Streikzeitung Nr. 1 Wir sind wieder da - und wie! Im Jahr 2009 stimmten die KollegInnen des Sozial– und Erziehungsdienstes über das Ergebnis der Tarifrunde ab. Zwei mehrwöchige Streikphasen, auf der Höhe der Weltwirtschaftskrise, hatten dazu gehört. Ja, die Mehrheit der KollegInnen war mit dem Ergebnis einverstanden. Aber wir haben uns versprochen: Wir kommen wieder. Und wir sind weder da. Leni Breymaier, die Landesleiterin von ver.di, beschrieb die Situation dieser Tarifrunde: „Dass in den sozialen Berufen zu wenig gezahlt wird ist breiter Konsens in Politik und Gesellschaft. Vor sechs Jahren haben die Arbeitgeber eine Aufwertung verweigert und den Konflikt auf‘s Jahr 2015 vertagt. Diesmal werden Erzieherinnen und Sozialarbeiter nicht mehr nachgeben.“ eintragen „Wir müssen unten rütteln, damit sich oben was bewegt!“ Mit diesem physikalischen Gesetz brachte Leni Breymaier das Streikziel auf den Punkt. Sie wies die Behauptung des Verbandes der Kommunalen Arbeitgeber (VKA) zurück, die Gehälter wären seit 2009 um ein Drittel gestiegen. „Mit Einführung des TVÖD haben die Arbeitgeber ihr Wort gebrochen und verweigern seitdem eine für 2005 zugesagte neue Eingruppierung. Damit sanken die Gehälter für Berufsanfänger durch den Wegfall der Bewährungsaufstiege um gut 30 Prozent. Diese dramatische Verschlechterung der Bezahlung konnte durch den Streik im Jahr 2009 durch eine neue Tabelle ausgeglichen werden. Aber eine Aufwertung des Berufsfeldes hat es seit der Festlegung der Eingruppierung 1991 nicht gegeben.“ Hansi Weber in voller Überzeugung: Die Aufwertung der Frauenberufe steht an - jetzt! Kein Streik ohne Formalitäten, diesmal unter freiem Himmel: Wer streikt trägt sich in die Streiklisten ein! Wer sagt‘s denn: Der Soziale Dienst des Jugendamtes Mannheim ist dabei. Erst war‘n wir einer und dann zwei …. Bernd Köhler und Hans Reffert, sind immer da, wenn es drauf ankommt. Diesmal mit … erst waren wir einer und dann zwei und dann warst Du und Du dabei. … jetzt sind wir viele, viele ... Regeln schaffen Klarheit Wir haben aus der ersten Phase des Streikes 2009 die Schlussfolgerung gezogen: Selbst ein Streik braucht Regeln. Deshalb sind für Notfälle vier Kinderhäusern in den Tageseinrichtungen für Kinder geöffnet. Wir konnten vier KollegInnen überzeugen als Hausleitung zur Verfügung zu stehen. Wir sind ihnen dafür sehr dankbar. Denn ihr Grundrecht wäre es gewesen zu , sich am Streik zu beteiligen. Im Fachbereich Bildung wird in jeder Schule nur eine Gruppe für Hortbetreuung geöffnet. Es war keine leichte Aufgabe, dafür ErzieherInnen zu gewinnen. Im Jugendamt gibt es interne Regeln, weil Kindeswohlgefährdung auch im Streik eine Rolle spielt. Und: Täglich kommen neue Streikwillige hinzu. Vor allem auch aus anderen Städten und Gemeinden. Das sollte der Arbeitgeber nicht unterschätzen! Fotos in dieser Streikzeitung: Helmut Roos Ab Freitag wird in Mannheim voraussichtlich bis 22. Mai gestreikt. Erst mal. Es geht um eine angemessene Bezahlung im Sozial- und Erziehungsdienst. Wir kämpfen damit aber auch gegen die Lohndiskriminierung von Frauen und stellen laut und vernehmbar die Frage, was uns Dienstleistungsarbeit wert ist. Die betroffenen Eltern sowie weitere betroffene Bürgerinnen und Bürger haben wir um Verständnis für den Streik und Unterstützung gegenüber den Kommunen gebeten. Eltern brauchen eine liebevolle und gute Betreuung ihrer Kinder in den Kindertagesstätten, um die Doppelbelastung in Beruf und Familie zu stemmen. Und sie erwarten von den Erzieherinnen die individuelle Förderung ihrer Kinder und eine gute Vorbereitung auf die Schule. Dass die Bezahlung diesem Anspruch meilenweit hinterher hinkt, ist den meisten Eltern bewusst. Von der Tarifrunde sind in BadenWürttem-berg neben über 30.000 Erzieherinnen (zu 98 Prozent Frauen, zu über 60 Prozent in Teilzeit) weitere gut 10.000 Beschäftigte in Jugendhäusern, Beratungs- Die Urkunde für das beste Streiklokal geht an ….. ….das Bürgerhaus! stellen, Krankenhäusern, Wohnheimen und Werkstätten für behinderte Menschen, Jugendheimen und Ämtern betroffen. Sozialarbeiter und Sozialpädagoginnen werden, obwohl sie auch einen Studienabschluss haben, deutlich schlechter als Ingenieure bezahlt. Es ist überfällig, dass bei vergleichbarer Qualifikation die Arbeit für Menschen genauso honoriert wird, wie die Konstruktion von Straßen und Brücken. Wir fordern eine Neuregelung der Eingruppierungsvorschriften und Tätigkeitsmerkmale, die für die rund 240.000 Beschäftigten im kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst zu Einkommensverbesserungen von durchschnittlich zehn Prozent führen würden. Zum kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst gehören unter anderem Erzieherinnen und Erzieher, Sozialarbeiterinnen, Sozialpädagogen, Fachkräfte für Arbeits- und Berufsförderung und Heilerziehungspflegerinnen in der Behindertenhilfe, Kinderpflegerinnen sowie Heilpädagogen und Beschäftigte in Werkstätten für behinderte Menschen. Indirekt profitieren von einem Tarifergebnis mit den kommunalen Arbeitgebern auch die mehr als 500.000 Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst bei freien und kirchlichen Trägern.
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