Ostfriesen-Zeitung, Ausgabe: Emden, vom: Mittwoch, 22. April 2015

T HE M A
OSTFRIESEN-ZEITUNG, SEITE 10
Fragen und
Antworten
Für Heike Douglas aus
Riepe stellte sich die
Frage, warum man den
bestehenden Krankenhäusern nicht Schwerpunktdisziplinen zuordnet. Damit würde noch
mehr Verkehr auf der
Straße verhindert, weil
Besucher und Arbeitnehmer nicht nach Georgsheil fahren müssten.
„Die Disziplinen zu trennen, macht keinen
Sinn“, antwortete
Dr. Hendrik Faust, Ärztlicher Direktor des Klinikums Emden. Viele Pa-
Der frühere Sozialplaner der Stadt Emden, Josef Engels (Mitte), wollte vom Oberbürgermeister und von der BDO wissen, ob auch Alternativen zum
Standort Georgsheil geprüft worden sind. Rechts im Bild: Edzard Wagenaar, der die Informationsveranstaltung moderierte.
BILDER: ORTGIES
„Medizinische Zukunft liegt in Georgsheil“
NEUBAU Informationsveranstaltung zur Zentralklinik in Emder Nordseehalle stieß auf großes Interesse
Oberbürgermeister Bornemann, Leiter der Krankenhausverwaltungen,
Ärzte, Betriebsräte und
Planer mussten viele Fragen beantworten. Ihre
Antworten waren ausführlich – und für einige
überzeugend.
VON FRITZ HARDERS
EMDEN - Das war kein Hai-
fischbecken, in das die Podi- Bernd Bornemann
umsteilnehmer am Montagabend gestiegen sind – wie es los“ heraushob, rumorte es
die vielen Unterschriften ge- doch in der Emder Nordseegen ein neues Zentralkran- halle. Dorthin hatten die
kenhaus hätten erwarten las- Stadt Emden und der Landsen können. Den acht Herren kreis Aurich zur ersten von
auf dem Podium schlug drei Informationsveranstalkaum Protest entgegen, auf tungen zur geplanten Zenihre Antworten gab’s nur ver- tralklinik in Georgsheil eingehaltene
Missfallensbekun- laden (siehe Infokasten).
dungen. Sie bekamen sogar
Den etwa 400 Interessierein ums andere Mal Applaus ten standen neben Oberbüraus dem Publigermeister Bor_________
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(SPD) es ausdrückte, der mit Argumenten von den Kritiauf dem Podium saß. Nur als kern beinahe unanfechtbar.
er die Pläne als „alternativ- Zwar sei die Versorgung der
Zentralklinikum
Die Idee für ein Zentralkrankenhaus kam aus Emden. Der Aufsichtsrat der
Klinikum Emden gGmbH
stellte sie erstmals im
September 2013 intern
vor. Gründe für die Überlegungen waren das wachsende jährliche Defizit von
zuletzt annähernd vier Millionen Euro – für das die
Stadt Emden als Träger
aufkommen muss – und
ein Investitionsstau von
rund 60 Millionen Euro. Ein
weiterer Grund war die zunehmende Spezialisierung
der Fachdisziplinen und die
fortschreitende Verlagerung vom stationären in
den ambulanten Bereich,
mit der Folge, dass die
Fachabteilungen weiter
schrumpfen und unattraktiv
für Fachkräfte würden.
Letztlich könne eine umfassende medizinische Versorgung der Bevölkerung in
kleineren Kliniken nicht
mehr sichergestellt wer-
Dr. Christoph Schöttes
Carsten Schäfer
Patienten in Emden derzeit del würden dazu führen, dass
noch auf einem guten Ni- die Bettenzahl und damit die
veau, das könne aber auf Fachabteilungen schrumpDauer wie auch in anderen fen. Es würden in der Folge
kleinen
Krankenhäusern rasch Grenzen erreicht wernicht
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werden. den, die ein effektives ArbeiSchon die Architektur des ten nicht mehr zuließen.
mehr als 60 Jahre alten Kran- „Wir müssen uns bewegen,
kenhauses stehe dem entge- auch wenn es schwerfällt“,
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medizinischen Fachdiszipli- auch die Finanzen. Alle drei
nen und die fortschreitende Häuser haben mit strukturelambulante Betreuung der Pa- len Defiziten zu kämpfen.
tienten. Diese Entwicklungen Das heißt: Die laufenden
und der demografische Wan- Ausgaben sind jedes Jahr hö-
den, sagt das Emder Klinikum.
Schon im Oktober 2013
klopften die Emder beim
Landkreis Aurich an. Beide
vereinbarten, die Machbarkeit einer Zusammenführung prüfen zu lassen. Den
Landkreis plagen ähnliche
Sorgen wie die Emder. Die
Ubbo-Emmius-Klinik (UEK)
mit ihren Standorten in Aurich und Norden ist mit einem Defizit von zehn Millionen Euro belastet.
Im März 2015 stimmten
der Emder Rat und der Auricher Kreistag der Gründung der gemeinsamen
Trägergesellschaft zu.
Es gibt auch Widerstand
gegen den Plan. Die Städte Aurich und Norden
wehren sich gegen die
Schließung der UEK. Aurich hat ein Gegengutachten in Auftrag gegeben,
das dem Krankenhaus gute Zukunftsaussichten bescheinigt.
her als die Einnahmen. Emden hat zuletzt ein Minus
von knapp vier Millionen
Euro gemacht, die beiden
Häuser des Landkreises Aurich zusammen sogar etwa
zehn Millionen Euro. Um
sich für die Zukunft zu rüsten, müssten in alle drei
Krankenhäuser noch mehrere Millionen Euro investiert
werden. Den Investitionsstau
allein in Emden bezifferte
Bernd
Bornemann
auf
60 Millionen Euro.
Für einen Neubau in Georgsheil stehen etwa 250 Millionen Euro im Raum. Eine
genaue Summe wollte Carsten Schäfer von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
BDO nicht nennen, weil das
der Stand der Planungen
noch nicht zulasse. Die BDO
ist mit der Machbarkeitsstudie für die Großklinik beauftragt und hat in der Vergangenheit auch die Bücher des
Emder Klinikums geprüft.
Der frühere Sozialplaner
der Stadt Emden, Josef Engels, wollte vom Oberbürgermeister und der BDO wissen,
ob auch Alternativen zum
Standort Georgsheil geprüft
worden seien und, wenn ja,
mit welchem Ergebnis. Es
seien nicht nur weitere
Standorte geprüft worden,
sondern neben der Zentralisierung auch eine Zusammenarbeit der drei Häuser.
Das Ergebnis fasste Carsten
Schäfer von der BDO zusammen: „Es gibt kein Szenario,
das der Zentralisierung in
Georgsheil wirtschaftlich und
medizinisch überlegen ist.“
Ohne Großklinikum drohe
die Privatisierung.
Von einer Aufteilung der
Bau- und Folgekosten gemessen an den Bevölkerungszahlen in Emden und
im Landkreis Aurich – von Josef Engels ebenfalls angesprochen – wollte der Oberbürgermeister nichts wissen.
An der Krankenhausgesellschaft würden sich die Stadt
Emden und der Landkreis
Aurich je zu 50 Prozent beteiligen, um auf Augenhöhe
entscheiden zu können. „Ich
lehne es für mich persönlich
ab, nach der Einwohnerzahl
zu gehen“, so Bornemann.
Heike Douglas
tienten müssten von Ärzten unterschiedlicher
Fachgebiete untersucht
werden, weil es oft Überschneidungen gebe.
Wie viele andere auch,
hat sich Johannes Voß
aus Freepsum Gedanken
darüber gemacht, ob die
Notdienstversorgung mit
dem Umzug nach Georgsheil gewährleistet
bleibt. Rettungswagen
hätten es nicht nur weiter, sondern müssten zu
Zeiten des VW-Verkehrs
mit Staus rechnen.
„Die Behandlung beginnt
nicht erst im Krankenhaus, sondern schon im
Johannes Voß
Rettungswagen“, erklärte dazu Matthias Drüner, Ärztlicher Leiter des
Rettungsdienstes der
Stadt Emden. Überdies
sei die Zeitverzögerung
zu vernachlässigen.
Das gelte auch für
Schlaganfallpatienten,
ergänzte Dr. Christoph
Schöttes, weil speziell
dieses Thema angesprochen wurde. Diese Patienten würden von der
Großklinik profitieren,
weil neue Technologien
zum Einsatz kämen, die
diagnostische und therapeutische Verbesserungen versprächen.
Wie Matthias Drüner
weiter erläuterte, wird
der Standort des Rettungsdienstes nicht verlegt, wie von einigen befürchtet.
Persönlich erstellt für: R. H. Jacobs
MITTWOCH, DEN 22. APRIL 2015