T HE M A OSTFRIESEN-ZEITUNG, SEITE 10 Fragen und Antworten Für Heike Douglas aus Riepe stellte sich die Frage, warum man den bestehenden Krankenhäusern nicht Schwerpunktdisziplinen zuordnet. Damit würde noch mehr Verkehr auf der Straße verhindert, weil Besucher und Arbeitnehmer nicht nach Georgsheil fahren müssten. „Die Disziplinen zu trennen, macht keinen Sinn“, antwortete Dr. Hendrik Faust, Ärztlicher Direktor des Klinikums Emden. Viele Pa- Der frühere Sozialplaner der Stadt Emden, Josef Engels (Mitte), wollte vom Oberbürgermeister und von der BDO wissen, ob auch Alternativen zum Standort Georgsheil geprüft worden sind. Rechts im Bild: Edzard Wagenaar, der die Informationsveranstaltung moderierte. BILDER: ORTGIES „Medizinische Zukunft liegt in Georgsheil“ NEUBAU Informationsveranstaltung zur Zentralklinik in Emder Nordseehalle stieß auf großes Interesse Oberbürgermeister Bornemann, Leiter der Krankenhausverwaltungen, Ärzte, Betriebsräte und Planer mussten viele Fragen beantworten. Ihre Antworten waren ausführlich – und für einige überzeugend. VON FRITZ HARDERS EMDEN - Das war kein Hai- fischbecken, in das die Podi- Bernd Bornemann umsteilnehmer am Montagabend gestiegen sind – wie es los“ heraushob, rumorte es die vielen Unterschriften ge- doch in der Emder Nordseegen ein neues Zentralkran- halle. Dorthin hatten die kenhaus hätten erwarten las- Stadt Emden und der Landsen können. Den acht Herren kreis Aurich zur ersten von auf dem Podium schlug drei Informationsveranstalkaum Protest entgegen, auf tungen zur geplanten Zenihre Antworten gab’s nur ver- tralklinik in Georgsheil eingehaltene Missfallensbekun- laden (siehe Infokasten). dungen. Sie bekamen sogar Den etwa 400 Interessierein ums andere Mal Applaus ten standen neben Oberbüraus dem Publigermeister Bor_________ kum. nemann die Lei„Wir müssen Und tatsächlich ter der Krankenuns bewegen, hausverwaltunkonnte der ein oder andere Besuauch wenn es gen, Mediziner, cher davon überBetriebsräte soschwerfällt“ zeugt werden, dass wie Planer Rede „Emdens mediziund Antwort. CHRISTOPH nische und pflegeUnd das ausSCHÖTTES ______________________ rische Zukunft in führlich. Georgsheil liegt“, Dr. Christoph wie der Emder Oberbürger- Schöttes, Chefarzt am Emder meister Bernd Bornemann Klinikum, blieb mit seinen (SPD) es ausdrückte, der mit Argumenten von den Kritiauf dem Podium saß. Nur als kern beinahe unanfechtbar. er die Pläne als „alternativ- Zwar sei die Versorgung der Zentralklinikum Die Idee für ein Zentralkrankenhaus kam aus Emden. Der Aufsichtsrat der Klinikum Emden gGmbH stellte sie erstmals im September 2013 intern vor. Gründe für die Überlegungen waren das wachsende jährliche Defizit von zuletzt annähernd vier Millionen Euro – für das die Stadt Emden als Träger aufkommen muss – und ein Investitionsstau von rund 60 Millionen Euro. Ein weiterer Grund war die zunehmende Spezialisierung der Fachdisziplinen und die fortschreitende Verlagerung vom stationären in den ambulanten Bereich, mit der Folge, dass die Fachabteilungen weiter schrumpfen und unattraktiv für Fachkräfte würden. Letztlich könne eine umfassende medizinische Versorgung der Bevölkerung in kleineren Kliniken nicht mehr sichergestellt wer- Dr. Christoph Schöttes Carsten Schäfer Patienten in Emden derzeit del würden dazu führen, dass noch auf einem guten Ni- die Bettenzahl und damit die veau, das könne aber auf Fachabteilungen schrumpDauer wie auch in anderen fen. Es würden in der Folge kleinen Krankenhäusern rasch Grenzen erreicht wernicht gehalten werden. den, die ein effektives ArbeiSchon die Architektur des ten nicht mehr zuließen. mehr als 60 Jahre alten Kran- „Wir müssen uns bewegen, kenhauses stehe dem entge- auch wenn es schwerfällt“, gen, weil sie dem weiter fort- sagte der Chefarzt. schreitenden Einsatz mediziNicht allein medizinische _________ nischer Technik Gründe beflügeln nicht den erfordie Idee für ein „Es gibt kein derlichen Platz Zentralklinikum Szenario, das in Georgsheil, in biete. Christoph das das Emder der ZentraliSchöttes sprach sierung überle- Krankenhaus auch den sich verund die beiden gen ist“ schärfenden ÄrzKrankenhäuser temangel an, die CARSTEN SCHÄFER in Aurich und ______________________ zunehmende SpeNorden aufgehen zialisierung der sollen. Es sind medizinischen Fachdiszipli- auch die Finanzen. Alle drei nen und die fortschreitende Häuser haben mit strukturelambulante Betreuung der Pa- len Defiziten zu kämpfen. tienten. Diese Entwicklungen Das heißt: Die laufenden und der demografische Wan- Ausgaben sind jedes Jahr hö- den, sagt das Emder Klinikum. Schon im Oktober 2013 klopften die Emder beim Landkreis Aurich an. Beide vereinbarten, die Machbarkeit einer Zusammenführung prüfen zu lassen. Den Landkreis plagen ähnliche Sorgen wie die Emder. Die Ubbo-Emmius-Klinik (UEK) mit ihren Standorten in Aurich und Norden ist mit einem Defizit von zehn Millionen Euro belastet. Im März 2015 stimmten der Emder Rat und der Auricher Kreistag der Gründung der gemeinsamen Trägergesellschaft zu. Es gibt auch Widerstand gegen den Plan. Die Städte Aurich und Norden wehren sich gegen die Schließung der UEK. Aurich hat ein Gegengutachten in Auftrag gegeben, das dem Krankenhaus gute Zukunftsaussichten bescheinigt. her als die Einnahmen. Emden hat zuletzt ein Minus von knapp vier Millionen Euro gemacht, die beiden Häuser des Landkreises Aurich zusammen sogar etwa zehn Millionen Euro. Um sich für die Zukunft zu rüsten, müssten in alle drei Krankenhäuser noch mehrere Millionen Euro investiert werden. Den Investitionsstau allein in Emden bezifferte Bernd Bornemann auf 60 Millionen Euro. Für einen Neubau in Georgsheil stehen etwa 250 Millionen Euro im Raum. Eine genaue Summe wollte Carsten Schäfer von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO nicht nennen, weil das der Stand der Planungen noch nicht zulasse. Die BDO ist mit der Machbarkeitsstudie für die Großklinik beauftragt und hat in der Vergangenheit auch die Bücher des Emder Klinikums geprüft. Der frühere Sozialplaner der Stadt Emden, Josef Engels, wollte vom Oberbürgermeister und der BDO wissen, ob auch Alternativen zum Standort Georgsheil geprüft worden seien und, wenn ja, mit welchem Ergebnis. Es seien nicht nur weitere Standorte geprüft worden, sondern neben der Zentralisierung auch eine Zusammenarbeit der drei Häuser. Das Ergebnis fasste Carsten Schäfer von der BDO zusammen: „Es gibt kein Szenario, das der Zentralisierung in Georgsheil wirtschaftlich und medizinisch überlegen ist.“ Ohne Großklinikum drohe die Privatisierung. Von einer Aufteilung der Bau- und Folgekosten gemessen an den Bevölkerungszahlen in Emden und im Landkreis Aurich – von Josef Engels ebenfalls angesprochen – wollte der Oberbürgermeister nichts wissen. An der Krankenhausgesellschaft würden sich die Stadt Emden und der Landkreis Aurich je zu 50 Prozent beteiligen, um auf Augenhöhe entscheiden zu können. „Ich lehne es für mich persönlich ab, nach der Einwohnerzahl zu gehen“, so Bornemann. Heike Douglas tienten müssten von Ärzten unterschiedlicher Fachgebiete untersucht werden, weil es oft Überschneidungen gebe. Wie viele andere auch, hat sich Johannes Voß aus Freepsum Gedanken darüber gemacht, ob die Notdienstversorgung mit dem Umzug nach Georgsheil gewährleistet bleibt. Rettungswagen hätten es nicht nur weiter, sondern müssten zu Zeiten des VW-Verkehrs mit Staus rechnen. „Die Behandlung beginnt nicht erst im Krankenhaus, sondern schon im Johannes Voß Rettungswagen“, erklärte dazu Matthias Drüner, Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes der Stadt Emden. Überdies sei die Zeitverzögerung zu vernachlässigen. Das gelte auch für Schlaganfallpatienten, ergänzte Dr. Christoph Schöttes, weil speziell dieses Thema angesprochen wurde. Diese Patienten würden von der Großklinik profitieren, weil neue Technologien zum Einsatz kämen, die diagnostische und therapeutische Verbesserungen versprächen. Wie Matthias Drüner weiter erläuterte, wird der Standort des Rettungsdienstes nicht verlegt, wie von einigen befürchtet. Persönlich erstellt für: R. H. Jacobs MITTWOCH, DEN 22. APRIL 2015
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