0. Erwartungen und Wünsche der Teilnehmer I. Theoretischer Teil 1. Geschichte des Autismus 2. Diagnose Autismus 3. Ursachen 4. Einzelne Therapiemethoden im Überblick II. Verhaltensauffälligkeiten bei Menschen mit Autismus 1. Was sind Verhaltensauffälligkeiten? 2. Ursachen für Verhaltensauffälligkeiten 3. Umgang mit Verhaltensauffälligkeiten 4. Praktische Beispiele 1799: Victor von Aveyron der französische Arzt Itard nimmt einen 12 jährigen verwilderten Jungen bei sich auf. Dieser zeigte deutliche Anzeichen von Autismus der Begriff „Autismus“ wurde erstmals 1911 von Eugen Bleuler verwendet. Er beschrieb eine Form der Schizophrenie Merkmale: Gestörte Beziehung zu Menschen und der Außenwelt Die Patienten flüchten sich in eine Innenwelt Begriff „Autismus“ von griechisch „auros“„selbst“ Leo Kanner beschrieb 1943 erstmals Autismus als eigene Störung Erste theoretische Erklärungsversuche Tiefgreifende Entwicklungsstörung, die von Geburt an besteht Er beschreibt die Kinder „als in einer Schale lebend“, unfähig Beziehungen aufzunehmen. Hans Asperger veröffentlicht 1944 den Bericht über „autistische Psychopathen im Kindesalter. 6 Charaktereigenschaften: ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ Autistische Intelligenz Körperliches und Ausdruckserscheinen Genetisches Verhalten in der Gemeinschaft Trieb- und Gefühlsleben Soziale Wertigkeit und Verlauf Prägte den Begriff der „Kühlschrankeltern“ Machte vor allem die Mütter für das autistische Verhalten ihrer Kinder verantwortlich Einzige Therapiemöglichkeit ist die Unterbringung im Heim Die These ist höchst problematisch und inzwischen vollkommen widerlegt! Frühkindlicher Autismus (F84.0) Atypischer Autismus (F84.1) ◦ Autismus mit atypischem Erkrankungsalter ◦ Autismus mit atypischer Symptomatologie Asperger-Syndrom (F84.5) Früher: klare Trennung; Heute: Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) Folgende Punkte müssen bei einer Diagnose „Autismus“ auftreten: Soziale Interaktion und Spiel ◦ ◦ ◦ ◦ Blickkontakt Anlächeln Imitation Freundschaft Kommunikation ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ Zeigegesten Nicken, Kopfschütteln Echolalien Funktionale Sprache Konversation Wiederholendes Verhalten und eingeschränkte Interessen (Stereotypien) ◦ ◦ ◦ ◦ Vorlieben Rituale, stereotype Bewegungen Wahrnehmungsauffälligkeiten Zwänge Störungen im Schlaf-Wach-Rhythmus Depressionen Ängste Sensorische Störungen Aufmerksamkeits-Defizit-Störungen Inselbegabungen (Savants) Problem, sich hineinzuversetzen in andere: „Theory of mind“ Sinneskanäle sind oft über- und unterempfindlich (mitunter wechseln die Empfindlichkeiten phasenweise) Sensorische Reize werden für den autistischen Menschen nicht ohne weiteres zu verständlichen Bedeutungsträgern. Wahrnehmungsrealität und Erleben entziehen sich seiner Kontrolle und bleiben tendenziell chaotisch. Die Ausbildung und Differenzierung innerer Ordnung bleibt dem autistischen Menschen erschwert. Der autistische Mensch bleibt durch äußere Reize irritierbar, von Kontrollverlust, Angst und Panik dauerhaft bedroht. Besteht eine autistische Störung? ◦ Diagnostische Kriterien prüfen Wie ist der Entwicklungsstand und die Intelligenz? ◦ Normal oder verzögert? ◦ Spezielle Defizite und Fähigkeiten ◦ Intelligenzprofil Wie ist das soziale Umfeld? ◦ Familiengeschichte ◦ Geschwisterposition ◦ Erziehungsstil Autistisches Verhalten ◦ Art und Schwere der Probleme ◦ Therapierbarkeit Spezielle Defizite und Fertigkeiten ◦ ◦ ◦ ◦ Entwicklungsniveau Sprache vor dem Alter von fünf Jahren Sensorische Störungen Motivation und Interessen Organische Auffälligkeiten ◦ Art und Schwere der Probleme ◦ Therapierbarkeit Familie und Fördermöglichkeiten ◦ Optimismus ◦ Förderangebote ◦ Finanzielle Situation Epilepsien und epileptische Syndrome Fragiles X-Syndrom Rett-Syndrom Angelman-Syndrom Prader-Willi-Syndrom Gehen Sie in Gruppen zusammen Sie sind im Sozialdienst Ihrer Einrichtung tätig und müssen nun entscheiden, ob Ihr Klient eine Autismus-Diagnose bekommt oder ob eine andere Störung vorliegt. Asperger-Syndrom 8 : 1 (Jungen/Mädchen) Andere Autismus-Formen 4 : 1 (J/M) Geschätztes Auftreten: Deutschland: 60 von 10.000 (BV) England: 91 von 10.000 (L. Wings) USA: 150 von 10.000 (CNN) Früher: 4 – 6 von 10.000 Kinder Genetische Ursachen Biologische Umweltfaktoren Ergebnisse der Bildgebung: Strukturelle Auffälligkeiten im Gehirn Wahrnehmungsverarbeitungssörungen Grundsätzlich: Genetische Disposition und eine andere Störung/ Erkrankung Genetische Auffälligkeiten (Untersuchung 1.200 Familien, 50 Institute, 19 Staaten) ◦ Auffälligkeiten auf den Chromosomen 11, 15, 2, 4, 7, 10, 19, 22 Risikofaktoren in der Schwangerschaft ◦ Röteln ◦ Alkoholkonsum ◦ Medikamenteneinnahme Geburtskomplikationen Impfungen Allergien Bei Studien im MRT lassen sich Auffälligkeiten im Gehirn feststellen Emotionen werden an einer besonderen Stelle im Gehirn gespeichert. Hier gibt es einen Unterschied zwischen Menschen mit und Menschen ohne autistische Störungen. TEACCH Führen nach Affolter Familientherapie Sensorische Integration Musiktherapie Medikamentöse Therapie Verhaltenstherapeutische Ansätze Eines der größten Probleme im Umgang mit Menschen mit Autismus sind Verhaltensauffälligkeiten. Dazu gehören: ◦ Autoaggression ◦ Fremdaggression ◦ Sozial auffälliges Verhalten Autoaggressives Verhalten ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ Sich selbst schlagen Sich selbst zwicken Kopf gegen Gegenstände schlagen Blutig kratzen Gelenke ausrenken Fremdaggressives Verhalten ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ Laut schreien Zwicken Schlagen Treten Würgen Aber auch: Androhen von Gewalt Sozial auffälliges Verhalten Beispiele: ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ Kleidung in der Öffentlichkeit ausziehen Onanieren in der Öffentlichkeit Anfassen fremder Personen Sich bei fremden Personen auf den Schoß setzen Versuch, fremde Personen zu küssen Mangelnde Kommunikationsmöglichkeiten ◦ Falsch: Verhaltensauffälligkeiten sind eine Art der Kommunikation ◦ Richtig: Verhaltensauffälligkeiten können ein Hinweis auf eine gestörte Kommunikation sein! Paul Watzlawik: Man kann nicht nicht kommunizieren ◦ Wenn keine Sprache möglich ist, müssen Kommunikationsmöglichkeiten für den Menschen mit Autismus geschaffen werden Unterstützende Kommunikation Gestützte Kommunikation (FC) Logopädie Wahrnehmungsverarbeitungsstörungen ◦ Aggression als Reaktion auf eine Fehlinformation der Reizleitung ◦ Besonders oft eine Ursache für Verhaltensauffälligkeiten ◦ Mensch mit Autismus versucht sich zu stimulieren bei Untererregung ◦ Bei Übererregung setzt Vermeidungsverhalten ein. Wunsch nach Aufmerksamkeit ◦ Oft zeigt sich eine Verhaltensveränderung, wenn das Kind Aufmerksamkeit bekommt Beenden anstrengender Situationen und Aktivitäten Protest gegen ungewollte Ereignisse oder Aktivitäten Selbststimulation Wunsch nach gleichbleibender Umgebung Verhaltensanalyse Folgende Fragen muss man sich stellen: ◦ Woraus genau besteht das beobachtbare Verhalten? ◦ Wie oft tritt es auf? ◦ In welcher Situation tritt es auf, in welcher nicht? ◦ Welche Konsequenzen sind sinnvoll? Auslöser Konsequenz Befinden Verstärker Umgebung Bestrafung Personen Was sind positive Verstärker? ◦ Sozial: Lob, Anerkennung ◦ Symbolisch: Münzverstärkung, Noten, Privilegien ◦ Handlungsverstärker: Schaukeln, Schwimmen, Computerspielen ◦ Materiell: Selbststimulation, Spielzeug, Essen, Trinken Was sind negative Verstärker? ◦ Entzug von Privilegien ◦ Time-Out-Maßnahmen Wie findet man Verstärker? ◦ Beobachtung ◦ Befragung der Umgebung ◦ Befragung des Betroffenen Wie müssen Verstärker beschaffen sein? ◦ ◦ ◦ ◦ Sonst nicht verfügbar! Attraktiv Variabel vielfältig Wie sollten Verstärker eingesetzt werden? ◦ Erst unmittelbar und dann kontinuierlich ◦ Gepaart mit Kommentar ◦ Gepaart mit Lob Problematik bei Menschen mit Autismus ◦ Muss kontrollierbar sein, darf nicht zur Selbstbeschäftigung eingesetzt werden. ◦ Muss einen Bezug zur Handlung haben. Schwierig sind deshalb Münzverstärker (TokenSystem) ◦ Positive Verstärker bei starken Verhaltensauffälligkeiten nicht wirksam ◦ Besser: Entzug von positiven Verstärkern und negative Verstärkung Was in der Theorie ganz einfach klingt, ist in der Praxis etwas schwerer. Bitte besprechen Sie die Fallbeispiele und suchen Sie nach Lösungen. Gruppensituationen planen Verhalten beobachten, rückmelden Rechtzeitig ein Stopp-Signal geben Lösungen in entspannten Situationen angehen Ziel ist es, dass der Mensch mit Autismus lernt, sich selbst zu kontrollieren! Manchmal ist es notwendig, körperlich zu intervenieren. Dazu ist es notwendig, einige Punkte zu beachten: Selbstverteidigungskurse besuchen Unbedingt zu zweit arbeiten Andere Klienten in Sicherheit bringen Einrichtungsleitung hinzuziehen Rechtliche Grundlagen beachten!! In der Öffentlichkeit: Unbeteiligte aus der Situation entfernen! Wenn es gar nicht mehr anders geht: Polizei und/ oder Notarzt hinzuholen. Wichtig: Keine Schuldgefühle: Körperliches Eingreifen ist pädagogisches Handeln! Es gibt unter Autismus-Experten die Meinung, Verhaltensauffälligkeiten gehören zum Erscheinungsbild dazu und müssten akzeptiert werden. Wie stehen Sie dazu? Meine Antwort: ja und nein die Behinderungsform Autismus das Bedürfnis nach Stabilität einen anderen, besonderen Ordnungssinn Stereotype Bewegungen Dass sie eine veränderte Wahrnehmung haben und die Schwierigkeiten, die daraus resultieren Dass ihre Kommunikation oft sehr schwierig ist und viel Förderung benötigt für ihre Art zu zeigen, dass ihnen etwas an anderen Menschen liegt aus Gestaltungsfreiräumen (z.B. im Freispiel) feste Werte werden, die nicht verändert werden dürfen Sie keine Alternativangebote schaffen dürfen die Menschen mit Autismus keine Worte für ihre Bedürfnisse finden wollen es zu persönlichen Grenzüberschreitungen kommt Sie oder andere verletzt werden (gefühlsmäßig oder körperlich) Verhaltensauffälligkeiten genutzt werden, wenn Gestaltungsfreiräume genutzt werden sollen Autismus als Alibifunktion genommen wird, um Familie / Arbeitsplatz zu beherrschen andere in ihrer Freiheit eingeengt werden dass der Mensch mit Autismus einziger Mittelpunkt ist dass der Mensch mit Autismus am Rand steht Abgrenzung als Teil eines pädagogischen Konzepts als Methode, um Selbstständigkeit, Wahrnehmung und soziale Kompetenz zu fördern Der Mensch mit Autismus hat Probleme, soziales Verhalten und bestimmte Interaktionsregeln zu durchschauen Er kann nur schwer beurteilen, was sozial angemessen ist. Folgende Situationen erfordern Abgrenzung Umarmen, Betatschen Intime Fragen Sexuelle Anspielungen Aggressive, verbale Äußerungen Unrealistische Vorstellungen (z.B. übers Heiraten) Auto-und Fremdaggression Vermittlung gesellschaftlicher Werte und Normen Förderung sozialer Kompetenz Eigene Grenzen kennenlernen und diese artikulieren Inklusion Konsequentes Handeln Frei sein von Mitleid Fortwährende Selbstreflexion des Mitarbeiters Alternative Verhaltensweisen aufbauen Je klarer Sie Grenzen setzen, desto leichter fällt es dem Klienten, sich in diesem Rahmen zu entwickeln. Eine gute Verhaltensbeobachtung ist sehr wichtig, um den Klienten einschätzen zu können und den Gruppenalltag zu planen Nicht auf Verhalten reagieren, aktiv beobachten und frühzeitig intervenieren Jetzt ist Zeit für Ihre Fragen und Ihre Wünsche für die nächsten Stunden!
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