Sie Platz ! - Opus.kobv.de

Ausgabe
4/2010
7,50 Euro
Nehmen Sie Platz !
Auf den neuen Stadtmöbeln von stilum
Platz nehmen
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in der Stadt
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Liebe Leserinnen und Leser,
bei unserer Arbeit haben wir so oft interessante neue Ideen entdeckt,
dass wir uns einmal intensiv damit beschäftigen wollten, wie man heute
in einer Stadt Platz nimmt.
Platz nehmen werden immer mehr ältere Menschen. Viel diskutiert wird
aktuell die Frage, wie Städte aussehen sollen, wenn rund ein Drittel ihrer
Bewohner älter sind als 65 Jahre. Wir haben uns umgeschaut und mit
Experten über anstehende Veränderungen gesprochen. Muss man bei
der Stadtmöblierung umdenken? Woran können sich Kommunen bei der
Planung orientieren? Gibt es überzeugende Best-Practice-Beispiele?
Erfreulich, doch in der Konsequenz für viele Politiker überraschend,
ist der Wunsch nach mehr Bürger-Beteiligung. Der öffentliche Raum
gewinnt an Bedeutung, deshalb wollen die Menschen in ihrer Stadt auch
gefragt werden und mitreden. Immer mehr rückt dabei E-Participation
in den Fokus. Zeit einmal zu schauen, welche Erfahrungen man mit der
Kommunikation via Internet bis jetzt gemacht hat. Doch nicht nur das.
Die intensive Beteiligung von Kindern und insbesondere auch Jugendlichen erweist sich als ein sehr erfolgreiches Kosten-Nutzen orientiertes
Verfahren. Hier haben wir einiges zu berichten.
Auch die Kunst erobert Räume in der Stadt. Ausstellungen und sogar
Opern verlassen die heiligen Hallen und erstrecken sich mehr und mehr
auf den öffentlichen Raum. Wir stellen Ihnen tolle Projekte vor.
Wenn Sie Platz nehmen und diese Ausgabe lesen, dann ist das Jahr fast
vorbei. Wir freuen uns schon jetzt darauf, Sie auch in 2011 mit Balance
zwischen Theorie und Praxis über zeitgemäße Freiraumgestaltung zu
informieren.
Die ganze Redaktion dankt für sehr viel positives Echo und wünscht
Ihnen schöne Weihnachten und einen guten Start ins neue Jahr.
Dr. Anke Münster
Chefredaktion FreeLounge
Inhalt | 3
Inhalt
TOP-THEMA
6 Altengerecht oder lebenswert für alle?
12 NRW plant die altengerechte Stadt
Interview mit Barbara Steffens,
Ministerin für Gesundheit, Emanzipation,
Pflege und Alter in NRW
14 Freiraum für Jugendliche
Autor: Stephan Willinger
REPORT
16 Dynamik + Wandel: Stadtsilhouetten
Autor: Ursula Kleefisch-Jobst
22 Neue kreative Orte in der Stadt
Urban Intervention Award 2010
25 Schippen, Pumpen, Mitreden
Sportliche Freiraumentwicklung in Berlin
Autor: Tore Dobberstein
28 „Die Zeit der aufwendigen Suche ist bald
vorbei“
Interview mit Birgit Findeli,
scapescout GmbH
GESELLSCHAFT
38 Online-Bürgerbeteiligung:
Im Netz gefragt
43 Child in the City 2010
Autor: Holger Hofmann, DKHW
45 Smart Green – Sportentwicklung und
Gesundheitsförderung
1. Teil der Serie von Prof. Dr. Alfred Rütten
und Jana Ziemainz
48 Erfolgreiche Zwischennutzung
von Freiräumen
Autor: Ruth Esther Gilmore
MARKTMONITOR
52 Marktmonitor – Highlights
55 Italienisches Design aus Österreich
BEST PRACTICE
60 Plätze und Straßen im Umfeld
UN-Campus/WCCB Bonn
30 Bewegung im öffentlichen Raum
Autor: Mathias Knigge
62 KONZEPT-PAUSE der Arnoldus
Grundschule Gilching
32 Möblierung öffentlicher Stadträume
1. Teil des Dossiers von Thomas Volprecht
64 Sieg-Carée, Siegen
4 | Inhalt
SPIELRAUM
66 Kinderfreundliche Stadtgestaltung
70 Wiesbaden macht Zukunft
72 Exportschlager Spielplatz
KUNST IN DER STADT
76 Platz nehmen
MATERIALKUNDE
93 Mehr Farben und Formen
Autor: Klaus Kaiser
96 Perfekte Fahrradparker
oder ein schönes Stadtbild?
Autor: Hartwig Hammerschmidt
99 Unbehindert mobil – Barrierefreiheit im
öffentlichen Raum
Autor: Bernhard Kohaupt
79 Puccini mit Ghettoblaster
82 Eindrücke vom Weißen Weg
84 „Immis“ aus Klettband, Holz und Stoff
85 (re)designing nature
ADVERTORIAL
102 Firma Ziegler – Spielplätze von A bis Z
104 Tivoli
86 Entdecke Deine Stadt
VERBAND/TAGUNGEN
88 Geglückter Start
109 Termine
Impressum
110 Entdeckt!
91 Spielen verbindet –
über Grenzen hinweg!
Autor: Andreas Kupfer
Inhalt | 5
6 | Top Thema
Altengerecht oder
lebenswert für alle?
Künftig wird die Zahl der alten Jungen, jungen Alten und Hochbetagten in allen Städten und Gemeinden steigen. Das bedeutet Veränderung, denn die Kommunen müssen zu den Menschen passen,
die dort leben. Welche Ideen gibt es? Was passiert ganz konkret?
Und sind Wörter wie „seniorenfreundlich“ und „altengerecht“ die
richtigen Prädikate für die Veränderungen in den Städten?
In den kommenden Jahrzehnten werden sich
immer mehr ältere Menschen in den Städten und Gemeinden ihren Platz nehmen. Das
wird stärker auffallen, wenn die Babyboomer
bald das Rentenalter erreichen. 2025 wird im
Schnitt in Deutschland ein Viertel aller Bürger
65 Jahre oder älter sein. Es gibt schon heute
Gemeinden, die deutlich über dieser Prozentzahl liegen. Im kleinen Rahmen lässt sich also
aktuell empirisch erforschen, wie sich Städte
und Gemeinden verändern müssen, um für ihre
Bürger attraktiv zu sein oder zu bleiben. Das ist
eine Chance, die noch viel zu selten genutzt
wird.
Wer ist alt?
In vielen Fällen wird noch immer sehr wenig
differenziert von der Gruppe der älteren Menschen gesprochen. Die Ansprüche an den vierten Lebensabschnitt verändern sich aber in einem extremen Tempo. Der vorzeitige Ruhestand
wird quasi nahtlos von der Erkenntnis abgelöst,
dass in vielen Bereichen auf das berufliche
Know-how älterer Menschen nicht mehr verzichtet werden kann. Die Bertelsmann Stiftung
hat zuletzt darauf hingewiesen, dass in fünfzehn Jahren die Zahl der Arbeitnehmer unter
45 deutschlandweit um knapp fünf Millionen
sinken wird. In verschiedenen Regionen werden
jüngere Arbeitnehmer zur Mangelware. Das
spätere Rentenalter wird damit nicht nur wich-
tig, um die Rentenkassen zu schonen, sondern
vielleicht sogar um den Wirtschaftsstandort
zu sichern. Das muss sich in vielen Köpfen erst
noch durchsetzen. Aber auch bei den Menschen
selbst verändert sich die Sicht auf das eigene
Alter. „When I’m sixty-four“ würden die Beatles
heute ganz sicher nicht mehr so schreiben. Alt
wird man später. Und auf dem Sofa sitzt diese
Generation längst nicht mehr, wie zum Beispiel
auch die Bilder von den Demonstrationen um
Stuttgart 21 deutlich gezeigt haben. Es gibt
eine große Gruppe von aktiven älteren Menschen, aber zudem - aufgrund der längeren Lebensdauer - auch eine ebenso steigende Anzahl
von Hochbetagten, die durch Krankheit nicht
mehr uneingeschränkt am Leben im öffentlichen Raum teilnehmen können. Die Wünsche
und Anforderungen an die Städte sind deshalb
sehr heterogen.
Anforderungen an den
öffentlichen Raum
Liest man die Empfehlungen der WHO für „Age
Friendly Cities“ so fällt auf, dass die Vorgaben
den Außenraum betreffend jeder Stadt enorm
gut täten und alle Bürger begeistern würden.
Nur ganz wenige Punkte haben überwiegend
mit dem Älterwerden zu tun. Von der Sicherheit
über eine ausreichende Anzahl von Parks und
Grünflächen mit Sitzmöglichkeiten bis hin zu
einer guten Beschilderung: Das sind Forderun-
Top Thema | 7
gen, die Menschen in jedem Alter an ihre Stadt
stellen. Wenn hier Schritt für Schritt Verbesserungen erreicht werden, dann werden die Städte und Kommunen vor allem eins: lebenswerter
und nicht in erster Linie altengerecht.
Veränderungen bei der
Stadtmöblierung?
Wann ist eine Bank bequem? Und welche Anforderungen stellen ältere Menschen? Das war das
Thema eines Workshops, den die Firmengruppe Nusser mit der Deutschen Seniorenliga und dem
Zentrum für Alternskulturen veranstaltet hat.
Gut beurteilt wurde zum Beispiel die Bank „Rothenburg“ :
Armlehnen
8 | Top Thema
hohe, steile
Rückenlehne
nach hinten geneigte Sitzfläche
Auf Messen wie der GalaBau zeigt sich, dass
sich die Hersteller von Stadtmöblierung viele
Gedanken darüber machen, wie auf den demografischen Wandel reagiert werden muss.
Ein Beispiel ist die Frage nach geeigneten Sitzmöbeln. Die Firmengruppe Nusser hat als Hersteller von Sitzbänken und Stadtmöblierung in
diesem Jahr einen Workshop veranstaltet, um
die Anforderungen an eine „ideale Parkbank“ zu
präzisieren. Fachlich unterstützt und moderiert
wurde der Workshop durch die gemeinnützige
Deutsche Seniorenliga mit dem Zentrum für
Alternskulturen der Universität Bonn. Dabei
wurden Gruppendiskussionen und Produkttests anhand diverser Bankmodelle durchgeführt. Dr. Uwe Kleinemas vom Zentrum für
Alternskulturen fasst das Ergebnis zusammen:
„Natürlich muss eine Sitzbank bestimmte ergonomische Anforderungen erfüllen. Aber eine
ebenso wichtige Rolle spielen der Standort und
die Möglichkeit, dort mit anderen Menschen zu
kommunizieren. Ältere Menschen möchten am
gemeinschaftlichen Leben teilhaben und auch
hinsichtlich öffentlich angebotener Bänke sozusagen mitten im Leben sitzen.“ Ablehnung bestand gegenüber Begriffen wie „Seniorenbank“.
Vielmehr war die Sicht der Tester, dass eine
Parkbank nicht nur speziell für Senioren, sondern für Menschen jeden Alters ergonomische
Ansprüche erfüllen sollte. Für den Sitzkomfort
werden Armlehnen und eine hohe, eher steile
Rückenlehne mit einer leicht nach hinten geneigten, etwas höheren Sitzfläche gewünscht,
auf der man sich bequem zurücklehnen kann.
Sitzmöbel im Loungestil oder puristische Bänke,
die von Landschaftsarchitekten gerne gewählt
werden und die Plätzen und Parks ein modernes Profil geben, erfüllen diese Anforderungen
oft nicht. Es wird eine Aufgabe sein, diesen
Spagat zwischen Design und Funktionalität zu
meistern. Dass bei dem Workshop in Bonn aber
auch sehr oft die Standorte bemängelt wurden,
macht deutlich, dass viel zu selten die tatsächlichen Nutzer befragt und berücksichtigt werden. Neben der ergonomischen Qualität kommt
es also darauf an, im Dialog mit den Bürgern
zu planen. Sitzmöbel sind natürlich nur einer
von verschiedenen Bereichen, auf die der Fokus gerichtet ist. Hinzu kommen alle Arten von
Beschilderungen und Stadtplan-Anlagen sowie
Freizeitangebote, aber auch Toiletten. Bei den
Kommunen müsste damit begonnen werden,
über Standards für Städte nachzudenken, doch
ist man davon - nicht zuletzt durch finanzielle
Zwänge - oft noch weit entfernt.
Hoher Handlungsdruck:
Barrierefreie Kommunen
Das gilt auch für die Frage nach einer barrierefreien Stadtgestaltung. Hier geht es mit Nachdruck um die Interessen älterer Menschen, um
die Möglichkeit, auch mit Einschränkung der
Mobilität weiter am öffentlichen Leben teilzunehmen. Durch den vorhergesagten Anstieg des
Bevölkerungsanteils an Hochbetagten stehen
die Städte und Gemeinden in einer besonderen
Verantwortung. Doch ist der Nutzen nicht allein
auf die Gruppe älterer Menschen beschränkt.
Der Stadt- und Regionalplaner Thomas Hafner
weist auf eine Prognose der EU-Kommission
hin, nach der 2040 fast 40 Prozent der Menschen mobilitätseingeschränkt sind. „Dazu
werden auch die Menschen gezählt, die temporär in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, wie
Schwangere, Kranke, Übergewichtige, Fahrradfahrer, Reisende mit viel Gepäck oder Erwachsene in Begleitung von Kleinkindern“, erläutert
Thomas Hafner den überraschend hohen Prozentsatz.
Insbesondere in historischen Stadtkernen besteht oft noch ein hoher Handlungsbedarf bei
der barrierefreien Gestaltung von Städten,
obwohl grundsätzlich seit den 1970er Jahren
zunehmend auf die entscheidenden Punkte
wie abgesenkte Bordsteine, Rampen oder auch
In Warburg wird im kommenden Jahr der historische Stadtkern barrierefrei umgebaut.
Umgesetzt wird der Entwurf von Lohaus Carl Landschaftsarchitektur.
Top Thema | 9
taktile Streifen an Fußgängerüberwegen geachtet wird. Oft sind es Pflastersteine, die
bestimmte Teile der Stadt für Menschen mit
Mobilitätseinschränkung unpassierbar machen.
Weil der Kostaufwand sehr hoch ist und Vorgaben von Seiten der Denkmalpflege bestehen,
können die Umgestaltungen nicht so schnell
erfolgen, wie es zu wünschen wäre. Die Stadt
Warburg hat im November ein Modellvorhaben „Barrierefreier historischer Stadtkern“ auf
den Weg gebracht. 10 Millionen Euro sind notwendig, um die Veränderungen durchzuführen.
70 Prozent der Summe übernimmt das Land
Nordrhein-Westfalen. In Görlitz, einer Stadt, in
der schon heute der Anteil von Menschen über
60 Jahren bei mehr als 30 Prozent liegt, wurden nicht nur Ziele der Denkmalpflege und des
barrierefreien Bauens vorbildlich realisiert. Parallel wurde eine Datenbank angelegt, die über
die Barrierefreiheit ausgewählter Gebäude und
des öffentlichen Raums informiert. Das Modellprojekt wurde von dem Büro Sociopolis und
der Technischen Universität Dresden begleitet.
Auch für barrierefreien Tourismus, eine zusätzlich wichtige Ausrichtung für entsprechend
gestaltete Städte und Gemeinden, ist dies eine
zukunftsweisende Idee.
Die Frage nach „Inhalt“ und „Etikett“
Arnsberg ist das „Best Practice“ für ein Miteinander der verschiedenen Generationen.
Neue Parks gehören ebenso zum Konzept wie ein starkes bürgerschaftliches Engagement.
Links
» www.sociopolis.de
» www.who.int/ageing/en/
» www.gartenbank.de
» www.bertelsmann-stiftung.de
» www.arnsberg.de
10 | Top Thema
Zum Älterwerden müsste man nach Arnsberg
ziehen. In keiner anderen deutschen Stadt hat
man so früh angefangen, an Konzepten zu arbeiten und Lösungen für eine Zukunft zu suchen, in der die Bevölkerungszahl schrumpfen
und das Durchschnittsalter steigen wird. Mehrfach wurde Arnsberg dafür ausgezeichnet. Im
November erst erfolgte die Ernennung zur „Seniorenfreundlichsten Stadt“ durch die Stiftung
„Lebendige Stadt“. Eine Fachjury unter Vorsitz
des Düsseldorfer Architekten Hermann Henkel
wählte das Arnsberger Konzept aus insgesamt
239 eingereichten Bewerbungen aus dem Inund Ausland aus. Schaut man aber auf die Website der Stadt, dann findet man dort den Claim
„Bildungsstadt Arnsberg“. Ein Widerspruch? Nur
auf den ersten Blick. Das Engagement für ältere
Menschen hat - wie schon gesagt - in der Regel
als Ergebnis auch mehr Lebensqualität für alle
anderen Gruppen. Bei einer Reduzierung auf
das Thema altengerechte Stadt würde dieser
Nutzen nicht kommuniziert. Das gilt insbesondere für den öffentlichen Raum, aber auch für
andere Bausteine vom Wohnen bis hin zu sozialen Angeboten wie bürgerschaftliches Engagement. Und außerdem: Werbung kann man mit
dem Angebot für eine einzelne Bevölkerungsgruppe nicht machen, denn das grenzt im Umkehrschluss andere Menschen aus. In Arnsberg
hat man es geschafft, ein Konzept tatsächlich
zu leben und nicht nur als Leitbild auf geduldigem Papier festzuhalten. Die Idee der Bildungsstadt betrifft dabei in ganz verschiedener Hinsicht die Gruppe der älteren Menschen: Nicht
nur, dass es eine Seniorenakademie gibt, ältere
Menschen bringen auch ihre Erfahrung ein und
helfen den Jungen, zum Beispiel wenn es darum geht, Kinder in ihrer Schullaufbahn zu unterstützen. Hier hilft Bildung allen Beteiligten.
Der Bürgermeister von Arnsberg, Hans-Josef
Vogel, hat es so formuliert: „Die aktiven Alten,
sie bauen mit an den Städten des langen und
guten Lebens“. Zu dem Gesamtkonzept gehört
es, im möglichen Rahmen auch die Freiräume
so zu gestalten, dass die Anforderungen älterer
Menschen erfüllt werden. Sei es mit eigentlich
kleinen Aktionen, dass Stadtmöblierung durch
Probesitzen vorab auf die Tauglichkeit getestet
wird. Oder mit dem Bau eines neuen Parks mit
Gradierwerk, Finnbahn und einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Ruhe- und Aktionsbereichen.
Wie ältere Menschen in Kommunen „Platz nehmen“ können, wird in den nächsten Jahren zu
einer zentralen Frage werden. Ideen und Projekte, die das ermöglichen, werden zum Erfolgsfaktor dafür, ob die Städte und Gemeinden
ihre wichtige Funktion als belebte Orte für ein
gemeinsames und lebenswertes Miteinander
erfüllen können.
Dr. Anke Münster
Mehr Dorf für weniger Menschen
Während in den größeren Städten künftig mehr ältere Menschen auch mehr
Angebote im öffentlichen Raum erwarten, stehen viele Dörfer vor ganz anderen Problemen: Es gibt in manchen Regionen Gemeinden, in denen mehr als
20 Prozent der Gebäude nicht mehr genutzt werden. Das Thema wurde aktuell
auf einer Tagung in Siegen erörtert, zu der die Universität Siegen und die Südwestfalen Agentur im Vorfeld der Regionale 2013 eingeladen hatten. Auf der
Konferenz „Leerstände im Dorf“ berieten Experten zusammen mit Bürgerinnen
und Bürgern über neue Ideen für alte Häuser und die Zukunft der Dörfer in
Südwestfalen.
Ein Ziel der Konferenz bestand darin, überhaupt ein Bewusstsein für dieses
Thema zu schaffen, da Leerstände zum Beispiel von Politikern nicht gerne
angesprochen werden. Darauf wies Armin König hin, der als Bürgermeister der
Gemeinde in Illingen im Saarland weiß, wovon er spricht. In seiner Gemeinde
kämpft er zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern seit einigen Jahren
gegen Leerstände – mit Erfolg. „Mehr Dorf für weniger Menschen“: mit dieser Devise konnte die Zahl der leer stehenden Gebäude in den vergangenen
Jahren immerhin von 105 auf 28 verringert werden – vor allem durch konsequente Umnutzung und Abrisse. Neubauflächen werden in Illingen auch nur
noch in Sonderfällen genehmigt. „Dort, wo Innenstädte ausbluten, müsste die
Ausweisung von Neubaugebieten eigentlich verboten werden“, sagte König.
Für Matthias Günther vom Eduard-Pestel-Institut Hannover wird zudem das
Thema Gebäude-Abrisse in den kommenden Jahren an Bedeutung gewinnen.
„Derzeit reißen wir eindeutig zu wenig Häuser ab“, sagte Günther. Wenn mehr
abgerissen wird, kommt es natürlich auf eine tragfähige Gesamtstrategie der
kommunalen Flächennutzung an.
Zahlreiche Lösungsmöglichkeiten und Ideen für die Leerstands-Problematik
wurden auf der Siegener Konferenz vorgestellt: Prämien-Modelle für den
Kauf alter Häuser oder für deren Abriss, Kunst und Kultur als Möglichkeit der
Zwischennutzung, Gemeinschaftskäufe durch Bürgerinnen und Bürger. Ganz
gleich wie man das Problem jedoch angehe, entscheidend sei die Einbeziehung
der Dorfgemeinschaften, erklärte Dr. Stephanie Arens von der Südwestfalen
Agentur. „Nur mit ihrer Hilfe können Probleme gelöst werden. Wenn Bürgerinnen und Bürger sich für ihren Ort einsetzen, wird das Dorf attraktiv und
lebenswert – sowohl für junge und alte Bewohner als auch für Menschen von
außerhalb“.
Im Zuge der REGIONALE 2013 soll im kommenden Jahr mit einer LeerstandsOffensive begonnen werden. Projekte wie „10x LandLeben Heimat“, „Mobil4you“ oder „Meine Heimat 2020“ zielen unter anderem darauf ab, die Rahmenbedingungen in Dörfern, wie beispielsweise die Nahversorgung oder den
Öffentlichen Personennahverkehr zu verbessern und ein gemeinschaftliches
Vorgehen der Dörfer in Südwestfalen zu unterstützen.
Top Thema | 11
Auch wenn immer mehr Menschen
im Alter fit sind, lässt sich nicht
verleugnen, dass sie andere Bedürfnisse haben, um ihr längeres
Leben möglichst selbstständig zu
gestalten und die Alltagsanforderungen zu meistern. Die Regierung
in Nordrhein-Westfalen hat im September mit einer breiten Offensive
damit begonnen, Anregungen für
eine verbesserte Lebensqualität von
Senioren in ihren Wohnvierteln zu
geben. FreeLounge sprach mit Gesundheitsministerin Barbara Steffens über das Thema.
NRW plant die
altengerechte Stadt
Barabara Steffens
Ministerin für Gesundheit,
Emanzipation, Pflege und Alter
in Nordrhein-Westfahlen
12 | Top Thema
FreeLounge: Frau Steffens, was ist der Kern Ihrer Initiative für eine altengerechte Stadt? Was
ist daran neu?
Barbara Steffens: Wir stellen die Menschen
in ihrer gewohnten Lebensumgebung in den
Mittelpunkt. Wir alle wollen doch möglichst in
der eigenen Wohnung alt werden. Wir wollen
nicht in stationäre Pflegeeinrichtungen, wenn
es sich vermeiden lässt. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die Voraussetzungen dafür im
Quartier geschaffen werden. Es beginnt bei so
scheinbaren Kleinigkeiten, wie längere Grünphasen für Fußgänger und langsamer schließenden Aufzugtüren und geht hin zur einer
guten medizinischen Versorgung, um vereinfachte Möglichkeiten beim Einkaufen oder Unterstützungsangebote und Hilfestrukturen im
Alltag. Das alles muss vorhanden sein. Alten
Menschen müssen sich Möglichkeiten eröffnen,
in ihren Quartieren an kulturellen Angeboten
teil zu haben. Das bedeutet nicht, dass jeder
Stadtteil über ein eigenes Theater verfügen
sollte. Erforderlich ist eben ein Mobilitätsangebot, als Ergänzung zum Kulturangebot. Das
können Fahr- oder Begleitdienste sein. Was
ebenfalls unbedingt nötig ist, sind niedrigschwellige Angebote, wie Begegnungsräume.
Nur so lässt sich dem Phänomen der Altersisolation entgegentreten. Was nützt es, wenn
ich in der eigenen Wohnung sitze, aber über
Wochen hinweg niemand da ist, mit dem ich
kommunizieren könnte. Es geht darum, wie die
Kommunen solche Begegnungsräume anbieten
können, die nicht wie Cafés oder Restaurants
an die Finanzkraft der Einzelnen gebunden sind.
FreeLounge: Sie sprechen gerade die Finanzkraft an. Da könnte bei der einen oder anderen
Kommune auch der Gedanke auftauchen: Das
ist alles ganz schön, was die Ministerin plant
und anregt, aber wir müssen es dann bezahlen. Wie wollen Sie die Kommunen in einer Zeit
knapper Finanzen motivieren?
Barbara Steffens: Das alles geht nur gemeinsam. Zunächst gibt es natürlich viele Dinge, die
gar keine großen Kosten verursachen, sondern
wo nur ein Umdenken notwendig ist. Ich möchte den Kommunen Beispiele und Modelle an
die Hand geben, die wir bereits haben. Wege
aufzeigen, wie man zum einen für die Menschen eine lebenswertere Stadt gestalten kann
und wie man zum anderen Kosten sparen kann.
Die Zunahme der Pflegekosten im Alter ist eine
große finanzielle Belastung für die Kommu-
nen. Wenn ich eine Quartiersstruktur habe, in
der ich die Unterbringung in einer stationären
Pflegeeinrichtung längere Zeit noch vermeiden
kann, dann spare ich als Kommune Kosten.
Menschen werden einmal älter. Das Nachrüsten
und Umbauen ist deutlich teurer als ein barrierefreies Denken, Planen und Bauen von Anfang
an. Das ist kostengünstiger und nachhaltiger.
FreeLounge: Das ist ein guter Gesichtspunkt.
Der demografische Wandel wird ja schon seit
vielen Jahren thematisiert. Vielfach hatte man
jedoch eher den Eindruck, dass das etwas für
die Statistiker ist. Da haben wir die Zahlen und
damit etwas zum Abheften. Ihr Ansatz erfordert
da ein generelles Umdenken.
Barbara Steffens: Was auf uns zukommt, ist
keine Frage der reinen Statistik. Die Zahlen
spiegeln ja nur die Entwicklung dessen wider,
was die Lebensrealität ist. In meiner Heimatstadt Mülheim an der Ruhr ist der Anteil der
Menschen mit Rollator im Straßenbild mindestens so hoch wie der der Menschen mit Kinderwagen. Das ist Lebensrealität. Und darauf
müssen sich die Städte einstellen.
FreeLounge: Brauchen wir für das Umdenken
und das neue Handeln auch neue Modelle, an
denen wir die Wirksamkeit erproben können?
Barbara Steffens: Weitere Modelle müssen
nicht entwickelt werden. Man kann die Modelle
und Erfahrungen, die wir in NRW haben, zusammentragen und nutzen. Diese Erfahrungen
wurden oft in Projekten zwischen Alt und Jung
gemacht. Wir müssen konkrete Handlungsempfehlungen geben und dann schauen, an
welchen Stellen es hapert. Dort wollen wir den
Kommunen Unterstützung durch Rahmenkonzeptionen geben. Wir wollen alle in den Stadtteilen mitnehmen und niemanden ausgrenzen.
Die besten Expertinnen und Experten für das,
was Menschen brauchen, um in ihrem eigenen
Wohnumfeld auch mit Einschränkungen leben
können, sind die Menschen, die da leben. Die
müssen wir einbeziehen. So etwas kann man
nicht vom Reißbrett aus verordnen. Und auch
dieser Entwicklungsprozess ist wieder etwas,
was für die Menschen Partizipation und Kommunikation bedeutet und was ja auch an sich
wieder Nachbarschafts- und Quartierstrukturen schafft. So kommen wir voran mit der
altengerechten Stadt.
FreeLounge: Reicht die neue Quartiersplanung
denn dafür aus?
Barbara Steffens: Alleine sicher nicht, viel
mehr muss man in der gesamten kommunalen Struktur umdenken. Beispielsweise müssen
Sportvereine umdenken, die heute stark auf
junge Menschen zielen. Der Landessportbund
macht das bereits in hohem Maße. Jetzt sind die
Vereine vor Ort gefragt. Wir brauchen mehr Angebote für die Zielgruppe Ü60. Sportangebote,
die von dieser Gruppe genutzt werden können,
verhindern Stürze oder andere Mobilitätseinschränkungen im Alter oder zögern sie lange
hinaus. Auch hier sind die Kommunen gefragt,
sich gemeinsam mit den Vereinen aufzustellen
und mit Angeboten in die Alteneinrichtungen
oder in die Begegnungsstätten hineinzugehen.
Da muss man nicht die Sporthalle im Quartier
haben. Es reicht auch der Aufenthaltsraum im
Gemeindehaus oder der Veranstaltungsraum,
der in der stationären Alteneinrichtung vorhanden ist.
FreeLounge: Frau Steffens, vielen Dank für das
Gespräch.
Das Interview führte Ludwig Keißner
FreeLounge: Darüber hinaus wird es für die
Zukunft wohl sicher so sein, dass man bei Neubaugebieten nicht nur Attraktivität für junge
Familien schafft, sondern eben auch für Ältere.
Barbara Steffens: Natürlich ist es wichtig für
Kommunen, attraktiv für junge Familien zu sein.
Auch hier ist ein Umdenken gefragt. Viele der
neu entstehenden Quartiere sind nicht unbedingt barrierefrei. Das stört nicht, so lange man
jung und beweglich ist. Aber auch diese jungen
Top Thema | 13
Freiraum für Jugendliche!
Von der Beteiligung zum Selbermachen
Stephan Willinger
Stadtforscher im Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und
Raumforschung, beschäftigt
sich mit innovativen Formen
der Stadtentwicklung. Jugendprojekte sind für ihn besonders
spannend, weil „am Umgang
mit ihnen viele Denk- und
Arbeitsweisen unseres Planungsalltags deutlich werden
– und im Erfolgsfall haben alle
Beteiligten ein Strahlen im
Gesicht …“.
14 | Top Thema
Bei der Planung familienfreundlicher Städte
werden heute möglichst viele soziale Gruppen
berücksichtigt, vom Kleinkind bis zum 70-jährigen. Doch eine Gruppe entzieht sich konsequent allen Bemühungen der Stadtplaner: die
Jugendlichen. Dabei ist keine andere Gruppe im
städtischen Alltag so präsent: als Hauptnutzer des öffentlichen Raums beleben sie Zentrum und Quartiere durch auffälliges Verhalten, sportliche Aktivitäten und Musikkonsum.
Doch in den Augen anderer Generationen und
in lokalen stadtpolitischen Diskursen werden
sie schnell zu Störern abqualifiziert, die das
harmonische Bild und die Verhaltensroutinen
des „Normalen“ irritieren. Auch die Stadt- und
Freiraumplanung sieht Jugendliche bislang
mehr als Problemfall denn als Chance. Nur selten werden angemessene Beteiligungsformen
gewählt. Und dies nicht nur weil Jugendliche
schwer zu erreichen sind – mindestens genauso
entscheidend ist, dass sie Raum anders nutzen
als Er-wachsene: wilder und unberechenbarer, schneller und lauter, zur Begegnung und
als Rückzugsort. Im Unterschied zu Kindern,
die sich auf abgrenzbaren Flächen noch kontrollieren lassen, ist ihr Aktionsraum die ganze
Stadt. Dieser umfassende Anspruch ist es auch,
der Konflikte heraufbeschwört. Es ist also nicht
ganz einfach, Städte und Freiräume mit Jugendlichen zu gestalten.
Chancen für Innenstädte,
für Stadtumbau und Soziale Stadt
Um jugendliche Aktivitäten nachhaltig in die
Prozesse der Stadt- und Quartiersentwicklung
einzubeziehen, wurde im Sommer 2009 das
Forschungsfeld „Jugendliche im Stadt-quartier“
im Rahmen des Experimentellen Wohnungsund Städtebaus des Bundes entwickelt. Rund
40 Modellvorhaben im ganzen Bundesgebiet
haben seitdem verschiedene Aspekte der Mitwirkung Jugendlicher erprobt. Es ging darum,
wie Jugendliche Anforderungen an ihre Stadtquartiere formulieren und aktiv an der Gestaltung ihres Stadtteils oder ihrer Stadt mitwirken
können. Das Spektrum reichte von konkreten
Maßnahmen über quartiersbezogene Projekte
bis zu gesamtstädtischen Strategien. So betrachtet geht die Beteiligung Jugendlicher an
Stadtentwicklung weit über die engen Beteiligungsformate für Bauleitplanung hinaus. Sie
umfasst alle Formen des Mit-Denkens, Mit-Planens, Mit-Entscheidens und Mit-Machens von
Stadt in Strategien und Projekten.
Orte mit Bedeutung entwickeln
Besonders erfolgreich ist die Mitwirkung Jugendlicher an der Gestaltung konkreter Orte.
Dies zeigt etwa die zwischen Autobahnen und
Schienen gelegene U-Bahn-Haltestelle Eichbaum in Mülheim. Bislang sind Jugendliche die
Einzigen, die sich mit diesem Ort identifizieren.
Ihre Nutzung (Rumhängen, Sprayen) verschärft
jedoch die Problematik des Ortes zusätzlich.
Ziel des Projektes war es nun, gemeinsam mit
den Jugendlichen vor Ort eine neue Vision für
den Eichbaum zu erarbeiten. Dies geschah
durch vielfältiges Ausprobieren, bei dem der
verlassene Ort nach und nach wieder positiv ins
Bewusstsein der gesamten Bevölkerung rückte.
In Workshops entstand ein Jugend-Kiosk, im
Sommer wurde der Ort als Open-Air-Kino, für
Public Viewing und Parties genutzt, im Herbst
wurde schließlich auf dem Bahnsteig eine
große Box-Meisterschaft durchgeführt. Diese
Umdeutung des Ortes eröffnet nicht nur für
Jugendliche neue Möglichkeiten, sondern erzeugt neue Chancen für die Stadtgesellschaft
insgesamt. Ein anderes Beispiel zeigt, dass es
bei Stadtentwicklung mit Jugendlichen nicht
immer um große Visionen gehen muss. So gelang es in einer Frankfurter U-Bahn-Haltestelle
bereits durch ein Gespräch der Jugendlichen
mit den Verkehrsbetrieben, das Eis zu brechen:
eine Nutzungsvereinbarung und ein paar Meter
Klebeband am Boden ermöglichen jetzt die regelmäßige Nutzung als Tanzbühne und machen
die trostlose Haltstelle zu einem Kulturort. Zwei
verschiedene Städte, zwei unterschiedliche
Methoden, die aber beide zeigen, wie fruchtbar
ein offenes Zugehen auf Jugendliche für Stadtentwicklung sein kann.
Stadt selber machen:
Jugendliches Engagement
Auch zur Belebung von Innenstädten können
Jugendliche viel beitragen: Plätze und Fußgängerzonen dienen ihnen zu Bewegung und
Sport, als Bühne ihrer Selbstdarstellung, vor
allem aber als Treffpunkt. In einem Projekt in
der nordhessischen Kleinstadt Spangenberg
haben Jugendliche umfassende Ideen zur Umgestaltung der historischen Innenstadt entwickelt. Auf einem Jugendaktionstag im Rahmen
der 700-Jahr-Feier der Stadt wurden dann die
Freiraumpotenziale der Innenstadt identifiziert.
Doch es blieb nicht nur bei der Analyse: Leerstehende Flächen und Gebäude wurden einen
Tag lang „probegenutzt“, ein ehemaliges Hotel
wurde zum Kino. Und blieb es auch über den
Tag hinaus: als von Jugendlichen getragenes
Kulturzentrum ist es zu einer festen Einrichtung
geworden.
Am attraktivsten ist Mitwirkung für Jugendliche, wenn sie die unmittelbare und selbstorganisierte Umsetzung von Ideen und Nutzungen
Eine U-Bahn-Haltestelle in Frankfurt am Main wird nur durch ein Gespräch mit den
Verkehrsbetrieben und ein paar Meter Klebeband ganz legal zum Dancefloor.
Interventionen im Stadtraum waren das Ergebnis des Projektes "Downtown-Camping" in Dessau.
„Es braucht Lotsen in der Verwaltung, die die Projektideen
der Jugendlichen durch den Verwaltungsdschungel bringen
und die Machbarkeit ermöglichen.“
Jürgen Zimborski, Abteilungsleiter Soziale Lebenswelten, Stadt Ostfildern
Links
» Die Eichbaumboxer-Hymne
auf youtube
» Der Stadtsafari-Song auf
prinzessinnengarten.net
» www.jugendliche.stadtquartiere.de
Top Thema | 15
Im Leipziger Bildhauerviertel haben Jugendliche Brachflächen und leerstehende Häuser umgestaltet.
beinhaltet. Für die Umsetzung solcher kreativen
Ideen brauchen Jugendliche nur wenige Mittel,
diese aber sofort. Deshalb wurde im Rahmen
des Forschungsfeldes unter dem Titel „Jugend
macht Stadt“ das Modell eines Jugend-Aktionsfonds entwickelt, unter dessen Dach mittlerweile mehr als 100 Mikroprojekte möglich
wurden. Jugendliche erhalten so die Verfügung
über eigene Finanzmittel und können vielfältige Maßnahmen wie neue Gärten, Chillbereiche
und BMX-Anlagen direkt umsetzen. Dabei zeigt
sich, dass Jugendliche in hohem Maße bereit
sind, Verantwortung für ihre Projektideen und
für die Stadt zu übernehmen. Oft wachsen sie
über die ihnen zugetrauten Leistungen hinaus.
Bei der Stadtsafari 2.0 in Berlin Kreuzberg entwickelten Jugendliche Ideen
für eine bessere Gestaltung ihrer Orte.
„Wenn das die Jugend von heute ist, dann habe ich
keine Angst um die Stadt von morgen!“
Jan Abt, Jugend-Architektur-Stadt
Mit Projekten wie diesen verschiebt sich das
planerische Selbstverständnis. Zielt herkömmliche Stadtplanung nach wie vor auf die Festschreibung eines finalen Entwicklungsstadiums, so ist für eine prozessorientierte Planung
die aktive Gestaltung der Entwicklung selbst
die zentrale Aufgabe. Die Projekte zeigen exemplarisch, welch vielseitige Möglichkeiten und
Lösungsansätze entstehen, wenn Stadtplanung
(und Stadtgesellschaft) sich in solcher Weise
öffnet und Jugendmitwirkung als Bereicherung
und nicht als Bedrohung sieht.
Stephan Willinger
Die Publikation „Jugend macht Stadt“ kann
bestellt werden bei [email protected].
Weitere Informationen unter www.jugendliche.
stadtquartiere.de
16 | Top Thema
„Meine Botschaft ist: lasst uns einfach machen.“
Lara, 13 Jahre, Mellowpark Berlin
Zehn Schritte zu einer jugendorientierten Stadtplanung
1.
Sehen Sie Jugendliche als besonders engagierte Akteure der
Stadtgesellschaft an. Begreifen Sie jugendliches Handeln in
der Stadt als sinnvoll und produktiv.
2.
Akzeptieren Sie dieses Handeln als Mitwirkung an der Stadtentwicklung. Die Beteiligung Jugendlicher an Planungsverfahren ist nur ein Teilaspekt.
3.
Gehen Sie offen auf Jugendliche zu und zeigen ihnen Ihr
Interesse und Ihren Respekt. Fragen Sie nach, warum sie
bestimmte Räume nutzen und andere meiden.
4.
Gewöhnen Sie sich an den Gedanken, dass Stadt- und Freiraumplanung nicht nur in Jahrzehnten denken sollte – auch
temporäre Nutzungen können Sie bei Ihren Zielen voranbringen.
5.
Unterstützen Sie jugendliche Raumaneignung in Ihrer täglichen Arbeit. Denken Sie nicht zuerst an Verbote, sondern an
Chancen.
6.
Überlegen Sie nicht zu lange, ob Bewegung und Musik im
öffentlichen Raum wirklich stören. Nutzen Sie jugendliche
Aktivitäten lieber zur Belebung von Straßen, Plätzen, Brachflächen und Bildungsräumen.
7.
Tragen Sie zur Entschärfung von Konflikten bei, indem Sie
Gespräche zwischen Jugendlichen und kritischen Institutionen vermitteln.
8.
Nehmen Sie selbst Jugendprojekte als Anlass, mit anderen
Akteuren in Kontakt zu treten. Dies wird auch Ihren Alltag
bereichern.
9.
Übertragen Sie Jugendlichen Verantwortung: für die Gestaltung ihrer Orte, für selbstorganisierte Events, für die tägliche
Pflege und Unterhaltung. Ja, Jugendliche können sogar mit
Geld umgehen!
10. Seien Sie stolz auf die junge Generation und genießen Sie
das Lob Ihrer Vorgesetzten und der Stadtpolitik, weil Sie so
tolle Projekte machen.
„Jede Organisationseinheit und jeder Mitarbeiter in der Stadtverwaltung ist
verpflichtet, im Rahmen seiner originären Zuständigkeit zu prüfen, ob durch
Verwaltungshandeln Interessen von Kindern und Jugendlichen berührt sind
und wie diese gegebenenfalls weiter gefördert werden können.“
Dienstanweisung über die Berücksichtigung der Interessen von Kindern und Jugendlichen bei der
Erledigung von Verwaltungsaufgaben der Stadt Würselen
Top Thema | 17
18 | Report
Dynamik + Wandel:
Stadtsilhouetten
Städtebau spielt heutzutage auch für das Stadtmarketing eine beachtliche
Rolle. Vor allem wenn es um Gebäude geht, die als zeitgemäße Wahrzeichen
die historischen Stadtsilhouetten verändern.
Der skeptische Blick eines Besuchers verrät,
dass etwas mit dem Exponat in der Ausstellung „Dynamik + Wandel. Die Entwicklung der
Städte am Rhein 1910-2010+“ nicht stimmt.
Kritische Besucher haben schon manchen Kurator auf einen Fehler hingewiesen. Aber unser Besucher ist verunsichert. Da er schon viele
Jahrzehnte in Köln lebt, erkennt er auf dem
vor ihm liegenden Foto das Kölner Rheinufer
mit der markanten Hohenzollenerbrücke, die
schmalen giebelständigen Häuser der Altstadt
und das blaue Zeltdach des Musical Domes. Er
kennt sich aus, aber etwas stimmt nicht. Unser
Besucher ist ratlos, deshalb klappt er das Foto
hoch, um das darunter liegende zu betrachten.
Jetzt fällt es ihm wie Schuppen von den Augen: Es war tatsächlich der Blick auf das Kölner
Altstadtufer, aber es fehlte der Dom mit seinen
himmelwärts strebenden Türmen, der mächtige
Vierungsturm von Groß Sankt Martin und der
etwas gedrungenere Rathausturm. Diese drei
Bauwerke prägen seit dem Mittelalter das Bild
von Köln und haben sich unauslöschlich nicht
nur in das Gedächtnis der Kölner eingeprägt,
sondern auch vieler Fremder.
Erkennungsmerkmale einer Stadt
Es sind nicht nur markante Einzelgebäude,
sondern auch eine spezifische Höhenentwicklung, die fest im kollektiven Gedächtnis verankert ist und zum unverwechselbaren Bild einer
Stadt wird. Wie würden wir Paris erkennen
ohne Eifelturm und Sacre Coeur, London ohne
Big Ben und Saint Pauls Cathedral, Rom ohne
Michelangelos mächtige Kuppel von Sankt Peter. Städte unterscheiden sich so von einander.
Architekturen werden zu Wahrzeichen, zu individuellen Erkennungsmerkmalen einer Stadt
und transportieren das Selbstverständnis und
Lebensgefühl der Metropolen.
Bildhafte Architektur verändert das
Image
Rückten die monumentalen Bauwerke in vorhergehenden Jahrhunderten vor allem ihre
Auftraggeber Erzbischöfe, Könige und Fürsten
und die stolzen Rathaustürme die Bürgerschaft
ins Rampenlicht, so dienen heute markante
Bauwerke vor allem dem Stadtmarketing. Spätestens als im Oktober 1997 das Guggenheim
Museum in der bis dahin kaum bekannten Hafenstadt Bilbao eröffnete, weiß man, dass auch
heutzutage bildhafte Architektur das Image
einer Stadt völlig verändern können. Die dem
Niedergang geweihte Industriestadt wandelte
sich über Nacht dank eines exzentrischen Baus
des kanadischen Architekten Frank O’Gehry zu
einer Kunstadresse und verhalf der Stadt zu
einem wirtschaftlichen Aufschwung. Allein im
ersten Jahr nach der Eröffnung kamen über eine
Million Besucher in die nordspanische Stadt.
„Wow-Architektur“
Seitdem haben viele Städte versucht, den sogenannten „Bilbao Effekt“ nachzuahmen und
die Star-Architekten dieser Welt eingeladen,
zeitgemäße Wahrzeichen in die gewachsenen
Stadtprofile einzupflanzen. Der Architekturhistoriker Georg Frank spricht von „Ökonomie
der Aufmerksamkeit“. Das betrifft nicht nur
den Profilierungswahn von Städten, die sich
wie zurzeit Hamburg mit dem Bau der Elbphilharmonie in die Liga der zehn besten Konzertsäle der Welt katapultieren möchten, sondern
auch Unternehmen, die mit ihren das eigene
Image verkörpernden Bauten nicht nur Standortsignets schaffen, beispielsweise die gläserne Fabrik in Wolfsburg, sondern, wie es David
Chipperfeld nennt, „Wow-Architektur“ für
die jeweilige Stadt. So schuf das niederländische Büro UN Studio von Ben van Berkel und
Report | 19
Ausstellung und Katalog
Ihr schnelles und unkontrolliertes Wachstum stellte viele deutsche Großstädte
wie Köln, Düsseldorf oder Duisburg Anfang des 20. Jahrhunderts vor nie da
gewesene Herausforderungen. Was sich im Siedlungsband zwischen Bonn und
Duisburg in den letzten 100 Jahren veränderte, war grundlegend und weist
exemplarisch zahlreiche „universelle“ Entwicklungen auf. Die Ausstellung und
der Katalog „Dynamik und Wandel
Die Entwicklung der Städte am Rhein 1910–2010+“ beleuchtet sowohl die
konkrete Entwicklung am Rhein als auch allgemeine städtebauliche Fragestellungen. Vielschichtig veranschaulicht wird eine bis in die Gegenwart reichende
dynamische Entwicklungsgeschichte der Wirtschafts- und Kulturader Rhein,
die heute – im Angesicht des Klimawandels – vor neuen, ebenso schwierigen
Herausforderungen steht.
Die Ausstellung ist noch bis zum 3. März 2011 im Kölner RheinForum zu
sehen.
Zu der Ausstellung ist ein Katalog erschienen:
Dynamik und Wandel. Die Entwicklung der Städte am Rhein 1910–2010+
Herausgeber: M:AI – Museum für Architektur und Ingenieurkunst NRW e.V.
Mit Beiträgen u.a. von: Gerd Albers, Friedrich von Borries, Martina Löw,
Gerhard Matzig, Wolfgang Pehnt, Hanno Rauterberg, Wolfgang Sonne,
Christoph Vitali.
Berlin: Jovis Verlag 2010, 38,00 Euro
20 | Report
Caroline Bos 2006 für Mercedes-Benz in Stuttgart ein neues Museum, und ein Jahr später
eröffnete am Mittleren Ring in München die
neue BMW-Welt nach einem Entwurf von Coop
Himmelb(l)au aus Wien. Städte scheinen solche
Besuchermagneten immer mehr zu brauchen,
um ihre Zukunftsfähigkeit unter Beweis zu stellen. Dabei sind es nicht nur Kulturbauten, die
das Stadtprofil schärfen, sondern immer häufiger auch Büro- und Wirtschaftsgebäude, die
die Prosperität einer Stadt sichtbar nach außen
tragen sollen. Jedes neue Hochhaus in Frankfurt festigt das Image der Bankenmetropole
am Main, aber auch am Rhein verändern extrovertierte Bürobauten die historischen Stadtpanoramen. So wirbt das Reisemagazin Merian
auf dem Cover seines Heftes über Düsseldorf
mit den 1999 fertiggestellten „tanzenden“ Bürobauten von Frank O’Gehry im Düsseldorfer
Medienhafen. Die plastischen Baukörper mit
ihren unterschiedlichen Fassadenverkleidungen
sind heute zum Synonym für den Strukturwandel des alten Zollhafens zum Medienhafen geworden. Charakterisierten bis vor einem Jahrzehnt noch die nach dem Krieg entstandenen
Schrägseilbrücken über den Rhein und das
Dreischeiben-Haus das Bild der modernen, aufstrebenden Landeshauptstadt, so sind es heute
Bürobauten in einem ehemaligen Hafenareal.
Wie viel Neues verträgt eine Stadt?
Signature Buildings auch in Köln
Auch in Köln haben der bis dahin unangefochten das Bild der Stadt beherrschende Dom mit
seinem Kranz aus romanischen Kirchen Konkurrenz bekommen: es sind die drei Kranhäuser oder, wie die Kölner despektierlich sagen,
„Hungerhaken“ im Kölner Rheinauhafen. Dabei
handelt es sich um drei Büro- und Wohnhochhäuser, deren Gestalt El Lessitzkys Wolkenbügelhäusern entlehnt sind, die aber mit ihrem
frei schwebenden, weit vorkragenden Obergeschossen sicher auch an die großen Verladekräne in diesem ehemaligen Hafenareal erinnern
sollen. Das Hamburger Büro Bothe Richter Teherani hat mit diesen Hochhäusern, von denen
das dritte gerade fertig gestellt wird, bereits
jetzt ein neues Wahrzeichen für die Domstadt
geschaffen. Diese neuen Signature Buildings
stehen zum einen für den Strukturwandel ehemaliger Industrieflächen in hochwertige Büround Wohnstandtorte und sie markieren in einer großen Geste die erneute Hinwendung der
Stadt zum Rhein, die damit auch, allen Gefahren des Hochwassers zum Trotz, ein deutliches
Zeichen setzt, mit Hochwasserschutzmaßnahmen das Problem im Griff zu halten. Die Kranhäuser erweitern das Stadtpanorama von Köln
über die historisch fixierte Ansicht der Altstadt
hinaus. Der Dom hat Konkurrenz bekommen,
aber auf Distanz.
Problematisch wird es, wenn die neuen Wahrzeichen den historischen Monumenten zu nahe
rücken, gar in marktschreierische Konkurrenz
zu ihnen treten. Das befürchtete vor allem die
UNESCO, als man 2000 in Köln im Zuge der Planungen für den Ausbau des Deutzer Bahnhofs
zu einem ICE-Knotenpunkt auf der anderen
Rheinseite, der so genannten „schäl sik“, einen
Kranz von Hochhäusern vorschlug. Gutachten
und Gegengutachten brachten das Projekt am
Ende zu Fall, da viele um die historische Stadtsilhouette fürchteten. Die elementare Frage,
wie viel Neues eine Stadt ohne „Gesichtsverlust“ verträgt, stellt sich insbesondere im Kontext herausragender Baudenkmale in prominenten Stadträumen. Dabei ist nicht nur die
Quantität, sondern vor allem die Qualität der
Neubauten von großer Bedeutung. Den Status
echter Wahrzeichen haben in den vergangenen
Jahrhunderten auch nur die Bauwerke erlangt,
deren architektonische Gestaltung sich als über
den jeweiligen Zeitgeist hinaus als herausragend erwiesen hat. Moderne Architekturen, die
nur sich selbst huldigen und keine Rücksicht
auf den stadträumlichen Kontext nehmen, bleiben „Spektakelarchitekturen“ – so der Architekturkritiker Gerhard Matzig - und schwächen
das gesamte städtebauliche Ensemble. Orte, die
einen besonderen Identifikationswert besitzen
und gleichzeitig einem hohen Veränderungsdruck unterliegen, sind daher behutsam weiter
zu entwickeln. So brauchen lebendige historische Städte eine Stadtplanung, die neben dem
Weiterbau, der Transformation, auch die Erhaltung der Stadt berücksichtigt, vor allem aber
für die Bürger einen lebendigen und vielfältigen
Lebensort schafft.
Städte planen, gestalten und für die Zukunft
nachhaltig weiterzuentwickeln, basiert stets
auf vorhandenen Strukturen, daher blickt die
Ausstellung „Dynamik + Wandel. Die Entwicklung der Städte am Rhein. 1910-2010+“ auf
100 Jahre Stadtentwicklung zurück, betrachtet
aktuelle Planungen und fragt nach zukünftigen
Herausforderungen.
Ursula Kleefisch-Jobst
Ursula Kleefisch-Jobst
Ursula Kleefisch-Jobst ist
seit 2008 geschäftsführende
Kuratorin am Museum für
Architektur und Ingenieurkunst
M:AI des Landes NordrheinWestfalen. Zuvor war sie nach
freiberuflicher Tätigkeit als
Architekturkritikerin am Deutschen Architekturmuseum,
Frankfurt am Main, tätig.
Report | 21
Neue kreative Orte in der Stadt
In Berlin wurde der Urban Intervention Award erstmals verliehen.
Zur Wahl standen über 60 Arbeiten aus ganz Europa.
Library and Reading Park Torre Pacheco,
Torre Pacheco (Murcia)/Spanien
Das Statement der Jury: Das als Auftakt eines Stadtentwicklungsprozesses entwickelte Projekt ist eine gelungene Verschmelzung von Architektur und Landschaft
und stellt für das zersiedelte Gebiet den neuen integrativen Mittelpunkt mit
Landmark-Charakter dar. Die Anlage, zu der neben der Bibliothek und dem Park
zahlreiche Sportanlagen und eine Schule gehören, überzeugt durch die Einheit
von sozialen, kulturellen und gestalterischen Elementen.
22 | Report
Mit dem Urban Intervention Award Berlin lobte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung
Berlin im Sommer 2010 erstmalig einen neuen
europaweiten Preis für Arbeiten aus, denen als
Auswahlkriterien die städtebaulich und räumliche Herangehensweise, der soziokulturelle und
gesellschaftliche Kontext, die Gestaltungsaspekte, das Nutzungskonzept und die Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern zugrunde
liegen.
Der Urban Intervention Award Berlin zeichnet
neue kreative urbane Orte von hoher architektonischer Qualität aus, die vorbildhaft für innovative und interdisziplinäre Kooperationen
unterschiedlicher Bereiche und Disziplinen, wie
Kultur, Architektur, Initiativgruppen, Wirtschaft
stehen und die Lebensräume nachhaltig verändern. Die eingereichten Projekte mussten innerhalb der letzten fünf Jahre entstanden sein. Das
Gesamtmanagement übernahm Kristin Feireiss
von Aedes Architekturforum.
Junge innovative Büros aus Berlin, Deutschland und Europa reichten über 60 Arbeiten
ein, aus denen eine Vorjury in zwei Kategorien
je 13 Projekte auswählte. Im Anschluss legte
eine internationale Jury die Nominierungen
und Preisträger fest. Jurymitglieder waren Bart
Lootsma, Professor für Architekturgeschichte
und -theorie an der Universität Innsbruck, Regula Lüscher, Senatsbaudirektorin von Berlin,
Enrique Sobejano, Architekt und Professor an
der UdK Berlin und Hortensia Völkers, Vorstand
und Künstlerische Direktorin der Kulturstiftung
des Bundes.
Nominiert in der Kategorie „Built“
A8ernA, Zaanstad, Koog aan de Zaan, Zaanstad/Niederlande, 2006
Architekten: NL-Architects und Carve (design skatepark), Amsterdam
Besiktas Fishmarket, Besiktas, Istanbul/Türkei, 2009
Architekten: GAD & Gokhan Avcioglu, Istanbul
Lesezeichen Salbke, Magdeburg/Deutschland, 2009
Architekten: KARO mit Architektur + Netzwerk, Leipzig
Zamet Centre, Rijeka/Kroatien, 2009
Architekten: 3LHD architects, Zagreb
Nominiert in der Kategorie „Temporary“
Eichbaumoper, Mülheim – Deutschland, 2009
Architekten: raumlaborberlin (Jan Liesegang, Matthias Rick)
Jellyfish Theatre, London – Großbritannien, 2010
Architekten: Köbberling/Kaltwasser, Berlin
Pop Up – Public Construction Site, Stuttgart/Deutschland, 2008
Architekten: Umschichten, Stuttgart
Prosthesis Institutiona, Castellon/Spanien, 2005
Architekten: Santiago Cirugeda, Sevilla
Report | 23
zu entwickeln. Den Anfang dieses Stadterneuerungsvorhabens bildet die Realisierung der
Bibliothek. Bei diesem groß angelegten Projekt,
das zur Verbesserung der Lebensqualität der
Anwohner beitragen soll, geht es vor allem um
Gemeinsinn und eine langfristige nachhaltige
Strategie. Geringe Kosten, einfache Technologien, ein niedriger Energieverbrauch und niedrige
Unterhaltskosten spielten bei der Planung eine
ebenso wichtige Rolle. Zu dem Projekt gehören
weiterhin außer einer Schule, eine Bushaltestelle sowie ein für die Öffentlichkeit zugänglicher
Park. Das gesamte Projekt bildet durch die Integrierung von Konferenzräumen, Vortragssälen,
eines Medienraumes und eines Kinderbereiches
ein dynamisches, multifunktionales Gemeindezentrum. Zu den Außenanlagen zählen ein Park
des Lesens, ein Wald, Sportbereiche, eine Kletterwand sowie ein Akustik-Park.
ko
che
n
wü
rze
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sch
ne
ide
Begegnungen durch eine mobile Stadtküche
n
wa
sch
en
+ 95,0
+ 77,0
In der Kategorie Temporary wurde der erste Preis an die Stadtküche in Berlin-Neukölln
vergeben, eine Initiative der Architekten Daniel
Unterberg und Isabell Weiland aus dem Jahr
2009. Das Berliner Architektenduo lädt mit seiner Stadtküche zur Umdeutung des städtischen
Raums ein. Die Stadtküche ist mobil – sie wird
als Kiste auf einem Fahrradanhänger transportiert – und autark. Dabei bietet sie neben der
nötigen Ausstattung zum Kochen einen langen
Esstisch, an dem jeder Passant Platz nehmen
darf. Durch die temporäre Installation wird die
Stadtküche zum Interventionsraum, der als Ort
der Kommunikation den öffentlichen Raum
auf eigene Weise interpretiert und eine große
soziokulturelle Wirkung entfaltet. Entstanden im Rahmen des Kulturfestes „48 Stunden
Neukölln“ und der Aktion „Karl-Marx-Straße“
startete die Küche in einem der vielfältigsten
Stadtteile Berlins mit Bewohnern aus über 160
verschiedenen Nationen. In diesem kulturellen
Gefüge ist das soziale Gleichgewicht besonders
wichtig. Mit der Offenheit für neue Gerichte
eröffnet sich die Möglichkeit, Fremdes zu entdecken und gemeinsam Neues zu schaffen, indem Passanten, Nachbarn und Freunde eigene
Zutaten und Rezepte mitbringen. Die häusliche Küche gastiert auf der Straße und initiiert
dort neue Gemeinschaften. Mit der Stadtküche
wird privater auf nachbarschaftlichen, urbanen Raum ausgedehnt. Sie fördert somit den
Gemeinsinn und ist auf alle erdenklichen Orte
übertragbar.
+- 0.0
1:25
0
10
20
30
40
50
100
150
200cm
Fest installierte und temporäre Projekte
Stadtküche
Das Statement der Jury: Dieses
Projekt ist ein überzeugendes,
innovatives Beispiel für die
kleinstmögliche Intervention im öffentlichen Raum im
Verhältnis von Aufwand und
Wirkung, das die Architekten
auf Eigeninitiative entworfen,
realisiert und auch betrieben
haben. Große Anerkennung
fand der integrative Beitrag,
den das Projekt zum Alltagsleben der Bewohner des Quartiers leistet sowie die hohe
Ästhetik, Poetik und Konzeptionalität des Objekts selbst.
24 | Report
In zwei Preiskategorien wurden je vier Nominierungen und ein Preisträger ausgewählt.
Diese zwei Preiskategorien sind zum einen die
Kategorie Built für gebaute, fest installierte
Projekte und zum anderen die Kategorie Temporary. Hierzu zählen zeitlich begrenzte Projekte im städtischen Raum. Die Qualität der Einreichungen war beachtlich und zeigte, dass die
Idee aufging, einen Preis zu schaffen, der weit
über die Betrachtung von Architektur hinausgeht und auf herausragende Projekte hinweist,
die Städte verändern.
Multifunktionales Gemeindezentrum
Den ersten Preis in der Kategorie Built erhielt
das spanische Projekt „Library and Reading
Park Torre Pacheco, Torre Pacheco (Murcia)/
Spanien“ der Architekten Martin Lejarraga, Cartagena, das im Jahr 2007 fertiggestellt wurde.
Auftraggeber war EXCMO, die Commune Torre
Pacheco. In Reaktion auf die demografischen,
sozio-ökonomischen, multikulturellen und touristischen Wachstumsprozesse in Torre Pacheco
sah sich die Verwaltung der Kleinstadt vor der
Aufgabe, ein neues Modell für die Stadtplanung
Schippen, Pumpen, Mitreden
Sportliche Freiraumentwicklung in Berlin
Sport ist ein wichtiger Bestandteil urbanen
Lebens und prägt den Alltag vieler Menschen.
Eine Studie der Berliner Senatsverwaltung für
Inneres und Sport aus dem Jahr 2007 belegt,
dass fast 50 Prozent aller Sport- und Bewegungsaktivitäten auf Frei- und Verkehrsflächen
stattfinden. Im Stadtraum ist diese hohe Priorität der Bürgerinnen und Bürger selten ablesbar. Fast alle Sportflächen orientieren sich
an den vereinsbetriebenen Ballsportarten oder
dem Leistungssport. Die Mehrzahl sportlicher
Aktivitäten wird allerdings inzwischen alleine
oder in kleineren Gruppen, informell und meist
ohne wettkampforientierte Leistungsabsicht
ausgeübt. Für diesen Bedarf geeignete Räume
zu entwickeln, ist ein Arbeitsschwerpunkt von
complizen Planungsbüro. Orte und Sportarten,
die jenseits der Interessensphären von Politik,
Sportverbänden und Sponsoren liegen, kommen
bei der Planung oft zu kurz und bleiben unter
ihren Möglichkeiten. Genau dort untersuchen
wir mit sportification die Ansprüche an die urbane Umgebung. Wie wandeln sich die Möglichkeiten der Stadtnutzung mit dem Wandel
unseres Freizeitverhaltes?
Das Wriezener Freiraum Labor in BerlinFriedrichshain
Eine gute Gelegenheit, diesen Fragen nachzugehen, ergab sich im Wriezener Freiraum Labor
in Berlin-Friedrichshain. Der außergewöhnliche „Park“ ist ein freigeräumter Güterbahnhof
der bis 2008 trotz seiner zentralen Lage an der
Warschauer Brücke über Jahre hinter einer hohen Mauer verschlossen blieb. 2007 wurde die
Brache ein Modellvorhaben für Innovationen für
familien- und altengerechte Stadtquartiere im
Bundes-Forschungsprogramm für Experimentellen Wohnungs- und Städtebau (ExWoSt).
Grundlage für die dreijährige Förderung durch
den Bund waren Nutzungs- und Gestaltungsideen, die Anwohner in Planungswerkstätten
kooperativ erarbeitet hatten. Sport war dabei
ein zentrales Anliegen. Zu den wichtigsten anderen Aktivitäten (Modulen) für die Entwicklung des Parks zählten: W-Lan, Fukuoka (Halbwilder Gemüseanbau), Schulunterricht und der
Ausbau eines ehemaligen Lokschuppens zu
einem Quartierstreff. Gemeinsame Jours Fixes
und Planungsworkshops sichern den Austausch
zwischen den unterschiedlichen Akteuren.
In vielen wohnortnahen
Brachflächen steckt ein riesiges Potential um FahrradFahrspaß in der Stadt zu
erleben, nicht nur für Extremsportler.
Report | 25
Aus der Not die Tugend
Neben der kooperativen Planung sorgen die
ersten Veranstaltungen auf dem Gelände für
Zulauf von Interessierten aus der Nachbarschaft, die sich an der Parkentwicklung beteiligen. Wichtigster Ansprechpartner im Bereich
Sport wird ein kleiner BMX- und Mountainbike
Verein, 52-Grad e.V., der auch die Interessen
der nicht vereinsgebundenen Radfahrer vertritt.
Nach einigen Treffen steht fest: es gibt eine
große Nachfrage nach Freiflächen für BMX.
Dennoch, das manchmal nur 20 Meter breite
und sehr langgezogene Gelände eignet sich
eigentlich nicht für eine ausgewachsene BMXBahn. Wie so oft wird auch hier aus der Not die
Tugend. Es entsteht eine ganz besondere Strecke: Berlins erster „Pumptrack“.
Ein Ort für unterschiedliche
Anforderungen
Tore Dobberstein
Seit 2003 ist Tore Dobberstein (Diplom-Kaufmann)
bei complizen Planungsbüro
verantwortlich für Kommunikation und Stadtentwicklung.
Tore Dobberstein unterrichtet
Moderation in Planungsprozessen am Institut für Europäische Urbanistik der BauhausUniversität Weimar.
[email protected]
26 | Report
Die bis dato in Deutschland noch weitgehend
unbekannten Pumptracks zeichnet sich durch
abgerundete, rollende Hügel aus, die keinesfalls
so steil aufsteigen wie die bis zu 3 Meter hohen
„Dirts“ einer klassischen BMX-Strecke. Spaß
macht vor allem das namensgebende „Pumpen“. Das beschreibt die Gewichtsverlagerung,
mit der das Rad nach etwas Übung auf einem
Pumptrack beschleunigt wird. Mit Geduld und
Schwerkraft lernen auch Neulinge auf der
Lehmbahn, schnell ohne den Antritt der Kette
vorwärts zu kommen. Profis und Anfänger können an diesem einem Ort auf unterschiedlichen
Leistungsniveaus Freude haben. Das sorgt unter
anderem für eine höhere Streckenauslastung.
Plötzlich können sich auch Vorschulkinder mit
Laufrädern auf der Bahn tummeln, ohne erhöhtes Verletzungsrisiko gegenüber dem Fahren
auf flachen Asphalt. Fortgeschrittene Sportler
nutzen die angrenzende Mauer für „Wall Rides“.
Sie setzen so eine der Gestaltungsphilosophien
des Wriezener Freiraum Labors um: bei der Gestaltung des Parks soll der baulichen Bestand
des ehemaligen Verladebahnhofs nicht nur erhalten, sondern auch auf neue Art und Weise
wieder genutzt werden. Heute ist der Pumptrack eine der beliebtesten und am stärksten
nachgefragten Anlaufstellen auf dem Gelände.
Engagement für den Park
Für die Radsportler im Wriezener Freiraum Labor ist die Pumptrack-Alternative existenziell:
das Gelände ist im Besitz des Bezirkes und als
öffentlicher Park deklariert. Steilere und höhere
Hügel, bzw. Zäune zur Absperrung wären nicht
durchsetzbar gewesen. Aber die Radler halten
an dem Prinzip der flachen Buckel fest und
sorgen zu dem dank ihrer hochfrequenten Anwesenheit mit für Sauberkeit im Park. Bei Veranstaltungen und bei generellen Fragen bringt
sich die Gruppe engagiert mit ein. So entsteht,
begünstigt durch die Rahmenbedingungen im
ExWoSt-Programm, ein Vertrauensverhältnis
zwischen dem Bezirksamt und den Sportlern,
und sie bekommen grünes Licht, ihren Standort
mit einem Vereinsbauwagen mit einer überdachten Sonnenterrasse auszubauen.
Die zuvor gemiedenen BMXer und MTBer sind
jetzt respektierte Partner bei der Quartiersentwicklung. Sie haben gezeigt: bei der Freiflächengestaltung können sie nicht nur mitschippen sondern haben auch ein paar Worte
mitzureden.
Sportification – die Sportifizierung der Stadt
Die sportification Idee von complizen Planungsbüro befasst sich mit der Frage,
wie viel Spaß, Sport und Eigeninitiative Stadtplanung zulässt und wie viel
Stadt und Architektur in neue Sportarten integriert werden kann. Der sportification Gedanke wirbt für eine stärkere Integration von Sport und Stadt.
Ziele sind die Verbesserung der Lebensqualität im Wohnumfeld, die Einbindung neuer Zielgruppen bei der Stadtplanung und die Umsetzung kooperativer
Planungsstrategien.
Die sportification Events zeichnen sich durch ganz unterschiedliche Gestaltungsansätze aus. Respekt und Rücksicht vor den Interessen der Sportlerinnen
und Sportlern haben höchste Priorität. Im Rahmen von sportification sind ganz
neue Varianten vorhandener Sportarten entwickelt worden. Dies geschieht aus
dem Potential des Ortes gegebenenfalls auch ohne größere gestalterische Eingriffe. Ein Beispiel ist das Hochhaus-Frisbee-Rennen in Halle-Neustadt. Die
fünf leer stehenden Hochhausscheiben im Abstand von ca. 80 Metern waren
die Inspirationsquelle dafür, Frisbees von Dach zu Dach zu werfen. Normale
Flugscheiben schaffen diese Entfernung allerdings nicht. So entstand die Frisbeestaffel.
Tore Dobberstein
Links
Sportmoderation: complizen Planungsbüro – Enjoy urban space!
Die Kompetenzbereiche von complizen Planungsbüro umfassen
Architektur, Kommunikation und Stadtentwicklung.
» www.complizen.de
Pumptrack, Bau und Betrieb
» www.52grad.org
Landschaftschaftsarchitektur: Ariane Röntz
Gesamtkoordination ExWoSt: Ines Rudolph, TX-Architekten
Report | 27
„Die Ära der zeitaufwendigen
Suche ist bald vorbei.“
Viel Herzblut und Energie
verwenden Birgit Findeli und Bernd Junge darauf,
mit ScapeScout ein allumfassendes Fachportal für die
grüne Branche zu etablieren. Im Interview berichtet
Birgit Findeli von den Zielen
und dem Stand der Dinge.
FreeLounge: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, dass die Branche eine Datenbank wie ScapeScout braucht?
Birgit Findeli: Bereits im Studium haben wir
gemerkt, wie viel Zeit junge Planer in die Suche
nach geeigneten Produkten investieren müssen, die alle jeweiligen Anforderungen erfüllen.
Aber auch später im Beruf stellte sich die Suche
nach Produkten als eine Schwierigkeit dar. In
der Praxis sieht es so aus, dass Planer vielleicht
das Angebot von nur drei oder vier Herstellern
berücksichtigen, weil sie mit deren Produktordnern und dem Produktangebot relativ vertraut
sind. Selbst dann frisst die Suche unendlich viel
Zeit und sorgt für ein Chaos auf dem Schreibtisch. Diese Erfahrungen haben Bernd Junge
und ich während unserer gemeinsamen Arbeit
bei der Stadt Esslingen immer wieder gemacht.
Wir fingen an zu überlegen, wie man den Prozess der Produktsuche besser gestalten könnte.
Birgit Findeli
Bernd Junge
Birgit Findeli hat nach ihrem
Studium der Landschaftsplanung von 2001 an im
Grünflächenamt der Stadt
Esslingen am Neckar gearbeitet. Zunächst in der Abteilung Grünflächenpflege und
–unterhaltung, dann in der
Planungsabteilung. Seit 2009
ist sie Geschäftsführerin der
Scapescout GmbH.
Bernd Junge ist Landschaftsarchitekt und seit 1999 in
der Planungsabteilung des
Grünflächenamtes der Stadt
Esslingen am Neckar tätig.
Seine Tätigkeitsschwerpunkte
sind Objektplanung, Bürgerbeteiligung, konzeptionelles
Arbeiten und der Aufbau von
Netzwerken.
28 | Report
FreeLounge: Die Geburtsstunde von ScapeScout?
Birgit Findeli: Nein, so schnell ging das nicht.
Zunächst haben wir sehr viel im Internet gesucht, denn wir konnten uns eigentlich nicht
vorstellen, dass es nicht schon ein funktionales Werkzeug geben sollte. Im zweiten Schritt
haben wir dann angefangen, eine Datenbank
mit planungsrelevanten Suchkriterien zu konzipieren, die wirklich auf die tägliche Arbeit von
Planern abgestimmt ist. Das hat einige Zeit in
Anspruch genommen. Als wir soweit waren, haben wir erneut recherchiert. Die Idee ist doch
eigentlich sehr naheliegend, aber noch immer
fehlte ein solches Angebot. Da erst haben wir
uns dann entschieden, ScapeScout auch tatsächlich auf den Markt zu bringen.
FreeLounge: Aber es gibt doch verschiedene
Datenbanken, gerade im Bausektor, die auch
den Freiraumbereich mit abdecken sollen.
Birgit Findeli: Dort finden Sie meist nur Adresslisten. Im besten Fall finden Sie Produktdarstellungen, oft nicht aktuell, denn gar nicht
selten müssen die Hersteller für jede Aktualisierung zahlen. Aber vor allem fehlt die Suchmaschine, die dafür sorgt, dass man sehr schnell
einen breiten Überblick vergleichbarer Produkte
erhält. Im Moment sind schlechte Erfahrungen mit teuren Produktdatenbanken eines der
größten Hemmnisse bei der Verbreitung von
ScapeScout. Sehen Sie, bei uns kann ein Planer
sehr spezielle Eingaben machen, zum Beispiel
„Betonbelag, befahrbar mit 7,5 Tonnen, Farbe:
rot“. Wenn er dann eine Übersicht über eine
Vielzahl der verfügbaren Produkte erhält, dann
spart er sich extrem viel Arbeit. Er kann Kunden vor Ort seine Vorschläge zeigen, mit dem
Computer oder dem Handy. Ist der Kunde nicht
einverstanden, lassen sich schnell Alternativen
suchen. Suchergebnisse können gespeichert
werden.
FreeLounge: An welchem Punkt stehen Sie
aktuell? Können Planer heute schon mit ScapeScout arbeiten?
Das Internetportal ScapeScout
unterstützt Planer bei der
Produktsuche zur Garten- und
Freiraumausstattung sowie zum
Thema Bauen und Planen im
Außenraum. Mit ein paar Klicks
lassen sich vergleichbare Produkte
oder Firmen mit Referenzobjekten
gegenüberstellen. Weil planungsrelevante Suchkriterien eingegeben werden können, bietet das
Portal einen sehr hohen Service.
Birgit Findeli: Grundsätzlich schon, aber wir
haben noch nicht die kritische Masse erreicht,
um eine tatsächliche Vergleichbarkeit bieten zu
können. Wir stehen am Anfang der Markteinführung. Die GaLaBau in Nürnberg hat uns viele
interessante Kontakte gebracht, und wir merken, dass ScapeScout bekannter wird. Für uns
ist es sehr wichtig, dieses Interesse jetzt umzusetzen, denn wir haben das Ziel, schon bald ein
allumfassendes Fachportal bieten zu können,
das eine effektive und vergleichende Produktsuche ermöglicht.
FreeLounge: Wie sieht es denn ganz konkret
aus, wenn ein Hersteller - bleiben wir bei dem
Beispiel Betonsteine – seine Produkte bei ScapeScout einstellen möchte? Ist die Produktmenge einzelner Hersteller nicht viel zu groß?
Birgit Findeli: Grundsätzlich kann ein Hersteller durchaus alle Produkte über ScapeScout anbieten. Doch man kann die Produkte – wenn es
zu umfangreich wird - auch strukturiert einstellen, zum Beispiel in Ketten, so dass verschiedene Farben oder ergänzende Produkte wie Randsteine auf einer Seite platziert sind. Auch kann
es unter Umständen sinnvoll sein, auf absolute
Standards nicht im Detail einzugehen. Letztlich
sind die einzelnen Produkte mit den Hersteller
verlinkt, so dass alle Anfragen der Nutzer direkt
zum Hersteller gelangen.
FreeLounge: Und die Kosten?
Birgit Findeli: Die belaufen sich auf 100 Euro
im Monat bei 50 eingestellten Produkten.
Selbstverständlich werden die Einträge bei einer
größeren Anzahl von Produkten entsprechend
günstiger. Für den Anfang bieten wir aber auch
Einsteigerpreise, denn es ist uns sehr wichtig,
dass wir schon bald in den Sparten Bauprodukte, Freiraumausstattung und Vegetation eine
Produktübersicht bieten können.
FreeLounge: Wer pflegt die Daten?
Birgit Findeli: Wir halten es für wichtig, dass
die Hersteller diesen Part selbst übernehmen.
Jeder, der mit einem PC umgehen kann, ist in
der Lage, die Produkte mit den Beschreibungen in die Datenbank zu stellen. Das ist wirklich ganz einfach. Neue Produkte, Änderungen
der Preise und alle weiteren Informationen wie
Hinweise auf Messen können so jederzeit eingespeist werden. Wir wollen keine Hindernisse
in den Weg legen, denn die Qualität der Datenbank lebt ja davon, dass die Angaben immer
aktuell sind.
FreeLounge: Ich bin gespannt, wie sich ScapeScout entwickeln wird. Die Idee ist wirklich
überzeugend.
Birgit Findeli: Wir arbeiten sehr an dem Gelingen. Viel Zeit und Geld stecken in dem Projekt.
2011 soll der Schritt geschafft werden, dass
sich ScapeScout in der Branche richtig durchsetzt.
FreeLounge: Viel Glück! Frau Findeli, herzlichen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Dr. Anke Münster
Gewinnen Sie eines
von 25 Jahresabos bei
ScapeScout
Präsentieren Sie 50 Produkte
und Ihr Firmenportrait kostenfrei bei ScapeScout!
Die Gewinner erhalten ein
kostenfreies Jahresabonnement mit einer Laufzeit bis
zum 31.12.2011. Das Abonnement wird nicht automatisch
verlängert. Es entstehen keine
Zusatzkosten.
Schicken Sie eine Email an
[email protected] mit dem
Stichwort „FreeLounge“.
Einsendeschluss ist der
28.02.2010
Alle vollständigen Einsendungen mit Angabe von
Stichwort, Namen und Adresse nehmen an der
Verlosung teil. Privatpersonen oder Firmen, die
keine Produkte für die „Grüne Branche“ herstellen
oder Vertreiben können nicht an der Verlosung
teilnehmen. Die Gewinner werden benachrichtigt. Die Barauszahlung des Gewinns ist nicht
möglich. Mitarbeiter der Scapescout GmbH und der
Freizeit&Spiel Verlagsgesellschaft mbH sowie deren
Angehörige sind von der Teilnahme ausgeschlossen.
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Die Verlosung
findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Der
Teilnehmer erklärt sein Einverständnis mit der Veröffentlichung seines Namens in der Freelounge im
Gewinnfall. Mehrfache Einsendungen durch einen
Teilnehmer oder durch Gewinnspiel-Agenten werden bei der Gewinnermittlung nicht berücksichtigt.
Report | 29
Bewegung im
öffentlichen Raum
Gerade niederschwellige Angebote für ältere Menschen sind nötig.
Die Diskussion um Bewegungsangebote für
Erwachsene und besonders ältere Menschen
reißt nicht ab, dabei werden oftmals polarisierende Begriffe wie „Seniorenspielplatz“ oder
„Generationenpark“ genutzt und dubiose Bilder bemüht, wie „Oma im Karussell“ oder der
„tobende Rentner“. Die verärgerten oder irritierten Reaktionen darauf zeigen, dass hier die
Wünsche und Bedürfnisse völlig verschiedener
Zielgruppen vermengt werden. Denn bei sogenannten „Outdoorfitness“-Anlagen stellt sich
sofort die Frage, wie sportlich ein Angebot für
Menschen mit Mobilitätseinschränkungen sein
darf. Sie überfordern diese häufig, entsprechen
nicht dem Nutzungsverhalten älterer Menschen
und können diese gefährden.
Bei den extrem niederschwelligen Angeboten
wird Skepsis geäußert, ob sie für aktivere Menschen noch interessant sind. Zu Recht, denn es
wird versucht an einem Platz alle Anforderungen zu erfüllen. Dagegen ist ein differenziertes
Angebot nötig: es darf sich nicht nur auf jüngere Erwachsene mit sportlichen Ansprüchen
konzentriert werden. Denn gerade für ältere
Nutzer, die körperlich nicht mehr besonders fit
sind, werden attraktive Lösungen benötigt, die
sich ernsthaft mit ihren Fähigkeiten und Wünschen auseinandersetzen.
30 | Report
Ausgangslage demografischer Wandel
Bereits 2030 wird über ein Drittel aller Deutschen älter als 60 Jahre alt sein. Vor diesem
Hintergrund macht es Sinn, Menschen dabei zu
unterstützen so lange wie möglich beweglich
und gesund zu bleiben. Entsprechende Angebote für eine alternde Gesellschaft sind nicht
nur gesundheitspolitisch gewollt, sondern unabdingbar, damit möglichst viele Menschen in
Zukunft gesund und aktiv ihren Lebensabend in
der eigenen häuslichen Umgebung verbringen
können: Bewegung wird hier einen wichtigen
Beitrag leisten. Selbst kleinste Übungen können
viel bewirken, wenn sie regelmäßig durchgeführt werden. Der Stuttgarter Geriater und Experte für Sturzprävention, Dr. Clemens Becker,
empfiehlt zweimal pro Woche ein Kraft- und
Balancetraining.
Unterschiedliche Ansätze
schließen sich aus
Heute werden Angebote im öffentlichen Raum
geschaffen, die viele Generationen zu Aktivitäten animieren sollen. Dabei wird häufig,
vielleicht um eine möglichst große potenzielle
Nutzergruppe darzustellen, ein übertriebenes,
sehr aktives Bild des Alters bemüht: Menschen,
die noch im hohen Alter an Fitnessgeräten im
Outdoor-Bereich trainieren oder Geräte nutzen, die ein erhebliches Maß an Koordination
und Sicherheit voraussetzen. Genau hier liegt
das Problem: Gerade ältere Menschen, die sich
wenig bewegen und als „nicht-sporterfahren“
gelten, sind von solchen Angeboten oftmals
überfordert oder sogar gefährdet. Zum Beispiel
haben „Beinpendel“ mit schwingenden Stangen
ein erhebliches Gefährdungspotenzial, da es
keinen sicheren Stand gibt. Oftmals sind sich
die älteren Nutzer dessen gar nicht bewusst.
Niederschwellige Angebote sind wichtig
Viele der vorhandenen Angebote „Trimm-Dich“
oder „Outdoorfitness“ erreichen vor allem die
sportlich orientierten Menschen. Dabei sollte
aber gerade auch für die anderen die Möglichkeit geschaffen werden, sich auch im hohen Alter noch durch kleine Bewegungsübungen aktiv
zu halten. Hier sind Lösungen gefragt, die mit
kleinen leichten Übungen den Nutzer abholen
und nicht durch eine defizitorientierte Gestaltung stigmatisieren. Es muss berücksichtigt
werden, dass sich viele Menschen aus dieser
Zielgruppe nicht im öffentlichen Raum verausgaben wollen, und nicht Geräte nutzen wollen,
die sie als „tobende Rentner“ zur Schau stellen.
Moderate Anforderungen erhöhen die
Akzeptanz
Eine Untersuchung der FH Wiesbaden (Senioren
und Freiflächennutzung, FH Wiesbaden 2008)
analysierte ein besonders von älteren Menschen häufig genutztes Bewegungsangebot in
Berlin. Als Gründe für die hohe Akzeptanz der
Anlage werden die moderaten Anforderungen
der Geräte und die nur partielle Beanspruchung
des Körpers bei den Übungen genannt. Weitere
wichtige Merkmale, so die Studie, sind die Abgrenzung zu Krafttraining und Kinderspielplätzen. Es muss also differenziert und für entsprechende Angebote ein Platz gefunden werden,
der nicht auf dem Präsentierteller steht und mit
den Interessen jüngerer Nutzer kollidiert.
Nicht auf Defizite reduzieren
Bei niederschwelligen Angeboten ist es zudem
wichtig, durch eine ansprechende Gestaltung
attraktive Lösungen aufzuzeigen, die nicht nur
auf Defizite reduzieren und den Nutzer bloßstellen. Solche Angebote wurden zum Beispiel
im Rahmen des ExWoSt Projektes „Innovationen für altengerechte Stadtquartiere“ entwickelt und unter dem Namen „Giro Vitale“ in
öffentlichen Parks sowie auf Freiflächen von
Wohnanlagen und Altenheimen oder Rehaklinken und Krankenhäusern als Bewegungsprogramm eingesetzt.
Um bei der Planung und Einrichtung entsprechender Anlagen Fehler zu vermeiden und eine
hohe Nutzungsakzeptanz zu erreichen, empfiehlt sich ein strukturierter Prozess. Mit Hilfe
eines Leitfadens können Standortwahl, Konzeption und Auswahl der Geräte optimiert werden.
Dazu gehören auch die Beratung zu zielgruppenspezifischen Details und die frühzeitige
Partizipation von Nutzern und Multiplikatoren.
Denn ein entsprechendes Angebot kann schon
am Namen „Seniorenspielplatz“ scheitern.
Mathias Knigge
Mathias Knigge
Der Diplom-Ingenieur und Produktdesigner Mathias Knigge
gründete 2004 »grauwert« als
Beratungs- und Designbüro
„für demografiefeste Produkte und Dienstleistungen“. Er
unterstützt Kunden bei der
Entwicklung von Lösungen im
Sinne des »Universal Design«,
die für eine breite Zielgruppe
nützlich sind. Mathias Knigge
hat das Bewegungskonzept
„Giro Vitale“ entworfen und
gemeinsam mit der Firma Michow und Sohn aus Hamburg
entwickelt.
» www.grauwert.info
Report | 31
mc donalds
info
U-Bahn
Möblierung öffentlicher
Stadträume
Das Bild der Städte und Gemeinden wird maßgeblich von Stadtmöblierung beeinflusst.
In einer Serie von drei Teilen gibt Thomas Volprecht einen Überblick: von der kritischen
Bestandsaufnahme bis hin zu den Möglichkeiten, die auch das Stadtmarketing betreffen.
U-Bahn Eingang Köln
Viele Köche verderben den
Brei. Gutes Beispiel für eine
Möblierung ohne gesamträumliche Abstimmung.
Vier Firmen, vier Produkte:
1. JCDecaux
Systemstadtmöblierung
Werbeflächen
2. Verkehrsbetriebe Köln
Bushaltestelle
3. Deutsche Telekom
öffentl. Fernsprecher
4. Abfallwirtschaft Köln
Abfallbehälter
Grafik 1
32 | Report
Ein Raum, viele Nutzer
Die Möblierung und Orientierung auf öffentlichen Flächen wie Plätze, Parkanlagen und
Straßenräume gewinnt mit dem Thema Stadtmarketing, der Verdichtung und „Bewirtschaftung“ von öffentlichen Stadträumen stark an
Bedeutung. Unterschiedliche Anspruchsgruppen wie Stadt- und Verkehrsplaner, Stadtmarketing Organisationen, Wirtschafts- und
Bürgerinitiativen, sowie Architekten und Landschaftsarchitekten sind an der Entwicklung von
öffentlichen Plätzen und Stadträumen direkt
und indirekt beteiligt und versuchen Einflüsse
geltend zu machen. Dabei zeigt sich, dass alle
Interessensgruppen unterschiedliche Einflüsse
(Grafik 01+2) direkt und indirekt auf die Einrichtung und Nutzung von öffentlichem Raum
nehmen. Wirtschaftliche Interessen stehen dabei immer häufiger im Vordergrund.
Die Stadt ein Produkt?
Vor allem das Instrument des Stadtmarketings
setzt sich zunehmend mit seiner Interessenspolitik nach einer „sauberen und sicheren“ Stadt
durch. Dabei wirkt der Standortwettbewerb der
Städte wie ein Beschleuniger dieser Entwicklung. Privatisierung und Kommerzialisierung
der zentralen Orte sowie Ausgrenzung sozialer
be
bewir leben
tscha
ften
temporäre Nutzungen
Denkmal
Kunst im Raum
sozialer
Treffpunkt
Erinn
ern
Events, Kultur,
Kunst im Raum
Stadtmarketing
Einflussfaktoren
auf die Möblierung
von Stadträumen
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Beschilderung
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Verändern
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Freiraumgestaltung
Plätze und Parkanlagen
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Einkaufsfreundliche Stadt
Standortmarketing
Sicherheit/Sauberkeit
Parkraum
Straßenraum
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Randgruppen sind Folgen und
„Stadt“ zeigen
und vermarkten
Voraussetzungen für eine garantierte Wertschöpfung im
Leitbilder
g
ldun
Interesse der Wirtschaft. So
n
tsbi
entwickeln
titä ntatio
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Id
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räse
zeigt sich in der Qualität der
Rep sentat
Prä
Möblierung von öffentlichen
Inszenierung
Stadträumen, welche InteresArchitektur
sen sich letztlich durchgesetzt
Haltestellen
haben. Mit der Etablierung von
Stadtmarketing als Teil der Stadtentwicklungsplanung wird ein neuer
Blickwinkel auf die Stadt geworfen. Dabei
geriert die Stadt oft zur Person - zum Produkt,
welches über Marketinginstrumente „verkaufsfreundlich“ entwickelt werden soll.
Das wird auch in der Wortwahl von Fachtermina deutlich. In Anlehnung an das klassische
Marketing werden viele Begriffe 1:1 übertragen. Das erweckt den Eindruck, als ob sich
komplexe Entwicklungsvorgänge in einer Stadt
mit einfachen Mitteln gestalten ließe. Dazu ein
paar interessante Wortsubstitutionen:
Marktplatz und Bühne
Verkehrsplanung
Freiraumplanung
Bauvorhaben
Wohnunsbau,
Siedlung etc
Tourismusund Kulturinfo
Leiten/Führen
Leitsysteme
Grafik 2 – Verschiedene Einflussfaktoren initiieren die Möblierung und
Ausstattung von öffentlichen Räumen.
Kreieren statt langsamer Entwicklung von Gesellschaft
Identität > Image
Homogenisierung versus Vielfalt, eine Stadt eine Marke?
Stadtentwicklung > urban branding
Schöne neue Welt? Sozial hygienisch? Planbar?
Stadtteil > zielgruppengerechtes Wohnumfeld
Öffentlicher Raum als Unterhaltungsort mit Programmwechsel?
Kultur > Event
Gut verkauft ist die halbe soziale Miete!
Soziale Stadterneuerung > Image-Kampagne
Quelle: Zusammengestellt aus: Aufwertung als Programm? Ansätze und Folgen
integrierter Stadtteilentwicklung, Gottlieb
Duttweiler Institut GDI, Rüschlikon Zürich,
April 2002
Möblierung als Mittel der
Wiedererkennung?
Die oben angerissene Entwicklung spiegelt
sich auch wider in dem Versuch, über Gestaltungsrichtlinien und Kollektionsvorgaben bei
der Wahl der Ausstattung, die Möblierung in
Städten zu vereinheitlichen. Als gestalterisches
Mittel – als Corporate Design des Stadtraumes
– übernimmt die Möblierung damit eine andere, stark ästhetische Aufgabe der Wiedererkennung. Der Artikel geht der Frage nach, welche
Rolle Freiraumplaner und Landschaftsarchitekten in diesem Prozess einnehmen könnten und
welche Instrumente sich in die tägliche Planungsarbeit integrieren lassen.
Dazu werden die wichtigsten Einflussfaktoren,
Akteure und Teilnehmer analysiert, die an der
Möblierung von öffentlichen Plätze und Stadträumen heute mitwirken. Betrachtet wird vor
allem die urbane räumliche Realität jenseits von
städtebaulich ambitionierten Wettbewerbsprojekten, gelungenen Park- und Siedlungsgestaltung interessiert. Aus dem Blickwinkel
der Landschaftsarchitektur soll aufgezeigt
werden, inwieweit Materialität, Funktion und
Raumbildung von Public Elements für unseren
Entwurfsprozess relevant sind. Um das Thema
beispielhaft einzugrenzen, sollen anhand von
gewöhnlichen öffentlichen Plätzen und Straßenräumen der Stadt Köln wichtige Grundsätze
Report | 33
> Sitzgelegenheiten und Bänke
> Beleuchtungskörper und Straßenraumbeleuchtung
> Geländer und Zäune, Abgrenzungen
> Brunnen und Hydranten, Feuermelder,
> Werbeträger , Tafeln und Litfaßsäulen
> Leitsysteme, Verkehrsbeschilderung
> Haltestellen und Wartehäuschen
> Absperranlagen, Poller und
Schachtabdeckungen
> Abstellanlagen für Fahrräder, Parkraum
Grafik 03 – Litfaßsäule
Am 1. Juli 1854 erfand Ernst Litfaß die erste Annonciersäule. Die Säule
wurde erstmals in Berlin aufgestellt, nachdem Herr Litfaß Reisen nach
Paris und London gemacht hatte. Es war die Geburtsstunde der Außenwerbung in Deutschland. Ein typisches Beispiel für die schrittweise
Eroberung des öffentlichen Raumes durch die Wirtschaft.
und Merkmale aufgezeigt werden, die bei der
Möblierung eine wesentliche Rolle spielen. Anhand typischer Fehler werden Lösungsansätze
gezeigt und Handlungsempfehlungen für freiraumgestalterische Entwurfsaufgaben formuliert.
Historischer Hintergrund
Links
www.planwirtschaft.ch
www.wirtschaftsplan.ch
34 | Report
Eine kurze Geschichte der Möblierung
Das rasche Wachstum der Städte im einsetzenden Industriezeitalter des 19. Jahrhunderts,
die Schaffung von Stadtparks, Boulevards und
Plätzen sowie die Möglichkeiten der Massenproduktion legten den Grundstein für die Möblierung von öffentlichen Räumen. Der Stadtbewohner war bis zur Automobilisierung in erster
Linie Fußgänger und erlebte als solcher den
öffentlichen Stadtraum.
Der öffentliche Raum gewann im Zuge dieser
Entwicklung eine neue Bedeutung: Die Weiterentwicklung zu Aufenthaltsräumen und
Flaniermeilen der städtischen, bürgerlichen
Öffentlichkeit lösten die mit den Zeichen des
Adels und der Aristokratie versehenen Räume
ab. Die Geburtsstunde der Stadtmöblierung.
Der Begriff Stadtmöblierung – so wie wir ihn
auch heute noch verwenden – bezeichnet das
gesamte Interieur des städtischen Freiraumes:
Vor allem die neu entstandene Gusstechnik
Ende des 18. Jahrhunderts bot auf einfache
Weise die Möglichkeit, die Elemente der Stadtmöblierung in großer Stückzahl und in einer
fast unübersehbaren Formenvielfalt anzubieten. Schritt für Schritt wurden die öffentlichen
Räume möbliert und den neuen Bedingungen
(Aufenthaltsqualitäten) und Funktionen ( z.B.
Verkehrsraum ÖV) angepasst.
Einen besonderen Platz im städtischen Interieur
nimmt die Gruppe der zellenartigen Kleinkörper
wie Wartehäuschen, Verkaufskioske, öffentliche Bedürfnisanstalten, Wetterhäuschen und
Vitrinen ein, die ebenfalls zum Teil in Serie erzeugt wurden. Neben der funktionalen Bestimmung der einzelnen Objekte bildeten sie durch
ihre vielfältige Formgebung einen wichtigen
Bestandteil des inneren Stadtbildes.
Die verschiedenen Formen der Kleinarchitektur
auf Straßen, Plätzen und in Parkanlagen waren
zudem meist die ersten vollständig aus Gußeisen hergestellten Bauwerke. Dazu gehört auch
die berühmte Litfaßsäule von 1854 (Grafik 03).
Stadtmöblierung heute
Öffentliche, halböffentliche und private Räume,
Verkehrströme, Menschenströme - die Stadt
hat sich zu einem komplexen Raum- und Lebenssystem entwickelt. Die Möblierung stellt
eine Art Bindeglied (siehe Grafik 04) zwischen
den unterschiedlichen Systemen dar und sollte
drei wesentliche Aufgaben erfüllen:
Orientierung
Die Möblierung macht einen städtischen Raum
lesbar, definiert Handlungsräume für die unterschiedlichen Nutzer (Verkehr, Fußgänger,
Gewerbe etc.) und schafft Abgrenzungen wenn
Überschneidungen zu Interessenskonflikten
führen. Die Möblierung formuliert Bewegungsrichtungen und informiert direkt über Leitsysteme oder indirekt über die Gestalt der Form
von Elementen der Stadtmöblierung.
Straßenraum mit
eingeschränkter Nutzung:
Fußgängerzone
Anzeige über
Belagswechsel
Funktion
Das Maß aller Dinge ist der Mensch als „Bewohner und Besucher“ öffentlicher Stadträume. Eine Bank ist immer noch eine Bank und
sollte in erster Linie bequem sein. Da Menschen
die Dinge lieben, die sie auch gerne benutzen,
sollte sich das Design von Stadtmöbeln eher
zeitlos und zurückhaltend präsentieren und
weniger zeitgeistig und geschmäcklerisch. Dass
öffentliche Räume zunehmend wie Designershowrooms daherkommen, soll an dieser Stelle
nicht weiter betrachtet werden.
Sicherheit
Sicherheit ist ein Aspekt, der in Städten immer mehr an Bedeutung gewinnt. Neben der
städtischen Sicherheitsfunktion betrifft dies
vor allem das Gefühl, sich in sozial sicheren
öffentlichen Räumen aufzuhalten. Gut platzierte Elemente (z.B. Bänke, Haltestellen etc.)
dem Ort angemessene Beleuchtung, direkte
und indirekte Orientierung sowie der Zustand
der städtebaulichen Umgebung und der Stadtmöbel haben einen erheblichen Einfluss auf das
Wohlbefinden in öffentlichen Räumen. Dies
greift besonders an Orten, die nur temporär belebt sind. Wie sensibel das Thema Sicherheit
im öffentlichen Raum ist, zeigt vor allem der
zunehmende Vandalismus. Dort wo „öffentliches Leben“ und damit soziale Kontrollmechanismen den Stadtraum verlassen, wird der Ort
zum Freiwild sozialer Aggressionen und Vandalismusakte.
Dass Städte heute in erster Linie auf Vandalismus mit Verschönerungsaktionen und vandalismusresistenten Möblierungen reagieren, zeigt
jedoch, wie sehr die Möblierung als sozialer
Katalysator überbewertet wird.
Richtung,
Raumgrenze
Übergänge
Leben auf öffentlichem Grund
Möblierung ermöglicht Aufenthalt
Halböffentlicher Raun
Aussengastronomie
Öffentlicher Straßenraum
Verkehrsströme/Teilnehmer
Grafik 04 – Möblierung/Kennzeichnung und Raumtypen im urbanen Räumen
Möbel von der Stange?
Vom Stadtentwickler zum Stadtverwalter
Aufgrund der komplexen Anforderungen, die
Stadträume an die Möblierung stellen, gibt es
heute eine Fülle von Anbietern und Spezialisten
auf dem Markt. Zu den großen Komplettanbietern zählen Hersteller wie die Burri AG, Mabeg,
Velopa, Wall AG oder das französische Unternehmen JCDecaux. Von Einzelelementen bis hin
zu ganzen Stadtmobiliarkollektionen (Grafik 05)
wird Städten und Kommunen heute alles angeboten. Stadtmöblierung funktioniert heute aber
auch wie „modisches Shoppen“, was gefällt,
wird aus dem Katalog gekauft. Es fällt auf, dass
sich die Möblierung zunehmend als eigene Ebene vom räumlichen Kontext entfernt. Die Stadt
Grafik 05 – Beispiel für eine Systemmöblierung mit verschiedenen Werbeflächen
Produktlinie „Campo“ der Firma Wall AG; Design: Staubach & Kuckertz
Report | 35
+
> Einheitliche Möblierung kann als gestalterische Klammer funktionieren
> Funktion der Möblierung wird durch den Betreiber sicher gestellt
> Regelmäßige Reinigung und Wartung
> Schnelle Instandsetzung bei Vandalismusschäden
> Senkung der Unterhaltskosten für die Stadt
-
> Stadt verliert z.T. die Hoheit über öffentliche Teilräume = Gestaltungsverlust
> Einschränkung im freiraumgestalterischen Entwurf
> Es wird nur da möbliert, wo Werbeeinnahmen zu erwarten sind
> Gefahr der „2 Klassen Möblierung“ in sozial schwachen Stadtteilen
> Soziale Funktionen vs. wirtschaftliche Notwendigkeit
> Massive „Visuelle Verschmutzung“ durch Zunahme der Werbeflächen
> Ausgrenzung von Interessengruppen wie Quartiervereine etc.
Vor- und Nachteile von externen Stadtmöblierern
Thomas Volprecht
Thomas Volprecht lebt und
arbeitet in Zürich und ist
Geschäftsführer des Landschaftsarchitekturbüros Planwirtschaft und der Unternehmensberatung Wirtschaftsplan.
Nach seiner Lehre als Gärtner
hat er Produktdesign in Krefeld
studiert und 2006 das Studium
der Landschaftsarchitektur in
der Schweiz absolviert.
Seine Arbeitsschwerpunkte
liegen in den Bereichen Freiraumplanung, Stadtmarketing,
Moderation von Planungsprozessen und der Freiraumgestaltung.
36 | Report
wird „eingerichtet“. Dabei nehmen die Themen
Kosten, Unterhalt und Wartungsfreundlichkeit
einen immer höheren Stellenwert ein.
Da sich die Städte aber aufgrund von finanziellen Schwierigkeiten immer häufiger vom
Stadtentwickler zum Stadtverwalter entwickeln, greifen zunehmend privatwirtschaftliche
Unternehmen in die Möblierung von öffentlichen Räumen ein. Besonders deutlich wird dies
an der Vermarktung von städtischen Werbeflächen. Diese ist heute zunehmend an Stadtmöbel wie Wartehallen, Haltestellen und Leitsysteme gekoppelt und hat sich zu einem riesigen
Markt entwickelt. Das französische Unternehmen JCDecaux ist mit 1,7 Mrd. Euro Umsatz der
weltweit grösste Hersteller und Vermarkter von
Stadtmöblierungskonzepten.
Ein weiterer Globalplayer der Stadtmöblierung
ist das deutsche Unternehmen Wall AG. Die
Idee, die beide Unternehmen mit grossem Erfolg
vorantreiben, ist so einfach wie erschreckend.
Die Unternehmen stellen den Städten die Möblierung (Haltestellen, Leitsysteme, WC-Häuser,
Kioske, Bänke usw.) kostenlos zur Verfügung.
Dafür darf dann das Unternehmen die Werbeflächen exklusiv und kostenlos bewirtschaften.
Nüchtern betrachtet ist dies ein sehr erfolgreiches und schlüssiges Konzept – kommt es doch
vor allem den Städten entgegen, die sich aufgrund der schlechten Haushaltslage als „Volks-
vertreter“ zunehmend aus grundsätzlichen
städtebaulichen Aufgaben (z.B. Abnahme sozialer Wohnungsbau, Privatisierung städtischer
Kultureinrichtungen etc.) zurückziehen. Ein
besonderes Problem stellt jedoch die gestalterische Monotonie dar, die mit der Etablierung
und dem überregionalen Vertrieb von solchen
„Kollektionen“ in den Städten Einzug hält.
Dies führt dazu, dass regionale städtebauliche
Eigenheiten wie Materialien oder Produktgeschichten einzelner Möbelstücke verloren gehen. Die Lesbarkeit des Ortes, das Besondere
einer kulturellen Identität - all dies verschwindet. Unter solchen Bedingungen würde eine
schweizer Landibank ein schnelles Ende finden.
Da jedoch jede Medaille zwei Seiten hat, sollen
hier die wichtigsten Vor- und Nachteile gegenübergestellt werden.
Generell ist zu sagen, dass dieses Konzept
durchaus seine Berechtigung hat und auch in
einer Win-Win Situation für die Städte enden
kann. Dennoch bin ich der Meinung, dass für
den Erhalt und die Weiterentwicklung von öffentlichen und urbanen Räumen der rein wirtschaftliche Blick – wie er zurzeit auch gerne
von Stadtmarketinggesellschaften entwickelt
wird – zu kurz greift. Hier ist die Stadt gefordert, eigene Vorstellungen über Funktionen,
Nutzung, Lebensqualität und Einrichtung von
öffentlichen Räumen zu entwickeln und Stellung zu beziehen.
Thomas Volprecht
In einer Serie von drei Teilen stellt Thomas
Volprecht sein Dossier „Möblierung öffentlicher
Räume“ vor. Lesen Sie in der kommenden Ausgabe die Kapitel „Öffentlicher Raum – Schnittstelle verschiedener Interessen?“ und „Entwicklung des Stadtmarketings“
Report | 37
espas GmbH • Graf-Haeseler-Straße 7-9 • D - 34134 Kassel • Tel.: +49 (0)5 61 5 74 63 90 • Fax: +49 (0)5 61 5 74 63 99 • [email protected]
38 | Gesellschaft
Online-Bürgerbeteiligung:
Im Netz gefragt
Bürgerversammlungen und Anhörungen, Beiräte und Planungswerkstätten –
Instrumente wie diese setzen Politik und Verwaltung häufig ein, wenn Bürgerinnen und Bürger an Entscheidungsprozessen teilnehmen. Im Zeitalter von
Internet und neuen Medien etablieren sich jedoch immer mehr auch digitale
Beteiligungsmodelle, insbesondere wenn es um die Gestaltung und Nutzung
des öffentlichen Raums geht.
eParticipation heißt der Sammelbegriff für
unterschiedliche Formen, Bürger über neue
Medien, vor allem das Internet, an politischer
Meinungsbildung zu beteiligen. Ihr Vorteil: Die
Informationen sind schnell und direkt verfügbar, der Austausch ist interaktiv. Online-Votings
oder Online-Dialoge entsprechen den aktuellen
Kommunikationsgewohnheiten. Auch wenn immer noch circa 30 Prozent aller Bundesbürger,
vor allem ältere und sozial Schwächere, keinen
direkten Online-Zugang haben: So viele Menschen wie nie zuvor nutzen hierzulande das
Internet, betreiben Kommunikation via E-Mail
oder über soziale Netzwerke wie Facebook und
Twitter.
eParticipation ist nicht nur wie geschaffen für
die sogenannten Digital Natives, die junge Generation von Nutzern, die mit dem World Wide
Web aufgewachsen ist: Auch die Gruppe der
35-45-Jährigen ist – je nach Thema – in Online-Dialogen stark vertreten. eParticipationTools kommen darüber hinaus einem grundlegenden Bedürfnis vieler Menschen von heute
entgegen: sich vorübergehend, aber mit Nachdruck für ein bestimmtes Anliegen politisch zu
engagieren. Nicht dauerhaft in Parteien oder
Organisationen, sondern nur zeitweilig und zu
einem bestimmten Thema oder Projekt. Eines,
das sie persönlich und vor Ort betrifft. Eines,
zu dem sie selbst etwas beitragen können. So
wird Online-Partizipation zunehmend populärer. FreeLounge stellt einige positive Beispiele
mit geringen Eintrittshürden und hohem Aktivierungsgrad der Nutzer vor:
direktzustuttgart21
„Ich gebe zu, dass bei diesem Projekt, das seit
15 Jahren geplant wird, die begleitende Kommunikation nicht gestimmt hat“, räumte Stefan
Mappus, baden-württembergischer Ministerpräsident Anfang Oktober im ZDF ein. Gemeint
war Stuttgart21. Massenproteste und Polizeieinsätze gegen die Demonstranten hatten das
Großprojekt zum Umbau des Stuttgarter Hauptbahnhofs zu einem Symbol für die Entfremdung
von Politik und Gesellschaft gemacht. Dabei hat
das Projekt die parlamentarischen Instanzen
durchlaufen. Und doch: Als die ersten Bagger
rollten, fühlten sich viele Menschen buchstäblich überfahren, nicht oder schlecht informiert,
zu wenig bis gar nicht einbezogen, schlichtweg
nicht gefragt.
Seit 21. September nun ist www.direktzustuttgart21.de online. Die Internet-Plattform ist
– neben den öffentlichen Schlichtungsgesprächen und einem eigens eingerichteten TwitterFeed – ein zentraler Baustein der „Dialogagenda Stuttgart21“, die von den Projektpartnern
aufgesetzt wurde. Das Ziel: den Dialog mit den
Bürger zu versachlichen und möglichst allen
Interessierten, Gegner wie Befürwortern, die
Möglichkeit zu geben, sich an der Diskussion
des Großprojektes zu beteiligen.
Bei „direktzustuttgart21“funktioniert das so:
Nutzer können eigene Beiträge formulieren,
Fragen direkt an verantwortliche Personen des
Projektes stellen und über die Fragen, die auf
der Plattform veröffentlicht werden, abstimmen: Die Fragen mit der höchsten Zustim-
Gesellschaft | 39
mung werden regelmäßig an die Adressaten
weitergeleitet und müssen von diesen kurzfristig beantwortet werden. Um Missbrauch
zu verhindern, werden alle Beiträge vor der
Veröffentlichung von einem Moderationsteam
gegengelesen und frei geschaltet. „Ziel einer
direktzu-Plattform ist es, dass die Anliegen,
die den Bürgern am wichtigsten sind, identifiziert und beantwortet werden “, erklärt Georg
Kolb von der direktzu Gmbh, wo die Plattform
entwickelt wurde. „Deshalb bündeln wir die
Beiträge. Fragen, die inhaltsgleich mit bereits
veröffentlichten oder gerade beantworteten
sind, werden nicht veröffentlicht.“ Bereits nach
wenigen Wochen konnte Kolb mit den Betreibern von „direktzuStuttgart21“eine positive
Zwischenbilanz ziehen: Bis Anfang November
2010 wurden bereits knapp 2.400 Anliegen bearbeitet, insgesamt knapp 10.000 Bewertungen
abgegeben und die Seiten rund 380.000mal
aufgerufen.
Frankfurt Gestalten
Links
» www.frankfurt-gestalten.de
» www.direktzu.de/stuttgart21
» www.dresdner-debatte.de
40 | Gesellschaft
„Wie wäre es, wenn sich Bürger direkt über
das Internet vernetzen und Ideen zur Stadtgestaltung austauschen?“ Eines Tages, als er gerade an einer Ortsbeiratsitzung teilnahm, war
Christian Kreutz diese Frage durch den Kopf
geschossen. Inspiriert von Projekten wie Theyworkforyou.com oder Fixmystreet aus Großbritannien machte sich der Politologe daran, der
Frage eine Antwort folgen zu lassen: Am 1.
März 2010 startete er gemeinsam mit anderen
privaten Machern das Portal www.frankfurtgestalten.de.
Das Online-Projekt soll den Bürgerinnen und
Bürgern das Engagement in der Lokalpolitik
Frankfurts erleichtern. Den Schlüssel dazu sieht
Christian Kreutz in offenen Daten, d.h. öffentlichen Informationen, die für den Bürger bereitgestellt werden. Offene Daten sind willkommen: Zwei Drittel aller Bundesbürger sprechen
sich für eine regelmäßige Veröffentlichung
amtlicher und nicht personenbezogener Daten
durch die Behörden aus. Dies ist das Ergebnis
der forsa-Studie „Open Date – Open Government Monitor 2010“ für SAS Deutschland. So
können die Nutzer der Webseite „Frankfurt gestalten“ aktuelle Vorlagen der Ortsbeiräte per
E-Mail beziehen – im Abo und spezifisch nur
für einzelne Straßen oder Stadtteile. Jede Vorlage, ob zu einer geplanten Begrünung oder der
Erweiterung eines Radfahrweges, kann online
kommentiert und diskutiert werden.
„Frankfurt gestalten“ setzt auf eine rege Diskussionskultur im Netz und die direkte Möglichkeit, sich zu vernetzen, Ideen auszutauschen und darüber abzustimmen– vor allem
innerhalb und mit der Nachbarschaft. „Wer immer schon mal einen Spielplatz haben wollte,
findet vielleicht zwei Häuser weiter jemanden
mit ähnlichen Ideen.“ 26 konkrete Initiativen
von Nachbarn für Nachbarn sind auf diesem
Wege schon gestartet worden – von „Rettet
den Friedberger Platz“ über die „Neugestaltung
des Campus Bockenheim“ bis hin zum „Kulturkiosk am Museumsufer“.
Die Stadt Frankfurt unterstützt das Projekt
unter anderem mit aktuellen Einwohnerzahlen und mit Informationen aus der Parlis-Datenbank. Von „Frankfurt gestalten“ werden die
Daten neu aufbereitet, mit Schlagworten versehen, georeferenziert und anschaulich in einer
Karte im Überblick gezeigt.
Nach dem regen Zuspruch der Seite wurde
„Frankfurt gestalten“ Mitte September 2010
bereits wesentlich erweitert: Für alle 42 Stadtteile sind seither auf eigenen Stadtteilseiten
gefilterte Informationen zugänglich - Anträge der Ortsbeiräte ebenso wie Meldungen der
Polizei oder zum öffentlichen Nahverkehr, alle
mit Link zur Originalquelle. Was gerade wo diskutiert wird, zeigt auch eine große Übersichtskarte des gesamten Stadtgebietes. Ein weiteres
Beispiel, wie man Informationen einfach und
bürgernah zugänglich machen kann. So lobt
das Wochenmagazin DIE ZEIT „Frankfurt gestalten“ als „eines der interessanten Projekte
hierzulande“ für Open Data.
Dresdner Debatte
Was die Stadtplanung betrifft, war Dresden
lange Zeit ein steiniges Pflaster: Über Jahre
konnte man sich nicht dazu einigen, wie das
historische Herz der Barockstadt baulich weiter
entwickelt werden kann. Seit Juni 2010 soll die
„Dresdner Debatte“ nun neue Bewegung in die
festgefahrene Diskussion bringen – mit modernen Ansätzen der Bürgerbeteiligung, genauer
gesagt einer Verbindung von Online-Diskussion
mit Vor-Ort-Präsenz und Veranstaltungen. zebralog, ein auf Dialogverfahren spezialisiertes
Unternehmen, und die Agentur sally below
cultural affairs, Experten für Kommunikation,
haben den kombinierten Ansatz in enger Abstimmung mit der Stadtverwaltung speziell für
Dresden entwickelt. Auftaktthema war der viel
diskutierte Neumarkt.
Herzstück der ersten „Dresdner Debatte“ war
eine Online-Plattform, auf der sich die Bürger
vier Wochen lang vom 8. Juni bis 8. Juli 2010
informieren, aber auch eigene Gestaltungsideen für den Neumarkt einstellen konnten. „Am
Ende hatten wir 20.000 Besucher auf www.
dresdner-debatte.de und insgesamt 550 aktive
Teilnehmer, die Ideen oder Kommentare veröffentlicht haben“, berichtet Daniela Riedel, Projektleiterin von zebralog, und fügt hinzu: „Im
Vergleich zu anderen Verfahren ist sowohl die
Beteiligung als auch die Qualität der Beiträge
als sehr hoch einzustufen.“
Flankiert wurde das Online-Forum von einer
Info-Box, die auf dem Neumark platziert war.
„Kein Briefkasten“, wie Sally Below von sally
below cultural affairs ergänzt, „sondern ein Ort,
an dem interessierte Bürger mit Mitarbeitern
des Stadtplanungsamtes über das Thema diskutiert haben.“ Auch in der Info-Box konnten die
Bürger ihre Ideen online eingeben. Zudem war
die Info-Box Schauplatz einer Expertenrunde,
die zur Mitte des Dialogs über das Instrument
selbst und die bisherigen Ergebnisse diskutierte.
Am Ende der Neumarkt-Debatte war deutlich:
Die Dresdner wünschen, dass der Platz in Zukunft eine erste Adresse für besondere institutionelle Einrichtungen oder hochwertige
temporäre Nutzungen wird. Hier sollen Veranstaltungen stattfinden, die den Neumarkt
– passend zum repräsentativen Charakter der
Stadt - als vitale Mitte Dresdens erlebbar machen. Einsichten wie diese sind in die stadtinterne Abstimmung für das „Nutzungskonzept
Innenstadt“ eingeflossen – ein Grund, warum es
zu dem Instrument viele positive Rückmeldungen von Seiten der Bürger gegeben hat. „Sogar
von gestandenen Neumarkt-Aktivisten“, freut
sich Daniela Riedel. So soll die Diskussion um
den Neumarkt auch nur der Auftakt für weitere Dresdner Debatten gewesen sein, die Stadt
möchte den Dialog mit den Bürgern zu anderen
Themen fortsetzen: Zwei weitere Diskussionsrunden sind bereits geplant.
Jörg Kohnen-May
Gesellschaft | 41
„Mehr als nur die Wahl zwischen A und B“
Georg Kolb
Business Director bei direktzu
GmbH, Berlin, ist Experte für
Online-Kommunikation und
soziale Medien. FreeLounge
befragte ihn zu den Erfolgsfaktoren von Bürger-OnlineBefragungen – und wo diese
sinnvoll eingesetzt werden.
42 | Gesellschaft
FreeLounge: Worin liegt das besondere Potenzial von Online-Votings- und -Dialogen?
Georg Kolb: Generell gilt: Wenn die Nutzer
einfach nur entscheiden können A oder B, ja
oder nein, wird das Potenzial von eParticipation
bei weitem nicht genutzt. Viel produktiver ist
es, die Bürger an der Gestaltung eines Projektes
zu beteiligen, z.B. indem sie die Möglichkeit erhalten, eigene Ideen einzubringen. Oder wenn
sie gewichten können: „Was interessiert mich
am meisten, was weniger?“ Aus solchen Rankings kann die Politik relevante Strömungen
ablesen und beobachten wie diese sich über
einen bestimmten Zeitraum entwickeln, um am
Ende einen Kompromiss zwischen konträren
Positionen zu gestalten.
FreeLounge: Wann machen besonders viele,
wann eher nur wenige Bürger bei einer OnlineBefragung mit?
Georg Kolb: Das hängt davon ab, ob die Balance zwischen inhaltlicher Tiefe und einfachen
Beteiligungsmöglichkeiten stimmt. Je komplexer die bereit gestellten Inhalte sind, desto
geringer ist der Aktivierungsgrad der Bürger.
Für Online-Beteiligungsplattformen muss man
beachten, was der dänische Web-Experte Jakob
Nielsen „Participation in equality“ genannt hat.
Demnach kommt in der Regel die überwiegende
Zahl der Beiträge von 1 % der Beteiligten, 9 %
tragen gelegentlich etwas bei, 90 % schauen
nur zu. Damit ein Online-Dialog aussagekräftig ist, müssen diese 90 % der Nutzer aktiviert
werden – indem man zusätzlich zu den angebotenen Inhalten eine einfache Möglichkeit der
Beteiligung schafft.
FreeLounge: Was ist der Vorteil von eParticipation gegenüber „realen“ Beteiligungsmodellen?
Georg Kolb: Beteiligung über das Internet ist –
wie Online-Kommunikation generell – schnell
und direkt. Zudem können Themen online umfassend und anschaulich visualisiert werden,
zum Beispiel Bauvorhaben in 3D-Modellen. Ein
weiterer Vorteil: Die Nutzer geben nicht nur
eine Stimme ab, sondern können sich vernetzen, mit anderen Interessenten in Dialog treten
und aus diesem Austausch heraus Positionen
entwickeln oder schärfen.
Das Interview führte Jörg Kohnen-May
„Child in the City 2010“
Die 5. Internationale Konferenz und Fachmesse, vom 27-29. Oktober 2010 in Florenz, zum
Thema der kindgerechten Stadt wurde vom
Europäischen Netzwerk „Childfriendly Cities“
organisiert. Nach erfolgreichen Vorläufern in
Brügge, London, Stuttgart und Rotterdam fand
die Tagung zum ersten Mal in Südeuropa statt,
in der Stadt, in der auch das „Innocenti Research Centre“ von UNICEF beheimatet ist. Es
trafen sich rund 300 Vertreter aus den Ressorts
Verwaltungen, Institutionen, Universitäten,
Verbänden und Organisationen der Zivilgesellschaft. Die Konferenz war in vier Hauptthemen
gegliedert: Das Recht zu Spielen, das Recht auf
Teilnahme, Kinderarmut und schließlich die Bewertung und das Monitoring für kinderfreundliche Städte.
Ein interessanter Blick über die Grenzen
Für das Deutsche Kinderhilfswerk, welches
derzeit gemeinsam mit UNICEF an einem Konzept zur Auditierung und Zertifizierung kinderfreundlicher Kommunen in Deutschland arbeitet, waren die Erfolge und Herausforderungen
aus anderen Ländern von besonderem Interesse.
Familien- respektive Kinderfreundlichkeit wird
von der Öffentlichkeit in Deutschland, seit geraumer Zeit hoch gehandelt. Grund dafür sind
sinkende Geburtenzahlen, Wanderungsbewegungen und der damit verbundene soziale Wandel. Dies trifft nicht nur die neuen Bundesländer, die besonders unter diesen Veränderungen
leiden. Besonders Kommunen erkennen in der
Kinder- und Familienfreundlichkeit mittlerweile
weiche Standortfaktoren, die sie zumindest zu
einer Vielzahl von politischen Willensbekundungen veranlassen.
Aus den Berichten einer Vielzahl europäischer
Staaten (der Schweiz, Spanien, Italien, Frankreich, Österreich, Luxemburg, Russland oder
Kroatien), wurde deutlich, dass Partizipation
und Monitoring, über externe Evaluation oder
Selbstüberprüfung, konstitutiver Bestandteil
von kinder- und jugendfreundlicher Stadtentwicklung sind. Demgegenüber gibt es in
Deutschland eine Aufmerksamkeit für Studien (vgl. PROGNOS-Studie oder die EmpiricaDelasasse-Studie), welche sich ausschließlich
statistischer Kennzahlen bedienen. Was Kinder- bzw. Familienfreundlichkeit ist, definieren
Erwachsene dabei anhand relativ grober Kategorien, das subjektive Erleben wird in der Regel nicht erfasst. Orientiert man sich an einem
Qualitätsbegriff, der Qualität als das Verhältnis
zwischen subjektiven Erwartungen und der Erfüllung einer Dienstleistung definiert, greift eine
reine Auswertung statistischer Kennzahlen zu
kurz. Die Robert Bosch Stiftung hat gemeinsam
mit Stuttgarts Oberbürgermeister das Netzwerk
„Cities for Children“ gegründet, um sich mit
anderen europäischen Kommunen zum Thema
Kinderfreundlichkeit auszutauschen. „Cities for
Children“ will anhand guter Beispiele aus europäischen Kommunen die besten Projekte und
Strategien finden, wie Kindern und Familien das
Leben in Städten erleichtert werden kann. Die
Eindrücke und Konsequenzen
der internationalen Konferenz zur kinderfreundlichen
Stadtentwicklung.
Die nächste Konferenz wird
2012 in Zagreb stattfinden.
Weitere Informationen unter
www.childfriendlycities.eu
oder bei Holger Hofmann,
Deutsches Kinderhilfswerk,
[email protected]
Gesellschaft | 43
Mitgliedschaft im Netzwerk sieht jedoch kein
Monitoring-Verfahren oder eine direkte Beteiligung von Kinder und Jugendlichen vor.
Viele Bausteine müssen beachtet
werden
Auf der Konferenz war auch unbestritten, dass
ein kinderrechtlicher Ansatz zu bevorzugen ist,
der eine ganzheitliche Strategie nach Bausteinen verfolgt, wie sie vom UNICEF Innocenti
Research Centre entwickelt wurde: Beteiligung
von Kindern, kinderfreundliche Rahmengesetzgebung, eine stadtübergreifende Kinderrechtsstrategie, Interessenvertretung für Kinder
und Jugendliche, Vorrang für das Kindeswohl,
ein ausgewiesenes Budget für Kinder und Jugendliche, einen regelmäßigen Zustandsbericht der kinderfreundlichen Stadt, Information
über Kinderechte sowie die Unterstützung von
nicht-staatlichen Institutionen für Kinder.
Unterschiede im nationalen Vorgehen waren hinsichtlich der Vorgehensweise bzw. der
Instrumente festzustellen. Während man in
Frankreich auf ein breites Netzwerk Wert legt,
das sich insbesondere auf eine klare Willensbekundung der politischen Spitze bezieht, erfolgt in der Schweiz zunächst eine intensive
Standortbestimmung der betreffenden Stadt
oder Gemeinde anhand eines Fragebogens. Ein
Verfahren in der österreichischen Steiermark
setzt stark auf die Einbindung bürgerschaftlichen Engagements.
Alle profitieren
Durch Beiträge von kommunalen Vertreterinnen und Vertretern auf der Konferenz, darunter Verwaltungsfachleute und Bürgermeister,
wurde beeindruckend unterstrichen, dass von
der kinderfreundlichen Entwicklung alle in der
Stadt profitieren. Durch die Umsetzung der
Leitthemen entsteht ein attraktives Umfeld zur
Schaffung neuer Arbeitsplätze und Gestaltung
individueller Lebensräume. Die kinderfreundliche Stadt ist Voraussetzung einer nachhaltigen
Demokratieentwicklung: Durch frühzeitige Teilhabemöglichkeiten erfahren junge Menschen
das Gemeinwesen als gestaltbar und werden zu
eigenem Engagement motiviert. Kinderfreundliche Städte schaffen eine national einheitliche,
vernetzte Kinder- und Familienpolitik.
Holger Hofmann
stellvertretender Bundesgeschäftsführer
Deutsches Kinderhilfswerk e.V.
44 | Gesellschaft
Smart Green Teil 1
Sportentwicklung und Gesundheitsförderung –
Eine sportwissenschaftliche Perspektive
Definiert man Gesundheitsförderung nach der
Ottawa Charta, ergänzt durch die Jakarta Erklärung der WHO (WHO 1986, 1998), als „Prozess,
der Menschen befähigt, die Kontrolle über die
(Determinanten für die) Gesundheit zu erhöhen
und (dadurch) ihre Gesundheit zu verbessern“,
so wird „Empowerment“ damit zum Dreh- und
Angelpunkt aller Bereiche gesundheitsförderlichen Handelns. Zugleich wird hier die Mehrdimensionalität des Begriffs Empowerment
deutlich, die seine Übersetzung ins Deutsche so
schwierig macht: Zum einen geht es hier um
„Befähigung“ im Sinne der Entwicklung individueller Kompetenzen und sozialen Handelns
(gesundheitsförderliche Gemeinschaftsaktionen), aber es geht zum anderen auch um „Bemächtigung“, das heißt um die Kontrolle der
Menschen über ihre Lebenswelten und über die
Politik, die die Gesundheitsförderlichkeit ihres
Lebens und ihrer Lebenswelten maßgeblich beeinflusst (Rütten et al. 2008).
Unter der Überschrift „Smart Green - Gesundheitsförderung durch Landschaftsarchitektur“ hat der BDLA Hessen
in Kooperation mit dem BDLA Baden-Württemberg und
der Landesinitiative Baukultur Hessen vor einigen Monaten
eine interessante Tagung veranstaltet. Weil wir darin ein
Zukunftsthema sehen, haben wir einige der Referenten für
die FreeLounge um einen Gastbeitrag zu diesem Schwerpunkt gebeten. Verfolgen Sie auch in den kommenden
Ausgaben die Serie „Smart Green“. Wir danken dem BDLA
Hessen für die Zusammenarbeit.
Gesellschaft | 45
Die Kommune wird zum Sportraum
Prof. Dr. Alfred Rütten
Prof. Dr. Alfred Rütten ist seit
2001 Direktor des Instituts für
Sportwissenschaft und Sport
der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.
Der Ansatz der Integrierten
Sportentwicklungsplanung
(ISEP) wurde von ihm entwickelt und erstmals eingesetzt.
Professor Rütten ist gegenwärtig Sprecher der Kommission “Sport und Raum” der
Deutschen Vereinigung für
Sportwissenschaft (dvs) und
Vorsitzender des dvs-Ad-hoc
Ausschlusses für ein Memorandum zur kommunalen
Sportentwicklungsplanung.
Jana Ziemainz
Jana Ziemainz ist als Dozentin
und Referentin im Bereich
Sport und Bewegung an der
Universität Erlangen-Nürnberg
sowie an Schulen und bei freien Bildungsträgern tätig. Sie
schließt gerade ihre Doktorarbeit zum Thema Sportentwicklungsplanung (SEP) ab. Seit
15 Jahren ist sie mit Prof.
Rütten in allen Bereichen der
SEP tätig und betreut Sportentwicklungsplanungen am
Institut für Sportwissenschaft
und Sport der Universität
Erlangen-Nürnberg.
46 | Gesellschaft
Der Sport spielt in der Gesundheitsförderung in
den letzten Jahren eine zunehmend wichtigere
Rolle. Diese Rolle begründet sich zum einen im
wissenschaftlichen Nachweis der besonderen
Bedeutung des Sports für die Gesundheit (WHO
2006) und zum anderen in der Öffnung des
Sportbegriffes für die gesundheitsförderliche
Bewegung. Dabei hat der gesellschaftliche Differenzierungs- und Individualisierungsprozess
im Bereich des Sports zu einer Pluralisierung
und Dynamisierung der Formen der Sport- und
Bewegungskultur und zu einem nachhaltig
veränderten, komplexeren Sportpanorama geführt. Zu beobachten ist eine Erweiterung des
Sportartenspektrums, verbunden mit einer
Ausweitung des individuellen Sporttreibens
in den Themenfeldern Ausdauer, Fitness und
Gesundheit. Es gibt eine Vielfalt von Sinnorientierungen, die vom Leistungs- und Hochleistungssport über den Wettkampfsport im Verein
bis zu Modellen des Freizeit-, Gesundheits- und
Fitnesssports reicht. Unterschiedlichste Altersund Zielgruppen, die spezifische Angebote,
Organisationsformen und Bewegungsräume
benötigen, sind sportlich aktiv. Neben der Möglichkeit, Sport selbst organisiert durchzuführen,
gibt es eine Vielfalt an Sportanbietern. Sportvereine, die in den meisten Kommunen - nach
dem selbst organisierten Sport - die größte
Zahl der Sportaktiven an sich binden, stehen in
Konkurrenz zu kommerziellen, staatlichen und
anderen Sportanbietern. Sportliche Aktivitäten
werden nicht nur in Sportanlagen wie Sportplätzen, Sporthallen oder Schwimmbädern
ausgeübt, sondern zunehmend in Parks, in der
freien Natur, auf Straßen oder Plätzen. Somit
ist die gesamte Kommune als ein Sportraum zu
sehen. (Rütten et al. 2006; vgl. Memorandum
der Sportentwicklungsplanung )
Was Integrierte Sportentwicklungsplanung leistet
Ein Instrument zur Einflussnahme auf diese Determinanten von Gesundheit kann die
kommunale Sportentwicklungsplanung sein.
Sportentwicklungsplanung wird verstanden als
„... ein zielgerichtetes methodisches Vorgehen,
um die infrastrukturellen Rahmenbedingungen
(Raum, Angebot und Organisation) für Sport
und Bewegung in der Bevölkerung zu sichern.
Sie umfasst die Schaffung notwendiger empirischer Grundlagen, die Festlegung von Zielen,
Prioritäten und Maßnahmen, die Abstimmung
mit allen relevanten Interessengruppen sowie
Aspekte der Qualitätssicherung und Evaluation“
(Rütten et al. 2003, 8).
In den letzten ca. 10 Jahren wurde deutlich,
dass ein solches Verfahren, neben der „Objektivierung“ der Bedarfsberechnung (nach
Leitfaden des Bundesinstitutes für Sportwissenschaft 2000), auch die „subjektiven Bedarfe“ der Sporttreibenden und Sportanbieter vor
Ort berücksichtigen muss. Insbesondere sollte
dieses Verfahren eine direkte Abstimmung mit
den lokalen Sportorganisationen und anderer
Experten beinhalten, so dass deren spezifische
Wissensbestände und Interessenlagen in die
Bedarfsfestlegung einfließen können. Als in
diesem umfassenden Sinne adäquates Verfahren wird inzwischen sowohl in der Sportwissenschaft als auch in der kommunalen Praxis, der
Ansatz der Integrierten Sportentwicklungsplanung (ISEP) angesehen.
Integrierte Sportentwicklungsplanung basiert
auf einer genauen Analyse der konkreten fachlichen und politischen Sportentwicklungsbedarfe
in der kommunalen Praxis sowie der Vor- und
Nachteile, die die bisher in der Sportentwicklungsplanung in Deutschland eingesetzten
Verfahren in dieser Hinsicht bieten. Darüber
hinaus berücksichtigt Integrierte Sportentwicklungsplanung eine Reihe von Prämissen
für einen zukunftsfähigen Planungsansatz (z. B.
Prinzipien der Bürgerbeteiligung und der Nachhaltigkeit sowie die Anschlussfähigkeit an die
Stadtentwicklung). Zusammengefasst geht die
Integrierte Sportentwicklungsplanung von folgenden Kernüberlegungen aus:
• Ein fundiertes, von der Sportpolitik als
auch von anderen Politikfeldern akzeptiertes Verfahren zur Bedarfsermittlung für die
kommunale Sportentwicklung und Sportinfrastruktur ist vordringlich, um die erforderlichen Flächen und finanziellen Ressourcen
für die Entwicklung dieses Bereichs zukünftig sicherzustellen und allen an der Sportentwicklung interessierten Akteuren und
Institutionen einen verlässlichen Planungsrahmen zu bieten.
• Darüber hinaus werden beim Ansatz der
Integrierten Sportentwicklungsplanung die
„subjektiven Bedarfe“, das heißt die Ideen
und Wünsche zur Sportentwicklung seitens
der maßgeblichen Akteure in den Kommunen, im Verfahren der Bedarfsfestlegung
explizit behandelt und können so bei der
konkreten Planung von Maßnahmen zur
Sportentwicklung angemessen berücksichtigt werden.
• Das Kernmodul der Kooperativen Planung
ermöglicht zum einen eine umfassende
Abstimmung aller Interessenvertreter vor
Ort und schafft somit eine wichtige Voraussetzung für die Akzeptanz der Sportentwicklungsplanung. Zum anderen ist der
kooperative Planungsprozess explizit auf die
praktische Umsetzung angelegt: am Ende
liegt ein konkreter Maßnahmenkatalog zur
weiteren Sportentwicklung vor – mit festgelegten Verantwortlichkeiten, Zeit- und
Finanzierungsrahmen sowie Indikatoren für
eine erfolgreiche Umsetzung.
• Integrierte Sportentwicklungsplanung bedeutet die Integration der Sportentwicklungsplanung mit Planungen in anderen
Sektoren (z. B. Freizeit, Verkehr, Umwelt,
Stadtentwicklung) und entspricht mit seiner
Orientierung an einer Gesamtstrategie nachhaltiger Entwicklung, einer intersektoralen
Ausrichtung, einer umfassenden Bürgerbeteiligung und einem intensiven Austausch
von Bürgervereinigungen, Entscheidungsträgern und Experten.
Die neue Form der Sportentwicklungsplanung
eröffnet somit neue Chancen. Der Sport selbst
wird durch die Integrierte Sportentwicklungsplanung sowohl für den Sport als auch für die
Gesundheitsförderung anschlussfähig für andere Fachdisziplinen und Politikressorts. Darüber
wird eine engere Verzahnung von Sport- und
Stadtentwicklung möglich. Durch die verschiedenen Möglichkeiten der Öffnung der Beteiligungsprozesse werden neue Ressourcen für den
Sport und durch den Sport erschlossen. Gerade
in dieser Hinsicht ist die Integrierte Sportentwicklungsplanung mit zugleich ein wichtiger
Ansatz der Gesundheitsförderung, da er die
Kontrolle der Menschen über die „Bewegungsverhältnisse“ erhöht und damit zugleich mehr
gesundheitsförderliche Bewegungsmöglichkeiten schafft.
Alfred Rütten und Jana Ziemainz
Literatur:
Bundesinstitut für Sportwissenschaft
(BISp) (2000). Leitfaden für die Sportentwicklungsplanung. Schorndorf:
Hofmann-Verlag.
Rütten, A., Schröder, J. & Ziemainz, H.
(2003). Handbuch der kommunalen
Sportentwicklungsplanung. Aachen:
Meyer & Meyer Verlag.
Rütten, A., Schröder, J. & Ziemainz, H.
(2006). Sportstätten. In H. Haag & B.
Strauss (Hrsg.) Themenfelder der Sportwissenschaft. Band VI (S. 361-376)
Schorndorf: Hofmann.
Rütten, A., Röger, U., Abu-Omar, K.,
Frahsa, A. (2008). Empowerment von
Frauen in sozial benachteiligten Lebenslagen: Das BIG-Projekt. Gesundheitswesen 70: 742-747.
WHO (1986) Ottawa Charter for
Health Promotion. First International
Conference on Health Promotion. Ottawa, 21.November 1986. WHO/HPR/
HEP/95.1.
WHO (1998). Health promotion glossary. Geneva: WHO.
WHO (2006). Physical activity and
health in Europe. Evidence for Action.
Copenhagen: WHO.
Links
» www.sportwissenschaft.de
Gesellschaft | 47
Erfolgreiche Zwischennutzung
von städtischen Freiräumen
Eng umschlungen wogen sich die Paare rhythmisch zu dem leisen Hauch von
Tangomusik. Dabei befanden sich die Tänzer nicht in den Straßen von Buenos
Aires, sondern auf einer Brachfläche in Dresden-Pieschen. Drei Monate lang
in diesem Sommer wurde die provisorische Holzbühne zwischen der schnell
wachsenden Pflanzenwelt für kulturelle Aktivitäten genutzt. Angeboten wurden neben Tangoabenden und Yogastunden zahlreiche Kinderveranstaltungen.
Durch eine Zwischennutzung einer Brachfläche in der Stadt ist ein neuer temporärer Treffpunkt entstanden.
Eine temporäre Nutzung von Brachflächen und
Baulücken trägt zur Interaktion und Integration
der Stadtbewohner und ihrer Kinder in deren
Stadtquartier bei. Zusätzlich werden soziale
Kontakte geknüpft und Freundschaften entwickelt. Die Nutzungsdauer von Brachflächen und
Baulücken in deutschen Städten beträgt im
Durchschnitt zwischen drei Monaten und vier
Jahren. Eine automatische Verlängerung der
Nutzungszeit ist möglich. Eine aktive Aneignung von Brachflächen und Baulücken durch
Bewohner und ihrer Kinder und die Möglichkeit
zu einer befristeten Nutzungsfestsetzung wird
nach § 9 und § 171 Baugesetzbuch erleichtert.
Die Aufstellung eines Bebauungsplans wird für
nicht kommerzielle Zwischennutzungen nicht
benötigt.
„Zwischennutzungen gewinnen dort an Bedeutung, wo mehr Flächen freigesetzt werden,
als kurzfristig nachgenutzt werden können. In
der Regel findet kein Wechsel des Eigentümers
statt, es gibt kaum Nutzungskonkurrenz und
das bestehende Planungsrecht bleibt erhalten.
Aufgrund der Befristung bedingen Zwischennutzungen in der Regel nur geringe Investitionen“, formuliert die Mitinhaberin des Büros
BPW baumgart+partner, Professorin Sabine
Baumgart.
Der Vorteil für den
liegt auf der Hand:
von Brachflächen und
Unterhaltungskosten,
48 | Gesellschaft
Grundstückseigentümer
Eine Zwischennutzung
Baulücken reduziert die
die durch Vermüllung,
Vandalismus oder Verwahrlosung entstehen,
denn die Nutzer übernehmen die Verantwortung für die Pflegearbeiten. Die Einbeziehung
der Brachfläche in die Stadtentwicklung erhöht
den späteren Nutz- und Vermarktungswert. Es
entwickeln sich Flächen, die flexibel benutzt
werden können. Die Städte gewinnen an sozialer und ökologischer Lebensqualität und dabei
wird eine neue anspruchsvolle Gestaltungsmöglichkeit für die Stadtquartiere in Bewegung
gesetzt. Von experimenteller Architektur und
Landschaftskunst bis hin zu kulturellen Workshops und Spiel- und Erlebnisräume ist alles
umsetzbar. Wenn es in einem Stadtviertel an
Freiräumen mangelt, erfüllen kurzlebige und
flexible Zwischennutzungen eine erstrebte sozialräumliche Entwicklung. Ein freiheitliches
Handeln wird im Alltag integriert. Temporäre
grüne Erholungsflächen können als „Bremser“
für Stadtflucht, als „Anpassungsstrategie“ für
die Folgen des Klimawandels, als Hoffnungsträger für Flächen, die man baulich nicht nutzen
wird, fungieren. „Grün in der Stadt“ ist eine
nachhaltige Entwicklung moderner ökologischer Stadterneuerung.
Das Positive der schrumpfenden Städte in
Deutschland ist der durch den Abriss von
Wohnraum entstehende Lebensraum. Die alte
Begründung, aus Platznot Spielplätze und öffentliche Freiräume so knapp wie möglich zu
planen, ist endgültig passé. Bei den Schrumpfungsprozessen der Städte in Deutschland in
Form von Rückbau, Abriss und Sanierung der
Restbestände entstehen Freiflächen. Früher
bezeichneten die Architekten und Stadtplanern diese Flächen als „weiße Flächen“. Früher
galt es in der Praxis, diese „weiße Fläche“ zu
bebauen. Freie, theoretische studentische Abschlussarbeiten bestanden darin, diese „weiße
Flächen“ auszukundschaften, zu analysieren
und mit einem stimmigen Bauentwurf die Professoren mitzureißen. Die restlichen Freiflächen
liefen definitorisch unter den gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen.
Stadtquartiere mit einer schwierigen Entwicklung können durch Umnutzung von Brachflächen in bürgergestaltete Flächen aufwertet
werden und an Qualität gewinnen. „In der
Übergangsphase von ‚nicht mehr‘ zu ‚noch
nicht‘ erweist sich eine temporäre Nutzung als
kluge Strategie in Transformationsprozessen.
Zwischennutzungen von Abrissflächen bereiten
den Standort, aber auch die Eigentümer und
Bewohner auf die neue Situation vor, wenn
eine nichtbauliche Nachnutzung die wahrscheinliche Entwicklungsperspektive ist. Gerade
nach einem Abbruch ist ein neuer Aufbruch mit
neuen Qualitäten möglich“, ist die Auffassung
von Dr. Manfred Fuhrich vom Bundesamt für
Bauwesen und Raumordnung in Bonn.
„City gardens“, „green city movement gardens“,
„school gardens“ sind nur einige Begriffe für die
bürgerliche Eroberung von städtischen Brachflächen und Baulücken in den Vereinigten Staaten. Während im Weißen Haus in Washington
Michelle Obama zusammen mit Kindern letztes
Jahr die ersten Gemüsebeete anpflanzte, sind
die Kinder und Erwachsenen der Suburbs der
Autostadt Detroit seit den siebziger Jahren mit
der Kultivierung von Nutzgärten beschäftigt.
Wo früher Einfamilienhäuser mit Garagen standen, wachsen jetzt Tomaten, Maiskolben, Äpfel
und diverse Gemüsesorten. Von dem ehemals
bewohnten, äußeren Ring von Detroit existieren nur noch die asphaltierten Straßen, die
Lampen und die Gehwege. Jeder Zeit könnten
die Parzellen wieder mit Häusern und Garagen
bestückt werden. Auf diesen Freiflächen, die
von der Stadt kostenlos den Bürgern und ihren
Kindern zur Verfügung gestellt wurden, sind gepflegte Nutzgärten entstanden. Jedes Jahr werden Gerätschaften und Samen von Gärtnereien
gespendet. Feststeht, dass, solange ein neuer
Investor nicht mit Plänen für ein Shoppingzentrum kommt und keine neuen Häuser gebaut
werden, die Bürger diese Flächen bewirtschaften dürfen. Die Kriminalität ist über die Jahre
stetig zurückgegangen. Dort, wo früher an jedem Block und jede Nacht Schiessereien statt-
Gesellschaft | 49
fanden, wo Drogenabhängige sich ihren letzten
Schuss gegeben haben, und wo die Arbeitslosen
ihre Kinder hungrig zu Bett gebracht haben, ist
ein „community garden“ entstanden. Jeder hilft
mit und die Früchte der Arbeit werden von jedem gegessen. Drogen- und Alkoholabhängige
helfen in ihren lichten Momenten mit und für
einige Stunden am Tag verjagen sie die Nagetiere oder gießen die Pflanzen. Anteilig erhalten
auch sie Produkte aus der Ernte. Mit der fast
vierzigjährigen Zwischennutzung ist ein wegweisendes Beteiligungsprojekt entstanden, das
die Menschen jeden Tag aufs Neue mit Hoffnung erfüllt.
„Community gardens“ in New York sind durch
eine pragmatische Zwischennutzung in den
letzten drei Jahren entstanden. Bedürftige
Bürger und ihre Kinder bauen mitten in der
Stadt Gemüse und Obst an und die Überschüsse werden an Suppenküchen weiter gegeben.
Nachhaltige Nachbarschaftsnetzwerke und
eine ökologische Stadtentwicklung sind weitere Resultate dieses bürgerlichen Engagements.
Die grünen Stadtinseln führen zudem zu einer
Aufwertung der Stadtteile und zu einer gesteigerten Nachfrage nach Wohnraum. In Deutschland werden die „Tafelgärten“ in Gardelegen,
Klötze und Salzwedel von den fleißigen Händen
der Arbeitslosengeld- II-Empfänger bewirtschaftet. Die Pflanzen stammen aus Spenden
von Gartenbaubetrieben in Sachsen-Anhalt.
Die unkomplizierte Zusammenarbeit zwischen
den „Stadtbauern“ und den Tafeln deckt die
Nachfrage von Bedürftigen nach frischem Gemüse und Obst für ihre Kinder ab. Auch in Addis
Abeba und in Buenos Aires tragen gärtnerische
50 | Gesellschaft
Aneignungsinitiativen von Brachflächen und
Baulücken zu einer Entwicklung stabiler öffentlicher Sozialräume bei.
In Ludwigshafen haben sich die Bürger und ihre
Kinder öffentliche Freiräume angeeignet. Ihre
umgesetzten Ideen resultieren in kleinteiligen,
durcheinander gewürfelten, grünen Oasen, die
nichts mit dem vorherigen, leblosen Zustand
gemeinsam haben. In Leipzig und Selb packen
die Bürger mit Leidenschaft an und gestalten
gemeinschaftlich „Bürgergärten“ mit Nutz- und
Zierpflanzen. Die Innenhofgärten abgerissener
Dessauer Wohnblöcke werden mit weiteren
Anpflanzungen zu städtischen Freiräumen erweitert. Sowohl in Cottbus, Jena und BerlinMarzahn entstehen in Form von Aneignungsprojekten Schulgärten, bürgerliche Gärten,
Mietergärten und Nachbarschaftsgärten. Die
Grundstückseigentümer tauschen ihre Baulücken gegen eine aktive und regenerierende
Nutzung ein. Jugendliche in Berlin-Prenzlauer
Berg wandelten eine Brachfläche in acht Kiezgärten um. Eine Wiederbelebung des ehemaligen Schulgartens in Magdeburg wurde durch
die Beteiligung von Kindern mit Behinderungen
und deren Schuldirektor ermöglicht. Im Stadtteil
Chemnitz-Sonnenberg haben sich die Kinder an
der Neugestaltung des öffentlichen Freiraums
beteiligt. Mit einem Blick auf die Problemsituationen vor Ort haben die Kinder nicht nur Flächen für sich, sondern sich zusätzliche Flächen
für unterschiedliche Generationen gewünscht.
In Bremen sind Spiel- und Bewegungsflächen
für Kinder durch eine Umwandlung von Brachflächen in Wiesen gewonnen worden.
Leise beobachten die Kinder mit ihren Lehrern
einen Vogel beim Nestbau in „ihrem Wald“ –
der Industriewald Rheinelbe in Gelsenkirchen
Ückendorf. Ein außerschulischer Erlebnisraum
für Kinder hat sich durch eine neue Funktionszuweisung der ehemaligen Brachfläche der
Zeche Rheinelbe entwickelt. Es ist ein gelungenes Beispiel, wie Schulkinder spielerisch an
Themen wie ökologische Zusammenhänge und
Umweltschutz herangeführt werden. Der Landesbetrieb Wald und Holz Nordrhein-Westfalen
und die Forststation Rheinelbe in Gelsenkirchen
haben eine praxisorientierte Lernmöglichkeit,
die die Bewegungs- und Entdeckungsbedürfnisse der Kinder befriedigt, geschaffen. Der
Wald ist für die Bevölkerung und deren Kinder
geöffnet worden und wird entweder auf eigene Faust, bei geführten Spaziergängen oder
im Rahmen des Schulunterrichts erkundet. Ein
weiteres Beispiel für „city woodlands“ ist die
urbane Mischwaldlandschaft für die Bewohner in Halle-Silberhöhe. Durch eine temporäre
Zwischennutzung von Brachflächen mit einer
großflächigen Aufforstung, einer Pflanzung einer Wildobstwiese, Kurzumtriebsplantagen mit
Balsampappeln und der Aussaat einer Wildblumenwiese wurde ein Naherholungsgebiet für
die angrenzenden Stadtquartiere geschaffen.
Auf dem Internationalen Gartengelände am
Funkturm in Gießen verwandelte sich ein altes
amerikanisches Kasernengelände durch Bürger- und Kinderbeteiligung in ein Paradies. Auf
einem Hektar Fläche zwischen Mehrfamilienhäusern beteiligen sich Bürger und ihre Kinder
aus 20 Nationen. Die Kinder haben die Pflanzen
selbst ausgesucht und die Verantwortung und
Pflege übernommen. Diese Arbeit beinhaltet
jeden Freitag einen kontinuierlichen Einsatz
und alle anfallenden Arbeiten werden je nach
jahreszeitlichem Rhythmus durchgeführt – vom
Anbau der Nutzpflanzen bis zum Jäten und Bewässern, vom Einsäen bis zum Ernten und Einmachen. Diese demokratische Bürgerbewegung
auf stadtplanerischer Ebene verläuft unaufhaltsam auch durch die deutschen Städte. Die
Bereitschaft, sich an der Gestaltung der Wohnumwelt zu beteiligen, und die wahrgenommene Handlungsfreiheit, sich Brachflächen und
Baulücken anzueignen, führen zu einzigartigen
Stadträumen.
Die Werte unserer Gesellschaft prägen die Planung unserer Städte – und umgekehrt prägt
das Stadtbild unser gesellschaftliches Beisam-
mensein. Bei der Freigabe von Brachflächen zur
Umwandlung in einen öffentlichen Freiraum
werden die schlummernden Potentiale der
Wohnumwelt geweckt, eine gesellschaftliche
Entwicklung in Gang gesetzt und der Beteiligungswunsch der Bewohner und ihrer Kinder
erfüllt. Kinder, die in den Beteiligungsprozess einer stadtplanerischen Gestaltung ihrer
Wohnwelt einbezogen werden, partizipieren
an der Gesellschaft, identifizieren sich mit ihrem „Platz“ und ihrer Wohnumwelt. Stolz, dass
ihre Vorschläge umgesetzt worden sind, übernehmen sie die Verantwortung für ihre Stadt.
Denn sie haben auf spielerischen Wegen erfahren, wie sie sich aktiv und demokratisch in die
Gesellschaft einbringen können. Kinder können
sich beteiligen und sie sind auch bereit, später die bürgerliche Gesellschaft mitzugestalten.
Ein erlerntes, lebendiges und tolerantes Miteinander verhindert eine soziale Ausgrenzung.
Zudem erhält das städtische Gefüge durch diese Metamorphose eine nachhaltige, lebendige
Sozialstruktur, in der alles realisierbar ist. Der
Zwischennutzung von Brachflächen und Baulücken muss ein größerer Stellenwert bei der Planung von menschen- und kostenfreundlichen
Städten eingeräumt werden.
Eine Stadt und eine Gesellschaft können nicht
durch Passivität entstehen. Die Stadtbewohner
und ihre Kinder brauchen dringend Befürworter der Zwischennutzung von Brachflächen und
Baulücken. Zukunftsorientierte Städte, aber
auch mutige Privateigentümer müssen flexible,
städtische Erfahrungsräume für alle Altersgruppen schaffen und neue Impulse und Akzente im
Stadtraum herbeiführen.
Ruth Esther Gilmore
Die Autorin verfasst zurzeit
bei Prof. Dr. Barbara Zibell
an der Fakultät Architektur
und Landschaft an der Leibniz
Universität Hannover und bei
Prof. Dr. Jens Dangschat an der
TU Wien ihre Dissertation über
Innovative Wege einer kinderfreundlichen Stadtplanung in
deutschen Städten.
Ruth Esther Gilmore
Gesellschaft | 51
Marktmonitor
Nehmen Sie Platz !
Produkte, mit denen eine Kommune ihre Feiräume aufmöbeln kann, werden immer vielfältiger. Je
nach Konzept sind sie dezent mit edlen Werkstoffen wie Echtholz und Edelstahl oder quietschbunt
aus Kunststoffen oder Kompositmaterialien. Immer im Blickpunkt ist die Nachhaltigkeit. Ludwig
Keißner hat einige Ideen der Hersteller zusammengetragen.
Tisch „mensa“
Wenn jemand so formvollendet zu Tisch bittet, kann
man einfach nicht widerstehen. Der Tisch mensa im
Format: 2200 x 900 x 760 mm ist aus Edelstahl mit
Granitauflage gefertigt und bringt sogar seine eigene Spielfläche in Form eines Schachbretteinlegers
mit. Das Oval als Grundelement der Serie gibt dem
Tisch einen kommunikativen Charakter. Die Form ist
perfekt abgestimmt auf die geschwungenen Bänke
„placidus3“ und ebenfalls gewohnt perfekt in der
Verarbeitung. Ein rundum schönes Ensemble, an
dem man gerne Platz nimmt.
» www.stilum.de
Mehrgenerationenbank
Die Vivanti Mehrgenerationenbank gewährt durch ihre ergonomisch geformte Rückenlehne, Armlehnen und Fußstütze mehr Komfort beim Sitzen
und macht das Aufstehen einfacher. Durch die Möglichkeit, den eigenen
Rollator in die vorgesehene Aussparung abzustellen, entsteht ein Sitzplatz
mit Rückenstütze. Auch die hohe
Ausführung ohne Rückenlehne
macht etwas her. Halb stehend
halb sitzend lädt sie zum Verweilen. Die Serie aus Stühlen und
Bänken in verschiedenen Größen
kombiniert unbehandeltes Hartholz
mit FSC Siegel für nachhaltige
Forstwirtschaft und verzinktem
pulverbeschichtetem Stahl in RAL
7021 Schwarzgrau.
» www.velopa.de
52 | Marktmonitor
HorseShoe
Die HorseShoe Bänke sind eigensinnig. Die niedrigen Bänke sind aus abgerundeten Cumaro-Holzlatten (FSC-zertifiziert) konstruiert, die auf
einem Gestell aus Edelstahl (Klasse 316) befestigt sind. Diese Materialkombination ist sehr edel und trotzt allen jahreszeitlichen Witterungseinflüssen. Die tiefbraune Holzfarbe zeigt verschiedene Nuancen. Durch die erhöhte Sitzfläche in der Form eines Hufeisens ergibt sich ein
überraschend angenehmer Sitzkomfort. Auch mit integriertem Pflanzkübel und in breiter Ausführung für beidseitiges Sitzen erhältlich.
» www.streetlife.nl
Blikvanger
Gutes Team: Holz und Stahl
Geradliniges Design und schlichte Schönheit, das sind die äußeren Merkmale der Stadtmöbelserie
Linares der Westeifelwerke, die das hauseigene Designteam für 2011 entwickelt hat. Ein Beispiel
aus der umfangreichen Baureihe: die Hockerbank mit passendem Tisch. Die Sitzauflage bzw. die
Tischplatte sowie die Seitenverkleidungen bestehen aus FSC-zertifiziertem Hartholz. Die seitlichen
Stahlrahmen aus Winkelstahl sind als Schweißkonstruktion ausgeführt und pulverbeschichtet in
WEW-graphit. Füße mit Bohrungen ermöglichen die ortsfesten Montage.
» www.freiraumausstattung.de
Der Blikvanger – Dosenfänger - aus
rostfreiem Edelstahl mit Fangnetz
appelliert an den menschlichen
Spieltrieb und sorgt gleichzeitig
für weniger Abfall im öffentlichen
Freiraum. Man kann sogar im Vorüberfahren vom Fahrrad aus Dosen
oder anderen Abfall auf sportliche
Weise entsorgen. Und wenn etwas
daneben geht, bleibt es zumindest
ganz in der Nähe. Eine weitere gute
Idee des niederländischen Herstellers und ein Blickfang zudem.
» www.ijslander.com
Marktmonitor | 53
Würfel „cubus“ und Kugel „globus“
Kubus und Kugel sind zwei perfekte Raumformen, die man einfach
nicht verbessern kann. Es sei denn, man gibt ihnen einen zusätzlichen praktischen Nutzen. Als Inbegriff der Standfestigkeit oder als
Symbol des wankelmütigen Glücks kennen wir den Würfel. Stilum
interpretiert ihn neu. Ob einzeln oder in Gruppen, ob als Sitz- oder
als Balancierobjekt – cubus im Format 400 x 400 x 400 mm ist sehr
vielseitig. Das liegt schon in seiner geometrischen Natur.
Seine Kollegin globus im Durchmesser von 500 mm gilt uns durch
ihre Kugelgestalt als Symbol der Mobilität. An ihrer Form kann
niemand anecken. Und da sie wie der cubus aus Recycling- oder
EPDM-Kautschuk gefertigt ist, lässt sie sich auch bequem besitzen.
Für beide Objekte ist optional ein Bodenanker erhältlich.
» www.stilum.de
Kommunikativ
Spielwiese
Stahlrohre und Drahtgitter bilden die Grundlage der flotten Sitzgruppe aus der Enano-Serie. Es gibt die Komponenten als Stehhilfe,
als gerader Sitz und als Tisch mit Fußabstellring. Die Tischfläche ist
mit Rilsan beschichtet. Durch die Sitzvarianten ermöglicht die Ena-
Immer warm und trotzdem cool – das sind die Eigenschaften, mit
denen die KWS-Stadtmöbel selbst im Winter punkten können. Der
als Kunstfelsenspezialist bekannte Hersteller überträgt jetzt seinen
Grundsatz, Kunststoffe kreativ einzusetzen und perfekt zu verarbei-
no-Sitzgruppe entspanntes Stehen oder lockeres Sitzen in erhöhter
Position mit der Möglichkeit, die Füße auf einem Ring abzustellen.
Ein attraktiver Meeting-Point auf kleinster Fläche. Bodenkontakt
hält die Serie durch Montage mit verlängerten Füßen zum Einbeto-
ten auf eine neue Produktlinie. Ein frei modellier- und designbaren
Grundkörper wird mittels Hotspray mit Polyurea, einem modifizierten Polyurethan, nahtlos und dauerhaft beschichtet. So entstehen
enorm robuste und ansprechende Produkte. Der Slogan „Soft and
nieren oder mit Bodenronden zum Verdübeln auf Fundamenten.
» www.erlau.com
hard for in and out“ umschreibt die Einsatzbreite dieser neuen Art
kommunikativer Gestaltungselemente.
» www.kws.at
54 | Marktmonitor
Italienisches Design
aus Österreich
Gegründet wurde miramondo 1999 durch
Wolfgang Hints und seine Frau Garmyn Hints
Famira. Wolfgang Hints ist Industrie Designer
und seine Frau hat Volkswirtschaft studiert.
Design und Geschäftssinn - eine sehr praktische Verbindung für ein Unternehmen, das
Stadtmöbel anbietet. Wolfgang Hints, geboren
1964 in Hannover, studierte Industriedesign in
Essen und Florenz. Seit 1990 lebt er in Wien,
wo er zunächst in verschiedenen Designbüros
tätig war. Parallel dazu arbeitete er auch als
Lehrbeauftragter an der Akademie der bildenden Künste Wien und später als Assistent an
der Universität für angewandte Kunst Wien bei
Matteo Thun, Paolo Piva und Enzo Mari.
Seit 1995 hat Wolfgang Hints sein eigenes
Designbüro„thesevenhints“. Im Mittelpunkt:
Gegenstände fürs Wohnen - neben Möbeln
etwa Gläser und Stoffe. Für das Team ist das
eigentliche Entwerfen nur ein Schritt in einem
komplexen Prozess. Ihm sind die Dinge hinter
den Dingen ebenso wichtig, beispielsweise die
Form follows space – das ist ein Grundgedanke der miramondo Public Design GmbH, der auch bei dem neuen Sortiment Hot Spot im
Mittelpunkt stand. Die Sitzelemente sehen aus wie Barhocker und
ermöglichen ein hohes Sitzen oder ein im Stehen Anlehnen. Man
befindet sich im Sitzen auf gleicher Augenhöhe mit den stehenden
und gehenden Personen des Umfeldes. Das ist viel angenehmer und
kommunikativer. FreeLounge hat sich angesehen, wer hinter dieser
Idee steckt.
Portrait | 55
produktionstechnischen Bedingungen oder die
Firmengeschichte seines Auftraggebers. Das
Designbüro hat für Firmen wie Koziol, Alessi, Grundmann, Alfi und Wittmann gearbeitet.
Es besteht heute noch, arbeitet aber fast ausschließlich für miramondo. Im Bereich Design
sind also alle Projekte mit „Bordmitteln“ lösbar.
Warum miramondo?
Wie kommt man eigentlich als Industrie Designer dazu, eine Firma wie miramondo zu
gründen? Wolfgang Hints: „Bei der Arbeit als
Industrie Designer habe ich es immer schade
gefunden, das Produkt nach Abschluss der Entwicklungsarbeiten aus den Händen geben zu
müssen. Man hat keinen Einfluss mehr darauf,
was mit ihm geschieht. Bei miramondo arbeiten
wir an allen Details von den Rohstoffen bis zur
Art der Verpackung, von der ersten Ideenskizze
bis zum Marketingkonzept. Die Vielfalt der Themen und die Komplexität der Aufgabenstellungen sind super spannend.“
Möbel für den öffentlichen Raum sind einerseits
Produkte, die kaum wahrgenommen werden.
Andererseits sind sie immer wieder ein Grund
für Emotionen, wenn sie fehlen, nicht richtig
funktionieren, wieder einmal vandalisiert wurden oder ganz einfach nicht gefallen. Das mit
dem gefallen ist dabei ein ganz eigenes Thema.
Die Frage wird immer sein: Will ich polarisieren
oder integrieren? Schließlich ist der öffentliche
Raum ein Schmelztiegel, in dem verschiedenste
Geschmäcker, Bedürfnisse, Prägungen, Kulturen
etc. von Menschen aufeinander treffen und in
einem urbanen Leben ineinander verschmelzen.
Die Architektur und die Form eines Platzes sind
nur die Partitur, das Leben ist die Musik. Manche Plätze sind so angelegt, dass sich Menschen
schnell über sie hinweg bewegen – Knotenpunkte oder Kreuzungen auf den Wegen von
A nach B. Parks und urbane Grünflächen sind
Ruhezonen – Oasen, in denen die Zeit anders
vergeht – time out von der Dynamik der Straßen und Plätze. Bei der Entwicklung der Möbel
kann thesevenhints nicht von einer bestimmten
Zielgruppe ausgehen.
100% pure product
Wolfgang Hints , Garmyn Hints Famira
Wolfgang Hints, geb. 1964 in Hannover, studierte Industriedesign
in Essen und Florenz, gründete 1995 das Designbüro „thesevenhints“ und 1999 gemeinsam mit seiner Frau, miramondo. Die
1965 in Vorarlberg geborene Volkswirtin ist Geschäftsführerin des
Unternehmens.
56 | Portrait
Mit seinen Produkten möchte miramondo eine
hochwertige, vielseitige und kostenbewusste
Alternative bei der Einrichtung des öffentlichen Raums anbieten. Ein markantes, bewusst
reduziertes Sortiment bestehend aus Produkten
in schlichter, auf das Wesentliche reduzierter
Form bildet den Kern der Design-Philosophie
- 100% pure product. Selbstverständlich legt
der Hersteller größten Wert auf die Qualität der
Materialien und deren Verarbeitung. Durch eine
schlanke Betriebsstruktur und einen direkten
Vertrieb können die Produkte zu einem außergewöhnlich guten Preis angeboten werden.
Miramondo verwendet Holz, Laminate, Stahl,
Edelstahl und Faserbeton für seine Produkte
– je nachdem welches Material oder welche
Kombination die jeweiligen Anforderungen
am besten erfüllt. Design und optimale Fertigungsweisen bestimmen ebenfalls, auf welches
Material man setzt. Der Dreiklang aus Design,
Material und Produktionsprozess macht die
Qualitäten des Möbels aus. So ergibt sich eine
große Langlebigkeit und Stabilität, bei gleichzeitig gutem Äußeren und hoher Wertigkeit.
Nimmt man den Kostenfaktor hinzu, bestätigt
sich der anfängliche Eindruck eines schlanken
Unternehmens. Die Ergebnisse zeigen auch
deutlich den Unterschied zwischen schlank und
mager. Das miramondo Programm ist bewusst
reduziert, erfüllt aber alle Anforderungen an die
Vielfalt des urbanen Umfelds.
„Die Formen des Lebens in einer Stadt sind in
der Tat extrem vielfältig“, so der 46-jährige
Firmeninhaber, „das sollte bei der Entwicklung
von Möbeln für diesen Lebensraum berücksichtigt werden. Was spielt sich auf urbanen Plätzen ab und wie könnte ein Möbel für diese Plätze aussehen? Dabei kommt es nicht so sehr auf
die Form im ästhetischen Sinn an. Sondern es
geht vorab um Fragen wie z.B.: Wie viele Leute
sind dort, wie bewegen sie sich, verweilt man
und wenn ja wie lang usw. Das sind Fragen, die
zur Bestimmung der Typologie eines Möbels
wichtig sind. Braucht es eine Rückenlehne; ist
es lang oder kurz; steht es allein oder in Gruppen; aus welchem Material besteht es? Auf diese Vielfalt an Fragen einzugehen, ist eines von
vielen spannenden Themen für Miramondo.“
Ein Beispiel ist die bereits erwähnte Serie Hot
Spot. Ein idealer Platz dafür wäre ein Schulhof.
In den Pausen oder vor und nach dem Unterricht treffen sich die Schüler auf die Schnelle.
Man tauscht sich kurz aus, verabredet sich für
den Nachmittag und weiter geht’s. Das Meiste
geschieht im Stehen. Niedrig auf einer Parkbank zu sitzen, würde nicht zur Dynamik des
Ortes passen. thesevenhints hat daher zu den
Elementen für hohes Sitzen oder ein im Stehen
Anlehnen auch Tische entworfen, die die Idee
eines Meeting Points unterstreichen. Um das
Sortiment abzurunden gibt es natürlich auch
niedrige Hocker und Tische und die Sitzflächen
der Hocker lassen sich auch als einzelne Sitzflächen auf Mauern montieren.
„Es ist leicht, etwas Schönes zu machen, das am Ende
viel kostet. Schwieriger ist es, nach sehr eng gesetzten
Preisvorgaben zu arbeiten. Ein schlanker Betrieb und
intelligente Produkte sind dafür eine gute Basis.“
Wolfgang Hints, Inhaber miramondo Public Design GmbH, Bad Vöslau, Österreich
Links
» www.miramondo.com
Portrait | 57
Langlebigkeit auch im Design
Bei miramondo lässt man sich Zeit in der Produktentwicklung. Wenn ein neues Produkt in
den Katalog aufgenommen wird, ist auch eine
bestimmte Produktionsmenge festgelegt worden. Wichtig ist dabei der Systemgedanke. So
werden in den einzelnen Produktserien Varianten in verschiedenen Farben, Dimensionen
und Montagearten angeboten. Insofern gibt
es schon eine gewisse Vielfalt. Individuelle Änderungswünsche können jedoch nicht berücksichtigt werden. Stattdessen ergibt sich für den
Kunden ein klarer Preisvorteil. Definierte Mengen zu fertigen, macht eine optimierte Preisgestaltung erst möglich.
Qualität zum besten Preis zu liefern, ist eines
der Grundanliegen von miramondo. Dabei spielt
auch der Gedanke der Nachhaltigkeit eine große Rolle. Der Kunde kann sicher sein, dass er
auch nach vielen Jahren schnell und günstig
Ersatzteile bekommt. Selbst wenn Konstruktion, Material und Verarbeitung auf Langlebigkeit ausgelegt sind, ist dieser Service ein Thema.
Bereits beim Design wird daher berücksichtigt,
dass einzelne Elemente nachträglich ausgetauscht werden können. Gerade bei Produkten
für den öffentlichen Raum kommt es durch
starke bestimmungsgemäße Beanspruchung
und auch durch Vandalismus immer wieder
einmal zu Schäden. Daher ist die kostengünstige und schnelle Verfügbarkeit von Ersatzteilen
von hoher Bedeutung. Und schließlich hat das
Produktdesign eine Gültigkeit abseits schnelllebiger Trends. Fazit: Ein schlankes Unternehmen
kann den Produkten und seinen Käufern durchaus gut tun.
Ludwig Keißner
58 | Portrait
Best Practice
Auf den nächsten Seiten zeigen wir Ihnen
besonders gelungene Beispiele
Report | 59
Plätze und Straßen im Umfeld UN-Campus / WCCB Bonn
Das Konzept zur Gestaltung der öffentlichen Räume entwickelt das Gebiet des ehemaligen
Regierungsviertels Bonn zu einem hochwertigen Campus mit eigener Identität. Nach Außen soll
eine wiedererkennbare „Adresse“ gebildet werden. Die verschiedenen baulichen Strukturen wie
der ehemalige Plenarsaal des deutschen Bundestages, das ehemalige Bundeshaus als neuer Sitz
des Sekretariats der Klimarahmenkonvention sowie der Neubau des WCCB werden durch eine
prägnante Gestaltung des öffentlichen Raumes verbunden und in Wert gesetzt. Dabei baut die
Neugestaltung auf den vorhandenen landschaftlichen, architektonischen und geschichtlichen
Qualitäten des Ortes auf. Der Entwurf begreift das Umfeld des UN-Campus als eine Sequenz
von Plätzen, Promenaden und Straßenräumen, die das ehemalige Regierungsviertel neu mit
dem Rhein und der Bonner Museumsmeile vernetzen. Die vorhandene 3-reihige Heussallee wird
durch die Neuordnung des Verkehrs zur großzügigen Flaniermeile und zum repräsentativen
grünen Empfangsraum des UN-Campus‘.
60 | Best Practice
Wettbewerb:
1. Preis:
2008
scape Landschaftsarchitekten, Düsseldorf
(federführend)
Lindschulte und Kloppe Ingenieure, Düsseldorf
Burghardt Wand Lichtplanung, Hamburg
Bauherr:
Realisierung 1. BA:
Stadt Bonn
2009 – 2010
Fläche Gesamtgebiet:
Fläche 1. BA:
7,5 ha
2,5 ha
Ausführende Firmen 1. BA:
STRABAG AG, Forster Gartenbau, Bonn
Design Stadtmöbel:
scape Landschaftsarchitekten
Lieferanten Stadtmöbel:
LIF Freiraumobjekte, Meppen (Bänke,
Buswartehallen); Thieme, Münster (Infostelen)
Best Practice | 61
KONZEPT - PAUSE der Arnoldus Grundschule Gilching
Der Pausenhof aus den 70er Jahren – ausschließlich eintönig grau gepflastert - sollte unter
Berücksichtigung einer Mehrfachnutzung saniert und erweitert werden. Vormittags dient er
nun als Pausenhof der Grundschüler, mittags/nachmittags steht er der Mittagsbetreuung zur
Verfügung und ab 16 Uhr ist der Pausenhof öffentlicher Spielplatz.
Das Konzept bestand zum einen in der Sanierung und Stärkung des Bestandes – Sicherheit
schaffen, Unfallgefahren beseitigen, Aufwertung des Bestandes (Vegetation / Baumgürtel,
Zugänge), sowie die Neugestaltung in Teilbereichen – Vielfältigkeit fördern.
So genannte PAUSE-INSELN dienen den verschiedenen Bedürfnissen der Kinder - Ruhe-Insel,
Aussichts-Insel, Spiel-Insel, Info-Wald-Insel. Dabei spielt die Einteilung der Fläche in Ruhe-,
Spiel-, und Bewegungsräume eine große Rolle um Konflikte zu vermeiden. Frisch grüne Gleditschien (Gleditsia triacanthos ‚Inermis‘) sorgen für lichte Schattenplätze.
Gerade das neu angelegte Minispielfeld erfreut sich größter Beliebtheit. Es kann multifunktional genutzt werden. Fußball, Basketball, Volleyball, Hockey, Bewegungskünste sogar für den
Schulsport ist es einsetzbar. Die schall-absorbierende Einfriedung beugt Konflikten mit dem
umliegenden Wohnumfeld vor.
62 | Best Practice
Gesamtfläche:
5.000 m²
Planung und Bau:
2008-2010
Bausumme:
380.000 Euro brutto
Planung:
FREIRAUM PLAN
landschaftsarchitektur
Hersteller
Multifunktionsspielfeld:
Proludic GmbH
Ausführung
Landschaftsbau:
Die Gartenzwerge
Garten&Landschaftsbau GmbH
Best Practice | 63
Bodengestaltung Sieg Carré, Siegen
Mit dem modernen Geschäfts- und Dienstleistungszentrum aus Glas und Stahl entstand ein
neuer Anziehungspunkt in der City im südwestfälischen Siegen, das dem Besucher bereits
vom Bahnhofsvorplatz aus ins Auge fällt. Passend zur Architektur des Sieg Carré wurde ein
optisch ansprechendes Pflaster gesucht, das nicht nur den Außenbereich in Szene setzt,
sondern auch belastbar und leicht zu reinigen ist. Es kamen drei Steinstärken zum Einsatz:
Im reinen Fußgängerbereich reichte die normale Pflasterdicke von 8 cm vollkommen aus,
während auf den befahrenen Arealen die 12 cm dicke Version für Stabilität und Sicherheit
sorgt. Zusätzlichen Schutz vor dem Verschieben der Steine bieten rund um das Pflaster
verdeckt angeordnete Verbundnocken, die bei der Verlegung kraftschlüssig ineinander greifen
und damit einen stabilen Flächenverbund gewährleisten. Ein Verschieben der Steine durch die
Rangiermanöver der Lieferfahrzeuge ist somit nahezu ausgeschlossen. Darüber hinaus sorgen
die Nocken für einen gleichmäßigen Fugenverlauf.
64 | Best Practice
Objekt:
Sieg Carré, Siegen
Bauherr:
Sparkasse Siegen
Morleystraße, 57080 Siegen
Planung:
Thomas Laufenburg
Torwiesenweg, 57234 Wilnsdorf
Ausführung:
Firma Otto Quast GmbH & Co. KG
57076 Siegen
Material:
MultiTec 20/20 cm, 40/20 cm, 60/40 cm
Stärken: 8, 10 und 12 cm
Farbe: Granit, geschliffen und gestrahlt
Lieferant:
KANN GmbH Baustoffwerke
56170 Bendorf
Best Practice | 65
66 | Spielraum
Kinderfreundliche
Stadtgestaltung
Lernen von der Praxis für die Praxis – das war die Idee einer
sehr gut besuchten Tagung in Berlin, zu der das Deutsche
Kinderhilfswerk eingeladen hatte.
Kinder wissen wie ihre Stadt aussehen müsste,
damit sie dort besser leben könnten. Mit unterschiedlichen Anregungen und Möglichkeiten für
Spiel und Bewegung sowie sicheren Verkehrswegen. Nur werden sie selten gefragt. Vielleicht
dürfen sie bei der Planung eines Spielplatzes
mitwirken, wenn sie das Glück haben, dass in
ihrem Viertel überhaupt ein Spielplatz erneuert
wird. Mehr passiert selten. Dass die Zusammenarbeit mit Kindern auch ganz anders aussehen
kann, hat die Tagung „Kinderfreundliche Stadtplanung“ im Roten Rathaus in Berlin im Oktober
eindrucksvoll gezeigt. Drei Jahre lang hat das
Deutsche Kinderhilfswerk Kommunen begleitet,
die ihre Stadt stärker an den Bedürfnissen von
Kindern und Jugendlichen ausrichten. Das Ziel
des vom Bundesjugendministerium geförderten
Programms bestand darin, Kommunen dabei zu
unterstützen, städtebauliche Strukturen zu erhalten und zu schaffen, in denen Spielen möglich ist, die zum Gestalten und Erleben einladen
sowie Gefahrlosigkeit und Zugänglichkeit gewährleisten. Zwölf Modellkommunen konnten
nun in Berlin ihre Erfahrungen und Ergebnisse
vorstellen. Immer waren Kinder und Jugendliche sehr direkt in die Planung und Realisation
der Maßnahmen eingebunden.
„Städte, Gemeinden und Landkreise werden umso
zukunftstauglicher sein, je besser es ihnen gelingt,
Kindern und Jugendlichen beste Start- und
Entwicklungschancen zu bieten.“
Dr. Heide-Rose Brückner,
Bundesgeschäftsführerin des Deutschen Kinderhilfswerks
Viele gute Ideen und messbare Erfolge
Spielleitplanung ist eines der zentralen Instrumente der beteiligten Kommunen, um gemeinsam mit allen Akteuren in der Stadt die
Lebensbedingungen der Kinder zu verbessern.
Die Vorgehensweise ist strukturiert und mittlerweile schon bewährt: Kinder werden befragt,
der Bedarf analysiert, Landkarten mit wichtigen
Wegen und Spielorten erstellt, Verbesserungsvorschläge gesammelt und in einen Maßnahmenplan übersetzt. Die individuelle Situation
vor Ort und die jeweilige Zielsetzung führt dann
aber selbstverständlich zu unterschiedlichen
Schwerpunkten in der Umsetzung. Ein zentrales Anliegen ist die Schaffung unterschiedlicher
Spielräume, darunter Spiel- oder Bolzplätze,
naturnahe Spielplätze oder auch Freiflächen
mit Wiesen und Bäumen, auf denen Kinder mit
und von der Natur lernen und spielen können.
Es wird großer Wert auf eine gute Vernetzung
dieser Spielorte durch sichere Verkehrswege
gelegt, damit Kinder ihre Ziele gut erreichen
können. Viele einzelne Schritte auf dem Weg zu
einer kinderfreundlichen Stadt wurden in den
Modellkommunen so absolviert.
Vom „Verschlechterungsverbot“ bis hin
zum Generationenvertrag
Soweit lassen sich die Ergebnisse der Kommunen
zusammenfassen. Verschiedene gute Ideen fielen ergänzend dazu auf: So gibt es in Dortmund
ein sogenanntes „Verschlechterungsverbot“.
Alle Planungsvorhaben in der Stadt werden darauf geprüft, ob sich für Kinder und Jugendliche
daraus Nachteile ergeben könnten. So etwas
kennt man vielleicht im Naturschutz von der
Bewahrung von Lebensräumen für Feldhamster.
Über die Interessen von Kindern und Jugendlichen wird so bislang sehr selten nachgedacht.
Spielraum | 67
Fachtag - World Cafe Tischdecken
Fachtag - Ankommen
Um vor Ort die Möglichkeiten und den Raum
für Gespräche mit Kindern und Anwohnern zu
führen, hat die Stadt Rietberg gemeinsam mit
Jugendlichen ein Planungsmobil ausgestattet.
Das Mobil bietet logistische Unterstützung in
der Phase der Kommunikation. Interessant ist
auch eine Idee aus Karlsruhe: Dort wurde die
Spielleitplanung als Pilotprojekt in das BundLänder-Programm Soziale Stadt eingebettet.
So standen erheblich mehr finanzielle Mittel
zur Verfügung. Bei den Werkstattgesprächen in
der Gemeinde Blankenfelde-Mahlow hat sich
herauskristallisiert, wie nah die Wünsche und
Vorstellungen von Jung und Alt beieinander
lagen. Es wurde ein Generationenvertrag erarbeitet, der jetzt bei allen weiteren
Schritten berücksichtigt wird.
Oft ein Gewinn für
ältere Menschen
Vielfach war auf der
Tagung zu hören, dass
eine
kinderfreundliche Gemeinde immer
zugleich auch seniorenfreundlich ist. Das
leuchtet ein: Sichere
Verkehrswege mit mehr
Beleuchtung und Überwegen oder Plätze im Zentrum
mit einer hohen Aufenthaltsqualität machen eine
Stadt für alle Menschen, aber
besonders auch für Senioren
lebenswerter.
68 | Spielraum
Ein Forum für den Austausch
Neben der Darstellung der Projekte, die in den
Modellkommunen realisiert wurden, lag ein besonderer Schwerpunkt der Veranstaltung auf
dem Erfahrungsaustausch, dem Gespräch über
die Erfolgsfaktoren auf der einen und die Stolpersteine auf der anderen Seite. Viele positive
Effekte wirken langfristig in die Entwicklung
von Quartieren oder Kommunen. Die Beispiele zeigen, dass man von einem sehr effektiven
Mitteleinsatz sprechen kann. Weil die Maßnahmen tatsächlich auf den Bedarf abgestimmt
sind, lassen sich Fehlinvestitionen vermeiden.
Durch die Beteiligung verändert sich die Haltung der Kinder und Jugendlichen gegenüber
ihrer Stadt und dem Wert der Freiraumgestaltung, denn es entwickelt sich Verantwortung.
Und wie bereits am Beispiel von BlankenfeldeMahlow angesprochen ist kinderfreundliche
„Es muss das Ziel sein, die
Verdichtung der Erfahrungen und
den interkommunalen Dialog
weiterzuführen, um kinderfreundliche Stadtgestaltung fest zu
etablieren. Deshalb möchten wir eine
Plattform für einen kontinuierlichen
Austausch ins Leben rufen.“
Peter Apel, Planungsbüro Stadtkinder und Mitglied im
Planungsteam der Tagung
Stadtgestaltung letztendlich eine menschenfreundliche Stadtgestaltung, von der weit mehr
Bevölkerungsgruppen profitieren als „nur“ Kinder und Jugendliche. Das sind ganz wesentliche
Punkte.
„Stadtentwicklung und Fragen zur Gestaltung öffentlicher Räume
kann nur zu Gunsten von Kindern und Jugendlichen nachhaltig
etabliert werden, wenn es gelingt verbindliche Qualitäten fachlich
und politisch zu verankern.“
Dirk Schelhorn, Landschaftsarchitekt und Mitglied im Planungsteam der Tagung
Stolpersteine
Es hat sich gezeigt, dass verschiedene Schwierigkeiten bei der Etablierung einer kinderfreundlichen Stadtgestaltung in der momentanen Phase „typisch“ sind. Um mit solchen
Prozessen in einer Stadt beginnen zu können,
braucht man einen „Motor“, der sich mit aller
Kraft für eine kinderfreundliche Stadtgestaltung stark macht. Das Konzept steht und fällt
mit engagierten Personen, die sich dafür einsetzen und die Organisation in die Hand nehmen. Je höher in der Hierarchie desto besser.
Ist der politische Wille nicht da, wird auch
nichts passieren. Schwierigkeiten bereitet vielfach auch die notwendige Verzahnung innerhalb der Stadtverwaltung. Zum Beispiel kann es
notwendig sein, dass Maßnahmen des Hochwasserschutzes, zum Beispiel der Rückbau von
Uferbegradigungen, mit der Schaffung neuer Spielorte an Bächen synchronisiert werden
muss. Dass die Verkehrsplanung mit ins Boot
genommen werden muss, ist eigentlich eine
Selbstverständlichkeit, aber innerhalb der Verwaltung nicht immer ohne Reibungsverluste zu
bewerkstelligen.
Kein Fazit, sondern ein Auftakt
Dieser erste, breit angelegte Erfahrungsaustausch im Bereich der kinderfreundlichen Stadtgestaltung war eine Standortbestimmung: Was
ist heute bereits möglich, welche Ziele müssen
ins Auge gefasst werden und wie kann man von
den Erfahrungen anderer lernen? Eine interessante Diskussion hat in Berlin begonnen. Dirk
Schelhorn und Peter Apel, die mit dem Kinderhilfswerk die Veranstaltung organisiert haben,
plädieren ganz klar dafür, dass diese Veranstaltung nicht als Fazit oder Eintagsfliege betrachtet werden darf. Vielmehr gilt es aus ihrer Sicht
eine Plattform für alle Aspekte rund um dieses
Thema zu schaffen, das nach und nach auch
stärker in den Fokus der Stadtentwickler rückt.
Dr. Anke Münster
Freiräume für Kinder und Jugendliche.
Gutachten im Rahmen des Nationalen Aktionsplanes
„Für ein kindergerechtes Deutschland 2005 - 2010“
Mit welchen Instrumenten können Städte und Gemeinden kinder- und jugendgerechte Freiräume schaffen? Anhand ausgewählter Beispiele gibt die
neue Publikation Werkstatt: Praxis Heft 70 interessante Anregungen, wie sich
Städte oft mit überschaubarem Aufwand für Kinder und Jugendliche zum
Positiven verändern können. Die Empfehlungen richten sich an Stadtplaner
und Freiraumgestalter. Doch die Entwicklung kinder- und jugendgerechter
Städte ist nicht allein von der Stadt- und Freiraumplanung abhängig. Es wird
deutlich, dass dies eine Gemeinschaftsaufgabe, die viele Akteure von Jugend- und Sportämtern angefangen bis hin zur Verkehrsplanung an einen
Tisch bringen muss.
Die Publikation ist ein Gutachten, das vom Bundesministerium für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung in Auftrag gegeben worden wurde. Die Bearbeitung
erfolgte durch Peter Apel, Dagmar Brüggemann, Dirk Schelhorn, Anja Röding
und Jacqueline Modes, wissenschaftlich begleitet durch das Bundesinstitut für
Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und
Raumordnung (BBR)
Kostenfrei zu beziehen bei: [email protected], Stichwort: Werkstatt:
Praxis 70 sowie im Download unter: http://www.bbsr.bund.de
Spielraum | 69
Wiesbaden macht Zukunft
Finanzen – kaum Spielraum?
Die letzte Umfrage des BFG – Bundesverband
für Freiraum-Gestaltung – hat gezeigt, dass
fast ein Drittel der befragten Kommunen 2010
keinen einzigen Euro in den Austausch und die
Erneuerung von Spielgeräten oder in die Neugestaltung von Spielplätzen investieren konnte.
So verlieren die vorhandenen Spielplätze ihren
Spielwert und damit auch den Wert, den sie als
lebendiger Treffpunkt in einem Stadtteil bieten.
Zudem haben sich auch die
Anforderungen an Spiel„Der Spielplatz Schulberg wird einzigartig“ plätze in den letzten JahrRita Thies, Umwelt- und Kulturdezernentin der Stadt Wiesbaden zehnten geändert. Ein SaScha-Platz mit Sandkasten
und Schaukel erfreut nur
eine kleine Gruppe der Jüngsten. Heute braucht
es weit mehr, um Kinder und Jugendliche nach
draußen zum Spielen zu bewegen. Und Spielen
ist anerkannt ein wichtiger Bestandteil der Persönlichkeitsentwicklung.
Glücklicherweise gibt es auch Kommunen, die
mit einem guten Konzept, einer längerfristig
angelegten Planung und vernünftigen Etats den
Spielraum in den Städten zumindest erhalten
oder sogar verbessern. Ein hervorragendes Beispiel ist die Landeshauptstadt Wiesbaden. Hier
hat sich die Dezernentin für Kultur, Umwelt,
Grünflächen, Forst und Hochbau Rita Thies
zum Ziel gesetzt, dass alte, aber stark frequentierte Spielplätze im Innenstadtbereich neu
gestaltet werden. Aufgrund dieser politischen
Vorgabe wurden bereits einige Spielbereiche
neu- oder umgestaltet wie z.B. der Spielbereich
70 | Spielraum
an der Leichtweißhöhle oder die Spielplätze
im Schlosspark Biebrich und in der Parkanlage
Warmer Damm. Weitere Umbauten sind bereits
in der Planung und warten auf ihre Umsetzung.
Dazu zählen unter anderem die Umgestaltung
des zentralen und stark frequentierten Spielbereiches am Kranzplatz oder die Neugestaltung
des Spielplatzes an der Hofwiese zu einem Ort
für alle Generationen.
Vom Wunsch zur Wirklichkeit
Die ganze Arbeit beruht auf einem ambitionierten und tragfähigen Spielraumkonzept. Grundgedanke war es, hinzuschauen und zu fragen:
Was wird gebraucht und wo? Welche Nutzergruppen gibt es? Was ist mit der Nachhaltigkeit, was mit dem Erhaltenswerten im Umfeld?
Wie binde ich die Bürger ein? Wie sehen die Koordination der Akteure und der Ausgleich ihrer
unterschiedlichen Interessen aus? Wie gestalte
ich die Finanzierung? Viele Aufgaben, die im
Vorfeld der Planung gestellt und beantwortet
werden müssen. Manchem wird die Vorgehensweise mit Einbeziehung auch externer Fachleute etwas umständlich und kostenträchtig
erscheinen. Im Ergebnis zeigt sie sich als ein gutes Beispiel, wie man späteren Problemen und
Unzufriedenheiten gleich im Ansatz vorbeugen
kann. Es ist eben besser, etwas gleich richtig zu
machen, als später zu begründen, weshalb man
es falsch gemacht hat. Erst die Erkenntnisse, die
aus den Antworten gezogen werden konnten,
ergaben die Grundlagen für weiteres Handeln.
Einzig, nicht artig
Einzigartig: der Spielplatz auf dem Schulberg.
Hier wird der Neubau mit Abriss- und Erdarbeiten vorbereitet. Rita Thies hatte einen offenen
freiraumplanerischen Realisierungswettbewerb
für Landschaftsarchitekten in Zusammenarbeit mit Künstlern ausgeschrieben. Gegenstand
des Wettbewerbes war die Erarbeitung eines
Gesamtkonzeptes für die Neugestaltung eines
künstlerisch gestalteten Spielplatzes unter dem
Thema „Weltkulturen“ einschließlich des historisch geprägten Umfeldes.
Der Aufgabenschwerpunkt lag in der Ausarbeitung einer innovativen Entwurfsidee für den
Kinderspielplatz mit dem Hauptaugenmerk auf
einer künstlerischen Gestaltung. Dabei waren
die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen
sowie die Aufenthaltsbedürfnisse von Erwachsenen einzubeziehen. In einem Ideenteil sollte ein Gestaltungskonzept für das Umfeld des
Spielplatzes ausgearbeitet werden. Das Wettbewerbsmanagement lag in den Händen des
renommierten Büros scheuvens + wachten aus
Berlin. Seine Aufgaben umfassten die Koordination des Wettbewerbsverfahrens, Abstimmung mit der Architektenkammer, Vorprüfung
der Wettbewerbsarbeiten, Koordination weiterer Vorprüfer sowie Organisation und Begleitung des Preisgerichts.
Hier ist Kunst im Spiel
Das Preisgericht vergab insgesamt 5 Preise. Es
wählte in seiner Sitzung am 1. Juli 2009 unter 26 eingereichten Arbeiten den Entwurf des
Büros Annabau aus Berlin zur Realisierung
aus. Das Preisgericht wertete positiv, dass der
Entwurf sich durch eine unverwechselbare
Großstruktur auszeichnet, die durch ihre städtebaulich räumliche Qualität wie auch durch
die hohe Spielqualität überzeugt. Das interaktive Konzept des Loops würde nicht nur für
das unmittelbare Umfeld eine Attraktion darstellen, sondern auch für einen umfassenderen
Stadtbereich anziehend wirken. Das Konzept
überzeugte das Preisgericht durch seine hohe
Nutzungsqualität sowie seinen künstlerischkulturellen Anspruch.
Jetzt lässt Rita Thies den Siegerentwurf durch
das Amt für Grünflächen, Landwirtschaft und
Forsten realisieren. „Es entsteht eine am höchsten Punkt drei Meter hohe Spielskulptur, ein
Loop, der den Platz großzügig umspannen wird.
Er wird aus Stahl und Kletternetzen bestehen,
in die unter anderem Trampoline, Seillianen,
eine Reifenschaukel, ein Seiltunnel und eine
Rutschmembran eingebunden sind. Im Inneren
der Spielskulptur wird eine modellierte Spiellandschaft realisiert. Sie besteht aus Hügeln
unterschiedlicher Größe, die von Sand umgeben
sind“, erläutert Thies.
„Die Besucherinnen und Besucher der Spiellandschaft können die Spielhügel durch Anund Überbauen verändern oder sich beim Hinüberklettern und Rennen austoben. Pünktlich
zur nächsten Freiluftsaison sollen Skulptur und
Spiellandschaft für die Eroberung durch Kinder
und Jugendliche bereitstehen. Die umgebende
Parklandschaft wird ebenfalls überarbeitet, um
diese Idylle inmitten der Stadt wieder zu einem
attraktiven Aufenthaltsort zu machen. Im Frühjahr wollen wir dann auch das Römertor sanieren, um Wiesbadener und Touristen über das
Denkmal zu einem der attraktivsten verborgenen Plätze unserer Stadt zu führen. Neben Spiel
und Erholung verspricht ab dem nächsten Jahr
zusätzlich ein um eine große Ausstellungshalle
erweitertes Kunsthaus mit attraktiven Ausstellungen und der Artothek interessante Entdeckungen“, so die Dezernentin.
Vom historischen Römertor (oben) führt
der Weg hinauf auf den Schulberg, wo
der neue Spielplatz entstehen soll.
Ludwig Keißner
Spielraum | 71
Beispiel Valladoloid, Spanien: Richter Spielgeräte erhielt den Auftrag für einen Spielplatz
mit künstlich angelegtem See, Hängebrücke und Seilfähre.
Exportschlager
Spielplatz
Ob faszinierend große Spielanlagen auf beachteten neuen
Freiräumen oder kleine, aber feine designorientierte Spielplätze: immer häufiger sieht man im Ausland Spielplätze
„made in Germany“.
„Viele tolle Spielplätze werden im Moment von
deutschen Firmen gebaut.“ Eigentlich war das
in dem Gespräch mit einem Landschaftsplaner
aus der Schweiz nur ein kleiner Nebensatz, aber
er ist hängengeblieben. Vor allem weil uns das
bei unserer Arbeit an dem Heft „Blick über die
Grenzen“ auch schon aufgefallen war. Ein Zufall? Wir haben einige deutsche Spielplatzhersteller angesprochen und nach dem Auslandsgeschäft gefragt. Denn wir möchten wissen, ob
der Eindruck stimmt, dass die Qualität und der
Spielwert europa- und weltweit immer höher
geschätzt werden.
Große Spielareale
Die in Frasdorf ansässige Richter Spielgeräte
GmbH hat einige international sehr beachtete, fantasieanregende Spielareale ausgestattet,
darunter die Spielplätze auf der Promenade
„Salon de Pinos“ in Madrid, die durch die Verlegung der Ringautobahn in Tunnel angelegt
werden konnte. Julian Richter jun. sieht in solchen Projekten einen besonderen Reiz: „Wir
haben in Madrid, aber auch in New York und
in England Spielplätze in einer Größe gebaut,
die man so zur Zeit in Deutschland nicht planen kann. Wir freuen uns über diese Möglichkeit, aber finden das zugleich schade. So etwas
würden wir auch sehr gerne in Deutschland realisieren, denn man kann auf solchen Arealen
Spielanlagen mit einem ganz besonderen Spielwert schaffen.“ Ein kleiner Wermutstropfen,
doch für das Unternehmen entwickeln solche
internationalen Projekte einen Leuchtturm-
72 | Spielraum
charakter, der die Nachfrage in dem jeweiligen
Land messbar steigen lässt. Richter exportiert
besonders stark in die Beneluxländer, Spanien
und England. Das britische Finanzierungsmodell über einen fest definierten Gewinnanteil
bei der staatlichen Lotterie war ein Motor für
eine sehr positive Entwicklung der Spielplätze
dort, die auch für Richter spürbar war. Neben
diesen starken Märkten hat das Unternehmen
mittlerweile Projekte in nahezu allen europäischen Ländern realisiert. Auch Amerika beginnt,
sich zu einem Markt zu entwickeln. Insgesamt
gesehen liegt der Exportanteil bei der Richter
Spielgeräte GmbH bei 60 Prozent, Tendenz steigend.
Über die Nachbarländer hinaus
Bei Kinderland Emsland Spielgeräte zeigt sich
momentan deutlich, dass die Nachfrage aus
dem Ausland steigt und sich gleichzeitig die
Märkte erweitern. Während zuvor der Export
vor allem in direkte Nachbarländer erfolgte,
gibt es heute bereits Geschäftsbeziehungen zu
Partnern in Ländern wie Israel und sogar Singapur sowie Südkorea. Teils sind es spezielle
Segmente, die das besondere Interesse finden.
Nach Israel liefert Kinderland Emsland Spielgeräte zum Beispiel besonders viele Geräte für
Menschen mit Behinderung. Deutlich intensiviert hat sich auch der Export in osteuropäische
Staaten, wenn zum Beispiel eine hochwertige
Ausstattung bestimmter Wohnareale geplant
wird. Ein wichtiges Geschäftsfeld ist bei Kinderland Emsland Spielgeräte zudem die Ausstattung internationaler Freizeitparks: „Wir erleben
ganz stark einen Trend, dass für Freizeitparks
Sonderanfertigungen in einer exklusiven Qualität gewünscht werden. Auch in Ländern, die
traditionell stark auf Geräte aus Kunststoff
fokussiert waren, wird das Interesse an Holzspielgeräten und einzelnen Bereichen mit einer
naturnahen Gestaltung erkennbar.“ Geschäftsführer Mario Hampel sieht sich dabei im Kontakt mit Parkbetreibern aus Ländern, die starke
Sonneneinstrahlung haben, nicht selten mit
Bedenken gegen das Material Holz konfrontiert.
„Riesige Erfahrungswerte gibt es tatsächlich
noch nicht. Wir können aber mit der besonderen Qualität von Robinienholz und speziellen
Techniken in der Verarbeitung argumentieren,
die für Langlebigkeit sorgen.“ Der Norden ist
bei den Exportländern deshalb jedoch stärker
vertreten als der Süden. Auch bei Kinderland
Emsland Spielgeräte steigt die Exportquote. Im
Moment macht das Auslandsgeschäft rund 30
Prozent aus.
Bei Kinderland Emsland Spielgeräte steigt die Nachfrage aus dem Ausland, sowohl bei
Spielplätzen als auch bei Freizeitparks.
Spielraum | 73
Attraktive Materialkombination
Nicht nur Holzspielgeräte aus Deutschland
werden immer stärker nachgefragt. Besonders exportorientiert zeigt sich auch das
Unternehmen stilum, das Spielgeräte in der
Materialkombination Edelstahl und Gummi anbietet. Gerade darin sieht Geschäftsführer Mike Arnold einen zentralen Grund
für den Exporterfolg. Rund 75 Prozent der
Aufträge stammen aus den 18 europäischen
Distributionen. Von Beginn an konnte stilum über das Vertriebsnetz des Schwesterunternehmens Conradi+ Kaiser international agieren. Ausschlaggebend war dabei das
Produktportfolio: „Stahlspielgeräte in Serie,
mit einer durchgängigen Designaussage
waren damals und sind auch heute noch
in einem derart umfangreichen Sortiment
selten, so dass die Partner im Ausland unsere Spielgeräte und Stadtmöblierung gerne
als Ergänzung ihres bestehenden Angebots
aufgenommen haben“, erklärt Mike Arnold.
Neben dem Design überzeugt die Langlebigkeit der durch die form- und farbenfrohen Gummielemente freundlich gestalteten
Spielgeräte. Sie eignen sich auch für Spielplätze oder Spielpunkte in Lagen am Meer
oder in vandalismusanfälligen Bereichen in
Ballungszentren. Eine langjährig erfolgreiche Zusammenarbeit gibt es zum Beispiel
mit Boer in den Niederlanden, Fuchs in der
Schweiz oder Holzhof in Italien. Ganz am
Anfang steht dagegen die Kooperation mit
Distributoren in Japan und Libyen. Um weitere Impulse für die Entwicklung von stilum
zu setzen, wird es schon in Januar eine Vielzahl neuer Designelemente geben, die das
stilum-Programm vervollständigen.
74 | Spielraum
Kukuk engagiert sich über den Verein Kukukkultur für den Bau
von Spielplätzen in Krisenregionen.
Hans Georg Kellner baut viele seiner Spielskulpturen im Ausland,
zum Beispiel „Treibholz“ am Ufer des Lago Maggiore.
Sonderanfertigungen für spezielle Orte
Auch wenn es um Spielskulpturen geht, sind die
Ideen deutscher Spielplatzbauer gefragt. Hersteller wie Kukuk aus Stuttgart oder auch Kellner Spiel aus Tabarz sind in den letzten Jahren
durch sehr individuelle Spielplätze aufgefallen.
Ein Beispiel dafür ist die im Sommer installierte
Spielskulptur „Treibholz“, die Hans-Georg Kellner für den Außenbereich des von dem Architektenbüro Moro & Moro gebauten Bäderzentrums „Lido Locarno“ gebaut hat. Auch Kukuk
arbeitet viel in der Schweiz, besonders schön ist
zum Beispiel der Spielraum in Maloja. Darüber
hinaus setzen sich Bernhard Hanel, Robin Wagner und Thomas Weber über den Verein Kukukkultur für eine ganz andere Art von „Export“
ein: Seit acht Jahren realisiert der Verein in
Krisengebieten wie Libanon oder Temeswar mit
deutschen und einheimischen Kindern Spielräume, um Kindern im Alltag dort ein Stück
Unbeschwertheit zu geben.
Dr. Anke Münster
Spielraum | 75
76 | Stadt & Kunst
Platz nehmen
„Sie können noch ein Momentchen Platz nehmen.“ Diesen Hinweis kennt
man von Arztbesuchen, wobei der Begriff Momentchen als sehr dehnbar erlebt wird. Platz nehmen kann man auch als Zeichen des zivilen Ungehorsams
im Rahmen einer Sitzblockade. Oder eben bei einer durchaus erwünschten
Eroberung des öffentlichen Raums. FreeLounge hat ein Beispiel dafür in
Frankfurt entdeckt.
Playing the City 2
„Plötzlich bist Du mittendrin – 23 Kunstaktionen in 20 Tagen“. Das war das Motto eines
Ausstellungsprojekts in Frankfurt, in dessen
Zentrum die kontrovers geführten Diskussionen
über den öffentlichen Raum und den „participatory turn“ innerhalb der zeitgenössischen Kunst
standen. Die teils eigens für das Projekt konzipierten kollaborativen und partizipatorischen
Arbeiten bildeten das Programm. So erschloss
Playing the City 2 den öffentlichen Raum als einen kollektiven, freien und gestaltbaren Raum.
Das Projekt stellte Fragen nach seinen Grenzen
und nach der Einbezogenheit seiner Bewohner.
Die ortsspezifischen Aktionen bewegten sich in
einem zeitlich limitierten Rahmen, in dem sie
hergestellt und erfahren werden konnten.
Bereits mit dem Projekt Playing the City im Vorjahr konnte die SCHIRN KUNSTHALLE FRANKFURT, eines der renommiertesten Ausstellungshäuser Deutschlands, einen Erfolg verzeichnen.
Vom 8. bis 26. September 2010 folgte Playing
the City 2 mit einer großen Bandbreite künstlerischer Aktivitäten im öffentlichen Raum. Täglich neue Aktionen in der Frankfurter Innenstadt
involvierten auf unterschiedlichste Weise die
Stadt und ihre Bewohner - von Performances
über Installationen bis zu „Guerillaaktionen“.
Gemeinsamkeiten der Aktionen liegen darin,
dass Produktion und Rezeption eng miteinander verbunden oder nahezu identisch sind. Viele
der für Playing the City 2 entworfenen Arbeiten
– ob Aktionen, die eine zufällige Konfrontation
auf der Straße herbeiführen, oder Skulpturen,
die zur Verwendung einladen – konnten erst
durch die Beteiligung der Öffentlichkeit realisiert werden. Mindestens aber waren sie darauf
ausgerichtet, eine Konfrontation und ein Gespräch mit dem – teils zufälligen – Publikum
herzustellen und den öffentlichen Raum in ein
Spielfeld mit gemeinschaftlich erprobten Regeln zu verwandeln. Ist der öffentliche Raum
tatsächlich als Ort unterschiedlicher Meinungen und Stimmen wahrnehmbar? Woraus besteht die öffentliche Meinung? Was versteht
man unter öffentlichem Raum? Das sind einige
der Fragen, die das Projekt Playing the City 2
aufwarf.
Besetzt Frankfurt!
Ausgangspunkt der Aktion „Platz nehmen“ ist
die Idee, den Menschen in der Stadt die Möglichkeit zu geben, ihre Umgebung aus einem
anderen Blickwinkel zu erleben, Besitz vom öffentlichen Raum zu ergreifen und ihn mit zu
gestalten. Die Offenbacher Agentur Cosalux,
die auf multimediale Designlösungen spezialisiert ist, gestaltete faltbare Hocker und produzierte sie in einer nummerierten Auflage.
Am 8. September startete die friedliche Besetzung, nachdem die Mitarbeiter von Cosalux die
ersten der Hocker am Mainufer/Schöne Aussicht platziert hatten. Wer auf einem der begehrenswerten orangefarbenen Hocker sitzen
oder einen von ihnen besitzen wollte, bewegte
sich in den folgenden Tagen in Richtung Senckenberg Anlage, wo die faltbaren Sitzmöglichkeiten auf dem Mittelstreifen bzw. Grünstreifen standen. Alternativ fanden sich Objekte der
Besitzergreifung auch an der Hauptwache auf
der B Ebene und an der Taunusanlage zwischen
der Kaiserstraße und der Alten Oper. Neugierig
nahmen die Besucher Platz an Stellen, wo es
sonst nicht möglich ist, entdeckten die Sitze als
Stadt & Kunst | 77
ben. So wurde die Wappenauslage zu einem eigentümlichen Altar für Opfer der Bürgerschaft.
Etwas von sich geben konnten Passanten auch
bei der Aktion „WAS SAGST DU JETZT?“ der
Künstler Glegg & Guttmann, die an ihrer Open
Debate Station auf kleinem Raum die Infrastruktur für Diskussionen und Debatten bereitstellte: Dazu gehörten neben einem Tisch auf
einem Podest zwei Mikrofone sowie zwei Hocker. Neben spontan geführten Debatten werden dialogische Streitgespräche organisiert, in
denen aktuelle Themen diskutiert werden. Die
beiden Künstler beziehen sich mit dieser Arbeit
sowohl auf die Tradition der Auslegung des
Talmud als auch auf die Geschichte der Frankfurter Schule und schaffen die Möglichkeit für
einen strukturierten Meinungsaustausch.
Ruhe- und Beobachtungsplatz, Mini-Kommunikationszentrum oder als Spielgerät für Kinder. Meist standen die Hocker nicht lange, denn
sie durften auch mitgenommen werden. Mancher versuchte sich als Transportkünstler und
probierte aus, wie viele Exemplare eine Person
nach Hause tragen konnte.
Nehmen und Geben
Nicht nur nehmen war angesagt. In einer Aktion von Swetlana Gerner konnten Bürger der
Stadt Frankfurt etwas zurückgeben. Passanten
waren aufgerufen in ein Stadtwappen aus Holz
Gegenstände hinein zu legen und damit auf
etwas ganz Individuelles zu verzichten. Während der Aktion füllte sich das Wappen mit den
unterschiedlichsten Gegenständen – u.a. von
einer 5-Euro-Note über ein Kissen, den Kopf
einer Schaufensterpuppe, einen Kugelschreiber
und eine Sonnenbrille bis hin zu hin zu zwei
Steinen, die ein Polizeibeamter vorbeibrachte.
Sie waren bei einer Straftat benutzt worden
und nun von der Staatsanwaltschaft freigege-
78 | Stadt & Kunst
Hinter dem Spiegel
Ging es an der Open Debate Station um Öffentlichkeit, kreierte Christoph von Löw mit “Spy
View” ein wenig Privatsphäre im öffentlichen
Raum. Drei begehbare Kuben mit spiegelnder
Oberfläche waren auf der Zeil, am Domplatz
und an der Hauptwache aufgestellt. Die nach
außen spiegelnde Oberfläche verwehrte einen
Blick in das Innere, ermöglichte jedoch von
innen eine Beobachtung der außen liegenden
Umwelt. Betrat ein Passant den Kubus, war
er somit als Beobachter der Außenwelt zwar
anwesend, bleibt jedoch im Verborgenen. Das
öffentliche Leben wurde durch jeden Kubus gestört und durch eine minimale Grenze von einer
Privatsphäre getrennt, die ihrerseits die Grenze
zur Öffentlichkeit nur simulierte.
Die sind nur vier Beispiele, wie die Schirn
Kunsthalle einmal mehr mit urbanen Aktionen
Bürger spielerisch in den öffentlichen Raum
einbezogen hat. Bleibt zu hoffen, dass es auch
Playing the City 3 geben wird.
Ludwig Keißner
Oper – ein abendfüllendes
Format für ein elitäres Publikum in plüschigen Sesseln?
Nicht so für Oper Dynamo
West aus Berlin. Seit 2006
bespielt die Initiative den
öffentlichen Raum mit Musiktheater. Mit den aufgeführten Stücken verändert
sich auch der Blick auf die
Spielstätten.
Puccini mit Ghettoblaster
2004 ist das Geburtsjahr von Oper Dynamo
West, Geburtsort: ein Sofa in der Berliner Bundesallee. „Unser Studium an der Universität der
Künste ging zu Ende“, erzählt Janina Janke, die
bei der Gründung dabei war, und schmunzelt:
„Wir wollten uns nicht aus den Augen verlieren.“ Zusammen mit sechs Kommilitoninnen
und Kommilitonen beschloss die damalige
Dramaturgie-Studentin, fortan gemeinsam
Musiktheater zu machen. Ideen für die ersten
Projekte entwickelten sich schnell, die Themen
fanden die Opernliebhaber auf der Straße: Rund
um die Uni standen die Zeichen auf Wandel. Die
Künstler- und Kulturszene Berlins zog es vom
alten Westen immer mehr nach Mitte, in das
ehemalige Ostberlin. „Der Westen war in den
Schlaf gefallen“, erinnert sich Janina Benduski,
die zwei Jahre später zu der Gruppe dazu stieß.
„Es gab viele Leerstellen, viele Räume, die es
zu entdecken galt.“ Büros verwaisten, Theater
wurden geschlossen, Plätze blieben unbebaut.
Auffallendstes Zeichen für die Veränderung:
der Bahnhof Zoo. Über Jahrzehnte stand er für
den Glanz und das Elend von Westberlin. Mit
der Fertigstellung des neuen Lehrter Bahnhof
im Mai 2006 wurde der Bahnhof Zoo zum Regionalbahnhof degradiert, die Fernzüge rollten
fortan vorbei. Vorbei auch am 100 m langen
Restaurant „Terrassen im Zoo“ auf der ersten
Etage des Bahnhofs.
Realität oder Spiel? Fiktion oder Doku?
An diesem „verlassenen“ Ort startete die Studenten-Initiative, jetzt: Oper Dynamo West
2006 seine erste Produktion: „EIN_FÜHRUNG“.
Von asiatischen Hostessen geleitet, bewegten
sich die Zuschauer auf einem Stadtspaziergang
vom Restaurant Terrassen am Zoo über den Kurfürstendamm bis hin zur Bundesallee, eine zwei
Kilometer lange Strecke vorbei an sieben Stationen – darunter der Supermarkt Ullrich in den
S-Bahnbögen. Hier berichtete eine Kassiererin
über ihren Arbeitsalltag, ihre Erfahrungen mit
den Kunden und ihre Träume. An der Synagoge
erzählte ein Polizist, wie er seinen Job nach 25
Berufsjahren im Objektschutz erlebt und wie er
sich vor den Provokationen der Passanten zu
schützen weiß. Auch an den anderen Stationen,
etwa dem Swissôtel oder einem Hochzeitsladen, kam es zu interessanten Begegnungen:
Stadt & Kunst | 79
Das Publikum ist offen für diesen Ansatz. „Zu
uns kommen klassische Operngänger und Arbeiter, Leute, die man auf Vernissagen trifft,
und solche, die dort leben, wo wir spielen“,
skizziert Janina Benduski das breite Spektrum
der Besucher. Nicht nur die Zuschauer bringen viel Offenheit mit, auch die jeweiligen
Hausherren, private Eigentümer ebenso wie
öffentliche Verwaltungen. „Wenn sicherheitstechnische und praktische Fragen geklärt sind,
wird aus der anfänglichen Skepsis schnell volle
Unterstützung.“
Korea in der Tauentzienstraße
Auf inszeniertem Stadtspaziergang: EIN_FÜHRUNG (2006)
Oper Dynamo West
2006 gegründet, hat die
Initiative seither 20 Musiktheater-Produktionen realisiert,
vorwiegend im städtischen
Raum. Seine Stücke entwickelt
Oper Dynamo West aus dem
räumlichen Kontext heraus
bzw. für einen speziellen Aufführungsort. Das Team zählt
zurzeit 10 feste Mitglieder für
Produktion, Regie, Bühnenbild,
Mediengestaltung, Musik, und
PR. Bei den Projekten arbeitet
Oper Dynamo West mit freien
Ensembles und Schauspielern
zusammen.
80 | Stadt & Kunst
Zwar trafen die Zuschauer immer auf Schauspielerinnen und Schauspieler, aber was immer
die in ihrer Rolle als Doorman oder Verkäuferin
auch sagten, es war authentisch. Für die Texte
hatte Oper Dynamo West Interviews rund um
den Bahnhof Zoo geführt, Menschen befragt,
die typisch waren für die Gegend. Der Ort, seine
Menschen und seine Geschichten haben den Inhalt und die Dramaturgie von „EIN_FÜHRUNG“
bestimmt – wie seither bei nahezu allen Stücken von Oper Dynamo West. Als während der
Aufführung Passanten vorbeieilten, Kunden den
Einkaufswagen füllten oder Hotelgäste ankamen oder abreisten, wusste man als Zuschauer
nicht: Ist das die Realität oder Teil des Spiels?
Ist das Fiktion oder Dokumentation? In EIN_
FÜHRUNG hat Oper Dynamo West die Stadt
zur Kulisse gemacht, die Aufführung in den urbanen Kontext gesetzt. Kunst traf auf Alltag:
An einer Station von EIN_FÜHRUNG sang eine
Opernsängerin eine Puccini-Arie, die Musik kam
aus einem Ghettoblaster, beleuchtet wurde sie
nur von einer Straßenlaterne. Szenen wie diese
verfehlen die intendierte Wirkung nicht: „Wer
das hört und sieht, nimmt den gewohnten Ort
anders wahr – im Moment der Aufführung und
darüber hinaus“, beschreibt Janina Benduski
den positiven Effekt. Dabei geht es Oper Dynamo West generell nicht darum, Kritik an einer
Situation vor Ort zu üben oder gar alternative
Nutzungskonzepte zu propagieren. Ästhetisches Interesse an einem Ort statt politischem
Gestaltungswillen: Die Projekte sollen das Publikum vor allem sensibilisieren und neue Sichtweisen auf eine vertraute Umgebung eröffnen.
Meist sind es die Orte und die Menschen dort,
die Oper Dynamo West zu ihren Geschichten
und Stücken inspirieren. Manchmal legen die
Künstler aber auch eine Geschichte in einen
Raum hinein. Inspiriert von dem koreanischen
Märchen „Von dem Mädchen, das die Fische
versorgte“ erforschte die Künstlergruppe mit
der Geräuschoper „Hotel Korea“ das Berliner
EUROPA CENTER in der Tauentzienstraße, direkt gegenüber der Ruine der Kaiser-WilhelmGedächtniskirche. Kreuz und quer durch das
ganze Hochhaus führte die Inszenierung die
Besucher. In fünf Räumen erzählte Oper Dynamo West mit Tanz-, Musik- und Objekttheater,
Video- und Klanginstallationen die Geschichte
eines Liebespaares und ihres Geisterkarpfens
und von Eun-jin aus Korea. Die Geräusche, die
Eun-jin in ihrem koreanischen Alltag zuvor aufgenommen und nach Berlin geschickt hatte,
untermalten die eindringlichen Szenen. Zum
Schluss sang die echte Eun-jin in der Panorama-Bar des Hochhauses, direkt unterhalb des
sich drehenden Mercedes-Sterns, ein koreanisches Liebeslied.
Rappen für den Kiez
Oper Dynamo West - der Name ist zwar Programm. Es muss aber eben nicht immer Oper,
manchmal darf es auch zum Beispiel HipHop
sein. So bei „Stürmt den Pallast“, einem Projekt,
das seine Keimzelle im FROBEN27 hatte, einem
Jugendladen im Berliner Stadtteil Schöneberg.
Jugendliche aus den unterschiedlichsten Ländern kommen im FROBEN 27 zusammen: Deutsche, Türken, Iraner, Iraker, Albaner, Bosnier.
Einige dieser Jugendlichen hat Oper Dynamo
West durch ihr Viertel begleitet: ins Solarium, in
die Spielhölle, die Dönerbude und den Boxclub;
hat sie beobachtet, wie sie beim Frisör oder auf
dem Fußballplatz herumhängen. Im Tonstudio
hat Oper Dynamo West zusammen mit ihnen
einen HipHop-Song über ihre Erfahrungen produziert - ein Rundumschlag durch den „Kiez“,
über das Leben auf der Straße und die Prostitution vor der Haustür. Von Schöneberg 30, dem
Bezirk und seinen Menschen handelte auch
der Videoclip, der aus dem Projekt mit den Jugendlichen hervorgegangen ist. In einem Berliner Kino fand Ende Januar 2010 das Screening
statt. Im Publikum: Deutsche, Türken, Iraner,
Iraker, Albaner, Bosnier - aus Schöneberg 30
und aus anderen Stadtteilen, Erwachsene und
Jugendliche, quer durch die sozialen Schichten.
Identität stiften, die vertraute Umgebung mit
anderen Augen sehen und bewusst machen –
dieses Konzept funktioniert in Berlin hervorragend. Für die meisten Produktionen, die Oper
Dynamo West seit 2006 auf die Bühne gebracht
hat, fungierte denn auch Berlin als Kulisse. Die
Stadt ist schließlich prädestiniert für die Interventionen von Oper Dynamo West. Eine Stadt
ohne echtes Zentrum, aber mit vielen Herzen.
Eine Stadt im ständigen Wandel: von der kaiserlichen Garnisonsstadt zum intellektuellen
Zentrum der 20er Jahre, von der Insel im sozialistischen Osten zur blühenden Künstleroase in
der Mitte Europas, eine Hauptstadt, „arm, aber
sexy“. Und doch realisiert Oper Dynamo West
auch Projekte außerhalb Berlins, in anderen
Städten und sogar im ländlichen Raum, zum
Beispiel die zehntägige Performance-Werkstatt
„Der Findling“ in Seoul (2008) oder „KunstAxt“ (2010) in Mainz.
Musikalische Stadtentwicklung
Zwei bis drei Projekte pro Jahr stehen eigentlich auf dem Plan von Oper Dynamo West – eigentlich, denn 2010 waren es bereits fünf. Die
Nachfrage ist groß. „Bisher sind wir mit unseren
Ideen immer auf die Eigentümer von Gebäuden
oder die zuständigen Behörden zugegangen,
mittlerweile werden wir auch angefragt“, erzählt Janina Benduski nicht ohne Stolz über
die positive Resonanz. Doch Oper Dynamo West
steigert nicht nur die Nachfrage in eigener Sache: Wenn das Ensemble seine Stücke aufgeführt und die städtische Bühne wieder verlassen hat, folgen oft andere Kulturveranstalter
und wollen die Räume bespielen. So werden
Un-Orte zu Kultur-Orten. Oper? Das ist dann
Stadtentwicklung mit ungewöhnlichen Mitteln.
Jörg Kohnen-May
Far East in West Berlin: Geräuschoper HOTEL KOREA (2007) im Europa Center
Buchtipp: „Oper Dynamo West –
Die Stadt als Bühne“
Hrsg. Janina Janke. Erschienen 2010.
144 Seiten, 177 farbige Abb.
ISBN 978-3-7757-2625-2
29,80 Euro
Stadt & Kunst | 81
Eindrücke vom Weißen Weg
82 | Stadt & Kunst
Die Fotografin Anja Schlamann hat sich den
zur EuRegionale 2008 entstandenen Weißen
Weg durch den Pferdelandpark als Motiv genommen. Der 30 Kilometer lange Weg zieht
sich durch die vielgestaltige Landschaft von
Aachen über Herzogenrath nach Kerkrade und
bildet als Band die Struktur und das Gerüst des
Parks. Er gibt die Richtung an und sammelt dabei die Orte und Bauwerke ein, die zwar schon
immer als Glanzpunkte in der Landschaft vorhanden waren, aber früher nicht in Verbindung
standen: Hofgüter, Mühlen und Baudenkmäler.
An mehreren Stellen inszenieren Stationen die
besonderen Qualitäten der Landschaft und machen sie erlebbar. Der „Weiße Weg“ ändert sein
Aussehen in den einzelnen Wegabschnitten, je
nachdem, durch welche Landschaft er gerade
führt. Er entsteht nicht nur durch eine bloße
Beschilderung der Feldwege, sondern durch
eine immer wieder auftauchende Spur. Die mit
weißen Materialien und weiß blühenden Pflanzen gestaltete Wegelinie bildet das Rückgrat
des Pferdelandparks und hält so den Park als
Bild zusammen.
Stadt & Kunst | 83
Anja Schlamann
Über die Fotos vom Lesezeichen Salbke
in Magdeburg, abgebildet in der Ausgabe
1/2010, sind wir auf das Werk von Anja
Schlamann aufmerksam geworden. Neben
ihrer künstlerischen Arbeit beschäftigt sich
die Architektur-Fotografin in verschiedenen
Serien - oft auch im Auftrag von Kommunen
- mit dem öffentlichen Raum, der Bebauung
und vor allem mit den Menschen darin. Anja
Schlamann war zunächst als Architektin an
der Fachhochschule in Dessau tätig. Seit
2001 hat sie ihren Schwerpunkt komplett
auf Architekturfotografie gerichtet. Neben
angewandter Arbeit nimmt sie regelmäßig
an Ausstellungen teil und zeigt Werkgruppen
in Einzelausstellungen. Außerdem hat sie
Lehraufträge für Architektur-Fotografie an
verschiedenen Fachhochschulen.
Neben den Fotografien vom Weißen Weg haben wir weitere Beiträge mit Bildern von Anja
Schlamann illustriert: S. 6, S.43/44.
„Immis“ aus Klettband, Holz und Stoff
Die beiden Latten links und rechts stehen noch nicht sicher genug. Ming-Ming Yin zieht die
Klettbänder straffer, die das Holz halten. Dann spannt sie sorgsam eine schmale Querlatte
zwischen die beiden senkrechten Hölzer und lässt in deren Mitte einen mit Wasser befüllten
Plastikbeutel herab. Der schaukelt jetzt leise über dem viereckigen Kübel wie hochgezogenes
Brunnenwasser. Ein poetisches, leicht aus dem Gleichgewicht zu bringendes Konstrukt.
Behutsam geht die Kunst von Ming-Ming Yin auf den Ort ein, an dem sie entsteht – aber wie reagieren die Menschen an diesem Ort auf ihre Kunst? Es ist Montagmorgen zwischen neun und zehn
Uhr an diesem 29. November 2010, das Belgische Viertel in Köln füllt sich mit Menschen auf dem
Weg zur Arbeit. Neugierig bis ungläubig beobachten sie Ming-Ming Yin, ihre Aktion durchbricht
die morgendliche Routine.
Fakt ist: Die zurückhaltenden und gleichzeitig farbenfrohen Arbeiten der taiwanesischen Künstlerin
sind „Immis“, wie die Kölner Zugezogene gern nennen. Niemand hat die zerbrechlichen Objekte
aus Holz, Klettband und Stoff eingeladen, sich hier niederzulassen, in dem Blumenkübel in der
Maastrichter Straße oder in einem Rabatt immegrüner Pflanzen vor der Kirche St. Michael. Dürfen
sie bleiben?
Experiment mit offenem Ausgang
Where in this World
Could I Go?
Group-Show: Zakia el Abodi,
Robert Estermann, Linda Nadji,
Ranil Beyer, Ming-Ming Yin
Ausstellung vom
3.12.2010 – 22.1.2011
» www.von-cirne.de
84 | Stadt & Kunst
„Die Kunst macht ein soziales Experiment“, sagt Jörg Kohnen-May. Der Galerist und Kommunikationsexperte hatte die Idee zu dieser unangemeldeten Aktion im öffentlichen Raum. „Wird sie als
Kunst wahrgenommen und respektiert, wenn sie ihren angestammten Ort verlässt?“ Mit „angestammten Ort“ meint Kohnen-May die Räume seiner Galerie von cirne in der nahen Lütticher Straße. Sechs Arbeiten hat die Künstlerin außerhalb der Galerie installiert, eine siebte Arbeit wird sie
einige Tage später im „Schutzraum“ Galerie realisieren - als Teil der Gruppenschau „Where in this
World Could I Go?“ Auch die Ausstellung fragt nach dem „richtigen“ Platz der Kunst in dieser sich
immer schneller drehenden Welt. Sollen Künstlerinnen und Künstler sich in ihrer Kunst anpassen,
an häufig wechselnde Aufenthaltsorte, an neue Heimaten? Die Arbeiten Ming-Ming Yins fügen sich
ein und bleiben doch ganz bei sich selbst. Auf Fotografien werden sie in der Ausstellung zu sehen
sein. Ganz gleich also, was mit den realen Objekten geschieht – sie werden Spuren hinterlassen.
Das Künstlerhaus in
Wien zeigt aktuelle
Positionen der Naturgestaltung in Kunst
und Landschaftsarchitektur.
(re)designing nature
Die Ausstellung „(re)designing nature“ präsentiert über 30 internationale Projekte der
Naturgestaltung in bildender Kunst und Landschaftsarchitektur. Im Fokus stehen dabei zukunftsweisende Gestaltungskonzepte von Natur im urbanen Raum. „Ich möchte behaupten,
dass Design einer der Begriffe ist, die das Wort
‚Revolution’ ersetzt haben! Wenn man sagt,
dass alles designt und redesignt werden muss
(einschließlich der Natur), dann ist etwas impliziert wie: weder wird es revolutioniert noch
modernisiert werden,“ konstatierte der französische Soziologe und Philosoph Bruno Latour in
einem Vortrag im Herbst 2008. Er traf damit einen ganz wesentlichen Kern des Zeitgeistes und
der heutigen Bedeutung des Wortes Design.
Im Zentrum vieler Arbeiten:
der urbane Raum
Die Ausstellung stellt neben künstlerischen
Installationen, die ganz allgemein unseren
Umgang mit der Natur reflektieren, drei zentrale Strategien vor, welche zeitgenössische
Landschaftsarchitekten und Künstler bei der
Gestaltung von Natur verfolgen. Zu ihnen gehört zunächst eine ökologische Sicherung und
nachhaltige Umnutzung von postindustriellen
Gebieten sowie die Neugestaltung städtischer
Problemzonen und stark belasteter Verkehrsadern. Dabei werden verseuchte Gebiete renaturiert sowie urbane und landschaftliche Strukturen miteinander verwoben bzw. (natürliche)
Umwelt und Infrastruktur zu einem ökologischen System verschmolzen. Ein weiterer Ansatz zeitgenössischer Landschaftsarchitekten
und Künstler scheint unter anderem darin zu
bestehen Rahmenbedingungen, Geräte und ar-
chitektonisches Equipment für landwirtschaftliche und partizipatorisch ausgerichtete Projekte im urbanen Raum bereit zu stellen. Und
schließlich lassen sich als Drittes parasitäre und
symbiotische Strategien im gegenwärtigen Naturdesign ausmachen.
Neue Berührungspunkte zwischen Kunst
und Landschaftsarchitektur
Künstler und Landschaftsarchitekten entwerfen Gärten und technoide Pflanzenhybride, die
sich an Orte einnisten, an denen sie eigentlich
nicht offiziell erwünscht oder zumindest ungewohnt sind. Sie befallen beispielsweise marode,
ungenutzte sowie vernachlässigte Stellen des
urbanen Systems und verändern es auf unterschwellige Art und Weise. Der Fokus auf diese
drei Handlungsweisen und Strategien macht
deutlich, dass in Landschaftsarchitektur und
Kunst zum Teil vergleichbare konzeptionelle
und formale Ansätzen des Naturdesigns existieren und erklärt die interdisziplinäre Ausrichtung von „(re)designing nature“. Mit ihrem spartenübergreifendem Konzept reagiert
die Ausstellung außerdem auf das Phänomen,
dass Kooperationen zwischen bildenden Künstlern und Landschaftsarchitekten keine Seltenheit mehr sind. Und trägt damit nicht zuletzt
der Entwicklung Rechnung, dass sich gerade
jüngere Landschaftsarchitekten heute wieder
stärker einem künstlerischen Anspruch verpflichtet sehen und die zeitgenössische Kunst
auf der anderen Seite immer häufiger Aufgaben
übernimmt, die traditioneller Weise eher in den
Bereich der Landschaftsarchitekten, der Architekten oder auch Stadtplaner fallen.
(re)designing nature
Die Ausstellung wurde von
Susanne Witzgall, Florian
Matzner und Iris Meder kuratiert.
26. 11. 2010 - 23. 1. 2011
Künstlerhaus k/haus, Wien
Zu der Ausstellung ist ein
Katalog erschienen:
(re)designing nature
Hrsg. Witzgall, Matzner, Meder
und Kunsthaus Wien
Ostfildern: Hatje Cantz Verlag
2010
Stadt & Kunst | 85
Entdecke deine Stadt
Junge Stadterforscher müssen lernen, genau hinzuschauen, hinzuhören, ja sogar „hinzufühlen“, wenn sie sich im Stadtdschungel zurechtfinden möchten. „Entdecke deine Stadt“ von Anke M. Leitzgen mit
Fotos von Lisa Rienermann liefert ideenreiche und sachkundige Anregungen.
Immer mehr Kinder wachsen heute in Städten auf. Doch wer sie deshalb bedauern möchte, etwa weil sie auf Straßen und öffentlichen Plätzen spielen müssen, der hat noch nie
eine Stadtsafari gemacht. Denn gerade Städte lassen sich als abwechslungsreiche und
spannende Orte erleben und werden, richtig genutzt, sogar zu einem einzigen, riesigen
Spielplatz. Man muss nur wissen, wie! Genau das verrät nun Anke M. Leitzgen in „Entdecke deine
Stadt“, ihrem außergewöhnlich ideenreichen,
sachkundigen und neugierig machenden
Buch. Die besonders schöne Gestaltung mit
vielen Fotos hat Lisa Rienermann
übernommen.
„Was macht eine Stadt lebenswert? Wie komme ich sicher ans
Ziel? Wo ist Platz für Spiel und
Sport? Wie erobert sich Natur
die Stadt zurück? Was macht mich
zum Stadtexperten? Warum ist eigentlich fast überall
Kunst?“ Diese Fragen unterteilen das Buch in sechs
Kapitel. Vorangestellt ist eine Art Schule der Sinne.
Denn, so die These der Autorin, wer sich im Stadtdschungel zurechtfinden möchte, braucht erst einmal
Sensoren, um diesen überhaupt in all seinen Facetten wahrzunehmen. Ein junger Stadterforscher
muss lernen, genau hinzuschauen, hinzuhören, ja
sogar „hinzufühlen“. Und dazu gibt es gleich zu
Beginn viele schöne Anregungen. Etwa die, besondere Gebäude, Türen und Tore zu entdecken,
interessant gestaltete Hausnummern zu finden,
unterschiedliche Bodenbeläge zu ertasten und diese auch einmal abzupausen. Mit offenen Augen durch die Stadt zu gehen, bedeutet wirklich zu sehen und zu
verstehen, was um einen herum geschieht, und was man selbst gestalten kann.
Zum Beispiel Gärten. „Zu grün gibt's nicht“, schreibt die Autorin und erläutert ausführlich
wie Landschaftsarchitekten, Guerilla-Gärtner oder kleine Landwirtschafts-Kollektive die
Stadt mit ihren Pflanzungen bereichern. Ein Beispiel von vielen sind etwa die Prinzessinnengärten in Berlin. Ihre Erfinder züchten Obst und Gemüse direkt in der Stadt in sogenannten Container-Gärten, die sie auf einer Brache betreiben und jederzeit umziehen
können. Und das bedeutet nicht nur Frisches direkt vor der Haustür zu ernten, sondern tut
auch der Nachbarschaft gut, denn hier treffen Menschen zusammen. Warum nicht solch
86 | Buchtipps
tolle Projekte nachahmen? Zum Anfang genügen vielleicht schon ein paar Samenbomben.
Wie sie sich selber rollen lassen, wird natürlich
verraten. Ebenso wie die Idee, es den StreetartKünstlern nachzutun. Nicht mit Spraydosen,
aber gegen ein paar Bilder mit abwaschbarem
Kleber angebracht hat keiner etwas einzuwenden. Der Effekt ist enorm und verändert das
Stadtbild mehr als man denkt.
„Entdecke deine Stadt“ ist ein wunderbares
Buch, es regt die Fantasie an, macht Lust, die
gebaute Umwelt zu erleben und sprüht vor Ideen und Anleitungen, diese auch umzusetzen. Es
kombiniert das Wissen eines Sachbuches mit
den Anregungen eines Mitmachbuchs, bietet
Interviews mit Experten ebenso wie mit Kindern
und behandelt viele relevanten Themen für das
Leben in der Stadt. Eine tolle Mischung!
Besprochen von Eva Hepper,
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von DRadio.de
Entdecke deine Stadt Stadtsafari für Kinder
Herausgeber: Anke M. Leitzgen und
Lisa Rienermann
Beltz Verlag, Weinheim 2010
153 Seiten, 14,95 Euro
Soccer Courts 2010/11
Das Special „Soccer
Courts“ ist ein Ratgeber
rund um alle Themen, die
Fußball-Kleinspielfelder,
ob in der Halle, in Außenbereichen oder als EventAttraktion betreffen. Das
Special informiert über
die Komponenten wie den
Kunstrasen, die Banden,
Tore und Netze, die Beleuchtung und Tribünen.
Darüber hinaus präsentiert das Special wertvolle
Experten-Tipps für die
Planung und den Betrieb
von Soccer-Hallen.
Im Anhang findet der Interessent Hersteller und Dienstleister der
Branche mit ihren Kontaktdaten.
Als PDF kostenfrei herunterladen unter www.stadionwelt.de
Buchtipps | 87
Geglückter Start
Der öffentliche Raum wird zur Bühne für das soziale Leben in den Städten. Um
interessante Angebote für alle Bevölkerungsgruppen bieten zu können, setzt der
Bundesverband für Freiraum-Gestaltung (BFG) auf Information und auf eine
Vernetzung aller beteiligten Partner aus Planung und Politik. Durch Projekte,
Veranstaltungen und nicht zuletzt durch intensive Kontaktarbeit sind 2010
wichtige Schritte gelungen.
Verbänden eilt der Ruf voraus, als schwere und
unbewegliche Tanker in den jeweiligen Gewässern unterwegs zu sein. Der Bundesverband für
Freiraum-Gestaltung hat in 2010 viel dafür
getan, ganz anders zu sein und so auch wahrgenommen zu werden. Als wichtige Türöffner
haben sich die jährlichen BFG-Umfragen erwiesen, die einen neuen Blick auf Hintergründe und
Missstände, aber auch auf die Chancen eröffnen, die Kommunen nutzen, um die geforderten
Angebote im Freiraum einzurichten. Denn der
öffentliche Raum gelangt zunehmend Bedeutung als der Ort, der zu einem neuen kulturellen
Miteinander einlädt und auch eine stark heterogene Bevölkerung zusammenführen kann.
Das Thema Spielen im öffentlichen Raum stand
im Fokus der ersten beiden Umfragen, denn
der BFG übernimmt ganz klar eine Position als
„Anwalt“ für die Interessen von Kindern und
Jugendlichen im öffentlichen Raum. 2009 ging
es um die Gründe, die den Bau von Spiel- oder
Bolzplätzen verhindern. Neben fehlenden finanziellen Mitteln war es vor allem das Thema
„Kinderlärm“, das sich als der Schuh erwies, der
vielen Kommunen erheblich drückt. 2010 folgte
die Umfrage über das tatsächliche Budget, das
Kommunen für den Unterhalt und den Neubau
von Spielplätzen zur Verfügung steht. Beide
Umfragen haben dafür gesorgt, dass der BFG
als tatkräftige Institution Bekanntheit erlangt
und mit stichhaltigen Argumenten in Gespräche auch auf politischer Ebene einsteigen kann.
Zusammenarbeit mit
„Stern“ und „Report“
Die Umfragen wurden vom BFG für eine breite
Öffentlichkeitsarbeit in Richtung der Fach- und
Publikumsmedien genutzt. Das Ergebnis: Sowohl der Stern als auch das Fernsehmagazin
88 | Verband
Report aus Mainz arbeiteten mit dem BFG zusammen, um Informationen für Beiträge über
eingeschränkte Nutzungen oder gar Schließungen von Spiel- und Bolzplätzen sowie gerichtliche Klagen aufgrund von Kinderlärm auf
Spielplätzen zu sammeln. Für Report führte der
Verband sogar eine eigene Kurzumfrage durch.
Insgesamt ließ sich erkennen, dass die Themen
der BFG-Umfragen eine stärkere Medienpräsenz bekamen; Kinderlärm auf Spielplätzen
wurde kurz nach der Veröffentlichung selbst in
den Tagesthemen angesprochen.
Im Gespräch auf Messen
Der BFG hat verschiedene Messen genutzt, um
die Idee eines zentralen Ansprechpartners, einer
weitreichenden Vernetzung und der Lobbyarbeit für alle Themen der Freiraum-Gestaltung
vorzustellen. Mit eigenen Ständen war der BFG
auf der freispiel Berlin sowie auf der GalaBau
in Nürnberg vertreten. Als Highlight erwies sich
auf der freispiel Berlin im Februar das dreitägige Veranstaltungsprogramm, das der BFG gemeinsam mit dem Deutschen Kinderhilfswerk
organisiert hatte.
Neue Aufgaben für 2011
Der Austausch mit den verschiedenen Interessengruppen und nicht zuletzt mit den Kommunen hat gezeigt, dass der BFG mit seiner
Ausrichtung Themen der Zeit und auch den
Nerv der Zeit trifft. Benno Schäfer, erster Vorsitzender des BFG: „Die Zentren der Städte und
Gemeinden müssen attraktiver werden oder
zumindest ihre Attraktivität behalten. Dies zu
erreichen ist eine der ganz wesentlichen Aufgaben für die Zukunft, die stark im Zeichen des
demografischen Wandels steht. Der Gestaltung
des öffentlichen Raums für ein Miteinander
aller Generationen und Kulturen kommt da-
Durch Kontaktarbeit und Information hat der BFG
verschiedene Themen - den kommunalen Freiraum
betreffend - in die Öffentlichkeit gebracht.
Sehr gut kam das Veranstaltungsprogramm an, das der BFG gemeinsam mit dem Deutschen
Kinderhilfswerk auf der freispiel 2010 organisiert hatte.
bei eine Schlüsselfunktion zu. Gemeinsame
Projekte können zu einem neuen Wir-Gefühl
in den Städten führen. Deshalb wird der BFG
daran arbeiten, bei Entscheidern und Planern
ein Bewusstsein zu entwickeln, wie alle Bevölkerungsgruppen vom Kleinkind bis hin zu den
Senioren durch Angebote eingebunden werden
können, um Leben in die Städte zu bringen.“
„Der BFG hat 2010 gezeigt, dass er es als
echter Interessenverband in sehr kurzer Zeit
geschafft hat, wichtige kommunale Themen
im Bereich der Freiraumgestaltung in die
Öffentlichkeit zu rücken und im besten Sinne
des Wortes Lobbyarbeit zu leisten.“
Längst schon haben beim BFG die Vorbereitungen für das Jahr 2011 begonnen. Mit mehr
Mitgliedern und einem erweiterten Jahresprogramm soll die „Taktzahl“ der Veranstaltungen
und Projekte weiter nach oben gefahren werden. Derzeit erarbeitet der Anwalt und zweite
Vorsitzende des Verbands, Dr. Michael Winkelmüller, eine Bestandsaufnahme dazu, welche
Aufgaben und Möglichkeiten Kommunen bei
der Freiraum-Gestaltung innerhalb der gesetzlichen Richtlinien wahrnehmen können und
müssen. Im Zentrum steht die Frage: Ist die
Anzahl der Spielplätze auf kommunaler Ebene
durch das Verkehrssicherungsgesetz geregelt?
Die Ergebnisse werden ein weiterer Schritt
sein, um die Akteure im Bereich der FreiraumGestaltung zu unterstützen und Kommunen in
ihrer Arbeit juristisch abzusichern. Selbstverständlich wird die BFG-Umfrage 2011 folgen,
die dann auf der Fachmesse FSB in Köln im Oktober vorgestellt werden wird. Also: volle Fahrt
voraus – denn ein „Verbands-Tanker“ will der
BFG nicht werden.
Benno Schäfer, 1. Vorsitzender
des Bundesverbandes für Freiraum-Gestaltung
Dr. Anke Münster
Großes Interesse an der BFG-Umfrage 2010
Dass die finanzielle Situation der Kommunen mehr als nur angespannt ist,
weiß jeder. Wie sich das aber ganz konkret auf die Situation von Kindern in
Städten und Gemeinden auswirkt, konnte man bislang nur ahnen. Die auf
der GalaBau in Nürnberg vorgestellte BFG-Umfrage 2010 hat dies messbar
gemacht. Entsprechend groß war das Interesse in der Branche. Die Studie
wurde in den großen Fachzeitschriften vorgestellt. Kommunen fragten ebenso beim BFG nach wie Hochschulen und die Hersteller von Spielgeräten. Im
WDR war zuletzt zu hören, dass in Gütersloh ein Spielplatz abgebaut und als
Bauland verkauft werden soll. In Hagen stehen 30 bis 40 Spielplätze auf der
Streichliste. Wer die Zahl von 2914 Euro pro Spielplatz für sowohl für den
Unterhalt als auch für Neuanschaffungen von Geräten kennt, die vom BFG
deutschlandweit als Durchschnitt ermittelt wurde, der wundert sich nicht über
solche Entwicklungen. Der BFG wird die Ergebnisse der Umfrage weiter nutzen, um auf politischen Ebenen die Forderung nach einer kinderfreundlichen
Stadtgestaltung zu manifestieren.
Verband | 89
Zum 12. Symposium zur
Spiel- und Freiraumplanung trafen sich am
13. und 14. Oktober
2010 über 200 Interessierte in Vorarlberg,
Österreich. Im Zentrum
des Programms und der
Diskussionen standen
aktuelle internationale
Planungsphilosophien.
Spielen verbindet –
Über Grenzen hinweg!
Andreas Kupfer
Andreas Kupfer ist Obmann
des IFAU und verantwortlich
für die Symposiumsreihe. Er
hat Raumplanung studiert ist
unter anderem auch Gründer
der KinderUniSteyr.
90 | Verband
Seit 1996 veranstaltet das in Steyr, Oberösterreich beheimatete Bildungsinstitut IFAU-Institut für Angewandte Umweltbildung jährlich ein
Fachsymposium zur Spiel- und Freiraumplanung. Die Standorte wechseln von Jahr zu Jahr,
2008 wurde im Wiener Rathaus getagt, 2009
gab es eine Einladung der Europäischen Kulturhauptstadt Linz. Ausgangspunkt der Tagungsreihe war Mitte der 90er Jahre das Aufkommen
der „naturnahen Spielplatzgestaltung“. Mittlerweile hat sich das Themenspektrum erweitert,
der Anspruch, die Bedürfnisse und Anliegen der
Kinder und Jugendlichen bei der Programmerstellung in den Mittelpunkt zu stellen, ist geblieben.
Der Veranstaltungsort Dornbirn und das Bundesland Vorarlberg wurden 2010 ganz bewusst
ausgewählt. Hat sich Österreichs westlichstes
Bundesland 2009 per Gesetz verpflichtet, in allen Gemeinden eine Spiel- und Freiraumoffensive zu starten. Diese bundeslandweite Initiative hat mittlerweile Vorbildcharakter und kann
bereits nach einigen Monaten auf beachtliche
Erfolge verweisen. Maßgeblich verantwortlich
dafür ist „Kinder in die Mitte“, eine Initiative des
Landes Vorarlberg unter der Schirmherrschaft
von Landeshauptmann Herbert Sausgruber. Ziel
des engagierten Projektes ist, Vorarlberg zum
kinder-, jugend- und familienfreundlichsten
Bundesland zu machen. Daraus ist das Projekt
„Kindergerechte Lebensräume“ entstanden,
dass Gemeinden kompetent berät und breite
Unterstützung bei der Planung und Schaffung
neuer Spielräume gibt. Strategischer Auftrag
ist es eine kinderfreundliche Gesellschaft zu
schaffen und den Kindern Bewegung und Spiel
im Freiraum verstärkt zu ermöglichen. Dabei
werden die Spielraumkonzepte von Gemeinden
mit bis zu 70 Prozent gefördert. Besonderer
Wert wird bei der Erarbeitung der Konzepte
auf den partizipativen Ansatz, Barrierefreiheit
und naturnahe Gestaltung gelegt. Seit dem Inkrafttreten des Spielraumgesetzes arbeiten 30
Gemeinden an der Erstellung eines Spielraumkonzeptes, wobei zwei Konzepte bereits fertig
gestellt sind.
SPIELELEMENT WASSER
Im Zentrum des Symposiums stand das „Spielelement“ Wasser. Wasser trennt, ist Grenze und
verbindet. Es ist das sinnlichste und reizvollste
Spielelement. Bäche, Flüsse, Seen und Meere, sind Naturerfahrungsräume, die mit ihrer
Tierwelt, Steinen, Sand und Schlamm ideale
Forschungs - und Erfahrungsräume sind. Von
Planern wurden in Dornbirn realisierte und in
Umsetzung befindliche Projekte vorgestellt.
Gerhard Navara präsentierte mit dem „Wasserspielplatz Wien“ den größten und bekanntesten seiner Art in Österreich. Herbert Dreiseitl
gab einen Überblick über seine internationale
Tätigkeit, vor allem im Kontext mit der „Wiederbelebung“
urbaner Wasserlandschaften
in Süd-Ost-Asien. Bernhard Hanel und Robin
Wagner von KUKUK beeindruckten mit Wasserexperimenten und öffneten einen Blick in ihre
innovative, künstlerische Praxis der Freiraumgestaltung.
Der Nachmittag war den praxisorientierten
Workshops gewidmet. Der Schweizer Spielträumer Toni Anderfuhren und Günther Weiskopf
verwandelten (mit den Teilnehmern) mit Hilfe
einer großen Menge an Schwemmholz aus dem
Bodensee und einem Bagger die Flusslandschaft der Dornbirner Ache in eine temporäre
Kunstlandschaft. Auf die Bedeutung von Abenteuerspielplätzen in Städten wies Ernst Muhr
von FRATZ Graz hin, das Erfolgsprojekt „Mehrfachnutzungen in Wien“ wurde von Jutta Kleedorfer vorgestellt.
Dass auch die Anbindung von Freiräumen eine
wesentliche Rolle spielt, wurde in den Vorträgen am zweiten Tagungstag in den Fokus der
Diskussion gestellt. Die Fachbereiche der Verkehrsplanung und Architektur nehmen noch
immer zu wenig Rücksicht auf die Bedürfnisse
von Kindern und Jugendlichen. Dass es auch
anders geht, zeigten interdisziplinäre Planungsansätze aus der Schweiz, Deutschland
und Österreich. Juliane Krause von plan&rat
berichtete über Ansätze einer integrativen Verkehrsplanung, Eva Lingg von der FHS St. Gallen
stellte ein Projekt über „Bewegungsfreundliche
Siedlungsräume“ vor und Architekt Ramesh
Kumar Biswas ging mit seinem Vortrag auf die
sozialen Fragen im Städte- und Wohnbau ein.
Den Abschluss bildete ein Vortrag von Herbert
Dreiseitl zum Tagungsthema. Sein Resümee:
Grenzen braucht es, damit Dinge sichtbar werden. Grenzen sind beim Wasser entscheidend.
Das Spielen mit Grenzen und die Überwindung
von Grenzen schafft neue Räume des Lernens.
Links
IFAU – Institut für Angewandte Umweltbildung
» www.ifau.at
Land Vorarlberg,
Kindergerechte Lebensräume
» www.vorarlberg.at
(Kinder in die Mitte)
Andreas Kupfer
Verband | 91
Materialkunde
Wir informieren Sie über neueste Materialen,
Einbaumöglichkeiten und normative Änderungen
92 | Materialkunde
Mehr Farben und Formen
Fallschutzbeläge aus Gummigranulat bieten nicht nur Schutz
vor Sturzverletzungen, sondern auch immer mehr attraktive Gestaltungsoptionen für Außenbereiche.
Seit nahezu vier Jahrzehnten werden Fallschutzbeläge aus Gummigranulat auf Spielund Nutzflächen verlegt. Es handelt sich somit
um ein erfolgreich umgesetztes Kreislaufwirtschaftssystem mit langer Tradition. Insbesondere im Laufe der letzten zehn Jahre wurde das
Angebot der Fallschutzbeläge den unterschiedlichen Anforderungen angepasst. Dazu zählen
technische Verbesserungen ebenso wie die gestalterische Aufwertung zu einem vollwertigen
Bodenbelag für den Außenbereich. Heute gibt
es eine große Auswahl an Gestaltungsmöglichkeiten für zahlreiche Einsatzbereiche. Dabei
kommen in den verschiedenen Ländern unterschiedliche Arten von Fallschutzbelägen aus
Gummigranulat zum Einsatz. Ein wesentlicher
Grund dafür sind unterschiedliche Klimazonen:
In Nordeuropa werden andere Fallschutzarten
bevorzugt als vergleichsweise in südeuropäischen Ländern. Hinzu kommen länderspezifische Vorlieben für bestimmte Varianten dieses
Fallschutzes. Fallschutzbeläge mit großformatigen PU-Schaumplatten im Untergrund und
Kunstrasenüberzug gibt es beispielsweise nur
in Holland. In anderen Ländern schenkt man
dieser Bodenart kein Vertrauen. Frankreich dagegen kennt nahezu keine Fallschutzplatten –
hier werden seit vielen Jahren ausschließlich
Ortseinbauten bevorzugt.
stattet werden als rutschsichere Zuwege. Zunächst ist es natürlich wichtig, die Fallwerte
zu berücksichtigen. Je dünner ein Belag desto
eher korrespondiert eine hohe Rohdichte mit
beständigen Fallwerten. Höhere Fallanforderungen erfordern in der Regel einen dickeren
Belag mit einer entsprechend gesteigerten
Absorptionsfähigkeit. Hierfür werden unter
anderem diverse Fallschutzplatten mit einer
verschleißfesten Oberschicht und absortionsfähiger Drainage angeboten. Dies kann durch ein
Zwei-Schicht-Produkt mit unterschiedlichen
Körnungen erreicht werden. Mittlerweile gibt
es darüber hinaus Fliesunterlagen mit Kunststoffgewirr, die eine gute Absorption zwischen
Belag und Untergrund darstellen. Die Vorgaben
für die Dimensionierung des Fallschutzes sind
in der europäische Norm DIN EN 1177 geregelt,
die es zu beachten gilt. Wichtig ist aber zudem,
einen besonderen Fokus auf die Beständigkeit
der Böden zu legen. Diese Anforderung wird
sehr häufig vergessen. Kritische Punkte sind
die Flächen vor Karussellen, unter Schaukeln
oder ähnliche dynamischen Spielgeräten. Denn
selbst der beste Fallschutz bringt nichts, wenn
sich die Verschleißschicht kurzfristig auflöst.
Entsprechend beständige Produkte zeichnen
sich durch einen höheren Bindemittelanteil
oder eine höhere Rohdichte aus.
Die richtige Auswahl treffen
Ortseinbauten fordern
besondere Qualität
Für Planer von Freiflächen und Spielzonen
kommt es bei der Wahl des passenden Fallschutzbelags darauf an, die Anforderungen
im Detail zu prüfen. Denn es gibt gravierende
Unterschiede im Bezug auf die Fallschutzeigenschaften und die Beständigkeit beziehungsweise Verschleißfestigkeit. Die Beanspruchung
unter einem Schaukelbrett oder auf einer stark
frequentierten Schulspielfläche ist eine andere
als im Außenbereich eines Kindergartens. Ballspielflächen unter einem Basketballkorb oder
vor einem Fußballtor müssen anders ausge-
Sollen Hügel realisiert werden oder zum Beispiel durch wellenförmige Farbspiele Akzente auf einem Spielplatz oder Schulhof gesetzt
werden, kann der Fallschutz beziehungsweise
die Bodengestaltung durch Ortseinbauten umgesetzt werden. Hierbei ist unbedingt auf die
Qualität und die Erfahrung der Anbieter zu achten, denn für diese fugenlosen Beläge gilt ganz
besonders: Qualität hat ihren Preis. Oder anders
formuliert: ein billiger Ortseinbau ist selten gut.
Die Nutzschicht wird bei diesem Bodenbelag
Verband | 93
Beim Ortseinbau wird die Nutzschicht in halbflüssigem Zustand auf eine zuvor installierte Basisschicht gebracht – hier auf einem Spielplatz in Amiens (Frankreich).
Klaus Kaiser
Klaus Kaiser ist seit 1993
geschäftsführender Gesellschafter der Conradi+Kaiser
GmbH mit Sitz im rheinlandpfälzischen Kleinmaischeid
und spezialisiert auf die Herstellung von innovativen Bodensystemen aus Gummigranulat. Das während dieser Zeit
sowie in langjähriger Arbeit in
zahlreichen Ausschüssen und
Verbänden erworbene Wissen
im Bereich Fallschutz und
Elastik-Bodensysteme stellt er
in diesem Artikel vor. Derzeit
ist Klaus Kaiser beratendes
Vorstandsmitglied im Bundesverband für Freiraumgestaltung e.V. (BFG) und Mitglied
im Wirtschaftssenat.
» www.conradi-kaiser.de
94 | Materialkunde
Rasengitterplatten aus sortenreinem Gummigranulat
mit 50 Prozent Rasenanteil lassen sich unabhängig von
der Witterung und Jahreszeit nutzen.
in halbflüssigem Zustand auf eine zuvor installierte Basisschicht aufgebracht. Man findet
gerade in Ländern wie Frankreich, vor allem im
Süden, kaum einen Spielplatz ohne Ortseinbau,
aber auch kaum einen mit nicht mindestens
15 Flicken auf 50 Quadratmetern. Die Tücke
ist, dass es keiner hohen Investition bedarf, um
diese Beläge einzubauen. Wenn es allerdings
gut gemacht und haltbar sein soll, sind nicht
nur die richtigen Einbaumaterialien notwendig,
sondern darüber hinaus viel Erfahrung bei der
Realisation.
Granulat eingesetzt, so dass mittlerweile eine
Vielzahl an beständigen Farben von neonorange
bis violett erhältlich ist. Diese können auch zusammen mit sogenannten Polygras-Elementen
verlegt werden, bei denen in der Nutzschicht
Kunstrasen eingearbeitet ist. Ergänzt wird das
Angebot durch mehr und mehr Zusatzprofile
im gleichen Material, mit denen Abgrenzungen
und Einfassungen vorgenommen werden können. Hinzu kommen Gestaltungselemente wie
Sitzwürfel, die auch einen zusätzlichen Spielwert für Kinder bieten.
Neue Gestaltungsoptionen
bei Formteilen
Lösungen für spezielle Fragestellungen
Viele Jahre lang sind Fallschutzplatten vor allem in ihrer Funktionalität weiterentwickelt
worden. Das Design spielte eine untergeordnete Rolle. Weil sich dieser Bodenbelag jedoch
von einer technischen Lösung auch zu einem
Gestaltungselement entwickelt hat, ist das
Spektrum der Möglichkeiten immer weiter
gewachsen. Verschiedene Pflastersysteme bereichern das Angebot formschlüssiger Beläge.
Für Spielareale gibt es zum Beispiel auch Fallschutzplatten in der Form von Puzzleteilen in
vielen Farben. Derzeit läuft die Entwicklung,
um Formteile anbieten zu können, mit denen
zum Beispiel auch Ornamente oder Motive realisiert werden können. Breiter ist das Angebot
auch durch die deutlich erweiterte Farbpalette
geworden, die heute zur Verfügung steht. Wie
auch im Ortseinbau wird auch bei Formteilen
heute in der Oberschicht das bekannte EPDM-
Da sich die Anforderungen an den Fallschutz
kontinuierlich weiterentwickeln, kommen auch
auf Herstellerseite immer neue Lösungen hinzu. Seit Inkrafttreten der neuen europäischen
Norm, ist zum Beispiel auch unter Wipptieren
an Spielpunkten in Innenstädten ein Fallschutz
gefordert. Speziell dafür wurden passende Lösungen entwickelt, die den Vorgaben der Norm
entsprechen. Eine andere Speziallösung sind
Rasengitterplatten, die mit einem Anteil von
ungefähr 50 Prozent Rasen dauerhaft einen
natürlichen Fallschutz darstellen und zudem
entsprechend der Norm die Lösung für den Fallschutz an Hangrutschen sind. Für die Planung
von Spielplätzen ist zudem ein wichtiger Faktor, dass Fallschutzbeläge aus Gummigranulat
mit Fahrrädern, aber vor allem bei integrativen
Einrichtungen und für behindertengerecht ausgestattete Spielräume auch mit Rollstuhl befahrbar sind.
Klassischerweise werden Beläge aus Gummigranulat
als Fallschutz eingesetzt. Die fortgeschrittene Technik
erlaubt es, die Beläge auch gestalterisch einzusetzen.
Im Bild ein farbiger Polygras-Belag.
Mittlerweile sind fast alle Formen und Farben aus
Gummigranulat denkbar. Pflastersteinsysteme stehen
ebenso zur Verfügung wie Begrenzungsysteme.
Zukunftsperspektiven
Nach Einführung der neuen Din-Normen gab
es zunächst einige Fragestellungen, die für
Unsicherheiten sowohl bei den Herstellern
als vor allem auch bei den Verantwortlichen
in den Kommunen gesorgt haben. Einiges hat
sich geklärt. Doch ein Problem stellt sich nach
wie vor: Im Hinblick auf die Folge- oder Vergleichsprüfungen, die derzeit häufig freiwillig
durchgeführt werden, ist wichtig zu wissen,
dass die DIN EN 1177 derzeit durch die Kalibrierungsvorgabe deutliche Fehleraddition und
somit Messunterschiede zulässt. Deshalb kann
ein- und derselbe Fallschutz in unterschiedlichen Tests andere Fallwerte generieren. Das ist
problematisch und sollte deshalb sehr kurzfristig korrigiert werden.
Insgesamt lässt sich feststellen, dass Fallschutzbeläge aus Gummigranulat ihren Wert für die
Freiraumgestaltung signifikant verbessert haben. Heute ist ein Fallschutzbelag viel mehr
als nur ein um gegebenenfalls zehn Prozent
abweichender, absorptionsfähiger Untergrund.
Er ist strapazierfähig, belastbar, maßbeständig,
befahrbar, flexibel in der Gestaltung, kreativ,
wetterunabhängig, Folgekosten minimierend
und vieles mehr. Wenn es nur um Beschleunigungswerte ginge, wäre Sand die beste Alternative. Die Vielzahl der Einsatzbereiche wird
immer breiter: aber in erster Linie werden die
Allround-Böden durch die starke Orientierung
der Menschen in den öffentlichen Freiraum einen immer höheren Stellenwert für Planer und
Gestalter bekommen.
Klaus Kaiser
Erstveröffentlichung in Garten+Landschaft,
Ausgabe 10/2010, Callwey-Verlag, München
GRONARD bietet bundesweit die größte Auswahl an
ADFC-empfohlenen Modellen! Zum Beispiel:
3 TYP KAPPA® Fahrradparker tief / tief zum Einbetonieren,
ADFC geprüft
MODERNE LÖSUNGEN IN STAHL.
Fahrradparker Überdachungen Stadtmobiliar
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Materialkunde | 95
Perfekte Fahrradparker oder
ein schönes Stadtbild?
Wem fällt da nicht sofort der Gestaltungsleitsatz FFF (form follows
function ) von Louis Sullivan 1896 ein? Hat dieser Satz heute überhaupt noch Gültigkeit?
Hartnäckig hält sich das Vorurteil, dass funktionale Fahrradparker
nicht gut aussehen. Dabei gibt es einige gute Lösungen, die Design
und Nutzen in Einklang bringen.
Wenig durchdachtes Design
Abb. 1: Armes Vorderrad! Im Hintergrund das ADFC-empfohlene Modell
Kappa, von dem aber wegen der Optik
nur die niedrigen Bügel als Stadtmobiliar vorgesehen werden sollten (Hersteller Gronard und Rasti)
Immer die Radfahrer: Wenn sie fahren, halten
sie die Verkehrsregeln nicht ein; wenn sie ihr
Gefährt parken, verschandeln sie das Stadtbild.
Über die erste Behauptung soll hier nicht gesprochen werden. Aber Kommunen haben mittlerweile gute Möglichkeiten, die widersprüchlich erscheinenden Anforderungen zu erfüllen
und so möglichst wenige Probleme mit dem
Fahrradparken zu haben.
Es ist bekannt, dass Radler nicht gern zu Fuß
gehen und deshalb das Fahrrad ganz nah am
Ziel abstellen wollen. Die Anlehnmöglichkeiten
an Mauern oder Zäunen reichen dann in der
Regel nicht aus, um viele Fahrräder platzsparend und sicher unterzubringen. Einfachständer
sind zwar sehr platzsparend, aber nicht nutzerfreundlich, weil es nicht garantiert ist, ob das
Fahrrad am Ende der Abstellphase noch fahrbereit oder überhaupt noch vorhanden ist. Häufig
sind die Konstruktionsmaße in Vertikalrichtung
Abb. 2: Nur schön! Omega-Fahrradparker, zu klein, so dass das Vorderrad leicht in eine
gefährliche Kippung kommen kann. (Abb. 1)
Hersteller Orion
96 | Materialkunde
Auch der bekannte „Spiralständer“ bietet zu
wenig Halt, so dass die Vorderräder leicht
Schaden nehmen können. Oftmals ist der Abstand zwischen den Windungen der Spirale so
knapp bemessen, dass Fahrräder mit breiteren
Reifen oder gar Ballonreifen hier gar nicht geparkt werden können. Wenn der Spiralständer
nicht zum Fahrradparken aufgestellt wäre,
könnte man sich damit trösten, dass er wenigstens schön aussieht. Aber für die Nutzer ist das
„Kunstwerk“ eher trostlos. (Abb. 2)
Gute Fahrradparker sind so konstruiert, dass sie
dem Fahrrad eine stabile Vertikal- oder Anlehnstellung geben. Außerdem ist stets ein Wegrollschutz gefragt und eine wirklich einfache
Möglichkeit für das Anschließen des Fahrradrahmens mit kurzem Schloss. Beim Modell Indico ist die Synthese von Funktion und Form
ziemlich gut gelungen, jedoch werden häufig
die Frontleuchten der eingestellten Fahrräder
nach oben gebogen. (Abb. 3)
Eine einfache Ansperrmöglichkeit ist mit sogenannten Anlehnbügeln zu schaffen, die vielerorts (zu unrecht!) als die perfekten Fahrradparker angesehen werden. Diese Bügel haben
in der Regel keine Einrichtung, durch die das
Wegrollen eines eingestellten Fahrrades verhindert würde. Für eine definierte Position des
Vorderrades und damit des ganzen Fahrrades
sorgen solche Anlehnbügel nicht. Deshalb sehen Anlagen mit Anlehnbügeln oft dann am
besten aus, wenn sie leer sind. Das gilt auch für
die z.B. in Köln sehr verbreiteten „Haarnadeln“,
bei denen ein leidlich stabiler Stand nur durch
Benutzung des am Fahrrad angebrachten Ständers zu erreichen ist.
Gefüllt vermitteln sie häufig einen eher chaotischen Eindruck. Wenn Fahrräder von beiden
Seiten angelehnt werden, besteht durch den
Abb. 3: Ziemlich gut gelungen! Indico-Fahrradparker, Hersteller ABES
Abb. 4: Anlehnbügel im Einsatz. Weniger schöner Eindruck!
engen Kontakt zwischen den Fahrrädern auch
die Gefahr der Beschädigung, zum Beispiel von
Bowdenzügen oder Lampenkabeln. Anlehnbügel nutzen die verfügbaren Flächen nicht
perfekt aus und haben in der Regel wegen der
vielen notwendigen Fundamente erhöhte Montagekosten. (Abb. 4)
Anforderungen an optimale Systeme
Der Fahrradparker soll dem Fahrrad einen stabilen Stand geben, so dass kein Umkippen, kein
Vor- oder Zurückrollen auftreten kann. Rahmen
und ein Laufrad sollen mit kurzem Schloss und
ohne Bücken anschließbar sein. Bei höhenversetzter Einstellung der Vorderräder braucht
man mindestens 45 cm zwischen den Abstellplätzen, besser sind 50 cm. Wenn man wegen
des Stadtbildes auf die hohe Einstellung der
Vorderräder verzichten möchte, ist 60 cm Abstand mindestens erforderlich, ideal sind 70
cm. Die Maße 45 cm und 60 cm kommen bei
Anlagen mit in der Regel sehr langer Parkzeit
in Betracht. Fahrradparker, die alle wichtigen
Eigenschaften in sich vereinen, haben meist
eine Empfehlung des Allgemeinen Deutschen
Fahrrad-Clubs (ADFC). Um gute Eigenschaften
von Fahrradparkern mit den Notwendigkeiten
der Stadtgestaltung in Einklang zu bringen, hat
man verschiedene Möglichkeiten.
Aufgeräumtes Stadtbild durch
einheitliche Höhe
Es ist empfehlenswert, in optisch sensiblen Bereichen nur Fahrradparker zu verwenden, die
alle die gleiche Höhe haben. Das lässt sich auf
verschiedene Art und Weise realisieren. Zum
Beispiel können Parker mit nur tiefer Fahrradeinstellung verwendet werden. Das macht die
Stadt München, die weit über 10.000 Stellplätze mit dem Typ L15 tief vom Hersteller Langer
geschaffen hat (Abb. 5). Wenn man eine Reihe
von tiefen Fahrradparkern aus der üblichen Einstellrichtung 90 Grad beispielsweise nur um 30
Abb. 5: L15 in München, alle tiefe Radeinstellung, ADFC-empfohlen,
Hersteller Langer
Grad dreht, kann man die Fahrräder sogar dichter als mit 60 cm Abstand aufstellen, ohne dass
sich die Lenker berühren können. Schließlich
gibt es auch Fahrradparker für eine Hoch/TiefStellung der Vorderräder, bei denen aber alle
Bügel die gleiche Höhe und damit eine ruhigere
Optik haben, zum Beispiel das Modell Felix von
Gronard (Abb. 6).
Zusatznutzen: Stadtmobiliar
Sinnvoll ist in vielen Fällen auch, auf die Verbindung verschiedener Funktionalitäten zu
achten und Fahrradparker einzusetzen, die
einen Zusatznutzen als Stadtmobiliar haben.
Zum Beispiel können Poller, die eine Durchfahrt
von Autos verhindern, so ergänzt sein, dass an
ihnen ein oder zwei Fahrräder abgestellt und
gesichert werden können. Ein Beispiel dafür ist
das Modell Lambda von Rasti (Abb. 7).
Wenn vier einfache Poller zum Schutz eines
Baumes aufgestellt werden, schützen diese
zwar den Baum vor den Kfz, nützen den Radlern aber nichts. Ein Schutzbügel rings um den
Baum kann beides besser (Abb. 8).
Abb. 6: Felix, Radeinstellung hoch/
tief, alle Bügel haben gleiche Höhe,
ADFC-empfohlen, Hersteller Gronard
und Rasti
Materialkunde | 97
Abb. 7: Lambda, Poller mit Zusatznutzen, ADFC-empfohlen, Hersteller Rasti
Abb. 8: Vier Poller schützen einen Baum
Abb. 9: Arreta vor ALDI-Süd, ADFC-empfohlen, hier in Edelstahl, Hersteller Gronard
Hartwig Hammerschmidt
Ansprechpartner für Fahrrad-Abstellanlagen,
ADFC-Landesverband Bayern. Hartwig Hammerschmidt befasst sich seit fast 20 Jahren
mit der Konstruktion von nutzerfreundlichen
Fahrradparkern, die von drei Herstellern gefertigt werden
» www.adfc.de
Rasti GmbH, An der Mühle 21 · D-49733 Haren
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98 | Materialkunde
Ausblick auf Städtebau und Architektur
Stadtumbau ist der Schlüsselbegriff für die Herausforderungen der Zukunft. Mit den damit
einhergehenden Umstrukturierungen nimmt
das Radfahren zunehmend an Umfang und
Bedeutung zu. Somit sind alle mit Design, Architektur und Städtebau befassten Fachleute
aufgefordert, sich mehr dem Thema ‚Wann, wo
und wie parke ich mein Fahrrad’ zu beschäftigen und vielleicht stärker als bisher wieder
Form und Funktion als zwei Seiten der gleichen
Medaille zu beachten. Dies gelingt allerdings
nur im interdisziplinären Diskurs, zu dem dieser
Artikel einen Anstoß und Beitrag leisten will.
Hartwig Hammerschmidt
Ostap Ogrodnik
Unsere Besten!
Bequeme und sichere Fahrradparker.
Jedes der über 100 Modelle von Rasti erfüllt höchste
Anforderungen hinsichtlich Funktionalität, Design,
Sicherheit und Komfort. Vier Fahrradparkern
hat der Allgemeine Deutsche Fahrradclub sogar das
Gütesiegel „Empfohlene adfc-Qualität“ verliehen.
An einer am Straßenrand sowieso notwendigen
Absperrung mit der Normhöhe 90 cm kann man
vom Gehweg her alle ca. 2 m ein Fahrrad anlehnen und sichern. Einen größeren Zusatznutzen
erhält man bei vorhandenem Platz, wenn man
alle 70 cm in diese Absperrung Fahrradparker
einbaut. Das Modell Arreta von Gronard ist so
konstruiert und wird deshalb von etlichen Städten eingesetzt. Es ist vom ADFC empfohlen. Ein
großer Discounter bietet seinen Kunden diesen
Parker bei inzwischen mehr als 40 Filialen an:
Dort geht es nicht um die Absperrfunktion, sondern um die Installation eines formschönen und
kundenfreundlichen Fahrradparkers (Abb. 9).
Alle ADFC-empfohlenen Fahrradparker findet
man in www.adfc.de/abstellanlagen und in
www.adfc-bayern.de/abstellanlagen.htm , hier
incl. ausführlicher Hinweise zur Planung von
Abstellanlagen.
Mitglied im
Förderkreis
Abb. 2: Auch ein abgesenkter Bord ist
oft schwer zu überwinden.
Unbehindert mobil
Barrierefreiheit im öffentlichen Raum
2002 wurde mit dem Gesetz zur Gleichstellung
behinderter Menschen (BGG) der Auftrag gesetzlich festgeschrieben, „...öffentliche Wege,
Plätze und Straßen sowie öffentlich zugängliche Verkehrsanlagen und Beförderungsmittel
im öffentlichen Personenverkehr ... barrierefrei zu gestalten. Ähnliches formulierten in
den Folgejahren die entsprechenden Gesetze
der Länder. Doch was bedeutet Barrierefreiheit konkret? Die für den öffentlichen Raum
einschlägigen Regelwerke enthielten zwar
Vorgaben, aber wenig konkrete Lösungen. So
begannen einige Kommunen und Bundesländer
eigene Konzepte zu entwickeln. Insbesondere
Orientierungssysteme für Sehbehinderte und
Blinde können aber nur funktionieren, wenn sie
gelernt und verstanden worden sind und setzen
daher eine Einheitlichkeit voraus. Inzwischen
liegt hier ein neuer Normentwurf vor.
Bordhöhe an der Querungsstelle:
Null oder 3 cm?
Die gefährlichste Situation für Fußgänger ist
die Fahrbahnquerung. Bisher werden standardmäßig die Borde auf 3 cm abgesenkt, um den
Übergang auf die Fahrbahn und vor allem von
der Fahrbahn wieder auf den Gehweg zu erleichtern. Dies ist für Fußgänger komfortabel,
für Menschen, die auf Rollstuhl oder Rollator
angewiesen sind, aber unbedingt Voraussetzung, um überhaupt die Fahrbahn queren zu
können. Blinde und Sehbehinderte benötigen
dagegen den Höhenversatz am Bord, um die
Fahrbahn zu erkennen oder mit dem Stock ertasten zu können. Die 3 cm Bordhöhe sind ein
klassischer Kompromiss. (Abb.2)
Mit Blick auf die Menschen mit Rollstuhl oder
Rollator senken viele Kommunen den Bord inzwischen tiefer ab, auf 2 oder gar 1 cm. Für
Blinde, die sich mit dem Stock orientieren, sind
3 cm aber ein absolutes Mindestmaß. Soll die
Kompromisslösung für beide beteiligten Seiten
einigermaßen funktionieren, muss die Bordhöhe von 3 cm also präzise eingehalten werden. In
der Praxis und auf Dauer ist dies jedoch kaum
zu realisieren. Eine Lösung ist, für sehbehinderte und blinde Menschen separierte Querungsbereiche anzubieten, zu denen sie mit Bodenindikatoren geführt werden und die ihnen mehr
als den Mindestbord von 3 cm bieten. Daneben
kann dann der Bord auf Fahrbahnhöhe abgesenkt werden. (Abb.3)
Um die Absenkung zu vereinfachen, wurde vom
Amt für Straßen- und Verkehrswesen Kassel
ein besonderer Formstein, der Kasseler Rollbord, entwickelt. Durch den Rampenstein kann
die Gehwegabsenkung geringer ausfallen, der
Bord lässt sich – auch mit Hilfe eines speziellen
Übergangssteins – auf kurzer Distanz wieder
auf eine leicht ertastbare Höhe verziehen und
die Wasserführung in der Rinne wird ebenfalls
einfacher. Die Absenkung sollte in jedem Fall
durch Bodenindikatoren gesichert werden.
(Abb.4)
Abb. 3: Querungsstelle in Fulda mit
differenzierter Bordhöhe. Die Nullabsenkung ist mit einem Sperrfeld für
Blinde abgesichert, ein Richtungsfeld
zeigt am schrägen Bord die Querungsrichtung an.
Abb. 4: Querungsstelle in Stadtallendorf
mit differenzierter Bordhöhe. Nullabsenkung mit Rollbord und Sperrfeld zur
Absicherung für Blinde
Abb. 5: Anzeige einer breiten Bordabsenkung mit einem Richtungsfeld in
Querungsrichtung in Frankfurt
Materialkunde | 99
Abb. 6: Querungsstelle in Offenbach mit Nullabsenkung. Auffindestreifen leiten Blinde zum
Ampelmast. Ein dunkler Begleitstreifen sorgt für
optischen Kontrast.
Rippenplatten
Abb. 7: Busbahnhof Mörfelden in Bau. Dunkle
Begleitstreifen sorgen für optischen Kontrast am
Leitstreifen entlang der Bahnsteigkante. Noppen
warnen rechts vor der Treppe.
Noppenplatten
Maße
im Gebäude/
Innenbereich
im Außenbereich
a Abstand der Scheitelpunkte benachbarter Rippen
25 bis 60
30 bis 50
b
Rippenbreite (an der Messebene)
5 bis 10
5 bis 15a
c
Abstand der Rippen (in Messebene)
20 bis 50
25 bis 35b
Rippenhöhe (Basis bis Oberkante)
3 bis 4
4 bis 5
h
a
bei Sperrfeldern erforderlich 5 mm bis 10 mm
b
bei Sperrfeldern erforderlich 30 mm bis 40 mm
Tabelle 1: Rippenplatten
Maße
im Gebäude/
Innenbereich
im Außenbereich
a
orthogonaler Abstand der Mittelpunkte benachbarter Noppen
40 bis 60
50 bis 75
b
Noppenbreite bzw. Durchmesser (in Messebene)
15 bis 20
20 bis 30
c
Orthogonaler Abstand der Noppen (in Messebene)
25 bis 40
25 bis 50
d
diagonaler Abstand der Mittelpunkte benachbarter Noppen
28 bis 42
35 bis 53
h
Noppenhöhe (Basis bis Oberkante)
3 bis 4
4 bis 5c
c
Die Noppenhöhe muss bei Kugelkalotten im
Außenbereich mindestens 4,5 mm betragen
Tabelle 2: Die Kanten der Rippen dürfen ausgerundet werden. Durch die Definition einer Messebene 1 mm unter der Oberkante bzw. dem Scheitelpunkt werden Messfehler durch Profilrundungen berücksichtigt.
100 | Materialkunde
Abb. 8: Haltestelle Auestadion in Kassel. Hier
wurden dunkle Bodenindikatoren eingesetzt,
um einen optischen Kontrast zu gewährleisten.
Bodenindikatoren führen Blinde zum Ampelmast
und Bord neben der separaten Nullabsenkung.
Eine Alternative ist die Bordabsenkung über die
gesamte Breite der Querungsstelle und ihre Absicherung durch Bodenindikatoren. Dies ist die
international eher übliche Lösung, z.B. in Frankreich oder Österreich. Eine Untersuchung der
Hessischen Straßen- und Verkehrsverwaltung
bestätigte die Funktionsfähigkeit beider Lösungen. Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband lehnt eine Bordabsenkung unter 3
cm aber grundsätzlich ab, wenn sie breiter als
1 m ist, auch wenn sie durch Bodenindikatoren abgeschirmt wird. Die Diskussion ist derzeit
noch im Gange. (Abb.5)
Bodenindikatoren
An Querungsstellen mit Nullabsenkung dienen
Bodenindikatoren nicht nur der Orientierung,
sondern sind unmittelbar sicherheitsrelevant.
Deshalb muss ihre Anordnung stimmen, ihre
Struktur muss gut ertastbar sein und sich deutlich vom Umgebungsbelag unterscheiden. Die
Rillenplatten nach alter Norm genügen diesen
Anforderungen nicht, die Rillen sind zu eng und
mit den üblichen Stockspitzen nicht erkennbar.
Die Untergrenze der Rillenbreite liegt im neuen
Normentwurf nicht von ungefähr oberhalb der
alten Maximalbreite. Für Noppenplatten gab
es bisher noch gar keine Vorgaben, sie werden
aber zunehmend eingesetzt. Noppen lassen sich
auch mit den Füßen ertasten und sind deshalb
besonders geeignet für Warnhinweise.
Auch die besten Bodenindikatoren sind aber
nur ertastbar, wenn sie vom Umgebungsbelag
unterscheidbar sind. Natursteinpflaster oder
auch Betonsteine mit Fase sind ungeeignet, ein
glatter Begleitstreifen kann aber für genügend
optischen und taktilen Kontrast sorgen. (Abb.6)
Bodenindikatoren müssen richtig gelesen werden können. Die Zuordnung der Bedeutungen
ergibt sich z.T. aus der Struktur, beruht aber
zu einem erheblichen Teil auf Vereinbarung.
Diese Vereinbarungen können aber durchaus
unterschiedlich sein. Eine Vereinheitlichung
ist deshalb dringend, insbesondere müssen sicherheitsrelevante Fehlinterpretationen ausgeschlossen werden. Rippen sind eine gerichtete
Struktur, sie werden international einheitlich
genutzt, um zu leiten, in Deutschland auch um
die Gehrichtung anzuzeigen, z. B. an einer Querungsstelle. Das wird in Österreich aber schon
anders angezeigt, da werden die Rippen quer
angeordnet. Noppen sind richtungslos, sie werden eingesetzt, um Aufmerksamkeit zu erregen.
Das kann eine Verzweigung sein, aber auch
eine Warnung vor Treppen, Hindernissen oder
Gefährdungen. (Abb. 7,8)
Zu Zielen am Straßenrand führen Auffindestreifen quer über den ganzen Gehweg. Bei Auffindestreifen wird der Einsatz von Noppen und
Rippen sehr unterschiedlich gehandhabt. Der
DIN-Entwurf sieht für Querungsstellen Noppen
vor, für Haltestellen und andere Ziele Rippen,
die in Gehrichtung, also parallel zum Bord, verlegt sind.
Auch die Einstiegsstelle selbst in Bus oder Bahn
wird unterschiedlich markiert. Der DIN-Entwurf
und ähnlich der hessische Leitfaden sieht hier
Rippenplatten parallel zum Bord vor. In Nordrheinwestfalen werden stattdessen Noppen
vorgeschlagen, in einigen Städten wie z.B. Essen aber auch Rippen eingebaut, die quer zum
Bord liegen. Und hier wird es gefährlich: In den
meisten Städten zeigen Rippen, die auf den
Bord zulaufen, die Querungsrichtung an. Und
auch die Noppen am Bord könnten in Hessen
als Querungsstelle interpretiert werden, weil
hier am Ende des Auffindestreifens nicht immer ein Richtungsfeld angeordnet ist, wenn der
Bord dazu rechtwinklig verläuft. (Abb.9,10)
Gerade bei der Anordnung der Bodenindikatoren an Halte- und Querungsstellen wäre eine
einheitliche Regelung dringlich. Die Übergänge über die Fahrbahn oder in ein anderes Verkehrsmittel sind für Blinde die schwierigsten
Aufgaben, die sich im Verkehr stellen, gerade
hier können Missverständnisse schnell gefährlich werden.
Radwege und shared space
Gehbehinderte, Menschen mit Rollstuhl und
Rollator brauchen Wege ohne Schwellen, Stufen und Hindernisse. Für sie ist shared space,
die niveaugleiche Verkehrsfläche für alle, das
ideale Verkehrskonzept. Blinde Menschen aber
brauchen Sicherheit und Orientierung. Wenn
der Bord fehlt, müssen ihnen andere Hilfen
geboten werden, Bodenindikatoren können
nützlich sein, aber diese Planung setzt sehr viel
Fingerspitzengefühl voraus. Im Hinblick auf die
Barrierefreiheit ist shared space jedenfalls mit
viel Vorsicht zu betrachten. Auf Gehwegniveau
geführte Radwege sind auch eine Art shared
space, zumindest wenn Rad und Gehweg nur
optisch unterschieden sind. Rollstuhlfahrern
kann das helfen, sie können die Absenkung
des Radwegs nutzen, um auf die Fahrbahn zu
gelangen. Aber Blinde können über diese Absenkung auf die Fahrbahn geraten, ohne es zu
merken. Deshalb muss die Trennung zwischen
Geh- und Radweg auch taktil ertastbar sein,
z.B. durch einen Pflasterstreifen oder einen besonderen Trennstein. (Abb.12)
Abb. 9: Bushaltestelle in Essen. Ein
Leitsystem führt zum Einstiegsfeld mit
Rippen, die zum Bord weisen
Fazit
Der barrierefreie Verkehrsraum ist eine langfristige Aufgabe, die planerisches konzeptionelles
Denken erfordert. Barrierefreiheit erfordert eine
sorgfältige Abwägung divergierender Interessen und eine detaillierte Planung. Erfahrungen
bei der Bauausführung zeigen, dass auch hier
noch viele Fehler gemacht werden können: Borde werden nicht in der richtigen Höhe gesetzt,
Bodenindikatoren gedreht, Entwässerung nicht
gewährleistet oder Schachtdeckel nicht beachtet. Die Liste ließe sich fortsetzen. Der Weg
zu einem barrierefreien öffentlichen Raum ist
noch lang.
Abb. 10: Haltestelle in Fulda mit
Auffindestreifen und Einstiegsfeld. Alle
Rippen verlaufen parallel zum Bord.
Der Bereich um die Bodenindikatoren
wurde zur Verbesserung des optischen
und taktilen Kontrastes mit dunklen
Betonplatten versehen.
Bernhard Kohaupt
Bernhard Kohaupt
Bernhard Kohaupt studierte Architektur und
Stadtbau an der TU Hannover und Berlin und
schloss das Studium 1971 mit dem Diplom
ab. Nach Tätigkeiten im Institut Wohnen und
Umwelt Darmstadt sowie für Architekturbüros, Kommunalverwaltung und Industrie
arbeitete er in der Hessischen Straßen- und
Verkehrsverwaltung. Hier war er Leiter der
Arbeitsgruppe Barrierefreier Verkehrsraum.
Bernhard Kohaupt ist Mitglied des Normausschusses NA 063-06-04 AA sowie
Mitverfasser mehrerer Publikationen der Hessischen Straßen- und Verkehrsverwaltung und engagiert sich in der Mitarbeit an verschiedenen Regelwerken.
Materialkunde | 101
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Produktdesigner, Holzbildhauer oder Konstrukteure mit höchstem Engagement, Kompetenz
und Erfahrung täglich für die detaillierte Gestaltung kreativer und innovativer splintfreier
Robinienholz-Spielplatzgeräte.
Dabei legt der Betrieb auf die Erfüllung zweier
selbst gestellter Anforderungen ganz besonderen Wert: Zum einen auf die Erhaltung der
natürlichen Form des Robinien-Kern-Holzes
(entfernter Splint) und somit auf naturnahe
Gesamt-Konstruktionen, zum anderen auf die
detaillierte Umsetzung spezieller Kundenwünsche. Einzigartige und individuelle Projekte, die
manchmal auch eine Geschichte erzählen, sind
die schönsten und größten Herausforderungen.
Eine Kindertagesstätte beispielsweise bedankte
sich auf spezielle Weise bei der örtlichen Feuerwehr, die sie jahrelang mit kleinen Spenden
unterstützte. Die große Robinienholzfeuerwehr,
die den Kindern dort seit Mitte November große
Freude bereitet, ist ein individuelles, aus einer
besonderen Geschichte heraus entstandenes
Projekt, das für alle Beteiligten zu einer Herzensangelegenheit wurde. Die Firma Ziegler
Spielplätze von A bis Z realisiert Themenspielplätze, auch mit kulturellen und historischen
Hintergründen: eine alte Bockwindmühle aus
dem 15. Jahrhundert, die durch einen Sturm
zerstört und dank Sponsoren wieder aufgebaut
werden konnte, erinnert an das Projekt „Wind
in der Mühle“, das nun zum unverwechselbaren
Markenzeichen des Örtchens Krosigk in Petersberg geworden ist.
Natürlich – und dies im wahrsten Sinne des
Wortes – bleibt die Firma Ziegler am Puls der
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wie der „Photovoltaik“ spiegeln neben individuellen Projekten die Vielfalt der Produkte wider.
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www.richter-spielgeraete.de
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Fax +49 (0) 8052 4180
R&T STAINLESS A/S
Innovations 4 Play
Spielplatzkomponenten aus Edelstahl
Holsbjergvej 42
DK 2620 Albertslund
Dänemark
[email protected]
www.rt-stainless.com
Tel. +45 39563473
Fax +45 39692384
106 | Tivoli
Akustik und Spiel
Wasser und Spiel
Kind und Spiel
Bewegung durch Klettern
Älter werden
graubner
Spielstationen zur Entfaltung der Sinne
Schaukelgelenke, Basketballkörbe, Sandkräne, Wippenlager, Einzelpunkt Schwingbeschläge, Seilbahnen mit Zubehör, Schaukelsitze
und Rutschbahnen, viele mit Zertifikaten vom TÜV Produkt Service.
Als Unternehmen mit großem Exportanteil sind wir bestrebt, flexibel
und schnell zu sein. Auch Sonderkonstruktionen sind möglich.
S P I E L -
U N D
S P O R T G E R Ä T E ,
P U B L I C
D E S I G N
Schulstraße 27
D-35614 Aßlar-Berghausen
SPOGG Sport-Güter GmbH
Spielplatzgeräte zum Drehen, Wippen und Klettern
Trampoline
[email protected]
www.hally-gally-spielplatzgeraete.de
Spielplatzgeräte
Vogelnestschaukel
Tel. +49 (0) 6443 811262
Fax +49 (0) 6443 811269
smb Seilspielgeräte GmbH Berlin
in Hoppegarten
Handwerkerstraße 7
D-15366 Hoppegarten
Herstellung von Seilspiel- und Spielplatzgeräten:
[email protected]
www.smb-seilspielgeraete.de
Tel. +49 (0) 3342 302015
Fax +49 (0) 3342 302016
– Raumnetze
– Flächennetze
– Netztunnel
– Trampolin
– Karussells
– Seilbrücken
– Sport- und Freizeitgeräte
– Bolzplatztore „citytor –das Original“
– Seil-Zusatzelemente für Spielgeräte
– Ballfang-Seilnetzzäune
– SIPA-Seilsitze
Spielplatzgeräte und Public Design-Produkte
Innovative Spielplatzgeräte und Public Design-Produkte
aus Stahl und Edelstahl
–
–
–
–
eigenständiges und durchgängiges Design
hochwertig verarbeitet
wartungsarm und langlebig
kostengünstig in Preis und Unterhalt
Fallschutzsysteme nach EN 1177
stilum GmbH
Gewerbegebiet Larsheck
D-56271 Kleinmaischeid
[email protected]
www.stilum.de
Tel. +49 (0) 2689 92790-0
Fax +49 (0) 2689 92790-29
Seilfabrik Ullmann
Handelsniederlassung Bremen GmbH
Am Rönnebecker Hain 1
D-28777 Bremen
Drehbare Klettertürme, Kletternetze, Kletterpyramiden,
Nestschaukeln, Seilbrücken, Sonderanfertigungen,
aus USACORD Long-life unzerschneidbar
[email protected]
www.seilfabrik-ullmann.de
Spielgeräte
Tel. +49 (0) 421 69038-8
Fax +49 (0) 421 69038-75
ZIMMER.OBST GmbH
Individuelle Spielraumgestaltung
Am Winkel 9
D-15528 Spreenhagen
[email protected]
www.zimmerobst.de
www.spielraumgestaltung.de
-
Spezialist für individuelle Planung von Spielanlagen
kompetente Beratung
Herstellung in eigener Werkstatt
Montage durch eigenes Fachpersonal
Geprüfte Sicherheit nach EN 1176/77
Tel. +49 (0) 33633 69 89-0
Fax. +49 (0) 33633 69 89-29
S T A D T M O B I L I A R ;
P U B L I C
GRONARD
metallbau & stadtmobiliar gmbh
Ansprechpartner: Hr. Lothar Gronard
RASTI GmbH
Außen- und Stadtmobiliar
Kontaktperson: Hr. Klaus Bergmann
D E S I G N
Bayerwaldstraße 23
81737 München
Mit 60 Jahren Erfahrung beraten, planen, fertigen und montieren wir
Ihre Lösung aus einer Hand:
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www.gronard.de
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Tel. 089 6701015
Fax 089 6376171
[email protected]
www.rasti.eu
www.der-fahrradparker.de
www.die-muelltonne.de
www.die-parkbank.de
www.bambu-online.de
www.bigpublic.eu
An der Mühle 21 · D-49733 Haren
Tel.: 0 800 / 200 50 11
Fax: 0 800 / 200 50 12
(gebührenfrei)
(gebührenfrei)
Fahrradparker
(Fahrrad)-Überdachungen
Wartehallen
Carports
Mülleinhausungen
Stadtmobiliar
Außen- und Stadtmobiliar aus Edelstahl, Kunststoff, Stahl, Holz,
optional mit FSC-Zertifikat, Bambu. Prämiertes Design von mmcité.
• Überdachungen und Wartehallen
• Fahrradständer und Anlehnbügel, Fahrradgaragen
• Pfosten und Absperrungen
• Parkbänke, Sitzlandschaften, Bänke und Tische
• Abfallbehälter und Ascher
• Fahnenmasten
• Schaukästen und Werbeanlagen
• Ausstattungen für Friedhöfe, Pflanzgefäße
Tivoli | 107
Z U L I E F E R E R
Seilerei Prutz GmbH
Seilspielgeräte für Kinderspielplätze
Netze für Industrie, Sport und Freizeit
Drahtseile, Seilerwaren
Wittenberger Straße 89
D-06905 Bad Schmiedeberg
[email protected]
www.seilerei-prutz.de
Seilspielgeräte:
Netze, Brücken, Schaukelkörbe, Hängematten, Klettertaue,
Sonderanfertigungen und Seilerwaren nach Kundenwunsch
Tel. +49 (0) 34925 70392
Fax +49 (0) 34925 70155
V E R B Ä N D E
Bundesverband für
Freiraumgestaltung e.V.
Gestaltung
Gesellschaft
Recht
Finanzierung
Bundesverband für Freiraum-Gestaltung e.V.
Einrichtung einer Plattform für den Austausch
mit Planern, rechtlichen Beratern, öffentlichen
Institutionen, Finanzexperten und der Industrie
Gewerbegebiet Larsheck
D-56271 Kleinmaischeid
[email protected]
www.bv-freiraumgestaltung.de
Tel. +49 (0) 2689 9591-37
Fax +49 (0) 2689 9591-38
Geschäftsführerin: Maike Söltl
Verband Deutscher Hallenspielplätze
Veranstaltung von Fachseminaren und Kooperationen mit Fachmessen
Darstellung der kommunalen Interessen bei politischen Entscheidungsgremien
Für Planer und die Industrie bietet der BFG ein interessantes
Forum, um sich nah an den entscheidenden Themen der kommunalen Freiraumplanung bewegen zu können.
Geschäftsführer: Ubbo Voss
Mobil: +49 (0) 160 94712821
Der VDH versteht sich als Serviceunternehmen für seine Mitglieder,
vertritt ihre Interessen, schafft ihnen Wettbewerbsvorteile und
macht sich stark für deren wirtschaftlichen Erfolg.
Hierzu gehören im Einzelnen:
– Information & Erfahrungsaustausch durch regelmäßige Treffen,
Newsletter, Homepage, Workshops, Tagungen, Messen
– Einkaufsvorteile durch Rahmenverträge mit Herstellern,
Lieferanten, Dienstleistern, Versicherern, u.v.m
– Beratung, Schulung, Marktanalysen
– Interessenvertretung bei Politik, Berufsgenossenschaften, GEMA,
TÜV, GEZ, u.v.m. – Medien- & Öffentlichkeitsarbeit
– Qualitätssiegel & Klassifizierung – u.v.m.
Karlstraße 13
D-73773 Aichwald
Das Portal von Planern für Planer.
Die zeitgemäße Produkt- und Firmenpräsentation!
Sandtorkai 74
D-20457 Hamburg
[email protected]
Fachliche, wirtschaftliche & politische
Interessenvertretung für Betreiber,
Gerätehersteller und Dienstleister der Branche
Beleuchtung der Situation in den Kommunen zum Beispiel durch
Umfragen
Tel. +49 (0) 40 822232-33
Fax +49 (0) 40 822232-39
O N L I N E - I N F O R M A T I O N E N
ScapeScout GmbH
Internetportal für die grüne Branche
Arbeitsinstrument für Planer, Architekten, Baufirmen
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www.scapescout.de
Tel. +49 (0) 711 3151712
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Direkter Kontakt
Kreativer Fachaustausch
Laufende Datenaktualisierung
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Redeker Sellner Dahs
Rechtsanwälte
Moderne Dienstleistung. Umfassende Expertise.
Spezialisierung.
Und Erfahrung seit 1929.
johnen-druck GmbH & Co. KG
Hauptsitz:
Mozartstraße 4–10
D - 53115 Bonn
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www.redeker.de
Tel.: +49 (0) 228 72625-0
Fax: +49 (0) 228 72625-99
Bornwiese
D-54470 Bernkastel-Kues
[email protected]
www.johnen-gruppe.de
Tel. +49 (0) 6531 509-0
Fax. +49 (0) 6531 509-49
108 | Tivoli
Full-Service in Berlin | Bonn | Brüssel | Leipzig | London.
Mit etwa 80 Rechtsanwälten bieten wir unseren Mandanten
kompetente, praxisnahe Unterstützung. Komplexe Projekte
betreuen wir mit interdisziplinären Teams und beraten mit
fachübergreifendem Spezialwissen.
Vertrauen zwischen Anwalt und Mandant steht bei uns an
erster Stelle.
Bogenoffsetdruckerei mit Vorstufe, Veredelungstechniken,
Weiterverarbeitung und Lettershop.
Herstellung und Distribution von Drucksachen wie Flyern,
Broschüren, Katalogen, Magazinen, Zeitschriften, Postern, etc.
15. April bis 15. Oktober 2011
27. bis 29. Juni 2011
7. Wirtschaftswoche Jahrestagung
„Neustart Kommune“ in Berlin
Bundesgartenschau Koblenz
From Urban Landscapes
to Alpine Gardens
Kontakt: EUROFORUM Deutschland SE
Sonja Meyer
Postfach 11 12 34 · 40512 Düsseldorf
Tel.: 0211 9686-3539
[email protected]
www.neustart-kommune.de
16. bis 17. Februar 2011
KOMCOM NORD
Die Fachmesse für den Public-Sektor
Messe Hannover
KOMCOM Messe GmbH · Tel.: 0681 95427-0
[email protected] · www.komcom.de
Kontakt:
Bundesgartenschau Koblenz 2011 GmbH
Kastorpfaffenstraße 21 · 56068 Koblenz
Tel. 0261 / 70 - 2011
www.buga2011.de
21. April bis 9. Oktober 2011
26. bis 28. Oktober 2011
Landesgartenschau Norderstedt
FSB
Kontakt: Landesgartenschau
Norderstedt 2011 gGmbH
Emanuel-Geibel-Str. 1-3 · 22844 Norderstedt
Tel.: 040 3259930-0
[email protected]
www.landesgartenschau-norderstedt.de
Freiraum – Sport – Bäder
Messe Köln
Kontakt: Koelnmesse GmbH
Messeplatz 1 · 50679 Köln
Bettina Frias · Tel.: 0221 821-2268
[email protected] · www.fsb-cologne.de
10. bis 11. März 2011
18. bis 19. Mai 2011
Spielmarkt Remscheid
public space germany 2011
Markt – Fachforum – Bildungsfest
Kontakt: Akademie Remscheid
Fachbereich Spielpädagogik
Küppelstein 34 · 42857 Remscheid
Tel.: 02191 794-0
www.akademieremscheid.de
www.spielmarkt.de
Fachmesse für öffentliche Raumgestaltung
Messe Essen
Kontakt: ExpoProof
Kaiserswerther Straße 115 · 40880 Ratingen
Tel.: 0621 70019-0
www.publicspacegermany.de
12. bis 13. April 2011
18. bis 25. Juni 2011
public 11 Zukunft Kommune
Festival der
Stadtraum-Inszenierung
Fachmesse für Stadtplanung
und öffentliche Raumgestaltung
Messe Düsseldorf
public Messe GmbH · Tel.: 0621 70019-0
[email protected] · www.public10.de
Herausgeber:
freizeit&spiel Verlagsgesellschaft
Gewerbegebiet Larsheck, 56271 Kleinmaischeid
Telefon: +49 (0) 2689 9591-37
Telefax: +49 (0) 2689 9591-38
www.free-lounge.de | www.free-lounge.com
Erscheinungsweise:
vierteljährlich
Chefredaktion:
Dr. Anke Münster (V.i.S.d.P.)
E-Mail: [email protected]
E-Mail: [email protected]
Anzeigenleitung:
TÜV Media GmbH
Gudrun Karafiol-Schober
E-Mail: [email protected]
z. Zt. gilt die Anzeigenpreisliste vom Oktober 2010
DTP, Bildredaktion: Maike Söltl (verantwortlich)
Redaktion: Lutz Keißner, Jörg Kohnen-May
Titelfoto: Cosalux, Schirn Kunsthalle
Gerichtstand: Montabaur
Druckauflage: 5.000 Exemplare international
Druck: Johnen Druck GmbH,Bernkastel-Kues
Jahresabonnement: (4 Ausgaben)
Euro 30,– (inkl. Porto)
IFLA World Congress
Kontakt: Hayal Oezkan
[email protected]
www.ifla2011.com
Kontakt: Darmstädter Architektursommer e.V.
Herdweg 74 · 64285 Darmstadt
Tel.: 06151- 546623
www.darmstaedter-architektursommer.de
Copyright:
freizeit&spiel Verlagsgesellschaft mbH. Nachdruck,
auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages. Terminveröffentlichungen
kostenlos, aber ohne Gewähr. Keine Haftung bei
unverlangt eingesandten Manuskripten. Namentlich gekennzeichnete Berichte und Artikel geben
nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Quellennachweise:
Editorial: Annette Kisling (S. 3, Mitte); Schirn
Kunsthalle Frankfurt/Bernd Kammerer (S. 3 unten)
Inhalt: Estudio Lejarraga (S. 4, 5)
Top Thema: Anja Schlamann (S. 6), Nusser GmbH
(S. 8), IreneLohaus PeterCarl Landschaftsarchitektur (S. 9), Stadt Arnsberg (S. 10), Uni Siegen
(S. 11), fotolia.de (S. 12), Anschläge (S. 14 oben),
BBSR (S. 15), BBSR (S. 16 oben), planzwei (S. 16
unten), M. Clausen (S. 17)
Report: Christian Westphalen (S. 18), RWTH
Aachen University, Institut und Lehrstuhl für Städtebau und Landesplanung, Fotomontage: Anja von
Büttner (S. 20 oben, unten), Estudio Lejarraga (S.
22 oben), Paisajes Espanoles (S. 22 unten), Jesus
Granada (S. 23), Nicole Erbe (S. 24), Tore Dobberstein (S. 25, S. 27 rechts), Sebastian Schieck (S.
26), Alice Hallynck (S. 27 links), www.scapescout.
de (S. 29), www.grauwert.info (S. 30/31), Thomas
Volprecht (S. 32 – 36), Wall AG (S. 35)
Gesellschaft: Zebralog/Sally Below Cultural Affairs
(S. 38, S.41), direktzu.de/stuttgart21 (S. 40),
frankfurt-gestalten.de (S. 42), Anja Schlamann (S.
43, 44 Mitte), DKHW (S. 44 oben), Institut für Sport
und Sportwissenschaften der Friedr.-Alexander_
universität Erlangen-Nürnberg (Smart Green) (S. 45
– 47), Ruth Esther Gilmore (S. 48 – 51)
VORSCHAU
Top Thema:
Miteinander mehr
erreichen
Ideelle und finanzielle Partnerschaften
zur Gestaltung urbaner Räume und
Spielräume
Außerdem stellen wir vor:
Bodenbeläge für Außenbereiche,
Public Design,
Lärm- und Sichtschutzelemente,
außergewöhnliche Spielareale
t e r m i n e 2 011
27. bis 28. Januar 2011
Herstellerportrait: miramondo GmbH (S. 55 – 58)
Best Practice: Stiftung Grüne Stadt, Peter Menke
(S. 59), Fotoatelier2, Köln; Rainer Sachse, (S. 60, 61)
Pläne, Perspektiven: scape Landschaftsarchitekten (S.
61), Martin Karl, FREIRAUM PLAN (S. 62, 63), KANN,
Bendorf (S. 64, 65)
Spielraum: Maike Söltl (S. 66 ), DKHW (S. 68 ), Stadt
Rietberg (S. 69), Stadt Wiesbaden (S. 70 – 71), Richter
Spielgeräte (S. 72, 75 unten), Kinderland Emsland (S.
73), stilum Public Design (S. 74), KuKuK (S. 75 oben
links), Kellner (S. 75 oben rechts)
Kunst: Cosalux (S. 76), Schirn Kunsthalle Frankfurt/
Bernd Kammerer (S. 78), Benjamin Krieg (S. 79, S.
80, 81 unten); Oper Dynamo West (S. 81 oben), Anja
Schlamann (S. 82 – 84), Anastasia Malkhazova (S.
84 unten links), West 8 urban design & landscape architecture, Rotterdam / Mrio architectos (S. 85 oben),
Regula Dettwiler (S. 85)
Verband: Shutterstock.com (S.89 oben links), Messe
Berlin (S. 89 oben rechts), IFAU (S. 90, 91)
Materialkunde: Conradi+Kaiser (S. 92, 93 oben
rechts, S. 95 oben rechts), Pro Urba (S. 94 oben
links), Boer Speltoestellen (S. 95 oben links), Christian
Hummer (S. 96 oben), Lothar Gronard (S. 96 unten),
Hartwig Hammerschmidt (S. 97 oben, unten; S. 98
unten), Steffen Oberländer (S. 97 mitte), Paul Bickelbacher (S. 98 oben rechts), Klaus Bergmann (S. 98
oben links) Holger Heinrich, ASV Marburg (S. 99, Abb.
4), Bernhard Kohaupt (S. 99-101)
Entdeckt! (S. 110): The Dilly Lama (Sky Bridge),
Willem-Jan Beeren (Alanus Hochschule)
Inhalt | 109
Entdeckt!
Kunstvolles Maschenwerk
Er ist beliebter abendlicher Treffpunkt junger Leute
und in der warmen Jahreszeit bis in die frühen
Morgenstunden belebt: der Brüsseler Platz in Köln.
Vom 24. September bis zum 1. Oktober 2010 erhielt er eine ganz neue Qualität. Mit mehr als 3000
Metern Wäscheleinen und Knüpftechnik verwandelten Studierende des Fachbereichs Architektur
der Alanus-Hochschule den Brüsseler Platz in eine
begehbare Installation mit einem neuen Raumerlebnis.
Die Aktion unter der Leitung der Architekturdozenten Benedikt Stahl, Ulrike Platz und Willem-Jan
Beeren war von Anfang an dialogisch und kommunikativ angelegt: Anwohner und Passanten
mischten sich unter die Arbeitenden und legten
selber mit Hand an. Viele Gespräche „spannen“
sich anknüpfend an das Gesehene und Erlebte
zwischen den Besuchern und Akteuren. Die Einfachheit der Konstruktion, die chaotisch aussehende und doch einheitlich erlebte Gestaltung
sowie die ständig wachsende Skulptur fanden bei
den Besuchern jeden Alters viel Zuspruch.
» www.alanus.edu.
Atemberaubende Ausblicke bietet die Sky Bridge auf Langkawi,
einer Insel vor der Nordwestküste von Malaysia. Die Hängebrücke auf dem Mount Mat Cincang spannt sich in 687 m Höhe über dem
Meeresspiegel in einem kühnen Bogen 125 Meter weit über eine tiefe Schlucht. Nur ein
einziger hoher Stahlmast trägt die Konstruktion. Ein Spaziergang über Langkawi Sky Bridge gerät
regelmäßig zu einem adrenalintreibenden Abenteuer mit Blick über die üppige Vegetation des
Regenwaldes und die vielen kleinen Inseln in der Andamanensee. Bei gutem Wetter
ist selbst das malaysische und thailändische Festland zu sehen.
Bei tiefhängenden Wolken oder Nebel ist
die gegenüberliegende Plattform nicht
sichtbar und die Brücke scheint tatsächlich
geradewegs in den Himmel zu führen.
Himmlische Perspektiven
110 | Vermischtes
Living Industries
Sicherheit ist selbstverständlich –
Entwicklung ist Fortschritt
Conradi+Kaiser GmbH
Gewerbegebiet Larsheck | 56271 Kleinmaischeid
Tel. 02689 9580-0 | Fax 02689 9580-50
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Ausgabe
4/2010
7,50 Euro
Nehmen Sie Platz !
Auf den neuen Stadtmöbeln von stilum
Platz nehmen
stilum GmbH
in der Stadt
Gewerbegebiet Larsheck · 56271 Kleinmaischeid
Tel. 02689 92790-0 · Fax 02689 92790-29
www.stilum.de · [email protected]
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10.01.2011 08:10:03