Pädagogik•Leben 1-2015 Pädagogik•Leben 1-2015 „Man muss verstehen, was man vorliest“ Jonathan Knewitz aus NiederHilbersheim ist zwölf Jahre alt und besucht die IGS Kurt Schumacher in Ingelheim. Der Siebtklässler mag unter anderem seine Katze, seine Freunde, Modellbau für Eisenbahnlandschaften und liest gerne. Claudia Nittl, Chefredaktion der P•L, Jonathan Knewitz, sprach in den Sommerferien Bild: H. Knewitz mit dem rheinland-pfälzischen Landessieger des Vorlesewettbewerbs über das (Vor)lesen und seine Erfahrungen beim Bundesentscheid in Berlin im vergangenen Juli. P•L: Hast du immer schon gerne gelesen? JK: Als ich klein war, habe ich natürlich noch nicht selbst gelesen, aber meine Mutter hat mir vorgelesen. Ich habe auch immer meinen großen Bruder dazu bringen wollen, mir vorzulesen, aber meistens wollte der einfach nicht. Seit ich in der Schule lesen gelernt habe, lese ich eben selbst – gerne und viel. P•L: Wie bist du zu dem Vorlesewettbewerb gekommen? JK: Das war keine Absicht. Wir mussten Anfang der sechsten Klasse im Dezember alle ein Buch vorstellen. Dabei haben wir auch eine Stelle aus dem Buch vorgelesen. Es war eine Aufgabe für alle und ich habe mir eigentlich nichts dabei gedacht. Dass das schon der Klassenentscheid im Vorlesewettbewerb war, wussten wir eigentlich gar nicht. Danach kam der Schulentscheid, in dem dann alle vier sechsten Klassen gegeneinander angetreten sind. Das sah dann schon eher nach Wettbewerb aus. Wir vier Besten aus den Klassen wurden zu einer Jury aus Lehrkräften unserer Schule geschickt und haben einen bekannten und einen unbekannten Text vorgelesen. Ich habe den Text genommen, den ich auch schon vor der Klasse vorgelesen hatte. Das unbekannte Buch bekamen wir erst vor Ort und mussten dann nacheinander daraus vorlesen. Und weil die Jury es dann immer noch nicht wusste, wer gewonnen hat, musste man noch eine Passage aus dem fremden Text lesen – dieses Mal immer die gleiche. Und am Ende blieb dann eben nur noch ich übrig. P•L: Wie ging es weiter, nachdem du Schulsieger geworden bist? JK: Als nächstes folgten dann die Kreis- und Bezirksentscheide. Beim Kreisentscheid waren wir insgesamt 19 Vorleser. Ab da gab es dann auch Publikum, mal mehr, mal weniger. Manche hatten Leute aus ihrer Klasse mitgebracht, die Eltern waren dabei. Und die Jury war auch bedeutend größer, etwa acht Personen. P•L: Warst du nervös, weil dir so viele Leute zugehört haben? JK: Es ging eigentlich, Aufregung gehört ja wohl dazu. P•L: Nachdem du beide Entscheide gewonnen hattest, ging es weiter zum Landesentscheid? JK: Genau, nach dem Bezirksentscheid in Worms sind wir zwei Sieger zum Landesentscheid gefahren. Es nahmen genau acht Personen teil, je zwei Sieger pro Bezirksentscheid. Da der Landesentscheid auf der Buchmesse in Mainz im Mai stattfand, gab es im Publikum sogar Besucher, die eigentlich gar keine Beziehung zu den Vorlesern hatten und sich den Wettbewerb einfach so mal anschauen wollten. P•L: Und als Landessieger ging es dann Anfang Juli nach Berlin zum Bundesentscheid. Wie war das und was hat dir an den Wettbewerben besonders gut gefallen? JK: Toll war natürlich immer, dass ich schulfrei bekommen habe (lacht). Wir waren drei Tage in Berlin, wurden von unseren Eltern am ersten Tag vorbeigebracht und ganz am Schluss erst wieder abgeholt. Dann haben wir auch die ganzen anderen Vorleser schon vor dem Wettbewerb kennengelernt. Wir hatten nämlich eine gemeinsame Unterkunft, eine Jugendherberge. Schön war auch, dass wir uns nur ganz wenig als Konkurrenten gefühlt haben. Eigentlich war da eine gute Stimmung. Auch der Sieger aus dem Vorjahr war ganz nett, der war dieses Jahr in der Jury. P•L: Wieso ist das Verstehen und Interpretieren der Texte so wichtig? JK: Man muss ja wissen und verstehen, was passiert, was zum Beispiel die Personen gerade fühlen, damit man dementsprechend betonen kann. Bei dem Wettbewerb haben wir uns aus 36 Neuerscheinungen vier Bücher aussuchen dürfen, eines davon wurde uns dann nachmittags zugeteilt und wir mussten eine gute Stelle finden. Die haben wir am nächsten Vormittag dann präsentiert. P•L: Worauf wirst du dabei besonders achten? JK: Ich werde zuerst auf die Betonung achten: Wer betont mehr, wer betont falsch, wer betont richtig. Man hört ja, ob jemand einfach nur den Text herunterrattert oder versteht, was er da liest. P•L: Liest du mehr oder anders, seit du bei Vorlesewettbewerben mitgemacht hast? JK: Ich glaube, ich lese gleich viel wie vorher. Einwurf seiner Mutter: Aber man merkt schon einen Unterschied. Wenn er zum Beispiel Zeitung liest, sagt er viel öfter: „Das muss ich dir gerade mal vorlesen.“ Sein Vorleseverhalten hat sich auf jeden Fall verändert. P•L: Du hattest einen Coach. Was habt ihr geübt? JK: Frau Schlitt, eine Deutschlehrerin an meiner Schule, war meine Tutorin nach dem Schulentscheid, da war sie in der Jury. Zuerst habe ich mich auf das Vorlesen konzentriert, dann auf Aussprache und Betonung. Später kam dann das Interpretieren des Textes dazu, das hat sich immer ein bisschen gesteigert. Wir haben uns zwei-, dreimal die Woche getroffen. P•L: Wie geht es jetzt für dich weiter? JK: Ich mache keine Wettbewerbe mehr, habe jetzt meine Ruhe (lacht). Aber als Vorjahressieger werde ich 2015 in manchen Jurys sitzen. Da freue ich mich auch drauf. Für die Auswahl des eigenen Textes ist übrigens auch wichtig, dass wörtliche Rede darin vorkommt. Das macht das Vorlesen viel interessanter. Das vergessen viele oder wissen es nicht. Da ist es natürlich gut, wenn jemand einen berät. P•L: Was ist dein Lieblingsbuch? JK: Es gibt viele Bücher, die mir gefallen. Ich lese am liebsten Sachbücher bspw. über die Titanic oder Pompeji, aber auch Comics und besonders gut gefällt mir zurzeit „Gregs Tagebuch“. Eine kurze Kostprobe aus „Gregs Tagebuch 6 – Keine Panik“ von Jeff Kinney, Baumhaus Verlag, 2011, gelesen von Jonathan Knewitz, finden Sie auf den Internetseiten der Zeitschrift. Kontakt: [email protected] Weitere Informationen zum Vorlesewettbewerb: www.vorlesewettbewerb.de FORTBILDUNGSANGEBOTE Vorlesen, 29.04.2015 in Bad Kreuznach, PL-Nr.: 152210102 Anmeldung und weitere Fort- und Weiterbildungen unter: https://fortbildung-online.bildung-rp.de 24 25
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