seite 12 Foto: Alexander Prautzsch Von michael Pohl Wäre es nicht manchmal schön, zu wissen, was in fünf Jahren passiert? Lohnt sich beispielsweise noch der Kauf einer Eigentumswohnung – oder hat es mich dann vielleicht in eine ganz andere Stadt verschlagen? Viele fragen sich vor allem: Wie geht es mir selbst in fünf Jahren? Geht es mir dann überhaupt noch irgendwie – oder bin ich längst tot? In Großbritannien wollen Wissenschaftler dieser letzten Frage ein Stück nähergekommen sein: Im neuen Onlinetest „Ubble“ (www.ubble.co.uk) sollen Männer und Frauen zwischen 40 und 70 Jahren ihr persönliches Risiko herausfinden können, ob sie innerhalb der nächsten fünf Jahre sterben – und dies lediglich mit der Beantwortung von rund einem Dutzend simpler Fragen. Wissenschaftler, die schon seit LänScannen Sie das Foto und Sie sehen ein Video der Länder mit den höchsten Lebenserwartungen. gerem mit dem Fragenkatalog Untersuchungen anstellen, sagen, dass die Treffsicherheit des Tests bei 80 Prozent liegt. Bei „Ubble“ geht es unter anderem um naheliegende Punkte wie Krankheiten oder darum, ob man raucht oder nicht. Im Kern sollen sich die Teilnehmer selbst überlegen, wie gesund sie sich zum Zeitpunkt des Test fühlen. Gefragt wird aber auch danach, wie viele Autos im entsprechenden Haushalt vorhanden sind, wie zügig man zu Fuß geht oder – bei Teilnehmerinnen – auch nach der Anzahl der Kinder. Forscher fanden heraus, dass beispielsweise die Anzahl der Fahrzeuge in einem Haushalt tatsächlich ein Faktor sein kann – mehr Autos seien ein Indiz für wohlhabendere Familien. Und die ernähren sich meist auch gesünder als ärmere. Der Test fußt auf einer Biodatenbank, für die fast eine halbe Million Briten drei Jahre lang beobachtet wurden. 8352 Teilnehmer starben während der Beobachtung. Was aber soll man tun, wenn der Test eine Lebenserwartung unter fünf Jahren anzeigt? „Ubble“-Mitentwicklerin Andrea Ganna vom schwedischen Karolinska Institut rät dazu, die Nerven zu behalten: „Bei den meisten Menschen kann ein hohes Sterberisiko wieder reduziert werden: durch mehr Sport, Verzicht aufs Rauchen und eine gesunde Ernährung.“ Gysi bleibt auch nach dem Rückzug N un ist es raus: Er will nicht mehr. Gregor Gysi, seit 25 Jahren die Hauptfigur der Linkspartei, vormals PDS und davor SED-PDS, hat gestern seinen Rückzug als Bundestagsfraktionschef im kommenden Herbst angekündigt. Der Aufschrei hält sich in Grenzen, aus guten Gründen. Es ist nicht das erste Mal, dass dieser redegewandte, kluge und eindrucksvolle Politiker von der Bühne abtritt. Jedes Mal dauerte seine Auszeit nicht lange. Er betreibt Politik viel zu sehr aus Leidenschaft, um wirklich loslassen zu können. Und viele geben ihm das Gefühl, dass er noch gebraucht wird. Heute mehr denn je. Der 67-Jährige bleibt wohl einer der wichtigsten Politiker der Partei. Vermutlich sogar der wichtigste, wenn es im nächsten Jahr um eine strategische Weichenstellung geht. Spätestens vor der Bundestagswahl 2017 muss geklärt sein, ob SPD, Grüne und Linke zu einer gemeinsamen Bundesregierung bereit sind. Bisher spricht viel dagegen, wegen der Außenpolitik. Einsätze der Bundeswehr außerhalb der deutschen Grenzen werden von den Linken rundweg abgelehnt. Ein Teil der Partei will den Jahrzehnte alten Grundkonsens der deutschen Außenpolitik – pro-amerikanisch, pro-israelisch – nicht akzeptieren. Ein starker Gysi hat diese Strömung bisher immer überstrahlen können, klären aber konnte er den Konflikt nicht. Auf den ersten Blick schwächt nun Gysis Rückzug die Aussichten auf RotRot-Grün im Bund. Viel spricht dafür, dass künftig ein Duo aus dem Realo Dietmar Bartsch und der Fundamentalistin Sahra Wagenknecht die Bundestagsfraktion führen wird. Bartsch bereitet keine Probleme, Wagenknecht schon. Die 45-Jährige, einst Vorkämpferin des Kommunismus, mag sich gewandelt haben und zu Kompromissen fähig sein. Aber sie ist nicht nur Ehefrau, sondern auch engste Vertraute von Oskar Lafontaine, und mit Lafontaine wollen viele Sozialdemokraten aus Prinzip keine Verträge mehr schließen – denn sie trauen ihm nicht über den Weg. Doch bei näherer Betrachtung fallen auch Gysis Schwächen auf. Er kann wunderbare Reden halten, Visionen aufzeigen, in Debatten wie kein Zweiter schlagfertig parieren. Aber Gysi hat in den vergangenen Jahren zur Weiterentwicklung der Linken-Programmatik wenig beigetragen – er blieb stets ein höchst attraktiver Alleinunterhalter. Die nächste Führung der Bundestagsfraktion, selbst mit Wagenknechts Beteiligung, könnte mehr Ehrgeiz in wirkliche Reformarbeit legen. Sie könnte den Teil der Partei, der aus purer Oppositionshaltung eine Regierungsbeteiligung auf Bundesebene grundsätzlich ablehnt, einbinden, überzeugen oder – notfalls – auch aus der Partei herausdrängen. Die Bedingungen für die Linkspartei sind jedenfalls nicht schlecht. Die Führungsfiguren harmonieren, die Wahlergebnisse sind ordentlich – und alle wissen: Gysi bleibt, auch wenn er abtritt. ➦ [email protected]
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