Drogen als Schüler-Killer Prävention nötiger als je zuvor / Immer mehr Schüler greifen zu Betäubungsmitteln Derzeit Feind Nummer eins bei den Drogen: Birgit Ziegenhorn warnt im Drogeninformationszentrum vor der Billigdroge Crystal Meth. Foto: Norbert Töpfer TORGAU. Birgit Ziegenhorn (51) kämpft täglich gegen Drogenmissbrauch. Mit ihrer Mitarbeiterin Kerstin Kuntzsch (52) leistet sie Präventionsarbeit. Das Duo, das im Fachdienst Prävention der Polizeidirektion Leipzig arbeitet, hat voll zu tun. Zahlreiche Lehrer nutzen die Chance und besuchen mit ihren Schülern das Drogeninformationszentrum im Gebäude des Torgauer Polizeireviers. TZ: Ist die Gefahr wirklich so groß, dass immer mehr Jugendliche abhängig werden? Birgit Ziegenhorn: Ja. Es beginnt mit den legalen Drogen wie Nikotin und Alkohol. Fragt man in einer siebten Klasse, wer noch keinen Alkohol getrunken hat, meldet sich nahezu kein Schüler. Dazu kommt, dass immer mehr Jugendliche zu illegalen Drogen greifen, die inzwischen flächendeckend verfügbar sind. Ab welcher Klassenstufe beginnt Ihre Aufklärungsarbeit? Meist ab 7. Klasse. Das ist doch das Alter, in dem die Schüler zur ersten Zigarette greifen oder Alkohol probieren. Gehen Sie auch in die Schulen? Ja. Viele Klassen kommen zu uns. Unser Kabinett ist interessant gestaltet, und die jungen Leute haben die Möglichkeit, sich die verschiedensten Drogen im Original anzusehen. Bei uns dauert eine Aufklärungsveranstaltung 90 Minuten. Sie findet im Rahmen der schulischen Gesundheitserziehung statt, so dass alle Schüler daran teilnehmen. Wir gehen bei Bedarf auch in die Schulen. Für interessierte Eltern bieten wir Informationsabende zu diesem Thema an. Allein im März waren es sieben. Sie sind in der Region Torgau tätig… Ja, in ganz Nordsachsen. Müssen die Lehrer auf Sie zukommen? Die Schulen kommen in der Regel auf uns zu, um die Termine zu vereinbaren. Über mangelnde Arbeit können Sie sich nicht beklagen? Stimmt. Manchmal stoßen wir an unsere Grenzen. Doch wir versuchen, jeder Bitte nachzukommen. Bieten sie auch für ältere Jahrgänge Präventionsveranstaltungen an? Ja. Zum Beispiel bei Interesse junger Menschen in berufsvorbereitenden Maßnahmen bzw. in der Ausbildung. Doch dort ist es manchmal schon heikel, weil es leider unter ihnen oft Schüler gibt, die bereits illegale Drogen konsumieren. Unsere Zielgruppen bleiben daher die siebten und achten Klassen aller weiterführenden Schulen. Was halten Sie von der Legalisierung der Droge Cannabis, die Grünen-Politiker wie Claudia Roth fordern? Ehrlich gesagt, nichts. Ich bin der Meinung, dass die Gefahr, die von dieser Droge ausgeht, von vielen Befürwortern verharmlost wird, auch wenn für den Erwerb von Cannabisprodukten eine Altersgrenze eingeführt wird. Forschungen haben ergeben, dass diese Droge ein Intelligenz-Killer ist. Ich denke, diese Tatsache macht sie nicht ungefährlich. Was sind denn so die Themen, die sie mit den Schülern besprechen. Nur über die gesundheitlichen Folgen zu reden, wird manchen der Besucher langweilen. Neben den gesundheitlichen Folgen sprechen wir unter anderem über Einstiegs- gründe, über Lebenssituationen, die einen Drogeneinstieg fördern und weisen insbesondere auf rechtliche Konsequenzen hin. Wenn ein Jugendlicher oder Heranwachsender mit Drogen erwischt wird, kann es für ihn problematisch werden, den Führerschein zu erlangen. Er ist dann bei der Führerscheinstelle registriert. Viele dieser jungen Menschen sind sich der Tragweite ihres Handelns nicht bewusst. Weil sie die Sache unterschätzen? Ja. Verharmlost werden darf keine Droge. Trotzdem: Alkohol wird im Gegensatz zu anderen Drogen relativ schnell im Körper abgebaut. Bei Cannabis und Crystal dauert der Abbau wesentlich länger und ist daher auch länger nachweisbar. Und die gesundheitlichen Schäden bei Crystal, die erst nach längerem Konsum eintreten, sind katastrophal. Droht bei Crystal Meth nicht eine besondere Gefahr des erhöhten Missbrauchs aufgrund des relativ niedrigen Kaufpreises? Ja. Im Vergleich zu anderen Betäubungsmitteln ist Crystal spottbillig, aber nur scheinbar. Am Anfang braucht der Drogenkonsument nicht viel, um sich zu berauschen. Doch recht schnell muss er die Dosis steigern, um den anfänglichen Kick wieder zu bekommen. Und das Schlimme ist, dass die Abhängigen die negativen Veränderungen an sich erst spät wahrnehmen. So bleibt es den Eltern oft lange verborgen, dass ihre Kinder regelmäßig Drogen nehmen. Apropos Eltern: Wenn Vater und Mutter durch Teilnahme an ihren Präventionsveranstaltungen soviel Interesse zeigen, ist dies doch äußerst positiv zu werten … So ist es. Aber es gibt Eltern, die uns erzählen, dass eine solche Aufklärung auch negative Auswirkungen auf ihre Kinder, besonders heranwachsende Mädchen, haben können. Wie bitte? Wir weisen auf Folgen von regelmäßigem Drogenkonsum hin. Dazu zählt neben weniger Müdigkeit auch ein geringeres Hungergefühl. Es kann dann vorkommen, dass einige junge Mädels die Chance sehen, mit Hilfe der Drogen abzunehmen. Wir nehmen die Bedenken der Eltern durchaus ernst, aber nicht immer funktioniert es, mit negativen Informationen über Drogen hinter den Berg zu halten. Zuletzt war in den Medien vom erhöhten Drogenverbrauch in Deutschland die Rede. Ist das für Sie und Ihre Kollegin nicht demotivierend? Ich gebe zu, dass mich solche Infos nachdenklich machen. Andererseits zeigen diese Fakten auch, wie wichtig unsere Arbeit in der Prävention ist. Und die Tendenz ist leider so, dass immer mehr Leute auch zur Droge greifen, um ihren beruflichen Dauerstress zu meistern. Auch die Jugendlichen müssen wir schon jetzt davor warnen. Gespräch: Norbert Töpfer i nfo: Drogeninformations-Zentrum, Husarenpark 21, 04860 Torgau. birgit.ziegenhorn@polizei. sachsen.de oder Tel.: 03421 756 410 und 756411.
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