Ashanti Gusstechnik

Ashanti Gusstechnik
Die Ashanti Gusstechnik wurde durch das in Ghana lebende Akan Volk der Ashanti
entwickelt. Bei dieser Technik handelt es sich um ein Giessverfahren mit verlorener
Form und wird auch als Wachsausschmelzverfahren, fonte à cire perdue oder lost-wax
casting bezeichnet.
Das Wachsauschmelzverfahren ist seit etwa 6000 Jahren bekannt und wird bis heute in
verschiedenen Varianten zur Herstellung von Metallgüssen in der Industrie, dem
Handwerk sowie der Kunstgiesserei angewendet. Verarbeitet werden vor allem Kupfer-,
Silber- und Goldlegierungen.
Die Arbeitsweise ist immer dieselbe: Als erstes wird das Objekt, welches in Metall
entstehen soll, in Wachs geformt. Gearbeitet wird mit Bienenwachs, heutzutage auch
mit industriell gefertigten Wachsplatten, Drähten, Profilen oder Blöcken, welche
gebohrt, gefräst und geschliffen werden können. Nachdem das Wachsmodell geformt
ist, werden Einguss- und meistens zusätzliche Entlüftungskanäle angebracht. Danach
wird das fertig ausgerüstete Modell mit einen Mantel aus einer feuerfesten Formmasse
umhüllt. Nur die Enden der Kanäle ragen aus einer Seite der Form heraus. Nach dem
Trocknen der Gussform wird diese kopfüber erhitzt, damit das Wachs aus den Kanälen
ausfliessen kann. In die so entstandene Hohlform, der Negativform des Wachsmodells,
wird das in einem separaten Tiegel geschmolzene Metall eingegossen. Sobald das Metall
erstarrt ist, wird die Form aufgebrochen und das ursprünglich aus Wachs geformte
Objekt erscheint als Unikat in Metall.
Das Wachsmodell ist jeweils nur einmal verwendbar und muss für jeden Guss neu
hergestellt werden, da die Form nach dem Ausschmelzen des Wachses verloren ist.
Wenn der Guss misslingt, muss wieder mit dem Formen des Wachsmodells begonnen
werden.
Die Besonderheit der Ashanti Gusstechnik ist, dass die oben beschriebene Gussform
und der Schmelztiegel fest miteinander verbunden werden. Dadurch wird das Metall
unter Ausschluss der oxidierenden Umgebungsluft geschmolzen und im geschlossenen
System durch Wenden der Form gegossen. Mit dieser raffinierten Methode lassen sich
dünnwandige Objekte detailgetreu, ohne den Einsatz von komplizierten Apparaturen
herstellen. Das Modell wird in Bienenwachs, die Gussform und der Tiegel aus Tonerde
mit unterschiedlicher Beimengung von Holzkohle und Pferdemist, geformt.
Auf den folgenden Seiten finden Sie die bebilderte Beschreibung der Herstellung eines
Armreifs in der Ashanti Gusstechnik.
Technische Beschreibung
Die Kerne werden aus feuerfestem
Lehm vorgeformt, getrocknet und
gebrannt.
Der gebrannte Kern wird mittels
Feilen und Schleifen geformt.
Der Kern ist fertig geformt. Danach
wird dieser oberflächlich mit Wachs
getränkt.
Fertig vorbereitetes Wachsmodell
des Armreifs. Der Kern aus
feuerfestem Ton ist mit Wachs
überzogen. Die Wellenmuster sind
bereits ringsherum ausgeschnitten.
Die Einguss
Kanäle aus
Wachsdraht sind
angebracht. Die
Form ist bereit
für den ersten
Überzug aus
TonerdeHolzkohleschlick.
Der erste
formgebende
Überzug ist
aufgepinselt und
hängt zum
Trocknen im
Schatten eines
Baumes.
Die Form ist mit
der dritten und
letzten Schicht
des TonerdeHolzkohleschlicks
überzogen und
getrocknet.
Nun wird sie
vorsichtig, in Etappen
mit einem
Stützmantel aus
einer Mischung von
feuerfester Tonerde,
Schamotte und
Pferdemist
überzogen. Nach
jedem
Arbeitsvorgang wird
die Gussform
getrocknet.
Das Auftragen der
Tonmischung erfolgt ohne die
darunterliegende Schicht zu
sehr zu benetzen, da die Form
in ungebranntem Zustand
brüchig ist.
Das Wachsmodell ist fertig
ummantelt und bereit für das
Ausschmelzen des Wachses.
Der trichterförmige Oberteil des
Schmelztiegels, ist an der Seite
der zusammenlaufenden
Einguss Kanäle angebracht.
Die Gussformen werden mit der
Tiegelseite nach unten langsam in der
Holzkohlenglut erhitzt, bis das Wachs
herauszurinnen beginnt und
schliesslich rauchend verbrennt.
Nun ist die Form, das Wachs „verloren“
und als Hohlform bereit, das
geschmolzene Metall aufzunehmen.
Die ausgeschmolzene Gussform
wird mit einem zweiten Lehmmantel
überzogen und verstärkt.
Die Einguss Öffnung wird mit einem
dünnen Wachsplättchen
verschlossen, damit keine
Fremdkörper in die Hohlform
gelangen können.
Das Metall wird entsprechend dem
Wachsgewicht in Bruchstücken
abgewogen und in den Tiegel gefüllt.
Die passenden Tiegeldeckel liegen
bereit, um die Form zu verschliessen.
Die Gussform ist für den
letzten Überzug mit dem
feuerfesten Ton bereit.
Fertig vorbereitete Gussformen.
Der mit Holzkohle beheizte
Schmelzofen steht bereit. Die
Verbrennungsluftzufuhr erfolgt mit
einem Blasebalg an der Unterseite
des Ofens. Die Gussformen werden
mit der Tiegelunterseite nach unten
in den Ofen gestellt und mit
Holzkohle bedeckt.
Der Ofen wird solange eingefeuert,
bis die Glut bis ganz oben angelangt
ist. Es wird abwechslungsweise
geschürt und Kohle nachgelegt, bis
das Metall geschmolzen ist.
Die glühende Gussform wird
aus dem Ofen gehoben und
danach umgedreht, damit das
flüssige Metall in die Hohlform
hineinfliesst.
Die Abkühlung erfolgt sehr
langsam über Nacht in Asche.
Nach dem Abkühlen kommt
der spannendste Moment: Es
wird der Tonmantel
aufgeschlagen. Zuerst ganz
vorsichtig an der Tiegelseite
um zu sehen, ob das Metall
vollständig in die Form
gelaufen ist.
Danach wird die Formseite mit
einem gezielten Schlag
gespalten. Der Guss ist
gelungen. Auch das Modell ist
vollständig mit der
Goldlegierung ausgeflossen!
Abschliessend werden die
Einguss Kanäle abgetrennt
und die dunkle Oxidschicht
mit Zitronensäure und
Alaun entfernt.
Bibliographie
Max Fröhlich: Gelbgiesser im Kameruner Grasland, 1979 Museum Rietberg, Zürich
E. Fischer / H. Himmelheber / M. Fröhlich: Das Gold in der Kunst Westafrikas / Zur Technik des
Goldgusses bei den Ashanti, 1981 Museum Rietberg, Zürich
Max Fröhlich: Cire-Perdue-Guss / Lost-wax casting, 1995 Zürich
Johanna Dahm: Lost and Found, 1999 Verlag Niggli, ISBN: 3-7212-0355-0
Johanna Dahm: same same, but different, 2008 Verlag Niggli, ISBN 978-3-7212-0684-5
Das Gold der Akan, Museum Liaunig, 2008 HL Museumsverwaltung GmbH,
ISBN 978-3-9502610-1-1
Georg Eisner: Wunderwerke westafrikanischer Goldgiesserkunst, 2012 CH-Bollingen
www.moritz-ganzoni.ch
© 2015 Moritz Ganzoni