Kerngebiete - Flora Hitzing

Flora Hitzing
Kerngebiete
1,0 mm
REM/Raster-ElektronenMikroskop
T/Ton
G/Gips
Interview
Index
Flora Hitzing
Kerngebiete
0,01mm
10mm
G-5701
G-5705
G-5709
G-5699
G-5703
G-5707
T-1593
T-1595
T-1598
T-1592
T-1594
T-1597
T-1600
T-1604
T-1607
T-1599
T-1601
T-1606
T-1610
T-1615
T-1619
T-1609
T-1614
T-1617
Interview
Ein Gespräch mit
Christiane Kruse
/Materialforschung
Materialforschung ist das erste Thema, das wir uns vorgenommen
haben. Welche Eigenschaften hat das von Dir verwendete Material, das
Material, mit dem Du skulptural arbeitest?
: Gips und Ton sind Materialien, mit denen ich viel arbeite. Beide
sind ganz ursprüngliche und überhaupt die ältesten Materialien der
Bildhauerei. Diese Materialien haben ein Gedächtnis, damit meine
ich, dass sie stofflichen Wandel und Berührung speichern. Wenn man
die feuchte Tonmasse berührt, nimmt sie sofort die Berührung in ihre
Form auf. Abdrücke und Formveränderungen werden gespeichert und
zum Teil über die Oberfläche kommuniziert.
Dem Bildprozess ist also ein Gedächtnis eingeschrieben?
: Ja, genau. Bildhauerisch ist für mich das, was ich Gedächtnis
nenne, eine herausragende und überaus spannende Eigenschaft des
Materials.
Handelt es sich um eine physikalische oder um eine geistige Eigenschaft? Ich meine, Gedächtnis: das ist beides.
: Als Bildhauerin interessiert mich besonders die immaterielle Dimension des Materials, die sich in materieller Form und Struktur ereignet und sich uns physisch, d.h. über alle Sinne körperlich und leiblich
mitteilt. Das geht über einen rein physikalischen Zugang hinaus.
Bleiben wir noch einen Moment beim Gedächtnis des Materials. Ist
das die wesentliche Eigenschaft des Materials?
: Ja, denn das wirft Fragen auf und lenkt bildhauerische Prozesse. Sobald ich den Ton in die Hand nehme, habe ich einen Abdruck
hinterlassen. Ich habe diese feuchte Masse je nach Intensität meines
Drucks in Bewegung versetzt. Ich kann den ursprünglichen Zustand
dann nicht wieder herstellen, das ist entscheidend. Die Veränderungen
durch jede einzelne Berührung sind irreversibel.
Und das gehört auch zum Wesen des Materials – hier also des Mate-
rials Ton. Also der Begriff ‚Wesen‘ – ist der auch wichtig? Kannst Du
ihn in Bezug auf Deine Arbeit erklären?
: Das Wesen des Materials, denke ich, übersteigt seine materiellen
Eigenschaften. Es liegt vielmehr in strukturellen Bewegungen, die in
der Natur des Materials angelegt sind. Material birgt das Potenzial,
sich selbst in Eigendynamik und Interaktion mit anderen Materialien
auszudrücken und zu verkörpern. Darin liegt seine Lebendigkeit. Ich
versuche, die Lebendigkeit im Material zu erspüren und über die äußere Erscheinungsform sichtbar zu machen.
Wie ist denn das mit Gips? Hat Gips die gleiche Eigenschaft wie
Ton?
: Gips nimmt in flüssigem Zustand jegliche Struktur von anderen
Materialien an. Das ist ähnlich wie bei Ton, aber Gips ist dabei passiver
und ordnet seine eigene Struktur der fremden Materialstruktur unter.
Ton kann zudem lange feucht und formbar gehalten werden und durchlebt erst im Trocknungs- und Brennprozess verschiedene Stadien der
Verfestigung. Gips ist in diesem Sinne weniger plastisch. Gips als Pulver
bindet in Kontakt mit Wasser schnell ab. Das heißt, Gips durchläuft in
kurzer Zeit verschiedene Aggregatzustände, ist erst ganz flüssig, wird
immer dickflüssiger, quarkig und dann hart.
Wie holst Du denn das lebendige Wesen des Gipses an die Oberfläche?
: Erst durch die Bewegung der Gipsmasse im Laufe des Abbindungsprozesses treten die Materialstrukturen der jeweiligen aktuellen
Aggregatzustände hervor. Das ist ein spannendes Phänomen. Ich kann
also an der Oberfläche des erhärteten Gipses ablesen, in welchem
Prozess er zuletzt bewegt wurde und wie er seine Form erlangt hat. Ich
forme meine Gipsskulpturen mit den Händen und aktiviere die Ausdruckskraft des Materials durch rhythmische Berührungen, zahlreiche
Schichtungen oder momenthafte Ereignisse wie Tropfen.
Du sprichst von der ,Selbstorganisation‘ der Materie, wenn Du von
Deinem Material sprichst. Was meinst Du damit?
: Alle Materie organisiert sich selbst. Sie bewegt sich aus sich
heraus und bildet Strukturen und Formen. Diese Prozesse haben ihr ei-
genes Raum-Zeit-Gefüge und liegen meist außerhalb unserer bewussten
Wahrnehmung. Dies geschieht auch in unserem eigenen Körper, ohne
dass wir davon etwas spüren. Das erscheint uns vielleicht ganz selbstverständlich. Wir wissen, dass diese Prozesse in uns ablaufen. Aber was
bedeutet dies für mich als Bildhauerin? Ich nehme das Material, mit
dem ich künstlerisch arbeite, in das ich etwas von mir hineingebe, erst
einmal als etwas Natürliches, etwas Eigenständiges wahr, als ein Gegenüber, das ein eigenes Formenpotenzial mitbringt.
Sprechen wir als nächstes über den ,energetischen Austausch‘ zwischen Dir als Bildhauerin und dem Material, das Du verwendest. Was
passiert da, und was ist das, der energetische Austausch?
: Eine der größten Faszinationen bildhauerischer Arbeit ist, dass
durch den Bearbeitungsprozess Lebendigkeit in die statische Form
hineingegeben wird und Material beseelt werden kann. Das ist doch
unglaublich! Da ist auf der einen Seite das Material mit seinen Eigenschaften und auf der anderen Seite der Bildhauer, die Bildhauerin, da
bin ich. Und ich bringe mich über die Berührung des Materials in den
Skulpturenkörper ein. Da spielen auch Intuition und ein feines Gespür
für das Material eine Rolle. Wenn ich einem Material hingegen eine
Idee aufdränge und nicht mit ihm in Austausch trete, dann ist es nicht
zugänglich. Das Material bleibt stumm und die Skulptur entwickelt
kein Eigenleben.
/Bildhauerische Prozesse
und das
Rasterelektronenmikroskop
Im Zentrum unseres Gesprächs soll deine neueste Arbeit mit dem
Rasterelektronenmikros­kop (REM) stehen. Was ist das: ein Instrument
Deiner Arbeit? Oder was würdest Du dazu sagen? Da sind ja nun keine
Hände an der Arbeit, sondern es ist zunächst ein Gerät. Welche Rolle
spielt das für Deine neueste Arbeit?
: Der Ausgangspunkt für meine Arbeit am Rasterelektronenmikroskop war es, das Material, mit dem ich mich ausdrücke, von verschiedenen Seiten zu erforschen. Und wenn ich von den ‚Eigenschaften‘
oder vom ,Wesen‘ des Materials spreche, dann bin ich schon sehr tief
im Material drin. Das REM ermöglicht mir, die plastische Materialoberfläche in tieferen Ebenen zu erfahren und dort zu visualisieren, wo
kein sichtbares Licht ist. Ich suche diese Nähe zum Material mit dem
REM, so wie ich mit der Hand jeden Teil meiner Skulptur immer wieder
berühre und spüre, indem ich Material hinzufüge, bewege, aufwühle,
abreibe oder glatt streiche.
So wie Du bisher das Material mit den Händen erforscht hast,
machst Du es jetzt auch mit dem Auge und diesem Instrument?
: Ja und nein. Im Atelier arbeite ich hauptsächlich unmittelbar
mit den Händen – aber die Augen ,spüren‘ auch. Spüren ist dabei ein
recht allgemeiner Begriff für sehr differenzierte Wahrnehmungsprozesse. Ich nehme ja nicht nur mit all meinen äußeren Sinnesorganen
wahr, sondern spüre auch leiblich. Das REM visualisiert das Relief des
Materials am Monitor. Sicher, ich kann hier nur sehen – oder besser
gesagt: schauen – und nicht anfassen. Aber ich kann mittlerweile auch
am REM durch Wiederholung und Erfahrung – trotz der Technologie,
die dazwischen ist, – das Material spüren und mich da leiblich hineinbegeben.
Zunächst einmal ganz allgemein: Was heißt es für Dich, eine
Skulptur zu machen? Wie kann ich mir das als Nicht-Bildhauerin vorstellen?
: Ich betrachte meine Skulpturen weniger im Sinne eines, sagen
wir mal, fertigen Produkts. Für mich sind sie eher Zwischenstadien.
Mich interessieren primär der Formwerdungsprozess und der sinnliche
Umgang mit dem Material. Eine Skulptur wächst und wird, manchmal
über Monate hinweg. Ich folge da weniger einer vorformulierten Vorstellung, als vielmehr einem Gefühl oder Drang. Und ich versuche, das
dann in der Arbeit mit dem Material und mit der Form aufzuspüren,
um es in der Skulptur als einer Art Gegenüber zu konkretisieren.
Bewegung ist ein zeitlicher und räumlicher Prozess, also eine eigene
Kategorie Deiner Arbeit.
: Bewegung geschieht einerseits auf der Ebene der materiellen
Organisation. Aber da sind auch meine Bewegungen und Bewegtheit
während des Arbeitsprozesses, die sich in die Gestalt der Skulptur einbringen. Im besten Fall wird das dann in der Ausstellungssituation auf
die innere Bewegtheit und räumliche Bewegung der Besucher übertragen. Wenn Du sehr nah dran bist an meinen Skulpturen, kannst Du
ganz andere Ereignisse oder Energien wahrnehmen und Dich in ganz
andere Welten hineinbegeben, als wenn Du die Skulptur aus der Distanz
erblickst.
Welche Rolle spielt ein älteres Medium als das REM für Deine Arbeit: Ich meine die Fotografie?
: Die Fotografie von Skulpturen wirft ebenfalls Fragen nach Bewegung, Nähe und Distanz in der Betrachtung auf. Jeder Bildhauer, jede
Bildhauerin ist mit der Frage konfrontiert, wie er oder sie ihre Arbeit
zum Zweck der Dokumentation und Vermittlung von der Dreidimensionalität in die Zweidimensionalität überträgt. Wie kann ich meine
Vorstellung von Skulptur und meinen Begriff von Material über die
Fotografie transportieren? Es geht mir nicht nur darum, eine Skulptur
möglichst neutral und allgemein abzubilden. Sondern ich versuche,
meine Arbeit auch mit dem Fotoapparat im Detail und in der momenthaften Aufnahme zu erkunden. Darüber entsteht vielleicht kein Gesamtbild, aber in der Summe bin ich meiner Empfindung von Skulptur
und dem, was ich in Skulptur suche und ausdrücken möchte, näher.
Dies ist auch ein Aspekt meiner Arbeit am REM.
Das REM gehört also mit zur Methode? Oder anders gefragt: Was
sind die Methoden des Bildprozesses? Dazu braucht man ja Instrumente.
Was sind Deine Instrumente und zu welchen Erkenntnissen führen sie
Dich? Und: Das REM bringt ja wohl andere Erkenntnisse für Dich, als
die Arbeit mit der Hand. Die Fotografie, das Aquarell usw. sind ja auch
ganz verschiedene Methoden oder Instrumente der Bilderkenntnis, oder?
: Ganz gleich mit welchem Medium ich arbeite, interessiert mich
im künstlerischen Prozess die Erfahrung als eine qualitative Dimension.
Mich interessiert das, was zwischen Material und mir, zwischen Material und Bildhauerin passiert. Nicht nur das Material hat ein Gedächtnis,
auch wir Menschen haben ein sinnliches Gedächtnis. Wir nehmen ja
mit den Sinnen immer viel mehr auf, als wir sprachlich verarbeiten
können. Und diese Erfahrungen werden auf begriffsloser Ebene abgespeichert. Ich denke, im künstlerischen Forschen geht es eher darum,
diese Ebenen zu aktivieren und sie bildlich an die Oberfläche zu holen.
Und die Rolle der ‚Instrumente‘: Fotografie, REM etc.?
: Instrumente nutze ich eigentlich so wenig wie möglich, weil ich
gar nichts zwischen mir und dem Material haben möchte. Das kann
man vom REM nun nicht sagen. Ich dachte auch zuerst, dass es gar
nicht möglich sein würde, in so einer sterilen Laborsituation künstlerischen Arbeitsprozessen nachzugehen. Aber ich konnte dann mit der
Zeit diese ganze Maschinerie um mich herum vergessen.
Sprechen wir konkret über die REM-Methode. Wie hast Du den
Eintritt ins Labor und die Arbeiten an einem Hightech-Instrument, mit
dem Du normalerweise nicht arbeitest, erfahren? Wie geht das vor sich,
wenn Du REM-Forschung machst?
: Auf das REM bin ich vor einigen Jahren gestoßen, als ich erfahren
wollte, wie sich die Materialien meiner Skulpturen auf nicht sichtbaren
Ebenen darstellen. Das REM war für mich naheliegend, weil es minuziös die Oberfläche abtastet und besonders plastisch wirkende Bilder
hervorbringt. Die Oberfläche wird quasi in Graustufen modelliert. Am
Anfang der mikroskopischen Arbeit standen dann ganz andere materielle Dimensionen als die mir im Atelier vertrauten. Ich nahm ganz kleine
Materialstücke von den unterschiedlichen Oberflächenstrukturen meiner Skulpturen ab. Später habe ich dann auch selbst welche geformt, um
gezielt etwas zu suchen.
Die waren schon von Dir bearbeitet?
: Ja. Ich war ja auch neugierig, ob es auf nicht sichtbarer Ebene
Unterschiede gibt zwischen dem natürlichen Material und dem Material, das von mir in Form gebracht wurde. Also, ob diese Unterscheidung
von ursprünglicher Natur und künstlerischem Eingriff bis in die Tiefenstrukturen des Materials ablesbar ist. Mich hat interessiert, ob man
erfahren kann, wie tief die künstlerische Hand im Material nachwirken kann.
Hast Du da etwas gesehen?
: Wenig. Ich habe meine Eingriffe zumindest nicht konkret lokalisieren können. Die Prozesse, die sich bei der künstlerischen Schöpfung
ereignen, sind sehr komplex, man kann sie für diese spezialisierten Visualisierungsinstrumente nicht derartig fragmentieren und isolieren.
Die Frage, ob man den Eingriff sieht, hatte sich mir als erster Impuls
aufgedrängt. Ich habe sie dann mit der Zeit losgelassen, um anderen
Erfahrungen Raum zu geben. Es eröffnet sich einem ja eine ganz andere Welt in den Tiefen der Materialoberfläche. Sogar ein Krümel ist
unerschöpflich und jeder Ort, den man aufsucht, jeder Mikrometer, den
man da vergrößert, sieht anders aus.
Was erfährst Du bei der Arbeit mit dem REM über Dein Material?
: Am REM kann man ja nur absolut trockenes Material ansehen,
weil man sonst kein Vakuum herstellen kann. Alles, was man am Monitor sieht, hat faktisch keine Feuchtigkeit gespeichert, ist unbewegtes
und unbelebtes Material. Aber die REM-Aufnahmen sind durch und
durch von fließenden und von materialspezifischen Wandlungsprozessen gezeichnet. Das Gedächtnis des Materials ist in diesen Tiefenstrukturen unglaublich intensiv erfahrbar. Die Formbildungskräfte des Materials scheinen sich im Hier und Jetzt in endloser Vielfalt zu ereignen.
In dem Moment, wo ich da bin, scheint sich das Material zu bewegen.
Noch eine Frage zum Apparat: Mit welcher Intention bedienst Du
Dich des REMs bzw. des Fotoapparats?
: Zu lernen, was das Rasterelektronenmikroskop kann und seine
Grenzen auszuloten, das hat viel Zeit gebraucht. Das REM ist im Grunde
wie der Fotoapparat ein Instrument, das von einem Subjekt bedient
und mit einer Intention angewendet wird. Ich wollte das REM in diesem Sinne als Künstlerin anwenden und mich als wahrnehmendes und
gestaltendes Subjekt einbringen. Es geht darum, den Apparat möglichst
dahin zu bringen, so zu schauen, wie ich schaue. Es soll nichts mehr
zwischen mir und dem Bild stehen.
Als Lebewesen verändert man sich permanent und ist energe-
tischen Prozessen ausgesetzt, ohne dass man selbst etwas dazu tut. Man
verändert sich in jeder Sekunde und merkt es gar nicht.
: Ja, genau. Da gibt es die körperliche Ebene, die materielle Ebene,
auf der so viel passiert, das wir gar nicht sinnlich wahrnehmen können. Aber gerade diese Ebene bildet sozusagen die Grundlage unserer
sinnlichen Wahrnehmung. Die vierdimensionale Raumzeit wird von
immateriellen Dimensionen organisiert. Da gibt es so komplexe und
vielschichtige Vernetzungen und ich frage mich, wo Material eigentlich
anfängt und wo es aufhört.
Früher hat man das in Mikro- und Makrokosmos unterteilt, wobei
beides miteinander spiegelbildlich verbunden ist und in einem Austausch miteinander steht. Da scheint es Parallelen zur REM-Erfahrung
des Materials zu geben, das sich auf einer Mikroebene genauso verhält
wie das große Ganze, der Krümel Ton oder Gips zur ganzen Skulptur.
: Vielleicht trifft das zu. So eine Zweiteilung hilft auf jeden Fall,
komplexe Sachverhalte greifbar zu machen. Ich denke aber, dass es
keine Spiegelachse gibt.
Ja, vermutlich gibt es keine Spiegelachse, wie Du sagst, sondern
das Kleine ist Teil des Großen, und es verhält sich im Kleinen so wie im
Großen. Kann man das so sagen?
: Du fragst jetzt nach einer Ordnung der Welt. Ich weiß, was
Du meinst: In der Wiedererkennung des Großen im Kleinen liegt ja
eine Faszination, aber ich möchte meine Arbeit keinesfalls darauf
beschränkt sehen. Größe ist relativ, auch bei den digitalen, also immateriellen und hier in diesem Buch jetzt materialisierten REM-Bildern.
Wenn es um den Kosmos geht, dann interessiert mich weniger das
Erscheinungsbild von Mikro und Makro, sondern vielmehr die Bewegung und Kommunikation materieller und immaterieller Dimensionen,
– und dies nicht als Zweiteilung, sondern als ganzheitliches Phänomen,
von dem wir selbst ganz durchdrungen sind. Zu welchen auch noch so
weiten und tiefen Ebenen wir uns mit den neusten Technologien visuell Zugang verschaffen können, wir stoßen doch immer auf Teilchen,
die sich organisieren und deren Organisationsprozesse sich zugleich auf
mehreren Ebenen auswirken. Überall ist Natur gegenwärtig als eine
Art Bewusstsein des Unbewussten.
Ja genau. Und was Du sagst, betrifft ein Weltbild, das alle Dinge miteinander verbunden sieht, ob sie groß sind oder klein sind, denn die
stehen miteinander energetisch in einem Austausch.
/Höhlengänge
Gehen wir mal weiter zu einem Punkt, der ebenso interessant ist. In
Deiner bildhauerischen Forschung benutzt Du ja nicht nur HightechInstrumente wie das REM, sondern Du bist im vergangenen Jahr in
vielen Höhlen gewesen und hast dabei für Dich und Deine Arbeit auch
wieder neue Entdeckungen, neue Erfahrungen gemacht. Was bedeutet
es für Dich, in eine Höhle zu gehen?
:Höhlen sind für mich unglaublich sinnliche und ursprüngliche
Orte, die solch eine Präsenz und Lebendigkeit haben, als seien sie
organischer Natur und gerade erst im Entstehen. Ich kann dort die
natürlichen Formbildungsprozesse der Materialien ergründen und verinnerlichen. Wenn es die Kreisläufe und Rhythmen des Wassers nicht
gäbe, wäre man in diesen lichtlosen Tiefen orientierungslos. Durch eine
raumzeitliche Verdichtung und Isolation von der Außenwelt ist in der
Höhle eine Präsenz von Lebenswirklichkeit spürbar, die über die vier
Dimensionen unserer Raumzeit hinausgeht.
Man kann diese Erfahrungen auch überirdisch machen, aber
die Höhle ist ein besonderer Ort, in dem Du diese Erfahrung machen
kannst.
: ...wo ich diese Erfahrungen als Bildhauerin machen kann. Es
geht ja um meine bildhauerischen Fragen, die um Material kreisen,
und da ist dann die Höhle ein Erfahrungsraum im Körper des Gesteins.
Die Höhlen bilden sich aus Kalkstein und Lehm, das sind im Grunde die
Materialien, mit denen ich bildhauerisch arbeite.
Wie ist das mit der Höhlenkunst, die Du dort auch erfahren hast?
Kannst Du die Höhlenkunst in Beziehung zu Deiner eigenen Arbeit set-
zen? Und die Künstler sind ja gewissermaßen Kollegen aus uralter Zeit,
die ihre Werke auf einem Niveau hinterlassen haben, dass man sich
fragt, ob es überhaupt eine Geschichte der Kunst gibt.
: Ja, die Frage der Geschichtsschreibung bzw. eines linearen Verlaufs von Kunstgeschichte kam mir bei den ersten Höhlenbesuchen
auch sofort in den Sinn. Das sinnliche Gedächtnis kennt ja im Gegensatz zur Erinnerung keine lineare Zeit. Aber das führt hier vielleicht zu
weit.
Ein Aspekt, der mich bei der Höhlenkunst sehr berührt hat, ist die
hohe Sensibilität für das Material und die räumliche Ganzheit der Höhle. Die Künstler haben sich zum Beispiel von den Strukturen des natürlichen Reliefs der Höhlenwände anregen lassen und diese aufgegriffen.
Sie haben ihre Eingriffe im Höhlenraum ganz behutsam und bedeutsam
platziert, nämlich so, dass der Organismus Höhle nicht gestört, sondern
in seiner Intimität und Innerlichkeit eher noch gesteigert wird.
Also im Einklang mit dem, was sie an Raum als organische Einheit
vorgefunden haben. Könnte man sagen, dass der Raum der Höhle so ist
wie der innere Raum des eigenen Leibs?
: Die Analogie der Höhle zur inneren Landschaft und zum KörperSeele-Verhältnis ist naheliegend. Schon wenn man wenige Schritte in
das Höhleninnere gegangen ist, wird man von dem Gefühl begleitet,
sich nicht nur in einen organischen Körper hineinzubegeben, sondern
in der Quelle zu sein, im Geheimnis des Felsens an seinem empfindsamsten Ort.
Wenn ich mir eines der REM-Bilder anschaue, dann denke ich
zuweilen, ich bin in einer Landschaft. Ich könnte auch in einer Höhle
sein. Ich erfahre die REM-Bilder quasi als virtuelle Höhlen, in die ich
mich als Betrachter hineinbegeben kann. Haben die REM-Bilder in
irgendeiner Art und Weise eine Ähnlichkeit, eine Strukturähnlichkeit
mit der Höhle?
: Ja, am Raster durchwandere ich zum Teil auch höhlenartige
Landschaften in den materiellen Tiefen der Oberfläche. Ich versuche,
den plastischen Formen und Hohlräumen am Monitor so nah wie möglich zu kommen. Das ist eine Intensität, die ich selbst im Erleben des
Materials suche und am REM durch gestalterische Entscheidungen wie
zum Beispiel einen horizontlosen Ausschnitt steigern kann.
Für mich haben die ,REM-Landschaften‘ den Charakter einer
Urlandschaft, einer Landschaft wie am Anfang der Welt, wo sich das
Leben gerade formiert. Das sind Erfahrungen, die ich als Mensch des 21.
Jahrhunderts gar nicht machen kann, mich zeitlich so tief zurückzuversetzen. Ich kann mir aber vorstellen, dass ich ganz ähnliche Dinge
erfahre, wenn ich in eben diese tiefen Zeitschichten der Höhle hinabsteige. Und in Wahrheit ist es das digital erzeugte Bild eines kleinen
Gips- oder Tonstücks, das ich in Deinen REM-Bildern so erfahre.
: Es gibt, denke ich, unterschiedliche zeitliche Dimensionen, die
materielle Organisation beeinflussen. Der lineare Verlauf im Sinne
eines Zurücks in der Zeit interessiert mich bei meiner Arbeit weniger.
Ich stelle mir zeitliche Tiefe eher in Form von Feldern vor, auf denen
sich Zeit punktuell ereignet. In diese Felder können wir jederzeit
hineinstoßen, und dieses Ereignis erfahren wir dann als gegenwärtig.
In diesem Phänomen sehe ich eine Verbindung zum sinnlichen und materiellen Gedächtnis, und dabei scheinen mir Strukturen eine wesentliche Rolle zu spielen. Ich suche daher ursprüngliche Orte auf, in denen
Strukturen entstehen, die weit vor einer menschlichen Ordnung liegen.
Das sind materielle Ebenen, die nicht begrifflich erfassbar sind.
Weil der Mensch noch nicht da ist, um sie zu denken.
: Ich glaube nicht, dass der Mensch sie jemals zum Gegenstand seines begrifflichen Denkens machen kann. Diese Ebenen sind, denke ich,
unabhängig von den Geschichten der Menschheit da. Es gibt eine Welt,
die vor einer menschlichen Ordnung liegt. Das meine ich nicht raumzeitlich. Es gibt, meine ich, eine Übergangszone, wo sich das Wesen des
Materials und das Wesen unseres leiblichen Seins und Spürens berühren können.
Die künstlerische Arbeit betritt hier ein Forschungsfeld, das jeder
logisch organisierten (naturwissenschaftlich-positivistischen) Forschungsarbeit verborgen bleiben muss. Es ist dies der begriffslose Zustand der Welt, den Du mit Deiner künstlerischen Forschung betrittst,
den Du sozusagen mit den Händen begreifst.
/Natur und Kunst
Kommen wir also zum letzten Punkt unseres Gesprächs, zur Frage
nach der Beziehung von Natur und Kunst. Wenn die Begriffe ausfallen,
nicht da sind, noch nicht da sind, dann sind da zunächst die wahrnehmenden Sinne: ob Visus, Tastsinn, Geschmack, Geruch oder Gehör – wir
besitzen einen sinnlichen Reichtum, der (unsere) Natur und Kunst
miteinander verbindet. Das ist die Magie oder die Anziehungskraft der
Kunst, von der so oft gesprochen wird, aber die man nie begrifflich
richtig fassen kann. Das Magische entzieht sich ja den Begriffen, und
man ist angezogen und fasziniert oder eben nicht. Je nachdem, wie die
Energie, die da aus dem Objekt kommt, wirkt. Würdest Du dies als eine
Beziehung von Kunst und Natur ansehen?
: Ja, ich sehe zwischen Kunst und Natur gar nicht so einen großen
Gegensatz. Für mich bildet sich eher ein breiter gemeinsamer Urgrund
heraus. Das Wesen der Natur liegt für mich eigentlich im Prozess und
Wandel selbst, in der Bewegung der belebten und unbelebten Materie
und in diesen undurchdringbaren Strukturen materieller und immaterieller Ebenen. Mein Begriff von Natur schließt immaterielle Ebenen
mit ein, und genau da liegt eine gemeinsame Tiefe und Quelle von
Kunst und Natur. Meine Arbeitsprozesse sind auch Schöpfungsprozesse.
Beim Durchdeklinieren der unerschöpflichen Formen und Strukturen
und beim Aufgehen im Rhythmus der Wiederholung bin ich dem Wesen
der Natur sehr nahe. Das Material spricht phänomenal zu uns wie die
Natur. Darin liegt eine bedeutende Ausdrucksqualität meiner Arbeit.
Ein altes Konzept der Kunst, mit Natur umzugehen, ist ja die
Nachahmung der Natur. Das Konzept Nachahmung sehe ich nicht bei
Dir, und genau das ist ja das Interessante an Deiner Arbeit, dass sie
eben keine Naturnachahmung ist.
: Wenn Du die Naturnachahmung ansprichst, dann trifft das schon
einen Begriff, der mich interessiert. Das hat durchaus viel mit meiner
Arbeit zu tun. Ich rufe ja mit dem Material natürliche Formbildungsprozesse hervor. Mir geht es bei diesen Prozessen um eine Ähnlichkeit,
die eher in tiefer liegenden Strukturen als in äußeren Erscheinungsformen verwurzelt ist. Die strukturellen Prozesse sind sozusagen das
Mehr der Summe aller Teile und das Wesen des Lebendigen. Wir sind
selbst ja auch Natur. Und der Mensch dringt sogar so weit in den Schöpfungsbereich der Natur ein, dass er selbst materielle und immaterielle
Strukturen beeinflusst und verändert.
Auch wenn wir uns genetisch gleichen, so sind wir als Individuen völlig
verschieden voneinander.
Bernini hat gesagt, wenn er Skulpturen macht, bringt er dem
Material „vitale Schläge“ ein. Mit dem Schlag des Meißels haucht er der
Skulptur ihr Leben ein, woraus aber immer die mimetische Skulptur
hervorging. Gleichwohl, sagt Bernini, der bildhauerische Akt ist das
Belebende. Das verbindet auf jeden Fall seine Kunst mit Deiner Kunst.
: Es gibt ja in der Bildhauerei den Begriff des materialgerechten
Arbeitens. Das klingt manchmal sehr handwerklich. Ich denke, im besten
Falle geht es weit darüber hinaus. Man kann sich sensibilisieren, sich
durch stetige Wiederholung von Gesten und Prozessen das Material
quasi einverleiben. Das kann im bildnerischen Schöpfungsprozess dann
so weit führen, dass man das Material bis an seine Grenzen bringt oder
über seine Grenzen hinaus an einen Punkt, an dem man meint, dass
dieses Material das eigentlich gar nicht kann.
A Conversation with
Christiane Kruse
/Material science
The first topic we wanted to talk about is material science. What are the
properties of the material you use, the material you work with sculpturally?
: Plaster and clay are materials I work with quite a lot. Both are
very primal materials, and the oldest used for sculpture. These materials have a memory, by which I mean that they store material change
and contact. If you touch the damp clay, it immediately incorporates
that physical contact into its form. Impressions and changes of form
are stored and, to an extent, communicated by way of the surface.
So there is a memory inscribed in the formative process?
: Yes, exactly. Sculpturally, for me the aspect I refer to as memory
is an outstanding and extremely suspenseful property of the material.
Is it a physical or a non-physical property you’re talking about? I mean,
memory is both.
: As a sculptress I am especially interested in the immaterial
dimension of the material, which comes about in material form and
structure and communicates itself to us physically, that is, corporeally,
bodily, by way of all our senses. That transcends a purely physical form
of access.
Let’s stay with the material’s memory for a minute. Is that the
fundamental property of the material?
: Yes, because it raises questions and steers sculptural processes. As
soon as I hold or touch the clay, I leave an impression behind. Depending on the degree of pressure I apply, I set something in motion. I can
never reproduce the original condition; that is a decisive aspect. The
changes brought about by every single touch are irreversible.
And that is also part of the material’s essence – here the essence of
the clay. So the term ‘essence’ – is it important? Can you explain it in
connection with your work?
: I think the essence of the material is something that transcends
its material properties. It resides in the structural movements that are
inherent to the nature of the material. Material has the potential to express and embody itself in its own dynamic and interaction with other
materials. That is what constitutes its vitality. I try to gain a sense of
the vitality in the material, and to make it visible by way of the outer
appearance.
What about plaster? Does plaster have the same property as clay?
: In its fluid state, plaster takes on the structure of other materials. It’s similar to clay in that respect, but plaster is more passive and
subordinates its own structure to that of the foreign material.
What is more, clay can be kept damp and malleable for a long time,
and only undergoes various stages of hardening during the drying and
firing processes. In this respect, plaster is less malleable. Plaster in
powder form hardens quickly once it has come in contact with water.
In other words, it undergoes various aggregate states within a short
time: at first it is very fluid; then it becomes thicker and thicker until
it’s like curd, and then hard.
So how do you bring the vital essence of plaster to the surface?
: It is only through the movement of the plaster mass in the course
of the solidification process that the material structure of each respective current aggregate state becomes evident. It’s a suspenseful phenomenon. On the surface of the hardened plaster, I can see when – that is,
at which stage of the process – it was last moved, and how it attained
its form. I form my plaster sculptures with my hands and activate the
expressive power of the material with rhythmic contact, numerous
layers, or momentary events such as drips.
When you talk about your material, you talk about the material’s
‘self-organization’. What do you mean by that?
: All matter organizes itself. It moves of its own accord and takes
on structures and forms. These processes have their own spatiotemporal framework and usually take place outside our radius of perception.
Such processes also take place in our own bodies, without our feeling
them. Perhaps we think of that as something entirely par for the
course. We know that these processes take place inside us. But what
does this mean for me as a sculptress? The material I work with artistically, the material I add something of myself to – I initially perceive
that material as something natural, something independent, a vis-à-vis
that brings its own formal potential with it.
Let’s turn to the topic of the ‘energy exchange’ between you, the
sculptress, and the material you use. What happens there, and what is
the energy exchange?
: One of the most fascinating things about sculptural work is that,
through the working process, vitality is introduced into the static form
and the material can be animated. It’s incredible! On the one hand
there’s the material with its properties and on the other hand the
sculptor, the sculptress – me. And by touching the material I incorporate myself into the body of the sculpture. Intuition and a keen sense
of the material play a role in this process. But when I try to force an
idea on the material and don’t enter into exchange with it, it’s not
accessible. It remains silent and the sculpture doesn’t develop a life of
its own.
/Sculptural processes and the
scanning electron microscope
In this conversation we’d like to focus mainly on your most recent
work with the scanning electron microscope (SEM). What is that – an
instrument of your work? Or how would you express it? In this context
there are no hands involved in the work, but a device. What role does
that play for your most recent work?
: The starting point for my work with the scanning electron
microscope was the aim of investigating the material I use to express
myself from various angles. And when I talk about the ‘properties’ or
the ‘essence’ of the material, I’m already very deep in the material. The
SEM permits me to experience the plastic material surface at deeper
levels, and to visualize it where there is no visible light. I seek this prox-
imity to the material with the SEM in the same way that I touch and
feel my sculpture again and again with my hand, and add, move, churn
up, rub off or smoothen the material.
In other words, now you use your eyes and this instrument to
examine the material in the way you have done until now with your
hands?
: Yes and no. In the studio I work directly with my hands for the
most part, but my eyes also ‘feel’. Here ‘feel’ is a very general term for
highly differentiated perception processes. I not only perceive with all
of my sensory organs, but also feel on a bodily level. The SEM visualizes
the relief of the material on the screen. Naturally, here I can only see
– or, more precisely, look – and not touch. Through repetition and
experience, however, despite the technology between myself and the
material, I am meanwhile capable of feeling the material and entering
it corporeally on the SEM as well.
To begin with, very generally: what does it mean to you to make a
sculpture? How can I, as a non-sculptor, imagine that process?
: I don’t regard my sculptures so much in the sense of what you
might call a finished product. I see them more as intermediate stages.
I’m primarily interested in the formation process and the sensory
handling of the material. A sculpture grows and becomes, sometimes
over a period of several months. In the process, I don’t adhere to a preformulated idea but allow myself to be guided by a feeling or an urge.
And I try to ‘track it down’ as I work with the material and the form, so
as to concretize it in the sculpture as a kind of vis-à-vis.
Movement is a spatial and temporal process, in other words a category of your work.
: On the one hand movement takes place on the level of material
organization. But there are also my motions and emotions during the
working process, which also find their way into the sculpture’s form. At
best, in the exhibition situation those aspects carry over into the inner
emotions and spatial motions of the visitors. The experience of coming
very close to my sculptures is much different from looking at them
from a distance; you perceive entirely different events or energies, and
enter entirely different worlds.
What role does a medium that is older than SEM play for your
work: photography?
: A photograph of a sculpture also raises questions about movement, proximity and distance in the contemplation of it. Every
sculptor, every sculptress is confronted with the question of how he
or she translates his/her work from three-dimensionality into two-dimensionality for the purpose of documentation and mediation. How
can I transport my conception of sculpture and of material by way of
photography? My concern is not to illustrate a sculpture as neutrally
and generally as possible. Rather, what I do is try to use the camera to
explore my work in detail, and in a passing moment. That may not give
me an overall picture, but on the whole it takes me closer to my sense
of sculpture and to that what I seek and would like to express in sculpture. That’s also an aspect of my work on the SEM.
So the SEM is also part of the method? Or, to put it differently,
what are the methods of the formation process? After all, you need
tools. What are your tools, and what insights do they lead you to? And:
the SEM presumably leads you to insights that are different from those
you attain by working with your hands. The photograph, the watercolour, etc. – those are also very different methods or tools of formative
insight, aren’t they?
: Regardless of what medium I’m working with, what interests
me about the artistic process is experience as a qualitative dimension.
I’m interested in what takes place between the material and myself,
between the material and the sculptress. Not only the material has a
memory; we human beings also have sensory memories. We absorb a lot
more with our senses than we could ever process verbally. And these
experiences are stored on a non-conceptual level. I’d say that the point
of artistic investigation is probably more to activate those levels, and
bring them to the surface formally.
And the role of the ‘tools’ – photography, SEM, etc.?
: Actually, I use instruments as little as possible, because I don’t
want to have anything at all between myself and the material. Now
that doesn’t apply to SEM. At first I thought it wouldn’t be possible to
pursue an artistic working process in such a sterile laboratory situation. But after a while, I managed to forget all the machinery around
me.
Let’s talk specifically about the SEM method. How did you experience the entry into the laboratory and the work on a high-tech instrument you normally don’t work with? How do you go about doing SEM
research?
: I came across SEM several years ago when I was trying to find out
how the materials of my sculptures manifested themselves on non-visible levels. SEM was an obvious choice because it scrupulously reads the
surface and produces especially three-dimensional-looking images. The
surface is quasi modelled in shades of grey. The beginning of my work
on the microscope was marked by an encounter with dimensions entirely different from the ones I was familiar with in the studio. I examined
tiny pieces from the various surface structures of my sculptures. Later I
also formed pieces in order to look for something specific.
You had already processed them?
: Yes. I wanted to find out if there were differences on the nonvisible level between the natural material and the material I had given
form to. In other words, whether the distinction between original
nature and artistic invention could be read in the deep structure of the
material. I was interested in whether it was possible to find out the
depths at which the artist’s hand can leave its mark on the material.
Did you see anything?
: Not very much. Initially I wasn’t able to localize my interventions, at least not specifically. The processes that take place in artistic
creation are very complex, and don’t allow themselves to be fragmented and isolated for these specialized visualization instruments. The
question as to whether the intervention is visible was my first impulse.
After a time, though, I let go of that question and gave scope to other
experiences. An entirely different world comes into view in the depths
of the material surface. Even a crumb is inexhaustible, and every place
you visit, every micrometre you enlarge looks different.
What do you learn about your material when you work with the SEM?
: On the SEM you can only look at completely dry material, because otherwise you can’t create a vacuum. Everything you see on the
screen effectively has no more moisture; it’s unmoved and unanimated
material. Nevertheless, the SEM images are distinguished through and
through by material-specific transformation processes. The memory of
the material can be experienced with incredible intensity in these deep
structures. The material’s powers of formation seem to take place in
endless variety in the here and now. The moment I’m there, the material seems to move.
Let me ask you something else about the device. What intention do
you pursue in your use of the SEM or the camera?
: It took me a long time to learn what the scanning electron
microscope is capable of and to explore its limitations. Like the camera,
the SEM is an instrument that is operated by a subject and with an
intention. It was in this sense that I wanted to use the SEM as an artist,
and to introduce myself into the imaging process as a perceptive and
creative subject. The aim is – to the extent possible – to get the device
to look at things the way I look at things. There should no longer be
anything between me and the image.
As living beings, we constantly change and are constantly subjected to
energetic processes without doing anything actively. We change every
second and don’t even notice it.
: Yes, exactly. There’s the physical level, the material level, on
which so much happens that we can’t even perceive it sensorily. But
precisely this level forms the basis of our sensual perception, so to
speak. Four-dimensional space-time is organized by immaterial dimensions. There are so many complex and multi-faceted interconnections,
and I ask myself where material actually starts and where it ends.
We used to think of that in terms of microcosm and macrocosm,
two realms that mirror and are engaged in constant exchange with one
another. There seem to be similarities between that idea and the SEM experience of the material, which on the micro level seems to behave just
like the whole, the crumb of clay or plaster like the entire sculpture.
: Maybe that is the case. In any event, a division of that kind
helps to make complex matters more comprehensible. But I don’t think
there’s an axis of symmetry.
No, presumably there is no axis of symmetry, as you say, but rather
the small is part of the large, and the small behaves in the same manner as the large. Can we say it that way?
: Now you’re asking about a conception of the world. I know what
you mean: the recognition of the large in the small is fascinating, but I
certainly wouldn’t want my work to be limited to that. Size is relative,
also as regards the digital – i.e. immaterial – SEM images materialized
here in this book. As far as the cosmos is concerned, I’m interested
less in the appearance of micro and macro than in the movement and
communication of material and immaterial dimensions – not as a
dichotomy, but as a holistic phenomenon that completely permeates us.
No matter what depths we gain visual access to by means of the latest
technology, we still encounter particles which organize themselves and
whose organization processes have an impact on several levels at once. Nature is present everywhere as a kind of consciousness of the unconscious.
Yes, exactly. And what you are saying applies to a conception of the
world that sees all things as connected, whether they are large or small,
because they are engaged in exchange with one another on the level of
energy.
/Visits to caves
Let’s consider another point that is equally interesting. In your sculptural research you not only use high-tech instruments such as the SEM.
Last year you visited a lot of caves, and made a lot of new discoveries
and had a lot of new experiences there for yourself and your work.
What does it mean to you to enter a cave?
: For me, caves are unbelievably sensual and primal places, which
have such presence and vitality, as if they were organic, and just in the
process of coming to life. In them, I can fathom and internalize the
natural formation processes of the materials. If not for the flow and
rhythm of water, you’d have no orientation in those lightless depths.
Owing to the spatiotemporal concentration and the isolation from the
outside world, a presence of life reality can be sensed in a cave that
transcends the four dimensions of space-time.
You can also have those experiences above ground, but a cave is a
special place for experiencing those things.
: … for experiencing those things as a sculptress. After all, the concern is with my sculptural questions, and they revolve around material,
and in that connection a cave is an experiential space in the body of
the stone. Caves take shape from limestone and loam – essentially the
materials I work with sculpturally.
What about the cave art you encountered there? Can you relate the
cave art to your own work? In a sense, the artists are colleagues from
ancient times who left works behind of a quality that makes you wonder if there is even a history of art.
: Yes, the matter of historiography or the linear course of art
history also occurred to me immediately when I started going to caves.
Unlike intellectual memory, sensual memory isn’t subject to linear
time. But maybe that topic would take us too far afield.
One aspect of cave art that moved me deeply was the great sensitivity
for the material and the spatial integrity of the cave. For example, the
artists took inspiration from the natural relief of the cave walls. They
exercised great care in placing their interventions in the cave space,
doing it in such a way as not to disturb the organism of the cave, but on
the contrary to intensify its intimacy and interiority.
In other words, in harmony with what you encountered as an organic spatial whole. Could it be said that the space of the cave is like the
inner space of the body?
: The analogy of the cave to the inner landscape and the relationship between body and soul seem obvious. No sooner have you taken a
few steps into the interior of a cave than you have the feeling not only
of entering an organic body, but of being at the source, at the secret of
the rock as its most sensitive place.
When I look at the SEM images, I sometimes think I’m in a landscape. I could also be in a cave. I experience the SEM images quasi as
virtual caves which I, as a viewer, can enter. Do the SEM images bear
any similarity, any structural similarity, to a cave?
: Yes, when I’m working on the SEM I sometimes make my way
through cave-like landscapes in the material depths of the surface.
On the screen I try to get as close as possible to the three-dimensional
forms and the caves as possible. That’s an intensity I look for in the experience of the material and that I can intensify on the SEM by making
certain decisions such as looking at horizonless sections.
For me the ‘SEM landscapes’ have the character of a primal landscape, a landscape like at the beginning of the world, where life is just
forming. Those are experiences that I, as a being of the twenty-first
century, can’t have, the experience of going back so far in time. But I
can imagine that you experience very similar things when you climb
down into the deep time layers of a cave. And in actuality, it is the
digitally generated image of a little piece of plaster or clay that I experience in this way in your SEM images.
: I’d say there are various temporal dimensions that influence material organization. In the context of my work, I’m not that interested in
the linear dimension, in the sense of going back in time. I imagine temporal depth more as a field on which time takes place. We can enter that
field at any time, and when we do, we experience it as the present. In
this phenomenon I also see a connection to sensual and material memory, and in that context structures seem to me to play a fundamental
role. That’s why I go to primal places in which structures emerge that
date from long before human order. They’re material levels that cannot
be comprehended on a conceptual level.
Because the human being isn’t there yet to conceive of them.
: I don’t think the human being will ever be able to make them the
subject of conceptual thought. I think these levels are there independent of human history. There’s a world that predates human order. I
don’t mean that in spatiotemporal terms. I think there’s a transitional
zone in which the essence of the material and the essence of our bodily
being and sensation can come into contact.
Here artistic work enters a field of research that must remain inaccessible to any logically organized (scientific-positivist) research work. It
is a non-conceptual state of the world that you enter with your artistic
research, that you grasp, so to speak, with your hands.
/Nature and art
Now let’s consider the last topic of our conversation, the matter of
the relationship between nature and art. When there are no concepts,
when no concepts are there, or there yet, then there are, to begin with,
the senses: of sight, touch, taste, smell and sound. We possess a sensory
wealth that links (our) nature with art. That is the magic and appeal
of art that is so often referred to, but that defies conceptual comprehension. Magic evades terminology; you are either attracted to it and
fascinated by it or you aren’t. Depending on how the energy that comes
from the object takes effect. Would you regard this as a relationship
between art and nature?
: Yes. I don’t think there is such a huge contrast between art and
nature. I tend to be more aware of a broad common origin. For me the
essence of nature lies in process and transformation, in the movement
of animate and inanimate matter, and in the impenetrable structures
of material and immaterial levels. My conception of nature encompasses immaterial levels, and precisely there lies a common depth and
source of art and nature. My working processes are also processes of
creation. When I work through the inexhaustible forms and structures,
and when I subject myself to the rhythm of repetition, I am very close
to the essence of nature. The material speaks to us phenomenally, like
nature. Therein lies the significant expressive quality of my work.
One of art’s old strategies for dealing with nature is to imitate
nature. I don’t see the strategy of imitation in your work. In fact, that
is precisely the interesting thing about your work, that it is not an
imitation of nature.
: The imitation of nature is something I’m interested in. It definitely bears a relation to my work. With the material, I trigger natural
formation processes. My concern in doing so is with a resemblance that
is rooted more in the deeper-lying structures than in outward appearances. The structural processes are, so to speak, more than the sum of
their parts; they are the essence of life. We ourselves are also nature.
And the human being is even penetrating the realm of creation to such
an extent that he is influencing and changing material and immaterial
structures.
Even if we resemble one another genetically, we are completely different as individuals.
Bernini said that when he made sculptures he contributed ‘vital
blows’ to the material. With the blow of the chisel he breathed the
sculpture’s life into it, but the result was always mimetic sculpture.
Nevertheless, Bernini said, the sculptural act is the act of animation.
In that respect, your work is related to his.
: In sculpture there is the concept of working in such a way as to
do justice to the material. That sometimes sounds very technical. At
best, though, I think that idea goes far beyond the level of artistry. You
can sensitize yourself to the material, virtually assimilate it through
the constant repetition of gestures and processes. In the sculptural
creation process, that can lead to taking the material to its limits, or
even past its limits to the point where you think this is something this
material can’t actually do.
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T-24-04-03
Copyright 2014 bei der Künstlerin und der Autorin
ISBN 978-3-86206-431-1
Erschienen bei
Verlag Kettler, Dortmund
Gesamtherstellung
Druckerei Kettler, Bönen
Gestaltung
Volker Heinze, Düsseldorf
Übersetzung und Lektorat
Judith Rosenthal, Frankfurt
Interview
Prof. Dr. Christiane Kruse und Flora Hitzing
Dem CAi der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
danke ich für die außergewöhnliche Unterstützung meiner
Arbeit am REM. Ich danke der Muthesius Kunsthochschule Kiel
für die Projektförderung und Prof. Stephan Sachs für
die Projektbetreuung. Der National-Bank gilt mein
besonderer Dank für das Sponsoring dieses Buches.